194

# S T #

Bundesrathsbeschluss in

Sachen des François Morisod, von Verossaz, wohnhaft in Massongex (Wallis), betreffend Bestrafung wegen Arbeiten an Feiertagen.

(Vom 19. November 1880.)

Der s c h w e i z e r i s c h e B u n d e s r ath hat

in Sachen des F r a n ç o i s M o r i s o d von Verossaz, wohnhaft in Massongex (Wallis), betreffend Bestrafung wegen Arbeiten an Feiertagen ; nach angehörtem Berichte des Justiz- und Polizeidepartements und nach Einsieht der Akten, woraus sich ergeben : I. Der Rekurrent wurde von der Polizeibehörde von Massongex in eine Buße von Fr. 3 und zur Bezahlung der Kosten im Betrage von Fr. 2. 30 verfällt, weil er Sonntags den 25. Juli 1880 während des vormittägigen Gottesdienstes, wie schon früher am Feste von Peter und Paul, 29. Juni, den ganzen Tag hindurch auf seinem Felde in Les Palluds, Gemeinde Massongex, gearbeitet hatte.

Er beschwerte sich gegen dieses Urtheil, weil es im Widerspruche stehe mit den verfassungsmäßigen Rechten der Bürger, und stellte das Gesuch, der Bundesrath möchte dasselbe aufheben und die Regierung von Wallis einladen, dafür zu sorgen, daß die Bürger

195 nicht jeden Moment von Seite der Gemeindeverwaltungen kleinlichen Plakereien aus religiöser Unduldsamkeit ausgesezt seien. Seine Arbeit sei dringend gewesen, da Regen gedroht habe; auch liege das betreffende Feld im Walde, so daß der Gottesdienst nicht habe gestört werden können. Seine Bestrafung erscheine daher gemäß dem Bundesbeschluß vom 31. Januar 1862 (Amtl. Samml. VII, 124) unzuläßig.

II. Der Staatsrath des Kantons Wallis antwortete, daß, obschon Rekurrent den kantonalen Instanzenzug nicht durchgegangen habe, er doch wegen dieses Formfehlers nicht gegen einen materiellen Entscheid opponiren wolle. Der Bundesrath habe im Juni 1874 anläßlich des Rekurses des François Besse in Martigny und auch in andern Beschlüssen anerkannt, daß die kantonalen Behörden befugt seien, Störungen der Ruhe an Sonn- und andern gebotenen Feiertagen zu ahnden. Da Rekurrent katholisch sei, so habe er auch die katholischen Festtage zu halten. Wenn dringende Arbeiten zu machen seien, so werde die Bewilligung hiezu von der Lokalbehörde immer ertheilt, selbst ohne daheriges Gesuch der Interessirten..

Das Verbot der öffentlichen Arbeiten an Sonn- und Festtagen sei in der Gesezgebung des Kantons Wallis ausdrüklich ausgesprochen und ergebe sich auch aus dem Art. 2 der Kantonsverfassung, worin die römisch-apostolisch-katholische Religion als Staatsreligion erklärt sei. Die katholische Religion schreibe die Sonntagsruhe vor. Durch Störung derselben werde das religiöse Gefühl des Volkes verlezt.

Auf eine spezielle Anfrage des Bundesrathes berichtete der Staatsrath, daß das allgemeine Gebot der Sonntagsheiligung in einem Geseze vom 27. Mai 1803 ausgesprochen sei, welches gegenwärtig noch in Kraft bestehe.

In Erwägung: Es ist durch verschiedene Entscheide des Bundesrathes anerkannt, daß die Kantone durch die Artikel 31 und 49 der Bundesverfassung nicht gehindert seien, gegen Personen, welche an Sonntagen öffentliche Arbeiten verrichten, strafend einzuschreiten.

Da aus dem gegen den Rekurrenten erlassenen Erkenntniß hervorgeht, daß derselbe aus keinem andern Grunde mit einer Buße von Fr. 3 belegt wurde, als weil er au einem Sonntage Feldarbeiten vornahm, so verstößt sich dieses Urtheil auch nicht gegen die Bundesverfassung.

Die Frage, ob das Gesez vom 27. Mai 1803, welches nach der Erklärung des Staatsrathes einen allgemeinen Charakter hat

196

und noch zu Recht besteht, auch den Fall der Feldarbeit vorsehe, kommt für den Bundesrath, welcher nur die Zuläßigkeit der Strafe gegenüber der Bundesverfassung zu prüfen hat, nicht in Betracht.

Gegen eine unrichtige Anwendung des Gesezes hat der Rekurrent die kantonalen Behörden anzurufen, beschlossen: 1. Der Rekurs des François Morisod ist als unbegründet abgewiesen.

2. Dieser Beschluß ist dem Staatsrathe des Kantons Wallis, sowie dem Rekurrenten François Morisod in Massongex mitzutheilen, lezterm unter Rüksendung seiner Rekursbeilage.

B e r n , den 19. November 1880.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schieß.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesrathsbeschluss in Sachen des François Morisod, von Verossaz, wohnhaft in Massongex (Wallis), betreffend Bestrafung wegen Arbeiten an Feiertagen. (Vom 19.

November 1880.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1881

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

04

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

29.01.1881

Date Data Seite

194-196

Page Pagina Ref. No

10 010 974

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.