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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, Obligationenrecht.

betreffend das

(Vom 28. Mai 1881.)

Tit.

Sie haben am 8. März d. J. die erste Berathung des Obligationenrechtes beendigt und die Ergebnisse derselben dem Bundesrathe zugestellt.

Nach Art. 3 des Bundesbeschlußes vom 21. Juni 1877 (A. S.

n. F. III, 109) lag es dem Bundesrathe ob, ,,die Gresezesvorlage oder die einzelnen Abschnitte, bezüglich welcher Abänderungen beschießen worden waren, im Sinne dieser Beschlüße umzuarbeiten."

Die bundesräthliche Vorlage vom Juli 1877 war in der ersten Berathung der Bundesversammlung namentlich in folgenden Abschnitten wesentlich geändert worden : l) Verjährung; 2) Dingliche Rechte an beweglichen Sachen; 3) Miethe und Pacht; 4) Aktiengesellschaft Ueberdies sind der Titel über den Chek, sowie die Uebergangsbestimmungen neu hinzugefügt und eine Reihe einzelner Artikel sowohl nach Form als nach Inhalt abgeändert worden.

Da es der Natur der Sache nach in der Berathung der Bundesversammlung nicht möglich war, die Tragweite der einzelnen Beschlüße in Bezug auf den innern Zusammenhang des ganzen Gesezes und bis in alle Einzelheiten zu überbüken, so mußte es als

die nächste Aufgabe betrachtet werden, die sachliche Uebereinstimmung gemäß den von den Rätheo beschloßenen Grundsäzen herzustellen.

In formeller Beziehung lagen die sämmtlichen Beschlüße in deutschem sowohl als französischem Texte vor. Auf beide Redaktionen konnte aber während der Berathungen nicht die erforderliche Sorgfalt verwendet werden, und es war namentlich nicht möglich, den französischen Text der Beschlüße von juristischen Experten erstellen zu laßen.

Bei dieser Sachlage mußte es dem Bundesrathe daran gelegen sein, die weitern Vorlagen in die Hände von Sachverständigen zu legen, welche einerseits mit dem Gang der Verhandlungen der beiden Räthe vertraut waren und andererseits für eine genaue Ueber·einstimmung der drei Texte die nöthige Garantie boten. Er ernannte daher unterm 11. März eine Kommission, bestehend aus den Präsideuten und Berichterstattern der Kommissionen der beiden Räthe, den Herren Niggeler und Hoffmann, und ferner aus den Herren Professoren Serafini ' in Pisa und Lehr in Lausaune, welche beide lezteren schon bisanhin sich bei der Redaktion des italienischen «nd französischen Textes in hervorragender Weise bethätigt hatten.

Nach mehrfachen Vorarbeiten trat diese Kommission am 18. März zur Plenarsizung in Bern zusammen und blieb ununterbrochen bis zum 14. Mai versammelt.

Der Gang der Arbeiten der Kommission war folgender: In ·erster Lesung wurde jeder einzelne Artikel in gemeinschaftlicher Berathung sowohl sachlich als redaktionell in allen drei Texten festgesezt. Es ist einleuchtend, daß dieses Verfahren in Bezug auf die sprachliche Seite von einer bloßen Uebersezung wesentlich verschieden ist. Während in der Regel auf Grund eines fertigen Textes und ohne Mitwirkung des Redaktors desselben die Uebertragung in die andere Sprache stattfindet, ging in diesem Falle jede der drei Redaktionen aus der gemeinsamen materiellen Diskussion entweder ganz neu hervor, oder es traten wenigstens die Mängel und Verschiedenheiten einer jeden Redaktion klar ans Licht, so daß nicht bloß die Uebereinstimmung der Texte unter sich, sondern auch die Genauigkeit eines jeden einzelnen dabei gewinnen mußte.

Sobald die Kommission eine Anzahl Artikel berathen hatte, wurden dieselben gedrukt und sowohl den Mitgliedern der Kominissionen der beiden Räthe als denjenigen der frühern Expertenkommissionen und überdies einzelnen Gelehrten, die sich früher mit dem Entwürfe beschäftigt hatten, mitgetheilt.

8 Diese Maßregel hatte den besten Erfolg. Bis zum Schluße der ersten Berathung langten eine Reihe von Beiträgen ein, meistens, wie dieses auch gewünscht worden war, in kurzen Bemerkungen bestehend, welche der Arbeit der Kommission in erfreulichster Weise zu Statten gekommen sind. Wir halten es für unsere Pflicht,, allen diesen Mitarbeitern hier unsern Dank auszusprechen und wenigstens di^ Namen derjenigen Männer ehrend zu nennen, welche weder der Bundesversammlung noch eidgenößischen Behörden angehören. Es sind dies die Herren Professor Bluntschli in Heidelberg, Brugi in Urbino, Advokat Frugoni in Broscia, die Professoren Goldschmidt in Berlin, Lewis in Berlin, Regelsberger in Breslau, Renault in Paris und Supino in Pisa; ferner von Einheimischen die Herren : Brocher, Professor in Genf, Burckhardt-Burckhardt in Basel, Carrard, Professor in Lausanne, J. Escher, Handelsgerichtspräsident in Zürich, Juillard, Oberrichter in Bern, G. König, Professor in Bern, Schneider, Professor in Zürich, Schreiber, Advokat in Arth, Paul Speiser in Basel, Treichler, Professor in Zürich, Ullmer in Enge bei Zürich, Emil Vogt, Professor in Bern.

Die Beiträge der genannten Männer bildeten die Grundlage der zweiten Textesrevision. Dieselben betrafen beinahe sämmtliche Artikel des Gesezes und wurden von der Kommission gewissenhaft geprüft und in einer großen Zahl von Fällen auch verwerthet.

Wenn der neuen Redaktion vor der frühern einige Vorzüge zukommen, so fallt nicht der kleinste Theil auf diese vortreffliche, ausschließlieh im Interesse der Sache uns zu Theil gewordene Mitarbeit.

Da diese zweite Revision zahlreiche Aenderungen der Redaktionen zur Folge hatte, so mußte es dei. Kommission daran gelegen sein, durch eine lezte genaue Prüfung die Uebereinstimmung in den drei Redaktionen sicher zu stellen. Sie veranstaltete deßhalb eine neue artikelweise Vergleichung; zuerst zwischen dem deutschen und italienischen Text und sodann eine solche zwischen diesen beiden und dem französischen. Damit schloß dieselbe ihre Arbeit ab.

Der Bundesrath beschränkt sich darauf, Ihnen den neuen Entwurf vorzulegen, und nimmt von einem einläßlichen Berichte darüber Umgang. Dieser Entwurf hält sich da, wo er von dem früh ero (1879") abweicht, wesentlich an die Beschlüße der Bundesversammlung. Die übrigen Aenderungen, zum größern Theil
Konsequenzen dieser Beschlüße, können hier um so eher unerörtert bleiben, da die beiden Herren Berichterstatter der Kommission auf das genaueste mit dem Gang und den Motiven der Arbeit vertraut sind, als deren Ergebniß unsere Vorlage erscheint.

a Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , den 28. Mai 1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Droz.

Der Kanzler der Eidgenoßenschaft: Schieß.

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Bericht des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend das Obligationenrecht.

(Vom 28. Mai 1881.)

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