#ST#

Schweizerisches Bundesblatt.

33. Jahrgang. IV.

Nr. 55.

31. Dezember 1881.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

E i n r ü k u n g a g e b ü h r per Zeile 15 ßp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Revision der internationalen Uebereinkunft zur Bekämpfung der Reblaus.

(Vom 6. Dezember 1881.)

Tit.

Es liegt in der Natur der Sache, daß alle jene Geseze, welche sich mit Materien befassen, deren Wesen und Natur noch nicht gründlich erforscht sind, mit der Zeit in dem Grade mangelhaft werden müssen, als sich die Kenntniß und die Erforschung jener Materien erweitert und vervollständigt. Wenn irgendwo, so trifft die Richtigkeit dieses Sazes bei denjenigen gesezlichen Erlassen und Maßnahmen zu, welche sich mit der Reblausfrage befassen. Noch sind es kaum 15 Jahre her und in Europa wußte man noch wenig oder nichts von der Reblausgefahr und heute noch sind die Naturforscher, so zahlreich, eingehend und gründlich ihre Forschungen auch sein mögen, nicht vollständig nur auch über den Punkt einig, welche Gegenstände die Verbreitung der Infektion am meisten begünstigen ; noch ist kein Mittel gefunden, welches unter allen Umständen und mit Sicherheit dem Uebel in der Weise Einhalt zu thun vermöchte, daß eine Wiederkehr desselben ausgeschlossen ist.

Unter · solchen Verhältnissen erscheint es daher angemessen, Schritt für Schritt die Maßnahmen dem Gange der Erfahrungen anzupassen und selbst vor den sonst auf legislativem Gebiete nicht beliebten und nicht empfehlenswerthen Abänderungen nicht zurükzuschreken.

Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. IV.

63

922 Ueber die Veranlaßung zur Revision der internationalen Uebereinkunft vom 17. September 1878 haben wir Ihnen zwar in unserem Geschäftsberichte pro 1880 (Bundesblatt 1881, Bd. II, S. 51) bereits Mittheilungen gemacht, der Vollständigkeit halber aber sehen wir uns veranlaßt, hier wiederum darauf zurükzukommen.

Bald nach dem Inkrafttreten der leztgenannten Uebereinkunft begegnete die Vollziehung einiger Vorschriften derselben großen Schwierigkeiten. Es war namentlich die Bestimmung in Art. 3, AI. 3, daß die Wurzeln der zur Versendung gelangenden Obstbäume, Gesträuche und verschiedenen Erzeugnisse der Baumschulen, Gärten und Treibhäuser vollständig von Erde gereinigt sein müssen, welche zu lebhaften Beschwerden der Handelsgärtner in sämmtlichen Vertragsstaaten und anderswo, namentlich der belgischen, die bekanntlieh mit Gartenbauprodukten, insbesondere Zierpflanzen, einen lebhaften Exporthandel betreiben, Anlaß gab. Es wurde mit Recht geltend gemacht, daß für die immergrünen Pflanzen jene Vorschrift einem absoluten Verbote, sie .von einem Ort zum andern zu bringen, d. h. der gänzlichen Unterdrükung des Handels mit denselben, gleichkomme.

Der Zwek, den man bei Aufstellung jener Bestimmung im Auge hatte, war, vorzubeugen, daß Pflanzen, welche allerdings mit der Rebe nichts gemein haben, aber in der Nähe phylloxerirter Weinstöke gewachsen sind, Rebläuse an der an ihren Wurzeln haftenden Erde mit sich führen und für den Fall, daß sie wiederum in die Nähe von Weinstöken verpflanzt werden, lezteren die Infektion mittheilen.

Die angefochtene Bestimmung war übrigens schon an der Berner Konferenz vom Jahr 1878 Gegenstand lebhafter Diskussionen gewesen. Särnmtliche an derselben vertretene Staaten wären geneigt gewesen, die bezügliche Vorschrift in einer dea Interessen der Handelsgärtner besser Rechnung tragenden Weise umzuändern. Nur die Vertreter von Italien und Spanien machten aus der Beibehaltung der Vorschrift eine conditio sine qua non ihres Beitritts zur Konvention. Angesichts dieser formellen Opposition und der Bedeutung des Beitritts zweier in Bezug auf die Absicht der Uebereinkunft so wichtigen Staaten gab die Mehrheit der Vertreter dem Vorschlage der Minderheit ihre Zustimmung.

Nun waren es aber gerade diese zwei Staaten, deren Vertreter an der Berner Konferenz den Ausgleich zwischen den Interessen
der Handelsgärtner und denjenigen der Rebenbesizer verunmöglicht hatten, welche schließlich die Konvention nicht ratifizirten. Dieser Umstand ließ es für wahrscheinlich halten, daß nunmehr jener Aus-

923

gleich zu erzielen möglich sei und daß sämintliche durch den Vertrag gebundenen Staaten Hand bieten würden, dem Uebelstande abzuhelfen. Dazu kam die Erwägung, daß, da die Pflanzen, welche mit der Rebe nichts gemein haben, nur in dem Falle gefährlich werden können ^ wo sie in der Nähe von Rebenpflanzungen gewachsen sind, eine Bestimmung ausreichen dürfte, zufolge welcher Erzeugnisse, die aus Besizungen kommen, von denen offiziell konstatirt ist, daß sie keine Rebstöke enthalten und daß der Eigenthümei- keinen Handel mit solchen treibe, zur internationalen Zirkulation zugelassen werden können. Diese den Baum- und Handelsgärtnern für den Fall zugestandene Erleichterung, daß sie keine Reben pflanzen, hoffte man, werde die meisten von ihnen bewegen, sich dieser so gefährlichen Pflanzungen zu entledigen, ein Umstand, bei dem der Rebbau sich viel sicherer fühlen könnte, als bei Aufrechthaltung der Konventionsbeslimmung.

Unterm 27. April vorigen Jahres theilten wir den Regierungen der übrigen Vertragsstaaten diese Erwägungen mit und machten ihnen den Vorschlag, über folgenden modus vivendi übereinzukommen : ,,Ohne dermalen eine Aenderung am Texte der Konvention vorzunehmen und unter Vorbehalt der Erfahrungen, welche über diesen wie über andere Punkte noch gemacht werden können, ertheilen die Regierungen der Vertragsstaaten ihren Zollbüreaux die Weisung, solche Gegenstände unter den bis dahin gewöhnlich angewendeten Verpakungsarten einführen zu lassen , welche aus Gartenbau-Etablissementen herkommen, die, abgesehen von dem im ersten Alinea des Artikels 3 des Vertrages vorgeschriebenen Ursprungszeugniß, sich noch durch eine offizielle Erklärung darüber ausweisen, daß sie keine Reben besizen und auch keinen Handel mit solchen treiben.11 Mit diesem Vorschlage erklärten sich die Regierungen von Luxemburg und Portugal ohne Weiteres einverstanden. Die französische Regierung machte folgenden Gegenvorschlag: ,,Die Regierungen der Vertragsstaaten erlheilen ihren Zollämtern die Weisung, unter den bis anhin üblichen Modalitäten bezüglich der Verpakung solche Gegenstände einführen zu lassen, welche aus Gartenbau-Etablissementen herkommen, die sich durch eine amtliche Erklärung darüber ausweisen , daß sie keine Beben besizen, keinen Handel mit solchen treiben und daß ihre Pflanzschulen von jedem Weinstok wenigstens '100 m. entfernt sind."

Die deutsche Regierung erklärte sich mit dem Vorschlage formell einverstanden und fugte bei, daß sie beim Erlasse der Vor-

924

Schriften zur Vollziehung der Konvention thatsäehlich, jedoch ohne Abgabe einer verbindlichen Erklärung, auf die Stellung Rüksicht nehmen werde, welche die übrigen betheiligten Staaten dem schweizerischen Vorschlage gegenüber einnehmen werden.

Unterm 18. August vorigen Jahres gab dann der Bundesrath den Vertragsstaaten Kenntniß von den Antworten, die er auf seinen Vorschlag vom 27.. April erhalten hatte. Er erklärte sich hiebei mit der deutschen Regierung insoweit einverstanden, als er dafür hielt, es sei in der That von der Abgabe einer verbindlichen Erklärung seitens der Vertragsstaaten abzusehen. Es würde, fügte er in der bezüglichen Note bei, auf diese Weise sich jeder Staat die Freiheit des Handelns wahren und in der Lage bleiben, die dem Handel mit Erzeugnissen des Gartenbaues und der Baumzucht gewährte Erleichterung nötigenfalls zurükzuziehen.

Gleichzeitig erließ der Bundesrath folgenden Zusaz zu Art.'6 des Vollziehungsreglements vom 6. Februar 1880 (Bundesbl. 1880, Bd. I, S. 337): ,,Sezlinge, Bäume, Gesträuche und sonstige Erzeugnisse des Gartenbaues, welche ohne Erde an den Wurzeln nicht versandt werden können, dürfen auch mit solcher aus dem Auslande eingeführt werden und im Innern der Schweiz zirkuliren, wenn die Sendungen von einer Bescheinigung einer Amtsstelle des Landes, aus dem sie herkommen, begleitet sind, welche enthält : a. daß sie aus einem von der Reblaus nicht heimgesuchten Gebiete kommen, welches auch als solches auf der von dem betreffenden Staate erstellten und auf dem Laufenden gehaltenen Spezialkarte sich ausweisen muß; b. daß sie nicht erst neulich dorthin eingeführt worden sind; c. daß das Etablissement, aus dem sie kommen, keine Reben besizt, nicht Handel mit solchen treibt und sich nicht in unmittelbarer Nähe einer Weinpflanzung irgendwelcher Art befindet.

Die Sendungen, mit Ausnahme derjenigen von Topfpflanzen , müssen fest verpakt sein, daß kein Theilchen der Wurzeln entweichen kann,tt und brachte denselben durch Kreisschreiben vom 18. August 1880 den Kantonsregierungen (Bundesblatt 1880, Bd. III, S. 609) und den Vertragsstaaten zur Kenntniß.

Mit Note vom 3. November desselben Jahres machte die deutsche Regierung die Anregung, es sei die Vorschrift in Art. 3

925

der Konvention auch formell zu ändern und bezeichnete es als dringend wünschenswert}], die Konvention auch noch in zwei andern Punkten zu modifiziren. Die in Art. 3, Litt, b, verlangte Bescheinigung der Behörden, des Ursprungslandes, nämlich, daß ein versandter Gegenstand nicht erst neulich in die Gegend des Absendungsortes eingeführt worden sei, bemerkte sie, werde namentlich von den Behörden größerer Ortschaften in Bezug auf bestimmte Pflanzenindividuen überhaupt nicht ertheilt werden können. Ferner sei es nothwendig, den in Art. 3, Absaz a, der Konvention enthaltenen Ausdruk ,,territoire" näher zu bestimmen, indem über die Bedeutung dieses Begriffes dem räumlichen Umfange nach mannigfach Zweifel entstanden seien.

In Gemäßheit von Art. 7, Absaz 3, zufolge welchem der schweizerische Bundesrath die Vermittlung zwischen den kontrahirenden Staaten übernommen hat, gaben wir unterm 19. November 1880 von dieser Anregung der deutschen Regierung den übrigen Vertragsstaaten Kenntniß und luden sie ein, uns ihre Ansichten darüber, sowie über ihre Geneigtheit, sich an einer internationalen Konferenz vertreten zu lassen, welche nach Art. 6 in Bern stattzufinden habe, mitzutheilen.

Nachdem die meisten Vertragsstaaten ihre Zustimmung zu der Anregung der deutsehen Regierung gegeben hatten, sezten wir unterm 23. August 1881 den Beginn der Konferenz auf den 3. Oktober 1881 fest und theilten mit Note vom 24. September 1881 den Vertragsstaaten diejenigen Abänderungsvorschläge mit, welche bis dahin zu unserer Kenntniß gelangt waren.

II.

Die Konferenz dauerte vom 3. Oktober bis 3. November.

Es waren namentlich die Bestimmungen betreffend den Verkehr mit den Gartenbauprodukten und Trauben, welche zu lebhaften Diskussionen Veranlaßung gaben und in Betreff welcher die Konferenz Mühe hatte, zu einer Verständigung zu gelangen. Die Konferenz als solche hielt nur acht Sizungen. während eine von ihr bestellte Subkommission während der ganzen Zeit beinahe täglich deren mehrere abhielt.

Ueber die Tbätigkeit dieser Subkommission glauben wir uns hier nicht verbreiten zu sollen, indem wir einfach auf die Protokolle und einen Generalbericht verweisen, welcher ein getreues Bild der Verhandlungen gibt, welche im Schöße dieser Kommission stattfanden.

926 Hier erwähnen wir nur noch, daß im Verlaufe der Verhandlungen eine Reihe neuer Revisionsanträge gestellt und namentlich auch der Versuch gemacht wurde, in die Bestimmungen der alten Konvention mehr Klarheit zu bringen und die Vorschriften besser zu gruppiren. So wurden namentlich die Bestimmungen betreffend die Zirkulation der Reben und Reben-BestandLheile und -Produkte besser von denen geschieden, die sich auf den Verkehr mit den übrigen Pflanzen beziehen. Auf diese Weise wurde die ganze Oekonomie der Konvention umgestaltet ; ferner wurde ihr ein Schlußprotokoll beigegeben, welches sowohl Erläuterungen zu einigen Bestimmungen enthält, als auch einiger speziellen Ausuahmsfälle, in denen von den allgemeinen Regeln abgewichen werden kann, Erwähnung thut.

Nach diesen erläuternden Mittheilungen können wir zu demjenigen Theile unseres Berichtes übergehen, welcher die Aenderungen angibt, welche an der Konvention vom 17. Sept. 1878 vorgenommen worden sind.

III.

Ad Art. 4, Alinea 4. Es ist selbstverständlich, daß die Konvention vom 17. September 1878 so lange in Kraft bleibt, bis die neue von den gesezgebenden Körpern der Vertragsstaaten ratifizirt und die Ratifikationsurkunden ausgewechselt sind. Da aber an der Konferenz zwei Staaten, welche der alten Konvention beigetreten sind, nicht vertreten waren, mußte die Frage aufgeworfen werden, in welchem Verhältnisse man zu denjenigen Staaten sich stellen würde, die der revidirten Konvention die Ratifikation versagen. Es wurde beschlossen, durch einen Zusaz zu Art. l, Alinea l, zu erklären, daß man mit Annahme der neuen Konvention von der alten zurüktrete, woraus folgt, daß die leztere nur noch für die Staaten in Kraft verbliebe, welche erstere nicht ratifizirten. Der Rüktritt von der alten konnte während ihres Bestandes nur vermittelst einer Erklärung zu Händen des Schweiz. Bundesrathes geschehen.

Ziffer 4. Die hier angebrachte Aenderung ist nur redaktioneller Natur und die dazu gehörige Note im Schltißprotokoll gibt an, was man unter dem Ausdruk T),,serres"1 verstanden wissen wolle.

Ziffer 2. In Entsprechung des von der .deutschen Regierung gestellten Antrages, den Ausdruk ,,territoire"' durch einen präziseren Ausdruk zu ersezen, wurde eine Bezeichnung eingeführt, die genau zwischen den wirklich von der Reblaus befallenen G-rundstüken und den bloß durch die Nachbarschaft von kranken

927

Reben verdächtigen Gebieten unterscheidet. In der hiezu eehörisen ~ O O Note des Schlußprotokolls wird überdies bestimmt, daß jeder einzelne Staat die Ausdehnung der Sicherheitszonen je nach den besonderen Verhältnissen eines jeden Infektionsfalles festsezen könne.

Ziffer 3. Veränderung redaktioneller Natur. Die hiezu gehörige Note des Schlußprotokolls macht die Vertragsstaaten auf die Postsendungen aufmerksam, damit sie die nöthigen Maßregeln treffen, um der Verheimlichung der Versendung von kleinen Rebbestandtheüen zu begegnen.

Ziffer

4.

Unbedeutende redaktionelle Aenderung.

Art. 2, Alinea i. Nach Artikel 2 der früheren Konvention waren nur die Tafeltrauben ohne Blätter und Rebholz zum ungehinderten internationalen Verkehr zugelassen. Nach der neuen Konvention können keinerlei Trauben von den Vertragsstaaten einem Einfuhrverbote unterworfen werden. Statt des Ausdrukes ,,Tafeltrauben ohne Blätter und Rebholz" heißt es nämlich im entsprechenden Artikel der neuen Konvention einfach ,,Trauben." Der Ausdruk ,,ohne Blätter und Rebholz a wurde aus redaktionellen Gründen weggelassen.

weil ein spezieller Artikel der Konvention für Sendungen aller Art vorschreibt, daß sie weder Rebblätter noch Rebenbestandtheile enthalten dürfen. Die Verschiedenheit besteht sonach nur darin, daß Weinlesetrauben von den Staaten ebenfalls keinem Einfuhrverbote unterworfen werden dürfen. Die schweizerische Vertretung hatte verlangt, daß den Staaten auch das Recht zurükgegeben werde, die Einfuhr von Tafeltrauben zu verbieten, weil sie die Unschädlichkeit derselben keineswegs für erwiesen erachtete. Die Konferenz (heilte diese Anschauung jedoch nicht, verstand sich indessen, Dank den eifrigen Bemühungen unserer Vertreter, dazu, im Schlußprofokoll (Note. 4/ in Berüksichtigung des Umstandes, daß die Schweiz von Staaten umgeben ist, in denen die Reblaus in größerer oder geringerer Ausdehnung herrscht, uns das Recht einzuräumen, die Einfuhr von Tafeltrauben nach den weinbautreibenden Gegenden zu verbieten, nicht aber deren Durchfuhr zu untersagen. Die Berechtigung zum Verbot der Einfuhr von Weinlesetrauben wollte man uns nicht zugestehen, obwohl leztere für gefahrlicher gelten als Tafeltrauben.

Unter diesen Umständen schien es geboten, die Einfuhr dieser Produkte an Bedingungen zu knüpfen, die gegenüber den früheren eine Verschärfung enthalten und eine möglichst vollständige Garantie gegen die Infektion gewähren. So wurde für die Tafeltrauben die in der alten Konvention nicht vorhandene Vorschrift aufgestellt, daß sie nur in fest verpakten, aber dennoch leicht zu untersuchenden Kisten, Schachteln oder Körben zur Versendung

928 gelangen dürfen /Alinea 2/ und für die Weinlesetrauben die Vorschrift, daß sie nur gekeltert und in wohlverschlossenen Gebinden zirkuliren dürfen /'Alinea 3j. Ferner schreibt Note 5 des Schlußprotokolls vor, daß solche Fässer einen Gehalt von wenigstens fünf Hektoliter haben und so gereinigt sein müssen, daß sie keine Erd- oder Rebenbestandtheile- an sich haben. Da die Weinlesetrauben natürlich nicht an und für sich gefährlicher sind als die Tafeltrauben, sondern nur deßhalb, weil das Einsammeln derselben und ihre Verpakung weniger sorgfältig geschieht und weil auch ihr Bestimmungsort ein anderer ist als der jener, so fand man für nöthig, die Konzession ihrer Zulassung zum internationalen Verkehr durch strengere Vorschriften betreffend ihre Zirkulation zu kompensiren.

Ebenso verhält es sich mit den Trestern, die nun ebenfalls zum ungehinderten internationalen Verkehr zugelassen werden.

Alinea 4 dieses Artikels ist neu. Dasselbe wurde ebenfalls von der schweizerischen Vertretung verlangt. Es ist bekannt, daß in vielen, namentlich südlichen, Gegenden viel Gemüse als sogenannte Zwischenkulturen in den Reben gezogen werden. Da dieselben meistens mit den Wurzeln zum Verkaufe gebracht werden, so schien eine Bestimmung zwekmäßig, welche den Staaten das Recht einräumt, ihre Einfuhr wenigstens in die Grenzgebiete für den Fall zu verbieten, daß sie aus Gegenden kommen, die von der Reblaus heimgesucht sind. Die Gefährlichkeit derselben wird um so geringer, ie mehr Weg sie zurükgelegt haben. Deßhalb wurde dieses Recht des Verbotes ihrer Einfuhr bloß auf die Grenzgebiete beschränkt, Art. 3. Die wichtigste Veränderung erfuhren die Vorschriften betreffend den Verkehr in Gartenbauprodukten, die mit der Rebe nicht verwandt sind. Die Beschwerden, welche gegen dieselben vorgebracht wurden, haben wir Ihnen bereits oben sub I zur Kenntniß gebracht. Es handelte sich darum, eine Vorschrift zu finden, welche den berechtigten Interessen der Handelsgärtner Rechnung trägt, ohne im Mindesten die Garantien für den Weinbau abzuschwächen.

Mit Rüksicht darauf, daß Obstbäume, Gesträuche und alle anderen Pflanzen außer der Rebe nur dann gefährlich werden können, wenn ihre Wui'zeln mit denjenigen von phylloxerirten Reben in Berührung gekommen sind, hielt man dafür, es seien von der freien Zirkulation nur diejenigen Pflanzen
auszuschließen, die in der Nähe von Reben gewachsen sind. Die in der Konvention vom Jahr 1878 gemachte Unterscheidung zwischen phylloxerirten Gebieten und solchen, die als von der Reblauskrankheit verschont gelten, wurde aufgehoben, weil man fand, es sei für die die Zeugnisse ausstellende Behörde leichter zu bescheinen, daß ein bestimmte»

92&

Grundstük keine Reben enthalte, von Rebenanlagen in einer gewissen Entfernung liege und daß auf demselben kein Handel mit Reben getrieben werde, als daß dasselbe von der Reblaus verschont sei. In der That kann ein Gebiet als von der Reblauskrankheit verschont gelten, während dieselbe schon längst in latentem Zustande in demselben vorhanden ist. Das Zeugniß, wie es in der neuen Konvention verlangt wird, bietet deßhalb eine unvergleichlich bessere Garantie.

Litt, d dieses Artikels sieht auch noch den Fall vor, daß auf dem Grundstük, auf welchem zur Versendung gelangende Pflanzen gewachsen sind, früher phylloxerirte Rebstöke sich befunden haben.

In einem solchen Falle muß die Ausrodung der phylloxerirten Rebwurzeln, wiederholte Behandlung mit Gift und während drei Jahren Untersuchungen stattgefunden haben, die die vollständige Vernichtung des Insektes und der Wurzeln sichern.

Die hiezu gehörigen Bestimmungen des Schlußprotokolls, wonach die Bescheinigungen der kompetenten Behörden auf den Erklärungen eines amtlich bestellten Sachverständigen beruhen müssen, sind nur geeignet, den Werth der Zeugnisse, über deren Nüzlichkeit man sonst Zweifel hegen konnte, zu erhöhen. Zu bescheinigen, wie es die Konvention vom Jahr 1878 vorschrieb, daß eine Pflanze nicht in jüngster Zeit in den Versendungsort eingeführt worden, das kann einem gewissenhaften Beamten, namentlich in größeren Ortschaften, nicht zugemuthet werden.

Art. 4 ist gleichlautend mit Alinea 4 des 2. Artikels der Konvention vom Jahr 1878.

Art. 5. Al. i ist gleichlautend mit AI. 3 von Art. 2 der Konvention vom Jahr 1878.

Das z w e i t e A l i n e a dieses Artikels gibt den Regierungen der Vertragsstaaten die Möglichkeit, solchen Personen, welche Reben auf dem angrenzenden Gebiete eines Nachbarstaates besizen, die Erlaubniß zu ertheilen, im Herbste ihre ausgerissenen Reben und ihr trokenes Rebholz heimzuführen.

Von diesem wiedererlangten Rechte werden wir zu Gunsten der Landleute, welche jenseits der schweizerischen Grenze Rebberge besizen -- und dieß scheint namentlich in den Kantonen Genf, Zürich, Thurgau, Schaffhausen und Graubünden der Fall zu sein -- oft in den Fall kommen, Gebrauch zu machen. Es ist selbstverständlich, daß Bewilligungen, die aus jenem Rechte entspringen, nur dann ertheilt werden, wenn die bezüglichen Grundstüke in einer von der Reblaus nicht heimgesuchten Gegend liegen.

930 Art. 6 ist, eine Verschmelzung von Art. 2, AI. 5 und Art. 3, AI. 2 der Konvention vom Jahr 1878. Neu ist in demselben die Vorschrift, daß, wenn ein Staat die Bewilligung zur Einfuhr von Reben gegeben hat, dieselben, sowie ihre Verpackung, vor dem Eintritt in das Bestimmungsland desinfizirt worden sein müssen.

Die Wahl des Desinfektionsmittels ist jedem Staat freigelaßen.

Eine für die Schweiz, deren Weinberge im Südwesten nicht sehr weit von den französischen Reblausherden entfernt sind, höchst wichtige Bestimmung enthält das Schlußprotokoll zu diesem Artikel. Darnach sollen die vertragschließenden Staaten dafür Sorae tragen, daß au den Grenzen keine Reben fremden oder verdächtigen Ursprungs gepflanzt werden. Die strenge Durchführung dieser Maßregel seitens Frankreichs dürfte geeignet sein, den Zeitpunkt hinauszuschieben, in welchem die dieß- und jenseitigen Reblausfleken in einander zusammenfließen.

Art. 7 entspricht, abgesehen von einigen geringfügigen redaktionellen Aendei-ungen, dem 6. Alinea von Art. 3 der Konvention vom Jahr 1878.

Art. 8. Nach dem entsprechenden Artikel der Konvention vom Jahr 1878 mußten Gegenstände, welche an einer Zollstätte angelangt waren und denen die Einfuhr verboten war, an den Abgangsort zurükspedirt werden. Nun ist auch der oft vorkommende Fall vorgesehen, daß der Eigenthümer, namentlich wenn es sich um einen geringfügigen Gegenstand handelt, dessen Rükspedition mehr Kosten verursachen würde, als er werth ist, vorzieht, die angehaltene Waare verbrennen zu lassen. Der Zusaz ist eine erhebliche Verkehrserleichterung und wird namentlich der Zollbehörde manche Verlegenheit ersparen. Es sezt dieses Verfahren voraus, daß der Eigenthümer beim Anhalten der Sendung gegenwärtig sei.

Ebenso ist durch die Note des Schlußprotokolls zu diesem Alinea eine große Verkehrserleiehterung zu Gunsten des reisenden Publikums geschaffen. Es steht darnach den Staaten frei, in Bezug auf Zierpflanzen und Trauben ohne Blätter und Rebholz, die von Reisenden als Handgepäk eingeführt werden, von der Anwendung der in Art. 2, AI. 2 und Art. 3 enthaltenen Vorschriften Umgang zu nehmen. Es ist indessen zu beachten, daß diese Erleichterung nur für die mit Schnellzügen ankommenden Reisenden und für die größeren Städte in Aussicht genommen wird, wo es dem Zollbeamten bei dem besten Willen nicht
möglich wäre, zu untersuchen, ob für jede am Arme getragene Pflanze auch die Verpackung und das Zeugniß den bestehenden Vorschriften gemäß sei. Die vielen Reklamationen der Reisenden und die großen Verlegenheiten der

931

Zollbeamten haben die Einführung dieser Bestimmung nöthig gemacht. Es wird namentlich bei uns diese Vergünstigung nur auf wenigen Zollstätten Anwendung finden.

Das AI. 2 dieses Artikels ist eine Verschmelzung rori Art. 3, AI. 4 und 5 und Art. 4, AI. 2 der Konvention vom Jahr 1878.

Da nach Art. 6 Rebensezlinge und -Schößlinge, sowie ihre Verpakung bei ihrem Eintritt in ein Land desinfizirt worden sein müssen, konnte die Vorschrift im entsprechenden Art. 4 der Konvention vom Jahr 1878, daß die Beförderungsmittel, durch welche phylloxerirte Gegenstände tvansportirt worden sind, desinfizirt werden müssen, weggelassen werden. Dieses Alinea enthält übrigens noch die Verschärfung, daß nicht nur solche Gegenstände verbrannt werden sollen, auf denen die Experten die Reblaus konstatirt haben, sondern auch solche, auf denen sie nur verdächtige Anzeichen der Krankheit entdekt haben.

Art. 9. Alinea i ist eine Verschmelzung von AI. l und 2 des Art. 5 der Konvention vom Jahr 1878.

Ziffer i und 2. Veränderungen redaktioneller Natur.

Ziffer 3 ist eine Verschmelzung der Ziff. 3 und 6 des Art. 5 der Konvention vom Jahr 1878.

Ziffer 4 ist unverändert.

Die Veränderung in Ziffer 5 gegenüber Ziffer 5 von Art. 5 der alten Konvention entspricht der Veränderung in Ziffer 2 von Art. 1.

Die hiezu gehörige Note im Schlußprotokoll ist auf die Bemerkung hin aufgenommen worden, daß ein von der Krankheit ergriffener Punkt von zu geringer Ausdehnung sein könne, um auf der Karte nach dem Maßstabe angegeben werden zu können, und um zu erfordern, daß ein ganzer Verwaltungsbezirk mit dem Banne belegt werde.

Ziffer 6 schreibt die Mittheilung einer Liste derjenigen Gartenbauetablissemente vor, die in jeder Beziehung den Vorschriften der Konvention ein Genüge leisten, betont sonach die Notwendigkeit einer beständigen Ueberwachung derselben und konstituirt eine Garantie für den gewissenhaften Pflanzenhandel.

Ziffer 7 Die zahlreichen Fälle, in denen durch Versendungen aus Reben kultivirenden Etablissementen die Infektion in weite Ferne verschleppt wurde -- man denke nur an die ersten Infektionen im Kanton Neuenburg -- ließen es wünschenswerth erscheinen,

932

daß auch jede Anstekung den Vertragsstaaten zur Kenntniß gebracht werde, die in Gartenbauetablissementen, Pflanzschulen, botanischen Gärten etc. vorkommen, und daß zur Erleichterung der Untersuchungen auch diejenigen Speditionen mitgetheilt werden, die aus solchen Etablissementen während der lezten Jahre gemacht worden sind. Viel Unglük hätte verhütet werden können, wenn die Weinbau treibenden Staaten Europas sich schon früher über eine solche Bestimmung hätten einigen können, denn manche Sendung, welche die Verschleppung der Reblauskrankheit verursacht hat, wäre unterblieben und mancher Herd wäre früher entdekt worden.

Ziffer

8 und 9 enthalten nur unbedeutende Abänderungen.

Art. 10 ist neu, gibt jedoch zu keinen besonderen Bemerkungen Veranlassung.

Art. ii, 42 und 43 entsprechen den Artikeln 6 und 7 der Konvention vom Jahr 1878.

IV.

Obwohl wir nun die Vortheile der neuen Konvention gegenüber derjenigen vom Jahr 1878 bereits bei Angabe der einzelnen Abänderungen angedeutet haben, wollen ' wir die hauptsächlichsten derselben hier noch kurz resümiren: !_) Es ist uns das Recht eingeräumt worden, die Einfuhr von Tafeltrauben nach den Weinbau treibenden Gegenden unseres Landes zu verbieten (Schlußprotokoll zu Art. 2, AI. 1).

23 Sämmtlichen Vertragsstaaten steht es frei, die Einfuhr von Gemüsen, die als Zwischenkulturen in von der Reblauskrankheit ergriffenen Weinbergen gezogen worden sind, in die Grenzgebiete zu untersagen "(Art. 2, AI. 5).

3) Den berechtigten Beschwerden eines wichtigen Zweiges der Landwirthschaft, denen des Gartenbaues und der Baumzucht, ist abgeholfen worden, "ohne daß die Maßregeln zu Gunsten des Weinbaues im Mindesten darunter leiden. Ja es ist demselben eine viel ausreichendere Garantie gegen die PhylloxeraInfektion gegeben (Art. 3).

4) Den Besizern von Reben auf den Grenzen eines benachbarten Gebietes ist die Möglichkeit, ihre Güter zu bewirtschaften, nicht mehr benommen (Art. 5).

5) Es steht jedem Staate wie früher das Recht zu, die Einfuhr von Reben zu verbieten; gestattet er sie aber, so ist die

933

Einfuhr an strengere Bedingungen geknüpft, als die hiefür in der Konvention vom Jahr 1878 aufgestellten (Art. 6).

6) Eine fernere neue Garantie erhält der Weinbau durch die Bestimmung des Schlußprotokolls zu Art. 6. Mit Bezug auf die freie Zone ist es für den Kanton Genf von Wichtigkeit, daß in der Nähe der Grenzen keine Reben fremden oder verdächtigen Ursprungs gepflanzt werden sollen.

Wir beschränken uns auf die Aufzählung dieser Vortheile, indem sich die übrigen leicht aus einer Vergleichuog der alten und neuen Konvention ergeben. Wir wollen auch nicht unterlassen beizufügen, daß die neue Konvention nach unserer Ansieht auch einen Nachtheil enthält gegenüber derjenigen vom Jahr 1878. Derselbe besteht darin, daß die Weinlesetraubeu nunmehr ebenfalls zum freien internationalen Verkehr zugelassen sind. Im Vergleich zu den Vortheilen und in Anbetracht der Bedingungen, an die die Einfuhr von Weinlesetrauben geknüpft ist, kann dieser Nachtheil nicht in Betracht kommen.

Wir glauben daher Ihnen die Ratifikation der neuen Uebereinkuaft empfehlen zu können, und beantragen Ihnen daher die Annahme nachstehenden Bundesbeschlusses.

Wir beauzen auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer besondern Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. Dezember 1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Droz.

Der Kanzler der Eidgenoßenschaffc : Schieß.

934 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

die revidirte internationale Phylloxera-Uebereinkunft.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 6. Christmonat 1881, beschließt: 1. Die vorbehaltene Ratifikation wird der am 3. Wintermonat 1881 in Bern zwischen der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Oesterreich-Ungarn und Portugal abgeschloßenen neuen Phylloxera-Uebreinkunft ertheilt.

2. Der Bundesrath wird mit der Vollziehung des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

935

Internationale Phylloxera-Uebereinkunft.

(Vom 3. November 1881.)

Die schweizerische

Eidgenossenschaft,

Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen, Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn,

Apostolischer

der Präsident der Französischen Republik, Seine Allergetreueste Majestät der König von Portugal,

in Erwägung der an den hohen schweizerischen Bundesrath von Seiten mehrerer der hohen vertragschließenden Staaten gerichteten Begehren, die dahin zielten, verschiedene Bestimmungen der Uebereinkunft vom siebenzehnten September eintausend achthundert achtundsiebenzig abzuändern, haben in Gemäßheit der Vorschriften von Artikel sechs beschießen: besagte Uebereinkunft einer Revision zu unterwerfen, und haben zu diesem Zweke zu ihren Bevollmächtigten ernannt : Die schweizerische Eidgenossenschaft:

Herrn L o u i s R u c h o n n e t , Bundesrath, Vorsteher des eidgenößischen Handels- und Landwirthschaftsdepartements ; Herrn V i c t o r F a t i o , Doktor der Philosophie: Naturwissenschaften.

936 Seine Majestät der Deutsche Kaiser, König von Preußen: Herrn H e i n r i c h von R o d e r , General in der Infanterie, seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft; Herrn A d o l p h W e y m a n n , seinen geheimen Regierungsrath und vortragenden Rath im Reichskanzleramt des Innern.

Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich, Apostolischer König von Ungarn : Herrn M o riz Freiherr von O t t e n f e l s - G s c h w i n d , seinen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft; Herrn A n t o n i o von P r e t i s - C a g n o d o , Ministerialrath im k. k. österreichischen Akerbauministerinm ; Herrn G u s t a v E m i c h von E m c e k e , Truchseß seiner k. & k. apostolischen Majestät.

Der Präsident der Französischen Republik : Herrn E m a n u el Ar a g o , Senator, französischer Botschafter bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft; Herrn M a x i m e C o r n u , Doktor der Wissenschaften.

Seine Allergetreueste Majestät der König von Portugal: Herrn V i n z e n z von E r n s t , seinen Generalkonsul in der Schweiz ; Herrn A l f r e d Vicomte de V i l l a r d ' A l l e n ; Herrn R o d r i g u e s de M o r a e s , welche nach Mittheilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmächten über nachstehende Artikel übereingekommen sind : Erster Artikel.

Die vertragschließenden Staaten treten von der internationalen Uebereinkunft vom 17. September 1878 zurük, um eine neue abzuschließen, und verpflichten sich, ihre .innere Gesezgebung, falls sie es nicht schon gethan haben,

937 dahin zu vervollständigen, daß dadurch eine gemeinschaftliche und wirksame Bekämpfung der Einschleppung und Verbreitung der Reblaus gesichert wird.

Diese Gesezgebung soll sich insbesondere auf folgende Punkte beziehen: 1) Die Beaufsichtigung der Weinberge, Pflanzschulen aller Art, der Gärten und Treibhäuser, die zur Auffindung der Reblaus erforderlichen Untersuchungen und Ermittlungen und endlich die behufs möglichster Ausrottung derselben zu entwikelnde Thätigkeit; 2) die Abgrenzung der von der Krankheit befallenen Flächen und des Umfanges der durch die Nachbarschaft von Infektionsherden verdächtig gewordenen Bezirke, und zwar je im Verhältniß zum Auftreten und zur Verbreitung des Uebels im Innern der Staaten ; 3) die Regelung des Transportes und der Verpakung der Rebensezlinge, der Theile und Produkte der Rebe, sowie der Sezlinge, Gesträuche und aller andern Erzeugnisse des Gartenbaues, um zu verhindern, daß die Krankheit ihren Herd im Innern des Landes überschreite oder in andere Staaten Eingang finde; 4) die Verfügungen betreffend die Uebertretungen der angeordneten Maßregeln.

Artikel 2.

Zum ungehinderten internationalen Verkehr werden zugelassen : Wein, Trauben, Trester, Traubenkerne, abgeschnittene Blumen , Gemüseprodukte , Samenkörner und Früchte aller Art.

Tafeltrauben dürfen nur in fest verpakten, aber dennoch leicht zu untersuchenden Kisten, Schachteln oder Körben zur Versendung gelangen.

Weinlesetrauben dürfen nur gekeltert und in wohlverschlossenen Gebinden zirkuliren.

Weintrester dürfen nur in Kisten oder wohlverschlossenen Fässern zirkuliren.

Bnndesblatt. 33. Jahrg. Bd. IV.

64

938 Jeder Staat hat das Recht, in den Grenzdistrikten beschränkende Maßnahmen gegenüber den Gemüsen zu erlassen , die als Zwischenkulturen in phylloxerirten Weinbergen gezogen worden sind.

Artikel 3.

Sezlinge, Gesträuche und alle andern Vegetabilien ausser der Rebe, die aus Pflanzschulen, Garten oder Treibhäusern kommen, werden zum internationalen Verkehr zugelassen, können jedoch in einen Staat nur über die von demselben zu bezeichnenden Zollbüreaux eingeführt werden.

Die genannten Gegenstände sollen fest verpakt sein, jedoch immerhin nur so, daß die notwendigen Untersuchungen leicht möglich sind. Sie müssen von einer Deklaration des Versenders und einer Bescheinigung der kompetenten Behörde des Landes, aus welchem sie kommen, begleitet sein, welche Bescheinigung besagen soll : a. daß sie aus einem Grundstük (einer Anpflanzung, einer Einfriedigung) kommen, das von jedem Rebstok wenigstens 20 Meter entfernt oder durch ein anderes, von der kompetenten Behörde für genügend erachtetes, den Wurzeln entgegengeseztes Hinderniß getrennt ist; b. daß dieses Grundstük selbst keinen Rebstok enthält ; c. daß auf demselben kein Depot für diese Pflanze errichtet ist; d. daß, wenn mit der Reblaus behaftete Reben in demselben sich befunden haben, die Ausrodung der Wurzeln, wiederholte Behandlung mit Gift und während drei Jahren Untersuchungen stattgefunden haben, die die vollständige Vernichtung des Insekts und der Wurzeln sichern.

Artikel 4.

Hinsichtlich der Zulassung von Weinlesetrauben, Weintrestern, Kompost, Düngererde, schon gebrauchten Schuz-

939

pfählen und Rebsteken in die Grenzgebiete werden sich die Nachbarstaaten ins .Einvernehmen sezen, mit dem Vorbehalte jedoch, daß die genannten Gegenstände nicht aus einer von der Reblaus heimgesuchten Gegend kommen.

Artikel 5.

Ausgerissene Reben und trokenes Rebholz sind von dem internationalen Verkehr ausgeschlossen.

Indessen können sich die aneinander grenzenden Staaten hinsichtlich der Zulassung dieser Gegenstände in den Grenzgebieten ins Einvernehmen sezen, unter dem Vorbehalte, daß dieselben nicht aus einer von der Reblaus heimgesuchten Gegend kommen.

Artikel 6.

Rebensezlinge, Rebenschößlinge mit oder ohne Wurzeln und Rebholz dürfen in einen Staat nur mit dessen förmlicher Einwilligung und unter Kontrole der Regierung und nachdem sie desinßzirt worden sind, eingeführt werden. Die Einfuhr darf nur über die besonders bezeichneten Zollbüreaux stattfinden.

Die genannten Gegenstände dürfen nur in hölzernen, vollständig mit Schrauben verschlossenen, aber dennoch leicht zu untersuchenden Kisten zirkuliren. Die Verpakung muß ebenfalls desinfizirt worden sein.

Artikel 7.

Die zum internationalen Verkehr zugelassenen Sendungen, welcher Art sie immer sein mögen, dürfen weder Rebenabgänge noch Rebenblätter enthalten.

Artikel 8.

Die Gegenstände, welche bei einer Zollstätte angehalten worden sind, weil sie den Vorschriften in den Artikeln 2, 3, 6 oder 7 nicht genügen, müssen an den Versandtort auf Kosten dessen, den es angeht, zurükgewiesen oder nach der

940 Wahl ihres Eigentümers, wenn .derselbe gegenwärtig ist, durch Feuer vernichtet werden.

Die Gegenstände, an denen die zugezogenen Sachverständigen die Reblaus oder verdächtige Anzeichen gefunden haben, sollen sofort und an Ort und Stelle sammt ihrer Verpakung durch Feuer vernichtet werden. In einem solchen Falle soll ein Protokoll aufgenommen und der Regierung des Herkunftlandes übermittelt werden.

Artikel 9.

Die vertragschließenden Staaten verpflichten sich, behufs der Förderung des Zusammenwirkens, sich regelmäßig und mit der Erlaubniß, davon für die von ihnen zu machenden und wechselseitig auszutauschenden Veröffentlichungen Gebrauch zu machen, mitzutheilen : 1) die von jedem derselben hinsichtlich des Gegenstandes erlassenen Geseze und Verordnungen; 2) die in Vollziehung dieser Geseze und Verordnungen, sowie der gegenwärtigen Uebereinkunft, getroffenen Maßregeln ; 3) die Art und Weise, wie sowohl im Innern als an den Grenzen die Dienststellen zur Bekämpfung der Reblaus organisirt sind, sowie die Berichte über den Verlauf der Reblauskrankheit; 4) jede Entdekung eines neuen Reblausherdes anf einem bisher für verschont gehaltenen Gebiete, mit Angabe der Ausdehnung und wenn möglich der Ursachen der Anstekung (diese Mittheilung soll stets ohne Verzug gemacht werden); 5) eine Karte mit Maßstab, die jedes Jahr zur Bezeichnung der Abgrenzung der infizirten Flächen und der durch die Nachbarschaft von Infektionsherden verdächtig gewordenen Bezirke erstellt werden soll; 6) auf dem Laufenden gehaltene Listen der Etablissemente, Pflanzschulen und Gärten, welche in passender

941 Jahreszeit regelmäßigen Untersuchungen unterworfen und amtlich als den Vorschriften der gegenwärtigen Uebereinkunft entsprechend erklärt, werden; 7) jede neue Ermittlung einer Anstekung in Etablissementen, Rebschulen und Gärten aller Art unter mögliehst vollständiger Angabe der in den lezten Jahren vorgekommenen Versendungen (diese Mittheilung soll stets ohne Verzug gemacht werden) ; 8) die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschungen und praktischen Erfahrungen und Verfahren in Bezug auf die Phylloxerafrage ; 9) alle sonstigen Schriftstüke, welche für den Weinbau von Interesse sind.

Artikel 10.

Die durch gegenwärtige Uebereinkunft verbündeten Staaten werden die nicht kontrahirenden Länder nicht günstiger behandeln als die kontrahirenden Staaten.

Artikel 11.

Wenn es für nöthig erachtet wird, werden die vertragschließenden Staaten sich an einer internationalen Versammlung vertreten lassen, welche die Aufgabe hat, die aus der Vollziehung der Uebereinkunft sich ergebenden Fragen zu prüfen und die durch die Erfahrung und die Fortschritte der Wissenschaft gebotenen Abänderungen vorzuschlagen.

Besagte internationale Versammlung wird ihre Sizungen in Bern halten.

Artikel 12.

Die Auswechslung der Ratifikationen soll binnen sechs Monaten nach dem Datum der Unterzeichnung der gegenwärtigen Uebereinkunft oder, wenn es möglich ist, noch früher in Bern stattfinden. Die Uebereinkunft wird 15 Tage nach der Auswechslung der Ratifikationen in Kraft treten.

942 Artikel 13.

Jeder Staat kann jederzeit der gegenwärtigen Uebereinkunft beitreten oder von ihr zurüktreten mittelst einer Erklärung zu Händen des hohen schweizerischen Bundesrathes, welcher die Vermittlung zwischen den vertragschließenden Staaten hinsichtlich der vorstehenden Artikel 11 und 12 übernimmt.

Zur Urkunde dessen haben die betreffenden Bevollmächtigten diese Uebereinkunft unterzeichnet und derselben ihr Siegel beigedrükt.

So geschehen zu B e r n am dritten Tage des Monats November des Jahres eintausend achthundert und einundachtzig (3. November 1881).

(L. S.) (SigO ,, ,, ,, » ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, fl ,, ,, ,, ,,

L Ruchonnet.

Victor Patio.

v. Boeder.

Weymann.

Ottenfels.

Pretis.

Emich.

Emm. Arago.

Maxime Cornu.

V. d'Ernst.

Ve de Villar d'Allen.

M. Rodrig. de Moraes.

943

Schlußprotokoll.

Die Unterfertigten, zur Unterzeichnung der internationalen Phylloxera-Uebereinkunft Versammelten erklären sich einverstanden über den Sinn und die Geltung der folgenden erklärenden und ergänzenden Anmerkungen: Zu Artikel l, Ziff. 1.

Unter dem Ausdruk ,,serresu ist jedes Etablissement zu verstehen, das zur Vermehrung und Erhaltung von Pflanzen dient (Treibbeete, Treibhäuser, Orangerien etc.).

Zu Artikel l, Ziff. 2.

Jeder Staat bestimmt die Ausdehnung der durch die Nachbarschaft von Infektionsherden verdächtig gewordenen Bezirke, nach den besondern Verhältnissen eines jeden Falles.

Zu Artikel l, Ziff. 3.

Die Konferenz macht die Regierungen auf die Postsendungen aufmerksam.

Zu Artikel 2, Absaz 1.

Die vertragschließenden Staaten, in Bcrüksichtigung der eigenthümlichen Lage der Schweiz, gestehen diesem Staate das Recht zu, die Einfuhr von Tafeltrauben nach den weinbautreibenden Gegenden zu verbieten, nicht aber deren Durchfuhr zu untersagen.

944

Zu Artikel 2, Absaz 3.

Die Gebinde müssen einen Gehalt von wenigstens fünf Hektoliter haben. Dieselben müssen so gereinigt sein, daß sie keine Erd- oder Rebbestandtheile an sich haben.

Zu Artikel 3, Absaz 3.

Die Deklaration des Versenders, welche die mit der Rebe nicht verwandten Pflanzen zu begleiten hat, muß 1) bescheinigen, daß die gesammte Sendung aus seinem Etablissement kommt; 2) den Ort des definitiven Empfangs und die Adresse de» Empfängers angeben; 3) die Versicherung enthalten, daß sich in der Sendung keine Reben befinden; 4) angeben, ob die Sendung Pflanzen mit Erde an den, Wurzeln enthält; 5) mit der Unterschrift des Versenders versehen sein.

Zu Artikel 3, Absaz 2, a und d.

Die Bescheinigung der kompetenten Behörde muß stetsauf der Erklärung eines amtlichen Sachverständigen beruhen.

Zu Artikel 6, Absaz i.

Die vertragschließenden Staaten werden in den Grenzdistrikten in Bezug auf fremde Reben oder solche verdächtigen Ursprungs, soweit es möglich ist, zu Gunsten ihrer Nachbarstaaten beschränkende Maßnahmen treffen.

Zu Artikel 6, Absaz 2.

Die Wahl eines Desinfektiousverfahrens , das von der Wissenschaft als wirksam anerkannt ist, ist jedem Staate überlassen.

Zu Artikel 8, Absaz 1.

Was die mit der Rebe nicht verwandten Pflänzchen,, die Topfpflanzen , die Tafeltrauben ohne Blätter und Reb-

945 holz anbetrifft, so wird jeder taat seinen Zollbüreaux besondere Instruktionen für den Fall ertheilen, daß jene Gegenstände von Reisenden als Handgepäk eingeführt werden.

Zu Artikel 9, Ziff. 5.

Ein oder mehrere inflzirte isolirte Rebstöke außerhalb eines mit Pflanzen Handel treibenden Etablissements und außerhalb einer Weinbau treibenden Gegend sollen nicht zur Folge haben, daß ein ganzer Verwaltungsbezirk mit dem Banne belegt werde, wenn amtlich konstatirt wird, daß die in Artikel 3, Absaz 2, litt, d vorgeschriebenen Zerstörungsarbeiten genau vorgenommen worden sind.

Jeder Staat soll in diesem Falle die Ausdehnung der verdächtigen Zone um diesen Punkt bestimmen, und die Dauer des auferlegten Bannes soll nicht weniger als drei Jahre betragen.

Ein solcher Gestalt mit dem Banne belegter Ort soll wo möglich auf der Karte durch einen Punkt und seinen Namen bezeichnet werden ; jedenfalls soll die Bedeutung des Angriffspunktes oder die Ausdehnung des unter Sequester gestellten Grundstükes genau angegeben werden.

So geschehen zu B e r n am dritten Tage des Monats November des Jahres eintausend achthundert und einundachtzig (3. November 1881).

(L. S.)

,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

(Sig.)

,, n ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

L. Ruchonnet.

Victor Patio.

v. Reeder.

Weymann.

Ottenfels.

Pretis.

Emich.

Emm. Arago.

Maxime Cornu.

V. d'Ernst.

Ve de Villar d'Allen.

M. Rodrig. de Moraes.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Revision der internationalen Uebereinkunft zur Bekämpfung der Reblaus. (Vom 6. Dezember 1881.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1881

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

55

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

31.12.1881

Date Data Seite

921-945

Page Pagina Ref. No

10 011 320

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.