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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von Territet-Montreux am Genfersee nach den Monts de Caux.

(Vom 3. Juni 1881.)

Tit.

Die Herren L. M a y o r - V a u t i e r und Ch. G a u di n in Montreux haben mit Eingabe vom 3. Mai 1881 das Gesuch um Bewilligung einer Drahtseilbahn von Territet am Genfersee aus nach den Monts de Caux oberhalb Glyon gestellt. Die Bahn soll für ihre Anlage in drei Abtheilungen zerfallen: 1) von der Schifflände bei Territet bis zum Planchamp bei der englischen Kirche zu Montreux (130 Meter lang, mit einer Totalsteigung von 12 Metern); 2) vom Planchamp bis zum Dorf Glyon (mit einer Länge von 693 und einer Niveaudifferenz zwischen den beiden Ausgangspunkten von 304 Metern) ; 3) von Glyon bis nach den Monts de Caux (1200 Meter lang, mit einer Steigung von ungefähr 390 Metern).

Von diesen Abtheilungen würde zuerst die Streke vom Planchamp bis Glyon, weil die wenigsten Schwierigkeiten bietend, in Bau genommen. Hinsichtlich der ersten Abtheilung sei zu beachten, daß in diese kurze Streke die Ueberführung der Straße nach Italien und der Linie der Westbahnen falle, und man müße sich für die Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

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Ausführung derselben einen Zeitraum von fünf Jahren, von der Eröffnung der zweiten Sektion an gerechnet, vorbehalten. Auch die dritte Sektion werde einer Reihe von Schwierigkeiten begegnen, in der Art und dem Umfang, daß man hier um eine Frist von 10 Jahren für die Bauausführung bitten müße.

Was die zweite Abtheilung, deren Umfang bereits umschrieben ist, anbetreffe, so solle dieselbe, und im Anschluß daran später auch die beiden Portsezungen, mit doppeltem Geleise mit einer Spurweite von je l Meter und einer Zahnradstange zwischen den Schienen jedes Geleises angelegt werden, sowie mit einer Ausweichvorrichtung in der Mitte der Streke, da man beabsichtige, die beiden Geleise behufs Ersparung von Kosten so nahe zusammen zu legen, daß eine Kreuzung der Züge ohne jene besondere Ausweichung nicht möglich wäre. Als Motor werde Waßer in Aussicht genommen, das sich in genüglicher Menge am Berg finde. Den für die Zuleitung desselben, sowie den für die Geleiseanlage erforderlichen Grund und Boden, gedenke man nöihigenf'alls auf dem Weg der Expropriation zu erwerben. Aehnlich, wie dies bei der seit zwei Jahren im Betrieb stehenden Drahtseilbahn am Gießbach deiFall sei, werden die zirkulirenden Personenwagen Reservoirs erhalten, von denen jeweilen das des herabsteigenden Wagens mit soviel Waßer gefüllt wird, um den auf dem zweiten Geleise gleichzeitig aufwärts zu befördernden Wagen zu heben. Im Weitern werden alle Wägen mit zwei Bremsen versehen, von denen die eine von Hand manipulirt werden solle und die andere berufen sei, im Bedürfnißfall automatisch zu wirken. Für die Straßen-, Weg- und Fußweg-Uebergänge werde durch Anlage von Brüken gesorgt, sei es, daß die vorhandenen Kommunikationen über, sei es, daß sie unter der Seilbahn durch geführt werden.

Die Thatsache, daß die in Rede stehende zweite Abtheilung Steigungen bis auf 57 % aufweisen wird, hatte unser Eisenbahndepartement zuerst veranlaßt, eine Bestimmung zur Aufnahme in die Konzession vorzuschlagen, wonach für die Fahrt eine größere Schnelligkeit als l Meter per Sekunde nicht gestattet worden wäre. Man ist aber auf Ansuchen der Petenten davon abgekommen, diesen Punkt zum voraus festzustellen, und überläßt die Bestimmung der Maximalgeschwindigkeit den nach ausgeführtem Bau zu flxirenden und dem Bundesrath zur Genehmigung vorzulegenden Speziai
Vorschriften finden Betrieb.

Als Kosten für die Anlage dieser Streke und für die Beschaffung des Betriebsrnaterials berechnen die Unternehmer Fr. 500,000, als jährliche Betriebsausgaben Fr. 18,000 und als Bruttobetriebseinnahmen Fr. 70,000. Zu diesen Einnahmen gelangen dieselben,

51 indem sie im Personenverkehr, für den.nur e i n e Wagenklaße eingerichtet wird, als Taxen Fr. 1. 50 für die Berg-, 75 Rp. für die Thalfahrt und Fr. 2 für die Hin- und Rükfahrt rechnen ; etwas hohe Beträge allerdings, wenn man bloß die Länge der Streke (693 Meter), dagegen schon weniger auffallend, wenn man die zu ersteigende Höhe (304 Meter) berüksichtigt, und übrigens ziemlich genau im Verhältniß zu den s. Z. der Drahtseilbahn am Gießbach bewilligten Taxen, und auch nicht auffallend höher, als die, welche auf den Rigibahnen bezogen werden. Aehnlich verhalten sich die für Gepäk und Güter in Aussicht genommenen Frachtsäze. Uebrigens wollen die Unternehmer, so lange nicht Ei'fahrungen vorliegen, welche die Einführung eines weitergehenden Güterdienstes rathsam machen, Güter nur in beschränktem Umfang (Stüke nicht über 100 kg.) annehmen, und es scheint uns auch, daß rnan sich für einstweilen hiemit begnügen kann.

Die ganze Bahnanlage ist überhaupt die einer Personen-, um nicht zu sagen einer fast ausschließlich auf die Benuzung durch den Fremdenverkehr berechneten Touristen bahn. Diesem Charakter entsprechen auch die übrigen in die Konzession aufgenommenen Vorschriften betreffend den Betrieb (Art. 12), wonach nur ein Sommerdienst vom 15. April bis 15. Oktober, während dieser Zeit aber mit täglich mindestens 20 Zügen in jeder Richtung vorgesehen ist.

Im TJebrigen wird das Unternehmen nach dem beiliegenden Konzessionsentwurf wie jede andere Eisenbahn unter die Oberaufsicht des Bundes und die jeweils geltenden Vorschriften der Eisenbahngesezgebung gestellt (Art. 1). Dabei ist klar, daß man, wie dies übrigens den vorhandenen anderweitigen Bahnunternehmungen besondern Charakters gegenüber auch geschieht, den Eigentümlichkeiten des Unternehmens jederzeit gehörige Rechnung tragen wird, vorausgesezt, daß die Sicherheit des Betriebs stets gewahrt ist; und wir erachten es auch hier, ganz gleich wie wir es s. Z. bei Beantragung der Gießbach-Konzession ausgesprochen haben, für richtiger, die Vorschriften in diesem Sinne zu faßen, als zu versuchen, Ausnahmebestimmungen zusammenzustellen, die bei aller Sorgfalt der Formulirung bald zu weit, bald zu wenig weit reichen könnten. Auf Einführung von Rükkaufsbedingungen glaubten wir, dem auch bei der Gießbachbahn beobachteten Verfahren folgend, verzichten zu sollen; es handelt sich um ein Unternehmen, das sich nie einem schweizerische*! Eisenbahnnez einfügen wird, weder seiner Anlage noch auch seiner Bedeutung nach.

52 Mit der Ansezung einer Konzessionsdauer von achtzig Jahren (Art. 2) sind die Potenten einverstanden, ebenso mit den übrigen Bestimmungen betreffend die Ueberwachung von Bau und Betrieb (Art. 5--11, 13 und 15--17). Die weitern Bestimmungen des Konzessionsentwurfs entsprechen den Anträgen der Potenten.

Der Staatsrath des Kantons Waadt hat sowohl das Unternehmen als solches zur Konzessionirung empfohlen, als auch den Vorschriften des Konzessionsentwurfs zugestimmt.

Wir beantragen demnach die Genehmigung des leztern seitens der Bundesversammlung.

Gleichzeitig benuzen wir den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 3. Juni 1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident: Droz.

Der Kanzler der Eidgenoßenschaft : Schieß.

53 (Entwurf)

Bundesfoeschluss betreffend

Konzession einer Eisenbahn von der Schifflände bei TerritetMontreux am Genfersee nach den Monts de Caux.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenoßenschaft nach Einsicht 1) einer Eingabe der Herren L. M a y o r - V a u t i e r und Ch.

G au d i n , beide in Montreux, vom 3. Mai 1881; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 3. Juni 1881, beschließt : Den Herren L. May o r - V a u t i e r und Ch. G a u d i n , beide in Montreux, zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von der Schifflände bei Territet bis zu den Monts de Caux, oberhalb Montreux, und zerfallend in folgende drei Abtheilungen: 1) von der Schifflände bei Territet bis zum Planchamp bei der englischen Kirche zu Montreux, 2) vom Planchanip bis unterhalb des Dorfes Glyon, und 3) von Glyon bis nach Caux, unter den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bestimmungen ertheilt : Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgeze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von achtzig Jahren, vom 1. Juli 1881 an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Siz der Gesellschaft ist im Kreise Montreux.

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Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschußes der zu bildenden Gesellschaft soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsiz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Bis zum 1. September 1881 sind dem Bundesrathe die Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Die Vorlage der Baupläne , der Pläne über die Betriebseinrichtungen und des Finanzausweises soll für die 2. Abtheilung bis am 1. September 1881, ,, ,, 1.

,, ,, ,, 1.

,, 1886, ,, ,, 3.

,, ,, ,, !..

,, 1891 geschehen. Mit den Bauarbeiten soll spätestens begonnen werden : bis am 1. März 1882 auf der 2 Abtheilung, ,, ,, 1. ,, 1887 ,, ,, 1.

,, ,, ,, 1. ,, 1892 ,, ,, 3.

Art. 6. Bis zum 1. März 1883 ist die 2. Abtheilung, 1. ,, 1888 ,, ,, 1.

,, 1. v 1893 ,, ,, 3.

,, der konzessionirten Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, auch nach Genehmigung des Trace eine Abänderung desselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit doppelten Geleisen , welche eine Spurweite von l m. haben werden , angelegt. Sie soll als Drahtseilbahn mittelst Wassei-kraft betrieben werden.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen , Medaillen u. s. w., sind Eigenthum des Kantons Waadt und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchung nöthige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen , daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funk-

55 tionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nöthigenfalls entlaßen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft wird auf der konzessionirten Bahn Personen und Gepäk befördern ; Güter nur insoweit als sie nicht sperriger Natur sind und das Gewicht eines einzelnen Collo nicht 100 kg. übersteigt.

Vom 15. April bis 15. Oktober, während welcher Periode der regelmäßige Betrieb stattfindet, soll die Beförderung von Personen täglich mindestens 20 Mal nach beiden Richtungen von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen stattfinden.

Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der BetriebseröffDung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesezt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird ermächtigt, auf der zweiten Abtheilung für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze zu beziehen : Fr. 1. 50 für die Bergfahrt, ,, -. 75 ,, ,, Thalfahrt und ,, 2. -- ,, ,, Hin- und Rükfahrt.

5 kg. des Reisendengepäks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäk der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 20 Rp. per Colli, wenn diese nicht mehr als 10 kg.

wiegen, für schwerere Colli von 2 Rp. per Kilogramm bezogen werden.

Von den zum Transport angenommenen Gütern können l Va Rp.

per Kilogramm bezogen werden.

Die Taxen für die erste und dritte Abtheilung werden, der Uebergabe der leztern an den Betrieb vorgäugig, auf die Vorschläge der Gesellschaft vom Bundesrathe festgestellt.

Der Bundesrath ist berechtigt, nach Ablauf der ersten fünf Betriebsjahre eine Revision der Taxen für die zweite Abtheilung vorzunehmen.

Art. 15. Die im Art. 14 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladpläze abzuliefern und

56 vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Das Aufund Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür nicht erhoben werden. Für den Fall, daß die Gesellschaft später einen unbeschränkten Güterverkehr einrichten sollte, kann der Bundesrath abweichende Anordnungen gestatten.

Art. 16. Für die Einzelnheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 17. Die sämmtlichen Tarife sind mindestens sechs Wochen,, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathezur Genehmigung vorzulegen.

Art. 18. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession , welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer Drahtseilbahn von Territet-Montreux am Genfersee nach den Monts de Caux. (Vom 3.

Juni 1881.)

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11.06.1881

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