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Schweizerisches Bundesblatt,

33. Jahrgang. II.

Nr. 24.

4. Juni 1881.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bericht der

Commission des Ständerathes über die Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichts im Jahr 1880.

(Vom 20. Mai 1881.)

Einleitende Bemerkungen.

Die Commission versammelte sich zur Geschäftsvertheilung während der Sitzung der Bundesversammlung am 17. Februar.

Seither sind in deren Personalbestand zwei Aenderungen eingetreten, veranlaßt durch den Rücktritt der Herren F i s c h e r und B e z z o l a , welche durch die Herren Sahli und Wir z ersetzt wurden. Diese Aenderung hatte eine theilweise Modifikation in der Departementsvertheilung zur Folge.

Mit Rücksicht auf den Umstand, daß auf die zweite Hälfte des Monats April eine zweite außerordentliche Sitzung der Bundesversammlung in Aussicht genommen wurde, wodurch die Zeit der Mitglieder in ungewöhnlicher Weise in Anspruch genommen wurde, und weil sodann einzelne Mitglieder der Commission erklärten, im Monat Mai unmöglich Zeit für die Commissionsberathungen erübrigen zu können, haben wir den Bundesrath ersucht, er möchte die einzelnen Departementalberichte sofort nach deren Druck den Sectionen zustellen, und haben zugleich den letztern die Auswahl der Zeit für ihre Arbeiten überlassen. Einzelne Berichte gingen schon Ende März und Anfangs April ein, so daß es möglich war, drei Sectionsberichte während der Aprilsitzung der Räthe der Gesammtcommission vorzulegen. Die Prüfung von vier Departementen Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. II.

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mußte bis nach der Bundesversammlung verschoben werden. Die bezüglichen Anträge wurden in einer Schlußsitzung vom 19. und 20. Mai, an welcher allerdings nur fünf Mitglieder Theil nehmen konnten, durchberathen. Ein Mitglied war überhaupt verhindert, bei den bezüglichen 'Prüfungen mitzuwirken.

Durch die erwähnten Verumständungen wurde die für die Geschäftsprüfung verwendbare Zeit stark eingeschränkt, so daß die sonst übliche und für die Mitglieder der Räthe sehr wünschbare Einsichtnahme einzelner eidgenössischer Anstalten ganz unterlassen werden mußte.

A. Geschäftsführung des Bundesrathes.

I. Geschäftskreis des politischen Departementes.

1. Beziehungen zum Auslande.

Die Commission nimmt mit Befriedigung Akt von der Mittheilung des Bundesrathes über die guten Beziehungen, welche zwischen der Schweiz und den auswärtigen Mächten im Berichtsjahre gewaltet haben, und es spricht dieselbe die Hoffnung aus, daß dio neu angeregte Frage der internationalen Regulirung des Asylrechtes keinerlei Störungen in dieser Richtung herbeiführen werde.

2. Internationale liebereinkünl'te.

Die Uebereinkunft zwischen den Bodenseeuferstaateu vom 16. März 1880, betreffend die Beurkundung von Geburts- und Sterbefällen auf dem Bodensee, beschränkt sich auf die Regulirung der Aufnahme der formalen Akte, sie läßt jedoch in Art. 3 die materielle Frage der Hoheitsrechte auf dem Bodenseo und die gerichtliche Zuständigkeit in Verlasscnschaftsangolegenheitcn intakt.

Der Bundesrath hat nun mittelst Note vom 7. Dezember 1877 der

889 baierischen Gesandtschaft mitgetheilt, daß er von der Ansicht ausgehe, daß auf einem Binnensee ein internationales Verkehrsgebiet, das keiner besonderen Staatshoheit unterstünde, nicht vorhanden sei, daß vielmehr die Staatshoheit eines jeden Uferstaates sich bis in die Mitte des See's erstrecke. Nach der Ansicht der Commission wäre eine definitive und vertragliche Lösung dieser Frage sehr wünschenswerth gewesen ; sie erlaubt sich deßhalb bei dieser Sachlage den Bundesrath anzufragen, ob wenigstens seine oben erwähnte Auffassung von den Vertragsstaaten acceptirt und hierüber genügende Erklärungen ausgewechselt wurden.

Ueber die Mittheilung des Bundesrathes von der immer wachsenden Ausdehnung der sogenannten Genfer Convention können wir uns nur freuen und dürfen nun hoffen, daß diese Errungenschaft auf dem Gebiete der Humanität, welche unserem Vaterlande zur besonderen Ehre gereicht, mehr und mehr Gemeingut der sämmtlichen civilisirten Staaten werde.

3. Spezialfälle.

Es wäre der Commission erwünscht gewesen, wenn in dem Geschäftsberichte des Bundesrathes die Gründe angeführt worden wären, welche die Wiederaufnahme der Unterhandlungen betreffend die Liquidation der Sold- und Pensionsrückstände der ehemaligen Schweizerregimenter in spanischen Diensten verunmöglichten, um so mehr als schon in früheren Berichten der Räthe auf eine baldige Lösung dieser schon lange pendenten Angelegenheit gedrungen wurde und durch die Verschiebung derselben der Sache selbst eher Nachtheil als Vortheil entstehen wird. Die Commission nimmt zwar gerne Akt von der Zusicherung, daß.der Bundesrath diese Frage stets im Auge behalten werde, findet aber, daß die Mittheilung' dieser bloßen Thatsache ohne nähere Begründung nicht vollständig beruhigen kann.

Der Anstand mit Italien über die Reklamation der Gesandtschaft dieses Staates betreffend Schmuggel, welcher vom Schweizergebiet aus betrieben werden soll, und betreffend Provokationen gegen Agenten der italienischen Finanz- und Zollverwaltung hat für die Schweiz eine vollständig befriedigende Lösung gefunden, und es bietet die Angelegenheit keinen Anlaß zu Bemerkungen in der Sache selbst; dieselbe ist jedoch insofern interessant, als sie beweist, wie schnell die auswärtigen Staaten bereit sind, die Schweiz wegen Nichterfüllung internationaler Pflichten zu beschuldigen. In concreto dürfte es den italienischen Behörden nicht schwer gefallen sein, durch eigene Erhebungen über den Sachverhalt sich von der Grundlosigkeit ihrer Beschwerden zu überzeugen.

890 Durch die definitive Festsetzung der Grenze zwischen dem Großherzogthum Baden und dem Kanton Thurgau bei Konstanz ist ein langjähriger Anstand in befriedigender Weise zum Austrage gebracht worden.

4. Schweizerische Hülfsgesellschaften im Auslande.

Mit Rücksicht auf die Angaben über Beitragsleistungen der Kantone an die schweizerischen Hülfsgesellschaften im Auslande sieht sich die Commission veranlaßt, die Frage aufzuwerfen, ob es nicht angezeigt wäre, in die Jahresberichte eine Zusammenstellung der kantonalen Beiträge aufzunehmen als Stimulus für den Wetteifer der Kantone, namentlich für diejenigen Stände, welche sich bisanhin diesem edlen Werke der Linderung der Noth unserer Landsleute in der Fremde, welches als ein schönes Zeugniß für das immer lebhafte Gefühl der Zusammengehörigkeit aller Glieder des Vaterlandes ohne Rücksicht auf deren Aufenthalt sich darstellt, ferne o^ gehalten haben.

5. Innere Angelegenheiten.

Auf Seite 12 berichtet der Bundesrath, daß Herr Cosandey sich zwar beim Bundesrathe in Ersetzung des resignirenden Herrn Marilley als Bischof des Bisthums Lausanne und Genf notifizirt, der Regierung von Genf dagegen keine sachbezügliche Anzeige gemacht und die geistliche Verwaltung 8er römisch-katholischen Pfarreien dieses Kantons nicht an Hand genommen habe, so daß diese letzteren faktisch durch die geistlichen Behörden von dem Bisthum getrennt sind. Der Bundesrath hat sich zu einer Intervention nicht veranlaßt gesehen, und es will die Commission auch keine solche provoziren. Die Mehrheit der Commission kann aber mit Rücksicht auf diese Verhältnisse die Bemerkung nicht zurückhalten, daß es bedauerlich ist, zu sehen, wie die geistlichen Autoritäten mit beharrlicher Renitenz sich der Einsicht verschließen, daß der Staat seine Rechte den hierarchischen Institutionen nicht zum Opfer bringen kann und daß dieso Renitenz der kirchlichen Oberen den eigenen Interessen der katholischen Bevölkerung entgegen und wohl kaum mit den Wünschen einer Großzahl derselben im Einklänge steht.

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II. Geschäftskreis des Departements des Innern.

Centralverwaltung.

Referendumsangelegenheiten, eidg. Wahlen und Abstimmungen.

Die Postulate und Anregungen, welche die Revision, beziehungsweise die Ergänzung des Gesetzes betreffend die eidg. Wahlen und Abstimmungen zum Ziele hatten, fanden.mittlerweilen eine vorläufige Erledigung im Sinne des Aufschubes, unter Zustimmung der eidgenössischen Räthe. Wir wollen nur dieser Thatsache gedenken, weil der bundesräthliche Bericht nichts hievon erwähnt, und trotz der offenkundigen, das Abstimmungsergebnis unter Umständen beeinflussenden interkantonalen Ungleichheiten bezüglich sehr wichtiger Modalitäten (wie Urneusystem oder gemeindeweise Abstimmung, vorherige Vertheilung der Stimmkarten oder nicht, Bußen oder nicht) sollicitiren wir zumal am Schluß der Legislaturperiode gleichwohl nicht ein dermaliges Eintreten.

Organisation und Geschäftsgang der Bundesbehörden.

Unterm 2. Wintermonat 1880 beschloß der Bundesrath , daß mit Bezug auf eidg. Beamhmgen und Anstellungen die Bevogtigung die nämlichen Folgen nach sich ziehe, wie das Falliment, daß sonach auch der Fall der Bevogtigung von der Fähigkeit zu einer eidg. Beamtung und Anstellung ausschließe. Wir nehmen hievon im Interesse des Ansehens und Kredites unserer Verwaltung mit Befriedigung Notiz.

Wir sind auch überzeugt, daß der Bundesrath jener wohlbegründeten und von der öffentlichen Meinung durchaus approbirten Gesetzesbestimmung fort und fort Nachachüiug verschaffe, devgemäß eidg. Beamte eine andere Stelle nur dann annehmen und einen Nebenberuf nur insoweit betreiben dürfen , als hiedurch die Erfüllung ihrer dienstlichen Verrichtungen nicht beeinträchtigt wird und der Bundesrath sie hiezu ermächtigt. Wir erwarten auch zuversichtlich, der Bundesrath werde von dieser Ermächtigung einen vorsichtigen und rü«khaltenden Gebrauch machen.

892 In Botreff der Zuwendung von Gratifikationen und singulärcn Besoldungserhöhungen sind wir ganz und gar mit der nationalräthlichen Gestionskommission des Vorjahres einverstanden. Es ist eine ebenso schwierige als ernste Sache, dafür Obsorge zu tragen, daß der stille, fleißige Arbeiter gegenüber demjenigen, welcher sich viel und laut zu beklagen und vorzudrängen weiß, keine Hintansetzung erdulde.

Bundeskanzlei.

Unter bestbewährter Oberleitung befindet sich dieser Ccntralpunkt der gesammten eidg. Verwaltung in tadellosem Zustande.

Das ßundesbhitt wußte bisanhin nur wenig sich zu popularisiren. Das Nachschlagen in diesen voluminösen Bänden ist auch für den Verwaltungsmann und Parlamentarier eine wenig angenehme Arbeit, und er findet darin über viele Materien nicht die erwünschte Autwort. Nach Ansicht der einen Coinmissionshälfte dürfte darum die Frage näherer Prüfung und Erörterung wohl werth sein , ob substantielle Protokolle, wie solche der Nationalrath im Manuskripte in mustergültiger Form vorweist, nicht über alle wichtigern Gesetzesdebatten, sowie über Debatten rechtspolitischen Inhaltes, und mit der Ermöglichung besondern Abonnements, dem Bundesblatte beizugeben seien. Es wären dieselben eine vorzügliche Fundgrube für die eidg. Rechts- und Gesetzeskuude; sie wären ein sonst in uusern Archiven begrabenes Interpretationsmittel. in der Hand der kantonalen Richter und Verwaltungsmänner, und sie wären die beste erschlossene Kontrole und Quelle für die Geschichte des parlamentarischen Lebens der Eidgenossenschaft. Zwischen dem Zuwenig und Zuviel müßte dann allerdings der redaktionelle Takt die richtige Mitte innehalten. Aber ein solchartiges Organ wäre zum Mindesten kein Novum, indem analoge Publikationsweisen sich in der Mehrzahl der Kantone eingebürgert haben.

Im Brachmonat 1877 hatten die Räthe den Bundesrath zum Untersuche darüber eingeladen, ob nicht, eine Fortsetzung der Ulluier'sehen Sammlung, sowie eine fortlaufende Veröffentlichung der staatsrechtlichen Entscheide des Bundesrathes und der Bundesversammlung veranstaltet werden solle. Späterhin wurde von den Räthen diesen Postulateti eine weitere Folge nicht gegeben. Immerhin kann nicht geleugnet werden , daß die Publikation aller prinzipiellen bundesgerichtlichen Entscheide für die gemeinvaterländrsche Rechtskunde von durchaus praktischer und wohlthuender Bedeutung ist, und daß man anderseitig auf den weitverzweigten Gebieten des eidg. Verwaltungsrechtes und der Interprétation der Buudesver-

893 fassung und der Bundesgesetzgebung mittelst bundesräthlicher Rekursalentscheide einen klaren und umfassenden èidg. Leitfaden, zumal in' den diesbezüglich sehr interessirten kantonalen Administrationen, oftmals unliebsam vermißt.

Archive.

Das Riesenwerk der Sammlung der eidg. Abschiede sehen wir etwas langsam, aber stetig und auf äußerst solider Unterlage seiner monumentalen Vollendung entgegenreifen. Möchte sich dann ein iriit sattsamer historisch - wissenschaftlicher und staatsmännischer Fachkunde ausgerüsteter Mann auffinden, welcher den Urkundenschatz dieses Repertoriums in rechtsgeschichtlicher Bearbeitung der gebildeten vaterländischen Leserwelt erschließt.

Die vorjährige Anregung auf abschriftlichen Erwerb der Depeschen der französischen Gesandten in der Schweiz erhielt insoweit dankenswerthe Folge, daß Hr. Legationssekretär Dr. Roth für diese große Arbeit sich in uneigennützigster Weise zur Verfügung stellte und daß derselbe vorläufig damit beschäftigt ist, ein summarisches Verzeichniß der zerstreuten Aktenstücke aufzunehmen, um hiedurch sowohl den Umfang als den historischen Werth des Unternehmens zu ermitteln. Der Bundesrath glaubt, erst nach Beendigung dieser langwierigen Vorarbeiten könne die Eintretensfrage endgültig erledigt werden. Die allgemeine historische Gesellschaft legt mit Recht großen Werth auf die Enthebung dieser wichtigen historischen Quellenschätze; sie hält dieselben nächst der Abschiedesammlung für die letztverwichenen zwei Jahrhunderte für das ausgiebigste Geschichtsmaterial, und bei Weglassung alles Unwesentlichen wird nach Ansichtsäußerung des Hrn. Dr. Roth die Arbeit sich in einen durchaus übersichtlichen Rahmen fassen lassen. Sie soll und wird darum auch nicht aus Abschied und Traktanden fallen.

Wie ein hervorragender schweizerischer Geschichtforscher im Organ der allgemeinen geschichtforschenden Gesellschaft erweislich hervorgehoben, würden nun auch die vatikanischen Archive einer schweizerischen Kollektensammlung offen stehen. Die Depeschen der Nuntien würden neben denjenigen der venetianischen und französischen Gesandten für eine vollständige vaterländische Geschichtschreibung von nicht untergeordneter Bedeutung sein, und die vatikanischen Archive enthalten mannigfach anderweitige Dokumente zur Schweizergeschichte, welche nicht nur für die Eine konfessionelle Abtheilung des Schweizervolkes ein nicht zu unterschätzendes Interesse hätten.

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Vollziehung der Bundesverfassung und eidg. Gesetze.

Freizügigkeit der Personen, welche wissenschaftliche Berufsarten ausüben, Medizinalprüfungen.

Den bundesräthlichen Rekursalentscheid, demgemäß patentirte ärztliche Personen in einem andern Kanton nicht mit fiskalischen Emolumententarifen belastet werden dürfen, sondern nur eine mäßige Kanzleigebühr zu entrichten haben, betrachten wir als sehr korrekt, zumal ja sonst die Freizügigkeit des ärztlichen Personals trotz Verfassung und Gesetz keine volle Wahrheit wäre.

Hinwieder ist zu begrüßen, daß die Zulassung fremder Aerzte zur Ausübung der Heilkunde nun regulativ normirt ist und technisch kontrolirt wird. -- Gegen die Bekämpfung von Kurpfuschereien unter diesem oder jenem Deckmantel soll und wird den Kantonsregierungen innert dem Rahmen der eidg. Gesetzgebung auch in Zukunft freie Hand belassen werden.

Civilstand und Ehe.

Von verschiedeneu administrativen und civilrechtlichen Gesichtspunkten wäre durchaus wünschenswerth, wenn die Mittheilung der Civilstandsnachrichten über schweizerische Angehörige ab Seite auswärtiger Staaten in vollständigerer Weise gesichert werden könnte. Es entstehen sonst nicht nur fatale und unzukömmliche Lücken in den Civilstands- und Familienregistern, sondern in vormundschaftlicher und zumal in erbrechtlicher Beziehung äußert diese unverschuldete Unwissenheit oftmals eben so mißliebige wie bedeutsame Inkonvenienzen. Wenn diese Mittheilungen auch aus amerikanischen Ländern, zumal aus dem Gebiete der Vereinigten Staaten, durch die Konsulate oder auf anderai Wege erhältlich gemacht werden, könnten , so wäre dies für eine Großzahl schweizerischer Gemeindebehörden zunächst eine wünschenswerthe Errungenschaft.

Wir haben in keiner Weise etwas dagegen zu erinnern, daß die Civilstandsämter dem statistischen Bureau die Zählkarten nur mehr allmonatlich, statt, wie ehedem, allwöchentlich einzusenden haben. Es ist das vom Standpunkte der Beschneidung allzu üppigen büreaukratischen Wesens eine anerkennenswerthe Neuerung. Nur möchten wir überhin einen leisen Zweifel darüber uns gestatten, ob die allwöchentliche Veröffentlichung der Civilstandsergebnisse aus denjenigen Ortschaften, deren Bevölkerung auf über 7000 Seelen sich beziffert, nicht hinwieder füglich in eine allmonatliche verwandelt werden dürfte. Es wird diesen Wochenbülletins
in der Regel durchaus nicht eine übergroße Aufmerksamkeit ab Seiten des Publikums gewidmet. Es können aber ganz leicht in dem übermäßig geringen Zeitraum von sieben Tagen auf dem verhältnißmäßig

895 geringen Raj'on rein zufällige Influenzen auf ein normales Ergebniß.

der Bevölkerungsbewegung influirend wirken, und nicht näher orientirte Kreise können dann hieraus für die betreffende Ortschaft unliebsame, schädigende Folgerungen ziehen. ,, Die in Arbeit begriffenen Projekte eines Commentars für Civilstandsbeamte und eines neuen Réglementes für die Führung der Givilstandsregister haben zweifellos ihre volle innere Berechtigung, indem sie mehr System und Klarheit in ein Arbeitsgebiet zu bringen berufen sind, wo vermöge des numerischen Verhältnisses und des verschiedenartigen Bildungsgrades der Mitwirkenden ein richtiges System und volle Klarheit die Haupterfordernisse einer vollständig zweckgemäßen Arbeit sind. Um deßwillen ist wohl auch die Wunschesäußerung überflüssig, daß thunlichste Lucidität und Einfachheit hervorragende Eigenschaften dieser elementaren Leitfaden, unserer Civilstandsämter werden. Auch daraufhin dürfte vom Standpunkte der Raumersparnis und der Ordnung billigermaßen ein Augenmerk gerichtet werden, daß nur wahrhaft essentielle Aktenstücke und solche, die in That und Wahrheit von bleibendem Werthe sind, in den Schränken der Civilstandsämter einer Archivirung unterliegen müssen.

Auffällig ist die ungemeine Verschiedenartigkeit der Prozentenziffer der ermittelten Todesursachen in den einzelnen Kantonen.

Ziffern wie 38 °/o u. s. w. u. s. w. thun dem Sinn und Geiste des Gesetzes fürwahr kein Genüge, zumal ja, ,,wenn i m m e r möglich", ein ärztliches Zeugniß der Todesursache dem Todtenregister einzuverleiben ist. Vom hygienischen und sanitätspolizeilichen Gesichtspunkte ist eine vollständigere, weil nur dann orientirende Ermittelung der Mortalitätsgründe in hohem Grade angezeigt.

Gesundheitswesen.

Die vorjährige nationalräthliche Gestionscommission hat nicht vom technisch-materiellen, wohl aber vom konstitutionellen Standpunkte die Thaisache hervorgehoben, daß der Bundosrath a u s s i c h eine ständige Sanitätscommission auf drei Jahre in das Lebeii rief. Nachträglich war dann allerdings ein Büdgetposten von Fr. 3000 für diese Commission verwilligt -n orden, aber der Postulate und Anregungen hat es eine reiche Zahl, daß ständige Stellen nicht auf dem Büdgetwege, sondern nur auf dem Wege eines vorgängigeu und nicht bloß ratihabirenden Bundesbeschlusses zu kreiren sind.
Indem wir bei den gewichtigen sachlichen Beweggründen, welche zweifelsohne unsere Exekutive geleitet haben, der Angelegenheit keine weitere Relevanz beilegen möchten, mußten wir vom Standpunkte der Kompetenz und Ordnung diese Bemerkung um so eher

896 uns erlauben, weil bei neuerlichen gesetzgeberischen Debatten solchartige Sonderkommissionen sich nicht geradezu absonderlicher Beliebtheit zu erfreuen hatten.

Mit Rücksicht auf einen in der Botschaft berichteten Spezialfall dürfte die allgemein lautende Wuuschesäußerung nicht aus der Luft gegriffen sein, daß allerdings auf streuge Sanitätspolizei zum Schütze von Menschen und Viehwaare mit gewissenhafter Aengstlichkeit gehalten werde, daß aber auf der andern Seite interkantonale Grenzsperren nicht allzu rasch und allzu kantonal spontan erfolgen mögen. Bei der Abschwächung der Bedeutung der Kantonsgrenzen, welche eine uaturnothwendige Folge der ungemein bereicherten Verkehrsmittel und des weiter nicht mehr staatlich gehemmten interkantonalen Verkehres ist, bietet eine allzu rapide Grenzsperre um so mehr Inkonvenienzen dar, weil sie auch in weitern Kreisen die betreffende Landesgegend nicht akkreditirt, und weil sie auf die betreffende Polizeibehörde nicht geradezu ein freundnachbarliches Schlaglicht wirft. Lokale, statt interkantonale energische Absonderung und überhaupt erschöpfende polizeiliche Maßnahmen sind hingegen selbstverständlich in hohem Grad geboten, und gegen eine energische eidgenössische Oberaufsicht, welche einen objektivern Blick besitzt als manchmal übertriebener nachbarlicher Allarm, wird sich gewiß niemals eine verständige Opposition erheben.

Daß der gefährdete Gesundheitszustand der Arbeiter in den Gotthardtunnels die volle Aufmerksamkeit des Bundesrathes und der betreffenden Kantonsregierungen auf sich gezogen, verdient vom pflichtgemäßen humanitären Standpunkte unsere ungetheilte Billigung, und wir erwarten zutrauensvoll, daß diese Aufmerksamkeit auch in Zukunft nicht erlahmen werde.

Versicherungsverein der eidgenössischen Beamten und Angestellten.

Wir nehmen mit Gonugthuung davon Akt, daß dieser Verein, welcher das in unserer Republik fehlende, mehr monarchische Pensionirungssystem durch ein Organ löblicher Spontaneität ersetzt., unter dem wohlthätigen Doppeleinflusse der Statutenrevision und der erhöhten eidgenössischen Beiträge in gesicherter und sichernder Weise prosperili. Thatsache ist immerhin, daß noch ein sehr wesentlicher Theil der eidgenössischen Beamten und Angestellten diesem heilsamen Institute fern geblieben ist, während die Frage des Obligatoriums zur Stunde dei1 bundesräthlichen Prüfung unterliegt. Ohne hier irgend präjudiziren zu wollen, möchte die Frage der Prüfung wohl auch werth sein, ob für diejenigen Angestellten, welche von früher her bei anderweitigen wähl verwandten Instituten

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engagirt sind und welche dort ohne Ogrosse Einbusse sich nicht lösen O O können, etwelches Surrogat für die eidgenössische Unterstützung des Vereines, etwa mittels Zuwendung einer bescheidenen Rata aus dem eidgenössischen Gesammtbeitrag, gefunden werden dürfte.

Eine andere Frage, dürfte die sein, ob auf fakultativer Grundlage, beziehungsweise durch allfällige Vereinbarung mit einzelnen Kantonsresievungen.

kantonalen Beamten und Angestellten der Vereinseintritt O O Ï O nicht auch ermöglicht werden könnte. Letztere befinden sich auch um geringes Honorar im Dienste des Vaterlandes und haben für künftige Tage nicht weniger besorgt zu sein. Kantonale Territorien und Beamtenhierarchien haben einen zu engen Rahmen für selbstO ständige Vereinigungen, während es in der Natur aller Versicherungsgesellschaften gelegen ist, daß bei solider Verwaltung die Wahrscheinlichkeitsberechnung für die Gesellschaftskassa mit der personellen Ausdehnung des Versicherungskreises sich günstiger gestaltet.

Polytechnische Schule.

Im Berichtjahre fand die würdige Jubiläumsfeier des 25jährigen Bestandes dieser Anstalt statt. Alle gebildeten Elemente der Nation nahmen daran sympathievollen Antheil, zumal die polytechnische Schule nicht nur ein zwischen und über den politischen Parteien stehendes neutrales Institut angestrengter und reicher vaterländischer Geistesarbeit, sondern auch die Quelle fortschreitender Ausbeute des exakten Wissens i in Dienste der schweizerischen Nation wie vieler befreundeter Nationen ist.

Ueber die ebenso mannigfaltigen als interessanten Controversen betreffend die Reorganisation der polytechnischen Schule wollen wir um so weniger eine Lanze in den Streit tragen, weil alle diese Fragen nicht nur längst den reiflichen Studien und Erörterungen von Fachmännern unterbreitet worden, sondern weil auch die Bundesversammlung all bereits einleitende Schlußnahmen getroffen hat und weil nun diese Fragen so wie so für die abschließenden Debatten der eidgenössischen Legislative durch Departement und Bundesrath vorbereitet werden.

Nur wollen wir gerade wegen dieses Stadiums der Vorberathung der Bemerkung Raum gewähren, daß die Frequenz der landwirtschaftlichen Abtheilung ein äußerst schwaches Ergebniß liefert, wobei überhin in's Auge sticht, daß im Berichtjahre unter 16 Schülern nur 7 Schweizer und 9 Ausländer figurirten. Diese augenfällige Thatsaclie dürfte wohl eine Reorganisation dieser Abtheilung als wünschenswerth erscheinen lassen. Der Sinn unserer Mittel- und Kleinbauern ist ganz vorwiegend auf das ,,Praktische'1 und handgreiflich Demonstrative gerichtet; Großgrundbesitzer, welche eine theoretisch plangemäße Ausbeute ihrer Latifundien vorzunehmen in

898 der glücklichen Lage sind, haben wir bei der allumfassenden Parzellirung unseres Bodens äußerst wenige, und auf der andern Seite ist es bei dem stets knapper bemessenen volkswirthschaftlichen Gleichgewichte unseres Landes von vitaler Wichtigkeit, daß unsere Bauersame mit einer überlegten Anwendung der einfachsten naturgesetzlichen Kenntnisse auf dem Wege einer erleuchteten Empirie in weiten und in immer weitern Kreisen sich vertraut mache.

Statistisches Bureau.

Bei den Vorarbeiten für die Volkszählung war es zweifellos angezeigt, daß das Frageschema nicht auf gar zu viele komplikatorische Gebiete Ausdehnung erhielt, zumal sonst in vermehrtem Maße der vielen Mühe karger Lohn unwahre Antworten auf mißverstandene Anfragen gewesen wären. Daß dagegen dem mehrheitlich kundgethanen Wunsche der Kantonsregierungen bezielend die Anfrage auf die Konfessionalität Rechnung getragen wurde, hatte in staatsrechtlichem und administrativem Bezüge seine unbestreitbar guten Gründe.

Gleich den Resultaten der pädagogischen Prüfungen sollten auch die sanitarischen Prüfungsergebnisse anläßlich der Rekrutirung eine systematische und übersichtliche Publikation erhalten. Es wäre dies nur das Fazit aus einem kostspielig gesammelten Material gezogen, und es wäre dies nach mannigfaltiger Richtung sehr belehr bar.

Geistige und physische Gesundheit geben ja erst mitsammen einen guten Klang und sind das wahre und eigentliche Kapital der nationalen Wehr- und Arbeitskraft. Es würde hiedurch dio betrübende und zum Nachdenken sehr anspornende Thatsache nähere Aufklärung erhalten, warum in einem Großtheil unseres Landes in frappanter und zunehmender Weise eine allzu geringe Prozentenziffer Diensttauglicher sich vorfindet. Es würde dies überhaupt sanitätspolizeilich anregen, und hinwieder auf die Ernährungsverhältnisse unseres Volkes und zumal auch auf die immer brennendere Bräuntweinfrage manch' interessantes Schlaglicht werfen.


Bauwesen.

Bereits unterm 6. Weinmonat 1879 ging die gesetzliche Frist für Einsendung der kantonalen Gesetze über Wasserbaupolizei zu Ende. Demungeachtet und trotz wiederholten Monitoriums befinden sich noch vier Kantonsregierungen im Rückstände. Wir können die Bemerkung nicht unterdrücken, daß solche Zögerungen ab Seite einzelner Kantone dem sonst oftmal heilsamen System eidgenössisch-kantonaler Doppelverwaltung hie und da das Gepräge einer mühsamen und bemühenden Langsamkeit verleihen.

899 Unterm 13. Brachmonat 1880 hat der Standerath dea Bundesrath eingeladen, zu untersuchen, ob nicht die Beleuchtung des ständeräthlichen Sitzungssaales, wo möglich mit Beibehaltung des Schmuckes der Glasgemälde, vollständiger und zweckmäßiger angelegt werden könnte. Dießbezüglich schweigt der bundesräthliche Gestionsbericht. Zweifellos stößt die Lösung dieser Frage auf nicht unerhebliche lokale Schwierigkeiten, aber es ist nicht minder zweifellos, daß die Klagen über die Beleuchtungsart des Standerathssaales relativ alt sind und fort und fort aufs Neue wieder auftauchen, sowie daß selbe vom Staudpunkt der Schonung der Augen ihre unbestreitbare innere Begründung haben.

Nicht minder springt in's Auge, daß der Nationalrathssaal, zumal wenn jetzt zehn weitere Mitglieder in denselben eintreten, bei den Sitzungen der vereinigten Bundesversammlung den gleichberechtigten Mitgliedern des Ständerathes nur eine stiefmütterliche Aufaahme zu bereiten in der Lage ist. Sie finden sich dort recht eigentlich au die Wand gedrückt. Auch für die Nationalräthe ist die Verrammelung vieler früherer Mittelgänge eine fühlbare Minderung der Bewegungsfreiheit und Bequemlichkeit. Wir wollen d e r m a l e n dießbezüglich nichts postuliren, aber doch vor der Hand den -Uebelstand beurkunden.

Bezüglich verschiedener Post-Bergstraßen, zumal in zwei Kantonen, bemerkt der Bundesrath, daß dieselben nicht überall in wünschenswerthem Zustand sich befinden. Wir sind mit dem Bundesrathe durchaus der Ansicht, daß der Bund hier nicht nur ein ökonomisches Interesse betreffend des Postenlaufes, sondern auch eine schwerwiegende Mitverantwortlichkeit betreffend Sicherheit des reisenden Publikums auf sich hat, und daß ernstgefaßte Monitorien ab Seite der Eidgenossenschaft materiell eine um so berechtigtere Unterlage haben, weil die bezüglichen Postkurse denn doch zu allererst den bezüglichen Landesgegenden zu gute kommen.

Wie im Vorjahre, so wurde im Berichtjahre, dieses Mal von der Regierung des Kantons Tessin, die Anzeige wegen unzukömmlicher Holzflösserei gemacht. Der Bundesrath fand nun, daß diese Fälle, welchen mitunter naturgemäß eine große wasserbaupolizeiliche Tragweite innewohnt, nach kantonalen Gesetzesbestimmungen behandelt werden müssen. Der Bundesrath scheint nämlich nach seinen Auslassungen darüber keine festabgeschlossene
Meinung gefaßt zu haben, ob und inwieweit diesbezüglich eine eidgenössischen Kompetenz bestehe. Artikel 3, Absatz 3 des Wasserbaupolizeigesetzes besagt nämlich : ,,In gleicher Weise wird der Bundesrath über die Benutzung solcher Gewässer (d. h. derjenigen, welche mit Bundesunterstüzung korrigirt sind) zum Flössen be-

900 sondere Bestimmungen erlassen."

Artikel 3, Absatz l besagt dagegen: ,,Der Bundesrath wacht i m A l l g e m e i n e n darüber, daß von Gewässern, welche der Oberaufsicht des Bundes unterliegen, k e i n dem öffentlichen Interesse nachtheiliger Gebrauch gemacht werde." In Artikel l legis citata; lesen wir: ,,Die Oberaufsicht (sc. des Bundes) erstreckt sich : a. auf a l l e Wildwasser innerhalb der Abgrenzung des eidg. Forstgebietes" -- also nicht nur auf jene, welche mit Bundeshülfe korrigirt worden. Und Artikel 24, Absatz l der Bundesverfassung lautet restriktionslos: ,,Der Bund hat das Recht der Oberaufsicht über die Wasser- und Forstpolizei im Hochgebirge.11 Die Bundeskompetenz scheint uns sonach formell, aber auch materiell liquid zu sein; denn die eidg.

Subventionen an Wald und Wasser im Hochgebirge erfolgen nicht nur im Interesse des Hochgebirges, sondern auch im Interesse der Niederungen. Und solchartige Flössereieu tangiren oftmal nicht nur für Ort und Stelle, sondern auch für tieferliegende Gegenden sehr intensiv das forst- und wasserbaupolizeiliche Gebiet.

Ohne schweizerisches Verschulden nimmt die eben so hochwichtige als urgente Rheindurchstichfrage einen eben so langsamen als feierlichen Gang. Vom k. k. österreichischen Ministerium lief erst neuerlich die Nachricht ein, die Angelegenheit sei zum Studium und zu sachlicher Beantwortung an die Landeshauptmannschaft in Innsbruck übermittelt worden. Wir leben der vertrauensvollen Zuversicht, daß der Bundesrath zu thunlichster Förderung dieser schon so alten Landesfrage die ihm zu Gebote stehenden Mittel redlichst in Bewegung setze.

Eine hinwieder nicht ganz junge Pendenz ist die Regelung der Abfluß Verhältnisse des Vierwaldstättersee's. Das Material für den Schiedspruch der Experten wäre nun gesammelt ; nun ist aber ein Experte transitorisch nach dem Königreich Rumänien verreist. Auch hier trifft für die wirklich leidige Zögerung die eidg. Verwaltung kein Verschulden.

Im Weitern können wir nur freudig betonen, daß das Wasserbaupolizeigesetz betreffend Anhandnahme und rationelle Durchführung kleinerer, aber eben so dringender als rein lokal unerschwinglicher Korrektionen seit den wenigen Jahren seines Bestandes in hohem und zunehmendem Maße und ohne irgend übertriebene Belastung des eidg. Fiskus als wohlthuend sich bewährte, und wir können auch dem Oberbauinspektorate für seine eben so mannigfache als umsichtige Arbeit billigermaßen unsere Anerkennung nicht versagen.

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I. Geschäftskreis des Justiz- und Polizeidepartements.

A.. Justizverwaltung-, Gesetzgebung.

Mit -großer Befriedigung darf zunächst von dem Fortschritt und der in naher Aussicht stehenden Vollendung des schweizerischen Obligationen- und Handelsrechtes Notitz genommen werden. Wir haben allen Grund, uns der Hoffnung hinzugeben, daß dieses Werk von allen Parteien im Vaterland als ein reeller Fortschritt anerkannt und begrüßt werde ; die Früchte dieser Errungenschaft, welche zu den schönsten im Gebiete der schweizerischen Gesetzgebung gezählt werden darf, werden dann nicht ausbleiben und zugleich die berechtigten Wünsche auf Schaffung eines Bundesgesetzes über das Betreibungsverfahren und den Konkurs ihrer Erfüllung näher rücken.

Es ist zu bedauern, daß es nicht gelungen ist, ein der Mehrheit des Schweizervolkes entsprechendes Bundesgesetz betreffend die politischen Rechte der Niedergelassenen und Aufenthalter und den Verlust der bürgerlichen Rechte der Schweizerbürger zu Stande zu bringen. Ebenso erscheint der baldige Erlaß eines Bundesgesetzes über das Begräbnißwesen, wodurch die Rekurse auf diesem Gebiete verschwinden würden oder nach festen Grundsätzen entschieden werden könnten, sehr wünschenswerth. Wir verkennen jedoch nicht, daß in beiden Richtungen erhebliche Schwierigkeiten zu überwinden sind, und wollen es deßhalb dem Bundesrathe überlassen , die fraglichen Gesetzesvorlagen zu der ihm geeignet scheinenden Zeit der Bundesversammlung zur Berathung vorzulegen.

Konkordate.

Das Bestreben einzelner Kantone, auf dem Konkordatswege eine Rettungsanstalt für jugendliche Verbrecher zu Stande zu bringen, hat durch die im Berichte erwähnte Vereinbarung mit der Rettungsanstalt Bächtelen nach der Ansicht der Commission eine nur sehr unvollständige Lösung gefunden, indem nicht anzunehmen ist, daß diese Anstalt, welche weitergehenden Zwecken dient, den

902 Bedürfnissen der in Frage stehenden Kantone genügen kann. Es ist deßhalb sehr begreiflich, daß einzelne Kantone Fortsetzung der Unterhandlungen anstreben , denen wir zwar einen guten Erfolg wünschen, dagegen der im Berichte der nationalräthlichen Geschäftsberichtskommission vom letzten Jahr ausgesprochenen Ansicht beipflichten, daß die Regelung von Angelegenheiten auf dem Konkordatswege nur selten zum Ziele führt. Es scheinen übrigens einzelne Kantone von sich aus in Sachen vorzugehen, und es wird vielleicht auf diesem Wege den kleinern Kantonen die Möglichkeit geboten, sich mit den größern betreffend Mitbenutzung ihrer Anstalten zu verständigen.

Die sehr wichtige Frage der Errichtung eines eidgenössischen, solid konstruirten Zellengefängnisses, welche durch Ereignisse der neuesten Zeit eine noch erhöhte Bedeutung erlangt h a t , können wir hier deßhalb übergehen, weil der Bundesrath über diese Angelegenheit einen besondern Bericht in Aussicht stellt.

Verhältnisse zu auswärtigen Staaten.

Mit Bezug auf die Unterhandlungen über den Abschluß eines Vertrages mit Deutschland betreffend den Gerichtsstand und gegenseitige Anerkennung von Urtheilen, von denen der Bundesrath berichtet , daß dieselben bis zum gegenseitigen Austausch von Projekten gediehen seien, verweisen wir auf unsere sachbezügliche Bemerkung zum Berichte des Bundesgerichtes, welcher die fragliche Angelegenheit ausführlicher behandelt.

Was die speziellen Fälle internationaler Natur betrifft, so bieten dieselben der Commission keinen Anlaß zu besondern Erörterungen , weil die Auffassung des Bundesrathes überall als eine durchaus korrekte erscheint; wir heben nur hervor, daß die Anstände betreffend Unterstützung von Angehörigen fremder Staaten in Erkrankungsfällen immer noch ziemlich zahlreich sind. Es ist nicht zu verkennen, daß die Staaten sich der sachbezuglichen Lasten nach Möglichkeit zu entziehen bestrebt sind; wir halten aber dafür, daß es eine Ehrensache der Schweiz ist, denjenigen Staaten, welche ihrerseits den Vertragspflichten in loyaler Weise nachkommen, durchwegs mit der gleichen Loj'alität entgegenzukommen.

Rekurswesen; Anwendung der Bundesverfassung und der Bundesgesetze.

Von den unter diesem Titel aufgeführten sehr zahlreichen Fällen sind eine Anzahl von prinzipieller Bedeutung an die Bundesversammlung gezogen worden und haben von derselben ihre Er-

903 ledigung gefunden, oder werden noch Gegenstand separater Verhandlungen bilden. Es erscheint deßhalb überflüssig, auf diese Fälle einzutreten. Bei den übrigen Rekursen haben sich die Betheiligten mit dem Entscheid des Bundesrathes beruhigt, und wir sehen uns nicht veranlaßt, diese Entscheide zum Gegenstand weiterer Erörterungen zu machen, soweit denselben nicht eine allgemeinere Bedeutung zukommt.

Eine ziemliche Anzahl von Beschwerden beziehen sich auf das Recht der Kantone zum Entzug der Niederlassung wegen Vorschub zur Unsittlichkeit, beziehungsweise die Interpretation des Art. 45 der Bundesverfassung. Wenn wir auch zugeben, daß wie überall, so auch in diesen Fällen, vor Allem der Wortlaut der Verfassung maßgebend sein soll, so will es uns scheinen, daß hier nicht mit zu großer Aengstlichkeit verfahren und die Kantone nicht mehr, als absolut geboten ist, in dem Bestreben, die sittliche Ordnung in dem Gemeinwesen aufrecht zu halten, eingeschränkt werden sollen. Für diesen Standpunkt liefern die Protokolle über die Berathung des erwähnten Artikels hinreichende Anhaltspunkte, und es hat sich die Bundesversammlung bereits bei Anlaß von Spezialfällen in diesem Sinne ausgesprochen.

Der Art. 31 der Bundesverfassung behält den Kantonen bekanntlich das Recht zur Besteuerung des Gewerbebetriebes vor, bestimmt aber gleichzeitig, daß durch kantonale Verfügungen der Grundsatz der Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigt werden dürfe.

Es liegt in der Natur der Sache, daß leicht Meinungsdifferenzen darüber auftauchen können, ob die etwas allgemein gehaltene Einschränkung durch die Kantone überschritten worden, und es zeigten sich solche namentlich bei Anlaß der in mehreren Kantonen erlassenen Hausirgesetze. Die sachbezüglichen Entscheidungen des Bundesrathes machen den Eindruck, daß derselbe keineswegs geneigt ist, die Kantone in ihrer Steuerhoheit zu sehr einzuschränken, indem derselbe sehr hohe Patenttaxen als zuläßig erklärt hat, sofern für genügenden Spielraum in der Anwendung derselben auf die konkreten Fälle gesorgt wurde. Wir begreifen sehr wohl, daß es große Schwierigkeiten bot, eine Maximalgrenze für diese Patentgebühr festzusetzen und geben zu, daß sich aus den Motiven der verschiedenen Entscheidungen die maßgebenden Grundsätze nach und nach werden herausfinden lassen, immerhin wäre im Interesse
der Rechtsgleichheit eine bestimmtere Fixirung des zuläßigen Maßes solcher kantonaler Steuern wünschenswert!).

Bei Anlaß einer Beschwerde eines Anwaltes betreffend Entzug des Anwaltspatentes aus dem Grunde des über ihn ergangenen Konkurses hat der Bundesrath den Grundsatz ausgesprochen, daß Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. II.

62

904 der Anwaltsberuf nicht unter den Begriff von Handel und Gewerbe falle, deren Freiheit in Art. 31 der Bundesverfassung gewährleistet ist. Eine eigentliche Ausscheidung der wissenschaftlichen Berufsarten von den übrigen Gewerben und namentlich eine durchgreifende Ausnahmestellung der erstem gegenüber den Bestimmungen des Art. 31 findet sich nun allerdings expressis verbis in der Bundesverfassung nicht, dieselbe entbehrt in dieser Hinsicht der wünschenswerthen Klarheit. Dagegen läßt die Bestimmung des Art. 33 eodem, welcher die Kantone ermächtigt, für diese Spezialität von Gewerben einen Ausweis besonderer Befähigung zu verlangen, welche Forderung den Grundsatz des Art. 31 für den Gewerbebetrieb wesentlich beeinträchtigen würde, darauf schließen, daß in der That die Absicht obwaltete, für diese Berufsarten eine in ihrem Wesen begründete exceptionelle Behandlung festzusetzen, und es ist der Ausdruck ,,Befähigung" in Art. 33 nicht in dem engen Sinne aufzufassen^ daß darunter bloß die geistige Begabung verstanden wird, derselbe umfaßt vielmehr die persönliche Qualifikation nach allen Richtungen, welche den Kantonen zur Ertheilung der Berufsbewilligung erforderlich erscheinen. Die Commission stimmt deßhalb der durch den Bundesrath gegebenen Verfassungsinterpretation bei.

l>. JPolizeiverAvaltTirig-.

Von diesem Geschäftszweig beanspruchte die Auslieferung von Verbrechern und die hierbei entstandenen Anstände die Hauptthätigkeit des Departementes. Wir heben anerkennend hervor, daß der Bundesrath einerseits eine Kantonsregierung, welche sich das Recht vindiziren wollte, einen internationalen Ablieferungsvertrag nach ihrem Gutfinden zu interpretiren, auf das Unhaltbare ihres Standpunktes aufmerksam machte und die ihm zufolge der Stellung der Schweiz gegenüber dem Ausland in dieser Beziehung zukommende Kompetenz wahrte, andererseits gegen eine zu weit gehende Forderung Seitens Deutschland den Vertragsstandpunkt genau nach dessen Wortlaut festhielt ( vergleiche die Ausführungen auf Seite 68--70 des Berichtes).

Der Einbürgerung von Heimatlosen, welche sehr oft mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, widmet der Bundesrath die volle Aufmerksamkeit, welche die Wichtigkeit dieser Angelegenheit verdient. Wir können nur den Wunsch aussprechen, daß die Bundesbehörden durch Abnahme solcher Fälle hiefür in Zukunft weniger in Anspruch genommen werden.

»

905

IV. Geschäftskreis des Militärdepartements.

Da der Bericht dieses Departementes allgemein der vorhandenen Mängel gedenkt, aber auch gleichzeitig deren Abhülfe in's Auge faßt, so findet Ihre Commission keine Veranlaßung, dessen Unterabtheilungen des Näheren zu beleuchten, da dieß nur zu nutzlosen Wiederholungen führen müßte.

Es darf hervorgehoben werden, daß das Departement bestrebt ist, unter möglichster Schonung der Bundesfinanzen die Armee auf die geforderte wünschbare Stufe zu heben, und daß uns von keiner Seite Bemerkungen zugekommen sind, welche uns befürchten ließen, daß dieses Ziel nicht strengstens verfolgt und nach Möglichkeit erreicht worden.

Indessen glaubt Ihre Commission dennoch, folgende Punkte dem hohen Bundesrathe zu geneigter Prüfung und Würdigung empfehlen zu sollen..

TI. Uaterricht.

C. Kavallerie.

3. R e k r u t e n s c h u l e n .

Ungeachtet der Bedenken finaûzieller Art, welche von Seite des Tit. Militärdepartements im letzten Alinea dieser Abtheilung an den Tag gelegt werden, dürfte dennoch der im voranstehenden Absatz gebrachten Anregung im Interesse unserer Armee Aufmerksamkeit zugewendet werden.

Es läßt sich nicht verkennen, daß die Beweglichkeit unserer Kavallerie und die Selbstständigkeit des einzelnen Mannes zu Pferde den Anforderungen nicht vollständig entspricht und Vieles zu wünschen übrig läßt. Diese Mängel entspringen weder der Instruktion der Rekruten, noch der Dressur der Pferde im Zustande der Abgabe an dieselben. Jede einzelne dieser Abtheilungen ist an und für sich gut; allein da die Rekruten bei Uebernahme der Pferde noch keine Kenntnisse des Reitens besitzen, so entfremden sie denselben die ihnen kaum beigebrachte Dressur für Haltung, Grangart, Folgsamkeit für Hülfen und Führung, und die Folge ist, daß Reiter und Pfei'd nicht miteinander verwachsen sind.

906 Ein ungeschulter Reiter verdirbt jedes gut dressirte j u n g e Pferd, schadet dagegen der Dressur eines ä l t e r e n Pferdes nicht, und im Hinblick auf diese allgemein anerkannte Thatsache dürfte es angezeigt sein, die verdeutete Anregung des Militärdepartementes einer Prüfung zu unterziehen, um die Kavallerie zu einer im Ernstfalle wirklich nützlichen Hülfswaffe heranzubilden.

Wenn wir den Werth des Kavallerieinaterials und die Kosten, welche jetzt schon für die Ausbildung dieser Waffe verwendet werden, in's Auge fassen, so glauben wir annehmen zu dürfen, daß die angeregten Winterkurse proportional ein mininies Opfer au Zeitaufwand und Geld erfordern, dagegen unverkennbar große Vortheile für die Verwendbarkeit derselben schaffen würden.

X. Kriegsmaterial.

2. Korpsausriistung und Material der Truppenverbände.

Am Schlüsse dieser Abtheilung bemerkt das berichterstattende Departement: ,,Es ist deßwegen außer diesen Inspektionen eine permanente Beaufsichtigung der eidgenössischen und kantonalen Zeughäuser durch die Kriegsmaterialverwaltung durchaus geboten, und zwar sowohl in Interesse der Mobilmachung als der Bundesfinanzen, indem alljährlich große Summen für die Reparatur des Materials verwendet .werden."

Ihre Commission findet sich im Hinblick auf diese Anregung und nach vorgenommener Prüfung der sachbezüglichen Verhältnisse veranlaßt, Ihnen folgende Thatsachen und Erwägungen, sowie daa daran anschließende Postulat zu geneigter Würdigung zu empfehleu.

Das eidg. Kriegsmaterial ist theils in den Händen der Kantone, soweit es zur eigentlichen Korpsausrüstung gehört, theils in der direkten Verwaltung der eidg. Militärorgane. Ersterer Bestandtheil ist der ungleich größere; zum Letzteren zählt auch das speziell zu Schulzwecken dienende Material.

Aufgabe ist es, für unausgesetzte Feldtüchtigkeit dieser Ausrüstungen zu sorgen, weßhalb in der Militärorganisation (Art. 162u. ff. ) genaue Vorschriften über Unterhaltungspflicht, Ueberwachung u. s. f.

sich finden.

Die dießfalls nöthigen Inspektionen sind nach Art. 177 den betreffenden Kommandanten der Einheiten, beziehungsweise Waffenchefs zugewiesen, und nur ausnahmsweise sollen dieselben durch andere vom Militärdepartement bezeichnete Offiziere vorgenommen werdet}.

907 In den abgelaufenen zwei Berichtsjahren wurde diese Gesetzesbestimmung in der Weise in Vollzug gesetzt, daß solche Inspektionen unmittelbar nach einem längeren Gebräuche des Materials im Instruktionsdienste, und zwar nach erfolgter Instandstellung vollzogen wurden.

Die eingelangten Untersuchungsberichte lauten sehr befriedigend ; offenbar wurde aber von den Inspektoren selbst das Augenmerk mehr auf die Feststellung der Vollzähligkeit dieser Ausrüstungen gerichtet und weniger auf die Qualität gesehen; denn über diesen letzteren wichtigen Punkt enthalten die bezüglichen. Berichte wenig Andeutungen.

Diese Auslassungen sind nur schwer zu vermeiden, indem deren Erfüllung Aufgaben und Forderungen an die Inspektoren stellt, deren Lösung eine größere Summe militär-technischer Kenntnisse bedingt, welche die berechtigten Ansprüche an dieselben übersteigen.

Hinwiederum muß das Requisit steter Feldtüchtigkeit an unser Kriegsmaterial aufrecht erhalten werden, und aus diesem Grunde ist eine weitere Ueberwachung der Kantone bezüglich der auf ihnen lastenden Kriegsmaterialunterhaltung geboten, nicht weniger aber auch deßwegen, weil der Bund für allen im eidg. Dienste entstehenden Abgang an allen Korpsausrüstungen aufzukommen hat und gegenwärtig schon an die Kantone, auf bloße Rechnungsstellung hin, zirka Fr. 150,000 per Jahr ausrichten muß, ohne sich überzweckmäßige Verwendung und ihrer Angemessenheit Rechenschaft geben zu können.

Wir beantragen daher Aufnahme folgenden Postulates : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, zu prüfen und darüber ,,Bericht zu erstatten, in welcher Weise unser Kriegsmaterial ,,qualitativ eingehender zu untersuchen sei und wie die auf ,,den Unterhalt desselben fallenden Verwendungen des Bun,,des sich besser kontroliren lassen.a

XIV. Postulate vom 24. Brachmonat und 23. Christmonat 1880.

Unter Anerkennung der Richtigkeit der Gründe, welche das Tit. Departement in seinem Berichte für Erfüllung des Postulates l zur Geltung bringt, erachtet Ihre Commission dasselbe als genügend erledigt.

Die durch die Postulate 2 und 3 gestellten Forderungen sind vorläufig berücksichtigt, und die Zukunft wird zeigen, in wie weit ohne Nachtheil für Rekrutirung, Bewaffnung, Ausrüstung und Ausbildung der Armee die bezüglichen Wünsche der Räthe bleibend und vollständig durchzuführen seien.

Die Postulate 4 und 5 sind durch sachbezügliche Vorlagen erfüllt.

908

V. Geschäftskreis des Finanz- und Zolldepartements.

.A.. Finanzverwaltung.

1. Anleihen.

Wir heben mit Befriedigung hervor, daß das Anleihen von Fr. 35,000,000 auf eine für die Eidgenossenschaft günstige Weise abgeschlossen werden konnte. Statt der verlangten Fr. 35,000,000 wurden Fr. 44,737,000 gezeichnet.

Die Nettokosten des Anleihens betragen Fr. 514,047 oder 1,47 %.

Ein im Verhältniß zum Zinsfuß günstiges Resultat.

2. Münzwesen.

Da gegenwärtig Unterhandlungen über Aenderung der Münzconvention gepflogen werden, möchten wir darauf aufmerksam machen, daß die Stellung, welche die Schweiz seit Beginn der Convention im Jahr 1865 bis jetzt bei den Verhandlungen eingenommen hat, die richtige war. Sie hat von Anbeginn auf eine einheitliche, und zwar die Goldwährung hingewirkt. Im Jahre 1873 sank der Silberwerth bedeutend. In Folge dessen sahen sich die Conventionsstaaten veranlaßt, die Silberprägung einzuschränken, so daß das Totalkontingent von 120 Millionen im Jahr 1877 auf 65 Millionen herabgesetzt war. Für das Jahr 1878 beschlossen die Vertragsstaaten, sich jeder Silberprägung zu enthalten, nachdem die Bundesversammlung durch Bundesbeschluß vom 9. März 1875 schon dem Bundesrath anbefohlen hatte, keine weitere Fünffrankenstückprägung vorzunehmen, als das Kontingent für 1874 gestatte. Wenn die Schweiz in dieser Angelegenheit nicht schon oft diese Stellung eingenommen hätte, müßten wir hier auf eine solche hinweisen.

Es kann, wenn nicht beständige Schwankungen eintreten sollen, nur e i n Werthmesser bestehen, und dieser muß das edlere Metall, das Gold, sein. Sehr wünschenswert!] wäre es auch, wenn bei der Konferenz darauf hingewirkt würde, daß den Goldstücken eines Veriragsstaates in allen Staaten g e s e t z l i c h e r Kurs gegeben würde.

909 Gegenwärtig gilt nur die Bestimmung, daß die lichen Kassen angenommen werden, während die Bestimmung anerkennt, daß die Münzen setzlichen Kurs haben. Es wäre angezeigt, Staaten diesem Beispiele folgen würden.

Münzen bei den öffentdie Schweiz ihrerseits der Union bei ihr gedaß auch die übrigen

3. Militärsteuerwesen.

Es ist begreiflich, daß die Einführung des neuen Gesetzes, bei welchem Bund und Kantone zur Mitwirkung betheiligt sind, Schwierigkeiten bietet, und es ist sehr wünschenswerth, daß gleich beim Beginn alle sich erhebenden Controversen prinzipiell entschieden werden, indem nur so eine einheitliche Durchführung erzielt werden kann.

a. Betreffs des Rekurses Neuenburg spricht die Commission die Hoffnung aus, daß die längst hängende Angelegenheit im Berichtsjahr erledigt werde.

b. Mit Kreisschreiben vom 28. Januar spricht der Bundesrath die Ansicht aus, daß Militärs, die einen Wiederholungskurs versäumen, für zwei Jahre mit der Ersatzsteuer zu belegen sind. Wir können diese Ansicht nicht theilen. Wer Dienst versäumt, hat für das betreffende Pflichtjahr zu zahlen, nicht aber für zwei. Es scheint uns diese Auffassung auch mit dem Bundesgesetz und der Verordnung übereinzustimmen. Dessen sind wir überzeugt, daß der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes an die bundesräthliehe Interpretation nicht gedacht hat, indem er es sonst erwähnt hätte. Der dafür angeführte Grund, daß der Wiederholungskurs eben auch für zwei Jahre zähle, ist gewiß nicht stichhaltig. Der Wiederholungskurs wird ja nur in e i n e m Jahr abgehalten, und es soll deßhalb auch nur e i n e s (das versäumte Jahr) bezahlt werden. Der Landwehrmann, der nur alle vier Jahre in Dienst tritt, wird doch nicht für vier Ersatzjahre zu zahlen haben, wenn er nur ein Jahr versäumt. Es ist diese Maßregel eine zu fiskalisch vexatorische. Wir beantragen Ihnen deßhalb nachfolgendes Postulat: ,,Der B u n d e s r a t h s o l l bei m B e z u g de r S t e u e r ,,von Militärpflichtigen, die einen Wieder,, h o l u n g s k u r s v e r s ä u m e n , n i c h t f ü r z w e i J a h r e a, ,,sondern nur f ü r eines E r s a t z s t e u e r beziehen.

c. Sehr°einverstanden sind wir mit der Bestimmung, daß das Militärdepartement die Untersuchung der Dienstbüchlein anordnen läßt, indem dadurch eine weit bessere Kontrole ausgeübt werden kann.

910 d. Die Steueranlage der Schweizer im Auslande mag viele Schwierigkeiten bieten, und gewisse Ungleichheiten sind nicht zu vermeiden. Dagegen möchten wir den Bundesrath ersuchen, die Durchführung des im Gesetz richtiger und billiger Weise niedergelegten Grundsatzes so weit immer möglich durchzuführen. Wir sind mit dem vom Bundesrath ausgesprochenen Grundsatz einverstanden, daß die Konsuln zum Bezug nicht verwendet werden können. Wenn jedoch in den Kantonen eine bestimmte Kontrole der im Ausland wohnenden Steuerpflichtigen angelegt ist(welche aber nach unserer Ansicht noch nicht überall besteht), so sollte es ihnen nicht so schwer halten, den Bezug zu vollziehen. Die Betreffenden stehen mit ihrem Heimatkanton immer in Beziehungen, sie haben Ausweissehriften nöthig und müssen in vielen Fragen sich wieder an die Heimatbehörde wenden.

e. Die Interpretation des Bundesrathes über Art. 6 des Militärpflichtersatzgesetzes erachten wir als ganz richtig. Der Zwischensatz : ,,welche mindestens acht Jahre Dienst gethan haben" bezieht sich sowohl auf die Dienstuntauglichen, als die nach Art. 2 der Militärorganisation Befreiten.

f. Gleich deutlich spricht sich Art. 2, litt, a aus, daß a r m e Erwerbsunfähige (in casu arme Blödsinnige) der Steuer nicht unterworfen sind. Auch diesen Entscheid erachten wir als richtig.

g. Daß die von einem Vater, der im Ausland naturalisirt ist, herstammende Anwartschaft beim Sohn, der Schweizerbürger ist, berechnet werde, ist richtig. So lange der Betreffende Schweizerbürger ist, muß er nach Gesetz bezahlen für seine Anwartschaft schweizerischen oder ausländischen Ursprunges.

h. Daß Nordamerikaner zur Ersatzpflicht angehalten werden sollen, ist nach Art. l, Absaz 2 des Militärpflichtersatzgesezes klar, indem eine Befreiung für Ausländer n u r dann eintritt, wenn sie in einem Staatsvertrag ausbedungen ist, oder Reciprocität vorbehalten ist. Nun aber schreibt der Vertrag von 1850 mit Nordamerika deutlich vor, daß ein Militärpflichtersatz in Geld zuläßig sei.

Wir haben diese einzelnen Fälle über Militärpflichtersatz absichtlich herausgehoben, damit allfällig entgegengesetzte Ansichten sich äußern können.

Im Tableau der von der Ersatzpflicht Befreiten zu den Dienstbefreiten zeigt sich unter den einzelnen Kantonen eine auffallend große Differenz. Sie variirt von 43 -- 0.7? °/o. Es ist hieraus zu schließen, daß hier in den verschiedenen Kantonen eine ganz verschiedene Anwendung des Gesetzes stattfindet, indem die Einen von

911 der Ersatzpflicht weit leichter befreien als die Andern. Es sollte auch hierin auf gleichmäßigere Durchführung des Gesetzes hingewirkt werden. Ueberhaupt besteht beim Vergleich der Einnahmen der verschiedenen Kantone so große Verschiedenheit, daß auf ganz ungleiche Anwendung des Gesetzes geschlossen werden muß. Daher Antrag : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, ,,a. z u u n t e r s u c h e n , w a r u m u n t e r d e n P r o c e n t e n der von der M i l i t ä r e r s a t z p f l i c h t B e f r e i t e n zu den D i e n s t b e f r e i t e n bei den verschiedenen K a n t o n e n s o große D i f f e r e n z b e s t e h t ; ,,b. f ü r e i n h e i t l i c h e A n w e n d u n g d e s Gesetzes d i e n o t hi g e n A n o r d n u n g e n z u treffen."

Postulate.

Art. 80 des Réglementes über die Organisation der Finanzverwaltung lautet : ,,In die Jahresrechnung gehören alle in dem,,selben Jahre erworbenen Zahlungsansprachen dritter Personen ,,gegen die Eidgenossenschaft oder dieser Letztern gegen Dritte.a In Folge dieses Artikels spricht der Bundesrath die Ansicht aus, daß noch ausstehende Posten als Einnahme aufgenommen und verrechnet werden sollen. Dieser Ansicht gegenüber wurde am 23. Dezember 1880 folgendes Postulat angenommen : ,,Der Bundesrath ist eingeladen, jeweilen in der Staatsrechnung ,,in geeigneter Weise darzustellen, welche Posten der Jahresrechnung ,,ganz oder theilweise nicht verausgabt, oder nicht eingenommen ,,worden sind."

Wir sprechen unsere Ansicht dahin aus, daß jene Rechnungsstellung die richtigere ist, welche ein getreues Bild des wirklichen Zustandes gibt. Wenn nun z. B. beim Militärpflichtersatz (welcher Posten zwar beinahe einzig in Frage kommt), unter Einnahme einfach der Büdgetansatz oder die Einnahme des letzten Jahres in der Rechnung figurirt, so ist dies mit der wirklichen Einnahme nicht übereinstimmend. Es ist eine Voraussetzung, welche vielleicht annähernd entsprechen mag, aber auch variii-en kann. In der gegenwärtigen Rechnung ist z. B. eine das Budget überschreitende Summe von Fr. 320,000 angenommen. Vielleicht entspricht diese Summe den wirklichen Einnahmen, vielleicht aber auch nicht. Wir glauben nun, es sollte schon bei der Rechnung ,,Ausstand'1 und ,,Eingang" auseinander gehalten werden. Man bekäme dadurch ein weit

912 klareres Bild, würde Unrichtigkeiten vermeiden und könnte die Kassarechnung mit der Verwaltungsrechnung besser vergleichen. Es kann diese Ausscheidung ohne Abänderung des Art. 80 des Réglementes vorgenommen werden, indem Art. 80 nur die Aufnahme verlangt, nicht aber die Einreihung in die eigentlichen Einnahmeposten. Wir stellen deßhalb das Postulat : ,, D e r B u n d e s r a t h soll d e m P o s t u l a t v o m ,,23. D e z e m b e r 1880, l a u t e n d : ,,,,Der Bundesrath ist eingeladen, jeweilen in der Staats,,,,rechnung in geeigneter Weise darzustellen, welche Posten ,,,,der Jahresrechnung ganz oder theilweise nicht veraus,,,,gabt oder nicht eingenommen worden sind, ,,in dem Sinne Nachachtung verschaffen, daß ,,bei den Einnahmen Ausstand und Eingang in ,, g e s o n d e r t e n K o l o n n e n a u s e i n a n d e r geh a l t e n ,,wird."

SpezialVerwaltungen.

a. E i d g e n ö s s i s c h e S t a a t s k a s s e . Die Arbeit der Staatskasse wurde dieses Jahr bedeutend vermehrt durch das 4prozentige 35 Millionen-Anleihen. Die disponibeln Gelder wurden in schweizerischen Staatspapieren oder in soliden Wechseln angelegt Die Anlage eines Portefeuilles war nöthig, um nicht zu starke Zinsverluste zu erleiden.

b. Pul v er ver vv al t un g. Es erzeigt die Rechnung gegenüber dem Budget einen Mehrverkauf von Pulver im Betrag von 44,684 kg. Trotz dieses Mehrverkaufes ist die Mehreinnahme gegenüber dem Budget nur Fr. 7561. 42. Der Bericht begründet diese geringe Vermehrung damit, daß einzelnen Bauunternehmern bedeutende Preisreduktionen auf dem Sprengpulver zugestanden werden mußten. Wir kennen nun die Gründe der Preisreduktion nicht. Es scheint uns jedoch, es sollten solche Reduktionen von dein einmal festgesetzten und angenommenen Preise so wenig als möglich eintreten.

c. M ü n z v e r w a 11 u n g. Die Einnahmen betragen Fr. 488,992 weniger als die Büdgetbestimmung. Es rührt diese Mindereinnahme vermuthlich daher, daß in Folge größerer Reparaturen die Emission der Halbfrankenstücke auf das nächste Jahr verschoben werden mußte. Es mag zu diesem Ausfall auch der höhere Silberwerth beigetragen haben, indem das Kilo im Durchschnitt auf Fr. 194. 19 3/10 zu stehen kam, gegenüber Fr. 185.92 6/10o im Vorjahre.

913 d. S t a a t s r e eh nu n g. Die Prüfung der Staatsrechnung ist Sache der Staatsrechnungscommission, und wir haben uns deßhalb weder mit der Untersuchung der Kasse, noch mit der Rechnung befaßt. Die nationalräthliche Geschäftsprüfungscommission, welche letztes Jahr die Priorität hatte, hat zwar eine Kassenuntersuchung vorgenommen (jedoch ohne Kassensturz). Wir erachten jedoch, daß dies nicht in die Competenz unserer Commission falle.

ES. Zollwesen.

Mit der Aufstellung des deutschen und französischen autonomen Zolltarifs ist an die Schweiz die Notwendigkeit herangetreten, in dieser Frage Stellung zu nehmen. Gelingt es uns, durch Handelsverträge mit diesen beiden Hauptstaaten unsere Interessen zu wahren, so ist die Aufgabe erfüllt. Dagegen wird das Zustandekommen dieser Verträge noch viele Schwierigkeiten bieten und vielleicht noch lange andauern.

Für den Fall, daß die Unterhandlungen sich in die Länge ziehen und zur Förderung unserer Interessen bei den Unterhandlungen selbst erachten wir es als angezeigt, .daß die Räthe ebenfalls das in erster Berathung angenommene Zollgesetz definitiv beschließen, oder aber, daß der Bundesrath von dem ihm laut Beschluß vom 28. Juni 1878 zugestandenen Recht ausnahmsweise!- Anwendung Gebrauch mache. Dieser Beschluß lautet: ,,Der Bundesrath kann -- auch vor Inkrafttreten des neuen ,,Zolltarifs -- unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Bundes,, Versammlung, Erzeugnisse solcher Staaten; welche die Schweiz ,,nicht auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation behandeln, oder ,,deren allgemeiner Tarif schweizerische Produkte mit besonders ,,hohen Zöllen beschwert, mit einer entsprechenden Zuschlagstaxe ,,auf den Ansätzen des neuen Tarifs belegen.a Es wird bei der Unterhandlung für unsere Interessen nur förderlich sein, wenn wir bestimmte erhöhte Tarife den Forderungen der mitcontrahirenden Partei gegenüberstellen können. Sollten die Unterhandlungen sich in die Länge ziehen, oder der Status quo verbleiben, so ist es für die Schweiz angezeigt, gegenüber den erhöhten Tarifen des Auslandes ebenfalls Stellung zu nehmen. Ohne Schutzzöllner zu sein, müssen wir uns doch die Wahrheit zugestehen, daß unser Land zu klein ist, um a l l e i n einen, wenn auch an und für sich noch so richtigen Grundsatz durchzuführen. Wir müssen in dieser eminent wichtigen Frage die Landesinteressen über eine Theorie stellen. Wir müssen uns den bestehenden Ver-

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hältnissen anschließen und mit ihnen rechnen, und zwar so rasch als möglich. Es ist übrigens hier nicht der Ort, auf diese Frage näher einzutreten. Die Räthe haben ja in erster Berathung den Zolltarif schon angenommen. Wir möchten hierorts nun nur die Notwendigkeit betonen, daß j e t z t der Zeitpunkt angelangt ist, uns über einen Entscheid schlüßig zu machen. Antrag: ,,Der B u n d e s r a t h w i r d e i n g e l a d e n , z u er,,wägen, ob mit Rücksicht auf die v e r ä n d e r t e ,, S a c h l a g e e s n i c h t a n g e z e i g t sei, d e n n e u e n ,,Zolltarif mit Beförderung den Räthen v o r z u ,,legen und n ö t i g e n f a l l s , in N a c h a c h t u n g des ,, B e s c h l u s s e s d e r R ä t h e v o m 2 8 . J u n i 1878, v o n ,,sich a u s e i n z e l n e P r o d u k t e mit e i n e r Z u sch l ags,, t a x e zu belegen."

Was im Uebrigen den Bericht des Zolldepartements anbelangt, erzeigt sich gegenüber dem Budget eine erfreuliche Mehreinnahme von Fr. 711,482. Es ist dieß theilweise die Folge des erhöhten Tabakzolles, theilweise die Folge des erhöhten Verkehrs. Die Ausgaben erzeigen gegenüber den Einnahmen einen Aufwand von 8,7 %. Im Jahre 1879 betrugen sie nur 8,40 %. Die Vermehrung rührt daher, daß die erhöhten Tabakzölle auch eine strengere Bewachung der Grenze erheischten. Wir erachten die Vermehrung als begründet.

Zum Schlüsse des Finanz- und Zolldepartementes müssen wir noch bemerken, daß wir die Trennung in zwei Commissione!), Rechnungs- und Geschäftsprüfungscommission, welche erst vor einigen Jahren eingeführt wurde, als unzweckmäßig wieder ändern würden.

Es ist schon schwierig, zu bestimmen, was fällt in den Geschäftskreis der Rechnungsprüfung, was in den der Geschäftsprüfungscommission. Es ist beinahe unvermeidlich, daß in beiden Commissionen derselbe Gegenstand behandelt wird. Es findet in den beiden Commissionen doppelte Arbeit statt. Es kommt dadurch in die Berathung Wiederholung oder Widerspruch. Viele Bemerkungen oder Postulate der einen oder andern Commission sollten mit einander behandelt werden. Noch mehr zeigt sich die Nothweudigkeit der Vereinigung der Commissionen, wenn, wie dies jetzt geübt wird, für die Rechnung der Nationalrath, für die Geschäftsprüfung der Ständerath die Priorität hat. Es kann die Aufgabe der einen Commission von der andern nicht getrennt
werden. Sie gehören ganz nothwendig zusammen. Wir stellen deßhalb den Antrag: ,,Es s o l l e d i e P r ü f u n g d e r R e c h n u n g u n d der ,, G e s c h ä f t s f ü h r u n g derselben Commission tiber,, t r a gen w e r d e n . "

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VI. Geschäftskreis des Handels- und Landwirthschaftsdepartements.

Der Bericht der nationalräthlichen Geschäftsprüfungscommission für 1879 konstatirte die günstigen Wirkungen des Bundesbeschlusses vom 21. August 1878, welcher ein Handels- und Landwirthschaftsdepartement aufstellte. Diese Auffassung hat sich im Geschäftsjahr 1880 durchaus bestätigt. Die Landwirthschaft und der Handel sind, nebst der Industrie, die zwei Fundamentalquellen des Gedeihens unseres Vaterlandes und des Wohlstandes seiner Bewohner. Die seit mehreren Jahren auf diesen großen Geschäftsgebieten herrschende Krisis legt den Oberbehörden des Bundes die Verpflichtung auf, alles aufzubieten, um die leidenden Interessen zu fördern und einen befriedigenderen Zustand herbeizuführen. Deßhalb war eine solche Organisation des Bundesrathes nöthig, welche ihm gestattet, seine Aufmerksamkeit und Sorgfalt ganz besonders den hier in Rede stehenden Interessen zu widmen, was eben durch den genannten Bundesbeschluß ermöglicht wurde.

Beim Durchgehen des Berichts des Handels- und Landwirthschaftsdepartements fällt es auf, wie viele Fragen sehr verschiedener Natur das Departement beschäftigt haben, und fühlt man sich gedrungen, der einsichtigen Thätigkeit alles Lob angedeihen zu lassen, welche im verflossenen Jahre diesem Zweige der Bundesverwaltung gewidmet wurde. Doch mußte die Commission, bei aller Anerkennung der Art, wie dieses Departement geleitet wird, sich fragen, ob man bei Zutheilung der Geschäfte an dasselbe nicht etwas zu weit gegangen sei und ob nicht ein Theil davon besser andern Departementen zufallen dürfte. Wir zitiren u. A. : Maß und Gewicht, Versicherungswesen, Jagd und Fischerei, Auswanderung; vielleicht wäre auch noch die Forstpolizei anzureihen.

Die Commission stellt diesfalls kein Postulat, sondern sie beschränkt sich darauf, die Aufmerksamkeit des Bundesrathes auf diese Frage hinzulenken. Sie will gerne glauben, daß das Sprüchwort : wer zu viel unternimmt, bemeistert es schlecht (qui trop embrasse, mal étreint) hier niemals seine Anwendung finde. Allein abgesehen davon, daß es billig erscheint, ein einzelnes Departement

916 nicht zu überbürden, darf man annehmen, daß bei einer Konzentrirung der Aufmerksamkeit auf minder zahlreiche und verschiedene Fragen die Erledigung derselben in jeder Beziehung nur gewinnen könnte.

Eine andere auf die innere Organisation des Handels- und Landwirthschaftsdepartements bezügliche Frage betrifft die Einführung einer Gewerbe- und Handelskammer. Bekanntlich ist von verschiedenen Seiten der Wunsch nach einer solchen ausgesprochen worden. So gaben die Oberbehörden einiger Kantone demselben Ausdruck und ein Gleiches geschah auch von Handels vereinen.

Da, neben ganz guten Gründen fü r eine solche Institution, auch einzelne d a g e g e n zu sprechen scheinen, so glaubt die Commission sich weder im einen noch im andern Sinne aussprechen zu sollen; sie wünscht jedoch, daß der Bundesrath dieser Frage alle Aufmerksamkeit widme, welche sie verdient, zumal angesichts des schweren Standes von Industrie und Handel.

Konsulate.

Die Stellung unserer Konsuln im Auslande beschäftigt asit einigen Jahren nicht nur die eidg. Räthe, sondern auch eine große Zahl unserer Industriellen und Handelsleute. Man ist allgemein darin einig, daß unser Konsularweseu, wie es jetzt organisirt ist und funktionirt, dem Vaterlande nicht diejenigen Dienste leistet, die man vernünftigerweise erwarten darf. Schon mehrmals ist die Aufmerksamkeit des ßundesraths auf diese Frage hingelenkt worden und es hat auch die nationalräthliche Gestionscommission für 1879 ihre Bemerkungen über diesen Punkt mit der Erklärung geschlossen, daß sie, ohne ein eigentliches Postulat zu stellen, wünsche, es möchte die Frage der Konsulate nicht aus dem Auge gelassen werden. Und einen ähnlichen Wunsch äußerten mehrmals die Industrieund Handelsvereine der Schweiz.

In dem von uns zu prüfenden Geschäftsberichte bringt das Handels- und Landwirtbschaftsdepartement diese Wünsche in Erinnerung und konstatirt, man habe dabei insbesondere betont, daß die Handelsberichte, welche die Konsuln alljährlich dem Bundesrathe einzusenden haben, sowohl was den materiellen Inhalt als was die Form und die Zeit ihrer Veröffentlichung anbetrifft, vielfach zu wünschen übrig lassen, und daß von einer Reihe von Konsulaten gar keine Berichte eingeschickt werden. Es hat denn auch das Departement, weit davon entfernt, die Begründetheit jenes Wunsches in Abrede zu stellen, mehrmals Einladungen an die Kon-

917 sulate gerichtet, um diese Uebelstände so weit thunlich zu beseitigen. Eine etwelche Besserung trat allerdings ein, aber immerhin bleibt noch Vieles zu wünschen übrig. Anderseits wird bemerkt, daß die Ansprüche des Handelsstandes an unsere bekanntlich nicht honorirten Konsuln oft zu weit gehen; daß es nicht möglich ist, daß jeder schweizerische Industrielle oder Kaufmann in einem Konsulatsberichte gerade dasjenige finde, was speziell seine Industrie oder Handelsbranche betrifft. Diese Bemerkung ist durchaus richtig und bei Würdigung der gegen unsere Konsularagenten erhobenen Beschwerden wohl zu berücksichtigen.

Es sei uns gestattet, beizufügen, daß das Departement, um dem gedachten Uebelstande abzuhelfen, sich mit mehreren Handels- und Industrievereinen sowie geographischen Gesellschaften der Schweiz in Beziehung gesetzt hat, um mit ihnen die Mittel zu einer engern Verbindung der Konsulate und des schweizerischen Handels- nnd Industriestandes zu berathen. Am 26. Januar 1881 fand unter dem Präsidium des Vorstehers des Departements eine diesfällige Konferenz in Bern statt. Da diese Konferenz und ihr Ergebniß das Geschäftsjahr 1881 angehen, so enthalten wir uns weiterer Bemerkungen und beschränken uns darauf, die um diese Angelegenheit sich Interessirenden auf das leicht erhältliche Konferenzprotokoll zu verweisen.

Aus Obigem erhellt, daß der Bundesrath der wichtigen Frage der Konsulate die verdiente Aufmerksamkeit widmet und daß er, weit davon entfernt, sie aus dem Auge zu verlieren, entschlossen scheint, den kundgewordenen Beschwerden möglichst zu entsprechen.

Bei solcher Bewandtniß beschränkt sich die Commission darauf, den Bundesrath zu ermuthigen, auf dem betretenen Wege zu beharren.

Bevor wir diesen Punkt beendigen, glaubt die Commission die Aufmerksamkeit des Bundesrathes auf die Frage der Bürgschaften, welche von unsern Konsuln verlangt werden dürften, oder auf nothwendige Kautelen hinlenken zu sollen, um den Interessenten alle Sicherheit zu gewähren in Bezug auf die Werthbeträge, in deren Besitz die Konsuln, sei es anläßlieh von Erbschaften oder sonst, gelangen können. Bedauerliche Vorkommnisse, die der Bundesversammlung noch erinnerlich sind, scheinen diese Bemerkung zu rechtfertigen.

Handelsverträge und Zolltarife.

Wir erinnern hier, daß in der letzten Februarsession der Bundesversammlung im Schöße des Ständerathes eine Interpellation von

918

Hrn. Zschokke und drei Kollegen an den Bundesrath gestellt wurde, dahin gehend : wie es mit der Frage des eidg. Zolltarifs stehe und welche Stellung der Bundesrath bei Erneuerung der Handelsverträge einzunehmen gedenke.

In der Sitzung vom 8. März beantwortete der Herr Bundespräsident diese Interpellation im Wesentlichen dahin: ,,Die Schweiz hat heute gegenüber den andern Staaten nur e i n e n Conventionaltarif mehr, denjenigen mit Frankreich, den sie wann sie will, 6 Monate voraus, künden kann. Die französische Regierung hat alle Handelsverträge gekündet, um sie auf Grund des gegenwärtig bei den Kammern in Berathung liegenden allgemeinen Tarifs zu erneuern.

,,In Bälde wird die Schweiz ganz freie Hand haben ; allein konvenirt es ihr, der Initiative Frankreichs voranzueilen und die Aufkündung zu provoziren? Der Bundesrath glaubt dies nicht, denn nach seinem Dafürhalten liegen Coaventionaltarife in seinem Interesse.

Würden wir mit der Kündigung vorangehen, so würde Frankreich in sechs Monaten seinen Tarif général, der prohibitiv ist, gegen uns in Anwendung bringen. Es ist also besser, zuzuwarten.

,,Ebenso glaubt der Bundesrath nicht, daß die zweite Berathung des Zolltarifs bereits jetzt stattfinden solle, denn dies wäre gefährlich und unzeitgemäß vor der Erneuerung des Vertrags.

,,Was die Haltung betrifft, die der Bundesrath einzunehmen gedenkt, so wäre es unrathsam, darüber sich in diesem Augenblick auszusprechen. Das Einzige, was der Bundesrath erklären kann, ist, daß er alles, was an ihm liegt, thun wird, um die schweizerische Industrie zu schützen."

Angesichts einer solchen Erklärung, die übrigens vom Ständerath günstig aufgenommen wurde, will die Commission sich in die Frage der Zolltarife und -Verträge nicht einmischen. Er überläßt die \olle Verantwortlichkeit hiefür dem Bundesrathe, bis zu dem Augenblick, wo die Sache vor die gesetzgebenden Räthe gelangt, und zweifelt nicht daran, daß die oberste eidg. Exekutivbehörde in thunlichster Weise bei Regelung dieser so wichtigen und schwierigen Fragen die Landesinteressen wahren wird.

Auf zwei Punkte erlaubt sich indessen die Commission, die Aufmerksamkeit des Bundesrathes hinzulenken. Der erste ist die Einführung der Rückzölle, in welcher Beziehung während der letzten Februarsession im Schöße des Ständeraths eine Motion gestellt worden ist. Der zweite betrifft die so wünschbare Erzielung neuer Absatzgebiete im Auslande für unsere Industrieerzeugnisse. Die

919 Kommission spricht den Wunsch aus, der Bundesrath möchte diese .zwei Fragen so beförderlich als möglich in Prüfung ziehen.

Internationaler Yerkehr (Zollkonflikte).

Der Bericht des Departements sagt, daß im Jahr 1880 die Beschwerden über Zollanstände mit dem Auslande zahlreich gewesen seien. Dieselben betrafen namentlich Sendungen aus unserm Lande nach Frankreich, und zwar anläßlich der Anwendung von Art. 16 des Handelsvertrages, welcher der französischen Zollbehörde die Befugniß gibt, durch Sachverständige eine Schätzung vornehmen zu lassen, wenn sie findet, der deklarirte Werth sei zu niedrig.

Nun ist, wie es scheint, das Resultat dieser Expertisen gewöhnlich für die Absender ungünstig. Die Commission hat gerne gesehen, daß der Bundesrath bei den Verhandlungen über Revision des Handelsvertrags sich dahin zu verwenden gedenkt, daß diesem Uebelstand im Interesse unseres Handels und der Industrie abgeholfen werde.

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Ausstellungen.^

In dieser Rubrik theilt der Bericht des Departements unter Anderm das finanzielle Ergebniß der Schweiz an der Pariser Weltausstellung von 1878 mit. Die definitive Regelung der Rechnungen hat erst im Jahr 1880 stattfinden können; es ergibt sich daraus, daß von dem von der Bundesversammlung bewilligten Kredit von Fr. 380,000 nach Einrechnung der nachträglich noch erwachsenen Kosten und ausgerichteten Remunerationen ein Saldo von Fr. 35,956. 03 verblieb. Es ist dies ein sehr günstiges Resultat, welches den mit dieser ebenso schwierigen als wichtigen Angelegenheit Betrauten Ehre macht.

An der internationalen Ausstellung von Sydney haben nur 15 Schweizerhäuser theilgenommen, welche Zahl, wie das Departement bemerkt, in keinem Verhältnisse zur industriellen Produktion der Schweiz steht. Es ist dies bedauerlich, da wir bei der gegenwärtig auf unserer Industrie lastenden Krisis keinen Anlaß versäumen dürfen, unseren Produkten neue Absatzwege zu eröffnen, namentlich nach solchen Ländern, mit denen, wie dieß beim australischen Kontinent der Fall ist, die Schweiz noch keine bedeutenderen Handelsbeziehungen angeknüpft hat. Dieß veranlaßte eben die Bundesversammlung, durch Votirung eines Kredites von Fr. 40,000» eine angemessene Betheiligung der schweizerischen Industrie an der Ausstellung in Melbourne zu begünstigen.

ßundesblatt. 33. Jahrg. Bd. II.

:

63

920 Das Departement theilt mit, daß es im nächsten Bericht den Gang dieser letztern Ausstellung und die Erfolge der schweizerischen Aussteller berühren werde.

Vollziehung des Fabrikgesetzes.

Die Durchführung dieses Gesetzes hat das Departement im Jahi11880 anhaltend beschäftigt. Dasselbe bringt bei diesem Anlaße das Postulat Nr. 195 vom 17. Dezember 1879 in Erinnerung.

Das Departement hat demselben durch ein unterm 29. Mai 1880 an die Kantonsregierungen gerichtetes Kreisschreiben Folge gegeben.

Es wurde bereits von der Commission des Nationalraths in ihrem Geschäftsbericht über das Jahr 1879 diese Frage berührt; wobei der Bemerkung: es sei noch nicht möglich, sich bestimmter darüber auszusprechen, ob das Fabrikgesetz in seiner Anwendung eine Wohlthat gewesen sei, die weitere, nicht genug zu beachtende Andeutung beigefügt wurde: ,,Vielleicht bewirken wir, in der (vom humanen Gesichtspunkte aus) löblichsten Absicht, insbesondere durch Einschränkung der Arbeitsstunden in den Fabriken, eine Hemmung der Thätigkeit bei mehrern von unsern Großindustrien.

Wir vermindern unsere Produktionskräfte in einem Augenblicke, wo das Schutzzollsystem unsern Concurrenten zu Hülfe kommt. tt Im Weitern betonte die Commission des Nationalraths die Notwendigkeit, dem Gesetze gute Resultate abzugewinnen, ohne die Entwicklung unserer Industrien zu gefährden ; ,,denn (wird bemerkt) es unterliegt keinem Zweifel, daß, wenn diese dem Ruine entgegengehen, unsere Arbeiter nichts Anderes in Aussicht haben als gedrückte Existenz und Elend -- oder die Auswanderung.11 In accentuirterer Weise haben drei Industrievereine im Berichtsjahre das Verlangen an den Bundesrath gestellt, daß das Fabrikgesetz in folgenden fünf Punkten revidirt werde : Normalarbeitstag, Kinderarbeit, Verbot der Sonntagsarbeit, Haftbarkeit der Fabrikanten und Strafbestimmungen.

Nach vorgenommener Prüfung erwiderte der Bundesrath, er halte eine jetzige Revision des Gesetzes nicht für angemessen. Die Antwort (ein wichtiges Aktenstück) ist ganz im Bundesblatte abgedruckt uud resümirt sich dahin : «i-j Es sind kaum drei Jahre verstrichen (das bundesräthlieho Schreiben datirt vom 16. November 1880), seit das Gesetz in Kraft

921 getreten ist, so daß seine guten oder üblen Wirkungen noch nicht recht beurtheilt werden können. Die Kantonsregierungen haben mit Ausnahme von drei derselben sich in ihren Antworten g e g e n Revision des Gesetzes ausgesprochen. Der Vorort des schweizerischen Handels- und Industrievereins stellt in seinem Berichte, mit weichern er die Wünsche der einzelnen Sektionen, welche im Allgemeinen zu Gunsten der Revision lauten., übermittelt, die Opportunität derselben in Frage und bemerkt, es dürfte mit der Revision zugewartet werden , bis die Arbeiter selbst nach derselben rufen.

Letzteres ist bekanntlich bis jetzt noch nicht geschehen.

In Bezug auf die einzelnen angestrebten Revisionspunkte bemerkt der Bundesrnth, was den Norrnalarbeilstag betrifft, daß bereits auch in einzelnen andern Staaten ein Normalarbeitstag wie bei uns besteht und selbst noch ein kürzerer, und daß man in Frankreich auf dem Punkte ist, die tägliche Arbeitszeit in Fabriken auf 10 beziehungsweise 11 Stunden zu reduziren. Die Untersuchung stellt übrigens heraus, daß die Klagen nicht sowohl auf die Zahl der zuläßigeii Arbeitsstunden als auf die Tageszeit, in welche dieselben verlegt werden müssen, und auf die Schritte sich beziehen, welche nöthig sind, um eine Bewilligung für Verlängerung der Arbeitszeit auszuwirken.

Die Bestimmungen über die Kinderarbeit hinwieder empfehlen sich aus dem Gesichtspunkte einer vorsichtigen Volkswirtschaft und beruhen auf den Ergebnissen ärztlicher Untersuchungen, sowie auf dem humanen Gefühl des Schutzes der Schwachen.

Ueber die Frage der Hülfsarbeiten werden noch nähere Untersuchungen angestellt und es kann dieselbe ohne Revision des Gesetzes geregelt werden.

Die Haftpflicht der Fabrikanten ist Gegenstand einer Spezialvorlage (seither an die. Bundesversammlung gelangt).

Endlich scheint bis jetzt kein Fall vorzuliegen, der eine Uebertreibuug in der Anwendung der Strafbe'stirnmungen an den Tag legen würde.

Dieß die Hauptgründe des Bundesraths gegen Revision des Fabrikgesetzes.

Es sind dieselben allerdings von Gewicht. Indessen kann Ihre Commission doch die Auffassung des Bundesrathes nicht ganz theilen.

Zunächst sind die Gründe, welche die Kantonsregierungen gegen Revision in's Feld führten, sehr verschiedener Natur. Einige derselben halten sie nicht nöthig, um den Beschwerden entsprechen zu können; andere finden die Revision nur in diesem Augenblicke

922 nicht für opportun; wieder andere sprechen sich unumwunden gegen Revision aus, aber nur als persönliche Meinung und ohne vorherige Einholung der Wünsche der Hauptinteressenten. Es ist möglich, daß mehrere dieser Regierungen sich anders ausgesprochen hätten, wenn ihnen der Bericht des Vororts des schweizerischen Handelnlind Industrievereios bekannt gewesen wäre, welcher im Grundsätze sich für Revision ausspricht, und nur gegen deren jetzige Opportunität Zweifel erhebt. Es heißt nämlich am Schlüsse dieses Berichts : ,,Die Bedeutung der Punkte, deren Revision man verlangt, ist eine sehr verschiedene. Der dominirende ist die Frage des Normalarbeitstages. Die Beibehaltung der gegenwärtigen Bestimmungen über diesen Punkt würde die Existenz einzelner unserer Industriezweige gefährden, vielleicht einen Theil unserer Industriellen außer Land drängen und die Gründung neuer heimischer Fabriken hemmen.

Wir empfehlen Ihnen daher im Interesse unserer Nationalindustrie die Revision des Fabrikgesetzes in einem liberalen und wahrhaft patriotischen Sinne."1 Wie man hieraus ersieht, ist die Auffassung des Bundesrathes über diese so wichtige Frage nicht ganz im Einklänge mit derjenigen der Hauptinteressenten, der natürlichen Vertreter von Handel und Industrie. Bei dieser Sachlage, und da die Mitglieder der Commission über die Frage sofortiger Revision nicht einig gehen, enthält sich letztere, sich im einen oder andern Sinne auszusprecheu, und es beschränkt sich dieselbe darauf, die Hoffnung auszusprechen, daß der Bundesrath diese Frage nicht aus dem Auge verlieren werde.

Viehseuchenpolizei.

Nach dem Geschäftsberichte traten im Berichtjahre zwei Viehseuchen intensiv auf: die Lungenseuche vom Januar bis März 1880 in den Kantonen St. Gallen, Appenzell A.-Rh. und Thurgau, und im Juli im Berner Jura; sodann die Blaul- und Klauenseuche im Herbste in mehreren Kantonen der romanischen und der deutschen Schweiz. Was die Entstehungsart dieser Seuchen betrifft, so konnte dieselbe fast in allen Fällen auf Einschleppung zurückgeführt werden.

Die Commission theilt hierüber ganz die Ansicht des Bundesraths und glaubt nachdrücklich verlangen zu sollen, daß an der Grenze strenge Aufsicht geübt werde, so oft das Herrschen einer ansteckenden Krankheit unter dem Vieh eines Nachbarlandes bekannt wird.

Ebenso wünschbar ist eine strenge Durchführung der in den eidg.

Gesetzen und Verordnungen über den Transport von Vieh, namentlich mit Eisenbahn, vorgeschriebenen Polizeimaßnahmen, wie besonders die jedesmalige Reinigung der gebrauchten Wagen und Rampen,

923 und das Verbot des Wiedergebrauchs vor Ausführung dieser Reinigung und nötigenfalls einer Desinfektion. Diese Maßnahme ist höchst wichtig und allein im Stande, die Einschleppung von Viehseuchen zu verhüten. Der Commission ist nun aber bekannt, daß.

dieselbe nicht überall in hinreichender und vorschriftmäßiger Weise beobachtet wird, daß vielmehr einzelne unserer Eisenbahngesellschaften dieser Verpflichtung nicht so nachkommen, wie sie es sollten; weßhalb wir, ohne ein Postulat aufzustellen, dem Bundesrathe empfehlen zu sollen glauben, darüber zu wachen, daß alle den Schutz des Viehes gegen Seuchen bezweckenden Polizeimaßregeln so genau und gründlich als möglich vollzogen werden.

Maßnahmen gegen die Schäden, welche die landwirthschaftliche Produktion bedrohen.

Hier handelt es sich um die Reblaus. Der Bericht des Departements erwähnt, daß im Berichtjahre zwei Staaten, welche bei den Verhandlungen über den Abschluß der Convention vom 17. September 1878 nicht vertreten waren, derselben beigetreten sind, nämlich Luxemburg und Serbien. Italien und Spanien sind derselben noch fern geblieben, ersteres, weil der Vertrag zu wenig streng sei, letzteres in der Voraussetzung, daß seine Maßnahmen ausreichend seien.

Die nationalräthliche Geschäftsprüfungs-Commission für 1879 sprach in ihrem Berichte den Wunsch aus, es möchte der Bundesrath den möglichst baldigen Beitritt von Italien zu erwirken suchen, was aber dem Departemente nicht thunlich erscheint. Italien (wird bemerkt) war bei den Vertragsverhandlungen vertreten ; das Protokoll blieb sechs Monate offen und auch heute noch kann Italien beitreten. Das einzige Mittel, seinen Beitritt zu erwirken, wäre, die Convention zu verschärfen. Dieß scheint dem Bundesrathe aber mit Uebelständen verbunden zu sein.

Die Commission findet die vom Bundesrathe angeführten Gründe zwar begreiflich, hält sie aber doch nicht für hinlänglich, um der Oberbehörde der Eidgenossenschaft, welche bei den betreffenden Vertragsunterhaudlungen als Vorort thätig w a r , die Hoffnung zu benehmen, ein der Schweiz so nahe gelegenes Land, wo der Weinbau so beträchtlich und schon so stark heimgesucht ist, zum Anschlüsse zu bewegen. Sie wiederholt daher den obgedachten Wunsch, der Bundesrath möchte diese Frage nicht aus dem Auge verlieren, deren Wichtigkeit für mehrere Theile der Schweiz eine so bedeutende ist, daß keine Anstrengung versäumt werden darf, um ein Abwenden der drohenden Gefahr zu ermöglichen.

924 Die Commission hat übrigens mit Befriedigung vernommen, daß das Departement im Laufe von 1880 zwei Kurse, einen in Lausanne und einen andern in Zürich, organisirthat,, um phylloxerakundige ExpertenauszuUbilden und um den Angestellten der Zollverwaltung die für eine wirksame Ueberwachung der Maßnahmen betreffend Einfuhr von Setzlingen, Gesträuchen und anderen Erzeugnissen von Baumschulen erforderlichen Instruktionen zu ertheilen.

Auch hierin kann man nicht streng genug sein, zumal angesichts der stetigen Fortschritte der Krankheit in den der Schweiz benachbarten Gegenden Frankreichs.

A uswanderungswesen.

Das Auswanderungswesen gehört auch zu denjenigen Fragen, welche die öffentliche Meinung unseres Landes mit Recht, wiewohl in verschiedenen und selbst ganz entgegengesetzten Richtungen, beschäftigen.

Während man einerseits die Auswanderungo unserer o Mitbürger nach der neuen Welt als etwas Günstiges und Aufmunterungswürdiges ansieht, erblicken dagegen viele Andere in dem Abgänge einer namhaften Anzahl leistungsfähiger Männer, die ihre Kräfte künftig jenseits des Meeres statt für das Vaterland verwerthen, einen wahren Verlust für letzteres. Was sodann die leider nur zu zahlreichen Individuen betrifft, welche nach Amerika oder sonst in die Ferne gehen, unter solchen Verhältnissen, daß voraussichtlich statt Glück und Wohlstand nur Elend und Enttäuschung ihr Loos sein wird, so kann man die Leute und die Behörden nicht genug tadeln, welche zu dieser Auswanderung ermuthigen oder drängen.

Es kann daher die Commission die Stellung nur gutheißen, welche das Handels- und Landwirthschafts-Departement einnahm, indem dasselbe, von verschiedenen Seiten dazu gedrängt, an Schritten für Begünstigung oder selbst Provozirung der Auswanderung thätigen Antheil zu nehmen, dieß abgelehnt und dahin Stellung genommen hat, die Auswanderung lediglich als eine Thatsache anzusehen, die zu verhüten nicht in seiner Macht steht, und sich darauf zu beschränken , denjenigen, welche durchaus ihre Heimat vorlassen wollen, den nöthigen Schutz zu sichern. Die Commission hält dafür, daß dieß die wahre Rolle der obersten Exekutivbehörde der Eidgenossenschaft ist, und empfiehlt letzterer, sich so lange mit derselben zu begnügen, bis die Bundesversammlung eine andere Anschauung eintreten läßt.

925

VII. Geschäftskreis des Post- und Eisenbahndepartements.

1. Postdepartement.

a,. IPostverwaltnng'.

Der Bericht konstatirt in finanzieller Hinsicht ein sehr günstiges Ergebniß, nämlich einen Reinertrag von Er. 2,011,864. 34 (Ver·mehrimg Fr. 220,281. 02).

Außer dem vermehrten Erträgniß der Personenbeförderung, welches den Büdgetansatz um Fr. 309,315. 62 übersteigt, ist auch eine erfreuliche Vermehrung der Einnahmen an Briefpostgegenständen, Fahrpoststücken und Einzugsmandaten zu konstatiren, und zwar stehen diese Einnahmen um Fr. 447,492. 67 über- denjenigen von 1879 und um Fr. 187,191. 64 über dem Büdgetansatze.

Dieses Ergebniß, welches eine günstige Fremdensaison und einen theilweisen Aufschwung der Geschäfte bezeichnet, macht der Postverwaltung alle Ehre, aber es erlaubt uns auch, uns über nachstehende Punkte freier zu äußern.

1. Aus Angaben, welche wir in sechs Postkreisen gesammelt haben , geht hervor, daß eine gewisse Anzahl Beamter, für deren Kategorie Minimal- und Maximalbesoldungssätze bestehen , mit 20 Dienstjahren das Gehaltsmaximum nicht erreicht haben.

Diese Thatsache spricht zu Gunsten der von Hrn. Oberst Frei im Nationalrathe gestellten Motion , und wir verweilen hier nicht länger bei den Billigkeitsgründen, welche für die Besserstellung dieser besonders iateressirten Kategorie von Beamten sprechen.

Eine Thatsache, die uns ganz besonders aufgefallen, besteht in der Ungleichheit, welche in dieser Hinsicht in den verschiedenen Kreisen herrscht. In einem Kreise, den wir namentlich bezeichnen könnten, beträgt die Zahl der Beamten, welche nach 20 Dienstjahren in den Genuß der Maximalbesoldung getreten sind , über 50 % der Gesammtzahl der Beamten, welche auf diesen Gehaltsatz Anspruch hätten , während in einem andern Kreise die Zahl der Beamten, welche sich in diesem Falle befinden, nur 10 °/o beträgt. Man muß sich fragen, aus welchen Gründen solche Unterschiede bestehen.

926 2. Die Versendung von Geldern und Werthsachen für Arme ist mit vielerlei Schwierigkeiten verknüpft, deren Ursache wir als in den Verfügungen der Centralverwaltung liegend gefunden haben, welche Verfügungen die Anwendung der Portofreiheit in Fällen solcher Art ziemlich schwierig machen. In einer Verfügung vom 11. Januar 1877 lesen wir, daß die Portofreiheit nur für Sendungen, welche ,, d i r e k t an Arme oder Armenanstalten" adressirt sind, in Anspruch genommen werden könne.

Mit Verfügung vom 3. April 1878 werden die Poststellen mit einer Buße von Fr. l bedroht und zur Erlegung der gewöhnlichen Transporttaxe angehalten , wenn sie Geldsendungen, ,,welche von ,,kompetenter Behörde ausgehen, aber, wenn sie auch im Interesse ,,des Armenunterstützungswesens gemacht werden, nicht direkt ,,an Arme oder Armenanstalten adressirt sind," zur Beförderung; als Amtssache annehmen.

Die Verfügung vom 19. Juni 1878 kommt auf diesen Gegenstand zurück und sagt wörtlich : ,,Es folgt hieraus, daß Gelder, ,,welche zwar von kompetenter Behörde als Armensache deklarirt ,,sind, aber irgend eine andere Adresse tragen, als diejenige eines ,,Armen oder einer Armenanstalt, also z. B. an ein Pfarramt, an ,,eine Gemeindebehörde, ein Armenbüreau etc. adressirt sind, der ,,gewöhnlichen Taxe unterliegen."1 Diese Auslegung des Gesetzes scheint uns eine zu beschränkte zu sein. Wir verstehen die Gründe solcher Unterscheidungen nicht und sind eher geneigt, anzunehmen, die 'Gesetzesbestimmungen betreffend die Inanspruchnahme der Portofreiheit für Geldsendungen an Arme seien in weitherzigerem Sinne aufzufassen, und es beziehen sich dieselben sowohl auf Sendungen , welche an den Unterstützten selbst gerichtet sind , als auch auf solche, welche an die Person , bei welcher der Arme in Pflege ist oder unter deren Aufsicht er steht, oder endlich an eine Pfarr- oder Gemeindebehörde oder an ein Wohlthätigkeitsbüreau adressirt sind.

3. Wäre es nicht am Platze, die Zeitungstaxe, welche gegenwärtig auf l Rappen per Exemplar festgesetzt ist, zu revidiren und auf die frühere Taxe von 3/4 Rappen, wie sie von 1848 bis 1877 zu Kraft bestand, zurückzukommen? Diese Erleichterung würde vom Publikum günstig aufgenommen.

Für eine Zeitung, welche wöchentlich sechsmal erscheint und 2000 Abonnenten zählt, macht die gegenwärtige Taxe im Vergleich zur frühern eine Differenz von Fr. 1500, und für ein wöchentlich dreimal erscheinendes Blatt mit 1000 Abonnenten einen Unterschied von nahezu Fr. 400 per Jahr aus.

927 Die schweizerische Presse ist hauptsächlich Lokalpresse und decentralisirt ; nur eine gewisse Anzahl Blätter haben einen kantonalen Charakter, und eine noch beschränktere Zahl bilden diejenigen Zeitungen, deren Leserkreis über den betreffenden Kanton hinausgeht. Diese Sachlage wird noch lange die nämliche bleiben.

Die im Allgemeinen bescheidenen und oft sehr dürftigen Verhältnisse, in welchen unsere Zeitungen sich befinden , machen letztern jede Steigerung des Transportpreises besonders fühlbar.

Die Blätter, welche einen Ertrag von etwelchem Belang abwerfen, sind bald gezählt. Der größte Theil unserer Zeitungen ist von politischen Komites unterstützt, oder wird auf Rechnung und Gefahr eines kleinen Buchdruckers herausgegeben. Die kleinste Erschwerung der Bedingungen, von welchen die Verbreitung solcher Blätter abhängt, bringt letzteren ein Defizit ein.

Nun glauben wir, daß die Presse, welche trotz der Fehler ^ die ihr anhaften, viel mehr eine nützliehe als eine schädliche Einrichtung ist, einen wesentlichen Bestaudtheil des Lebens eines demokratischen und republikanischen Volkes ausmacht, und daß es in der Pflicht der öffentlichen Behörden liegt, ihre Existenzbedingungen zu erleichtern.

4. Wir wurden auf ein Mißverhältnis, welches durch das.

Posttaxengesetz von 1876 in Bezug auf die Taxen für Fahrpoststücke geschaffen wurde, aufmerksam gemacht. Es kostet ein Paket bis 5 kg. von Genf nach Taraep im Engadin 40 Rp., zu welcher Taxe noch eine Zusehlagstaxe von 10 Rp. für den Alpeutransport kommt und somit die Gesammttaxe auf 50 Rp. sich beläuft. Drei auf diese Weise- versandte Pakete von je 5 kg. kosten Fr. 1. 50. Ein einziges Paket von 15 kg., welches also das nämliche Gewicht hat, wie die drei,Pakete zu 5 kg., kostet Fr. 4. 20., während doch die drei Pakete dreifache Behandlung erfordern und die Möglichkeit des Verlustes der Sendungen eine drei Mal größere ist.

Wie behilft sich da das Publikum in der Regel? Es vertheilt in drei Pakete, was zu e i n e r Sendung hätte vereinigt werden können.

Wir finden, daß die Taxe von 1876 in diesem Punkte einer Revision unterworfen werden sollte, wollen aber mit einem förmlichen bezüglichen Begehren noch zuwarten, bis uns die Verwaltung in dieser Angelegenheit Autklärung gegeben haben \yird.

5. Wir glauben, daß es im wohlverstandenen Interesse der eidg. Verwaltung läge, die Sätze der Versicherungsprämie für Werth-

928 Sendungen niedriger zu stellen. Gegenwärtig beträgt diese Prämie 30Rp.

für Beträge bis zu Fr. 1000 und von da ab l Rp. von je Fr. 100.

Die Versicherungsgesellschaften haben bedeutend billigere Tarife, was es dann auch erklärlich erscheinen läßt, warum die Versicherung bei der Post nicht so allgemein stattfindet, als dies der Fall sein sollte. Sobald die Ansätze der Versicherungsgebühren der Post denjenigen der Gesellschaften näher gebracht werden , kann die Postverwaltung versichert sein, daß das Publikum die Versicherung bei der Post vorziehen wird, einerseits weil das Versicherungsbegehren ein einfacheres ist, anderseits weil die Post eher und leichter für Jedermann zugänglich ist und weil eine öffentliche Verwaltung sicherere Garantien bietet als die bestorganisirte Privatgesellschaft.

6. Unter dem Regime des Posttaxengesetzes von 1849 betrug die Taxe eines kleinen verschlossenen und versiegelten Paketes mit Werthangabe, im Gewicht von 1/2 ff (250 g.) auf eine Entfernung von 10 Stunden (50 km.) in gerader Richtung 10 R p . ; f ü r r eine Entfernung von 10 bis 30 Stunden betrug diese Taxe 20 Rp. Das Gesetz von 1852 brachte schon eine Taxerhöhung für geschlossene Pakete mit Wertangabe bis zum Gewichte von 500 g.: 15 Rp.

bis 10 Stunden, 30 Rp. bis 30 Stunden.

Das Gesetz von 1862 enthielt eine weitere Erhöhung: 15 Rp.

bis 5 Stunden (25 km.), 20 Rp. von 5 bis 10 Stunden und 30, Rp. bis 30 Stunden. Das Gesetz von 1869 änderte diesen Tarif neuerdings; es setzte einen Lokalrayon von 2 Stunden fest; Taxe 15 Rp. für den Lokalrayon, von 2 bis 10 Stunden 20 Rp., von 10 bis 20 Stunden 25 Rp., von 20 bis 40 Stunden 30 Rp.

Das Posttaxengesetz von 1876 hat die frühern Unterabtheilungen aufgehoben. Unter allen frühern Gesetzen bestand ein Unterschied zwischen Stücken bis 500 g. und solchen von 5 kg. Nach demjenigen von 1876 ist dicß nicht mehr der Fall. Es setzte eine Einheitstaxe von 40 Rp. für verschlossene Fahrpostgegenstände bis zum Gewichte von 5 kg. fest und schuf nur einen Lokalrayon von 5 Stunden (25 km.) mit der Taxe von 20 Rp.

Wenn es wahr ist, daß die eidg. Postverwaltung eher die Mission hat, dem Publikum Erleichterungen zu verschaffen, als dem Staate eine Einnahmequelle zu sein, so hält diese bedauernswerthe Neuerung keine eingehende Prüfung ans.

Sie schädigt in empfindlichster Weise den hauptsächlichsten Industriezweig einer Gegend, welche für sich allein mehr als 1/4 der Gesammteinnahmen der schweizerischen Fahrpost liefert.

929 In der That findet die Fabrikation der Uhren nach, einzelneu Bestandtheüen statt, d. h. sie schließt die Anfertigung verschiedener besonderer Stücke und die Ausführung verschiedener Arbeiten in sich, welche jede von einem andern Arbeiter besorgt wird. Für eine Uhr, deren Fabrikant in Chaux-de-fonds etablirt ist, wird das grobe Uhrwerk in Sonceboz, die Räder und Zapfen in Pruntrut, die letzte Arbeit im Val de Travers gemacht, und die Steine werden aus dem Vallée de Joux oder von Genf, die Gläser aus Derendingen, das Zifferblatt aus Biel, die Kronen der Remontoirs aus Neuenburg bezogen. So bestehen ungefähr 20 verschiedene Fabrikationszweige, welche je einen besondern Arbeiter beschäftigen, und diese Arbeiter wohnen vom Fabrikatioaszentrum entfernt, weil dort das Leben zu theuer und der Verdienst der Arbeiter ein geringer ist.

Allerdings findet die Herstellung der Uhren in Cartons von 6 bis 12 Stück statt, aber ein und derselbe kleine Bestandtheil muß die Reise zwei- bis dreimal machen.

Gegenwärtig, da die Uhrenmacherei mit bedeutender Konkurrenz zu kämpfen hat und daher der Beingewinn seit 10 Jahren um mehr als 40 °/o gesunken ist, verdient der Fabrikant vielleicht 2 bis 3 Franken an einer silbernen Uhr, während der Gewinnst auf einer geriugern Uhr, im Werthe von 15 bis 20 Franken, nach Abzug der Anschaffüngs- und Fabrikationskosten bloß l Franken, 80 Rp. und selbst 50 Rp. per Uhr beträgt. Wenn der Transportpreis für die kleinen Pakete verdoppelt wird, wie dieß durch das Gesetz von 1876 geschah, muß der Uhrenfabrikant statt mit Gewinn mit Verlust arbeiten. In dieser Frage ist die ganze Uhrenmacherei interessirt, also die Kantone Genf, Waadt, Freiburg, Neuenburg, Bern, Solothurn und Basel.

Das Fallenlassen der Unterscheidung zwischen Stücken von einem gewissen Umfange bis zum Gewichte von 5 kg. und solchen kleinerer Dimensionen bis zu 500 g. ist ein schwerer Mißgriff.

Konstatiren wir beiläufig, daß fast alle Tagessendungen der Uhrenmacherei unter dem letztangegebenen Gewichte stehen. Es liegt eine augenscheinliche Uubilligkeit darin, daß diese Sendungen kleinen Umfanges, welche leicht zu behandeln sind und von denen man eine Menge in ein und denselben Sack verpacken kann, eine eben so hohe Taxe zu bezahlen haben, als die gewöhnlichen mit der Post versandten Pakete viel größern Umfanges, welche bedeutenden Raum einnehmen. Wenn der Tarif für kleine Pakete um mehr als die Hälfte herabgesetzt würde, wäre derselbe immer noch einträglich a:enu2;.

930 Die Verwaltung wird vielleicht einwenden, daß kleine Pakete unverschlossen zum Preise von 10 Rp. versandt worden können.

Die Uhrenfabriken müssen aber aus verschiedenen Gründen, auf welche wir hier nicht näher eintreten wollen, die aber immer fortbestehen werden, der Versendung ihrer Fabrikate in geschlossenen Paketen und mit Werthangabe den Vorzug geben.

Thatsache ist, daß die Kosten für den Transport der kleinen Pakete (von 100, 200 und 300 g.) zwischen Genf und dem Vallée de Joux, zwischen Sic-Croix oder dem Val de Travers und Chauxde-Fonds, zwischen Chaux-de-Fonds und Biel, Münster und Pruotrut, Hurten und Chaux-de-fonds, zwischen Grenchen oder Waldenburg und Stimmer, ein Transport, der tagtäglich stattfindet, und welcher 40 Rp. kostet, oft den Werth des Inhaltes der Sendungen tibersteigen.

Wenn die eidg.

VerwaltungO mit dieser Neueruns;C3 nur wenigO O stens einen erheblichen Gewinn erzielen würde; dies ist jedoch nicht der Fall, sondern sie verliert durch die Wiedereinrichtung von Privatbotenunternehmungen, welche die Uhrenmacherei überdieß in ihren Gewohnheiten und Bedürfnissen hemmt, den Transport der kleinen Pakete, sowie derjenigen Sendungen, welche offen zu 10 Rp.

versandt würden.

Die vorstehenden Erwägungen haben uns veranlaßt, bezüglich dieses Gegenstandes ein besonderes Postulat zu stellen.

Mit Genugthuung konstatiren wir die verschiedenen internationalen Verträge, welche abzuschließen es unserer Post Verwaltung gelungen ist, sowie auch die neuen Erfolge, welche der Weltpostverein errungen hat.

Was die Postkurse anbelangt, so haben wir uns durch Prüfung der Postführuugsverträge in verschiedenen Postkreisen, welche wir besuchten, überzeugen können, daß die Ungleichheiten, welche von Kreis zu Kreis bestunden, in fühlbarem Maße abgenommen haben. Selbstverständlich wird man in dieser Hinsieht niemals zu einer vollständigen Einheit gelangen, da die Pferde- und Futterpreise in den verschiedenen Gegenden der Schweiz stets etwas differirai.

In Bezug auf die Miethzinse, welche die Postverwaltung für die von ihr benutzten Lokale bezahlt, ist uns besonders der vcrhaltnißmäßig hohe Preis von Fr. 46,800 aufgefallen, welcher in Zürich für die Miethe des Postgebäudes und der Filiale im Bahnhofe Genf bezahlt wird. Für das dem Bunde eigentümlich angehörende, central gelegene, ebenso geräumig und bequem eingerichtete Postgebäude in Genf bezahlt die Postverwaltung Fr. 23,000 Jahreszins.

931 Wir fragen uns, ob es nicht am Platze gewesen wäre, anläßlich des Konkurses des ehemaligen Besitzers des Posthauses in -Zürich den Versuch zu machen, die Lösung dieses allzu ungünstigen Vertrages herbeizuführen.

In Lausanne sind die Bureaux der Kreispostverwaltung und ·der Hauptstadtpost gegenwärtig sehr beschränkt. Vielleicht wäre ·es möglich, anläßlich des zur Zeit stattfindenden Verkaufs mehrerer Gasthöfe, ohne allzugroße Preiserhöhung passendere Lokale zu erwerben, in welchen Post und Telegraph, welche jetzt in verschiedenen Gebäuden sich befinden, gemeinschaftlich untergebracht werden könnten.

Wir haben mit Vergnügen wahrgenommen, daß sich der Gebrauch der sog. amerikanischen Fächer immer mehr verbreitet und dieselben auch in Genf, wo sie bis jetzt noch nicht bestunden, eingerichtet werden.

Wir billigen auch, was im Berichte über die Unzulänglichkeit der Kondukteurgehalte, sowie über die Besoldungen einer Anzahl Ablagehalter, Briefträger und Boten gesagt ist, und begrüßen die Maßregeln, welche getroffen wurden, um die Lage dieser Angestellten zu verbessern.

Eine lobenswerthe Ersparniß wurde in den Ausgaben für Papier, Drucksachen, Buchbinderarbeiten und Büreaumaterial beobachtet. Wir können die Direktion in ihren Bestrebungen, diese Ausgaben auf das strikt Nothwendige zu beschränken, nur ermuthigen.

Das Gleiche läßt sich in Bezug auf Mobiliar und Büreaubedürfnisse sagen.

Der Bericht konstatirt auch eine erhebliche Ausgabenverminderung für Fuhrwesenmaterial : a . Wagen u n d Schlitten .

.

.

. F r . 300,973. 3 6 statt der im Budget vorgesehenen .

. ,, 375,000. -- b. Bahnpostwagen ,, 58,324. 81 statt wie nach dem Vorschlag ,, 103,000. -- Die Einführung der Taxmarken bei der Postverwaltung, durch welche eine wirksamere Kontrole der unfrankirten Korrespondenzen erzielt wird, übt fortwährend einen günstigen Einfluß aus. Die Frankirung wird übrigens immer allgemeiner, und man kann behaupten, daß die Verwendung dieser Marken von Jahr zu Jahr abnehmen wird.

Wir lassen uns in diesem Berichte nicht näher auf die Frage der Sparkassen ein, welche äen Gegenstand einer besondern Motion

932 im Nationalrathe bildet, über welch' letztere sich der Motionssteller noch nicht näher ausgesprochen hat. Es ist uns bekannt, daß sich die Central Verwaltung bereits mit dieser Frage beschäftigt und von den Kreispostdirektionen sachbezüglichen Bericht verlangt hat.

Ebenso enthalten wir uns, die Frage der Bürgschaftsstellung der Postbeamten näher zu erörtern, da wir wissen, daß sich die Verwaltung mit dem Studium dieser Angelegenheit befaßt und es uns angemessen erscheint, der Postverwaltung hinsichtlich dieses wichtigen Punktes freie Hand zu lassen.

Die Prüfung der eidgenössischen Postverwaltung hinterläßt, Alles zusammengefaßt, trotz der oben gemachten Bemerkungen, einen sehr befriedigenden Eindruck.

Postulate betreffend das Postwesen.

,,1. Der Bundesrath wird eingeladen, zu untersuchen, ,,ob es nicht am Platze wäre, für die Zeitungen die Taxe ,,von 3/4 Rappen per Exemplar wieder einzuführen."

,,2. Der Bundesrath wird eingeladen, den Art. 19 des ,,Posttaxengesetzes in dem Sinne zu revidiren, daß eine be,,sondere Taxe von 15 Rappen festgesetzt wird für Pakete ,,bis 500 g. mit Werthdeklaration bis 100 Franken und ,,für eine Entfernung von höchstens 150 km.

,,Sodann wird der Bundesrath eingeladen, von seiner ,,Befugniß, welche ihm gemäß Art. 19, zweites Alinea des ,,Gesetzes eingeräumt ist, den Lokalrayon für kleine Pukete ,,von weniger als 250 g. über 25 km. hinaus auszudehnen, ,,Gebrauch zu machen.tt ,,3. Der Bundesrath wird eingeladen, zu untersuchen, ob ,,es nicht angezeigt wäre, den Bestimmungen über Anwendung ,,der Portofreiheit für Armengelder eine weitergehende Aus,,legung angedeihen zu lassen und so die Verfügungen vom ,,11. Januar 1877, S.April 1878 und 19. Juni 1878 aufzugeben."

l». Telegraplien.ver'vvaltu.ng-.

Aus dem Berichte dieser Verwaltung ersehen wir, daß in Bezug auf das Telephon und Mikrophon anfänglich einige Zweifel walteten, ob das System der Konzessionen oder dasjenige des staatlichen Betriebs vorzuziehen sei. Für einstweilen entschied man sich für

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das letztere; ob es das bessere sei, wird uns die nächste Zukunft zeigen.

Die Telegraphenverwaltung hielt sich mit Entschiedenheit an die bereits früher gefaßten Schlußnahmen betreffend diejenigen Bureaux, welche nicht mindestens 50 % ihrer Kosten decken. Es muß hieran grundsätzlich festgehalten werden. Man darf von einer öffentlichen Verwaltung nicht verlangen, daß sie die Kosten der Erstellung neuer oder des Fortbetriebs bestehender Bureaux trage,, wenn die Anzahl ein- und ausgehender Depeschen beweist, daß der Bestand eines Bureau nicht einem Bedürfnisse entspricht, wie solches sich durch Ziffern von einigem Belang kundzugeben hat.

Will man gleichwohl, daß ein Bureau fortbestehe, so darf dies nur unter der Bedingung geschehen, daß die betheiligte Ortschaft oder Private einen Theil des Ausfalls decken.

Mehrere Bemerkungen, die wir in Bezug auf das Personal der Postverwaltung machten, gelten auch von dem Telegraphenpersonal.

Das finanzielle Ergebniß ist übrigens ein sehr günstiges. Die Telegrapheneinnahmen weisen einen Aktivsaldo von Fr. 502,555. 91 auf; es ist derselbe also um Fr. 57,635. 29 größer als der von 1879. Dieses günstige Ergebniß , beruhend auf einer Vermehrung von 225,000 Depeschen, wurde erzielt ungeachtet der Herstellungunterirdischer Kabel für die Stadt Basel und der Erwerbung eines großen Kabels für den Gotthardtunnel -- Ausgaben, die doch dea Betrag von Fr. 143,000 erreichen.

2. Eisenbahndepartement.

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Der Bericht des Departements spricht von den Unterhandlungen betreffend die Anschlüsse internationaler Linien bei Col-desRoches, Annemasse und St, Gingolph. Wiewohl die Erledigung der diesfaHs waltenden Anstände nicht dem Geschäftsjahre 1880 angehört, haben wir die vom Bundesrathe und von unserm Minister in Paris in dieser Richtung gemachten Anstrengungen mit Befriedigung gesehen. Besonders schien es uns billig, daß die Frage dieser Anschlüsse nicht länger abhängig gemacht werde von der Frage der Freizone in Savoyen und im Pays-de-Gex.

Der Bericht konstatirt, daß die Detailbesichtigung der Linien im Jahr 1880 sich auf das gesammte schweizerische Eisenbahnnetz, erstreckt hat. Mit Vorbehalt einiger Bemerkungen , die noch im

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·Schöße der Räthe mündlich diskutirt werden können, sind die Ergebnisse im Allgemeinen befriedigend, sowohl in Bezug auf die Kunstbauten als die normale Erneuerung der Schienen, das Rollinaterial und die Gebäude.

Der Bericht enthält interessante Details betreffend die verschiedenen Vorkehrungen, welche von Gesellschaften getroffen werden können zum Zwecke der Verminderuug der Gefahr von Unfällen ; als solche werden bezeichnet : Glockensignale, Blocksystem, Apparate für die solidarische Handhabung der Signale und der Weichen etc., und berührt auch die Mittel, um in den Eisenbahnzügen die Anzahl der Wagenabtheilungen jeder Klasse für Nichtraucher zu vermehren.

Diese einem nähern Studium unterliegenden Fragen veranlaßen uns für einstweilen zu keinen Bemerkungen.

Ebenso übergehen wir die im Berichte auch erwähnte Frage der Vereinheitlichung der Tarife, die einen allzu besondern Charakter hat, um in einem parlamentarischen Berichte anläßlich der Geschäftsführung behandelt zu werden.

Das Departement theilt mit, daß der zwischen der Suisse occidentale und der Jura-Bern-Gesellschaft, Klägerinnen, und dem Bunde, als Beklagtem, vor Bundesgericht schwebende Prozeß wegen Einrichtung eines vierten Zuges auf den Broyelinien gütlich und in einer für die betheiligten Bevölkerungen befriedigenden Weise erledigt worden ist.

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B. Geschäftsführung des Bundesgerichtes.

Bezüglich der Auflage dßr Gerichtskosten bei staatsrechtlichen Rekursen in den seltenen Fällen, in denen eine Gegenpartei nicht vorhanden ist und der RekWrent obsiegt, hat das Bundesgericht beschlossen, es habe der obsiegende Rekurrent die Gebühren für die ihm zuzustellende Urtheilsausfertigung, sowie die Auslagen des Instruktionsrichters und der Kanzlei zu tragen, dagegen sei von dem Bezug einer Gebühr für die Ausfertigung des der kantonalen Behörde zukommenden Urtheils Urngang zu nehmen. Wir anerkennen vollkommen die Gründe der Billigkeit, welche das Bundesgericht bestimmt haben, in diesen Fällen dem Beschwerdeführer die Kosten der letzteren Ausfertigung nicht aufzulegen, finden aber, daß die gleichen Gründe gegen die Auflage der übrigen Gebühren und den Entzug der Parteientschädigiiog sprechen. Es würde der Commission billiger erscheinen, wenn das Bundesgericht je nach den Umständen in Berücksichtigung des Verschuldens entscheiden würde, ob der Rekurrent die Kosten zu tragen hat, oder ob demselben der Regreß auf den kantonalen Fiscus vorbehalten* bleibe. Mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit der Angelegenheit nehmen wir davon Umgang, ein sac-hbezügliches Postulat zu stellen.

Die Commission ist mit den Ausführungen auf Seite 5 und 6 des Berichtes des Bundesgerichtes, betreffend gegenseitige Anerkennung von Ehescheidungsurtheilen, vollkommen einverstanden. Es erscheint au sich und namentlich mit Rücksicht auf den Art. 56 des eidgenössischen Gesetzes über Civilstand und Ehe, wonach in Bezug aufoEhen zwischen Ausländern eine Scheidungs- oder Nichtigkeitsklage nur dann angenommen werden darf,' wenn nachgewiesen O o O wird, daß der Staat, dem die Eheleute angehören, das zu erlassende Urtheil anerkennt, in hohem Grade wünschbar, daß durch internationale Verträge die gegenseitige Anerkennung von Scheidungsurtheilen reglirt wird. Gegenüber Deutschland ist dies um so nothwendiger, als nach der neuen deutschen Civilprozeßordnung für Scheidungsklagen nicht die Gerichte der Heimat, sondern diejenigen des Wohnortes der Ehegatten kompetent sind und deßhalb bei dem gegenwärtigen Zustand leicht eine förmliche Rechtlosigkeit einzelner Personen in fraglicher Materie entstehen kann. Wir stimmen Bundesblatt.

33. Jahrg. Bd II.

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deßhalb dem Bundesgericht bei, daß die Schweiz mit thuulichster Beförderung einen solchen Vertrag mit Deutschland eingehen sollte.

Aus dem Geschäftsverzeichniß im Jahresbericht ergibt es sich, daß die am Schluß des Jahres noch vorhandenen Pendenzen gegenüber dem Vorjahre erheblich abgenommen haben, immerhin ist deren Zahl noch eine ziemlich bedeutende. Es wäre von Interesse, aus den bezüglichen Jahresberichten ersehen zu können, welches die durchschnittliche Dauer der Streithängigkeit für die einzelnen Categorien der Rechtsstreitigkeiten ist.

Mit Bezug auf die staatsrechtlichen Streitfälle, in welchen eine mündliche Parteiverhandlung vor Bundesgericht nicht stattfindet, dürfte es für die Parteien erwünscht sein, den Tag der Entscheidung zum Voraus zu kennen, um die Motive des Gerichtes durch ihre Anwesenheit zu erfahren, oder es sollte denselben die schriftliche Ausfertigung des Urtheils rascher zugestellt werden, als es bis anhin in der Regel geschehen ist. Wir stellen deßhalb das Postulat : ,,Das B u n d e s g e r i c h t sei einzuladen, dieTag,, f a h r t für die E n t s c h e i d u n g e n staatsrechtlicher ,,Streitfälle den Parteien zur K e n n t n i ß zu ,, b r i n g e n , o d e r den l e t z t e r e n 'die m o t i v i r t e n ,,Erkenntnisse mit möglichster Beförderung zu,, z u s t e l l e n . "

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Zusammenstellung der -A-iiträg-e der Commission.

A. Geschäftsführung des Bundesrathes.

Militärdepartement.

1. Der Bundesrath wird eingeladen, zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten, in welcher Weise unser Kriegsmaterial qualitativ eingehender zu untersuchen sei und wie die auf den Unterhalt desselben fallenden Verwendungen des Bundes sich besser kontroliren lassen.

Finanz- und Zolldepartement.

2. Der Bundesrath wird eingeladen, beim Bezug der Steuer von Militärpflichtigen, die einen Wiederholungskurs versäumen, nicht für zwei Jahre, sondern nur für ein Jahr Ersatzsteuer zu beziehen.

3. Der Bundesrath wird eingeladen, a. zu untersuchen, warum unter den Procenten der von der Militärersatzpflicht Befreiten zu den Dienstbefreiten bei den verschiedenen Kantonen so große Differenz besteht ; b. für einheitliche Anwendung des Gesetzes die nöthigen Anordnungen zu treffen.

4. Der Bundesrath wird eingeladen, dem Postulat vom 23. Dezember 1880, lautend : ,,Der Bundesrath ist eingeladen, jeweilen in der Staats,,rechnung in geeigneter Weise darzustellen, welche Posten ,,der Jahresrechnung ganz oder theilweise nicht verausgabt ,,oder nicht eingenommen worden sind,"1

938 in dem Sinne Nachachtung zu verschaffen, daß bei den Einnahmen Ausstand und Eingang in gesonderten Kolonnen auseinandergehalten wird.

5. Der Bundesrath wird eingeladen,, zu erwägen, ob mit Rücksicht auf die veränderte Sachlage es nicht angezeigt sei, den neuen Zolltarif mit Beförderung den Räthen vorzulegen und nöthigenfalls, in Nachachtung des Beschlusses der Räthe vom 28. Juni 1878, von sich aus einzelne Produkte mit einer Zuschlagstaxe zu belegen.

6. Die Prüfung der Staatsrechnung und der Geschäftsführung soll der gleichen Commission übertragen werden.

Post- und Eisenbahndepartement.

7. Der Bundesrath wird eingeladen, zu untersuchen, ob es nicht am Platze wäre, für die Zeitungen die Taxe von 3/i Rappen per Exemplar wieder einzuführen.

8. Der Bundesrath wird eingeladen, den Art. 19 des Posttaxengesetzes in dem Sinne zu revidiren, daß eine besondere Taxe von 15 Rappen festgesetzt wird für Pakete bis 500 g. mit Werthdeklaration bis 100 Franken und für eine Entfernung von höchstens 150 km.

Sodann wird der Bundesrath eingeladen, von seiner Befugniß, welche ihm gemäß Art. 19, zweites Alinea des Gesetzes eingeräumt ist, den Lokalrayon für kleine Pakete von weniger als 250 g. über 25 krn. hinaus auszudehnen, Gebrauch zu machen.

9. Der Bundesrath wird eingeladen, zu untersuchen, ob es nicht angezeigt wäre, den Bestimmungen über Anwendung der Portofreiheit für Armengelder eine weitergehende Auslegung angedeihen zu lassen und so die Verfügungen vom 11. Januar 1877, 3. April 1878 uud 19. Juni 1878 aufzuheben.

B. Geschäftsführung "des Bundesgerichts.

10. Das Bundesgericht wird eingeladen, die Tagfahrt für die Entscheidungen staatsrechtlicher Streitfälle den Parteien zur Kenntniß zu bringen, oder den letzteren die motivirten Erkenntnisse mit möglichster Beförderung zuzustellen.

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C. Im Allgemeinen.

11. Im Uebrige.n wird der Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichts im Jahr 1880 die Genehmigung ertheilt.

B e r n , den 20. Mai 1881.

Die M i t g l i e d e r der Commission: Altwegg.

Rieter.

Vigier.

Estoppey.

Cornaz.

Sahli*).

Wirz.

*) Herr Sahli war verhindert, an den Arbeiten der Commission Theil zu,, nehmen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht der Commission des Ständerathes über die Geschäftsführung des Bundesrathes und des Bundesgerichts im Jahr 1880. (Vom 20. Mai 1881.)

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1881

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2

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24

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

04.06.1881

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887-939

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10 011 098

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