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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die eidgenössische Volkszählung vom 1.Dezember 1880.

(Vom 25. Februar 1881.)

Tit.

Da nach Art. 72 und 76 der Bundesverfassung und Art. 16 des Bundesgesezes betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen im Oktober des laufenden Jahres die Gesammterneuerung des Nationalrathes stattfindet und somit schon vor dem Frühling die aus der lezten Volkszählung vom 1. Dezember 1880 sich ergebende Repräsentation des Volkes im Nationalrathe gesezlich festgestellt werden muß, so war vor Allem mit möglichster Beförderung das Ergebniß der Volkszählung selbst zu ermitteln.

Indem wir Ihnen dasselbe in gewohnter Weise vorlegen und Ihnen, die oflizielle Anerkennung desselben beantragen, glauben wir, Ihnen wenigstens in summarischer Weise bei dieser Gelegenheit über unsere Maßnahmen in Betreff dieser Volkszählung Bericht erstatten zu sollen, wenn auch dieselben Mittheilungen nachher noch eingehender in dem nächsten Sommer erscheinenden L Bande der Volkszählungsresultate wiederkehren müssen.

Die Aufgabe und Methode der Volkszählungen ist nun, Dank der Vorarbeit der statistischen Kongresse, theoretisch ziemlich festgestellt und eine übereinstimmende Fragestellung in Bezug auf die Mehrzahl der Rubriken zwischen den verschiedenen Kulturstaaten erzielt worden.

420 Indessen treten doch stets neue Postulate und Verbesserungen in der Methode zu Tage; zudem machen sich in den einzelneu Staaten wieder besondere Bedürfnisse und -- Schwierigkeiten geltend.

Eine reifliche Erwägung dessen, was wünschbar und was möglich ist, mußte daher auch dieser Volkszählung vorausgehen, wenn dieselbe auch den Vortheil hatte, die hergebrachte Form zur Grundlage der Diskussion zu machen.

Diese Erwägung hat stattgefunden. Unsere schweizerischen Statistiker ergriffen die Initiative und beriethen an zwei Versammlungen, welche in den Jahren 1878 und 1879 in Chur und Brugg stattfanden, unter Mitwirkung des Direktors unseres statistischen Bureaus das aufzustellende Programm. Unterm 30. Januar 1880 ernannte unser Departement des Innern eine Vorberathungskommission, bestehend aus den Herren Dr. Dunant, Arzt in Genf, Guillaume, Strafhausdirektor in Neuenburg, Professor Kinkelin in Basel, Kummer, Direktor des eidgenössischen statistischen Bureaus, Schuler, Fabrikinspektor in Mollis, Stößel, Regierungspräsident in Zürich, und Professor Ad. Vogt in Bern, welche, nachdem die Akten zirkulirt hatten, auf den 10. Mai nach Bern einberufen wurde. Da Herr Schuler verhindert war, zu erscheinen, so wurde er durch Herrn Autenheimer, Direktor des Technikums in Winterthur, als Präsident des Gen trai co mites des schweizerischen Gewerbevereins, ersetzt.

Es war nämlich von dem Centralkomite des genannten Vereins unterm 30. April 1880 eine Eingabe an das Departement des Innern gerichtet worden, in welcher eine Statistik der schweizerischen Gewerbe verlangt und zu diesem Zweke die Aufnahme folgender Fragen in das Volkszählungsformular vorgeschlagen wurde: 1) der örtliche Siz des Gewerbes; 2) Name des Geschäftsleiters und deiFirma; 3) Gegenstand des Betriebes; 4} Zahl der Geschäftsleiter (Arbeitgeber), unterschieden nach dem Geschlechte ; 5} Zahl der übrigen im Betriebe thätigeu Personen, unterschieden nach Geschlecht und Alter; 6) Zahl, Art und, soweit thunlich, ,die Kraft der UmIriebsmaschinen ; 7) bei Gewerben, für welche gewisse Arbeitsmaschinen und Vorrichtungen charakterisch sind, deren Art und Zahl.

Ueberdieß war noch eine Petition des Centralkomite des schweizerischen Grütlivereins eingelangt, welche als Aufnahmsobjekte vorschlug: Lohnverhältnisse, Lebensmittelpreise, Wohnungsverhältnisse, Armeuunterstüzungen, Arbeitslosigkeit, Konsumtion und Produktion, Krankheiten, Sterblichkeit, Verbrechen aus Armuth oder aus deren Folgen, Selbstmorde etc.

421 Außerdem waren noch Vorstellungen aus der französischen Schweiz eingelangt, welche auf eine präzise Redaktion der Frage nach der Heimat (nicht zu verwechseln mit Geburtsort) drangen.

Die Kommission, welche von dem Chef des Departements des Innern präsidirt wurde, fühlte sich in Folge dieser Zuschriften um so ernstlicher verpflichtet, vor Allem den Umfang und die Aufgabe der Volkszählung einläßlich zu berathen. So sehr man aber die von Herrn Autenheimer verlangten Aufschlüsse für wünschbar hielt, so war doch die gesammte Anzahl der übrigen Kommissionsmitglieder der Ansicht, es könne eine solche umfassende Aufnahme nicht mit der nächsten Volkszählung verbunden werden, wenn man nicht diese selbst, welche schon Arbeit genug verursache, gefährden wolle. Es gehe weder mit denselben Kosten, da man die vorgeschlagenen neuen Rubriken nicht auf dasselbe Formular zu bringen im Stande sei, noch gehe, es mit derselben Mühe, ob man ein paar Fragen von solcher Wichtigkeit mehr oder weniger stelle. Das hätten wir erstlich selbst bereits zwei Mal erfahren, daß eine ordentliche Volkszählung auch ohne Belastung mit andern Fragen, welche nicht direkt die gezählten Personen und ihre Wohnung berühren, schon schwierig genug sei; im Jahre 1860 sei die mit der Volkszählung verbundene Gewehrzählung und im Jahr 1870 die mit derselben verbundene ganz einfache Fabrikstatistik dermaßen mißlungen, daß man die Ergebnisse dieser bgiden Nebenaufnahmen nicht habe publiziren können. Aber man habe nicht allein diese beiden Nebenzweke verfehlt, sondern damit auch der Hauptsache geschadet, indem in Folge dieser Vermehrung des Pensums die mit der Zählung betrauten Behörden der Volkszählung selbst nicht die nöthige Aufmerksamkeit haben widmen können (man denke an die vielen Luken der Alters- und Berufsstatistik) ; wir dürften vollständig zufrieden sein, wenn wir einmal eine gehörige Ausfüllung der in der Haushaltungsliste enthaltenen Rubriken erreichten, indem mit einer richtigen ßerufsstatistik die Hauptsache dessen, was die Gewerbestatistik bezweke, gewonnen wäre. Auf denselben Schluß komm» man, wenn man sich vergegenwärtige, was die deutsche Gewerbestatistik von 1875, deren Fragenschema uns heute vorgeschlagen werde, für ein Resultat geliefert habe : in einer Konferenz, welche die Direktoren der statistischen Bureaux deutscher
Städte den 4.

bis 6. Oktober 1879 der Volkszählung wegen in Berlin abgehalten, hätten dieselben ausdrüklich erklärt, man hätte nie von der im Jahr 1870 aufgestellten allgemeinen Bestimmung abgehen sollen, wonach mit Volkszählungen keine andern Ermittelungen als diejenigen über die Wohnungsverhältnisse zu verbinden seien, und sich einstimmig gegen eine wiederholte Verbindung von Gewerbezählung und Volks-

422 zählung ausgesprochen, weil das Ergebniß der Aufnahme von 1875 ein sehr unbefriedigendes gewesen und die Resultate den gehabten Mühen und Kosten nicht entsprechen. (So sind z. B. in Berlin selbst, troz der großen Zahl von Zälilungsboainteu, ein Drittel der Großbetriebe übersehen worden, welche man erst durch Nacharbeit ermittelte, gerade wie auch die von Zürich und Baselstadt nach 1870 herausgegebenen Gewerbestatistiken nicht der eidgenössischen, sondern einer nachherigen Aufnahme durch kantonale Organe zu verdanken sind.) Aus diesen Gründen schien es unserer Kommission, eine gewerbestatistische Aufnahme müsse entweder als ganz aparte Aufnahme behandelt werden, oder dann höchstens verbunden mit einer ganz reduzirteu Volkszählung, wenn man eine solche im Jahre 1885 vornehmen wolle.

Noch entfernter von der Aufgabe einer Volkszählung schienen ihr aber die von dem Centralkomite des Grütlivereins vorgeschlagenen Fragen ; wenn man diese dem Publikum zur Beantwortung vorlegte, so würde man die widersprechendsten Antworten erhalten, während andere, sichere Erhebungen zur Beantwortung mehrerer derselben zur Disposition stehen.

Dagegen wurden folgende Erweiterungen des bisherigen Schemas beschlossen: Betreffend den B e r u f sollte auch das Geschäft, für welches der Erwerbstätige arbeite und dessen Stellung im Geschäfte angegeben werden ; ferner sollen für jede Person außer dem Geb u r t s d a t u m auch der G e b u r t s o r t , sowie der betreffende Kanton oder das betreffende Land angegeben werden; endlich sei die S p r a c h e nicht bloß familienweise, sondern für jede einzelne Person apart zu erheben.

Auf der andern Seite wurde dagegen beschlossen, von einer Aufnahme der G e b r e c h e n zu abstrahiren, einerseits weil die gewöhnlich aufgenommenen (Irrsinn, Blindheit und Taubheit) von Laien so unrichtig erhoben werden (besonders bei der Neigung der Familien, solche Vorkommnisse zu verheimlichen), daß die Aufnahme von geringerem Werthe sei, und sodann, weil noch mit mehr Grund die Ermittelung verschiedener anderer Gebrechen verlangt werden könnte.

Ebenso war die Kommission einstimmig der Ansicht, es sei die Frage nach der K o n f e s s i o n dießmal wegzulassen, indem bei der heutigen Zersplitterung der Ansichten innerhalb der einzelnen Kirchen die Aufstellung von bloß drei Rubriken (wie 1850)
oder vier Rubriken (wie 1860 und 1870) denjenigen, welche über die Konfession der Bewohner Aufschluß wünschen, nicht genügen dürfte, während dagegen die Zumuthung, daß jeder Gezählte sich für eine

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der vielen Parteigruppen erkläre, auf Widerstand stoßen und das Interesse für eine richtige Volkszählung untergraben würde.

Betreffend die W o h n u n g s v e r h ä l t n i s s e beschloß dieKommission, es seien bloß die bewohnten Häuser und die bewohnten Räumlichkeiten zu erheben, da man, zumal zur Winterszeit, den Zählungsbeamten nicht zumuthen könne, sich mit unbewohnten (vielleicht sehr abgelegenen) Häusern zu befassen, und die Frage nach den bewohnbaren Räumlichkeiten das lezte Mal zu vielen Mißverständnissen Veranlassung geboten habe: die Hauptfrage sei, wie viel Raum in einem gegebenen Moment von der in diesem Momente anwesenden Bevölkerung gebraucht werde.

Die nähere Durchführung dieser Grundsäze durch die verschiedenen Formulare und Instruktionen wurde theils noch in der Kommissionssizung, theils nachher auf dem Wege der Korrespondenz vereinbart, so daß ani 3. Juni die gesammte drukfertige Vorarbeit dem Bundesrathe vorgelegt werden konnte. Der Bundesrath änderte dieselbe bloß in z\vei Punkten : einerseits strich er die Rubriken für den G e b u r t s o r t , andererseits nahm er, auf den Wunsch von zehn Kantonsregierungen, die Rubriken betreffend die K o n f e s s i o n wieder auf und zwar beinahe in derselben Form, wie bei den zwei vorhergegangenen eidgenössischen Volkszählungen.

Von den weitern die Volkszählung betreffenden Vorschlägen, welche erst nach dem Druke und theilweise erst nach Versendung des sehr umfangreichen Materials von Formularien einlangten, schweigen wir, da auf dieselben begreiflicher Weise nicht mehr eingetreten werden konnte.

Nachdem in dieser Weise die Volkszählung eingeleitet war, wurde dieselbe ohne erwähnenswerthe Schwierigkeiten ausgeführt ; die Zählungsbeamten, die Gemeinde-, Bezirks- und Kantonalbehörden besorgten die Arbeit der Prüfung und der Zusammenstellung der Ergebnisse, um sie auf Ende Dezember dem eidg. statistischen Bureau vorschriftsgemäß zustellen zu können. In Anbetracht der kurzen Frist, welche dem leztern für seine Arbeit der Revision und Zusammenstellung eingeräumt war, ersuchte das Departement des Innern die Kantonsregierungen, wenn es ohne Beeinträchtigung der Revision möglich sei, das Zählungsmaterial schon vor Ende Dezember einzusenden. Einige kleinere Kantone konnten dem Gesuche entsprechen, während dagegen die größern den aufgestellten
Termin überschreiten mußten und von den volksreichsten derselben sogar erst Anfang" Februar das ganze Material eingegangen ist.

Weit entfernt, diesen einen Vorwurf daraus zu machen, sind wir ihnen und den sämmtlichen übrigen Kantonen, welche das Material

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mit Sorgfalt geprüft und ,für die Ausfüllung vorhandener Lükert gesorgt haben, für ihre Bemühungen dankbar und freuen uns, hier konstatiren zu können, daß das Zählungsmaterial von 1880, mit demjenigen von 1870 verglichen, einen schönen Fortschritt aufweist. Wir haben uns aber bei diesem Anlaße auch überzeugen können, daß es den Kantonsbehörden absolut unmöglich gewesen, wäre, das Material noch rechtzeitig zu prüfen und zu ergänzen, und uns unmöglich, Ihnen heute das Hauptergebniß mitzutheilen, wenn die Aufgabe dieser Volkszählung durch weitere Fragen wesentlich erschwert worden wäre.

Ungeachtet der Vorarbeiten der kantonalen Behörden war es kein Leichtes, auf den heutigen Tag Ihnen die auch von unserm statistischen Bureau revidirten Resultate bezüglich der o r t s a n w e s e n d e n und der W o h n b e v ö l k e r u n g vorzulegen. Wäre blos die ortsanwesende oder die sogenannte faktische Bevölkerung zu ermitteln gewesen, so würde eine Prüfung der Addition der betreffenden Zusammenzüge in kürzerer Zeit möglich gewesen sein.

Da wir aber nicht wissen konnten, ob nicht Sie oder die kantonalen Behörden ein besonderes Gewicht auf die Wohnbevölkerung legen, so mußte auch diese, und zwar bei allen Kantonen nach denselben Grundsäzen, festgestellt werden. Dieses erforderte aber nicht nur eine Prüfung der betreffenden Additionen , welche die Zählungsbeamten, die Gemeinde-, die Bezirks- und die kantonalen Behörden ausgeführt hatten, sondern es mußten nun die Eintragungen sämmtlicher Personen in einem Material von zirka 70,000 Seiten in groß Folio- oder Plakatformat darauf hin untersucht werden , ob in der Abtheilung A, ,,Anwesende Personen'1, die Unterscheidung zwischen den ,,in der Zählungsgemeinde Wohnenden"1 und den ,,Durchreisenden oder Gästen" (Rubriken 16 und 17 der Haushaltungsliste) richtig gemacht und ob in der Abtheilung B, ,,Vorübergehend abwesende Personen" nicht, was so oft vorkommt und alsdann zur Doppelzählung derselben Person in der Wohnbevölkerung zu führen pflegt, Personen eingetragen seien, welche nicht dahin gehören.

Indem wir Ihnen nun beide Bevölkerungszahlen mittheilen, liegt uns ob, vorerst mit einigen Worten auseinanderzusezen, auf welche Weise beide Zahlen festgestellt wurden.

Ein Blik auf das Formular der Haushaltungsliste und auf die ,,Anweisung"1 zur Ausfüllung dieses Formulars
genügt, um sich zu überzeugen, wie einfach es ist, die o r t s a n w e s e n d e B e v ö l k e r u n g zu ermitteln. War es doch für einen Haushaltungsvorstand nicht schwierig, die Personen aufzuzählen, welche vom 30. November auf den 1. Dezember 1880 in seiner Wohnung übernachtet

425 haben oder -- wenn erst am Morgen von der Arbeit oder einer Reise kommend -- in seiner Wohnung Halt machten. Das sind die ortsanwesenden Personen dieser Wohnung, und wenn wir für alle Wohnungen des Landes die Haushaltungsliste ausgefüllt erhalten haben, so besizen wir eine Aufzählung aller Personen, welche auf einen bestimmten Zeitpunkt im Lande gewesen sind ; Niemand ist übergangen, Niemand ist doppelt gezählt ; es braucht nun nichts weiter als die auf den Haushaltungslisten oder den Abschriften derselben verzeichneten Personen auch richtig zu addiren. Absolut genau ist freilich auch diese Art der Zählung nicht; es kann am Ende auch eine Behausung bei der Austheilung oder der Einsammlung der Haushaltungslisten übergangen werden (wie bei jeder andern Zahlungsart). Es sind ferner auch in dieser Abtheilung der Ortsanwesenden bei der eidg. Revision einige Fälle zu Tage getreten, daß eine und dieselbe Person in zwei verschiedenen, von einander entlegenen Ortschaften, in derjenigen, wo diese Personen wirklich waren, und in derjenigen, wo deren Familie sich befand, als anwesend eingetragen waren , offenbar in Folge eines Mißverständnisses. Für die Beseitigung von Additionsfehlern ist indessen durch die verschiedenen Revisionen wohl in genügender Weise gesorgt.

Viel größere Schwierigkeiten sind zu überwinden , wenn man die Wohnbevölkerung oder gar die gesammte bürgerliche (im Inund Auslande) ermitteln will. Lezterev Versuch wurde nur im Jahre 1850 für die ganze Schweiz gemacht; seither werden nur noch die faktische und die Wohnbevölkerung ermittelt.

Welche Schwierigkeiten mit der Ermittlung der W o h n b e v ö l k e r u n g verbunden sind, zeigt sich, wenn wir, wieder mit der ,,Haushaltungslistea in der Hand, die verschiedenen Elemente zusammenfassen, aus welchen die Wohnbevölkerung zusammengesezt ist.

Die in der Abtheilung A ,,Ortsanwesendea aufgezählten Personen zerfallen nach ihren Aufenthaltsverhältnissen in zwei Gruppen: a. In der Zählungsgemeinde Wohnende (in Rubrik 16 durch einen Strich zu bezeichnen) ; b. Durchreisende oder Gäste (Rubrik 17).

Die Ausmittelung der ortsanwesenden Bevölkerung leidet nicht darunter, wenn etwa eine Person, welche unter a gehört, irrthümlich unter b aufgezählt wird, weil die Summe von a und b dieselbe bleibt. Für die richtige Ermittelung der Wohnbevölkerung ist aber

426 eine streng logische Unterscheidung der in Rubrik 16 oder 17 einzutragenden Personen nothwendig: denn die ,,Durchreisenden oder Graste" gehören nicht zur Wohnbevölkerung. Wohl aber gehören zu ihr c. die in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember 1880 aus der Haushaltung vorübergehend abwesenden Personen, welche in einer besondern Abtheilung (B) der Haushaltungsliste verzeichnet sind.

Während a + b die ortsanwesende Bevölkerung ausmacht, bildet a -|- c die Wohnbevölkerung. In der richtigen Bestimmung .von b, welches wir von der ortsanwesenden Bevölkerung ausscheiden, und von c, welches wir an dessen Stelle einsezen müssen, liegt also die Schwierigkeit der Bestimmung der Wohnbevölkerung.

Es scheint nun ziemlich klar zu sein, wer unter ,,Durchreisenden oder Gästen zu verstehen sei : die Gäste in Wirthshäusern und Fremdenpensionen und die Besuche in Privathäusern. Eben derselbenArt müssen aber auch die ,,vorübergehend abwesenden Personen" der Abtheilung B der Haushaltungsliste sein. Um jedes Mißverständniß zu vermeiden, ist in der ,,Anweisung" gesagt : ,,Es sollen darin nur die zur Haushaltung gehörenden Mitglieder eingeschrieben werden, welche ihren ordentlichen Wohnsiz noch immer in der Gemeinde haben und ohne Aufgeben ihrer Wohnung oder Schlafstelle aus vorübergehender Veranlaßung (Geschäftsreise, Besuch, m o m e n t a n e Beschäftigung in der N a c h b a r s c h a f t ) abwesend sind. Es sind also in dieses Verzeichniß n i c h t aufzunehmen: Handwerksgesellen auf der Wanderschaft, auswärts Dienende, in andern Gemeinden verkostgeldete Kinder, Studirende, Kranke oder Irre, welche auf die Dauer in Spitälern oder bei Aerzten untergebracht sind, Gefangene in Untersuchungsgefängnissen oder Strafanstalten.

Gleichwohl waren die Fälle nicht selten, in welchen verkostgeldete Kinder, Studirende, in der Zählungsgemeinde arbeitende und in Koslhäusern beherbergte Fabrik- oder fremde Eisenbahnarbeiter, die sämmtlichen Insaßen von Kranken- oder Strafanstalten nur als ,,Gäste" eingetragen waren, statt, wie es die ,,Anweisung" verlangt, als Bestandtheil der Wohnbevölkerung. Und es ist ganz derselbe Fehler, nur an einem andern Orte begangen, wenn diese zur Wohnbevölkerung ihres Aufenthaltsortes zu rechnenden Leute an einem dritten Orte als nur vorübergehend Abwesende, somit als zu seiner Wohnbevölkerung
gehörend eingetragen erscheinen. Wenn also solche Personen in der Abtheilung A, Rubrik 17 figurirten, so mußten sie in Rubrik 16 versezt, wenn sie in der Abtheilung B erschienen, so mußten sie gestrichen werden.. Namentlich die leztere

427 Korrektur mußte recht oft (5001 mal) vorkommen. Die Familienvorstände können es nicht lassen, Familienglieder, namentlich die Kinder des Hauses, wenn sie gleich in einer andern Gemeinde, vielleicht sogar in einem andern Lande sich befinden und dort ihrer regelmäßigen Berufsbeschäftigung obliegen, als ,,vorübergehend Abwesende a in die Haushaltungsliste einzutragen. Schon in dem Material der Zahlungen von 1860 und 1870 war dieser Fehler in großer Zahl zu finden; namentlich waren in den Kantonen Tessin und Graubünden Tausende von Ausgewanderten als ,,vorübergehend Abwesende" eingetragen. Von der Voraussezung ausgehend, daß diese Ausgewanderten im Laufe von jh-ei Monaten in der Regel ein anderes Domizil erworben haben werden, ließ der Bundesrath alle Diejenigen, welche als bereits drei Monate oder länger abwesend eingetragen waren, streichen, wobei er gewiß in der großen Mehrzahl der Fälle das Richtige traf und zudem annehmen durfte, daß den Fällen, in welchen dies nicht der Fall war, noch mehr andere gegenüberstehen, in welchen (ohne daß dies aus dem Zählungsmatedal ersehen werden konnte) schon vor Ablauf der drei Monate ein neuer Wohnsiz erworben worden war. Dieselbe Maxime wurde auch bei der diesjährigen Revision befolgt.

Das Ergebniß dieser Sichtung ist in beiliegender Tabelle mitgetheilt.

Gleich wie in unserer Vorlage vom 12. Juli 1871 betreffend die Volkszählung vom 1. Dezember 1870, stellen wir Ihnen nun den Antrag, beide Bevölkerungszahlen, diejenige der faktischen und diejenige der Wohnbevölkerung, anzuerkennen, in der Voraussezang, daß es dem Bunde und den Kantonen von Werth sein muß, beide Angaben zu besizen, da die Gesezgebung und die Administration je nach der Natur des Falles die eine oder die andere vorziehen 'werden.

Indem wir Ihnen den nachfolgenden Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, benüzen wir den Anlaß, Sie unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 25. Februar

1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Schieß.

Beiluge zur Seite 427.

Resultate der eidgenössischen Volkszählung vom 1. Dezember 1880 vor und nach der Verifikation, Verifizirte:!2ahlen.

Nicht verifizirte Zahlen.

a.

Kantone.

Zürich Bern Luzern .

.

.

.

uri .

.

*.

Schwyz .

.

.

.

Unterwaiden ob dem Wald Unterwaiden nid dem Wald Glarus .

.

.

.

Zug Freiburg .

.

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.

Solothurn .

.

.

Basel-Stadt Basel-Landschaft .

.

Schaffhausen .

.

.

Appenzell A.-Rh. .

.

Appenzell I.-Rh.

.

.

St. Gallen Graubüuden .

.

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Aargau .

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.

.

Thurgau' Tessin Waadt Wallis Neuenburg .

.

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Genf

.

.

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.

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Schweiz Ortsanwesende Bevölkerung, a + b .

Wohnbevölkerung, a ·+· c

c.

a.

b.

c.

Vorübergehend Anwesende.

In der Zahlung sgemeinde wohnende Anwesende.

Durchreisende und Gäste.

Vorübergehend Abwesende.

b.

In der Zählungsgemeinde wohnende Anwesende.

Durchreisende und Gäste.

313,813 528,079 133,996 23,577 50,947 15,271 11,874 34,074 22,766 114,357 79,870 63,810 58,918 38,096 51,563 12,793 208,565 93,703 197,186 98,719 127,769 233,747 99,310 101,891 98,521

3,763 4,088 815 133 311 89 118 141 235 1,072 579 1,291 360 253 397 50 1,947 1,337 1,080 837 3,018 5,048 944 1,860 3,112

2,663 2,385 794 169 204 91 107 246 75 711 681 419 260 152 383 89 1,236 1,637 908 566 3,248 1,686 906 905 866

313,825 528,044 133,973 23,588 50,923 15,256 11,872 34,031 22,757 114,384 79,843 63,810 58,911 38,096 51,588 12,791 208,657 93,014 197,534 98,721 12*9,1 16 234,063 99,413 102,040 99,151

3,751 4,120 833 106 312 100 120 182 237 1,016 581 1,291 360 252 370 50 1,834 1,977 1,111 831 1,661 4,667 803 1,692 2,444

2,249 2.367 '735 156 186 73 107 211 72 610 519 397 260 145 365 83 1,062 850 823 510 1,278 1,286 \ 777 \ 704 ; 561

2,813,215

32,878

21,387

2,815,401

30,701

16,386

.

.

2,846,093

.· 2,846,102

.

2,834,602

·

·

·

·

2,831,787

428

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die eidgenössische Volkszählung vom 1. Dezember 1880.

Die Bundesversammlung d e r schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , auf den Vorschlag des Bundesrathes vom 25. Februar 1881, beschließt: Art. 1. Als Ergebniß der nach dem Bundesgcseze vom" 3. Februar 1860 und gemäß der Vollziehungsverordnung vom 3. Juni 1880 ausgeführten Volkszählung vom 1. Dezember 1880 wird anerkannt, was folgt:

429 v n »f««o JV a n t o n e.

Zürich Bern Luzern Uri Schwyz Unterwaiden ob dem Wald Unterwaiden nid dem Wald Glarus Zug Preiburg Solothurn Basel-Stadt Basel-Landschaft Schaffhausen Appenzell Außer Rhoden .

Appenzell Inner Rhoden .

St. Gallen Graubünden Aargau Thurgau ' Tessin Waadt Wallis Neueaburg Genf . . .

Schweiz

«.

.

. . '.

. .-

. . .

. . .

. . .

Ortsanwesende Bevölkerung.

317,576 532,164 134,806 23,694 51,235 15,356 11,992 34,213 22,994 115,400 80,424 65,101 59,271 38,348 51,958 12,841 210,491 94,991 198,645 99,552 130,777 238,730 100,216 103,732 101,595 2,846,102

Wohnbevölkerung.

316,074 530,411 134,708 23,744 51,109 15,329 11,979 34,242 22,829 114,994 80,362 64,207 59,171 38,241 51,953 12,874 209,719 93,864 198,357 99,231 130,394 235,349 100,190 102,744 99,712 2,831,787

Art. 2. Die in dem vorigen Artikel enthaltene Zählung ist Ms zur Vornahme einer neuen eidgenössischen Volkszählung maßgebend.

Art. 3. Dieser Beschluß wird als dringlich erklärt.

Der Bundesrath ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die "Wahlen in den Nationalrath.

(Vom 25. Februar 1881).

Tit.

Mit Rüksicht auf das durch die Bundesversammlung festzustellende Ergebniß der Volkszählung vom 1. Dezember 1880 und die dadurch bedingten Aenderungen der Volksvertretung im Nationalrathe richtete der Bundesrath mit Kreisschreiben vom 14. Januar (Bundesblatt I, 141) an die Regierungen derjenigen Kantone, welchen nach Art. 72 der Bundesverfassung mehr als e i n Vertreter im Nationalrathe zukommt, das Gesuch, bezüglich der zukünftigen Wahlkreiseintheilung ihre Vorschläge einzureichen. Da das Ergebniß der lezten Volkszählung damals noch nicht offiziell festgestellt war, so wiesen wir die Kantone an, sich au das von ihnen selbst gefundene Resultat zu halten, und ersuchten dieselben, die sogenannte faktische oder ortsanwesende Bevölkerung zur vorläufigen Grundlage ihrer Vorschläge zu machen. Hiemit verbanden wir das weitere Gesuch, es mögen auch diejenigen Veränderungen mitgetheilt werden, welche in der Circumscription der politischen Gemeinden und der Amtsbezirke der betreffenden Kantone seit der Volkszählung von 1870 eingetreten seien.

Aus den eingelaufenen Antworten der K a n t o n e ergibt sich Folgendes: A b ä n d e r u n g e n in d e r E i n t h e i l u n g der N a t i o n a l r a th s w a h l k r e i s e wünschen die Kantone Z ü r i c h , St. G a l l e n , G r a u b u n d ou, T e s s i n, W a a d t und Wallis.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die eidgenössische Volkszählung vom 1.Dezember 1880. (Vom 25. Februar 1881.)

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.03.1881

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419-430

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