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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Erweiterung des Artillerie-Schießplazes in Thun.

(Vom 9. Dezember 1881.)

Tit.

Wir haben bereits in unserer Botschaft zum nächstjährigen Budget darauf hingewiesen, daß eine abermalige Erweiterung des Artillerie-Schießplazes in Thun unvermeidlich geworden sei.

Durch Beschluß der hohen Räthe wurde unterm 14. Dezember 1875 (A. S. n. F. II, 47) der damals nöthige Kredit im Betrage von Fr. 420,000 bewilligt; es erzeigte sich jedoch bald, daß Einschläge von Artillerie-Geschoßen außerhalb des in Kauf gezogenen Terrains erfolgten, und es mußte zu neuen Erwerbungen geschritten werden, wofür die Bundesversammlung unterm 22. Juni 1878 (A. B.

n. F. m, 442) und 18. Dezember 1879 (n. F. IV, 413) zwei weitere Kredite von zusammen Fr. 345,045, wovon Fr. 275,000 noch zu amortisiren sind, eingewiesen hatte. Kurze Zeit nach diesen Erwerbungen wurden neue Gefährdungen konstatirt. Man glaubte sich aber in der Weise behelfen zu können, daß die betreffenden Eigenthümer gegen eine Servituts-Entschädigung veranlaßt wurden, die Bewirthschaftung ihres Landes während des Schießens zu sistiren.

Bezügliche Verträge gelaugten in ziemlicher Anzahl zum Abschluß für eine Zeitdauer von zwei und mehr Jahren. Ein Theil dieser Verträge ist nunmehr abgelaufen und es sind inzwischen maßgebende Erfahrungen über die vorkommenden Beschädigungen gesammelt worden.

669 Ungeachtet der intensiven Ueberwachung der Schießübungen durch einen hiefür besonders bezeichneten Offizier hat die Zahl der öeschoßab weichungen weitere Dimensionen angenommen, und dies sit der Grund, warum einerseits der Rayon der Servitutsbelastungen ganz wesentlich erweitert werden mußte und anderseits bisherige Servituten vorab auf bewohnten Arealen nicht mehr erneuert werden wollen. Die Ursachen dieser ausgedehnten Geschoß-Verirrungen liegen offenbar nicht in mangelhafter Beobachtung der für das Scharfschießen der Artillerie aufgestellten Vorschriften und mündlich ertheilten Weisungen, sondern haben ihreu Grund mehr in Zufälligkeiten und in dem inzwischen theils durch Neubeschaffung O O von Gesch iizen, theils durch Vermehrung der Ladungen erzielten größern Tragweiten derselben. Leztere Verbesserungen können nicht umgangen werden, soll unsere Artillerie annähernd auf der Höhe derjenigen anderer Staaten bleiben,, und erstere lassen sich absolut nicht vermeiden, indem der Weg eines Spizgeschoßes nach dem ersten Aufschlag bedungen wird von der Terrainbeschaffenheit, der Bodenzusammensezung etc. · Die Erweiterung der gefährdeten Zone hinter dem Exerzierfeld in Thun wird sich deßhalb schwer abschließen lassen und ist namentlich jezt noch fort'zusezen, weil sowohl seitlich als in der Längenausdehnung die Erwerbungsgrenzen stetsfort zu knapp bemessen wurden.

Zur Zeit verlangen nicht weniger als sieben Grundbesizer Abnahme ihrer Liegenschaften, fünf hauptsächlich deßwegen, weil sie sich im eigenen Heimwesen vor den Geschoßeinschlägen nicht mehr sicher glauben, die zwei Andern, weil sie sich in der Bewirtschaftung mres Eigenthums in bisheriger Weise nicht behindern lassen wollen. Diese Realitäten liegen theils an der ThierachernAmsoldingenstraße, die übrigen zwischen dem Wahlenbach und Uebeschisee. Drei Prozesse sind bereits gegen die Eidgenossenschaft angehoben, andere in Sicht gestellt.

Bei dieser Sachlage und um die Schießübungen unbeanstandet fortsezen zu können, erhielt die Artilleriekommission den Auftrag, die Grenzen, inner denen neue Erwerbungen stattfinden sollen, zu bezeichnen. Unter Rüksichtnahme auf die in den lezten Jahren konstatirten Geschoßverirrungen oder Sprengstük-Einschläge fand die Kommission, es seien hinter dem Zielwall nördlich und südlich Erweiterungen nöthig und die
daherigen Acquisitionen in gleicher Flucht bis an den TJebeschisee fortzusezen.

(Bezüglich der Grenzlinie wird auf den bei den Akten liegenden Plan verwiesen).

Hinter dieser neuen Linie haben Beschädigungen bisher nur ganz ausnahmsweise stattgefunden; da aber die neuen 10 cm.

Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. IV.

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Positionsgeschüze eine erheblich größere Tragweite besizen, Schießversuche damit aber erst gegen Jahresschluß beginnen können, so glaubte die Artilleriekommission jezt schon auf diese Verhältnisse Rüksicht nehmen zu sollen und hält es für angezeigt, für dieses entferntere Gebiet bis auf die Höhe von Seebühl ^2200 m. hinterm Ziel) die Errichtung von Servitutsverträgen vorschlagen zu sollen.

Uns scheinen die Anträge der Kommission den Verhältnissen angemessen und das einbezogene Gebiet nicht zu weit gegriffen, zumal Wahrscheinlichkeit besteht, daß die neuen Geschüze vermehrte Gefahr in der rükwärtigen Zone bringen. Wir hegen auf der andern Seite auch die Hoffnung, daß die vorgeschlagenen Ankäufe ausreichen sollten, um die Gefahr für das in Rede stehende Privateigenthum zu heben und die diesfälligen Reklamationen zu beseitigen. In der zur Erwerbung vorgeschlagenen Zone sind alle Grundstüke inbegriffen, deren Eigenthümer Beschwerde erhoben haben, und dann auch diejenigen Piirzellen, für die zur Zeit noch Servitutsverträge für ein, drei und sieben Jahre bestehen.

Unter dem gefährdeten Grundbesiz, dessen Erwerbung, weil keine oder nur noch einjährige Servitutsverträge bestehen, zuerst an die Reihe kommen muß, befinden sich neun Heimwesen mit 28,80 ha. =: 80 Jucharten Land; drei Grundstüke ohne Gebäulichkeiten, haltend 8,34 ha. = 9 Juch. Land, und die der Burgergerneinde Thierachern angehörende sogenannte Hasliholzwaldung, haltend 11,82 ha. = annähernd 33 Jucharten; der gesammte Flächeninhalt von Land und Wald beträgt 43,se ha., annähernd = 122 Juch.

Fachmännische Schäzung beziffert den Werth des Landes und der Gebäulichkeiten nach Maßgabe der bisher in dortiger Gegend bezahlten Preise mit Fr. 215,000 und denjenigen des Waldes mit Fr. 40,000, zusammen also Fr. 255,000, zu welcher Summe die Ankaufs- und eventuell die Expropriationskosten, sowie einige Entschädigungen mit zusammen etwa Fr. 11,000 hinzuzurechnen sind.

Das ganze Kreditbegebren beläuft sich demnach auf Fr. 266,000.

Als Aequivalent des auf den Ankauf dieser Liegenschaften verwendeten Kapitals darf, mit Rüksicht auf den geringen Waldertrag, ein höherer Zins als 2 J /a °/o nicht in Anschlag gebracht werden.

Wir gedenken, wie bisher, den Ankauf der Liegenschaften auf gütlichem Wege zu versuchen; wenn indessen übermäßige Forderungen, wie dies
bisweilen der Fall ist, gestellt werden sollten, so wird es sich empfehlen, die Ermittlung des zu bezahlenden Preises auf dem Expropriationswege eintreten zu lassen.

671 Ueber die weiteren, inner der bezeichneten Grenze bevorstehenden Acquisitionen, deren Flächeninhalt zu 28 ha. = 78 Juch.

mit einem Kostenaufwand von circa Fr. 160,000 zu veranschlagen ist, werden wir zu geeigneter Zeit eine weitere Vorlage einbringen.

Anbelangend die neuen Servitutsverträge, so hoffen wir dieselben bis zum Beginn der nächstjährigen Schießübungen zum Abschluß zu bringen, um damit neue Reklamationen von vornherein verhindern zu können.

Gestüzt auf vorstehende Ausführungen beehren wir uns, Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf zu unterbreiten.

Genehmigen Sie, Tit, die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 9. Dezember 1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Droz.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schieß.

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Erweiterung des Artillerie-Schießplazes in Thun.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenoßenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes, vom 9. Christmonat 1881,

672 beschließt: Art. 1. Zum Zweke der Erweiterung des ArtillerieSchießplazes in Thun wird dem Bundesrath ein fernerer Kredit von Fr. 266,000 bewilligt.

Art. 2. Der Bundesrath ist ermächtigt, die Kaufsummen vorschußweise aus Kapitalgeldern auszurichten, den ganzen Kredit jedoch in vier gleichmäßigen Jahresraten von 1883 an auf dem Wege des Budget zu amortisiren.

Art. 3. Der Bundesrath ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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