Praxis des Bundes bei vorzeitigen Pensionierungen aus betriebsorganisatorischen und medizinischen Gründen Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 18. November 1999

2000-0041

1197

Bericht 1

Zusammenfassung

Der vorliegende Bericht gibt einen Einblick in die Praxis des Bundes bei vorzeitigen Pensionierungen. Im Laufe der Neunzigerjahre haben die vorzeitigen Abgänge infolge von Restrukturierungen und Personalabbau stark zugenommen. Hauptsächlich betroffen von diesen so genannten administrativen Pensionierungen sind die ehemaligen PTT-Betriebe (heute: Post und Swisscom), die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS). Eine Zunahme lässt sich auch bei den Rücktritten aus medizinischen Gründen beobachten.

Die Kriterien und Leistungen für eine administrative Pensionierung sind nicht dieselben, wenn ein Bundesangestellter in der allgemeinen Bundesverwaltung, bei der Post, Swisscom oder SBB arbeitet. Eine Gleichbehandlung ist auch innerhalb derselben Dienststelle nicht gewährleistet.

Es ist zurzeit fast unmöglich, sich in diesem Bereich einen Überblick über die Kosten, Leistungen, Einsparungen etc. zu machen. Besonders in der allgemeinen Bundesverwaltung fehlen zuverlässige Kennzahlen und ein Controlling. Das Fehlen einer Globalsicht stellt im VBS ­ wo seit 1990 1302 administrative Pensionierungen vorgenommen wurden ­ einen schwer wiegenden Mangel dar.

Anhand dieser Untersuchung ist es deshalb nur mit einem grossen Aufwand gelungen, gewisse Tendenzen in der Entwicklung aufzuzeigen. Selbst wo Erhebungen gemacht wurden, können die Daten mangels einheitlicher Kriterien unter Umständen nicht miteinander verglichen werden. Die Kommission ist sich bewusst, dass auch diese Untersuchung den Mangel an Informationen und die fehlende Transparenz nicht wettmachen kann. Die Kommission kann keine Verantwortung für die unzureichenden Grundlagen übernehmen. Der Auf- und Ausbau eines zuverlässigen Controllings liegt im Verantwortungsbereich der Geschäftsführung. Die in diesem Bericht genannten Zahlen dürfen deshalb lediglich als Richtgrössen herangezogen werden. Auch wenn sie nicht als erhärtet im statistischen Sinn gelten können, erlauben sie dennoch, eine Tendenz aufzuzeigen und daraus einige allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen.

Die Finanzierung von vorzeitigen Pensionierungen kostet den Arbeitgeber und die Pensionskasse viel Geld. Durchschnittlich bezahlt ein Arbeitgeber für eine administrative Entlassung 200 000 Franken an die Pensionskasse. In
einzelnen Fällen erreichen die Beträge die Grössenordnung von einer Million Franken und mehr. Verfolgt man die Entwicklung der vergangenen Jahre, beobachtet man eine Abnahme des Pensionierungsalters, was zu tendenziell höheren Kosten führt. Eine entsprechende Entwicklung lässt sich auch bei den medizinisch bedingten Austritten feststellen.

Bei der Finanzierung wird zudem das Verursacherprinzip nicht konsequent durchgesetzt. Der Arbeitgeber kann nach geltendem Recht vorzeitige Austritte veranlassen, ohne dass er dafür die vollen Kosten übernehmen muss. Bei der Pensionskasse verursacht dies versicherungstechnische Verluste. Es besteht die Gefahr, dass sich der Arbeitgeber teilweise auf Kosten seiner Pensionskasse restrukturiert.

1198

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates fordert den Bundesrat auf, im Bereich der vorzeitigen Austritte aus administrativen oder medizinischen Gründen Transparenz zu schaffen und die Verantwortlichkeiten klar zuzuweisen. Die Entwicklung muss durch quanitative und qualitative Kennzahlen beobachtet und gesteuert werden. Die Finanzierung zwischen Pensionskasse und Arbeitgeber ist zu entflechten und verursachergerecht auszugestalten. Die Pensionskasse des Bundes muss die bestehenden Kontrollrechte wirksamer wahrnehmen. Um ihre Rolle nicht nur als Vollzugsorgan des Arbeitgebers zu spielen, muss sie ihre Rechte gegebenenfalls ausbauen. Ausserdem empfiehlt die Geschäftsprüfungskommission dem Bundesrat, verschiedene Fragen im Bereich der medizinisch bedingten Austritte näher zu prüfen (Ursachen der zunehmenden Invalidisierung, Überprüfung der Finanzierung und des Invaliditätsbegriffs, Risikoverteilung, Wiedereingliederung).

2

Gründe für vorzeitige Pensionierungen

Wie anderenorts, so beruhen vorzeitige Pensionierungen auch in der Bundesverwaltung auf verschiedenen Gründen. Entsprechend können verschiedene Arten von vorzeitigen Pensionierungen unterschieden werden.

Ein Arbeitnehmer kann das Bedürfnis haben, seinen Ruhestand früher als im gesetzlich vorgesehenen Regelfallalter anzutreten. Frühpensionäre gönnen sich einige zusätzliche erwerbsfreie Jahre. Diese Art nennt man den flexiblen oder freiwilligen Altersrücktritt.

Ein Arbeitgeber muss infolge von Reorganisationen bzw. Umstrukturierungen Personal abbauen. Um Entlassungen zu vermeiden und den Personalabbau sozialverträglich zu gestalten, greift er zum Instrument der vorzeitigen Pensionierung (so genannte administrative Pensionierung oder Pensionierung aus betriebsorganisatorischen Gründen). Um die personellen Folgen bei Umstrukturierungen zu regeln, wird in der Regel zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ein Sozialplan erlassen.

Deshalb trifft man bei diesen vorzeitigen Rücktritten auch auf die Bezeichnung «Pensionierungen nach Sozialplan».

Schliesslich können medizinische Gründe zu einem teilweisen oder vollständigen Abbruch des Erwerbslebens führen (so genannte Invalidisierungen oder Rücktritte aus medizinischen Gründen).

Im Bund wird der vorzeitige Rücktritt ausserdem gewissen Personalkategorien angeboten, um besonderen Umständen (Sicherheitsanforderungen, Abgeltung der hohen Leistungsbereitschaft usw.) Rechnung zu tragen. Es handelt sich gemäss Artikel 57 Absatz 1bis des Beamtengesetzes um die Angehörigen der Flugdienste, der Flugsicherung, des Instruktionskorps im Departement für Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und des Grenzwachtkorps. Gestützt auf diese Gesetzesbestimmung hat der Bundesrat die Verordnung über die Leistungen bei vorzeitigem Altersrücktritt von Bediensteten in besonderen Dienstverhältnissen (VLVA) erlassen. Für diese Kategorie von vorzeitigen Rücktritten hat sich deshalb die Bezeichnung «Pensionierungen nach VLVA» eingebürgert.

Über die Bedeutung der Rücktrittsgründe beim Bundespersonal herrscht mangels Statistiken weitgehend Unklarheit. Gewisse Hinweise lassen sich höchstens den Austrittsbefragungen des Eidgenössischen Personalamtes entnehmen. Eine solche

1199

Austrittsbefragung1 für das Jahr 1998 gibt in der allgemeinen Bundesverwaltung folgendes Bild zu den Austrittsgründen: Altershalber Rücktritt (d.h. mit 65 bzw. 62): Flexibler Altersrücktritt: Invalidisierungen: Administrative Pensionierungen: VLVA-Pensionierungen: Keine Angaben:

11,6% 56,2% 11,8% 11,6% 7% 1,8%

Von den flexiblen Rücktritten erfolgten 18,4% auf Druck des Arbeitgebers und 81,6% freiwillig.

3

Frühere Untersuchungen der Geschäftsprüfungskommissionen über vorzeitige Pensionierungen

Bereits befasst hat sich die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates mit den vorzeitigen Rücktritten der Instruktoren2. Die Kommission kritisierte die grosszügige Rücktrittsregelung gemäss VLVA, die dem Bund sehr hohe Kosten verursacht.

Der Bericht der Kommission und die Reaktionen im Parlament3 und in der Öffentlichkeit4 veranlassten den Bundesrat zu einer Überprüfung der VLVA. Am 14. Dezember 1998 hat der Bundesrat beschlossen, diese Sonderregelung für Rücktritte gewisser Personalkategorien auf das Ende der laufenden Amtsperiode (per 31.12.2000) aufzuheben. Nach Auskunft des EFD wird zurzeit eine Nachfolgeregelung zur VLVA erarbeitet, die der erwähnten Kritik Rechnung trägt und zugleich auf das neue Personalrecht abgestimmt ist.

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates stellte anlässlich der genannten Inspektion auch fest, dass bei der allgemeinen Bundesverwaltung die Transparenz und das Verantwortungsbewusstsein betreffend die Kosten von vorzeitigen Pensionierungen absolut unzureichend sind. Die Dienststelle, die einen vorzeitigen Rücktritt verfügte, musste bisher keinerlei finanzielle Verantwortung tragen. Die Kosten wurden der allgemeinen Bundeskasse belastet. Dieser Mangel ist in der Zwischenzeit für den Bereich der administrativen Pensionierungen behoben worden. Seit dem Voranschlag 1999 werden die Kosten von administrativen Pensionierungen dezentral im Personalbudget des betreffenden Departements ausgewiesen. Die Kosten für die Pensionierungen nach VLVA werden allerdings immer noch zentral budgetiert.

1 2 3

4

Der Rücklauf der Fragebogen beträgt 51% und ist damit repräsentativ Vgl. Bericht «Das Instruktionskorps» vom 16. April 1998 96.3411 Interpellation. Chifelle Pierre. 5-Stern-Renten für 3-Stern-Personen?

98.3357 Postulat Baumann J. Alexander. Revision VLVA. Gutglaubensschutz 98.3246 Interpellation Chiffelle Pierre. Altersrenten in der Armee. Revision 98.1060 Einfache Anfrage Gusset Wilfried. VLVA. Revision Zu Diskussionen Anlass gab insbesondere der vorzeitige Rücktritt von Frau Brigadier Eugénie Pollak (vgl. verschiedene Presseberichte vom 7./8. Juni 1998 sowie Amtl. Bulletin des Nationalrates vom 15. Juni 1998, Frage Fässler [98.5065]).

1200

4

Gegenstand dieser Abklärungen

In den vergangenen Jahren wurde in vielen Bereichen der Bundesverwaltung reorganisiert. Der Personalabbau im ehemaligen EMD, die Aufhebung von Professuren an den Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH), die Reorganisation der landwirtschaftlichen Forschungsanstalten im Eidgenössichen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) und Umstrukturierungen bei den SBB und den ehemaligen PTT haben zu zahlreichen administrativen Pensionierungen geführt. Damit verbunden waren beträchtliche Kosten für den Bund. Der Reform- und Reorganisationsdruck wird in absehbarer Zukunft anhalten und zum Teil sogar zunehmen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass vorzeitige Pensionierungen aus betriebsorganisatorischen Gründen ihren Stellenwert als Instrument eines sozialverträglichen Personalabbaus behalten werden oder dass dieser sogar wachsen könnte.

Die vorliegende Untersuchung befasst sich in erster Linie mit den Mechanismen und der Praxis von vorzeitigen Pensionierungen, die aus betriebsorganisatorischen Gründen vorgenommen werden. Es wird ein Überblick über die administrativen Pensionierungen der vergangenen Jahre geschaffen und auf mögliche problematische Entwicklungen aufmerksam gemacht. Angesichts der mangelhaften Kostenverantwortung und Kostentransparenz innerhalb der allgemeinen Bundesverwaltung führt der Bericht vor allem in diesem Bereich zu einigen neuen Erkenntnissen. Zum Vergleich sollen aber auch die administrativen Pensionierungen bei SBB und den ehemaligen PTT bzw. der heutigen Post und Swisscom einbezogen werden. Das Hauptaugenmerk gilt somit der Praxis in der allgemeinen Bundesverwaltung. In ihrer allgemeinen Tragweite sind aber die Schlussfolgerungen aus dieser Arbeit auch auf die Swisscom, Post und SBB anwendbar, zumal die Eidgenossenschaft als Mehrheits- oder Alleinaktionärin die Geschäftsführung dieser Unternehmen massgebend mitbestimmen kann.

Bei Austritten aus medizinischen Gründen hat der Bund als Arbeitgeber zwar keine Leistungen zu erbringen. Die Kosten fallen bei der Pensionskasse und Invalidenversicherung an. Die Abklärungen zu den administrativen Pensionierungen und verschiedene medizinische Abgänge von höheren Beamten in der Vergangenheit haben die Kommission im Rahmen dieser Inspektion auch auf diesen Pfad aufmerksam gemacht. Hinzu kommt, dass zwischen den verschiedenen Formen von vorzeitigen
Pensionierungen enge Wechselwirkungen bestehen. Bei Restrukturierungen erfolgt der Personalabbau nicht nur über administrative Pensionierungen, sondern auch über flexible und medizinische Rücktritte. Die hauptsächliche Problematik im Zusammenhang mit medizinischen Abgängen wird deshalb in einem separaten Kapitel dieses Berichts dargestellt.

1201

5

Vorgehen

5.1

Untersuchungsschritte

Eine gemischte Arbeitsgruppe5 der Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalund des Ständerates führte die Abklärungen durch. Die Koordinationsgruppe der beiden Geschäftsprüfungskommissionen hat bereits am Anfang der Inspektion beschlossen, dass die Federführung bei der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates liegt. Diese hatte das Thema aufgegriffen und bereits mehrere Vorarbeiten in diesem Bereich geleistet (vgl. Inspektion Personalpolitik, Anhörungen des Ärztlichen Dienstes, Inspektion über das Instruktionskorps). An dieser Stelle sei den Mitgliedern der ständerätlichen Kommission für ihre Teilnahme an den Sitzungen, die wertvollen Anregungen und ihre Unterstützung bei der Ausarbeitung und Diskussion dieses Schlussberichtes gedankt.

Die Arbeitsgruppe verlangte Berichte ein (bei der Post, SBB, Swisscom, beim EDI, EVD und VBS) und hörte Vertreterinnen und Vertreter der Personaldienste (EPA, SBB, Post, Generalsekretariate des EVD, EDI, und VBS) und der Pensionskasse des Bundes an (vgl. Liste der angehörten Personen). Sie befasste sich auch intensiv mit der Literatur zum Thema der vorzeitigen Pensionierungen. Dieses Vorgehen ermöglichte ihr, einen Einblick in die Theorie und Praxis von vorzeitigen Pensionierungen zu bekommen. Die Arbeitsgruppe dankt an dieser Stelle allen betroffenen Ansprechspartnern für ihre Unterstützung. Auf Grund dieser Informationen erstellte die Arbeitsgruppe im April 1999 einen Zwischenbericht, den sie der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates für die Vorberatungen zum Bundesgesetz über die Pensionskasse zur Verfügung stellte. Die Arbeitsgruppe diskutierte den Zwischenbericht sodann mit zwei Versicherungsexperten und beauftragte Herrn Dr. Andreas Schweizer mit der Abklärung der finanziellen Auswirkungen der heutigen Praxis von vorzeitigen Pensionierungen auf die Pensionskasse des Bundes. Die Expertise befindet sich im Anhang zu diesem Bericht. Sie bestätigt die hauptsächlichen Ergebnisse, zu denen die Kommission auf Grund ihrer eigenen Abklärungen gelangt ist.

Der Schlussbericht der Arbeitsgruppe wurde den betroffenen Departementen am 20. September 1999 zur Stellungnahme unterbreitet. Das Eidg. Finanzdepartement hat am 8. Oktober 1999 geantwortet. Seine Bemerkungen konnten berücksichtigt werden. Am 18. November 1999 verabschiedete die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates den vorliegenden Bericht.

5.2

Probleme bei der Informationsbeschaffung

Die Arbeitsgruppe musste einen grossen Aufwand betreiben, um sich einen Überblick über die Praxis bei vorzeitigen Pensionierungen und deren Kosten zu verschaffen. Sie ist sich bewusst, dass die Ausübung der Oberaufsicht auch für die betroffenen Verwaltungsbereiche zusätzliche Arbeit mit sich bringt. Die Schwierigkeiten bei der Informationsbeschaffung waren aber anlässlich dieser Inspektion besonders gravierend. Das liegt vor allem daran, dass die Informationen noch nicht in

5

Mitglieder der GPK-N: Béguelin Michel (Präsident), Lötscher Josef, Pelli Fulvio, Scheurer Rémy, Tschäppät Alexander, Tschopp Peter.

Mitglieder der GPK-S: Aeby Pierre, Saudan Françoise, Seiler Bernhard Referent: Imhof Rudolf (GPK-N)

1202

systematischer Form vorlagen. Manche von der Arbeitsgruppe kontaktierten Dienststellen taten sich deshalb besonders schwer mit dem Informationsanliegen der Geschäftsprüfungskommissionen. Die Geschäftsprüfungskommission möchte an dieser Stelle die Bedeutung ihres Informationsanspruches betonen. Ohne ausreichende Informationsbasis wird die Ausübung der Oberaufsicht verunmöglicht. Die Geschäftsprüfungskommissionen haben deshalb das Recht, die für die Ausübung der Oberaufsicht notwendigen Informationen zu verlangen. Sie können auch bestimmen, welche Informationen eigens für die Zwecke der Oberaufsicht zusammengestellt werden müssen und dies grundsätzlich unabhängig von der Belastung, die für die Auskunftspflichtigen dabei entsteht.

Trotz dieses umfassenden Informationsanspruches bemühte sich die Arbeitsgruppe im Rahmen dieser Inspektion, die angesprochenen Behörden nicht über Gebühr zu beanspruchen. Dies war allerdings nur möglich, weil die Arbeitsgruppe den Schwerpunkt auf die begleitende Oberaufsicht gelegt hatte. Die Verhältnisse in der Vergangenheit sollten aber dennoch mit zumutbarem Aufwand beleuchtet werden. Die Arbeitsgruppe klärte deshalb sorgfältig ab, welche Informationen bereits vorliegen und wie andere mit vernünftigem Aufwand aufbereitet werden können. Dieses Vorgehen führte dazu, dass gewisse Lücken in Kauf genommen werden mussten. Eine abschliessende Übersicht über die Praxis der vorzeitigen Pensionierungen kann der vorliegende Bericht deshalb nicht bieten. Die Tendenzen lassen sich hingegen ohne weiteres aufzeigen.

6

Rechtliche Grundlagen für administrative Pensionierungen

Rechtliche Grundlage für die verschiedenen Regelungen beim Bund betreffend administrative Pensionierungen sind Artikel 54 des Beamtengesetzes6 bzw. Artikel 85 der Beamtenordnung (2)7. Darin wird bestimmt, dass der Arbeitgeber für die Aufhebung des Dienstverhältnisses infolge Aufhebung des Amtes die Rahmenbedingungen erlässt und die Entschädigungen festsetzt.

Die detaillierten Regelungen für die allgemeine Bundesverwaltung einerseits und die dezentralisierten Verwaltungseinheiten anderseits sind unterschiedlich.

Für administrative Pensionierungen in der allgemeinen Bundesverwaltung sind massgebend:

6 7 8

­

Verordnung über die Pensionskasse des Bundes vom 24. August 1994 (PKB-Statuten), insbesondere Art. 43

­

Verordnung über Personalmassnahmen bei Umstrukturierungen in der allgemeinen Bundesvewaltung vom 18. Oktober 1995 (im Folgenden kurz: Umstrukturierungsverordnung)

­

Sozialplan für die allgemeine Bundesverwaltung vom 8. Juli 1998 8

Im neuen Bundespersonalgesetz soll auch eine Rechtsnorm für Sozialmassnahmen und Sozialleistungen (Art. 27) geschaffen werden.

SR 172.221.102 Beamtenordnung 2 vom 15. März 1993. Vgl. auch Beamtenordnung Swisscom vom 4. November 1998 (AS 1999 162) Dieser Sozialplan löst die bereits bestehenden Sozialpläne im VBS und Bundesamt für Landwirtschaft ab.

1203

Für die SBB sind massgebend: ­

«Contrat Social» vom 31. März 1993

­

Allgemeine Zirkularweisung vom 16. März 1993: «Grundsätze für die Behandlung von Personalproblemen im Zusammenhang mit betriebsorganisatorischen Veränderungen»

­

Statuten der Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen Bundesbahnen vom 18. August 1994 (ersetzt durch die Statuten der Pensionskasse der Schweizerischen Bundesbahnen vom 22.12.1998 und das Reglement der Pensionskasse SBB vom 1. Januar 1999)

Für die Post sind massgebend: ­

Verordnung über die Pensionskasse des Bundes vom 24. August 1994 (PKB-Statuten), insbesondere Art. 43

­

Weisungen der Generaldirektion PTT für die Behandlung von Personalproblemen im Zusammenhang mit betriebsorganisatorischen Massnahmen vom 9. Januar 1996.

­

Richtlinien für flexible Personalmassnahmen bei betrieblichen Veränderungen der Post (RL Post 96/2000)

­

Direktive Post Nr. 2 vom 25. März 1997: Administrative Pensionierungen im Übergang zu Change POST

Die administrativen Pensionierungen der Swisscom beruhen auf: ­

der dienstlichen Weisung der Generaldirektion PTT vom 25.11.93 (Vorgezogener Altersrücktritt; «Aktion Solidarität»)

­

der Verordnung über die Pensionskasse des Bundes vom 24. August 1994 (PKB-Statuten), insbesondere Art. 43 (seit 1.1.99 hat die Swisscom eine eigene Pensionskasse)

­

Weisungen der Generaldirektion PTT für die Behandlung von Personalproblemen im Zusammenhang mit betriebsorganisatorischen Massnahmen vom 9. Januar 1996

­

Richtlinien für flexible Personalmassnahmen bei betrieblichen Veränderungen der Telecom PTT (RL Post 96/2000) vom 2. April 1996

7

Ziele der vorzeitigen Pensionierung aus betriebsorganisatorischen Gründen

Im Rahmen von Umstrukturierungen, die zu einem Personalabbau führen, bildet die vorzeitige Pensionierung in erster Linie eine Sozialmassnahme. Der Arbeitgeber kann dadurch überzählige Arbeitsplätze auf sozialverträgliche Art und Weise abbauen. Das Hauptziel der administrativen Pensionierung besteht letztendlich darin, Entlassungen zu vermeiden.

An diese Funktion schliesst der Solidaritätsgedanke an. Die vorzeitige Pensionierung kann insbesondere dazu dienen, dass jüngere Arbeitnehmer, die infolge einer Reorganisation die Stelle verlieren würden, weiter beschäftigt werden können.

1204

Die Geschäftsprüfungskommission stellt fest, dass sämtliche Regelungen von administrativen Pensionierungen beim Bund auf diesen beiden Hauptfunktionen aufgebaut sind.

Neben dieser sozialen Zielsetzung hat die administrative Pensionierung aber auch eine betriebswirtschaftliche Kompenente. Sie wird eingesetzt, um Reorganisationen effizient durchzuführen, den notwendigen Personalabbau zu beschleunigen und den Personalaufwand zu senken (sei dies durch Stellenabbau oder durch Verlagerung der Arbeit auf jüngeres und weniger teures Personal). Die vorzeitige Pensionierung seitens des Arbeitgebers ist sodann ein Mittel, um sich von weniger anpassungsfähigeren Mitarbeitern zu befreien, die nur mit grossem Aufwand in das neue Aufgabengebiet eingearbeitet bzw. umgeschult werden können. Ausserdem kann durch vorzeitige Pensionierungen wenigstens der Widerstand älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Durchsetzung neuer Unternehmenspolitiken und -philosophien abgebaut werden. Vorzeitige Pensionierungen sind in diesem Sinne ein wichtiges Instrument, um Personalumverteilungen vorzunehmen und das Personal nach betriebswirtschaftlichen Kriterien möglichst optimal einzusetzen.

Vorzeitige Pensionierungen können auch im Zusammenhang mit dem «Image» eines Arbeitgebers stehen, der sich im Wettbewerb als «jung und dynamisch» «verkaufen» möchte.

Das Instrument kann auch dazu dienen, um sich bei der Gelegenheit einer Reorganisation von «Problemfällen» zu befreien oder Führungsprobleme zu lösen. Über diese Nebeneffekte einer administrativen Pensionierung wird in den Regelungen zwar nicht gesprochen. Die Geschäftsprüfungskommission konnte aber feststellen, dass man sich dieser Zielsetzungen sehr wohl, wenn auch unterschiedlich stark, bewusst ist. Es wird auch kein Geheimnis daraus gemacht, dass das Instrument für diesen Zweck gegebenenfalls sehr willkommen ist. Dieses «Missbrauchspotential» lässt sich aber nicht beziffern.

8

Stellenwert der administrativen Pensionierungen beim Bund

8.1

Verhältnis zu den anderen Personalmassnahmen bei Umstrukturierungen

Die administrative Pensionierung ist nur eine von verschiedenen Möglichkeiten, um Entlassungen zu vermeiden. Andere Personalmassnahmen mit dem gleichen Ziel sind: ­

die Vermittlung vakanter Stellen an Bedienstete, die von der Entlassung bedroht sind;

­

die Weiterbeschäftigung innerhalb oder ausserhalb des Betriebes;

­

die Umschulung und berufliche Weiterbildung.

Diese Massnahmen gehören in den Bereich der Eingliederung bzw. Integration. Die Frage, welchen Stellenwert die Regelungen der administrativen Pensionierung gegenüber den Eingliederungsmassnahmen zuschreiben, lässt sich für die allgemeine Bundesverwaltung relativ klar beantworten. Vorzeitige Pensionierungen sind hier nur dann möglich, wenn weder vakante Stellen vermittelt werden können noch die Weiterbeschäftigung auf einer anderen Stelle des Bundes möglich ist und auch die 1205

Umschulung und berufliche Weiterbildung keine Lösungen bringt (Art. 2 Umstrukturierungsverordnung). Kontrolliert wird diese Rangfolge seit dem Erlass des Sozialplanes im Juli 1998 von den so genannten ZEKOST (Zentrale Koordinationsstelle für Stellenvermittlung). In der Bundeskanzlei, in jedem Departement und im ETHRat exisitiert eine ZEKOST, die beurteilt, ob die Stellenvermittlungsbemühungen oder Umschulungsmöglichkeiten voll ausgeschöpft wurden. Sie entscheidet auch, ob die Voraussetzungen für die administrative Pensionierung erfüllt sind.

SBB, Post und Swisscom messen den Massnahmen zur Erhaltung der Beschäftigung in ihren Regelungen auch eine grosse Bedeutung zu. Gleichzeitig stärker betont wird aber hier der Stellenwert der vorzeitigen Pensionierung. Für die SBB gilt, dass die Möglichkeiten der vorzeitigen Pensionierung nötigenfalls auszuschöpfen sind9. Die Post hält im Rahmen von Change Post ausdrücklich fest, dass möglichst viele Mitabeitende der anvisierten Zielgruppe von einer administrativen Pensionierung Gebrauch machen sollen10. Die Post setzte sogar eine Task Force ein, um vorzeitige Pensionierungen auf Fälle auszudehnen, die ausserhalb der allgemeinen Bedingungen und der Norm lagen11. Die Richtlinien der Telecom PTT vom April 1996 halten fest, dass neben anderen personalrechtlichen Massnahmen vor allem die Möglichkeit der vorzeitigen Pensionierung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Swisscom AG hat die administrativen Pensionierungen zwischen 1998 und 2000 zu einer vorrangigen Massnahme für die Realisierung von Kosteneinsparungen beim Personalaufwand erklärt.

Eine andere Frage ist, welcher Aufwand für die Eingliederung in der Praxis auch tatsächlich betrieben wird. Dies hängt davon ab, wie die Eingliederung organisiert ist, welchen Führungsaufwand die Vorgesetzten in Kauf nehmen wollen bzw. können und wie kooperativ sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber einer Eingliederung zeigen. Die Geschäftsprüfungskommission konnte anlässlich dieser Inspektion nicht beurteilen, ob in der Praxis die Eingliederungsbemühungen mit dem angezeigten Aufwand betrieben werden. Sie stellte hingegen fest, dass es relativ wenig Anreize für solche Bemühungen der Personalverantwortlichen gibt. Eine administrative Pensionierung stellt gegenüber den andern Personalmassnahmen für die Personalführung
mit grosser Wahrscheinlichkeit den Weg des geringeren Widerstandes dar. Es ist deshalb anzunehmen, dass das Instrument der vorzeitigen Pensionierung aus betriebsorganisatorischen Gründen in der Praxis einen hohen Stellenwert innehat.

8.2

Zahlenmässige Bedeutung der administrativen Pensionierungen

Am meisten administrative Pensionierungen haben auf Bundesebene in den letzten Jahren eindeutig die ehemaligen Bundesbetriebe (Post, SBB und Swisscom) und das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) zu verzeichnen. In den übrigen Departementen der allgemeinen Bundesverwaltung haben einige Reorganisationen im Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD), im Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) und im Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) zu vorzeitigen Pensionierungen geführt. Es 9 10 11

Punkt 13.1 der allgemeinen Zirkularweisung vom 1.5.93 Direktive POST Nr. 2 vom 25.3.97, Kapitel 1 Auftrag für die Einsetzung einer Task Force vom 26.6.97

1206

musste dort allerdings in verhältnismässig bescheidenem Ausmass auf dieses Instrument zurückgegriffen werden. Die Zahlen in den folgenden Ausführungen berücksichtigen die Entwicklung bis Ende 1998. Sie wurden von den Departementen bzw. Betrieben auf Anfrage der Kommission zusammengestellt.

8.2.1

Betroffene Bereiche in der allgemeinen Bundesverwaltung

Im VBS sollen bis am 1.1.2001 8000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Zwischen 1990 und Ende 1998 verringerte sich der Bestand um insgesamt 3623 Personen.

Davon wurden 1302 Personen über vorzeitige Pensionierungen abgebaut (entspricht 36% des Abbaus). Mit der Privatisierung der Rüstungsunternehmen per 1.1.1999 wurden 4124 Personen aus dem Bundesdienst ausgegliedert und in die Rüstungsunternehmen transferiert. Unter Berücksichtigung dieses Abbaus sowie der Regierungs- und Verwaltungsreform und dem nötigen Personalumbau müssen ab Ende 1998 noch 300 Stellen abgebaut werden. Zu den Kosten der administrativen Pensionierungen konnte das VBS keine Angaben machen.

Im Bereich des EVD sind von den Auswirkungen der seit 1992 laufenden Agrarreform das Bundesamt für Landwirtschaft, die Eidg. landwirtschaftlichen Forschungsanstalten und das Eidg. Gestüt betroffen. Ausserdem bewirkt die Auflösung der Käseunion und Butyra (Schweizerische Zentralstelle für Butterversorgung) einen Stellenabbau. Im Bundesamt für Landwirtschaft wurden im Zeitraum 1995 bis Ende 1998 18 Personen abgebaut. Davon wurden 12 Personen vorzeitig pensioniert (= 67% des Abbaus). Vom Abbau bei der Käseunion/Swisspack sind 125 Personen betroffen. Es sind 12 administrative Pensionierungen vorgesehen (9,6%). Bei der Butyra sind 23 Personen betroffen. Eine davon soll administrativ pensioniert werden. Der Abbau bei den Forschungsanstalten beträgt im Zeitraum 1993 bis 1998 125 Personen. 43 Personen wurden administrativ pensioniert (34%). Im gleichen Zeitraum hat das Eidg. Gestüt 24 Personen abgebaut, wovon 8 (33%) administrativ pensioniert wurden. Insgesamt hat das EVD infolge Reorganisationen 315 Personen abgebaut. Davon wurden 76 Personen (24%) auf Grund des Sozialplanes vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

Im EDI spielten administrative Pensionierungen bisher in drei Ämtern und den Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH) eine Rolle. Im Amt für Bundesbauten wurden infolge der ersten grossen Reorganisation im Jahre 1991 54 Personen überzählig. Es mussten allerdings nur 11 Mitarbeitende (19%) administrativ pensioniert werden. Bei der Aufhebung des Grenzsanitätsdienstes im Jahre 1992 war die Anstellung von 30 Personen betroffen. Es mussten 6 administrative Pensionierungen vorgenommen werden (20%). Im Bundesamt für Militärversicherung wurden
insgesamt 3 Personen administrativ pensioniert. Beim Paul-Scherrer-Institut (PSI) fanden infolge der Fusion von Instituten zwischen 1992 und 1995 12 administrative Pensionierungen mit zum Teil hohen Kostenfolgen statt. Die ETH Zürich hat 9, die ETH Lausanne wegen des Abbaus von ganzen Wissenschaftszweigen hingegen 20 administrative Pensionierungen zu verzeichnen. Zusammen mit dem Stellenabbau in der Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt im Jahre 1998 (5 administrative Pensionierungen) wurden im ETH-Bereich 46 Personen administrativ pensioniert.

Insgesamt macht das für das EDI 66 Personen aus.

1207

Im EFD wurden insgesamt 54 Personen administrativ pensioniert. Am meisten fielen im Rahmen der Regierungs- und Verwaltungsreform RVR NOVE-IT im Jahre 1998 beim Bundesamt für Bauten und Logistik an (27 Mitarbeiter). Die Oberzolldirektion hatte in den Jahren 1995 bis 1998 administrative Pensionierungen vorgenommen (Anzahl: 14). Grund dafür waren die Zusammenlegung oder Aufhebung von Zollämtern. Bei der Alkoholverwaltung führten Fusionen diverser Abteilungen und die Schliessung der Alkohollager Romanshorn und Daillens zu 11 administrativen Pensionierungen (Zeitraum 1993 bis Ende 1998). Nur zwei Rücktritte hat das Bundesamt für Informatik zu verzeichnen. Einer davon ist dann aber auch gerade der teuerste innerhalb des EFD im erhobenen Zeitraum (Fr. 438 000.­ ).

In den übrigen Departementen, die nicht von tief greifenden Reorganisationen betroffen waren, ist die Zahl der administrativen Pensionierungen vernachlässigbar klein. Auf Anfrage der Arbeitsgruppe haben die Departemente die Zahlen bis ins Jahr 1993 zurückverfolgt. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) verzeichnete vier, das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) drei und das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) eine vorzeitige Pensionierung aus administrativen Gründen. In der Bundeskanzlei und den ihr angeschlossenen Dienststellen gab es keine administrativen Pensionierungen.

8.2.2

Die Zahlen der vorzeitigen Pensionierung bei SBB, Post und Swisscom

Für die SBB waren administrative Pensionierungen zum ersten Mal in den 70erJahren während der Erdölkrise aktuell. Ab Beginn des Jahres 1993 ging der Personalbedarf zurück. Gründe dafür waren der infolge der Rezession rasch rückläufige Güterverkehr und die Rationalisierungsprogramme in verschiedenen Bereichen. Die entsprechende Aktion führte zu 2688 administrativen Pensionierungen (Zeitraum 1993 bis Ende 1998). Eine weitere Aktion wurde im Jahre 1998 eingeleitet. Sie soll den SBB im Rahmen der Bahnreform ermöglichen, ihre Tätigkeit als Aktiengesellschaft mit einem ausgeglichenen Personalbestand aufzunehmen. Im Rahmen dieser Aktion wurden 877 vorzeitige Pensionierungen bewilligt und bis 1. April 1999 vollzogen. Insgesamt haben die SBB seit 1993 damit 3565 Personen administrativ pensioniert. Der Personalbestand ist bis Ende 1997 um 5401 Einheiten reduziert worden. Weitere Aktionen im eigentlichen Sinn sind bei den SBB nicht mehr geplant.

Für Einzelfälle werden in den Budgets für die Jahre 1999 und folgende Gelder in der Grössenordnung von 20 Millionen Franken pro Jahr eingestellt.

Die administrativen Pensionierungen der ehemaligen PTT-Betriebe gehen auf einen Entscheid der Generaldirektion der PTT im Jahre 1994 zurück, der verlangte, den Personalbestand bis Ende 1996 um 5000 Stellen zu reduzieren. Bei der Post führte erst die Neuausrichtung der Unternehmung im Rahmen des Projektes Change POST zu administrativen Pensionierungen. Es zeichnete sich im Jahre 1997 für die kommenden Jahre ein Personalüberhang im Verwaltungsdienst und in Teilen des Postbetriebes ab. Der Personalabbau im Rahmen von Change POST soll mit insgesamt 1224 administrativen Frühpensionierungen abgefedert werden. Bis Ende 1998 wurden 1048 Personen administrativ pensioniert. Gemäss Einschätzung des Vertreters der Post wird man nach Abschluss der gegenwärtigen Umstrukturierung nur noch in Einzelfällen auf das Instrument der administrativen Pensionierung zurückgreifen.

1208

Im Zeitraum 1994 bis Ende 1997 hat die Telecom 1638 Personen administrativ pensioniert. Die vorzeitigen Pensionierungen zwischen 1998 und 2000 der Swisscom AG stehen unter dem Zeichen der Liberalisierung der Telekommunikation. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die Swisscom ihre Kosten senken und entsprechende Rationalisierungsmassnahmen (auch im Personalbereich) durchführen. Die Swisscom will gemäss Geschäftsstrategie in den Jahren 1998 bis Ende 2000 2840 vorzeitige Pensionierungen vornehmen. Diese sollen zu einem Personalabbau von netto ca. 4000 Personen beitragen. Daraus geht hervor, dass der neuste Personalabbau bei der Swisscom zu 71% über administrative Pensionierungen erfolgen soll.

Dieser Quotient ist beispielsweise beträchtlich höher als im VBS12, das ebenfalls eine massive Reduktion des Personalbestandes vornehmen muss. Zwischen 1994 und Ende 1998 sind bereits 2783 administrative Pensionierungen erfolgt.

Aus diesen Ausführungen lässt sich folgende Übersicht betreffend die Anzahl der administrativen Pensionierungen in den vergangen Jahren erstellen. Beim EFD, EDA, EJPD, UVEK und der Bundeskanzlei sind die Angaben auf einen einheitlichen Zeitraum bezogen, weil hier nur vereinzelte oder gar keine Umstrukturierungen stattfanden. Die Geschäftsprüfungskommission hat beschlossen, in diesen Fällen die Entwicklung bis 1993 zurückzuverfolgen. In den übrigen Fällen ist der Zeitpunkt massgebend, ab welchem Umstrukturierungen und somit administrative Pensionierungen zu einem Thema wurden. Beim EDI, EVD, bei den SBB und den ehemaligen PTT-Betrieben lässt sich dieser Zeitpunkt relativ eindeutig bestimmen.

Anzahl administrativer Pensionierungen (Stand 31.12.98) Tabelle 1 Departement/Betrieb

seit

Anzahl administrative Pensionierungen

Personalbestand 1.1.1999 (Köpfe)

VBS EVD EDI EFD EDA EJPD UVEK Bundeskanzlei SBB Telecom/Swisscom

1990 1992 1991 1993 1993 1993 1993 1993 1993 1994

1302 76 66 54 4 3 1 0 3565 2783

Post

1997­1998

1048

12 969* 2 264 13 803 7 595 2 252 1 916 1 420 176 30 037 25 447 (Stand: 31.12.98) 41 475

* ohne Rüstungsbetriebe

12

Im VBS soll der Personalabbau zu 36% über administrative Pensionierungen erfolgen.

1209

9

In welchem Alter ist eine vorzeitige Pensionierung aus betriebsorganisatorischen Gründen möglich?

Die Voraussetzungen für administrative Pensionierungen werden in den oben genannten Grundlagen (Kapitel 6) geregelt und für die allgemeine Bundesverwaltung, die SBB, die Post und die Swisscom im Einzelnen unterschiedlich umschrieben. Ein detaillierter Vergleich wäre wenig aussagekräftig.

Gewisse Grundvoraussetzungen sind aber allen Regelungen gemeinsam: Aufhebung oder wesentliche Veränderung der Stelle, Solidarität mit Jüngeren, Erreichen eines gewissen Alters und eine gewisse Anzahl Beitragsjahre. Interessant erscheint der Geschäftsprüfungskommission ein Vergleich bezüglich des zulässigen Rücktrittalters.

9.1

Regelungen und Praxis

Die Statuten der Pensionskasse des Bundes (massgebend für die Mitarbeitenden der allgemeinen Bundesverwaltung, der Post und bis Ende 1998 der Telecom bzw.

Swisscom) sowie die Statuten der Pensions- und Hilfskasse der SBB lassen eine administrative Pensionierung unter gewissen weiteren Voraussetzungen bereits ab dem 50. Altersjahr zu13. Im Rahmen dieser versicherungsrechtlichen Bestimmung haben die allgemeine Bundesverwaltung, die Post, die SBB und Swisscom je eigene Lösungen betreffend das mögliche Alter eines administrativen Rücktrittes entwickelt.

Für die allgemeine Bundesverwaltung betonen die Umstrukturierungsverordnung14 und der Sozialplan den Ausnahmecharakter von vorzeitigen Pensionierungen vor dem 60. Altersjahr. Pensionierungen von Bediensteten zwischen 60 und 65 sind auszuschöpfen, bevor auf jüngere Bedienstete zurückgegriffen wird. Ausserdem muss der Nachweis erbracht werden, dass innert Jahresfrist Bedienstete in einem Betrieb oder einer Verwaltungseinheit ohne eigenes Verschulden stellenlos werden.

Für vorzeitige Pensionierungen unter dem 58. Altersjahr ist gemäss Sozialplan das Einvernehmen mit dem Eidg. Personalamt herzustellen.

In der Praxis kommt es dennoch zu Pensionierungen, die wesentlich unter der Norm von 60 Jahren liegen. Vor allem im ETH-Bereich ist die Geschäftsprüfungskommission auf solche Einzelfälle gestossen, die dem Bund sehr hohen Kosten verursachten15. Im übrigen EDI fallen zwei Fälle deutlich unter die Altersgrenze von 60 Jahren (einer mit 51, der andere mit 55 Jahren). Im Übrigen zeigt die Praxis der Departemente eine sehr hohe Disziplin bezüglich des Rücktrittsalters. Trotz hohem Reformdruck im Jahre 1991 hat beispielsweise das Amt für Bundesbauten keine Pensionierung vor dem 60. Altersjahr vorgenommen. Eine restriktive Praxis haben bisher auch das EVD und das EFD geübt. Das EFD hat von den 54 Fällen lediglich 3 unter dem 60. Altersjahr pensioniert (zwei mit 59, einen mit 58). Das EVD hat lediglich eine Person unter 60 pensioniert. Das VBS konnte auch hier keine Daten liefern, weil es über keine entsprechenden Zusammenstellungen verfügt. Das VBS 13 14 15

Art. 43 der genannten Statuten bzw. neu: Art. 43 des Reglements der Pensionskasse SBB Art. 15 Abs. 2 der Umstrukturierungsverordnung Eine Pensionierung im 50. Altersjahr hat 1,3 Millionen Franken, im 52. Altersjahr rund eine Million Franken und Pensionierungen zwischen 54 und 56 Jahren haben in der R egel mehr als eine halbe Million Franken gekostet.

1210

versicherte aber der Geschäftsprüfungskommission, dass Pensionierungen vor dem 60. Altersjahr nur in wenigen Ausnahmefällen ausgesprochen werden.

Bei SBB, Post und Swisscom gibt es keine ausdrückliche Regelung, die verlangt, dass Pensionierungen der 60- bis 65-Jährigen auszuschöpfen sind, bevor auf jüngere Jahrgänge zurückgegriffen wird.

Aus wirtschafltichen Gründen kann die SBB ihre Mitarbeitenden aber auch nicht ohne weiteres mit dem Erreichen des 50. Altersjahres administrativ pensionieren.

Für die SBB gilt grundsätzlich die Altersgrenze von 60 Jahren. In Regionen oder für Personalkategorien mit starkem Überbestand wurde bzw. wird allerdings auf 57 (bis 1997) bzw. 58 Jahre heruntergegangen. In der Aktion Bahnreform war die SBB bezüglich Altersgrenze ziemlich restriktiv und genehmigte von den insgesamt 877 administrativen Pensionierungen nur 93 unter dem 60. Altsjahr (sämtliche mit 59).

Bei der Post waren in den Anfängen Pensionierungen ab vollendetem 58. Altersjahr möglich. Die Aktion in Zusammenhang mit Change POST weitete die Frühpensionierung für gewisse Personalkategorien auf die 57- oder sogar 55-jährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus.

Die Telecom/Swisscom bezog die über 60-Jährigen in die Aktion Solidarität (1994/95) ein, weitete die Aktion von 1996/97 auf das 58. Alterjahr aus und bezieht in der Aktion 1998/2000 schliesslich sogar die 55-Jährigen in die vorzeitige Pensionierung mit ein.

9.2

Würdigung durch die Geschäftsprüfungskommission

Es ist unbestritten, dass das Alter ein neuralgischer Punkt für die Kosten von administrativen Pensionierungen ist. Neben der Höhe des versicherten Verdienstes bestimmt das Alter die Kosten einer vorzeitgen Pensionierung für den Arbeitgeber. Je jünger die zu pensionierende Person ist, desto mehr Deckungskapital hat der Arbeitgeber der Pensionskasse zurückzuerstatten, um die Rente zu finanzieren.

Die Geschäftsprüfungskommission verfügt nicht über vollständiges Zahlenmaterial zum Vergleich der Praxis betreffend das Rücktrittsalter. Die Regelung und die bisherigen Tendenzen in der Praxis zeigen aber ein deutlich restriktiveres Bild in der allgemeinen Bundesverwaltung als etwa bei der Post und der Swisscom. Die Aktionen sind bei Letzteren sehr offen formuliert und wurden bzw. werden entsprechend grosszügig durchgeführt. Es besteht allerdings auch hier kein eigentlicher Anspruch der Mitarbeitenden auf einen administrativen Rücktritt. Das Instrument stellt bei allen Arbeitgebern eine unternehmerische Massnahme dar.

10

Die finanzielle Belastung des Arbeitgebers im Rahmen der 2. Säule

Die finanzielle Belastung des Arbeitgebers bei administrativen Pensionierungen hängt davon ab, welche Leistungen die Pensionskasse ausrichtet.

Die folgenden Ausführungen nehmen Bezug auf die Verhältnisse der Pensionskasse des Bundes (PKB). Bei der PKB sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der all-

1211

gemeinen Bundesverwaltung, der Post und bis Ende 1998 der Swisscom versichert.

Für die Leistungen bei den SBB wird ein separater Abschnitt angefügt.

10.1

Die Leistungen bzw. die Belastung nach Artikel 43 PKB-Statuten

Gemäss dieser Bestimmung erhält ein Mitglied der Pensionskasse des Bundes eine Rente in der Höhe der Invalidenrente, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: ­

Das Mitglied ist über 50 Jahre alt.

­

Das Mitglied hat während mindestens 19 Jahren der PKB angehört und Beiträge bezahlt.

­

Das Dienstverhältnis ist ohne Verschulden des Mitglieds aufgelöst worden.

Nicht zu vertreten hat ein Mitglied die Auflösung des Dienstverhältnisses unter anderem dann, wenn wegen Umstrukturierungen Arbeitsstellen aufgehoben werden.

Für den Umfang der Leistung sind Artikel 39­41 PKB-Statuten massgebend. Die Rente beträgt 60 Prozent des versicherten Verdienstes im Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses. Sie wird nur gekürzt, wenn das Mitglied beim Erreichen des 65. Altersjahres die 40 Versicherungsjahre nicht erreicht hätte. Zusätzlich zur Rente richtet die PKB einen festen Zuschlag als Ersatz einer AHV-Rente und eventuell Kinderrenten aus.

Durch die Anwendung von Artikel 43 PKB-Statuten fehlt der Pensionskasse versicherungsmathematisch gesehen für die Ausrichtung der Rente Deckungskapital. Artikel 43 Absatz 3 bestimmt deshalb, dass der Arbeitgeber, der die vorzeitige Pensionierung veranlasst, das fehlende Deckungskapital der Pensionskasse zurückerstatten muss.

Die Expertise im Anhang16 zeigt, dass die Arbeitgeberbeiträge für Pensionierungen gemäss Artikel 43 PKB-Statuten seit 1992 stetig zugenommen haben. In den Übergängen der Jahre 1994/95 und 1996/97 haben die Arbeitgeberleistungen an die PKB beachtliche Sprünge gemacht.

10.2

Die Leistungen bzw. die Belastung gemäss Artikel 30 ff. PKB-Statuten

Gemäss dieser Bestimmung kann ein Mitglied der PKB eine Altersrente verlangen, wenn ­

es das 60. Altersjahr vollendet hat und

­

das Dienst- oder Arbeitsverhältnis aufgelöst ist.

Dieser so genannte flexible Altersrücktritt macht sich in der Praxis auch der Arbeitgeber zunutze, um im Rahmen von Umstrukturierungen Personal abzubauen. Wenn der Arbeitgeber seine über 60-jährigen Mitarbeitenden zu einem flexiblen Rücktritt 16

Vgl. Tabelle unter Kapitel 3.2 der Expertise

1212

nach Artikel 30 ff. PKB-Statuten motivieren kann, entstehen ihm dabei weniger Kosten, als bei einem Vorgehen nach Artikel 43 PKB-Statuten.

Die Leistungen gemäss Artikel 30­ 33 PKB-Statuten bestehen in einer Altersrente und eventuell einer Kinderrente sowie einer Überbrückungsrente. Die maximale mögliche Altersrente beträgt 60 Prozent des versicherten Verdienstes. Diese Rente erhält ein Mitglied, wenn es im Zeitpunkt des Rücktrittes 40 Versicherungsjahre aufweisen kann und älter als 62 Jahre ist. Das bedeutet nichts anderes, als dass es für 40 Jahre Beiträge entrichtet oder Versicherungsjahre eingekauft hat. Fehlende Versicherungsjahre haben eine Rentenkürzung zur Folge 17. Hat das Mitglied das 62. Altersjahr nicht erfüllt, wird die Rente in jedem Fall gekürzt.

Zusätzlich zur Altersrente richtet die PKB eine Überbrückungsrente gemäss Artikel 33 PKB-Statuten aus. Diese Rente soll die noch nicht fällige AHV-Altersrente ersetzen. Die Überbrückungsrente wird ausgerichtet, bis der Anspruch auf eine AHVRente entsteht. Sie ist eine Art vorschüssige Rentenzahlung der Pensionskasse. Die Überbrückungsrente entspricht dem festen Zuschlag nach Artikel 40 der PKBStatuten. Im besten Fall beträgt die Überbrückungsrente für Verheiratete 97,5% und für Unverheiratete 75% des Höchstbetrages der einfachen AHV-Rente.

Im Unterschied zu Artikel 43 PKB-Statuten muss der Arbeitgeber in den Fällen von Artikel 30 ff. PKB-Statuten nur die Hälfte der Überbrückungsrente finanzieren. Weil die Pensionskasse in ihren Statuten den flexiblen Altersrücktritt anbietet, hat sie die diesbezüglichen Renten nach versicherungsmathematischen Berechnungsmethoden vorfinanziert. Die Pensionskasse stellt dem Arbeitgeber in diesen Fällen deshalb nur den vom Versicherten rückzahlbaren Anteil der Überbrückungsrente in Rechnung18.

Der Unterschied zum ordentlichen flexiblen Altersrücktritt besteht hier darin, dass der Versicherte die Hälfte der Überbrückungsrente der Pensionskasse nicht zurückbezahlen muss. Deshalb kommt eine administrative Pensionierung für den Versicherten günstiger als ein flexibler Altersrücktritt.

10.3

Würdigung durch die Geschäftsprüfungskommission

Den obigen Ausführungen ist zu entnehmen, dass der Arbeitgeber bei Umstrukturierungen die Pensionskasse zu Leistungen veranlassen kann, die ohne Umstrukturierung nicht ohne weiteres ausgerichtet würden. Der Arbeitgeber nutzt damit die Möglichkeit des flexiblen Altersrücktritts für seine Abbauinteressen. Durch gezielte Auswahl seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann der Arbeitgeber die Fälle von flexiblen Altersrücktritten künstlich erhöhen und eine Durchführung von administrativen Pensionierungen gemäss Artikel 43 PKB-Statuten im eigentlichen Sinn umgehen.

Der Bundesrat hat dieser Praxis für die allgemeine Bundesverwaltung in Artikel 17 der Umstrukturierungsverordnung eine klare Grundlage gegeben. In den Regelungen der Post und Swisscom findet sich keine analoge Bestimmung, die diese Praxis der

17

18

Die aktuellen Kürzungssätze finden sich in Anhang 3 der Verordnung über die Ausführungen der Statuten der Pensionskasse des Bundes (PKB-Verordnung) vom 21. Dezember 1994 (SR 172.222.11) Art. 33 Abs. 3 PKB-Statuten

1213

PKB so klar und ausdrücklich unterstützen würde. Dennoch lassen die Statuten der Pensionskasse ein solches Vorgehen ohne weiteres zu.

Trotz rechtlicher Abstützung ist es aus folgenden Gründen nicht unproblematisch, wenn die Arbeitgeber ihre administrativen Pensionierungen über Artikel 30 ff. PKBStatuten abwickeln: ­

Die Bestimmungen von Artikel 30 ff. sind geschaffen worden, um den Mitgliedern der PKB den flexiblen Altersrücktritt zu ermöglichen. Sie sind nicht dafür gedacht, einem Arbeitgeber den Personalabbau zu erleichtern. Bei administrativen Pensionierungen geben in der Regel betriebsorganisatorische Gründe den Ausschlag für einen Rücktritt. Der Impuls kommt wohl nur in seltenen Ausnahmefällen vom Mitarbeitenden allein. In der Mehrzahl der Fälle übt der Arbeitgeber mehr oder weniger Druck aus und ist deshalb verantwortlich für die vorzeitige Pensionierung und die daraus entstehenden Kosten.

­

Die Leistungen nach Artikel 30­33 PKB-Statuten werden aus einem Teil des Deckungskapitals erbracht. Zur versicherungsmathematischen Berechnung des Deckungskapitals hat die PKB auch bezüglich dieser Leistungen gewisse Annahmen getroffen. Beispielsweise die Annahme, dass in den kommenden Jahren eine gewisse Anzahl versicherter Mitglieder vom flexiblen Altersrücktritt Gebrauch machen werden und die entsprechenden Leistungen beanspruchen. Infolge administrativer Pensionierungen wird die Anzahl solcher Rücktritte künstlich erhöht. Es besteht die Gefahr, dass die Leistungen gemäss Artikel 30­33 PKB-Statuten nicht mehr wie ursprünglich angenommen finanziert werden können. Der Arbeitgeber kann so seine Reorganisationen und den damit verbundenen Personalabbau auf Kosten der Pensionskasse durchführen. Es entsteht eine Art Quersubventionierung.

­

Schliesslich darf nicht vergessen werden, dass Mitarbeiter, die nach Artikel 30­33 PKB-Statuten pensioniert werden, in der Regel schlechter dastehen als jene Mitarbeiter, die auf dem regulären Weg administrativ pensioniert werden. Im ersten Fall erhält das Mitglied von der PKB nur dann die volle Rente, wenn es 40 Versicherungsjahre aufweisen kann und das 62. Alterjahr vollendet hat. Beim Vorgehen nach Artikel 43 der PKB-Statuten werden die Versicherungsverhältnisse nicht im Zeitpunkt des Rücktritts angeschaut, sondern auf das Erreichen des 65. Altersjahres bezogen. In vielen Fällen verdient diese Art des Abbaus nicht mehr die Qualifizierung «sozialverträglich».

Für den Arbeitgeber ist es natürlich finanziell vorteilhafter, den Personalabbau über Artikel 30­33 PKB-Statuten durchzuführen. Er wird daher in der Regel zuerst Mitarbeiter auswählen, die diese Voraussetzungen erfüllen, bevor er auf Artikel 43 PKB-Statuten zurückgreift.

10.4

Richtwerte für die Höhe der finanziellen Belastung des Arbeitgebers im Rahmen der 2. Säule

Die folgende Zusammenstellung hat die PKB auf Anfrage der Geschäftsprüfungskommission erstellt. Sie soll die Höhe der Kosten veranschaulichen, die dem Arbeitgeber aus der Finanzierung des fehlenden Deckungskapitals und dem festen Zu1214

schlag bzw. der Überbrückungsrente entstehen. Bei allen Beispielen wird davon ausgegangen, dass der Versicherungsbeginn im 25. Altersjahr stattfindet, das Mitglied verheiratet ist und keine unterstützungspflichtigen Kinder mehr hat.

Tabelle 2 Lohnklasse ohne Ortszuschlag

12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 Überklasse VI Überklasse IV

Maximaler versicherter Jahresverdienst19

Altersrücktritt 55

Altersrücktritt 58

Altersrücktritt 60

Kosten in Fr.

Kosten in Fr.

Kosten in Fr.

49 601.­ 55 039.­ 61 654.­ 69 481.­ 77 955.­ 86 443.­ 97 241.­ 109 964.­ 122 714.­ 137 327.­ 162 409.­ 186 475.­

464 500.­ 495 000.­ 532 000.­ 575 500.­ 622 500.­ 670 000.­ 730 500.­ 801 500.­ 872 500.­ 954 000.­ 1 094 000.­ 1 228 000.­

335 500.­ 357 000.­ 383 000.­ 414 000.­ 447 500.­ 481 000.­ 523 500.­ 573 500.­ 624 000.­ 681 500.­ 780 500.­ 875 500.­

239 500.­ 264 000.­ 272 000.­ 293 500.­ 316 500.­ 340 000.­ 369 000.­ 403 500.­ 438 500.­ 478 000.­ 546 500.­ 612 000.­

Kosten in 1'000 Fr.

1'400.0 1'200.0 1'000.0 55 58

800.0 600.0

60

400.0 200.0 0.0 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 VI IV Lohnklasse

Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass die Kosten von vorzeitigen Pensionierungen vor Erreichen des 60. Altersjahres exponential ansteigen.

19

Zahlen ohne Ortszuschlag gemäss Besoldungsskala 1999

1215

10.5

Die Praxis der Leistungen und der Belastung des Arbeitgebers bei den SBB

Die Statuten der Pensionskasse der SBB entsprechen den Statuten der PKB weitgehend. Die Bestimmungen betreffend die administrative Auflösung des Dienstverhältnisses sind identisch.

Auch die SBB haben sich in der Vergangenheit auf den flexiblen Altersrücktritt berufen, um das Personal im Rahmen von Umstrukturierungen abzubauen. Vorzeitige Pensionierungen wurden auch unter Anwendung von Artikel 33 Absatz 3 der Statuten der Pensions- und Hilfskasse (PHK) der SBB vorgenommen. Diese Bestimmung sieht enstsprechend der identischen Bestimmung der PKB-Statuten vor, dass die SBB bei vorzeitiger Alterspensionierung die Rückerstattung der Überbrückungspension ganz oder teilweise übernehmen können. Die Anwendung dieser Bestimmung war für die SBB finanziell bedeutend interessanter als derjenige über die administrative Pensionierung (Art. 43 Abs. 3 PHK-Statuten). Besonders im Jahre 1997 hat sich die SBB bei ihrem Abbau sehr extensiv auf Artikel 33 Absatz 3 berufen. Dies führte zu einer künstlichen Erhöhung der flexiblen Altersrücktritte und damit zu einer Verschlechterung der finanziellen Lage der PHK. Die SBB haben diese negativen Auswirkungen ihrer bisherigen Praxis erkannt und in der Zwischenzeit geändert.

Sie verzichten seit 1998 auf die Anwendung des Artikel 33 Absatz 3 der PHKStatuten.

11

Zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers

Neben dem Aufwand für die Ausfälle der Pensionskasse kann der Arbeitgeber gewisse Zusatzleistungen direkt an seine Mitarbeitenden erbringen. Diese Zusatzleistungen sollen den vorzeitigen Rücktritt finanziell erleichtern oder den Anreiz für vorzeitige Rücktritte vergrössern.

Solche Zusatzleistungen sind: Der AHV-Zuschuss Der AHV-Zuschuss wird in Einzelfällen und zur Erleichterung der vorzeitigen Pensionierung ausgerichtet. Er soll die Härte einer gekürzten Rente mildern. In seiner Höhe geht er bis zum Maximum der mutmasslichen, anwartschaftlichen AHVRente. Die allgemeine Bundesverwaltung20 und die SBB21 richten unter gewissen Voraussetzungen einen AHV-Zuschuss aus. Der Sozialplan der allgemeinen Bundesverwaltung präzisiert, dass AHV-Zuschüsse nur in Härtefällen und im Einvernehmen mit dem Eidg. Personalamt ausgerichtet werden. Gemäss Auskünften des Eidg. Personalamtes wurde bisher nur in wenigen Einzelfällen ein AHV-Zuschuss gewährt. Es sind dies Fälle von Bediensteten niedriger Lohnklassen, deren Einkommen aus der Rente beispielsweise für die Bestreitung des Lebensunterhaltes der Familie nicht mehr ausgereicht hätte. Die Geschäftsprüfungskommission vermisst allgemeingültige Kriterien für die Ausrichtung von AHV-Zuschüssen. Es besteht die Gefahr einer Ungleichbehandlung.

20 21

Art. 17 Abs. 4 der Verordnung über Personalmassnahmen bei Umstrukturierungen in der allgemeinen Bundesverwaltung Punkt 13.1 der allgemeinen Zirkularweisung vom 1.5.93

1216

Der Zuschuss zu den AHV-Beiträgen Bis das gesetzlich vorgesehene Rücktrittsalter erreicht ist, muss der Versicherte weiterhin AHV-Beiträge bezahlen. Diese fortdauernde Beitragspflicht ist nicht zu unterschätzen. Die Beiträge werden anhand des Vermögens des Versicherten (und seiner Ehefrau) und des Renteneinkommens errechnet22. Das mit 20 multiplizierte jährliche Renteneinkommen wird dabei zum Vermögen hinzugerechnet. Der Zuschuss zu den AHV-Beiträgen soll diese finanzielle Verpflichtung und damit den vorzeitigen Rücktritt erleichtern.

Ein Zuschuss zu den AHV-Beiträgen wird bei der Post und Swisscom bis zur 24. Lohnklasse gewährt. Er beträgt: ­

bis Lohnklasse 18

2000.­ Franken pro vorgezogenes Jahr.

­

bis Lohnklasse 24

1300.­ Franken pro vorgezogenes Jahr.

Abgangsentschädigungen Abgangsentschädigungen als Ergänzung der bisher erwähnten Leistungen im Rahmen von administrativen Pensionierungen bilden die Ausnahme. Die damalige Telecom PTT richtete bei der Aktion «Solidarität» einmalige Abgangsentschädigungen aus. In der Höhe waren sie nach Besoldungsklassen abgestuft und betrugen pro vorverlegtes Rücktrittsjahr entweder 5000.­ Franken, 3500.­ Franken oder 2500.­ Franken.

Abgangsentschädigungen werden in der allgemeinen Bundesverwaltung, der Post und Swisscom heute nur noch ausgerichtet, wenn kein Anspruch auf Leistungen der Pensionskasse bestehen und keine Weiterbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber erfolgen kann23. In diesen Fällen erfolgt ein Austritt ohne Rentenfolgen und wird mit solchen Abgangsentschädigungen sozial abgefedert. Eine Ergänzung einer Rente durch eine Abgangsentschädigung trifft man hingegen heute nirgends mehr an. Die SBB kennen das Instrument der Abgangsentschädigung überhaupt nicht.

12

Der Nachweis von Kosteneinsparungen infolge administrativer Pensionierungen

Es geht hier im weitesten Sinne um die Frage, ob administrative Pensionierungen zu einer Reduktion des Personalbestandes und/oder des Personalaufwandes führen (müssen). Solche Folgeeffekte sind mit einer administrativen Pensionierung nicht notwendigerweise verbunden. Gerade im Rahmen von Umstrukturierungen werden die Stellen nicht immer aufgehoben, sondern oft nur verändert. Vielfach werden neue Funktionen und somit auch neue Stellen geschaffen. Ob aus vorzeitigen Pensionierungen Einsparungen beim Personalaufwand resultieren, hängt demnach davon ab, ob in erster Linie ein Stellen- bzw. Personalabbau oder (auch) ein Personalumbau angestrebt wird.

Die Generaldirektion PTT setzte sich im Rahmen der «Aktion Solidarität» das Ziel, im Sinne eines Richtwertes insgesamt 50 Prozent der frei werdenden Stellen wie22 23

Artikel 28 der Verordnung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV), SR 831.101 vgl. Art. 19 Umstrukturierungsverordnung, Punkt 5003 der Weisungen der Generaldirektion PTT vom 9.1.96;

1217

derum zu besetzen24. Dieses Ziel wurde bei den folgenden Aktionen fallengelassen.

Die Herabsetzung des Personalbestandes war nie ein nachzuweisendes Erfordernis einer administrativen Pensionierung.

In der Praxis wird verschiedentlich der Versuch gemacht, die Kosten von administrativen Pensionierungen in einen Bezug zur Entwicklung des Personalaufwandes zu setzen. Die SBB verlangen einen eindeutigen Nachweis von Kosteneinsparungen beim Personalaufwand und überdies eine Herabsetzung des Personalbestandes. Diese beiden Wirkungen müssen spätestens 3 Jahre nach der Vornahme der vorzeitigen Pensionierung nachgewiesen werden können.

Die Vertreter der allgemeinen Bundesverwaltung haben vor der Geschäftsprüfungskommission ebenfalls dargelegt, dass administrative Pensionierungen nicht zu höheren Personalkosten führen dürfen. Es konnte allerdings nicht belegt werden, wie diese Rahmenbedingung berechnet bzw. kontrolliert wird. Dies erstaunt angesichts der bisher fehlenden Kostentransparenz und -verantwortung in der allgemeinen Bundesverwaltung nicht.

Der Geschäftsprüfungskommission sind keine Systeme begegnet, die die Auswirkungen von administrativen Pensionierungen auf den kurz- und mittelfristigen Personalaufwand zuverlässig darstellen. Selbst die strenge Praxis der SBB wird relativiert, indem die Einsparungen erst auf 3 Jahre hin berechnet werden können.

13

Vergleich der Kosten des Arbeitgebers (Leistungen an die Pensionskasse)

In diesem Kapitel wird ein Überblick über die angefallenen Kosten infolge administrativer Pensionierungen der vergangenen Jahre gegeben. Es wird in erster Linie aufgeführt, was der Arbeitgeber an die Pensionskasse leisten musste, um das fehlende Deckungskapital (inklusive Überbrückungsrente) zu finanzieren. Für die Post sind zudem die Kosten der Zusatzleistungen bekannt. Bei den Zahlen der Swisscom sind die Zusatzleistungen enthalten. Bei einem Vergleich ist deshalb Vorsicht angebracht. Allerdings lassen sich die Tendenzen aufzeigen. Die Zusatzleistungen sind in ihrer Höhe begrenzt und sind verglichen mit den Deckungskapitalkosten vernachlässigbar klein.

Die Gesamtkosten der bei der PKB angeschlossenen Arbeitgeber (Bund, Betriebe mit eigener Rechnung und angeschlossene Organisationen) werden jährlich in der Staatsrechnung unter der Rubrik der Eidg. Versicherungskasse (EVK) publiziert.

Die PKB beurteilt die Kosten, welche im Zusammenhang mit administrativen Auflösungen von Dienstverhältnissen (Art. 43 PKB-Statuten) entstehen, als hoch. Die PKB hat ausserdem in den vergangenen Jahren eine Zunahme der Kosten festgestellt. Die bei der PKB angeschlossenen Arbeitgeber mussten dafür im Jahre 1995 175 Millionen, im Jahre 1996 227 Millionen und im Jahre 1997 gar 312 Millionen Franken aufwenden. Die Beträge lagen jeweils deutlich über den budgetierten Kosten.

Die Zahlen in diesem Kapitel stammen aus Angaben der Pensionskasse oder der Arbeitgeber. Sie unterscheiden sich teilweise von den Zahlen der Expertise im Anhang.

Die Expertise äussert sich zu den Gründen der Abweichungen. Die Kommission hat 24

Vgl. Punkt 2 der Dienstlichen Weisung der Generaldirektion Nr. 10 vom 25.11.93

1218

festgestellt, dass die Buchhaltung bei der Eidg. Versicherungskasse nicht identisch ist mit jener der Arbeitgeber. Solange kein vernetztes Controlling besteht, können solche Divergenzen kaum vermieden werden. Für die Kommission stellen die nachfolgenden Zahlen deshalb lediglich Richtgrössen dar, die die tendenzielle Entwicklung aufzeigen sollen.

13.1

Kosten von administrativen Pensionierungen in der allgemeinen Bundesverwaltung

In der allgemeinen Bundesverwaltung war es wie gesagt ausserordentlich schwierig, sich einen Überblick über die Kosten von administrativen Pensionierungen zu machen. Bekannt war bisher lediglich, was die Pensionskasse des Bundes der allgemeinen Bundesverwaltung als Ganzes in Rechnung gestellt hat (beinhaltet Deckungskapital und Überbrückungsrenten). Transparenz innerhalb der Bundesverwaltung, d.h.

für die Departemente, herrscht erst ab dem Voranschlag 1999, für den die dezentrale Budgetierung der Sozialplankosten eingeführt wurde.

Kosten in Millionen Franken für die allgemeine Bundesverwaltung als Ganzes25 Tabelle 3 1993

1994

1995

1996

1997

1998

47,9

37,1

27,6

38,9

44,8

25,6

Um sich ein Bild über die Kosten in den Departementen machen zu können, hat die Geschäftsprüfungskommission die zuständigen Personaldienste angefragt. Nicht alle Departemente konnten die Daten lückenlos rekonstruieren. In den meisten Departementen liegen die Zahlen nicht systematisiert vor und mussten auf Grund der Einzeldossiers erhoben werden. Das VBS konnte angesichts der grossen Zahl administrativer Pensionierungen (seit 1991: 1302) diese Aufarbeitung überhaupt nicht leisten. Nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission stellt die Wissenslücke im VBS angesichts der hohen Anzahl administrativer Pensionierungen eine schwerwiegende Nachlässigkeit dar.

Auf Anfrage der Geschäftsprüfungskommission haben das EDI, EVD und EFD die Kosten der administrativen Pensionierungen zusammengetragen, welche die Reorganisationen in den vergangenen Jahren verursacht haben. Die übrigen Departemente und die Bundeskanzlei haben keine oder nur vereinzelte Pensionierungen zu verzeichnen. Die Kostenfolgen dieser Einzelfälle lassen sich schlecht mit der Situation in den von Reorganisationen betroffenen Departementen vergleichen. Sie werden deshalb nicht in die folgende Übersicht einbezogen:

25

Zahlen gemäss Konto 3050.001 der Eidg. Versicherungskasse

1219

Tabelle 4 Departement

Zeitraum

Anzahl Fälle

Kosten in Mio. Franken

Durchschnitt je Fall (in Fr.)

EVD EDI ohne ETH-Rat ETH-Rat EDI total EFD

1991­1998 1991­1998 1991­1998 1991­1998 1993­1998

76 20 46 66 54

16,9 4,5 11,5 16 6,1

222 000.­ 225 000.­ 250 000.­ 242 000.­ 112 000.­

Am meisten administrative Pensionierungen haben die Reorganisationen im EVD ausgelöst. Neben dem VBS wurde dort auch am meisten ausgegeben. Die Durchschnittskosten sind hingegen im ETH-Bereich (ETH Zürich, ETH Lausanne, Paul Scherrer Institut, Eidg. Materialprüfüngsanstalt) am höchsten. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass im ETH-Bereich die Fälle von Pensionierungen unter dem 60. Altersjahr zahlreicher sind. Auffallend sind die relativ tiefen Durchschnittskosten im EFD.

13.2

Kosten von administrativen Pensionierungen bei SBB, Post und Swisscom

SBB Tabelle 5 Grundlage/Zeitraum

Anzahl Fälle

Kosten in Mio. Franken

Durchschnitt je Fall (in Fr.)

Sozialplan 1993 (1993­1998) Aktion Bahnreform (1.1.­1.4.99)

2688

278,8

104 000.­

877

168,8

192 000.­

Total

3565

447,6

126 000.­

Die SBB setzten für ihre Umstrukturierungen (inklusive Bahnreform) insgesamt 3565 Personen in den vorzeitigen Ruhestand. Die relativ tiefen Durchschnittskosten gehen nach Einschätzung der PHK auf verschiedene Gründe zurück: Der Arbeitgeber profitierte von der falschen Berechnungsmethode der PHK in den Jahren 1993/94. Im Jahre 1997 beriefen sich die SBB in fast der Hälfte der Fälle auf den flexiblen Altersrücktritt gemäss Artikel 33 Absatz 3 der PHK-Statuten. Dies ersparte dem Arbeitgeber Zusatzkosten. Auch das relativ hohe Durchschnittsalter und die Pensionierung von Mitarbeitenden tiefer Lohnklassen sind für die tiefen Durchschnittskosten mitverantwortlich. Im Jahre 1998 haben die SBB in keinem Fall auf die Möglichkeit des flexiblen Rücktritts zurückgegriffen. Die Durchschnittskosten für 1998 sind gegenüber den Vorjahren erhöht (bei 147 000 Fr.). Deutlich über dem mehrjährigen Durchschnittswert liegen aber die 877 vorzeitigen Pensionierungen im Rahmen der Bahnreform.

1220

Post Tabelle 6 Zeitraum

Anzahl Fälle

Kosten in Mio. Franken

Durchschnitt je Fall (in Fr.)

1997/1998 1999­2001

1048 176

225 28,3

215 000.­ 161 000.­

Die Post hat im Rahmen der Reorganisation «Change Post» bis Ende 1998 1048 Personen zu Kosten von rund 215 Millionen Franken vorzeitig pensioniert. Nicht enthalten in diesem Betrag sind die rund 10 Millionen Franken Zusatzleistungen (Zuschuss zu den AHV-Beiträgen), die direkt an die Pensionierten gingen. Insgesamt will die Post im Rahmen dieser Reorganisation 1224 Personen administrativ pensionieren. Sie rechnet mit Gesamtkosten (inkl. AHV-Zuschuss) von rund 265 Millionen Franken.

Swisscom Tabelle 7 Zeitraum

Anzahl Fälle

Kosten in Mio. Franken

Durchschnitt je Fall (in Fr.)

1994­1998 1999/2000

2783 1199

ca. 657* 568

ca. 211 000.­ 477 000.­

* Zahlen können noch ändern, weil die Rechnung der PKB noch offen ist.

Bei der Swisscom fällt auf, dass die geplanten administrativen Pensionierungen massiv teurer werden sollen, als dies in den Vorjahren der Fall war. Bei den Zahlen der Swisscom ist zu berücksichtigen, dass in den Kosten auch die Zusatzleistungen enthalten sind.

13.3

Kosten für den Bund im Rahmen von Privatisierungen/Auslagerungen

Welche Beiträge hat der Bund im Zuge der Privatisierung und Auslagerung von Verwaltungsbereichen für die Finanzierung von administrativen Pensionierungen aufgewendet?

In der Eröffnungsbilanz der Post wurde ein Betrag von 759,5 Millionen Franken für personelle Massnahmen eingestellt. In dieser Rückstellung sind die Kosten aller personellen Massnahmen (Eingliederung, Umschulung, administrative Pensionierungen) enthalten. 583,9 Millionen Franken entfallen auf die Kosten für vorzeitige Pensionierungen, wobei sowohl die Leistungen an die Pensionskasse als auch die direkten Zusatzleistungen (AHV-Zuschuss) einberechnet sind. Diese Rückstellungen bezogen sich auf die Jahre 1996, 1997 und 1998.

In der Eröffnungsbilanz der Swisscom AG wurde auf den 1.1.1998 ein einmaliger Restrukturierungsaufwand im Ausmass von 1206 Millionen Franken für die Finanzierung der vorzeitigen Pensionierungen zwischen 1998 und 2000 eingestellt. Diese

1221

Rückstellung wurde aus der laufenden Rechnung 1997 und somit auf Bundeskosten finanziert.

Für die SBB wurde ein Betrag von 175 Millionen in das Eröffnungsbudget eingestellt. Dieser Betrag soll die vorzeitigen Pensionierungen der Aktion Bahnreform zwischen 1.1.1999 und 1.4.1999 finanzieren.

Noch zu erwähnen ist, dass man auch bei der Privatisierung der Rüstungsunternehmen diesen keine Altlasten mitgeben wollte. Die anfallenden Kosten von 52,9 Mio.

für das Deckungskapital ­ verteilt auf die Jahre 1996 bis 2000 ­ werden durch den Bund getragen.

Die jeweiligen Rückstellungen wurden mit dem Bundesrat ausgehandelt, von ihm überprüft und im Rahmen der Eröffnungsbilanzen auch vom Parlament genehmigt.

Eine offene Frage ist allerdings, was mit allenfalls nicht benötigten Mitteln geschieht. Die Post hat beispielsweise darauf hingewiesen, dass Ende 1998 noch rund 310 Millionen Franken für die Pensionierungen bis Ende 2000 zur Verfügung stehen. Die Post wird nach eigener Einschätzung diesen Betrag aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ausschöpfen.

14

Einige Feststellungen zu den Abgängen aus medizinischen Gründen

14.1

Allgemeines zur Bedeutung, zu den Kosten und Leistungen von Invalidisierungen

Personen, die nach Feststellung des Ärztlichen Dienstes nicht mehr voll oder nur noch teilweise arbeitsfähig erklärt werden, können nach Artikel 38 der PKBStatuten vorzeitig medizinisch pensioniert, d.h. invalidisiert werden (so genannte Berufsinvalidität). Sie erhalten eine IV-Rente nach Artikel 39 PKB-Statuten (2. Säule).

Wenn oder solange kein Anspruch auf eine ganze oder teilweise Rente der Invalidenversicherung (1. Säule) besteht, wird im Sinne einer «Überbrückungsrente» der feste Zuschlag ausgerichtet (Art. 40 PKB-Statuten). Die Kosten der IV-Rente der PKB und des festen Zuschlags gehen voll zu Lasten der Pensionskasse, allerdings bei Teilinvalidisierung erst nach Ablauf der zweijährigen Besoldungsgarantie (Art. 45 Abs. 4 des Beamtengesetzes).

Nach Aussagen der Angehörten nimmt der Trend zu Invalidisierungen zu. Die Zahlen der SBB belegen diese Entwicklung. Die Pensionskasse der SBB macht in ihrem Bericht und der Rechnung 1998 auf die sehr hohe Zahl medizinischer Pensionierungen aufmerksam und zeigt die Entwicklung der letzten Jahre auf: Tabelle 8:

Durchgeführte Pensionierungen Gemäss technischen Grundlagen erwartet

1995

1996

1997

1998

260 85

262 80

241 74

267 70

ATAG Ernst & Young würdigt in ihrem aktuariellen Bericht vom 12. März 1999 zur Jahresrechnung der Pensionskasse der SBB 1998 diese Entwicklung eingehend. Es wird festgestellt, dass die Mehrbelastung durch Invaliditätsfälle zu einem einmaligen zusätzlichen Aufwand von ca. 20 bis 40 Millionen Franken führt. Gemäss ATAG 1222

Ernst & Young ist auch die Tendenz zu beobachten, dass ein Teil der vom Arbeitgeber initierten vorzeitigen Pensionierungen durch «Invaliditätsfälle» gelöst wird. Dies sei aus Sicht des Arbeitgebers interessant, führe aber auf Seite der Pensionskasse zu nicht budgetierten versicherungstechnischen Verlusten.

Eine ähnliche Entwicklung lässt sich für die PKB aufzeigen. Die versicherungstechnische Expertise führt zum Ergebnis, dass die Aufwendungen der PKB für das Risiko «Invalidität» im Jahre 1998 rund 75% über den budgetierten Beträgen liegen26.

Die Finanzierung wurde auf Grund von kasseneigenen statistischen Erhebungen festgelegt und seit Einführung des flexiblen Rücktritts im Jahre 1988 nicht mehr angepasst. Nach Ansicht des Experten ist auf Grund des zunehmenden Trends bei medizinischen Pensionierungen zu erwarten, dass für die PKB versicherungstechnische Verluste entstehen. Das Verhältnis der Anzahl der erwarteten und tatsächlich eingetretenen IV-Fälle präsentiert sich für das Jahr 1998 bei der PKB wie folgt 27: Tabelle 9: Arbeitgeber

Erwartete Anzahl IV-Fälle

Eingetretene IV-Fälle 1998

Allg. Bundesverwaltung Post Swisscom Rüstung Übrige

139.3 87,4 40,7 14,0 21,7

179 171 100 21 58

Total PKB

303,1

529

14.2

Problematische Schnittstellen im Bereich der medizinischen Pensionierungen

Am Entscheid einer Invalidisierung tragen sowohl der Ärztliche Dienst als auch der Arbeitgeber eine Verantwortung. Beide beurteilen die Frage, ob ein Mitarbeiter für seine bisherige oder eine andere ihm zumutbare Beschäftigung noch tauglich ist oder nicht. Der Ärztliche Dienst prüft aus medizinischer, der Arbeitgeber aus betrieblicher Sicht. Problematisch dabei ist, dass die Pensionskasse an diese Beurteilung gebunden ist und je nach Entscheid der erwähnten Stellen eine Invalidenrente ausrichten muss. Der Pensionskasse fehlt somit als reiner Vollzugsstelle ein Verteidiger ihrer finanziellen Interessen. Entscheidend ist dabei, dass sich der Arbeitgeber nach heutigem System nicht an den Kosten einer Invalidisierung beteiligen muss.

Diese Schnittstellen haben in der Praxis verschiedene Auswirkungen: Der Ärztliche Dienst kann die betrieblichen Verhältnisse bei seinem Entscheid nur schwer abschätzen. Der Ärztliche Dienst hat der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates anlässlich einer Befragung im Jahre 1997 dargelegt, dass die Anfragen der Dienststellen von unterschiedlicher Qualität sind. Nicht alle zeigen die Anforderungen der aktuellen Beschäftigung und die Eingliederungsmöglichkeiten mit der notwendigen Tiefe und Klarheit auf. Für eine medizinische Beurteilung der Berufstauglichkeit ist aber die Kenntnis der Begleitumstände der Tätigkeit sehr wichtig.

26 27

Vgl. Kapitel 5 der versicherungstechnischen Expertise im Anhang Tabelle gemäss Expertise im Anhang, Kapitel 5.2

1223

Es gibt Dienststellen, die sich nur schlecht in die Karten blicken lassen und die medizinische Pensionierung als einziges Ziel vor Augen haben. In diesen Fällen hat der Ärztliche Dienst in seiner bisherigen Praxis Gegensteuer gegeben. Nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission hat sich diese geteilte Verantwortung auch dahingehend ausgewirkt, dass keine Dienststelle wirklich systematisch die Entwicklung im Bereich der medizinischen Pensionierung verfolgt. Die Geschäftsprüfungskommission erhielt den Eindruck, dass sich Arbeitgeber, Pensionskasse und Ärztlicher Dienst je als vollziehende Stelle einer anderen betrachten.

14.3

Die besondere Problematik der Wiedereingliederung und Gesundheitsprävention

Die Personaldienste und der Ärztliche Dienst haben dargelegt, dass die Wiedereingliederung medizinischer Problemfälle heute ein grosses Problem darstellt. Die so genannten geschützten Arbeitsplätze fehlen heute weitgehend. Sie fallen dem zunehmenden Leistungsdruck und der Effizienzsteigerung zum Opfer. Es besteht die Erwartungshaltung, dass die Arbeit nur von 100 Prozent leistungsfähigen Arbeitskräften erbracht werden kann. Für die Vorgesetzten bedeutet eine nicht 100 Prozent taugliche Arbeitskraft eine Zusatzbelastung. Ohne Anreize, z.B. Zuteilung von Leistungsschwächeren mit Stelle und Personalkredit, wird es immer schwieriger, solche Personen einzugliedern. Auch im Rahmen von Reorganisationen nimmt die Tendenz zu, den Personalabbau über den medizinischen Weg abzuwickeln. Diese Umstände können bewirken, dass medizinische Pensionierungen vorgenommen werden, obwohl an sich noch eine Restarbeitsfähigkeit vorhanden wäre. Diese Tendenz, Vollinvalidisierungen den Teilinvalidisierungen vorzuziehen, führt nicht nur zu höheren Kosten, sondern auch zu inadäquaten Lösungen medizinischer Problemfälle.

Der Spielraum für Eingliederungen ist auch infolge der Umstrukturierungen enger geworden.

Vorbeugenden Massnahmen, um die Erkrankung der Mitarbeitenden bzw. ihre Invalidisierung zu vermeiden, wird im Allgemeinen zu wenig Beachtung geschenkt.

Die Entwicklung von Gesundheitsförderungsprogrammen steckt in der allgemeinen Bundesverwaltung noch in den Anfängen. Besser steht es diesbezüglich bei SBB, Post und Swisscom.

15

Die wichtigsten Feststellungen in Kürze

15.1

Die Tendenzen bei vorzeitigen Pensionierungen

Auf Grund der Erhebungen der Geschäftsprüfungskommission anlässlich dieser Untersuchung und der versicherungstechnischen Expertise betreffend die PKB28 lassen sich folgende Tendenzen im Bereich der vorzeitigen Pensionierungen auf Bundesebene ausmachen: Der Trend zum vorzeitigen Rücktritt nimmt ganz allgemein zu. Der ordentliche Altersrücktritt ist von untergeordneter Bedeutung oder bildet sogar die Ausnahme.

28

siehe Anhang

1224

Im Laufe der 90er-Jahre besonders stark angewachsen sind die vorzeitigen Austritte infolge von Restrukturierungen und damit verbundenem Personalabbau. Hauptsächlich zu dieser Entwicklung beigetragen haben die ehemaligen PTT (neu: Post und Swisscom), die SBB und das ehemalige EMD (neu: VBS). Die Fälle von administrativen Pensionierungen in der übrigen allgemeinen Bundesverwaltung fallen demgegenüber kaum ins Gewicht. Allerdings wurden auch hier Einzelfälle mit grossen finanziellen Auswirkungen für die Allgemeinheit entschieden.

Was das durchschnittliche Pensionierungsalter betrifft, lässt sich bei allen Arten von vorzeitigen Rücktritten dieselbe Entwicklung beobachten. Dieses nimmt tendenziell ab. Besonders markant ist diese Entwicklung in den Bereichen mit hohem Restrukturierungs- und Personalabbaubedarf und ausserdem bei den vorzeitigen Rücktritten aus medizinischen Gründen.

15.2

Die finanziellen Auswirkungen von vorzeitigen Pensionierungen

Entsprechend der starken Zunahme von administrativen Pensionierungen hat auch die finanzielle Belastung des Arbeitgebers eindrückliche Ausmasse angenommen29.

Der Arbeitgeber muss der Pensionskasse das fehlende Deckungskapital, eine Überbrückungsrente bis zum Erreichen des AHV-Alters und je nach Sozialplan direkte Zusatzleistungen an die Arbeitnehmer finanzieren. In Einzelfällen erreichen die Abgeltungen Millionenhöhe. Bei Pensionierungen vor dem 60. Altersjahr steigen die Kosten exponential an. Bei lang dauernden Reorganisationen nehmen die Kosten in der Regel zu, da das Potential an älteren Mitarbeitern ausgeschöpft ist und auf jüngere, teurere Jahrgänge zurückgegriffen werden muss. Die Durchschnittskosten pro Fall bewegen sich um die Fr. 200 000.­ . Auffallend tiefe Durchschnittskosten weisen die SBB und das EFD vor. Die Zahlen im VBS konnten nicht aufbereitet werden.

Selbst bei Auslagerungen und Privatisierungen von Verwaltungsbereichen (Post, Swisscom, SBB, Rüstungsbetriebe) haben die administrativen Pensionierungen in der Übergangsphase die allgemeine Bundeskasse belastet. Damit sollte den Unternehmungen ein reibungsloser Start in die «Autonomie» ermöglicht werden. Es stellt sich die Frage, was mit den Geldern passiert, die nicht gebraucht werden.

Die Praxis des Bundes bei vorzeitigen Pensionierungen hat auch finanzielle Auswirkungen auf die 2. Säule. Für die PKB gibt die versicherungstechnische Expertise im Anhang einige aufschlussreiche Hinweise. Besonders auffällig ist nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission die finanzielle Belastung aus der Finanzierung der Überbrückungsrente sowie der Invalidenrenten. Auch die Pensionskasse der SBB weist in letzter Zeit auf eine zunehmende Zahl medizinisch begründeter Pensionierungen und damit verbundenen nicht budgetierten versicherungstechnischen Verlusten hin. Die Mehrbelastung durch Invaliditätsfälle führt bei der Pensionskasse zu einem grossen finanziellen Mehraufwand. In diesem Zusammenhang wird auch von einer Tendenz der Arbeitgeber gesprochen, ihre vorzeitigen Pensionierungen durch «Invaliditätsfälle» zu lösen.

29

Vgl. Tabelle 2­7 vorne sowie Kapitel 3.2 der versicherungstechnischen Expertise im Anhang

1225

15.3

Fehlendes Controlling im Bereich der vorzeitigen Abgänge

Es ist zurzeit kaum möglich, sich einen zuverlässigen Überblick über die Entwicklungen der vorzeitigen Abgänge beim Bund zu verschaffen. Die meisten Zahlen in diesem Bericht mussten durch mühsamste Kleinarbeit aufbereitet werden. Selbst wo Erhebungen gemacht werden, können die Daten mangels einheitlicher Kriterien erheblich voneinander abweichen. Die Expertise hat der Kommission gezeigt, dass die Zahlen beim Arbeitgeber nicht mit jenen bei der Pensionskasse übereinstimmen. Die Zahlen, die beim Eidgenössischen Personalamt erhoben werden, haben sich im Laufe der Untersuchung auch als unbrauchbar erwiesen.

Das Fehlen von Instrumenten, die die Entwicklungen im Bereich der vorzeitigen Austritte systematisch erfassen, hat sich zu einem Hauptmangel im Rahmen dieser Untersuchung herausgebildet. Mangels eines solchen Instrumentariums fehlt es an Transparenz über Kosten, Leistungen, die Altersstruktur, Einsparungen und andere Elemente von vorzeitigen Pensionierungen. Besonders im VBS, wo seit 1990 1302 administrative Entlassungen vorgenommen wurden, ist das Fehlen von Kennzahlen bedenklich. Besser ist die Datenlage bei Post, Swisscom und SBB. Aber auch hier werden unterschiedliche Daten erhoben und Vergleiche erschwert oder sogar verunmöglicht.

Die Kommission ist sich bewusst, dass die in diesem Bericht und der Expertise dargestellten Zahlen die Entwicklung nur annähernd und in ihren Tendenzen aufzeigen können. Die Kommission kann aber keine Verantwortung für die unzureichenden Grundlagen übernehmen. Der Auf- und Ausbau eines zuverlässigen Controllings liegt im Verantwortungsbereich der Geschäftsführung.

15.4

Fehlende verursachergerechte Kostenzuweisung

Der Arbeitgeber verursacht durch vorzeitige Pensionierungen Kosten, die nicht er, sondern das Kollektiv der Versicherten trägt. Dies widerspricht dem Verursacherprinzip. Beispielsweise wird in den geltenden Statuten der PKB nicht unterschieden, ob die flexible Pensionierung auf Veranlassung des versicherten Mitglieds oder seines Arbeitgebers beansprucht wird. Bei einem Rücktritt mit 62 entsteht bei der Pensionskasse des Bundes ein technischer Verlust, da das Finanzierungskonzept auf ein mittleres Rücktrittsalter von 63,5 Jahren ausgelegt ist. Die SBB haben erkannt, dass sie auf diese Weise die Anzahl freiwilliger Rücktritte erhöhen und der Pensionskasse allenfalls nicht einberechnete Mehraufwendungen entstehen. Die SBB berufen sich im Rahmen von Restrukturierungen deshalb nicht mehr auf die flexible Pensionierung.

Die Geschäftsprüfungskommission stellt fest, dass die neuere Entwicklung der vom Arbeitgeber gesteuerten Politik der vorzeitigen Pensionierung auf Seiten der Pensionskassen zu wenig berücksichtigt wird.

1226

16

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

16.1

Stellenwert der vorzeitigen Pensionierung in der Personalpolitik

Es ist unbestritten, dass vorzeitige Pensionierungen auf Veranlassung des Arbeitgebers ein geeignetes Instrument sind, um einen Personalabbau sozialverträglich durchzuführen und Entlassungen zu vermeiden. Es ist aber ebenso unbestritten, dass dieses Instrument viele Nachteile hat. Vorzeitige Pensionierungen sind langfristig weder finanzierbar noch wirtschaftlich sinnvoll. Sie führen in der Regel zu einer Ungleichbehandlung des Personals. Auch aus gesellschaftspolitischer Sicht sind sie nicht bedenkenlos. Die Personalpolitik muss sich nicht nur aus Gründen der demographischen Entwicklung auf eine alternde Belegschaft ausrichten30. Sie ist auch aus ethischen Gründen herausgefordert, das Potenzial31 älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu mobilisieren, um sich nicht dem Vorwurf der Diskriminierung auszusetzen. Der Arbeitgeber «Bund» hat hier nach Ansicht der Kommission eine Vorbildfunktion wahrzunehmen.

Die Geschäftsprüfungskommission hat den Eindruck, dass das Prinzip des Vorrangs anderer Personalmassnahmen (Eingliederung, Weiterbildung, Umschulung, Förderung der beruflichen Mobilität, flexible Arbeitszeitmodelle, gleitender Berufsausstieg usw.) dann leicht in Vergessenheit gerät, wenn der Druck auf die Personalführung hoch ist (z.B. in Zeiten der Restrukturierung oder bei hohem Führungsaufwand in Einzelfällen). Auch in solchen «Ausnahmesituationen» darf die vorzeitige Pensionierung nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission nicht als Weg des geringsten Widerstandes gewählt werden. Es müssen neben den rechtlichen und politischen auch die tatsächlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit andere Personalmassnahmen zum Tragen kommen können. Dies kann bedingen, dass Anreize sowohl für die Personalführung als auch für die Mitarbeitenden geschaffen werden, um die Eingliederung in den Arbeitsprozess zu erleichtern. Besonders hervorheben möchte die Kommission an dieser Stelle den so genannten gleitenden Berufsausstieg. Gegenüber der administrativen Vollpensionierung hat dieser den Vorteil, dass sich die Mitarbeitenden auf den neuen Lebensabschnitt aktiv vorbereiten können und dem Arbeitgeber das Know-how und die Erfahrung langjähriger Mitarbeiter erhalten bleibt. Gemäss einer Studie im Auftrag des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit wird dem Modell des gleitenden Berufsausstiegs zudem eine hohe
Beschäftigungswirksamkeit zugeschrieben32.

Wichtig erscheint der Geschäftsprüfungskommission in diesem Zusammenhang, dass die Anwendung der Personalmassnahmen überwacht und der Vorrang der (Re)Integration und der Gleichbehandlungsanspruch der Mitarbeitenden durchgesetzt werden. Es erscheint sachgemäss, dass diese Aufgabe in der allgemeinen Bundes-

30

31

32

Die Alterung der schweizerischen Bevölkerung wird sich nach Berechnungen des Bundesamtes für Statistik noch verstärken. Der Anteil der über 65-Jährigen wird bis 2050 von heute 15% auf 25% steigen (vgl. Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 1995­2050, Bundesamt für Statistik, Bern 1996) Gemäss neueren Studien entwickeln sich die Fähigkeiten mit zunehmendem Alter in Richtung höhere Arbeits- und Berufserfahrung, Urteilsfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Ausgeglichenheit. Der negative Zusammenhang zwischen Lebensalter und geistiger Leistungsfähigkeit wird deshalb in der Regel überschätzt.

Adrian Blum, Robert J. Zaugg: Beschäftigung durch innovative Arbeitszeitmodelle, veröffentlicht in: Beiträge zur Arbeitsmarktpolitik, 1998, Nr. 12)

1227

verwaltung gemäss neuem Sozialplan durch die Zentralen Koordinationsstellen für Stellenvermittlung (ZEKOST) wahrgenommen wird.

Empfehlung 1: Der Bundesrat sorgt für eine positive Einbindung des Alterungsprozesses in die Personalpolitik. Er schafft die rechtlichen, politischen und tatsächlichen Voraussetzungen für den Vorrang integrierender Personalmassnahmen gegenüber vorzeitigen Pensionierungen. Er setzt diesen Vorrang mit geeigneten Massnahmen durch und stellt eine wirksame Kontrolle sicher.

16.2

Schaffung eines systematischen und vernetzten Controllings

Bisher wurde der Entwicklung im Bereich der vorzeitigen Austritte zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Eine Globalsicht fehlt. Davon betroffen sind alle Arten der vorzeitigen Austritte. Dies hängt unmittelbar mit den Unzulänglichkeiten des Personalcontrollings zusammen, das der Bundesrat verbessern will33.

Im Zuge der Verbesserung des Personalcontrollings müssen auch quantitative und qualitative Kennzahlen zu den vorzeitigen Austritten erhoben werden. Sowohl für die Führung des Personals als auch der Pensionskasse sind solche Kennzahlen unabdingbar. Die entsprechenden Daten müssen von der Personalführung und der Pensionskasse systematisch ausgewertet werden. Es muss möglich sein, die langfristige Entwicklung zu skizzieren und angezeigte Massnahmen zu ergreifen.

Insbesondere müssen detaillierte und vergleichbare Aussagen gemacht werden können zu den Kosten, Leistungen, Einsparungen, der Altersstruktur, zu Aus- und Wechselwirkungen von vorzeitigen Pensionierungen. Den Kosten sind die Einsparungen gegenüberzustellen, die durch eine vorzeitige Pensionierung entstehen. Dabei sind auch Alternativkosten zu prüfen (z.B. Kosten der Eingliederung, Weiterbildung, teilweiser Pensionierung etc.).

Im Rahmen dieser Untersuchung ist es nicht möglich gewesen, die langfristigen Auswirkungen der heutigen Praxis der vorzeitigen Pensionierung auf die Pensionskasse aufzuzeigen. Die versicherungstechnische Expertise hat ergeben, dass eine intensivere Inanspruchnahme der vorzeitigen Pensionierung die tendenziell positive Entwicklung des Deckungsgrades nur schwach verlangsamt. Es wird aber die Frage aufgeworfen, ob dies auch noch unter der neuen PKB, die gemäss der Absicht des Entwurfes zu einem neuen Bundesgesetz über die Pensionskasse nicht mehr nach einem Mischverfahren finanziert werden soll, Gültigkeit hat.

33

Vgl. Projekt Organsation des Personalwesens (POP), S. 20 f. und Botschaft zum Bundespersonalgesetz vom 14. Dezember 1998, zu Artikel 5

1228

Empfehlung 2: Der Bundesrat baut auf Personalführungs- und Pensionskassenebene ein systematisches und vernetztes Controlling auf und sorgt für Transparenz im Bereich der vorzeitigen Pensionierungen. Die kurz-, mittel- und langfristige Entwicklung hinsichtlich der Kosten, Kriterien, Gründe, Leistungen, Einsparungen und zahlenmässigen Bedeutung von vorzeitigen Pensionierungen muss ersichtlich sein. Der Bundesrat gewährleistet, dass trotz der festgestellten Praxis des Bundes im Bereich der vorzeitigen Pensionierungen das finanzielle Gleichgewicht der betroffenen Pensionskassen langfristig sichergestellt ist.

16.3

Verursachergerechte Finanzierung vorzeitiger Pensionierungen

Der Kostentransparenz muss die Transparenz in der Finanzierung folgen. Für die Pensionskassen bedeutet dies, dass sie bei der Berechnung des fehlenden Deckungskapitals die Langlebigkeit berücksichtigen müssen. Für die Arbeitgeber bedeutet es, die vollen Kosten zu übernehmen, die sie durch eine vorzeitige Pensionierung verursachen.

Insbesondere die Belastung der Pensionskasse durch die halbe, nicht finanzierte Überbrückungsrente bei administrativen Pensionierungen fällt betragsmässig ins Gewicht. In Zukunft sollte den Arbeitgebern deshalb die ganze Überbrückungsrente in Rechnung gestellt werden. Es sollte in Zukunft auch bei der flexiblen Pensionierung unterschieden werden, ob diese vom Arbeitgeber als Teil des Sozialplans oder vom Arbeitnehmer beansprucht wird. Im ersten Fall hat der Arbeitgeber die vollen Kosten dafür zu übernehmen. Es kann nicht angehen, dass der Arbeitgeber sich auf Kosten des Kollektivs der Versicherten restrukturiert oder personalpolitische Entscheide fällt.

Empfehlung 3: Der Bundesrat setzt das Verursacherprinzip bei vorzeitigen Pensionierungen auf Veranlassung des Arbeitgebers konsequent um. Der Arbeitgeber muss die volle Finanzierung übernehmen.

16.4

Vertiefte Untersuchung der Austritte aus medizinischen Gründen

In der Untersuchung wurde festgestellt, dass sowohl die Anzahl Invaliditätsfälle als auch die durchschnittlichen Kosten seit Beginn der Neunzigerjahre deutlich zunehmen. Es fragt sich, inwieweit der Restrukturierungsdruck für diese Entwicklung verantwortlich ist und welche anderen Ursachen eine Rolle spielen. Auch in diesem Bereich müssten die Kosten verursachergerecht zugewiesen werden. Angesichts der Entwicklung drängt sich auch eine Überprüfung der Finanzierung auf, die alle versicherungstechnischen Gewinn- und Verlustquellen umfasst. Wiederholt wurde auch 1229

die Frage aufgeworfen, ob der Invaliditätsbegriff gemäss Statuten der Pensionskassen noch angemessen ist oder ob er an den Invaliditätsbegriff der Invalidenversicherung angepasst werden sollte. Auch die Frage nach den tatsächlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten der Wiedereingliederung und Gesundheitsprävention verdient zusätzliche Überlegungen.

Empfehlung 4: Der Bundesrat untersucht die Entwicklung der Austritte aus medizinischen Gründen und überprüft insbesondere die Ursachen zunehmender Invalidisierungen, die Finanzierung und Risikoverteilung, die Verantwortlichkeiten, den Invaliditätsbegriff und den Bereich der Wiedereingliederung.

16.5

Vertretung der Interessen der Pensionskasse des Bundes

Nach Ansicht der Geschäftsprüfungskommission gibt es heute niemanden, der die finanziellen Interessen der Pensionskasse des Bundes vertritt. Es kam wiederholt zum Ausdruck, dass die Pensionskasse des Bundes (PKB) sich selbst nur als vollziehende Stelle der Arbeitgeber ansieht.

Die Rolle der PKB darf nicht auf ein reines Vollzugsorgan reduziert werden. Bei der Gestaltung und Anwendung der Bestimmungen über die vorzeitige Pensionierung muss die PKB die bereits bestehenden Rechte wirksamer wahrnehmen. Zudem sind die Kontrollrechte der PKB auszubauen. Die Kassenkommission als oberstes Leitungsorgan sollte die Führung und Verantwortung für die Pensionskassengelder übernehmen. Die Rolle des Arbeitgebers ist von der Kassenführung zu trennen.

Empfehlung 5: Der Bundesrat regelt die Verantwortlichkeiten so, dass die Interessen der Pensionskasse des Bundes (PKB) wirksamer vertreten werden können.

16.6

Bundesbeiträge im Rahmen von Privatisierungen/Auslagerungen

Die Kosten der administrativen Pensionierungen bei Post, Swisscom, SBB und Rüstungsbetrieben in der Übergangsphase zur Privatisierung belasten die allgemeine Bundeskasse erheblich (siehe Kapitel 13.3).

Die in den Eröffnungsbilanzen der jeweiligen Betriebe zurückgestellten Gelder sind zweckgebunden und innerhalb der Fristen einzusetzen. Der Bundesrat muss sich Rechenschaft über die Art und Weise der Verwendung dieser Gelder geben und allfällige Überschüsse zurückfordern.

1230

Empfehlung 6: Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Beiträge für die Finanzierung von administrativen Pensionierungen bei der Post, den SBB, der Swisscom und den Rüstungsunternehmen zweckgebunden verwendet werden. Er fordert allenfalls überschüssige Beiträge zurück.

17

Weiteres Vorgehen

Die Geschäftsprüfungskommission bittet den Bundesrat, bis Ende Juni 2000 zu diesem Bericht und der versicherungstechnischen Expertise von Dr. Andreas Schweizer Stellung zu nehmen.

Die Untersuchungen im Bereich der vorzeitigen Pensionierungen sind damit keineswegs abgeschlossen. Viele Fragen sind noch offen, weil sich der Bundesrat in der Vergangenheit zu wenig Rechenschaft über die Entwicklungen in diesem Bereich gegeben hat und die entsprechenden Grundlagen deshalb fehlen. Die Kommission hält ihre unbeantworteten Fragen pendent und wird sie zu gegebener Zeit wieder aufwerfen. Sie wird ihre Erkenntnisse und Schlussfolgerungen auch in die Beratungen zum Bundesgesetz über die Pensionskasse des Bundes einbringen.

18. November 1999

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Der Präsident der Kommission: Alexander Tschäppät, Nationalrat Der Präsident der Arbeitsgruppe: Michel Béguelin, Nationalrat

10818

Der Sekretär der Arbeitsgruppe: Martin Albrecht

Anhang: Schweizer Andreas, Versicherungstechnische Expertise zur Pensionskasse des Bundes (PKB), August 1999

1231

Abkürzungsverzeichnis AHV EDA EDI EFD EJPD EPA ETH EVD EVK GPK-N GPK-S PHK PKB PSI PTT RL RVR SBB UVEK VBS VLVA ZEKOST

1232

Alters- und Hinterlassenenversicherung Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössisches Personalamt Eidgenössische Technische Hochschulen Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Eidgenössische Versicherungskasse Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Pensions- und Hilfskasse der SBB Pensionskasse des Bundes Paul-Scherrer-Institut Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe Richtlinien Regierungs- und Verwaltungsreform Schweizerische Bundesbahnen Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Departement für Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung über die Leistungen bei vorzeitigem Altersrücktritt von Bediensteten in besonderen Dienstverhältnissen Zentrale Koordinationsstelle für Stellenvermittlung

Liste der angehörten Personen Arbenz Peter, Vorsitzender der Geschäftsleitung, Eidg. Versicherungskasse, EFD Beausoleil Jean-Pierre, Directeur Banque Lombard Odier & Cie, Genève Burger Hans, Direktor Bundesamt für Landwirtschaft, EVD Busslinger Jules, Chef Sektion Personalführung und Organisation, VBS Durrer Josef, Leiter Personal, EDI Geiser Peter, Pensionskasse des Bundes, EFD Hablützel Peter, Direktor Eidg. Personalamt, EFD Relly Peter, Stv. Leiter Personal, Post Robert André, Sektionschef, Direktion Personal SBB Römer Jürg, Stv. Generalsekretär, EVD Schmutz Fritz, Direktor Personal Post Schweizer Andreas, KPMG Fides, Zürich Sommer Martin, Leiter Personal des ETH-Rates Wettstein Dora, Chefin Sektion Personelles, Bundesamt für Landwirtschaft, EVD

1233

Anhang

Praxis des Bundes bei vorzeitigen Pensionierungen aus betriebsorganisatorischen und medizinischen Gründen Versicherungstechnische Expertise zur Pensionskasse des Bundes (PKB) Zusammenfassung

Verfasser: August 1999

1234

Dr. Andreas Schweizer

1

Einleitung

Die versicherungstechnische Expertise behandelt die finanziellen Auswirkungen der Praxis des Bundes bei vorzeitigen Pensionierungen auf die PKB und die Arbeitgeber, deren Personal in der PKB versichert ist bzw. war, und schlägt Massnahmen vor, um finanzielle Verluste der PKB zu vermeiden und die Transparenz der PKB bei vorzeitigen Pensionierungen zu verbessern. Die statistischen Auswertungen über das Pensionierungsverhalten der vergangenen Jahre werden für Hochrechnungen unter verschiedenen Szenarien verwendet, um das langfristige finanzielle Gleichgewicht für den Versichertenbestand der allgemeinen Bundesverwaltung bei einem tendenziell sinkenden Pensionierungsalter zu überprüfen.

Wie im Revisionsbericht der PKB für das Jahr 1998 festgehalten wird, bestehen immer noch Vorbehalte in Bezug auf die Zuverlässigkeit und Vollständigkeit der Daten, die im versicherungstechnischen Gutachten 1998 verwendet wurden und auch die Grundlage für diese Studie bilden. Wir betonen, dass die in der Expertise getroffenen Feststellungen und Empfehlungen durch diese Vorbehalte nicht beeinträchtigt sind.

2

Vorzeitige Pensionierungen gemäss Art. 43 der PKB-Statuten

Während in den heutigen PKB-Statuten (SR 172.222.1) der Anspruch auf diese Leistung als Versicherung des 4. Risikos «Arbeitsplatzverlust» (neben den Risiken Alter, Tod und Invalidität) geregelt ist, sollte im Rahmen der laufenden Gesetzgebung zur PKB dieses Instrument sachlich als Arbeitgeberleistung bezeichnet werden. Die Rolle der PKB darf jedoch nicht auf ein reines Vollzugsorgan der Entscheide der Arbeitgeber reduziert werden, da die Kasse in jedem Fall bei vorzeitigen Pensionierungen ein zusätzliches Risiko übernimmt (Langlebigkeit, demographische Risiken).

Empfehlung: Die Voraussetzungen und Modalitäten sind demnach im Arbeitsvertrag oder als Bestandteil von Sozialplänen zu regeln. Die Statuten enthalten die Bestimmungen über Art und Umfang der Leistungen und deren Finanzierung. Zusätzlich müssen die Statuten im Wortlaut verlangen, dass «der Arbeitgeber für sämtliche Kosten aufzukommen hat, die der PKB durch eine vorzeitige Pensionierung auf dessen Veranlassung entstehen.» Für die Anwendung sollte grundsätzlich das Einverständnis der Kassenkommission als oberstes Leitungsorgan erforderlich sein. Nur so ist sichergestellt, dass die Kasse ihre Interessen wirkungsvoll verteidigen kann.

Die starke Zunahme der administrativen Pensionierungen während der letzten Jahre und der anhaltende Restrukturierungsdruck legen nahe, dass finanzielle Verluste der PKB bei Anwendung des Artikels 43 ihrer Statuten vermieden werden sollten. In den bisherigen Statuten wird lediglich verlangt, dass der Arbeitgeber das «fehlende Deckungskapital» rückzuerstatten habe. Auch die Verordnung über die Ausführung der Statuten der PKB (SR 172.222.11) enthält keine Konkretisierung dieser Bestimmung. In der bisherigen Praxis hat die PKB stets die Kosten gestützt auf die Netto-Deckungskapitalien bestimmt, ohne allfällige zusätzliche Kosten auf Grund der zunehmenden Langlebigkeit in Rechnung zu stellen.

1235

Empfehlung: Bei der Berechnung des «fehlenden Deckungskapitals» bei administrativen Pensionierungen sollen nicht nur die Netto-Deckungskapitalien massgebend sein. Das «fehlende Deckungskapital» soll auch den Einkauf in die kollektive Rückstellung umfassen, welche die zunehmende Belastung auf Grund der Langlebigkeit teilweise vorwegnimmt.

Die Gesamtkosten einer Pensionierung gemäss Art. 43 der PKB-Statuten setzen sich zusammen aus: 1.

dem fehlende Deckungskapital, das auf Grund der Netto-Deckungskapitalien berechnet wird und

2.

einem Zuschlag von 4,5% (Stand 31. Dezember 1998) auf dem fehlenden Deckungskapital gemäss Punkt 1.

Der Betrag gemäss Punkt 2. trägt den aufgelaufenen Kosten für die Langlebigkeit Rechnung. Er erhöht sich pro Rechnungsjahr um 0,5 %.

3

Flexible Pensionierungen gemäss Art. 30 ff. der PKB-Statuten auf Veranlassung des Arbeitgebers

Gegenüber den ungedeckten Kosten aus der Anwendung von Art. 43 ist die Belastung der PKB bei flexiblen Pensionierungen auf Veranlassung des Arbeitgebers geringer, da solche Pensionierungen bedeutend seltener vorkommen. Die Kosten für die PKB setzen sich zusammen aus dem technischen Verlust wegen eines tiefen Pensionierungsalters sowie den Kosten für die halbe Überbrückungsrente. Im Gegensatz zur Anwendung des Artikels 43 werden in diesen Fällen die Kosten, die der Kasse allenfalls entstehen, nicht mit hinreichender Transparenz ausgewiesen. Aus sachlichen Gründen und wegen des Grundsatzes der Gleichbehandlung müsste auch hier das Verursacherprinzip angewendet werden.

Empfehlung: Um systematische technische Verluste bei flexiblen Rücktritten nach dem Alter 62 zu vermeiden und eine Gleichstellung mit Artikel 43 der PKB-Statuten zu erreichen, soll künftig unterschieden werden zwischen der Beanspruchung der flexiblen Pensionierung als Teil von Sozialplänen und der flexiblen Pensionierung auf Veranlassung des Mitgliedes. Handelt es sich um Rücktritte im Rahmen von Sozialplänen, soll der Artikel 43 sinngemäss angewendet werden. Die Statuten, die bisher nicht zwischen flexiblen Pensionierungen auf Wunsch des Versicherten oder auf Veranlassung des Arbeitgebers unterscheiden, müssten entsprechend angepasst werden.

4

Pensionierungen aus medizinischen Gründen gemäss Art. 38 der PKB-Statuten

Das Risiko «Invalidität» zeigt für die PKB einen zunehmenden Trend bezüglich der Anzahl der neuen IV-Fälle. Gleichzeitig nimmt das durchschnittliche Pensionierungsalter der Invalidenrentner tendenziell ab. Damit verknüpft nehmen die durchschnittlichen Kosten eines IV-Falles für die PKB zu. Auch die Hochrechnungen bestätigen, dass die Gesamtzahl der Invaliditätsfälle sowie deren Entwicklung über den 1236

Erwartungswerten liegen, die sich aus den technischen Grundlagen ableiten. Unter jedem Szenario ist die Anzahl der neuen Invaliditätsfälle kleiner als die Anzahl der Invalidenrenten, die ablaufen, obwohl die Anzahl der aktiven Versicherten gleich bleibt und sich deren Durchschnittsalter als äusserst stabil erweist.

Die Gewinn- und Verlustanalyse für das Invaliditätsrisiko führt zum Ergebnis, dass die Aufwendungen rund 75% über den gemäss den verwendeten Grundlagen EVK90 budgetierten Beträgen liegen. Gemessen am gesamten Versicherten Verdienst von CHF 6 346 857 206 betragen diese Kosten rund 1,9 Beitragsprozente.

Davon muss die Hälfte, d.h. 0,8 Beitragsprozente, mit Hilfe von anderweitigen Gewinnquellen finanziert werden, um systematische Verluste zu vermeiden.

Empfehlung: Eine vertiefte Überprüfung der Finanzierung, die alle wichtigen versicherungstechnischen Gewinn- und Verlustquellen umfasst, ist unerlässlich, um so mehr, als die PKB in Zukunft mit einer reduzierten Bundesgarantie auszukommen hat. Auf jeden Fall muss der Risikoverlauf im Rahmen einer versicherungstechnischen Ein- und Ausgabenrechnung überwacht und die notwendigen Gegenmassnahmen ergriffen werden.

Der zunehmende Trend der letzten Jahre zeigt, dass beim Vollzug der bestehenden Gesetzgebung ein Verbesserungspotenzial besteht. Erst in einem zweiten Schritt sollte eine Verschärfung des Invaliditätsbegriffes zur Diskussion stehen.

Empfehlung: Die Verantwortlichkeiten sollten neu so geregelt werden, dass die Interessen der Kasse wirksamer vertreten werden können. Analog der zukünftigen Bildung einer Anlagenkommission sollte eine Kommission gebildet werden, die allein der Kassenkommission als oberstem Leitungsorgan verantwortlich ist und für die Begutachtung bzw. Revision der Invaliditätsfälle zuständig wäre. Voraussetzung dazu wäre eine Entflechtung der Rolle des Arbeitgebers bzw. der Personalverantwortlichen von der Rolle der Kassenführung.

Empfehlung: Damit eine solche Kommission überhaupt ihren Auftrag ausführen kann, ist ein ausgebautes finanzielles und versicherungstechnisches Controlling der PKB unerlässlich. Ohne eine vertiefte Kontrolle des Risikoverlaufs fehlen die objektiven und von allen beteiligten Partnern akzeptierten Grundlagen, um Massnahmen wie eine Neufassung der Anspruchsvoraussetzungen erfolgreich realisieren
zu können.

Empfehlung: Allenfalls könnte der bestehende Invaliditätsbegriff, der in der Praxis die Invalidität teilweise mit fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten innerhalb der Bundesverwaltung sowie der übrigen Arbeitgeber gleichsetzt, spezifischer gefasst werden. Denkbar wären eine verstärkte Anknüpfung an den Invaliditätsbegriff der Eidg. Invalidenversicherung, der ohnehin vom BVG verlangt wird, sowie die Einführung von Karenzfristen oder von zusätzlichen Anspruchsvoraussetzungen wie einem Mindestalter, der Zugehörigkeit zu besonders risikoanfälligen Berufsgruppen usw.

1237

5

Langfristiges finanzielles Gleichgewicht

Um die finanziellen Auswirkungen der heutigen Regelung der flexiblen Pensionierung bei einer vermehrten und früheren Inanspruchnahme zu untersuchen, haben wir für den Bestand der allgemeinen Bundesverwaltung Hochrechnungen durchgeführt.

Gemäss der heutigen Praxis und im Rahmen der geltenden gesetzlichen Grundlagen wird ein Finanzierungsverfahren mit teilweiser Anwartschafts-Deckung vorausgesetzt. Auf dem Fehlbetrag der PKB schulden die Arbeitgeber anteilsmässig die Zinsgarantie.

Die Hochrechnungen zeigen unter realistischen Bedingungen, dass das langfristige Ziel eines Deckungsgrades von 2/3 nicht gefährdet ist. Obwohl der aktuelle Deckungsgrad für die allgemeine Bundesverwaltung unter den statutarisch geforderten 2/3 liegt, weist der Deckungsgrad bei jeder Variante eine steigende Tendenz auf und erreicht langfristig das Ziel von 2/3. Bei einem tieferen mittleren Pensionierungsalter wird die Zunahme des Deckungsgrades allerdings gedämpft.

Sie zeigen aber auch, dass der zusätzliche Finanzierungsbedarf in erster Linie durch den Bund auf Grund der Zinsgarantie und des Teuerungseinbaus in die laufenden Renten getragen wird.

Empfehlung: Ob diese Aussagen immer noch oder nur in abgeschwächter Form zutreffen, wenn gemäss der Absicht im neuen Bundesgesetz zur Pensionskasse des Bundes eine 100%-Deckung mit eingefrorenem Fehlbetrag vorausgesetzt wird, müsste während der diesbezüglichen Debatte vertieft abgeklärt werden.

Es ist zu erwarten, dass die Toleranz bezüglich einer intensiven Inanspruchnahme der vorzeitigen Pensionierung eher limitiert sein würde und sich die Frage einer planmässigen Vorfinanzierung der zusätzlichen Leistungen stellen würde. Voraussetzung ist jedoch, dass die konkreten Modalitäten der Rücktrittsregelung wie z. B. die Wahl des ordentlichen Rücktrittsalters sowie die Einkaufsmodalitäten bekannt sind.

6

Finanzierungskonzept

Die Untersuchung zeigt, dass das effektive Rücktrittsalter unter dem Eckwert von 63½ Jahren liegt. Die damit verbundenen zusätzlichen Kosten werden zum grössten Teil von den Arbeitgebern mit den Beiträgen gemäss Artikel 43 der PKB-Statuten finanziert. Die technischen Verluste gehen zu Lasten des Fehlbetrages und erhöhen die Zinsgarantie der Arbeitgeber. Eine Transparenz in der Finanzierung und eine Kostenverteilung gemäss Verursacherprinzip ist damit praktisch verunmöglicht.

Empfehlung: Am bisherigen versicherungstechnischen Rücktrittsalter von 63½ und damit an den davon abgeleiteten Tarifen für Einkauf, Austritt und Verdiensterhöhungen soll bis auf weiteres festgehalten werden.

Durch die konsequente Anwendung des Verursacherprinzips bei Pensionierungen auf Veranlassung des Arbeitgebers kann die Möglichkeit des flexiblen Rücktrittes mit schwächeren Kürzungssätzen als versicherungstechnisch notwendig bis auf

1238

weiteres beibehalten werden. Dies bedeutet die Weiterführung der bisherigen Solidarität beim Altersrücktritt für alle Versicherten.

Finanziell wäre eine Reduktion des versicherungstechnischen Rücktrittsalters kaum verkraftbar. Nach dem Freizügigkeitsgesetz müssten mit der Reduktion des Rentenalters die Austrittsleistungen substanziell erhöht werden. Obwohl dies vor allem Auswirkungen für die älteren Versicherten haben dürfte, würden sich die Verpflichtungen der PKB nochmals beträchtlich erhöhen, nachdem sie bereits durch die Einführung des Freizügigkeitsgesetzes per 1. Januar 1995 substanziell zunahmen.

Sowohl die wiederkehrenden Beiträge als auch die Verdiensterhöhungsbeiträge müssten an die kürzere Beitragsdauer angepasst werden.

Der vollständige Text der versicherungstechnischen Expertise zur Pensionskasse des Bundes (PKB) ist nur in deutscher Sprache erhältlich und kann beim Sekretariat der Geschäftsprüfungskommission (GPK), Tel. 031/322 97 13, Parlamentsgebäude, 3003 Bern, oder unter «www.parlament.ch» bezogen werden.

1239