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Schweizerisches Bundesblatt.

33. Jahrgang. III.

Nr. 26.

18. Juni 1881.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einr ükungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bundesgesez über

das Obligationenrecht.

(Vom 14. Brachmonat 1881.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenoßenschaft in Ausführung des Art. 64 der Bundesverfaßung beschließt: Erster Titel.

Entstehung der Obligationen.

I. Vertrag.

Abschluß des Vertrages.

Erster Artikel. Zum Abschluße eines Vertrages ist die übereinstimmende gegenseitige Willensäußerung der Parteien erforderlich. Sie kann eine ausdrükliche oder stillschweigende sein.

2. Haben sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt, so wird vermuthet, daß der Vorbehalt von Nebenpunkten die Verbindlichkeit des Vertrages nicht hindern solle.

Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

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Kommt über diese Nebenpunkte eine Vereinbarung nicht zu Stande, so hat der Richter über dieselben nach der Natur des Geschäftes zu entscheiden.

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Form der Verträge.

3. Wer einem Andern den Antrag zum Abschluße eines Vertrages gestellt und für die Annahme eine Frist gesezt hat, bleibt bis zum Ablaufe derselben an den Antrag gebunden. Er wird wieder frei, wenn nicht die Annahmserklärung vor Ablauf dieser Frist bei ihm eingetroffen ist.

4. Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Anwesenden gestellt und von diesem nicht sogleich angenommen, so ist der Antragsteller nicht weiter gebunden. · 5. Wird der Antrag ohne Bestimmung einer Frist an einen Abwesenden gestellt, so bleibt der Antragsteller bis zu dem Zeitpunkte gebunden, in welchem er den Eingang der Antwort bei ordnungsmäßiger, rechtzeitiger Absendung derselben erwarten darf. Bei der Berechnung dieses Zeitpunktes kann der Antragsteller von der Voraussezung ausgehen, daß sein Antrag rechtzeitig angekommen sei.

Trifft die rechtzeitig abgesendete Annahmserklärung erst nach jenem Zeitpunkte bei dem Antragsteller ein, so ist dieser, wenn er nicht gebunden sein will, verpflichtet, bei Vermeidung von Schadenersaz ohne Verzug hievon Anzeige zu machen.

Ist wegen der besonderen Natur des Geschäftes eine ausdrükliche Annahme nicht zu erwarten, so gilt der Vertrag als abgeschloßen, wenn der Antrag nicht binnen angemeßener Frist abgelehnt worden ist.

6. Der Antragsteller wird nicht gebunden, wenn er dem Antrage eine die Behaftung ablehnende Erklärung (ohne Verbindlichkeit u. dgl.) beigefügt hat, oder wenn sich ein solcher Vorbehalt aus der Natur des Geschäftes oder aus den Umständen als selbstverständlich ergibt.

Ili 7. Trifft der Widerruf eines Antrages bei dem anderen Theile vor oder mit dem Antrage selbst ein,, so ist dieser als nicht geschehen zu betrachten.

Ebenso ist die Annahme als nicht geschehen zu erachten, wenn der Widerruf derselben bei dem Antragsteller vor oder mit der Annahmserklärung selbst eintrifft.

8. Ist ein Vertrag unter Abwesenden zu Stande gekommen, so beginnen seine Wirkungen mit dem Zeitpunkte, in welchem die Annahmserklärung zur Absendung abgegeben wurde.

Wenn eine ausdrükliche Annahme nicht erforderlich ist, so beginnen die Wirkungen des Vertrages mit dem Empfange des nicht abgelehnten Antrages.

Form der Verträge.

9. Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesez eine solche vorschreibt.

Ist über Bedeutung und Wirkung einer vorgeschriebenen Form nicht etwas Anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab.

10. Das kantonale Recht bestimmt die Form der Schenkungen sowie dei- Verträge, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen betreffen.

11. Ist für einen Vertrag die schriftliche Form gesezlich vorgeschrieben, so gilt diese Vorschrift auch für jede Abänderung desselben, mit Ausnahme von ergänzenden Nebenbestimmungen, welche mit der Urkunde nicht im Widerspruche stehen.

12. Ein Vertrag, für welchen die schriftliche Form gesezlich vorgeschrieben ist, muß die Unterschriften aller Personen tragen, welche durch denselben verpflichtet werden sollen.

112 Sofern nicht etwas Anderes gesezlich bestimmt ist, gilt als schriftliche Form auch der Briefwechsel oder der Wechsel von Telegrammen, vorausgesezt daß die Originaldepeschen die Unterschrift der Parteien tragen, welche sich verpflichten.

13. Kann eine Person nicht unterschreiben, so wird die Unterschrift durch ein beglaubigtes Handzeichen oder durch eine öffentliche Beurkundung ersezt.

14. Ist für einen Vertrag, welcher vom Geseze an keine Form gebuuden ist, die Anwendung einer solchen vorbehalten worden, so wird vermuthet, daß die Parteien vor Erfüllung der Form nicht verpflichtet sein wollen.

Geht eine solche Abrede auf schriftliche Form ohne nähere Bezeichnung, so sind für deren Erfüllung die Artikel 12 und 13 maßgebend.

15. Ein Schuldbekenntniß ist gültig auch ohne die Erwähnung eines besonderen Verpflichtungsgrundes.

16. Bei der Beurtheilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdruksweise zu beachten, welche dieselben, sei es aus Irrthum, sei es in der Absicht gebraucht haben, um die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen (Simulation).

Dem gutgläubigen Dritten, welcher ein schriftliches Schuldbekenntniß besizt, kann der Schuldner nicht die Einrede der Simulation entgegensezen.

Gegenstand" des Vertrages.

17. Gegenstand des Vertrages kann nur eine Leistung sein, welche möglich und nicht widerrechtlich oder unsittlich ist.

113 M ä n g e l des V e r t r a g s a b s c h l u ß e s.

18. Der Vertrag ist für denjenigen Theil unverbindlich, welcher sich bei Abschluß desselben in einem wesentlichen Irrthum befunden hat.

19. Der Irrthum ist insbesondere ein wesentlicher: 1) wenn der eine Theil einen anderen Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für welchen er seine Zustimmung erklärt hat; 2) wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache gerichtet war als der Wille des anderen Theiles; 3) wenn die irrig vorausgesezten Eigenschaften der Sache so erheblich sind, daß dieselbe, je nachdem diese Eigenschaften vorhanden sind oder fehlen, im Verkehre zu einer ganz verschiedenen Gattung oder Art von Gütern gerechnet wird; 4) wenn der eine Theil irrthümlich eine Leistung von erheblich größerem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen laßen, als es sein Wille war.

20. Der Irrthuma über die Person des anderen Theiles gilt nur dann als wesentlich, wenn der Vertrag hauptsächlich mit Rüksicht auf die Person abgeschloßen ,,wurde.

21. Der nicht wesentliche Irrthum hindert die Verbindlichkeit des Vertrages nicht. Dieß gilt insbesondere von dem Irrthum im Beweggrunde zum Vertragsabschluße, über den Werth der verabredeten Leistung oder die Zahlungsfähigkeit des anderen Theiles.

22.

Bloße Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.

23. Hat der Theil, welcher den Vertrag nicht gegen sich gelten läßt, seinen Irrthum der eigenen Fahrläßigkeit zuzuschreiben, so wird er zum Schadenersaze verpflichtet, es sei denn, daß der andere Theil den Irrthum gekannt habe oder hätte kennen sollen.

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24. Ist ein Theil durch betrügerische Handlungen des anderen zu dem Vertragsabschluße verleitet worden, so ist der Vertrag für ihn auch dann nicht verbindlich, wenn der erregte Irrthum kein wesentlicher war.

25. Der von einem Dritten verübte Betrug hindert die Verbindlichkeit für den betrogenen Theil nur, wenn der andere zur Zeit des Vertragsabschlußes jenen Betrug gekannt hat oder hätte kennen sollen.

26. Ist der eine Theil von dem anderen oder von einem Dritten widerrechtlich durch Erregung gegründeter Furcht zur Eingehung eines Vertrages bestimmt worden, so ist der Vertrag für jenen nicht verbindlich.

27. Die Furcht ist eine gegründete, wenn der Bedrohte nach den Umständen annehmen mußte, daß er oder eine ihm nahe verbundene Person an Leib oder Leben, Ehre oder Vermögen mit einer nahen und erheblichen Gefahr bedroht sei.

Die Furcht vor der Geltendmachung eines Rechtes wird nur dann berüksichtigt, wenn die bedenkliche Lage des Bedrohten mißbraucht worden ist, um ihm die Einräumung übermäßiger Vortheile abzunöthigen.

28. Wenn der durch Irrthum, Betrug oder Furcht beeinflußte Theil binnen Jahresfrist weder dem anderen eröffnet, daß er den Vertrag nicht halte, noch eine schon erfolgte Leistung zurükfordert, so gilt der Vertrag als genehmigt. Die Jahresfrist beginnt in den Fällen des Irrthums und Betruges mit der Entdekung, in den Fällen der Furcht mit der Beseitigung derselben.

Die Genehmigung eines wegen Betruges oder Furcht unverbindlichen Vertrages schließt den Anspruch auf allfälligen Schadenersaz nicht ohne Weiteres aus.

V e r t r a g s f ä h i g k e i t.

29. Fähig, Verträge abzuschließen, sind die volljährigen Personen beider .Geschlechter, insofern ihre Handlungsfähigkeit nicht aufgehoben ist.

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30. Minderjährige und Volljährige, soweit deren Vertragsfähigkeit aufgehoben ist, können nur mit Einwilligung ihrer gesezliclien Vertreter Rechte aufgeben oder Verpflichtungen übernehmen.

Ohne diese Einwilligung können sie solche Verträge eingehen, welche lediglich bezweken, ihnen Rechte einzuräumen oder sie von Verbindlichkeiten zu befreien.

81. Gänzlich vertragsunfähig sind Personen, welche keinen bewußten Willen haben oder des Vernuuftgebrauches beraubt sind, so lange dieser Zustand dauert.

32. Ein Vertrag, welcher ohne die erforderliche Einwilligung des gesezliclien Vertreters abgeschloßen worden ist, kann durch denselben oder durch die Partei selbst, wenn diese inzwischen die Vertragsfähigkeit erlangt hat, genehmigt werden.

Der andere Theil wird frei,> wenn die GenehmigunoO O nicht innerhalb einer angemeßenen Frist erfolgt, welche er selbst ansezen oder durch eine zuständige Behörde ansezen laßen kann.

33. Erfolgt keine Genehmigung, so ist jeder Tlieil befugt, die schon vollzogene Leistung zurükzufordern.

Der nicht gebundene Theil jedoch haftet nur so weit, als die Leistung für ihn riüzlich verwendet worden, oder als er zur Zeit der Rukforderung noch bereichert ist oder sich böswillig der Bereicherung entäußert hat.

Hat er die andere Vertragspartei zu der irrthümlichen Annahme seiner Vertragsfähigkeit verleitet, so ist er ihr für den verursachten Schaden verantwortlich.

34. Wird einer in ihrer Vertragsfälligkeit beschränkten Person von ihrem gesezliclien Vertreter der selbständige Betrieb eines Berufes oder Gewerbes ausdrüklich oder stillschweigend gestattet, so haftet sie mit ihrem ganzen Vermögen aus denjenigen Geschäften, welche zu dem regelmäßigen Betriebe dieses Berufes oder Gewerbes gehören.

116 35. Wenn eine Ehefrau mit ausdrüklicher oder stillschweigender Einwilligung ihres Ehemannes einen Beruf oder ein Gewerbe selbständig betreibt, so haftet sie nach Maßgabe des vorhergehenden Artikels ohne Rüksicht auf die Nuzungs- und Verwaltungsrechte des Ehemannes.

Ueberdieß haftet, wo nach kantonalem Rechte das Vermögen der Ehefrau in dasjenige des Mannes übergeht, der Ehemann; wo Gütergemeinschaft besteht, das gemeinsame Vermögen.

Eine weiter gehende Haftung des Ehemannes zu bestimmen, bleibt dem kantonalen Rechte vorbehalten.

Vertragsschließung durch Stellvertreter.

36. Wenn Jemand, der zur Vertretung eines Anderò, ermächtigt ist, im Namen desselben einen Vertrag abschließt, so wird der Vertretene und nicht der Vertreter berechtigt, und verpflichtet.

37. Hat der Vertreter bei dem Vertragsabschluße sich nicht als solchen zu erkennen gegeben, so wird der Vertretene nur dann unmittelbar berechtigt oder verpflichtet, wenn der andere Theil aus den Umständen 'auf das Vertretungsverhältniß schließen mußte; ist dies nicht der Fall, so bedarf es einer Abtretung der Forderung, oder einer Schuldübernahme nach den hiefür geltenden Grundsäzen.

38. Soweit die Ermächtigung im Namen eines Andern Verträge abzuschließen aus familien- oder erbrechtlichen Beziehungen oder aus Verhältnissen des öffentlichen Rechtes hervorgeht ist sie nach dem kantonalen Rechte oder der bezüglichen eidgenößischen Gesezgebung zu beurtheilen.

39. Ist die Ermächtigung vertragsmäßig eingeräumt,, so beurtheilt sich ihr Inhalt nach der zwischen Vollmachtgeber und Vertreter getroffenen ausdrüklichen oder stillschweigenden Vereinbarung.

117 Vorbehalten bleiben -die durch dieses Gesez den Gesellschaftsvorstehern, Prokuraträgern und andern Handlungsbevollmächtigten beigelegten Befugnisse.

40. Eine vertragsmäßig ertheilte Vollmacht kann vom Vollmachtgeber jederzeit beschränkt oder widerrufen werden, unbeschadet der vertragsmäßigen Ansprüche des Bevollmächtigten.

Ein vom Vollmachtgeber zum Voraus erklärter Verzicht auf dieses Recht ist ungültig.

41. Hat der Vertretene die Vollmacht ausdrüklich oder thatsächlich kundgegeben, so kann er deren gänzlichen oder theilweiscn Widerruf gutgläubigen Dritten nur dann entgegensezeo, wenn er denselben ebenfalls bekannt gemacht hat.

42. Die vertragsmäßige Vollmacht erlischt durch den Tod, durch eingetretene Handlungsunfähigkeit und durch den Konkurs des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten.

Die Auflösung einer juristischen. Person oder einer in das Handelsregister eingetragenen Gesellschaft hat die nämliche Wirkung für die von ihnen ertheilten Vollmachten.

Die gegenseitigen persönlichen Ansprüche werden hiedurch nicht berührt.

43. Ist dem Bevollmächtigten eine Vollmachtsurkunde ausgestellt worden, so ist er nach dem Erlöschen der Vollmacht zur Rükgabe oder gerichtlichen Hinterlegung der Urkunde verpflichtet.

Wird er von dem Vollmachtgeber oder seinen Rechtsnachfolgern hiezu nicht angehalten, so sind dieselben gutgläubigen Dritten für den Schaden verantwortlich.

44. So lange das Erlöschen der Vollmacht dem Bevollmächtigten nicht bekannt geworden ist, berechtigt und verpflichtet er den Vollmachtgeber oder dessen Rechtsnachfolger, wie wenn die Vollmacht noch bestehen würde.

Ausgenommen sind die Fälle, in welchen der Dritte vom Erlöschen der Vollmacht Kenntniß hatte.

118 45. Betreffend das Erlöschen der Vollmacht von Gesellschaftsvorstehern, Prokuraträgern und andern Handlungsbevollmächtigten bleiben die besonderen Vorschriften dieses G-esezes vorbehalten.

46. Hat Jemand, ohne dazu ermächtigt zu sein, als Stellvertreter einen Vertrag abgeschloßen, so wird der Vertretene nur dann .Gläubiger oder Schuldner, wenn er den Vertrag genehmigt.

47. Der andere Theil ist berechtigt, .von dem Vertretenen innerhalb einer angemessenen Frist eine Erklärung über die Genehmigung zu verlangen.

Er hört auf gebunden zu sein, wenn der Vertretene nicht binnen dieser Frist die Genehmigung erklärt.

48. Wird die Genehmigung ausdrüklich oder stillschweigend abgelehnt, so kann der andere Theil denjenigen, welcher als Stellvertreter gehandelt hat, auf Schadenersaz belangen, sofern er nicht den Mangel der Vollmacht kannte oder nach den Umständen hätte kennen sollen.

49. In allen Fällen bleibt die Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung bestehen.

II. Unerlaubte Handlungen.

50. Wer einem Andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrläßigkeit, wird demselben zum Ersaze verpflichtet.

51. Art und Größe des Schadenersazes wird durch richterliches Ermessen bestimmt in Würdigung sowohl der Umstände als der Größe der Verschuldung.

Ist auch dem Beschädigten ein Verschulden beizumessen, so kann der Richter die Ersazpflicht nach Verhältniß er· mäßigen oder gänzlich von derselben entbinden.

52. Im Falle der Tödtung eines Menschen sind die verwendeten Kosten, insbesondere diejenigen der Beerdigung,

119 zu erstatten. Ist der Tod nicht sofort eingetreten, so muß namentlich auch für die Kosten der versuchten Heilung und die Nachtheile der Arbeitsunfähigkeit Entschädigung geleistet werden. Haben andere Personen durch die Tödtung ihren Versorger verloren, so ist auch für diesen Schaden Ersaz zu leisten.

53. Körperverlezung gibt dem Verlezten Anspruch auf Ersaz der Kosten und auf Entschädigung für die Nachtheile gänzlicher oder theilweiser Arbeitsunfähigkeit.

Ueberdieß kann der Richter bei einer Verstümmelung oder Entstellung, durch welche das Fortkommen des Verlezten erschwert wird, auch dafür eine Entschädigung zusprechen.

54. Bei Körperverlezung oder Tödtung eines Menschen kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände, namentlich in Fällen von Arglist oder grober Fahrläßigkeit, dem Verlezten oder den Angehörigen des Getödteten auch abgesehen von dem Ersaz erweislichen Schadens eine angemessene Geldsuname zusprechen.

55. Ist Jemand durch andere unerlaubte Handlungen in seinen persönlichen Verhältnissen ernstlich verlezt worden, so kann der Richter auch ohne Nachweis eines Vermögensschadens auf eine angemessene Geldsumme erkennen.

56. Bei einer Schädigung, welche durch Notbwehr entschuldigt wird, fällt die Ersazpflicht weg.

57. Wer sich durch eigenes Verschulden in einen vorübergehenden Zustand von Bewußtlosigkeit versezt und in demselben Schaden anrichtet, ist dafür verantwortlich.

58. Aus Rüksichten der Billigkeit kann der Richter ausnahmsweise auch eine nicht zurechnungsfähige Person, welche einen Schaden verursacht hat, zu theilweisern oder vollständigem Ersaze verurtheilen.

59. Bei Beurtheilung der in den Artikeln 56, 57 und 58 genannten Fälle ist der Richter weder an die strafrechtlichen

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Bestimmungen über die Zurechnungsfähigkeit noch aa; eine Freisprechung durch das Strafgericht gebunden.

60. Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet , so haften sie solidarisch für den Ersaz, ohne Unterschied, ob sie als Anstifter, Urheber oder Gehülfen gehandelt haben.

Ob und in welchem Umfange demjenigen, welcher bezahlt hat, ein Regreß gegen die Mitschuldigen zustehe, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.

Der Begünstiger haftet nur dann und nur so weit für Ersaz, als er einen Antheil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Betheiligung Schaden verursacht hat.

61. Wer rechtlich verpflichtet ist die häusliche Aufsicht über eine Person zu führen, haftet für den von ihr verursachten Schaden, insofern er nicht darzuthun vermag, daß er das übliche und durch die Umstände gebotene Maß von Sorgfalt in der Beaufsichtigung beobachtet habe.

62. Ein Geschäftsherr haftet für den Schaden, welchen seine Angestellten oder Arbeiter in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, daß er alle erforderliche Sorgfalt angewendet habe, um einen solchen Schaden zu verhüten.

Diese Verantwortlichkeit trifft auch juristische Personen, wenn sie ein Gewerbe betreiben.

63. Dem. nach Maßgabe der Artikel 61 und 62 Ersazpflichtigen steht das Rükgriffsrecht gegen den Thäter -zu, so weit ,,dieser für seine Handlungen verantwortlich erklärt werden kann.

64. Ueber die Ersazpflieht für Schaden, welchen öffentliche Beamte oder Angestellte in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, können Bundes- oder Kantonalgeseze abweichende Bestimmungen aufstellen.

Für gewerbliche Verrichtungen öffentlicher Beamten oder Angestellten können jedoch die Bestimmungen dieses Titels durch Kantonalgeseze nicht geändert werden.

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65. Für Schaden, welchen ein Thier anrichtet, haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht beweist, daß er alle erforderliche Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe. Vorbehalten bleibt ihm der Rükgriff, wenn das Thier von einem Andern oder durch das Thier eines Andern gereizt worden ist.

66. Der Besitzer eines Grundstükes ist berechtigt, Dritten angehörige Thiere, welche auf demselben Schaden anrichten, zur Sicherung seiner Ersazforderung einzufangen und in seinen Gewahrsam zu nehmen, in schweren Fällen sogar zu tödten, wenn er sich ihrer nicht anders erwehren kann.

Er ist jedoch verpflichtet ohne Verzug dem Eigen thümer davon Kenntniß zu geben und, sofern ihm derselbe nicht bekannt ist, zu dessen Ermittelung das Nöthige vorzukehren.

67. Der Eigenthümer eines Gebäudes oder eines andern Werkes hat für den Schaden Ersaz zu leisten, welchen dasselbe in Folge mangelhafter Unterhaltung oder fehlerhafter Anlage oder Herstellung verursacht. Im leztern Falle bleibt ihm der Rükgriff nach Maßgabe des Artikels 362 gegen den Erbauer vorbehalten.

68. Wer von dem Gebäude oder dem Werke eines Andern mit Schaden bedroht ist, kann von dem Eigenthümer verlangen, daß er die erforderlichen Maßregeln zur Abwendung der Gefahr treffe. Vorbehalten bleiben die Anordnungen der Polizei zum Schuze von Personen und Eigen th um.

69. Der Anspruch auf Schadenersaz verjährt in einem Jahre von dem Tage hinweg, an welchem der Geschädigte Kenntniß von der Schädigung und der Person des Thäters erlangt hat, jedenfalls aber mit dem Ablaufe von zehn Jahren von dem Tage der Schädigung an gerechnet.

Wird jedoch die Klage aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht eine längere Verjährung vorschreibt, so gilt diese auch für den Civilanspruch.

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III. Ungerechtfertigte Bereicherung.

70. Wer ohne rechtmäßigen Grund aus dem N'ermögen eines Andern bereichert wurde, ist zur Rükerstattung verpflichtet.

71. Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn Jemand ohne jeden Grund oder aus einem nicht verwirklichten Grunde oder aus einem nachträglich weggefallenen Grunde eine Zuwendung erhalten hat.

72. Wurde eine Nichtschuld freiwillig bezahlt, so ist die Rükforderung nur dann statthaft, wenn der Zahlende nachzuweisen vermag, daß er sich über seine Schuldpflicht im Irrthum befunden habe.

Ausgescbloßen ist die Rükforderung, wenn die Zahlung für eine verjährte Schuld oder in Erfüllung einer sittlichen Pflicht geleistet wurde.

73. Die Rükerstattung kann nur in so weit gefordert werden, als der Empfänger zur Zeit der Rükforderung noch bereichert ist oder sich böswillig der Bereicherung entäußert hat.

Vollen Ersaz hat er zu leisten, wenn er schon beim Empfange nicht in gutem Glauben war.

74. Der Empfanger hat seinerseits Anspruch auf Ersaz der nothwendigen und nüzlichen Verwendungen, für leztere jedoch, wenn er beim Empfange nicht in gutem Glauben war, nur bis zum Betrage des zur Zeit der Rükerstattung noch vorhandenen Mehrvverthes.

Was bloß zur Verschönerung der Sache angebracht wurde, kann er wegnehmen, sofern dieses ohne Schaden möglich ist und der Kläger nicht vorzieht, ihm den Werth zu ersezen.

75. Was in der Absicht, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen, gegeben worden ist, kann nicht zurükgefordert werden.

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IV. Obligationen aus anderen Gründen.

76. Die Entstehung von Schuldverpflichtungen aus familien- oder erbrechtlichen Verhältnißen sowie aus Gründen des öffentlichen Rechtes wird durch das kantonale oder das bezügliche eidgenößische Recht geregelt.

Zweiter Titel.

Wirkung der Obligationen.

I. Erfüllung der Obligationen.

A l l g e m e i n e Grundsäze. Ort und Zeit d e r E r f ü 11 u n g.

77. Der Schuldner ist nur dann verpflichtet, persönlich zu erfüllen, wenn es bei der Erfüllung auf seine Persönlichkeit ankömmt.

78. Der Gläubiger braucht sich eine Theilzahlung nicht gefallen zu laßen, wenn die gesammte Schuld liquid und fällig ist.

Will der Gläubiger eine Theilzahlung annehmen, so kann der Schuldner die Zahlung des von ihm anerkannten Theiles der Schuld nicht verweigern.

79. Ist eine untheilbare Leistung an mehrere Gläubiger oder von mehreren Schuldnern zu erfüllen, so kann jeder Gläubiger die ganze Leistung fordern und ist jeder Schuldner zu der ganzen Leistung verpflichtet.

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Sofern sich aus den Umständen nicht etwas Anderes ergibt, kann der Schuldner, welcher den Gläubiger befriedigt hat, von den übrigen Schuldnern einen verhältnißmäßigen Ersaz verlangen.

Soweit ihm ein solcher Anspruch zusteht, gehen die Rechte des befriedigten Gläubigers auf ihn über.

80. Wenn die untheübare Leistung sich in eine theilbare verwandelt, zum Beispiel in die Verpflichtung zu Scliadenersaz, so kann jeder .Gläubiger nur seinen Antheil fordern und hat jeder Schuldner nur seinen Antheil zu leisten.

81. Ist die geschuldete Sache nur der Gattung nach bestimmt, so steht dem Schuldner die Auswahl zu, insofern sich aus dem Vertrage nicht etwas Anderes ergibt. Er darf jedoch nicht eine Sache unter mittlerer Qualität anbieten.

82. Ist die Schuldpflicht in der Weise auf mehrere · Leistungen gerichtet, daß nur die eine oder die andere erfolgen soll, so steht das Wahlrecht dem Schuldner zu, insofern sich aus dem Vertrage nicht etwas Anderes ergibt.

83. Geht eine Verbindlichkeit auf Zahlung von Zinsen und ist die Höhe derselben weder durch die Parteien noch durch Gesez oder Uebung bestimmt, so sind Zinsen zu fünf Prozent auf das Jahr zu bezahlen.

Es bleibt der Kantonalgesezgebung vorbehalten, Bestimmungen gegen Mißbräuche im Zinswesen aufzustellen.

84. Der Ort der Erfüllung wird zunächst durch den ausdrüklichen oder aus den Umständen zu schließenden Willen der Parteien bestimmt.

Im Zweifel gelten folgende Grundsäze: 1) Geldschulden sind an dem Orte zu zahlen, wo der Gläubiger zur Zeit der Erfüllung seinen Wohnsiz hat ; 2) wird eine bestimmte Sache geschuldet, so ist dieselbe da zu übergeben, wo sie sich zur Zeit des Vertragsabschlußes befand;

125 3) andere Verbindlichkeiten sind an dem Orte zu erfüllen, wo der Schuldner zur Zeit ihrer Entstehung seinen Wolmsiz hatte.

Vorbehalten bleiben die besonderen Vorschriften des Gesezes.

85. Wenn der Gläubiger seinen Wohnsiz, an welchem er die Erfüllung fordern kann, nach der Entstehung der Schuld ändert und dem Schuldner dadurch eine erhebliche Belästigung erwächst, so ist dieser berechtigt an dem ursprünglichen Wohnsize zu erfüllen.

86. Ist die Zeit der Erfüllung weder durch Vertrag noch durch die Natur des Rechtsgeschäftes bestimmt, so kann die Erfüllung sogleich geleistet und gefordert werden.

87. Ist 'die Zeit der Erfüllung auf Anfang oder auf Ende eines Monates festgesezt, so ist darunter der erste oder der lezte Tag des Monates zu verstehen.

Ist die Zeit der Erfüllung auf die Mitte eines Monates festgesezt, so gilt der fünfzehnte dieses Monates als der Tag der Erfüllung.88. Soll die Erfüllung einer Verbindlichkeit mit dem Ablaufe einer bestimmten Frist nach Abschluß des Vertrages erfolgen, so fällt der Zeitpunkt der Erfüllung: 1) wenn die Frist nach Tagen bestimmt ist, auf den lezten Tag der Frist; bei Berechnung der Frist wird der Tag, an welchem der Vertrag geschloßen wurde, nicht mit gerechnet; geht die Frist auf acht oder fünfzehn Tage, so werden darunter nicht eine Woche oder zwei Wochen, sondern volle acht oder fünfzehn Tage verstanden; 2) wenn die Frist nach Wochen bestimmt ist, auf denjenigen Tag der lezten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tage des Vertragsabschlußes entspricht ; 3) wenn die Frist nach Monaten oder einem mehrere Monate umfaßenden Zeiträume (Jahr, halbes Jahr, Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

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viertel Jahr) bestimmt ist, auf denjenigen Tag des lezten Monates, welcher durch seine Zahl dem Tage des Vertragsabschlußes entspricht; fehlt dieser Tag in dem lezten Monate, so fällt die Erfüllung auf den lezten Tag dieses Monates.

Der Ausdruk ,,halber Monat" wird einem Zeiträume von fünfzehn Tagen gleichgeachtet. Ist die Frist auf einen oder mehrere ganze Monate und einen halben Monat gestellt, so sind die fünfzehn Tage zulezt zu zählen.

89. Nach den im vorhergehenden Artikel enthaltenen Grundsäzen wird die Frist auch dann berechnet, wenn dieselbe nicht von dem Tage des Vertragsabschlußes, sondern von einem andern Zeitpunkte an zu laufen hat.

90.

Fällt der Zeitpunkt der Erfüllung auf einen Sonntag oder auf einen anderen am Erfüllungsorte staatlich anerkannten Feiertag, so gilt der nächstfolgende Werktag als Tag der Erfüllung. Abweichende Vereinbarungen bleiben vorbehalten.

91. Soll die Erfüllung innerhalb einer bestimmten Frist geschehen, so muß sie vor Ablauf derselben erfolgen.

Fällt jedoch der lezte Tag auf einen Sonntag oder auf einen anderen am Erfüllungsorte staatlich anerkannten Feiertag, so tritt der nächstfolgende Werktag an dessen Stelle; abweichende Vereinbarungen bleiben vorbehalten.

92. Die Erfüllung muß an dem Erfüllungstage während der gewöhnlichen Geschäftszeit geleistet und angenommen werden.

93. Wurde die vertragsmäßige Erfüllungsfrist verlängert, so beginnt die neue Frist, sofern sich aus dem Vertrage nicht etwas Anderes ergibt, am ersten Tage nach Ablauf der alten Frist.

94. Sofern sich nicht aus den Bestimmungen oder der Natur des Vertrages, oder aus den Umständen eine

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andere Willensmeinung der Parteien ergibt, kann der Schuldner schon vor dem Verfalltage erfüllen. Er ist jedoch nicht berechtigt einen Diskonto abzuziehen, es sei denn, daß Uebereinkunft oder Handelsgebrauch einen solchen gestatten.

95. Wer bei einem zweiseitigen Vertrage den anderen Theil zur Erfüllung anhalten will, muß entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung anbieten, außer wenn er nach dem Inhalte oder der Natur des Geschäftes erst später zu erfüllen hat.

96. Wenn der eine Theil in Konkurs gerathen ist oder seine Zahlungen eingestellt hat, so kann der andere seine Leistung so lange zurükhalten, bis ihm die Gegenleistung sicher gestellt wird.

Z a h l u n g . V e r z u g des G l ä u b i g e r s. H i n t e r l e g u n g .

97. Geldschulden sind in der Landesmünze zu bezahlen.

Ist in dem Vertrage eine Münzsorte bestimmt, welche am Zahlungsorte keinen Umlauf hat, so kann die geschuldete Summe nach ihrem Werthe zur Verfallzeit in der Landesmünze bezahlt werden, sofern nicht durch den Gebrauch des Wortes ,,effektiv'1 oder eines ähnlichen Zusazes die wortgetreue Erfüllung des Vertrages ausbedungen ist.

98. Der Gläubiger einer Geldforderung ist nicht verpflichtet, Banknoten oder Papiergeld an Geldes statt anzunehmen.

99. Der Schuldner kann eine Theilzahlung nur insoweit auf das Kapital anrechnen, als er nicht mit Zinsen oder Kosten im Rükstande ist.

100.

Sind dem Gläubiger für einen Theil seiner Forderung Bürgen gestellt, oder Pfänder oder andere Sicherheiten gegeben worden, so ist der Schuldner nicht berechtigt, eine Theilzahlung auf den gesicherten, oder besser gesicherten Theil der Forderung anzurechnen.

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101.

Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu bezahlen, so ist er berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will.

Mangelt eine solche Erklärung, so wird die Zahlung auf diejenige Schuld angerechnet, welche der Gläubiger in seiner Quittung bezeichnet, vorausgesezt, daß der Schuldner nicht sofort bei Empfang der Quittung Widerspruch erhebt.

Erhebt er Widerspruch, oder enthält die Quittung nichts über die Anrechnung, so ist die Zahlung auf die .fällige Schuld anzurechnen; unter mehreren fälligen, auf diejenige, für welche der Schuldner zuerst betrieben worden ist; hat keine Betreibung stattgefunden, auf die früher verfallene; sind sie gleichzeitig verfallen, so findet eine verhältnißmäßige Anrechnung statt. Ist endlich keine der mehreren Schulden verfallen, so wird die Zahlung auf diejenige angerechnet, welche dem Gläubiger am wenigsten Sicherheit darbietet.

102. Der Schuldner, welcher eine Zahlung leistet, ist berechtigt eine Quittung und, falls die Schuld vollständig getilgt wird, auch die Rükgabe des Schuldscheines oder dessen Entkräftung zu fordern.

Ist die Zahlung keine vollständige oder sind in dem Schuldscheine auch andere Rechte des Gläubigers beurkundet, so kann der Schuldner außer der Quittung nur die Vormerkungauf dem Schuldscheine verlangen.

ö O 103. Werden Zinse oder andere periodische Leistungen geschuldet, so begründet die für eine spätere Leistung ohne Vorbehalt ausgestellte Quittung die Vermuthung, es seien die früher fällig gewordenen Leistungen erfüllt.

Ist eine Quittung für die Kapitalschuld ausgestellt, so wird vermuthet, daß auch die Zinse bezahlt seien.

104. Die Rükgabe des Schuldscheines an den Schuldner begründet die Vermuthung, daß die Schuld getilgt sei.

105.

Behauptet der Gläubiger, es sei der Schuldschein abhanden gekommen, so kann der Schuldner bei der Zahlungsleistung fordern, daß der Gläubiger die Entkräftung

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des Schuldscheines und die Tilgung der Schuld in einer öffentlichen oder beglaubigten Urkunde erkläre.

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über Amortisation von Wechseln, Ordre- und Inhaberpapieren, sowie die kantonalen Geseze über Amortisation grundversicherter Forderungen.

106.

Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die Annahme der gehörig angebotenen Leistung oder die Vornahme der ihm obliegenden Vorbereitungshandlungen, ohne welche der Schuldner zu erfüllen nicht im Stande ist, ungerechtfertigter Weise verweigert.

107.

Wenn der Gläubiger sich im Verzüge befindet oder die Erfüllung der schuldigen Leistung aus andern Gründen weder an den Gläubiger noch an einen Vertreter desselben geschehen kann, so ist der Schuldner berechtigt, die geschuldete Sache auf Gefahr und Kosten des Gläubigers zu hinterlegen und sich dadurch von seiner Verbindlichkeit zu befreien.

Den Ort der Hinterlegung hat der Richter des Erfüllungsortes zu bestimmen, jedoch können Waaren auch ohne richterliche Bestimmung in einem Lagerhause hinterlegt werden.

108.

Ist die geschuldete Sache zur Hinterlegung nicht geeignet oder dem Verderben ausgesezt oder erheischt sie Unterhaltungskosten, so kann der Schuldner nach vorgängiger Androhung und mit Bewilligung des Richters die Sache öffentlich verkaufen laßen und den Erlös hinterlegen.

Hat die Sache einen Börsen- oder Marktpreis, so braucht der Verkauf kein öffentlicher zu sein und kann der Richter denselben auch ohne vorgängige Androhung gestatten.

109.

Der Schuldner ist berechtigt, die hinterlegte Sache wieder zurükzunehmen, so lange nicht der Gläubiger deren Annahme erklärt hat oder in Folge der Hinterlegung eine Grundversicherung gelöscht oder ein Faustpfand zurükgegeben worden ist.

130 Mit dem Zeitpunkte der Rüknahme tritt die Forderung nebst allen Nebenrechten wieder in Kraft.

II. Folgen der Nichterfüllung.

110.

Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht gehörig bewirkt werden, so hat der Schuldner Schadenersaz zu leisten, sofern er nicht beweist, daß ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.

111.

Jede Verbindlichkeit etwas zu thun löst sich, wenn .die Nichterfüllung dem Schuldner zur Last fällt, in eine Verbindlichkeit zum Schadenersaze auf. Jedoch kann der Gläubiger ermächtigt werden, die Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen zu laßen.

112.

Wenn eine Verbindlichkeit darin besteht etwas nicht zu thun, so wird derjenige, welcher ihr zuwiderhandelt, schon durch das bloße Zuwiderhandeln zum Schadenersaze verpflichtet. Auch kann der Gläubiger die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes verlangen und sich ermächtigen laßen, dieselbe auf Kosten des Schuldners vorzunehmen.

113.

Im Allgemeinen haftet der Schuldner für jede Fahrläßigkeit. Diese Haftung ist eine mehr oder minder ausgedehnte, je nach der besonderen Natur des Geschäftes.

Insbesondere wird dieselbe milder beurtheilt, wenn das Geschäft für den Schuldner keinerlei Vortheil bezwekt.

114. Eine zum Voraus getroffene Verabredung, wodurch die Haftung für rechtswidrige Absicht oder grobe Fahrläßigkeit ausgeschloßen sein soll, ist nichtig.

Auch ein zum Voraus erklärter Verzicht auf Haftung für leichtes Verschulden kann nach billigem Ermessen des Richters als nichtig betrachtet werden, wenn der Verzichtende zur Zeit seiner Erklärung in einem Dienstverhältnisse zu dem anderen Theile stand, oder wenn die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionirten Gewerbes folgt.

131 115.

Der Schuldner ist verantwortlich für das Verschulden der seiner Autorität untergeordneten Familienglieder, seiner Angestellten und Arbeiter. Ebenso sind juristische Personen, wenn sie ein Gewerbe betreiben, verantwortlich für das Verschulden ihrer Vertreter, Angestellten oder Arbeiter bei deren geschäftlichen Verrichtungen.

Die Verantwortlichkeit des Schuldners für das Verschulden der genannten Personen kann durch eine zum Voraus getroffene Verabredung beschränkt oder aufgehoben werden. Steht aber der Verzichtende zu dem andern Theil in einem Dienstverhältniß oder folgt die Verantwortlichkeit aus dem Betriebe eines obrigkeitlich konzessionirten Gewerbes, so darf die Haftung nur für leichtes Verschulden wegbedungen werden.

116.

Der ersazpflichtige Schuldner hat jedenfalls den Schaden zu ersezen, welcher bei Eingehung des Vertrages als unmittelbare Folge der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung des Verti'ages vorhergesehen werden konnte.

Den Betrag des Schadens stellt der Richter nach freiem Ermessen unter Würdigung der Umstände fest.

Ob bei schwerem Verschulden in einem weiteren Umfange, als im ersten Absaze bestimmt ist, Schadenersaz zu leisten sei, bleibt dem richterlichen Ermessen vorbehalten.

117.

Ist eine Verbindlichkeit fällig, so wird der Schuldner durch Mahnung des Gläubigers in Verzug gesezt.

Wurde für die Erfüllung ein bestimmter Verfalltag verabredet, oder ergibt sich ein solcher in Folge einer vorbehaltenen und gehörig vorgenommenen Aufkündigung, so kommt der Schuldner schon mit Ablauf dieses Tages in Verzug.

, 118.

Befindet sich der Schuldner im Verzüge, so haftet er auch für den Zufall

132 Er kann sich von dieser Haftung durch den Nachweis befreien, daß der Verzug ohne jedes Verschulden von seiner Seite eingetreten sei oder daß der Zufall auch bei rechtzeitiger Erfüllung den Gegenstand der Leistung zum Nachtheile des Gläubigers betroffen hätte.

119.

Ist der Schuldner mit der Zahlung einer Geldschuld in Verzug, so hat er Verzugszinsen zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen, selbst wenn die vertragsmäßigen Zinsen weniger betragen.

Sind durch Vertrag höhere Zinse als fünf Prozent, sei es direkt, sei es durch Verabredung einer periodischen Bankprovision, ausbedungen worden, so können dieselben auch während des Verzuges gefordert werden.

Unter Kaufleuten können für die Zeit, in welcher der übliche Bankdiskonto am Zahlungsorte fünf Prozent überschreitet, die Verzugszinsen zu diesem höheren Zinsfuße berechnet werden.

120: Ein Schuldner, welcher mit der Zahlung von Zinsen irgend einer Art oder mit der Entrichtung von Renten oder mit der Zahlung einer geschenkten Summe im Verzüge ist, hat erst vom Tage der Anhebung der Betreibung oder der gerichtlichen Klage an Verzugszinsen zu bezahlen.

Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nach den Grundsäzen über Konventionalstrafe zu beurtheilen.

121. Hat der Gläubiger einen größeren Schaden erlitten, als ihm durch die Verzugszinsen vergütet wird, so ist der Schuldner zum Ei'saze desselben verpflichtet, wenn ihm ein Verschulden nachgewiesen wird.

12 2» Wenn sich bei zweiseitigen Verträgen der eine Theil im Verzüge befindet, so ist der andere berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur nachträglichen Erfüllung anzusezen oder durch eine zuständige Behörde ansezen zu laßen mit der Androhung, daß mit Ablauf dieser Frist der Vertrag aufgelöst sei.

133 123.

Ergibt sich aus dem Vertrage die Absicht der Parteien, daß die Leistung zu einer bestimmten Zeit, weder früher noch später, oder bis zu einer bestimmten Zeit und nicht später erfolgen soll, so gibt die Nichterfüllung des Vertrages zur oder bis zur bestimmten Zeit dem anderen Theile das 'Recht, ohne Weiteres vom Vertrage zurükzutreten.

124.

In den Fällen der Artikel 122 und 123 kann der vom Vertrage Zurüktretende das von seiner Seite Geleistete zurükfordern und überdieß, wenn er ein Verschulden nachweist, Schadenersaz verlangen.

125.

Wenn in Folge Verzuges des Schuldners die Leistung für den Gläubiger nuzlos geworden ist, so kann dieser die Annahme verweigern, die Gegenleistung zurükbehalten oder, wenn sie schon geschehen ist, zurükfordern und überdieß, wenn er ein Verschulden nachweist, Schadenersaz verlangen.

III. Beziehungen zu dritten Personen.

126.

Soweit ein Dritter den Gläubiger befriedigt, gehen die Rechte desselben von Gesezes wegen auf ihn über: 1) wenn er ein Pfand einlöst, welches er für eine fremde Schuld bestellt hat; 2) wenn er als Pfandgläubiger eine andere auf seinem Pfände haftende Forderung bezahlt; 3) wenn der Schuldner dem Gläubiger anzeigt, daß der Zahlende an die Stelle des Gläubigers treten soll.

127.

Wer die Leistung eines Dritten verspricht ist zum Schadenersaze verpflichtet, wenn dieselbe nicht erfolgt.

128.

Hat sich Jemand, welcher auf eigenen Name» handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen laßen, so ist er berechtigt zu fordern, daß an den Dritten geleistet werde..

134

Auch der Dritte, beziehungsweise seine Rechtsnachfolger, können selbständig die Erfüllung fordern, wenn dieses die Willensmeinung der Kontrahenten war. In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem Lezteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch machen zu wollen.

Dritter Titel.

Erlöschen der Obligationen.

I. Allgemeine Grundsäze.

129. Mit dem Untergange der Forderung, mag solcher durch Erfüllung oder auf andere Weise bewirkt werden, erlöschen auch die Bürgschaften, Faustpfandrechte und sonstige Nebenrechte.

Bereits erlaufene Zinse können nur dann nachgefordert werden, wenn ein derartiger Vorbehalt verabredet ist oder aus den Umständen hervorgeht.

130.

Gegenüber den Bestimmungen dieses Titels bleiben die besonderen Vorschriften über Wechsel-, Ordreund Inhaberpapiere sowie das Recht über grundversicherte Forderungen vorbehalten.

II. Verrechnung (Kompensation).

131.

Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere vertretbare Sachen derselben Art schulden, so kann jede derselben, insofern beide Forderungen fällig sind, ihre Schuld mit ihrer Forderung verrechnen.

135

Der Schuldner kann die Verrechnung geltend machen, , auch wenn seine Gegenforderung bestritten wird.

132.

Wider den Willen des Gläubigers können durch Verrechnung nicht getilgt werden : 1) Verpflichtungen zur Rükgabe oder zum Ersaze hinterlegter, widerrechtlich entzogener oder böswillig vorenthaltener Sachen; 2) Verpflichtungen, deren besondere Natur die thatsächliche Erfüllung an den Gläubiger verlangt, zum Beispiel Alimente, nicht pfändbare Lohnguthaben, und ähnliche Ansprüche; 3) Verpflichtungen gegen den Staat oder die Gemeinde aus öffentlichem Rechte.

133.

Ist eine Forderung mit Arrest belegt, so kann ·der Schuldner dieselbe mit einer Gegenforderung, welche er erst nach der Benachrichtigung von dem Arreste erworben hat, zum Nachtheile des Arrestnehmers nicht verrechnen.

134.

Der Bürge kann seine Schuld mit Forderungen, welche dem Hauptschuldner gegen den Gläubiger zustehen, verrechnen, nicht aber der Hauptschuldner die seinige mit Forderungen des Bürgen.

135. Wer sich zu Gunsten eines Dritten verpflichtet hat, kann diese Schuld nicht mit Forderungen, welche ihm gegen den andern Theil zustehen, verrechnen.

136.

Im Konkurse eines Schuldners können die Gläubiger ihre Forderungen, auch wenn sie nicht fällig sind, mit Forderungen, welche dem Gemeinschuldner ihnen gegenüber zustehen, verrechnen. Jedoch ist die Verrechnung ausgeschloßen: 1) wenn ein Schuldner desGemeinschuldners erst nach der Konkurseröffnung eine Forderung an denselben erwirbt, oder 2) wenn ein Gläubiger des Gemeinschuldners erst nach der Konkurseröffnung Schuldner desselben oder der Masse wird.

136

Im Konkurse einer Aktiengesellschaft können rükständige Aktienbeträge nicht mit Forderungen gegen die Gesellschaft verrechnet werden. Ebensowenig können auf den Inhaber lautende Obligationen oder Coupons zur Verrechnung mit Guthaben der Gesellschaft verwendet werden.

137.

Die Verrechnung kann angefochten werden, wenn ein Schuldner des in Konkurs Gerathenen vor der Konkurseröffnung, aber in Kenntniß von der Zahlungsunfähis;keit seines Gläubigers, eine ForderungO an denselben O O i erworben hat, um sich oder einem Andern durch die Verrechnung einen Vortheil zur Beeinträchtigung der Masse, zuzuwenden. Der Richter entscheidet darüber unter Würdigung der Umstände nach freiem Ermessen.

138.

Eine Verrechnung tritt nur insofern ein, als der Schuldner dem Gläubiger zu erkennen gibt, daß er von seinem Rechte der Verrechnung Gebrauch machen wolle.

Ist dieses geschehen, so wird angenommen, Forderung und Gegenforderung seien, soweit sie sich ausgleichen, schon mit dem Zeitpunkte getilgt worden, in welchem sie zur Verrechnung geeignet einander gegenüberstanden.

Vorbehalten bleiben die besonderen Uebungen des kaufmännischen Kontokorrent Verkehres.

189.

Auf die Verrechnung kann der Schuldner zum Voraus Verzicht leisten.

Ein Verzicht wird auch angenommen, wenn der Schuldner, obschon er weiß, daß er eine Gegenforderung hat, Barzahlung verspricht.

III. Aufhebung. Neuerung. Vereinigung.

140. Zur gänzlichen oder theilweisen Aufhebung einer Forderung durch Uebereinkunft bedarf es selbst dann einer besonderen Form nicht, wenn zur Eingehung der Verbindlichkeit eine solche erforderlich oder von den Kontrahenten gewählt war.

137

141. Der schenkungsweise gewährte Nachlaß wird durch das kantonale Recht bestimmt.

1-121. Neuerung (Novation) ist vorhanden: 1) wenn der Schuldner in dem Sinne eine neue Schuld gegen den Gläubiger eingeht, daß dadurch die alte erlischt ; 2) wenn ein neuer Schuldner mit Befreiung des früheren " Schuldners an dessen Stelle tritt ; 3) wenn ein neuer Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers in dem Sinne tritt, daß diesem gegenüber der Schuldner befreit wird.

143. Die Neuerung wird nicht vermuthet ; der Wille sie zu bewirken muß aus dein Geschäfte klar hervorgehen.

144. Wenn die Eigenschaften des Gläubigers und des Schuldners in einer Person zusammentreffen, so gilt die Forderung als durch Vereinigung (Konfusion) erloschen.

Wird diese Vereinigung rükgängig, so lebt die Forderung wieder auf.

IV. Unmöglichkeit der Erfüllung.

145.

Soweit durch Umstände, welche der Schuldner nicht zu verantworten hat, seine Leistung unmöglich geworden ist, gilt die Forderung als erloschen.

Bei zweiseitigen^ertragen hat der freigewordene Schuldner dio bereits empfangene Gegenleistung herauszugeben und verliert die noch nicht erfüllte Gegenforderung. Ausgenommen sind die Fälle, in welchen die Gefahr vor der Erfüllung auf den Gläubiger übergeht.

V. Verjährung.

146.

Durch Ablauf von zehn Jahren verjähren alle Ansprüche, für welche das Gesez nicht eine kürzere Frist bestimmt.

138 Soweit eine Forderung durch Faustpfand gedekt ist, verjährt der Anspruch nicht.

Die Verjährung grundversicherter und anderer Ansprüche, welche das kantonale Recht regelt, unterliegt den Bestimmungen dieses Gesezes nicht.

147.

Durch Ablauf von fünf Jahren verjähren die Ansprüche : 1) auf Mieth-, Pacht- und Kapitalzinse sowie auf andere periodische Leistungen ; 2) aus Lieferung von Lebensmitteln, für Beköstigung und für Wirthsschulden ; 3) aus Handwerksarbeit, Kleinverkauf von Waaren, ärztlicher Besorgung, Berufsarbeiten von Anwälten, Rechtsagenten, Prokuratoren und Notaren, Arbeit von Büreauangestellten, Dienstboten, Tagelöhnern und Fabrikarbeitern.

148.

Die in diesem Kapitel festgesezten Verjährungsfristen können durch Vertrag nicht abgeändert werden.

149.

Die Verjährung beginnt mit der Fälligkeit des Anspruches. Ist eine Forderung auf Kündigung gestellt, so beginnt die »Verjährung von dem ersten Tage an zu laufen, auf welchen die Kündigung zuläßig ist.

150.

Bei Berechnung der Verjährungsfristen kommen die Grundsäze der Art. 87 bis 91 in,Anwendung. Insbesondere ist der Tag, von welchem an die Fris^ läuft, nicht mit zu rechnen und die Verjährung erst dann als beendigt zu betrachten, wenn der lezte Tag unbenüzt verstrichen ist.

151.

Mit dem Hauptanspruche verjähren die aus demselben entspringenden Zinse und andere Nebenansprüche.

152.

Bei Leibrenten und ähnlichen periodischen Leistungen beginnt die Verjährung für das Forderungsrecht im Ganzen mit dem Zeitpunkte, in welchem die erste rükständige Leistung fällig war.

Ist das Forderungsrecht im Ganzen verjährt, so sind es auch die einzelnen Leistungen.

13& 153.

Die Verjährung beginnt nicht und steht stille, falls sie begonnen hat: 1) für Ansprüche der~Kinder gegen die Eltern während der Dauer der elterlichen Gewalt; 2) der Mündel gegen den Vormund und die Vormundschaftsbehörden während der Dauer der Vormundschaft ; 3) der Ehegatten gegen einander während der Dauer der Ehe; 4) der Dienstboten gegen die Dienstherrschaft während der Dauer des Dienstverhältnisses; 5) so lange dem Schuldner an dem Forderungsrecht ein Nießbrauch zusteht'; 6) so lange ein Anspruch vor einem schweizerischen Gerichte nicht geltend gemacht werden kann.

Nach Ablauf des Tages, an welchem diese Verhältniße zu-lEnde gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang.

154.

Die Verjährung wird unterbrochen:

1) durch Anerkennung des Anspruches von Seite desSchuldners, namentlich auch durch Zins- und Abschlagszahlungen, Pfand- und Bürgschaftsbestellung; 2) durch Anhebung der Betreibung, durch Klage oder Einrede vor einem staatlichen oder einem Schiedsgericht, sowie durch Eingabe im Konkurse. Der Klage steht gleich die Ladung zu einem amtlichen Sühneversuch.

155. Die Unterbrechung der Verjährung gegen einen Solidarschuldner oder einen Mitschuldner einer untheilbaren Leistung wirkt auch gegen die übrigen Mitschuldner; ist die ,,Verjährung gegen den Hauptschuldner unterbrochen, so ist sie es auch gegen den Bürgen; dagegen wirkt die gegen den Bürgen stattgefundene Unterbrechung nicht gegen den Hauptschuld ner.

140

156.

Mit der Unterbrechung beginnt die Verjährung von Neuern.

Hat eine Anerkennung durch Ausstellung einer Urkunde stattgefunden, so ist die neue Verjährungsfrist stets die zehnjährige.

157.

Wird die Verjährung durch eine Klage oder Einrede unterbrochen, so beginnt im Verlaufe des Rechtsstreites mit jeder gerichtlichen Handlung der Parteien und mit jeder Verfügung oder Entscheidung des Richters die Verjährung von Neuem.

Erfolgt die Unterbrechung durch Schuldbetreibung, so beginnt mit jedem Betrcibungsakt die Verjährung von Neuem, Geschieht die Unterbrechung durch Eingabe im Konkurse, so beginnt die neue Verjährung mit dem Zeitpunkte, in welchem die Forderung nach dem Konkursrechte wieder geltend gemacht werden kann.

158.

Ist die Klage oder die Einrede wegen Inkompetenz des angesprochenen Richters oder wegen eines verbesserlichen Fehlers (angebrachter Maßen) oder als vorzeitig zurükgewiesen worden, so wird, falls die Verjährungsfrist unterdessen abgelaufen ist, eine neue Frist von sechszig Tagen zur Gel tend machung des Anspruches eröffnet.

159. Auf die Verjährung kann nach ihrer Vollendung Verzicht geleistet werden. Wird ein solcher Verzicht von einem Solidarschuldner erklärt, so schadet derselbe den übrigen Solidarschuldnern nicht. Dasselbe findet statt bei mehreren Schuldnern einer untheilbaren Leistung und bei dem Hauptschuldner gegenüber dem Bürgen.

160.

Der Richter kann die Verjährung nicht von Amtes wegen berüksichtigen.

161. Das Erlöschen von Forderungen wegen unterlaßener Anmeldung bei öffentlichen Auskündungen wird vom,.

kantonalen Rechte bestimmt.

141

Vierter Titel.

Besondere Verhältnisse bei Obligationen.

<· I. Solidarität.

Solidarschulden.

162.

Solidarität unter mehreren Schuldnern entsteht, i^enn sie erklären, daß dem Grläubiger gegenüber jeder einzeln für die Erfüllung der ganzen Schuld haften wolle.

Ohne solche Willenserklärung entsteht Solidarität nur in den vom G-eseze bestinîmten Fällen.

163.

Der Grläubiger kann nach seiner Wahl von -allen Solidarschuldnern oder von einem derselben das Ganze oder nur einen Theil fordern. Auch im lezteren Falle bleiben sämmtliche Schuldner so lange verpflichtet, bis die .ganze Forderung getilgt ist.

164.

Bin Solidarschuldner kann dem Gläubiger nur ·solche Einreden entgegensezen, welche entweder aus seinem persönlichen Verhältniße zum Gläubiger oder aus dem gemeinsamen Entstehungsgrunde oder Inhalte der solidarischen Verbindlichkeit hervorgehen.

Jeder Solidarschuldne,r wird den anderen gegenüber verantwortlich, wenn er diejenigen Einreden nicht geltend macht, welche allen gemeinsam zustehen.

165. Ein Solidarschuldner kann durch seine persönliche Handlung die Lage der anderen nicht erschweren.

Bimdesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

10

142

166.

Soweit ein Solidarschuldner durch Zahlung oder Verrechnung den Gläubiger befriedigt hat, werden auch die übrigen befreit.

Wird ein Solidarschuldner ohne Befriedigung des Gläubigers befreit, so wirkt die Befreiung zu Gunsten der anderen nur so weit, als die Umstände oder die Natur der Verbindlichkeit es rechtfertigen.

167.

Im Konkurse jedes Solidarschuldners kann der Grläubiger die ganze Forderung geltend machen.

Die auf ihn entfallenden Bezüge sind in jedem einzelnen Konkurse nach der ganzen Forderung zu berechnen. Jedoch darf er nicht einen höheren Betrag erhalten als den seiner ganzen Forderung.

168.

Sofern sich aus dem Rechtsverhältnisse unter den Solidarschuldnern nicht etwas Anderes ergibt, hat von der an'den Gläubiger geleisteten Zahlung ein Jeder einen gleichen Theil zu übernehmen.

Was von einem Mitschuldner nicht erhältlich ist, haben die übrigen gleichmäßig zu tragen.

Auf den regreßberechtigten Solidarschuldner gehen in demselben Maße, als er den Gläubiger befriedigt hat, alle Rechte desselben über.

Der Gläubiger ist dafür verantwortlich, daß er die rechtliche Lage des einen Solidarschuldners nicht zum Schaden der übrigen beßer stelle.

Solidarfprderungen.

169.

Solidarität unter mehreren Gläubigern entsteht,, wenn der Schuldner erklärt, jeden einzelnen auf die ganze Forderung berechtigen zu wollen.

Ohne solche Willenserklärung entsteht die Solidarität nur in den vom Geseze bestimmten Fällen.

170.

Die Leistung an einen der Solidargläubiger befreit den Schuldner gegenüber allen.

143

Der Schuldner hat die Wahl, an welchen Solidargläubiger er bezahlen will, solange er nicht von einem derselben rechtlich belangt worden ist.

II. Bedingungen.

171.

Eine Verbindlichkeit, deren Entstehung vom Eintritte einer ungewißen Thatsache abhängig gemacht wird, ist eine bedingte. Für den Beginn ihrer Wirkungen ist derjenige Zeitpunkt maßgebend, in welchem die Bedingung in Erfüllung geht, sofern nicht auf eine andere Absicht der Parteien geschloßen werden muß.

172.

Der bedingt Verpflichtete darf, so lange die Bedingung schwebt, nichts vornehmen, was die gehörige Erfüllung seiner Verbindlichkeit hindern könnte.

Der 'bedingt Berechtigte ist befugt, bei Gefährdung seiner Rechte dieselben Sicherungsmaßregeln zu verlangen, wie wenn seine Forderung eine unbedingte wäre.

173.

Ist die versprochene Sache dem Gläubiger vor Eintritt der Bedingung übergeben worden, so kann er, wenn die Bedingung erfüllt wird, die inzwischen bezogenen Früchte behalten. Wenn die Bedingung nicht eintritt, so hat er dieselben herauszugeben.

174.

Ein Rechtsverhältniß, deßen Auflösung vom Eintritte einer Bedingung abhängig gemacht worden ist, verliert seine Wirksamkeit mit dem Zeitpunkte, in welchem die Bedingung in Erfüllung geht.

Eine Rükwirkung findet in der Regel nicht statt.

173.

Ist die Bedingung auf eine Handlung eines der Vertragschließenden gestellt, bei welcher es auf dessen Persönlichkeit nicht ankommt, so kann sie auch von seinen Erben erfüllt werden.

176.

Eine Bedingung gilt als erfüllt, wenn deren Eintritt von dem einen Theile wider Treu und Glauben verhindert worden ist.

144

177.

Wird eine Bedingung in der Absicht beigefügt, eine widerrechtliche oder unsittliche Handlung zu befördern, so ist der bedingte Anspruch nichtig.

III. Haft- und Eeugeld. Konventionalstrafe.

178.

Das beim Vertragsabschluße gegebene An- oder Draufgeld gilt im Zweifel als Haft-, nicht als Reugeld.

Wo nicht Vertrag oder Ortsgeb rauch etwas Anderes bestimmen, verbleibt das Haftgeld dem Empfänger ohne Abzug von seinem Ansprüche.

Ist ein Reugeld verabredet worden, so kann in der Regel jeder Theil, der Geber gegen Zurüklaßung desselben, der Empfänger gegen Erstattung des doppelten Betrages, von dem Vertrage zurüktreten.

179.

Wenn für den Fall der Nichterfüllung eines Vertrages eine Konventionalstrafe versprochen ist, so kann der Gläubiger nach seiner Wahl entweder die Erfüllungöder die Strafe fordern.

Wurde die Strafe für Nichteinhaltung der vereinbarten Erfüllungszeit oder des richtigen Erfüllungsortes versprochen, so kann sie nebst der Erfüllung des Vertrages gefordert werden. Jedoch wird bei vorbehaltloser Annahme der lezteren Verzicht auf die Strafe vermuthet.

Dem Schuldner bleibt der Nachweis vorbehalten, daß ihm gegen Erlegung der Strafe der Rüktritt freistehen sollte.

180.

Die Konventionalstrafe ist verfallen, auch wenn dem Gläubiger kein Schaden erwachsen ist.

Uebersteigt der erlittene Schaden den Betrag der Strafe, so kann der Gläubiger den Mehrbetrag nur so weit einfordern, als er ein Verschulden nachweist.

181.

Die Konventionalstrafe kann nicht gefordert werden, wenn durch dieselbe ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigt werden sollte, oder wenn die Erfüllung des Vertrages durch den Gläubiger oder durch

145

einen in der Person des Gläubigers eingetretenen Zufall oder durch höhere Gewalt unmöglich geworden ist.

182.

Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden. Jedoch ist der Richter befugt, übermäßige Strafen nach billigem Ermessen herabzusezen.

Fünfter Titel.

Abtretung der Forderungen.

183.

Der Gläubiger kann die ihm zustehende Forderung auch ohne Einwilligung des Schuldners an einen Anderen abtreten, soweit nicht Gesez, Vereinbarung oder die besondere Natur des Rechtsverhältnißes eine Ausnahme begründen.

184.

Die Abtretung ist ohne besondere Form verbindlich.

Damit aber gegenüber dritten Personen, namentlich im Konkurse des Abtretenden, der Uebergang wirksam werde, bedarf es einer schriftlichen Beurkundung.

185.

Bestimmen Gesez oder richterliches Urtheil, daß eine Forderung auf einen Anderen übergeht, so ist der Uebergang Dritten gegenüber wirksam, ohne daß es einer besonderen Form oder auch nur einer Willenserklärung des bisherigen Gläubigers bedarf.

186.

Haben mehrfache Abtretungen derselben Forderung stattgefunden, so geht diejenige vor, für welche die ältere schriftliche Beurkundung vorliegt.

146

187.

Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den früheren Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgebenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.

188.

Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien. Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntniß hat, so thut er es auf seine Gefahr.

Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.

189.

Einreden, welche der Forderung des Abtretenden entgegenstanden, kann der Schuldner auch gegen den Erwerber geltend machen, wenn sie schon zu der Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntniß erhielt.

Hinsichtlich der Einrede der Simulation kommen die Bestimmungen des Artikels 16 Absaz 2 zur Anwendung.

190.

Mit der Forderung gehen die auf sie bezüglichen Vorzugs- und Nebenrechte über, diejenigen ausgenommen, welche ausschließlich mit der Person des Abtretenden verbunden sind.

Es wird vermuthet, daß mit der Hauptforderung auch die rükständigen Zinse auf den Erwerber übergehen sollen.

191.

Der Abtretende ist verpflichtet, dem Erwerber eine Abtretungsurkunde zuzustellen, die Schuldurkunde auszuliefern und ihm alle vorhandenen Beweismittel und die zur Geltendmachung der Forderung nöthigen Aufschlüße mitzutheilen.

192.

Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung ·& zur Zeit der Abtretung.

Für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners dagegen haftet der Abtretende nur dann, · wenn er sich dazu verpflichtet hat.

147

Bei einer unentgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende auch nicht für den Bestand der Forderung.

193.

Hat ein Gläubiger seine Forderung zum Zweke der Zahlung abgetreten ohne Bestimmung des Betrages, zu welchem sie angerechnet werden soll, so muß der Erwerber sich nur diejenige Summe anrechnen laßen, welche er vom Schuldner erhält oder bei gehöriger Sorgfalt hätte erhalten können.

194. Der Abtretende haftet vermöge der Gewährleistung nur für den empfangenen Gegenwerth nebst Zinsen und überdies für die Kosten der Abtretung und des erfolglosen Vorgehens gegen den Schuldner.

195.

Geht eine Forderung von Gesezes wegen auf «inen Anderen über, so haftet der bisherige Gläubiger weder für den Bestand der Forderung noch für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners.

196.

Eine mit Arrest belegte Forderung kann von dem Zeitpunkte an, wo der Gläubiger derselben von der Arrestnahme Kenntniß erhalten hat, nicht mehr wirksam abgetreten werden. Dagegen ist eine Zahlung von Seite des Schuldners gültig, wenn er sie in gutem Glauben und, bevor ihm die Arrestnahme bekannt gemacht wurde, geleistet hat.

197.

Für die Uebertragung von Wechseln, Ordre- und Inhaberpapieren gelten die besonderen Vorschriften dieses Gesezes.

198.

Die Bestimmungen des kantonalen Rechtes über die Abtretung grundversicherter Forderungen bleiben vorbehalten.

148

Sechster Titel.

Dingliche Rechte an beweglichen Sachen, I. Uebergang des Eigenthums an Mobilien.

199.

Soll in Folge eines Vertrages Eigenthum ant beweglichen Sachen übertragen werden, so ist Besizübergabe erforderlich.

200. Die Uebergabe erfolgt: 1) durch Aushändigung der Sache an den Erwerber;, 2) durch Uebertragung solcher Mittel an den Erwerber, welche ihm die ausschließliche Verfügung über die Sache gewähren.

201.

Befindet sich die Sache in Händen eines Dritten,, so erfolgt die Besizübertragung auch dadurch, daß der Dritte von dem Veräußerer beauftragt wird, die Sache fortan für den neuen Erwerber in Gewahrsam zu halten.

202. Ausnahmsweise kann der Veräußerer auch an einer Sache, welche er in Händen behält, den Besiz auf den.

Erwerber übertragen, wenn dieselbe infolge eines besonderen Rechtsverhältnißes, wie z. B. eines MiethVertrages, noch in seinem Gewahrsam zurükbleiben soll.

Eine solche Besizübertragung ist Dritten gegenüberunwirksam, falls eine Benachtheiligung derselben beabsichtigt wurde ; der Richter entscheidet hierüber nach freiem Ermessen in Würdigung der Umstände.

208. Muß die veräußerte Sache versendet werden,, so geht der Besiz auf den Erwerber über, sobald dieser die Sache durch einen Stellvertreter oder persönlich in Empfang; nimmt.

149 204.

Sofern nicht besondere Verhältniße oder Verabredungen eine Ausnahme begründen, gehen Nuzen und Gefahr der Sache mit dem Abschluße des Veräußerungsvertrages auf den Erwerber über ; ist die veräußerte Sache nur der Gattung nach bestimmt, so ist überdies erforderlich, daß sie ausgeschieden und, wenn sie versendet werden muß,, zur Versendung abgegeben worden sei.

Bei bedingten Verträgen geht die Gefahr des Unterganges der veräußerten Sache erst mit dem Eintritte der Bedingung auf den Erwerber über.

205. Vorbehaltlich der Bestimmungen über gestohlene oder verlorene Sachen erlangt der gutgläubige Erwerber einer Sache das Eigenthumsrecht, auch wenn der Veräußerer nicht Eigenthümer war. Unter den gleichen Voraussezungen erlöschen sonstige dingliche Rechte Dritter an der Sache.

206.

Gestohlene oder verlorene Sachen können binnen fünf Jahren, vom Tage des Abhandenkommens an gerechnet, jedem Inhaber abverlangt werden. Ist eine solche Sache an öffentlicher Steigerung, auf einem Markte oder von einem Kaufmanne, welcher mit derartigen Waaren handelt, gutgläubig erworben worden, so muß sie nur gegen Vergütung des dafür bezahlten Preises herausgegeben werden.

207.

Der bösgläubige Erwerber muß die Sache stets herausgeben oder, wenn er sich derselben entäußert hat, ihren Werth ersezen und auch für jede durch seine Schuld herbeigeführte Werthverminderung haften ; weitergehende Ansprüche auf Schadensersaz gegen ihn bleiben vorbehalten.

208.

Vorbehaltlich der Bestimmungen des vorhergehenden Artikels ist der Eigenthumsanspruch ausgeschloßen : 1) bei Banknoten und verfallenen Coupons; 2) bei Inhaberpapieren, welche gegen Entgeld und in gutem Glauben aus Ländern erworben wurden, deren Gesezgebung die Eigenthumsklage nicht zuläßt.

209. Werden Waaren durch Lagerscheine, Ladescheine oder ähnliche Papiere vertreten, so gilt der gutgläubige Erwerber des Scheines als Eigenthümer der Waare.

150

Steht ihm aber ein gutgläubiger Besizer der Waare selbst gegenüber, so geht dieser leztere mit seinem Eigenthumsanspruch oder sonstigen dinglichen Rechte vor.

II. Faustpfand. Retentionsrecht.

F a u s t p fa n d r e c h t.

210.

Ein Pfandrecht an beweglichen Sachen oder an Inhaberpapieren kann nur als Faustpfand bestellt werden.

Die Bestellung geschieht durch Uebergabe der Sache an ·den Pfandgläubiger oder an einen Stellvertreter desselben.

Die Uebergabe gilt nicht als vollzogen, so lange die Sache im Gewahrsame des Verpfänders verbleibt.

Es bleibt indessen der Kantonalgesezgebung vorbehalten, die Verpfändung von Vieh durch bloße Eintragung in öffentliche Bücher zu. gestatten.

211.

Die Vorschriften der kantonalen Geseze, vermöge deren bewegliche Sachen als Zubehörden eines Immobiliarpfandes nach den für dieses geltenden Formen mitverpfändet werden können, bleiben in Kraft.

Ist eine Sache in dieser Weise verpfändet, zugleich aber auch für eine andere Forderung als Faustpfand bestellt, -so geht das leztere vor, sofern nicht der Faustpfandgläubiger bei der Verpfändung das Immobiliarpfandrecht gekannt hat oder nach den Umständen hätte kennen sollen.

Die Frage, was als Zubehörde einer Liegenschaft zu betrachten sei, ist nach dem kantonalen Rechte zu beurtheilen.

212.

Waaren, welche durch indossable Lagerscheine, Ladescheine oder ähnliche Papiere vertreten sind, können ·durch bloße Uebergabe des indossirten Scheines an den Faustpfandgläubiger verpfändet werden.

Ist neben dem Lagerscheine noch ein besonderer^Pfandschein (Warrant) ausgestellt, so genügt die Uebergabe des indossirten Pfandscheines, jedoch nur unter der Voraussezung,

151

daß Pfandsumme und Verfalltag auch in dem Lagerscheine eingetragen sind.

213. Sind bewegliche Sachen oder Inhaberpapiere von einem Nichtberechtigten zu Faustpfand übergeben worden, so erwirbt der gutgläubige Empfänger derselben dennoch Faustpfand. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Artikels 206.

214.

Zur Verpfändung von Wechseln und anderen indossabeln Papieren ist die Uebergabe des indossirten Papiers an den Faustpfandgläubiger erforderlich.

215.

Zur Verpfändung einer anderen Forderung ist nothwendig, daß der Schuldner davon benachrichtigt, ein «twa vorhandener Schuldschein an den Pfandgläubiger übergeben und die Verpfändung schriftlich beurkundet worden sei.

216.

Ist die verpfändete Forderung verzinslich, so · gilt, sofern nicht etwas Anderes vereinbart ist, nur der laufende Zins als mitverpfändet.

Dasselbe gilt auch von anderen periodischen Nebenleistungen (Dividenden), welche mit einer verpfändeten Forderung verbunden sind.

Bestehen jedoch über Zinse oder andere periodische Nebenleistungen Urkunden, welche von der Haupturkunde trennbar sind (Zins-Coupons, Dividenden-Coupons), und sind dieselben dem Pfandgläubiger mit übergeben worden, so erstrekt sich das Pfandrecht auch auf diese; jedoch sind, wenn nicht etwas Anderes verabredet ist, die jeweilen verfallenden Coupons dem Schuldner zu verabfolgen.

217.

An einer Sache oder einer Forderung, welche bereits verpfändet ist, kann ein nachgehendes Faustpfand in der Weise bestellt werden, daß dem ersten Pfandgläubiger davon Anzeige gemacht und derselbe angewiesen wird, nach seiner eigenen Befriedigung das Pfand nicht an den Schuldner, sondern an den nachgehenden Faustpfandgläubiger herauszugeben.

152 218.

Der Pfandgläubiger kann sein Pfand nur mit Einwilligung des Verpfänders weiter verpfänden.

219.

Das Faustpfandrecht verliert seine Wirksamkeit, so lange sich das Pfand mit Willen des Faustpfandgläubigers im Gewahrsame des Verpfänders befindet.

220.

Der Faustpfandgläubiger haftet für den aus der Verschlechterung oder aus dem Untergange der verpfändeten Sache entstandenen Schaden, sofern er nicht nachweist, daß dieser ohne sein Verschulden eingetreten ist.

Hat der Faustpfandgläubiger das Pfand eigenmächtig veräußert oder weiter verpfändet, so haftet er für den vollen Werth desselben und für allfälligen weiteren Schaden.

221.

Der Faustpfandgläubiger ist nicht verpflichtet, das Pfand oder einen Theil desselben herauszugeben, so lange er für seine versicherte Forderung nicht volle Befriedigung erlangt hat.

222.

Der Vertrag, gemäß welchem das Faustpfand dem Gläubiger, wenn derselbe nicht bezahlt wird, als Eigenthum zufallen soll, -ist ungültig.

223. Die Realisirung des Faustpfandes geschieht nach den Gesezen des Ortes, wo die Sache sich befindet.

R e t e n t i o n s r echt.

224.

Der Gläubiger hat, außer den im Geseze besonders vorgesehenen Fällen, für seine fällige Forderung ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen und Werthpapieren, welche sich mit dem Willen des Schuldners in seiner Verfügungsgewalt befinden, vorausgesezt, daß die Forderung und der Gegenstand der Retention in einem Zusammenhange stehen. ° Unter Kaufleuten wird dieser Zusammenhang schon dann angenommen, wenn die Forderung und die Innehabung des Gegenstandes aus ihrem geschäftlichen Verkehre herrühren.

153 225.

Das Retentionsrecht tritt nicht ein, wenn die Ausübung desselben einer vom Schuldner vor oder bei der Uebergabe ertheilten Vorschrift oder der von dem Gläubiger übernommenen Verpflichtung, in einer bestimmten Weise mit den Gegenständen zu verfahren, widerstreiten würde.

226.

Selbst wegen nicht fälliger 'Forderungen steht dem Gläubiger das Retentionsrecht zu, wenn der Schuldner in Konkurs gerathen ist oder seine Zahlungen eingestellt hat.

In diesen Fällen kommt auch der Artikel 225 nicht zur Anwendung, sofern der Konkurs oder die Zahlungseinstellung erst nach der Uebergabe der Gegenstände oder nach Uebernahme der Verpflichtung eingetreten oder dem Gläubiger bekannt geworden ist.

227.

Hat ein Schuldner Sachen eines Dritten als sein Eigenthum in den Gewahrsam des Gläubigers gegeben, so steht dem Dritten das Retentionsrecht nur dann entgegen, wenn der Gläubiger die Sachen in gutem Glauben empfangen hat. Vorbehalten bleibt überdieß die Klage des Eigenthümers verlorener oder gestohlener Sachen.

228.

Hat der Gläubiger für seine Forderung weder Zahlung noch genügende Sicherheit erhalten, so kann er nach vorgängiger Benachrichtigung des Schuldners sein Retentionsrecht gleich einem Faustpfandgläubiger realisiren.

Jene Benachrichtigung kann auch dann noch erfolgen, wenn über das Vermögen des Schuldners der Konkurs ausgebrochen ist.

Die Anmeldung des Retentionsrechtes im Konkurse des Schuldners gilt als genügende Benachrichtigung.

154

Siebenter Titel.

Kauf und Tausch.

I. Allgemeine Bestimmungen.

229.

Durch den Kaufvertrag verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer den Kaufgegenstand zu vollem Rechte und Genuße zu übergeben, und der Käufer, dem Verkäufer den verabredeten Preis zu bezahlen.

230.

Sofern nicht Vereinbarung oder Uebung entgegenstehen, sind Verkäufer und Käufer verpflichtet, ihre Leistungen gleichzeitig -- Zug um Zug -- zu erfüllen.

231. Für Kaufverträge über Liegenschaften gilt das kantonale Recht.

Ebenso bleibt der Kantonalgesezgebung vorbehalten.,, die Klagbarkeit von Forderungen aus dem Kleinvertriebe geistiger Getränke, einschließlich der Forderung für Wirthszeche, zu beschränken oder auszuschließen.

II. Verpflichtungen des Verkäufers.

Uebergabe.

232.

Sofern nicht etwas Anderes vereinbart worden oder gebräuchlich ist, trägt der Verkäufer die Kosten der Uebergabe, insbesondere des Meßens und Wagens, der Käufer dagegen diejenigen der Beurkundung und der Abnahme.

233.

Muß die verkaufte Sache an einen anderen als den Erfüllungsort versendet werden, so trägt der Käufer die Transportkosten, sofern nicht etwas Anderes vereinbart oder gebräuchlich ist. »

155> Ist Frankolieferung verabredet, so wird vermuthet, der Verkäufer habe die Transportkosten übernommen. Zu den Transportkosten werden in diesem Falle, so weit nicht Vertrag; oder Uebung etwas Anderes bestimmen, auch die Ausgangs-,, Durchgangs- und Eingangszölle gerechnet, welche während des Transportes, nicht aber die Verbrauchssteuern, welche bei Empfang der Sache erhoben werden.

234.

Ist im kaufmännischen Verkehr ein bestimmter Lieferungsterrnin verabredet, so wird vermuthet, daß der Käufer berechtigt sein solle, bei dem Verzüge des Verkäufers ohne Weiteres von dem Vertrage zurükzutreten.

Zieht jedoch der Käufer vor, die Lieferung zu verlangen, so hat er dieses dem Verkäufer unverzüglich nach Ablauf des Termines anzuzeigen, widrigenfalls er nicht mehr auf Erfüllung des Vertrages, sondern nur auf allfälligen Schadenersaz klagen kann.

Gewährleistung des v e r ä u ß e r t e n Rechtes.

235. Der Verkäufer hat dafür Gewähr zu leisten,, daß nicht ein Dritter aus Rechtsgründen,'welche schon zur Zeit des Verkaufes bestanden haben, den Kaufgegenstand dem Käufer ganz oder theilweise entziehe.

236.

Wenn der Käufer zur Zeit des Vertragsabschlußes die Gefahr der Eritwehrung kannte, so hat der Verkäufer nur insofern Gewähr zu leisten, als er sich ausdrüklich dazu verpflichtete.

237.

Eine Vereinbarung, welche die Gewährspflicht aufhebt oder beschränkt, ist ungültig, wenn der Verkäufer das Recht des Dritten absichtlich verschwiegen hat.

238. Wird von einem Dritten ein Recht geltend gemacht, welches den Verkäufer zur Gewährleistung verpflichtet,, so hat dieser auf ergangene Streitverkündung, je nach den Umständen und den Vorschriften der Prozeßordnung, dem Käufer im Prozesse beizustehen, beziehungsweise ihn zu vertreten.

156 ,

Ist die Streitverkündung rechtzeitig erfolgt, so wirkt ein ungünstiges Ergebniß des Prozesses auch gegen den Verkäufer, sofern er nicht beweist, daß dasselbe durch böse Absicht oder grobe Fahrläßigkeit des Käufers verschuldet worden sei. ' 239.

Ist die Streitverkündung ohne Veranlaßung des Verkäufers unterblieben, so wird derselbe von der Verpflichtung zur Gewährleistung in so weit befreit, als er zu beweisen vermag, daß bei rechtzeitig erfolgter Streitverkündung ein günstigeres Ergebniß des Prozesses zu erlangen gewesen wäre.

240.

Der Verkäufer kann auch dann zur Gewährleistung angehalten werden, wenn der Käufer das Recht des Dritten, ohne es zur richterlichen Entscheidung kommen zu laßen, anerkannt oder einen Schiedsspruch angerufen hat, sofern dieses dem Verkäufer rechtzeitig angedroht und ihm die Führung des Prozesses erfolglos angeboten worden war.

241.

Ist die Entwehrung, für welche der Verkäufer «inzustehen hat, eine vollständige, so ist der Kaufvertrag als aufgehoben zu betrachten und der Käufer zu fordern berechtigt : 1) Rückerstattung des bezahlten Preises sammt Zinsen unter Abrechnung der von ihm gewonnenen oder versäumten Früchte und sonstigen Nuzungen ; 2) Ersaz der für die Sache gemachten Verwendungen, soweit sie nicht von dem berechtigten Dritten erhältlich sind ; 3) Ersaz der sämmtlichen durch den Prozeß veranlaßten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, soweit sie nicht durch Unterlaßung der Streitverkündung herbeigeführt worden sind; 4) Ersaz des sonstigen durch die Entwehrung unmittelbar verursachten Schadens.

Liegt ein Verschulden des Verkäufers vor, so ist derselbe gemäß Artikel 116 verpflichtet, auch weiteren Schaden .zu vergüten.

157 242.

Wenn dem Käufer nur ein Theil des Kaufgegenstandes entzogen wird, oder wenn die verkaufte Sache mit einer dinglichen Last beschwert ist, für welche der Verkäufer einzustehen hat, so kann der Käufer nicht die Aufhebung des Vertrages, sondern nur Ersaz des Schadens verlangen, welcher ihm durch die Entwehrung verursacht wird.

Ist jedoch nach den Umständen anzunehmen, daß der Käufer den Vertrag nicht geschloßen haben würde, wenn er die theilweise Entwehrung vorausgesehen hätte, so ist derselbe befugt, die Aufhebung des Vertrages zu verlangen.

In diesem Falle muß er den Kaufgegenstand, soweit er nicht entwehrt worden ist, nebst Zuwachs und Früchten dem Verkäufer zurükgeben. Bei Berechnung des Schadens finden die Bestimmungen des Artikels 241 entsprechende Anwendung.

G e w ä h r l e i s t u n g wegen Mängel) der Kaufsache.

243. Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, daß die Sache nicht solche Mängel habe, welche ihren Werth oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesezten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern. Er haftet auch dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat.

244.

Eine Vereinbarung, welche die Gewährspflicht aufhebt oder beschränkt, ist ungültig, wenn der Verkäufer dem Käufer die Gewährsmängel arglistig verschwiegen hat.

245.

Der Verkäufer haftet nicht für Mängel, welche der Käufer zur Zeit des Kaufes gekannt hat. Für Mängel, welche der Käufer bei Anwendung gewöhnlicher Aufmerksamkeit kennen mußte, haftet der Verkäufer nur dann, wenn er deren Nichtvorhandensein zugesichert hat.

246.

Der Käufer soll, sobald dieses nach dem üblichen Geschäftsgange thunlich ist, die Beschaffenheit der empfangenen Sache prüfen und, falls sich Mängel ergeben, für welche der Verkäufer Gewähr zu leisten hat, diesem sofort Anzeige zu machen.

Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

11

158 Versäumt dieses der Käufer, so gilt die gekaufte Sache als genehmigt, soweit es sich nicht um Mängel handelt, welche bei der übungsgemäßen Untersuchung nicht erkennbar waren.

Ergeben sich später solche Mängel, so muß die Anzeige sofort nach der Entdekung erfolgen, widrigenfalls die Sache auch rüksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.

247.

Bei absichtlicher Täuschung des Käufers durch den Verkäufer findet die im vorhergehenden Artikel vorgesehene Beschränkung der Gewährleistung keine Anwendung.

248. Wenn die von einem anderen Orte übersendete Sache beanstandet wird und der Verkäufer an dem Empfangsorte keinen Stellvertreter hat, so ist der Käufer verpflichtet, für die einstweilige Aufbewahrung derselben zu sorgen; er darf sie dem Verkäufer nicht ohne Weiteres zurükschiken.

Er soll auch den Thatbestand ohne Verzug gehörig feststellen laßen, widrigenfalls ihm der Beweis obliegt, daß die behaupteten Mängel schon zur Zeit der Empfangnahme vorhanden gewesen seien.

Wenn sich Gefahr zeigt, daß die übersendete Sache in schnelle Verderbniß gerathe, so ist der Käufer berechtigt und, soweit die Interessen des Verkäufers es erfordern, auch verpflichtet, dieselbe unter Mitwirkung der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo sich die Sache befindet, verkaufen zu laßen. Von einem solchen Verfahren hat der Käufer bei Vermeidung von Schadenersaz den Verkäufer so zeitig als thunlich zu benachrichtigen.

249. Liegt ein Fall der Gewährleistung wegen Mängel der Sache vor, so hat der Käufer die Wahl, mit der Wandelungsklage den Kauf rükgängig zu machen oder mit der Minderungsklage Ersaz des Minderwerthes der Sache zu fordern.

250.

Auch wenn die Wandelungsklage angestellt worden ist, kann der Richter bloß Ersaz des Minderwerthes zusprechen, sofern nach seinem Ermeßen die Umstände es nicht rechtfertigen, den Kauf rükgängig zu machen.

159 251.

Erreicht der geforderte Minderwerth den Betrag des Kaufpreises, so kann der Käufer nur die Wandelung verlangen.

252.

Geht der Kauf auf eine bestimmte Quantität vertretbarer Sachen, so hat der Käufer die Wahl, entweder die Wandelungs- oder die Minderungsklage anzustellen oder andere währhafte Waare derselben Gattung zu fordern.

Wenn es sich nicht um Sachen handelt, welche dem Käufer von einem anderen Orte her zugesandt worden sind, so ist auch der Verkäufer berechtigt, durch sofortige Lieferung wahrhafter Waare derselben Gattung und durch Ersaz eines allfälligen Schadens sich von jedem weiteren Ansprüche des Käufers zu befreien.

253.

Wird der Kauf rükgängig gemacht, so muß der Käufer die Sache nebst Zuwachs und Früchten dem Verkäufer zurükgeben. Andererseits ist der Verkäufer verpflichtet, den gezahlten Kaufpreis sammt Zinsen zurükzuerstatten und überdies dem Käufer den Schaden zu ersezen, welcher demselben durch die Lieferung fehlerhafter Waare unmittelbar verursacht worden ist. Im Uebrigen finden die Bestimmungen des Artikels 241 entsprechende Anwendung.

254.

Die Wandelung kann auch begehrt werden, wenn die mangelhafte Sache in Folge ihrer Mängel oder durch Zufall untergegangen ist. Der Käufer hat in diesem Falle nur das zurUkzugeben, was ihm von der Sache verblieben ist.

Ist die Sache durch Verschulden des Käufers untergeeaneen oder von demselben weiter veräußert oder umO ö o gestaltet worden, so kann er nur Ersaz des Minderwerthes verlangen.

255.

Sind von mehreren zusammen verkauften Sachen oder von einer verkauften Gesammtsache bloß einzelne Stüke fehlerhaft, so kann nur rüksichtlich dieser die Wandelung verlangt werden.

160 Laßen sich jedoch die fehlerhaften Stüke von den fehlerfreien ohne erhebliche Verlezung der Interessen, sei es des Käufers, sei es des Verkäufers, nicht trennen, so muß die Wandelungsklage sich auf den gesammten Kaufgegenstand erstreken.

256.

Die Wandelung der Hauptsache wegen eines Mangels zieht auch die Wandelung der Nebensache nach sich, selbst wenn für diese ein besonderer Preis festgesezt worden wäre.

Ist dagegen nur die Nebensache mit einem Mangel behaftet, so kann nur mit Rüksicht auf diese die Wandelung verlangt werden.

257.

Die Klagen auf Gewährleistung wegen Mängel einer Sache verjähren mit Ablauf eines Jahres nach Ablieferung der Sache an den Käufer, selbst wenn dieser die Mängel erst später entdeken sollte, es sei denn, daß der Verkäufer eine Garantie auf längere Zeit übernommen habe.

258.

Auch die Einreden des Käufers wegen vorhandener Mängel erlöschen, wenn die in Artikel 246 vorgeschriebene Anzeige nicht innerhalb eines Jahres nach Ablieferung an den Käufer gemacht wird. Ist jedoch die Anzeige in dieser Weise erfolgt, so bleiben die Einreden bestehen.

259.

Die Bestimmungen der Artikel 257 und 258 können vom Verkäufer nicht geltend gemacht werden, wenn ihm eine absichtliche Täuschung des Käufers nachgewiesen wird.

III. Verpflichtungen des Käufers.

260.

Der Käufer ist verpflichtet, den Preis nach den Bestimmungen des Vertrages zu bezahlen und die gekaufte Sache, sofern sie ihm von dem Verkäufer vertragsgemäß angeboten wird, anzunehmen. Die Empfangnahme muß

161 sofort geschehen, wenn nicht etwas Anderes vereinbart oder ortsgebräuchlich ist.

261.

Hat ein Käufer fest bestellt, ohne den Preis zu nennen, so wird im Zweifel angenommen, es 'sei der mittlere Marktpreis gemeint, welcher zur Zeit und an dem Orte der Erfüllung gilt.

262.

Ist der Kaufpreis nach dem Gewichte derWaare zu berechnen, so wird die Verpakung (Taragewicht) in Abzug gebracht. Vorbehalten bleiben die besonderen kaufmännischen Uebungen, nach welchen bei einzelnen Handelsartikeln ein festbestimmter oder nach Prozenten berechneter Abzug vom Bruttogewicht erfolgt oder -das ganze Bruttogewicht bei der Preisbestimmung angerechnet wird.

263.

Ist die verkaufte Sache gegen Vorausbezahlung des Preises oder Zug um Zug zu übergeben, und befindet sich der Käufer mit der Zahlung des Kaufpreises im Verzüge, so hat der Verkäufer das Recht, ohne Weiteres vom Vortrage zurükzutreten. Er hat jedoch dem Käufer bei Vermeidung von Schadenersaz sofort Anzeige zu machen.

264.

Ist der Kaufgegenstand vor geleisteter Zahlung in den Gewahrsam des Käufers übergegangen, so kann der Verkäufer wegen Verzuges des Käufers nur dann von dem Vertrage zurüktreten und die übergebene Sache zurükfordern, wenn er sich dieses Recht ausdrüklich vorbehalten hat.

265.

Ist kein anderer Zeitpunkt bestimmt, so wird der Kaufpreis mit dem Uebergange des Kaufgegenstandes in den Gewahrsam des Käufers fällig.

266.

Abgesehen von der Vorschrift des Artikels 117 über den Verzug in Folge eines bestimmten Verfalltages wird der Kaufpreis ohne Mahnung verzinslich: 1) wenn die Uebung es mit sich bringt; 2) wenn der Käufer Früchte oder sonstige Erträgniße des Kaufgegenstandes beziehen kann.

162

IV. Besondere Arten des Kaufes.

Kauf nach Muster.

267. Bei dem Kaufe nach Muster (nach Probe) ist derjenige Theil, welchem das Muster anvertraut wurde, nicht verpflichtet, die Identität des von ihm vorgewiesenen mit dem empfangenen Muster zu beweisen, sondern es genügt seine persönliche Versicherung vor Gericht. Dieses gilt auch dann, wenn das Muster zwar nicht mehr in derselben Gestalt, die es bei der Uebergabe hatte, vorgewiesen wird, diese Veränderung aber die nothwendige Folge der Prüfung des Musters ist.

In allen Fällen steht der Gegenpartei der Beweis der Unächtheit offen.

268. Ist das Muster bei dem Käufer, auch ohne dessen Verschulden, verdorben oder zu Grunde gegangen, so hat nicht der Verkäufer zu beweisen, daß die Sache dem Muster gemäß sei, sondern der Käufer das Gegentheil.

Kauf auf P r o b e oder auf Besicht.

269. Ist ein Kauf auf Probe oder auf Besicht vereinbart, so steht es im Belieben des Käufers, ob er die Kaufsache genehmigen will oder nicht.

So lange die Sache nicht genehmigt ist, bleibt sie im Eigenthum des Verkäufers, auch wenn sie in den Gewahrsam des Käufers übergegangen ist.

270. Ist die Prüfung bei dem Verkäufer vorzunehmen, so hört derselbe auf gebunden zu sein, wenn der Käufer nicht bis zum Ablaufe der vereinbarten oder ortsgebräuchlichen Frist genehmigt. In Ermangelung einer solchen Frist kann der Verkäufer nach Ablauf einer angemessenen Zeit den Käufer zur Erklärung über die Genehmigung auffordern und hört auf gebunden zu sein, wenn der Käufer auf die Aufforderung hin sich nicht sofort erklärt.

O

163 271.

Ist die Sache dem Käufer vor der Prüfung übergeben, so gilt der Kauf als genehmigt, wenn nicht der Käufer innerhalb der vertragsmäßigen oder ortsgebräuchlichen Frist oder in Ermangelung einer solchen sofort auf die Aufforderung des Verkäufers hin die Nichtannahme erklärt oder die Sache zurilkgibt.

Ebenso gilt der Kauf als genehmigt, wenn der Käufer den Preis ohne Vorbehalt ganz oder zum Theile bezahlt oder über die Sache in anderer Weise verfügt, als es zur Prüfung nöthig ist.

Y. Tausch vertrag.

272.

Auf den Tausch vertrag finden die Vorschriften über den Kaufvertrag in dem Sinne entsprehende Anwendung, daß jede Vertragspartei mit Bezug auf die von ihr versprochene Sache als Verkäufer und mit Bezug auf die ihr zugesagte Sache als Käufer behandelt wird.

273.

Wird die eingetauschte Sache entwehrt oder wegen ihrer Mängel zurükgegeben, so hat die geschädigte Partei die Wahl, Schadenersaz zu begehren oder die vertauschte Sache zurükzufordern.

Achter Titel.

Miethe und Pacht.

I. Miethe.

274.

Durch den Mietvertrag verpflichtet sich der Vermiether, dem Miether den Gebrauch einer Sache zu überlaßen, und der Miether, dem Vermiether hiefür eine Vergütuog (Miethzins) zu bezahlen.

164 275.

Der Abschluß des Mietvertrages bedarf keiner besonderen Form.

Dagegen bedürfen Verabredungen über die Miethe einer unbeweglichen Sache, soweit sie von dem Geseze abweichen und nicht ausdrüklich darin vorbehalten sind, der schriftlichen Vertragsform.

276.

Der Vermiether ist verpflichtet, die Sache in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zustande zu übergeben und während der Miethzeit in demselben zu erhalten.

277.

Wird die Sache in einem Zustande übergeben, welcher den vertragsmäßigen Gebrauch ausschließt oder in erheblicher Weise schmälert, so ist der Miether berechtigt, nach Maßgabe der Artikel 122 bis 125 von dem Vertrage zurükzutreten.

Geräth die Sache ohne Verschulden des Miethers während der Miethzeit in einen solchen Zustand, so kann derselbe eine verhältnißmäßige Herabsezung des Miethzinses verlangen und, wenn dem Mangel nicht innerhalb angemeßener Frist abgeholfen wird, von dem Vertrage zurüktreten.

Für den Fall der Verschuldung des Vermiethers bleibt überdieß dem Miether der Anspruch auf Schadenersaz vorbehalten.

278.

Wenn während der Miethzeit die vermiethete Sache dringender Ausbesserungen bedarf, so muß der Miether sich dieselben, unbeschadet der ihm im vorhergehenden Artikel vorbehaltenen Rechte, gefallen laßen.

279. Kann der Miether wegen eigener Verschuldung oder wegen eines in seiner Person eingetretenen Zufalles von der gemietheten Sache keinen oder nur einen beschränkten Gebrauch machen, so bleibt er zur Entrichtung der vollen Gegenleistung verbunden, yorausgesezt, daß der Vermiether die vermiethete Sache zu dem vertragsmäßigen Gebrauche des Miethers bereit gehalten hat. Vorbehalten bleibt die Bestimmung des Artikels 292.

165 280. Wenn ein Dritter auf die gemiethete Sache einen Anspruch erhebt, welcher sich mit dem Rechte des Miethers nicht verträgt, so ist der Vermiether verpflichtet, auf Anzeige des Miethers hin den Rechtsstreit zu übernehmen und im Falle einer Störung des Miethers in der vertragsmäßigen Benuzuug des Miethgegenstandes demselben Schadenersaz zu leisten.

281.

Wird die vermiethete Sache während der Miethzeit vom Vermiether veräußert oder ihm in Folge Rechtstriebes oder Arrestprozesses oder Konkursverfahrens entzogen, so kann der Miether die Fortsezung des MiethVertrages von dem Dritten nur fordern, wenn dieser sie übernommen hat; dagegen kann er vom Vermiether die Erfüllung des Vertrages oder Schadenersaz verlangen.

Bei imbeweglichen Miethsachen hat jedoch der neue Erwerber, sofern der Vertrag keine frühere Beendigung gestattet, unter Beobachtung der in Artikel 290 Ziffer l und 2 vorgeschriebenen Fristen dem Miether zu kündigen.

Die besonderen Wirkungen der Eintragung des Miethvertrages in öffentliche Grand-, Hypothekar- oder ähnliche Bücher bleiben nach kantonalem Rechte vorbehalten; ebenso die Bestimmungen der Expropriationsgeseze.

282.

Der Vermiether hat die auf der vermietheten Sache haftenden Lasten und Abgaben zu tragen.

Die kleinen für den gewöhnlichen Gebrauch der gemietheten Sache erforderlichen Reinigungen und Ausbeßerungen liegen dem Miether, die größeren Wiederherstellungen dem Vermiether ob, je nach Maßgabe des Ortsgebrauches.

283. Der Miether ist verpflichtet, bei dem Gebrauche der gemietheten Sache mit der Sorgfalt eines sorgsamen Hausvaters zu verfahren.

Macht der Miether ungeachtet erfolgter Abmahnung einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache, oder fügt er derselben durch offenbaren Mißbrauch dauernden Schaden zu, so kann der Vermiether die sofortige Auflösung des Miotlivertrages nebst Schadenersaz verlangen.

166 284. Sind Ausbesserungen an der gemietheten Sache nöthig, welche dem Vermiether obliegen, oder maßt sich ein Dritter Rechte an der gemietheten Sache an, so ist der .Miether bei Vermeidung von Schadenersaz verpflichtet, dem Vermiether sofort Anzeige zu machen.

285.

Der Miether ist berechtigt, die gemiethete Sache ganz oder theilweise weiter zu vermiethen (Uutermiethe, Aftermiethe), vorausgesezt, daß dadurch nicht eine für den Vermiether nachtheilige Veränderung bewirkt wird.

Der Miether haftet dem Vermiether dafür, daß der Untermiether die Sache nicht anders gebrauche, als es dem Miether gestattet ist. Der Vermiether ist auch unmittelbar berechtigt, den Untermiether hiezu anzuhalten.

Die Abtretung der Miethe wird als Untermiethe behandelt.

286.

Der Miether ist verpflichtet, den Miethzins zu
287.

Wenn der Miether mit einer vor Ablauf der Miethzeit fälligen Zinszahlung im Rükstande geblieben ist, so kann ihm der Vermiether bei Miethen, welche für ein halbes Jahr oder längere Zeit geschloßen sind, eine Frist von dreißig Tagen, bei Miethen von kürzerer Dauer eine Frist von sechs Tagen mit der Androhung ansezen, daß, sofern nicht innerhalb dieser Frist der rükstäudige Miethzins bezahlt werde, der Miethvertrag mit deren Ablauf aufgelöst sei.

Die Frist ist von dem Tage an zu berechnen, au welchem die Ansezung derselben dem Miether zugekommen ist.

Vorbehalten bleiben allfällige Entschädigungsansprüche des Vermiethers.

167

288.

Wenn der Miether in Konkurs fällt, so ist der Vermietbar zur Auflösung der Miethe berechtigt, sofern ihm nicht binnen angemessener Frist für die rükständigen und ' die später fälligen Miethzinse Sicherheit geleistet wird.

289.

Ist eine bestimmte Dauer der Miethe weder ausdrüklich noch stillschweigend vereinbart worden, so ist sowohl der Miether als der Vermiether berechtigt, das Miethverhältniß durch Kündigung zu beendigen.

290.

Wenn der Vertrag nicht etwas Anderes bestimmt, so können von jedem Theile gekündigt werden: 1) Unmöblirte Wohnungen, Geschäftslokale, Werkstätten, Verkaufsläden, Magazine, Keller, Scheunen, Stallungen und ähnliche Räumlichkeiten nur auf das nächste ortsübliche Ziel oder, in Ermangelung eines bestimmten Ortsgebrauches, je auf Ende einer halbjährlichen Miethsdauer, in beiden Fällen mit einer vorausgehenden dreimonatlichen Kündigungsfrist ; 2) Möblirte Wohnungen oder einzelne Zimmer oder das Mobiliar für eine Wohnung nur auf Ende einer monatlichen Miethsdauer, mit vorausgehender zweiwöchentlicher Kündigungsfrist ; 3) Andere gemiethete bewegliche Sachen auf jeden beliebigen Zeitpunkt, mit einer Kündigungsfrist von drei Tagen.

291.

Ist der Miethvertrag auf eine bestimmte Zeit geschloßen und nach deren Ablauf das Miethverhältniß mit Wissen und ohne Widerspruch des Vermiethers fortgesezt worden, so gilt der Vertrag in Ermanglung besonderer Vereinbarungen bis auf den Zeitpunkt als erneuert, auf welchen er mit Beobachtung der in Artikel 290 Ziffer l bis 3 vorgeschriebenen Fristen gekündigt wird.

292.

Bei einer auf bestimmte Zeit geschloßenen Miethe einer unbeweglichen Sache kann vor Ablauf der Miethzeit jeder Theil aus wichtigen Gründen, welche ihm die Fortsezung des Miethverhältnisses unerträglich machen, dem anderen Theil unter Beobachtung der im Artikel 290 Ziffer l

168

und 2 bezeichneten Fristen kündigen, wenn er lezterem vollen Ersaz anbietet.

Können sich die Parteien über die Art oder das Maß des Ersazes nicht verständigen, so entscheidet der Richter.

Immerhin muß, wenn die Miethe für ein Jahr oder längere Zeit abgeschloßen ist, der Ersaz für Vermiether oder Miether mindestens einem halben Jahreszinse gleich kommen.

Der Miether hat die Miethsache nur dann zu verlaßen, wenn ihm der Ersaz geleistet ist.

293.

Stirbt der Miether, so sind sowohl seine Erben als der Vermiether berechtigt, die auf ein Jahr oder, für längere Zeit abgeschloßene Miethe unter Beobachtung der im Artikel 290 Ziffer l und 2 bezeichneten Kündigungsfrist auf das nächste Ziel ohne Entschädigung zu kündigen.

294t. Der Vermiether einer unbeweglichen Sache hat für den Miethzins des verfloßenen und des laufenden Jahres ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen, welche sich in den vermietheten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benuzung gehören.

Vorbehalten bleiben im Sinne des Artikels 227 die Eigenthumsansprüche Dritter an verlorenen oder gestohlenen sowie an solchen Sachen, von denen der Vermiether wußte oder wissen mußte, daß sie nicht dem Miether gehören. Im Weitern sind ausgenommen diejenigen Sachen, welche nach den Schuldbetreibungs- oder Konkursgesezen von der Exekution ausgeschloßen sind.

In Folge seines Retentionsrechtes kann der Vermiether, wenn der Miether wegziehen oder die in den gemietheten Räumen befindlichen Sachen fortschaffen will, so viele Sachen mit Hülfe der zuständigen Amtsstelle zurükhalten, als zu seiner Dekung erforderlich sind.

295.

Das Retentionsrecht des Vermiethers erstrekt sich auch auf die von dem Untermiether eingebrachten Gegenstände, so weit diesem gegenüber das Recht des Untervermiethers reicht.

°

169

II. Pacht.

296.

Durch den Pachtvertrag verpflichtet sich der Verpächter, dem Pächter eine unbewegliche Sache oder ein nuzbares Recht (Jagd, Fischerei, Wasserkraft, industrielles Gewerbe u. s. w.) zum Bezüge der Früchte oder Erträgniße zu überlaßen, und der Pächter, hiefür einen Pachtzins zu bezahlen. Der Pachtzins kann entweder in Geld bestehen oder in einer Quote der Früchte oder Erträgniße (Theüpacht).

297.

Die Artikel 275, 277, 278, 280, 294 und 295 finden auf die Pacht entsprechende Anwendung.

298.

Kann der Pächter wegen eigenen Verschuldens oder wegen eines in seiner Person eingetretenen Zufalles vom Pachtgegenstand keinen oder nur einen beschränkten Gebrauch machen, so bleibt er zur Entrichtung der vollen Gegenleistung verbunden, vorausgesezt, daß der Verpächter den Pachtgegenstand zum vertragsmäßigen Gebrauche des Pächters bereit gehalten hat. Vorbehalten bleibt die Bestimmung des Artikels 310.

299.

Werden Gerätschaften, Vieh oder Vorräthe mit in Pacht übergeben, so ist jeder .Theil verpflichtet, dem andern ein genaues, von ihm unterzeichnetes Inventar dieser Gegenstände zu übergeben und zu einer gemeinsamen Schäzung derselben Hand zu bieten.

300.

Der Verpächter ist verpflichtet, dem Pächter den Pachtgegenstand mit Inbegriff der allfällig mitverpachteten beweglichen Sachen in einem zur vertragsgemäßen Benuzung und Bewirtschaftung geeigneten Zustande zu übergeben.

301.

Während der Pachtzeit nothwendig werdende Hauptreparaturen an dem Pachtgegenstande hat der Verpächter sofort, nachdem ihm der Pächter von deren Nothwendigkeit Kenntniß gegeben hat, auf seine Kosten auszuführen.

170

302. Der Verpachte!- hat die auf dem Pachtgegenstande haftenden Lasten und Abgaben zu tragen.

303.

Der Pächter ist verpflichtet, den gepachteten Gegenstand seiner Bestimmung gemäß ordentlich zu be\virthschaften, insbesondere für nachhaltige Ertragsfähigkeit desselben zu sorgen.

Aenderungen in der hergebrachten Bewirtschaftung, welche über die Pachtzeit hinaus von wesentlichem Einfluße sein können, darf der Pächter nicht vornehmen.

304.

Der Pächter hat für den ordentlichen Unterhalt des Pachtgegensfandes zu sorgen.

Er hat die kleineren Reparaturen, insbesondere bei lanclwirthschaftlichen Pachtgütern den gewöhnlichen Unterhalt der Wege, Stege, Gräben, Dämme, Zäune, Dächer, Wasserleitungen u. s. f. nach Ortsgebrauch vorzunehmen, ferner die Geräthschaften und Werkzeuge von geringem Werthe, welche durch Alter oder Gebrauch untergegangen sind, durch andere zu ersezen.

305.

Sind Hauptreparaturen am Pachtgegenstande nöthig, oder maßt sich ein Dritter Rechte an demselben an, so ist der Pächter bei Vermeidung von Schadenersaz verpflichtet, dem Verpachte!1 sofort Anzeige zu machen.

306.

Der Pächter darf den Pachtgegenstand ohne Zustimmung des Verpächters nicht weiter verpachten. Dagegen darf er einzelne zum Pachtgegenstande gehörende Räume vermiethen, vorausgesezt, daß dadurch nicht eine finden Verpachte!- nachtheilige Veränderung bewirkt werde.

Auf eine solche Miethe, beziehungsweise auf die Unterpacht, sofern dieselbe gestattet ist, findet Artikel 285 Absaz 2 und 3 entsprechende Anwendung.

307.

Der Pächter ist verpflichtet, den Pachtzins zu der vereinbarten oder ortsüblichen Zeit zu bezahlen. Fehlt es an einer solchen Zeitbestimmung, so ist der Pachtzins nach Ablauf je eines Pachtjahres, spätestens aber am Ende der Pachtzeit zu bezahlen.

171

308.

Der Pächter eines landwirtschaftlichen Grundstükes kann einen verhältnißmäßigen Nachlaß vom Pachtzinse fordern, wenn der gewöhnliche Ertrag in Folge außerordentlicher Unglüksfälle einen beträchtlichen Abbruch erlitten hat.

Ein Nachlaß findet nicht statt, wenn anzunehmen ist,, daß das mögliche Eintreten des Unglüksfalles bei der Bestimmung des Pachtzinses schon berüksichtigt ist, oder wenn der Schaden dem Pächter in Folge von Versicherung vergütet wird.

309.

Sofern nicht über die Pachtzeit durch Vereinbarung oder durch Ortsgebrauch etwas Anderes bestimmt ist, steht jedem Theile das Recht zu, das Pachtverhältnis unter Beobachtung einer mindestens sechsmonatlichen Kündigungsfrist zu kündigen ; bei der Pacht landwirtschaftlicher Grundstüke aber nur jeweilen auf Martinstag, bei allei* anderen Pachtgegenständen dagegen auch auf jeden anderen?

Termin.

310. Ist die Pacht auf eine bestimmte Anzahl von Jahren abgeschloßen, so kann vor Ablauf · der Pachtzeit., jeder Theil aus wichtigen Gründen, welche ihm die Fortsezung des Pachtverhältnißes unerträglich machen, dem.

anderen Theile den Pachtvertrag, unter Beobachtung der in Artikel 309 vorgeschriebenen sechsmonatlichen Frist, kündigen, wenn er ihm vollen Ersaz anbietet.

Können sich die Parteien über die Art oder das Maßdes Ersazes nicht verständigen, so entscheidet der Richter.

Immerhin muß der Ersaz mindestens einem Jahreszinse gleichkommen.

Der Pächter hat den Pachtgegenstand nur dann zu verlaßen, wenn ihm der Ersaz geleistet ist.

311.

Ist ein Pachtvertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschloßen und nach deren Ablauf das Pachtverhältnis mit Wißen und ohne Widerspruch des Vei-pächters fort-

172

gesezt worden, so gilt der Vertrag in Ermangelung besonderer Vereinbarungen auf je ein Jahr als erneuert, bis er durch aechsmonatliche Kündigung auf Ende eines solchen Pachtjahres aufgelöst wird.

312.

Wenn der Pächter den Pachtzins zur Verfallzeit nicht bezahlt, so kann ihm der Verpächter eine Frist von sechszig Tagen mit der Androhung ansezen, daß, sofern nicht innerhalb dieser Frist der rükständige Zins bezahlt werde, der Pachtvertrag mit deren Ablauf aufgelöst sei.

Die Frist ist von dem Tage an zu berechnen, an welchem die Ansezung derselben dem Pächter zugekommen ist.

Bei der Pacht eines landwirtschaftlichen Grundstükes hat der Pächter auf die bei der Auflösung des Vertragsverhältnißes noch nicht eingesammelten Früchte keinen Anspruch; dagegen sind ihm die auf deren Erzeugung gemachten .Verwendungen nach richterlichem Ermeßen unter Verrechnung des laufenden Pachtzinses zu vergüten.

313.

Wenn der Pächter die ihm gemäß Artikel 303 und 304 obliegenden Pflichten in erheblicher Weise veiiezt und auf ergangene Aufforderung hin nicht innerhalb einer ihm vom Verpächter angesezten angemeßenen Frist erfüllt, so ist der Verpächter berechtigt, den Pachtvertrag ohne Weiteres aufzuheben.

Auch in diesem Falle gelten mit Bezug auf die Früchte und Verwendungen die Bestimmungen des Artikels 312 Absaz 3.

314.

Wird der Pachtgegenstand während der Pachtzeit vom Verpächter veräußert oder ihm in Folge Rechtstriebes oder Arrestprozesses oder Konkursverfahrens entzogen, so kann der Pächter die Fortsezung des Pachtvertrages von dem Dritten nur fordern, wenn dieser sie übernommen hat; dagegen kann er von dem Verpächter die Erfüllung des Vertrages oder Schadenersaz verlangen.

Der neue Erwerber hat jedoch, sofern der Vertrag keine frühere Beendigung der Pacht gestattet, unter Beobachtung

173

der in Artikel 309 vorgeschriebenen sechsmonatlichen Frist zu kündigen.

Der Vorbehalt von Artikel 281 Absaz 3 gilt auch rüksichtlich der Pacht.

315.

Fällt der Pächter in Konkurs, so erlischt das Pachtverhältnis mit der Konkurseröffnung. Hiebei finden die Bestimmungen des Artikels 312 Absaz 3 Anwendung.

Sofern jedoch dem Verpächter für den laufenden Pachtzins und den Bestand des Inventars hinreichende Sicherheit geleistet wird, ist derselbe pflichtig, die Pacht bis zu Ende des Pachtjahres fortzusezen.

316.

Stirbt der Pächter, so sind sowohl seine Erben als der Verpächter berechtigt, die Pacht unter Beobachtung der in Artikel 309 vorgeschriebenen sechsmonatlichen Frist zu kündigen.

317.

Bei Beendigung der Pacht sind der Pachtgegenstaud und sämmtliche Inventarstüke in demjenigen Zustande, in welchem sie sich befinden, zurükzuerstatten.

Für solche Verschlechterungen, welche bei gehöriger Bewirthschaftung zu vermeiden waren, hat der Pächter Ersaz zu leisten.

Für Verbeßerungen, welche lediglich aus der gehörigen Bewirthschaftung hervorgegangen sind, hat er keinen Ersaz zu fordern.

318.

Wurden bei der Uebergabe die Inventarstüke abgeschäzt, so hat der Pächter bei Beendigung der Pacht ein nach Gattung und Schazungswerth dem übernommenen gleichkommendes Inventar zurükzuerstatten oder den Minderwerth zu ersezen.

Die Pflicht zum Ersaze des Minderwerthes fällt weg, wenn der Pächter nachweist, daß einzelne Stüke entweder durch Verschulden des Verpächters untergegangen oder durch höhere Gewalt zerstört worden sind.

Btmdesblatt. 33. Jahrg. Bd. 111.

12

174 Für den Mehrwerth, welcher als Ergebniß seiner Verwendung und Arbeit zu betrachten ist, kann der Pächter Ersaz fordern.

319.

Der abziehende Pächter eines landwirtschaftlichen Grundstükes maß das Stroh und den Dünger des lezten Jahres zurüklaßen. Er hat aber ein Recht auf Ersaz des Mehrwerthes, wenn er beim Antritte der Pacht weniger empfangen hatte.

320. Für Viehpacht und Viehverstellung, welche nicht mit einer landwirtschaftlichen Verpachtung verbunden sind, bleiben kantonales Recht und Ortsgebrauch vorbehalten.

IVeunter Titel.

Gebrauchsleihe.

321. Durch den G-ebrauchsleihevertrag verpflichtet sich der Verleiher, eine Sache an den Entlehner zu unentgeltlichem Gebrauche zu überlaßen, und der Entlehner, dieselbe Sache nach gemachtem Gebrauche an den Verleiher zurükzugeben.

322. Der Entlehner darf von der geliehenen Sache nur denjenigen Gebrauch machen, welcher sich aus dem Vertrage oder, wenn darüber nichts vereinbart ist, aus ihrer Beschaffenheit oder Zwekbestimmung ergibt.

Er darf den Gebrauch nicht einem Anderen überlaßen.

Handelt der Entlehner diesen Bestimmungen zuwider, so haftet er auch für den Zufall, wenn er nicht beweist, daß dieser die Sache auch sonst getroffen hätte.

175

323.

Der Entlehner trägt die gewöhnlichen Kosten für die Erhaltung der Sache, bei geliehenen Thieren insbesondere die Kosten der Fütterung.

Für außerordentliche Verwendungen, welche er im Interesse des Verleihers machen mußte, kann er von diesem Ersaz fordern.

324.

Haben Mehrere eine Sache gemeinschaftlich entlehnt, so haften sie solidarisch.

325.

Ist für die Gebrauchsleihe eine bestimmte Dauer nicht vereinbart, so endigt sie, sobald der Entlehner den vertragsmäßigen Gebrauch gemacht hat, oder mit Ablauf der Zeit, binnen welcher dieser Gebrauch hätte stattfinden können.

326.

Der Verleiher kann die Sache früher z-urükfordern, wenn der Entlehner dieselbe vertragswidrig gebraucht oder verschlechtert oder einem Dritten zum Gebrauche überläßt, oder wenn er selbst wegen eines unvorhergesehenen Falles der Sache dringend bedarf.

327.

Wenn der Verleiher die Sache zu einem weder der Dauer noch dem Zweke nach bestimmten Gebrauche überlaßen hat, so kann er dieselbe beliebig zurükfordern.

328.

Die Gebrauchsleihe endigt mit dem Tode des Entlehners.

Zehnter Titel.

Darlehen.

329.

Durch den Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darleiher zur Uebertragung des Eigenthums an einer Summe Geldes oder an anderen vertretbaren Sachen, der Borger dagegen zur Rükerstattung von Sachen der nämlichen Art in gleicher Menge und Güte.

176 330.

Das Darlehen ist im gewöhnlichen Verkehre nur dann verzinslich, wenn solches verabredet ist ; im kaufmännischen Verkehre sind auch ohne Verabredung Zinse zu bezahlen.

331. Der Anspruch des Borgers auf Aushändigung des Darlehens und der Anspruch des Darleihers auf Annahme desselben verjährt in sechs Monaten vom Eintritte des Verzuges an gerechnet.

332. Der Darleiher kann di& Aushändigung des Darlehens im Sinne des Artikels 96 verweigern, wenn der Borger seit dem Vertragsabschluße in Konkurs gerathen ist oder seine Zahlungen eingestellt hat.

Dieselbe Befugniß steht dem Darleiher auch daun zu, wenn der Konkurs oder die Zahlungseinstellung schon vor Abschluß des Vertrages eingetreten, ihm aber erst nach demselben bekannt geworden ist.

333. Sind dem Borger statt der verabredeten Geldsumme Wertpapiere oder Waaren gegeben worden, so gilt als Darlehenssumme der Kurswerth oder der Marktpreis, welchen diese Papiere oder Waaren zur Zeit und am Orte der Hingabe hatten.

Eine entgegenstehende Uebereinkunft ist nichtig.

334. Wenn der Vertrag die Höhe des Zinsfußes nicht bestimmt, so ist derjenige Zinsfuß zu vermuthen, welcher zur Zeit und am Orte des Darlehensempfanges für die betreffende Art von Darlehen üblich war.

335. Die vorherige Uebereinkunft, daß die Zinse zum Kapital geschlagen und mit diesem weiter verzinset werden sollen, ist ungültig.

Vorbehalten sind die kaufmännischen Zinsberechnungen im Kontokurrent und ähnliche Geschäftsformen, bei welchen die Berechnung von Zinseszinsen üblich ist (Sparkassen, Rentenanstalten u. s. w.).

177

386.

Ein Darlehen, für deßen Rükzahlung weder ein bestimmter Termin noch eine Kündigungsfrist noch der Verfall auf beliebige Aufforderung hin vereinbart wurde, ist innerhalb sechs Wochen von der ersten Aufforderung an zurükzurbezahlen.

337.

Für grundversicherte Darlehen, Inbegriffen das dabei zuläßige Maximum des Zinsfußes, bleibt das kantonale Recht vorbehalten.

Elfter Titel.

Dienstvertrag.

338.

Durch den Dienstvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Leistung von persönlichen Diensten und der Arbeitgeber zur Entrichtung einer Vergütung.

Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Verpflichtung zur Dienstleistung nach den Umständen nur gegen eine solche zu erwarten war.

339.

Der Dienstpflichtige hat, wenn sich nicht aus der Verabredung oder aus den Umständen etwas Anderes ergibt, die versprochenen Dienste in eigener Person zu leisten.

340.

Sofern nicht vorgängige oder periodische Bezahlung vereinbart wurde oder üblich ist, muß die Vergütung erst entrichtet werden, wenn die Dienste geleistet sind.

341. Bei einem auf längere Dauer abgeschloßenen Dienstvertrage geht der Dienstpflichtige seiner Ansprüche auf die Vergütung nicht verlustig, wenn er durch Krankheit,

178 durch Militärdienst oder aus ähnlichen Gründen ohne eigenes Verschulden auf verhältnißmäßig kurze Zeit an der Leistung seiner Dienste verhindert wird.

Der Arbeitgeber hat den Dienstpflichtigen, welcher mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt, bei vorübergehender unverschuldeter Krankheit auf eigene Kosten verpflegen und ärztlich behandeln zu laßen.

342.

Wird ein auf Jahresfrist oder auf eine bestimmte kürzere Zeitdauer eingegangenes Dienstverhältniß nach Ablauf' der Dienstzeit von beiden Theilen ohne Widerspruch fortgesezt, so gilt der Vertrag für die gleiche Zeitdauer als erneuert. War die festgesezte Dienstzeit länger, so gilt die Erneuerung für ein Jahr.

Hat der Auflösung des Vertrages nach Verabredung oder Ortsgebrauch eine Kündigung voranzugehen, so gilt die beiderseitige Unterlaßung derselben als Erneuerung des Vertrages.

343. Ist ein Dienstvertrag nicht auf bestimmte Zeitdauer eingegangen und ergibt sich eine solche auch nicht aus dem angegebenen Zweke der Dienste, so kann der Vertrag von beiden Theilen in den gesezlichen oder üblichen Fristen gekündigt werden.

Bestehen darüber weder besondere Geseze noch Uebungen, so kann der Vertrag auf den" Ablauf je eines Kai ender-Vierteljahres (31. März, 30. Juni, 30. September, 31. Dezember) durch vorangehende mindestens sechswöchentliche Kündigung aufgehoben werden. Fällt der Anfang des Dienstverhältnißes nicht mit dem Anfange eines Kalender-Vierteljahres zusammen, so kann zum ersten Male auf das Ende des nächstfolgenden Kalender-Vierteljahres gekündigt werden.

344.

Bei dem Gesellen- und Dienstbotenverhältniße gelten, soweit «ich nicht aus Verabredung oder Ortsgebrauch etwas Anderes ergibt, die ersten zwei Wochen von der Anstellung an als Probezeit in dem Sinne, daß bis /um Ablauf dieser Probezeit jedem Theile freisteht, das Verhältniß

179

unter Einhaltung einer mindestens dreitägigen Kündigungsfrist aufzulösen.

345.

Ist ein Dienstvertrag auf die Lebenszeit einer Partei oder auf eine deren Lebensdauer voraussichtlich überschreitende Zeitfrist geschloßen, so kann er vom Dienstpflichtigen jederzeit durch sechsmonatliche Kündigung ohne Entschädigung gelöst werden.

346.

Aus wichtigen Gründen kann die Aufhebungdes Dienstvertrages vor Ablauf der Dienstzeit voit jedem Theile verlangt werden.

Ueber das Vorhandensein solcher Gründe entscheidet der Richter nach freiem Ermeßen.

Liegen dieselben in vertragswidrigem Verhalten des einen Theiles, so hat dieser vollen Schadenersaz zu leisten.

Im Uebrigen werden die ökonomischen Folgen einer vorzeitigen Auflösung vom Richter nach freiem Ermeßen bestimmt, unter Würdigung der Umstände und des Ortsgebrauches.

347.

Der Dienstvertrag erlischt mit dem Tode des Dienstpflichtigen ; mit dem Tode des Arbeitgebers nur dann, wenn der Vertrag wesentlich mit Rüksicht auf deßen Person «ingegangen wurde.

348.

Die Vorschriften dieses Titels finden auch Anwendung auf Dienstverhältniße, in welchen gegen ein verabredetes oder vorausgeseztes Honorar solche Arbeiten zu leisten sind, welche eine besondere Fachkenntniß, eine Kunstfertigkeit oder wißenschaftliche Bildung voraussezen (freie Dienste).

349.

Vorbehalten bleiben: 1) das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone für die öffentlichen Beamten und Angestellten; 2) die Bundesgesezgebung über die Arbeit in den Fabriken.

180

Zwölfter Titel.

Werkvertrag.

350.

Durch den Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer zur Fertigstellung eines Werkes und der Besteller zur Leistung einer Vergütung.

351.

Der Unternehmer ist verpflichtet, das Werk persönlich auszuführen oder doch unter seiner persönlichen Leitung ausführen zu laßen.

Ausgenommen sind die Fälle, in denen es nach der Natur des Geschäftes auf persönliche Eigenschaften des Unternehmers nicht ankommt. Immerhin haftet der Unternehmer für jedes Verschulden der Personen, welchen er die Ausführung überträgt.

352.

Soweit der Unternehmer die Lieferung des Stoffes übernommen ha.t, haftet er dem Besteller für die Güte desselben; auch hat er nach Maßgabe der Artikel 235 bis 242 Gewähr zu leisten.

Den vom Besteller gelieferten Stoff hat der Unternehmer mit aller Sorgfalt zu behandeln und über deßen Verwendung Rechenschaft abzulegen ; ein allfälliger Rest ist dem Besteller zurükzugeben.

353.

Hülfsmittel, nehmer in Uebung auf

Für die zur Ausführung des Werkes nöthigen Werkzeuge und Geräthschaften hat der UnterErmangelung anderweitiger Verabredung oder seine Kosten zu sorgen.

354.

Beginnt der Unternehmer das Werk nicht rechtzeitig, oder verzögert er die Ausführung in vertragswidriger Weise, oder ist er mit derselben ohne Schuld des Bestellers so sehr im Rükstande, daß die rechtzeitige Vollendung nicht

181 mehr vorauszusehen ist, so kann der Besteller, ohne den Lieferungstermin abzuwarten, gemäß den Artikeln 122 bis 124 gegen den Unternehmer vorgehen.

355.

Läßt sich während der Ausführung des Werke» eine mangelhafte oder sonst vertragswidrige Erstellung durch Verschulden des Unternehmers bestimmt voraussehen, sokann der Besteller demselben eine angemeßene Frist zur Abhülfe ansezen oder ansezen laßen, mit der Androhung, daß im Unterlaßungsfalle die Verbeßerung oder die Fortführung des Werkes auf Gefahr und Kosten des Unternehmers einem Dritten übertragen würde.

356.

Zeigen sich bei der Ausführung des Werkes Mängel an dem vom Besteller gelieferten Stoffe oder an dem angewiesenen Baugrunde, oder ergeben sich sonst Verhältniße,, welche die gehörige oder rechtzeitige Ausführung des Werkes gefährden, so hat der Unternehmer dem Besteller ohne Verzug davon Anzeige zu machen, widrigenfalls die nachtheiligen Folgen ihm zur Last fallen.

357.

Nach Ablieferung des Werkes hat der Besteller^ sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange thunlich ist, deßen Beschaffenheit zu prüfen und den Unternehmer von allfälligen Mängeln in Kenntniß zu sezen.

Jeder Theil ist berechtigt, auf seine Kosten eine Prüfung des Werkes durch Sachverständige und die Beurkundung des Befundes zu verlangen.

358.

Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln, oder weicht dasselbe sonst vom Vertrage so sehr ab, daß es für den Besteller unbrauchbar ist oder daß ihm die Annahme billigerweise nicht zugemuthet werden kann, so darf er dieselbe verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersaz fordern.

Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerthe des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermäßige

182 Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbeßerung des Werkes und bei Verschulden Schadenersaz verlangen.

Bei Werken, welche auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnißmäßigen Nachtheilen entfernt werden können, hat der Besteller nur die in Absaz 2 dieses Artikels angegebenen Rechte.

359.

Die im vorhergehenden Artikel dem Besteller gegebenen Rechte fallen dahin, wenn er durch Weisungen, welche er entgegen den ausdrüklichen Abmahnungen des Unternehmers über die Ausführung ertheilte, oder auf andere Weise die Mängel selbst verschuldet hat.

360.

Ist das abgelieferte Werk vom Besteller ausdrüklich oder stillschweigend genehmigt worden, so ist der Unternehmer von seiner Haftpflicht befreit, soweit es sich nicht um Mängel handelt, welche bei der Abnahme und ordnungsmäßigen Prüfung nicht erkennbar waren oder vom Unternehmer arglistig verschwiegen wurden.

361.

Als stillschweigende Genehmigung gilt es, wenn der Besteller die in Artikel 35T Absaz l vorgeschriebene Prüfung und Anzeige unterläßt. Treten die Mängel erst später zu Tage, so muß die Anzeige sofort nach der Entdekung erfolgen, widrigenfalls das Werk auch rüksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.

362.

Die Ansprüche des Bestellers wegen allfälliger Mängel des Werkes verjähren gleich den entsprechenden Ansprüchen des Käufers gemäß den Artikeln 257 bis 259.

Die Klage des Bestellers eines Bauwerkes verjährt jedoch erst nach fünf Jahren seit der Abnahme.

363.

Der Besteller hat den Lohn bei der Ablieferung des Werkes zu zahlen.

Ist das Werk in Theilen zu liefern und der Lohn nach Theilen bestimmt, so hat für jeden Theil bei deßen Ablieferung Zahlung zu erfolgen.

183 364.

Wurde der Lohn für das Werk zum voraus genau bestimmt, so ist der Unternehmer verpflichtet, es um diese Summe fertig zu stellen.

Der Unternehmer darf keine Erhöhung fordern, auch wenn er mehr Arbeit oder größere Auslagen gehabt hat, als vorgesehen war.

Falls jedoch außerordentliche Umstände, welche nicht vorausgesehen werden konnten, die Fertigstellung hindern oder übermäßig erschweren, so kann der Richter, wenn der Unternehmer nicht ausdrüklich auch eine solche Gefahr übernommen hat, nach billigem Ermeßen eine Erhöhung des Preises oder die Auflösung des Vertrages bewilligen.

Der Besteller hat immer den vollen Lohn zu bezahlen, auch wenn die Fertigstellung des Werkes weniger Arbeit verursacht, als vorgesehen war.

365.

Ist der Lohn zum voraus entweder gar nicht oder nur ungefähr bestimmt worden, so ist derselbe nach Maßgabe des Werthes der Arbeit zu ermitteln.

366.

Wird ein mit dem Unternehmer verabredeter ungefährer Ansaz ohne Zuthun des Bestellers unverhältnißmäßig überschritten, so hat dieser sowohl während als nach der Ausführung des Werkes das Recht, den Vertrag aufzuheben.

Bei Bauten, welche auf Grund und Boden des Bestellers erachtet werden, kann dieser eine angemeßene Herabsezung des Lohnes verlangen oder, wenn die Baute noch nicht vollendet ist, gegen billigen- Ersaz der bereits ausgeführten Arbeiten dem Unternehmer die Fortführung entziehen und vom Vertrage zurüktreten.

367.

Geht das Werk vor seiner Uebergabe durch Zufall zu Grunde, so kann der Unternehmer weder Lohn für seine Arbeit noch Vergütung seiner Auslagen verlangen, außer wenn der Besteller sich mit der Annahme im Verzug befindet.

184

Der Verlust des zu Grunde gegangenen Stoffes trifft in diesem Falle denjenigen Theil, welcher ihn geliefert.

368.

Ist das Werk wegen eines Mangels des vom Besteller gelieferten Stoffes oder in Folge der vom Besteller vorgeschriebenen Art der Ausführung zu Grunde gegangen, ohne daß der Unternehmer die ihm nach Artikel 356 obliegende Pflicht versäumt hat, so kann dieser die Vergütung der bereits geleisteten Arbeit und der im Lohne nicht inbegriffenen Auslagen verlangen.

Trifft den Besteller ein Verschulden, so hat der Unternehmer nach Maßgabe des Artikels 116 überdies Anspruch auf Schadenersaz, insbesondere auf Vergütung des entgangenen Gewinnes.

369.

So lange das Werk unvollendet ist, kann der Besteller gegen Vergütung der bereits geleisteten Arbeit un.d gegen volle Schadloshaltung des Unternehmers jederzeit vom Vertrage zurüktreten.

370.

Wird die Vollendung des Werkes durch einen beim Besteller eingetretenen Zufall unmöglich, so hat der Unternehmer Anspruch auf Vergütung der geleisteten Arbeit und der im Lohne nicht inbegriffenen Auslagen.

Hat der Besteller die Unmöglichkeit der Ausführung verschuldet, so kann der Unternehmer überdies Schadenersaz fordern.

;r

371.

Stirbt der Unternehmer oder wird er ohne seine Schuld zur Vollendung des Werkes unfähig, so erlischt der Werkvertrag, sofern derselbe mit Rüksicht auf die persönlichen Eigenschaften des Unternehmers eingegangen war.

Der Besteller ist verpflichtet, den bereits ausgeführten Theil des Werkes, soweit dieser für ihn brauchbar ist, anzunehmen und nach Verhältniß zu bezahlen.

185

Dreizehnter Titel.

Verlagsvertrag.

372.

Durch den Verlagsvertrag verpflichten sich der Urheber eines literarischen oder künstlerischen Werkes oder seine Rechtsnachfolger (Verlaggeber), das Werk einem Verleger zum Zweke der Herausgabe zu überlaßen, der Verleger dagegen, das Werk zu vervielfältigen und in Vertrieb zu sezen.

373.

Durch den Verlagsvertrag wird, vorbehaltlich besonderer Vereinbarungen, das Urheberrecht insoweit und auf so lange dem Verleger zur Ausübung übertragen, als dasselbe dazu dient, den Verlag zu- sichern.

374.

Der Verlaggeber hat dem Verleger dafür einzustehen, daß er zur Zeit des Vertragsabschlußes zu der Verlagsgabe berechtigt war.

Er hat, wenn das Werk vorher ganz oder theilweise einem Dritten in Verlag gegeben oder sonst mit seinem Wissen veröffentlicht war, dieses vor dem Vertragsabschluße zu erklären.

375.

So lange die Auflagen des Werkes, zu denen der Verleger berechtigt ist, nicht vergriffen sind, darf der Verlaggeber weder über das Werk im Ganzen noch über einzelne Theile desselben zum Nachtheile des Verlegers anderweitig verfügen.

376.

Zeitungsartikel und einzelne kleinere Aufsäze in Zeitschriften darf der Verlaggeber jederzeit weiter veröffentlichen.

Beiträge an Sammelwerke oder größere Beiträge an Zeitschriften darf der Verlaggeber nicht vor Ablauf von

186 drei Monaten nach dem vollständigen Erscheinen des Beitrages weiter veröffentlichen.

377.

Wurde über die Anzahl der Auflagen nichts bestimmt, so ist der Verleger nur zu einer Auflage berechtigt.

Die Stärke der Auflage ist, wenn darüber nichts vereinbart wurde, vom Verleger festzusezen. Er hat auf Verlangen des Verlaggebers wenigstens so viele Exemplare druken zu laßen, als zu einem gehörigen Umsaz erforderlich sind, und darf nach Vollendung des ersten Drukes keine neuen Abdrüke veranstalten.

378.

Der Verleger ist verpflichtet, das Werk ohne Kürzungen, ohne Zusäze und ohne Abänderungen, wenn dieselben nicht vom Verlaggeber gestattet sind, in angemeßener Ausstattung zu vervielfältigen, für gehörige Anzeige zu sorgen und die üblichen Mittel für den Absaz zu verwenden.

Die Preisbestimmung hängt von dem Ermeßen des Verlegers ab, doch darf er nicht durch übermäßige Preisforderung den Absaz hindern.

379.

Der Urheber behält, so lange er die Fähigkeit besizt, auch das Recht, solche Berichtigungen und Verbeßerungen an seinem Werke vorzunehmen, welche er für nöthig erachtet ; verursacht er aber dem Verleger unvorhergesehene Kosten, so hat er diesem Ersaz zu leisten.

Der Verleger darf keine neue Ausgabe oder Auflage machen und keinen neuen Abdruk vornehmen, ohne zuvor dem Urheber Gelegenheit zu verschaffen, die nothwendigen Verbeßerungen anzubringen.

Dieses Recht steht dem Urheber persönlich zu ; es geht nicht auf die Erben über.

Vorbehalten bleibt die Einsprache des Verlegers gegen solche Aenderungen, welche seine Verlagsinteressen oder seine Ehre verlezen oder seine Verantwortlichkeit steigern380.

Wurde das Verlagsrecht für mehrere Auflagen oder für alle Auflagen übertragen und versäumt es der Ver-

187 leger, eine neue Auflage zu veranstalten, nachdem die lezte.

vergriffen ist, so kann der Verlaggeber demselben gerichtlich eine Frist zur Herstellung einer neuen Auflage ansezen laßen, nach deren fruchtlosem Ablauf der Verleger sein Recht verwirkt.

381.

Ist die besondere Ausgabe mehrerer einzelner Werke desselben Urhebers zum Verlage überlaßen worden,, so gibt dieses dem Verleger nicht auch das Recht, eine Gesammtausgabe dieser Werke zu veranstalten.

Ebensowenig hat der Verleger, welchem eine Gesammtausgabe der sämmtlichen Werke oder einer ganzen Gattungvon Werken desselben Urhebers überlaßen worden ist, das Recht, von den einzelnen Werken besondere Ausgaben zu veranstalten.

382. Das Recht eine Uebersezung des Werkes zu veranstalten, bleibt, wenn nichts Anderes mit dem Verleger vereinbart ist, ausschließlich dem Verlagg«ber vorbehalten.

383.

Ein Honorar an den Verlaggeber gilt als stillschweigend vereinbart, wenn nach den Umständen die Ueberlaßung des Werkes nur gegen ein Honorar zu erwarten war. Die Größe desselben bestimmt der Richter auf das, Gutachten von Sachverständigen.

384.

Hat der Verleger das Recht zu mehreren Auflagen, so wird vermuthet, daß für jede folgende von ihm veranstaltete Auflage dieselben Honorar- und übrigen Vertragsbedingungen gelten, wie für die erste Auflage.

385.

Das Honorar wird fällig, sobald das ganze Werk,.

oder wenn es in Abtheilungen (Bänden, Heften, Blättern} erscheint, sobald die Abtheilung gedrukt ist und ausgegeben werden kann.

386.

Wird das Honorar ganz oder theilweise von dem erwarteten Absaze abhängig gemacht, so ist der Verleger zu übungsgemäßer Abrechnung und Nachweisung dea Absazes verpflichtet.

188 387.

Geht das Werk nach seiner Ablieferung an den Verleger durch Zufall unter, so ist der Verleger zur Zahlung ·des Honorars verpflichtet.

Besizt der Autor noch ein zweites Exemplar des untergegangenen Werkes, so hat er dasselbe dem Verleger zu überlaßen; kann er das Werk mit geringer Mühe wieder herstellen, so ist er auch dazu verpflichtet; beides gegen angemeßene Entschädigung.

388.

Geht die vom Verleger bereits hergestellte Auflage des Werkes ganz oder zum Theile durch Zufall unter, bevor der Vertrieb begonnen hat, so ist der Verleger berechtigt, die untergegangenen Exemplare auf seine Kosten neu herzustellen, ohne daß der Verlaggeber ein neues Ho.norar dafür fordern kann.

389.

Der Verlagsvertrag erlischt, wenn der Urheber vor der Vollendung des Werkes stirbt oder unfähig oder ohne ^sein Verschulden verhindert wird, dasselbe zu vollenden.

Ausnahmsweise kann der Richter, wenn die ganze oder theilweise Fortsezung des Vertragsverhältnißes möglich und billig erscheint, dieselbe bewilligen und das Nöthige anordnen.

390.

Geräth der Verleger in Konkurs, so kann der Verlaggeber das Werk einem anderen Verleger übertragen, «wenn ihm nicht für Erfüllung der zur Zeit der Konkurseröffnung noch nicht verfallenen Verlagsverbindlichkeiten Sicherheit geleistet wird.

391.

Wenn einer oder mehrere Verfaßer nach einem ihnen vom Verleger vorgelegten Plane die Bearbeitung eines Werkes übernehmen, so haben sie nur auf das bedungene Honorar Anspruch. Dem Verleger steht in der Folge das freie Verlagsrecht zu.

189

"Vierzehnter Titel.

Auftrag. (Mandat,) I. Einfacher Auftrag.

392.

Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, das ihm übertragene Geschäft nach dem Willen des Auftraggebers zu besorgen.

Eine Vergütung (Provision, Honorar) ist nur dann zu leisten, wenn eine solche verabredet oder üblich ist.

393.

Als angenommen gilt ein nicht sofort abgelehnter Auftrag, wenn er sich auf die Besorgung solcher Geschäfte bezieht, welche der Beauftragte kraft obrigkeitlicher Bestellung oder gewerbsmäßig betreibt oder zu deren Besorgung er sich öffentlich empfohlen hat.

394.

Ist der Umfang des Auftrages nicht ausdrüklich bezeichnet worden, so bestimmt sich derselbe nach der Natur des zu besorgenden Geschäftes.

Einer besonderen Ermächtigung bedarf der Beauftragte, um einen Prozeß anzuheben, einen Vergleich abzuschließen, ein Schiedsgericht anzunehmen, weehselrechtliche Verbindlichkeiten einzugehen, Liegenschaften zu veräußern oder zu belasten, Schenkungen zu machen.

Inwiefern er einer besondern Vollmacht bedarf, um in einem anhängigen Rechtsstreite Namens des Vollmachtgebers einzelne Handlungen vorzunehmen oder Erklärungen abzugeben, wird durch das eidgenößische oder kantonale Prozeßrecht bestimmt.

395.

Hat der Auftraggeber für die Besorgung des übertragenen Geschäftes eine bestimmte Vorschrift gegeben, so darf der Beauftragte nur in so fern abweichen, als nach den Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

13

190 Umständen die Einholung einer Instruktion nicht thunlich und überdieß anzunehmen ist, der Auftraggeber hätte ihn bei Kenntniß der Sachlage dazu ermächtigt.

Hat der Beauftragte, ohne daß diese Voraussezungen zutreffen, den Auftrag unter ungünstigeren als dea ihm vorgeschriebenen Bedingungen ausgeführt, so gilt derselbe nur dann als erfüllt, wenn der Beauftragte den daraus erwachsenen Nachtheil auf sich nimmt.

396. Der Beauftragte ist dem Auftraggeber für ge~.

treue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes haftbar ; er hat dasselbe persönlich zu besorgen, ausgenommen, wenn er zur Uebertragung an einen Dritten ermächtigt oder durch die Umstände genöthigt ist.

397.

Hat der Beauftragte die Besorgung des Geschäftes unbefugter Weise einem Dritten übertragen, so haftet er für die Handlungen desselben, wie wenn es seine eigenen wären.

War er zur Uebertragung befugt, so haftet er nur für gehörige Sorgfalt bei der Wahl und Instruktion des Dritten.

In beiden Fällen kann der Auftraggeber die Ansprüche, welche dem Beauftragten gegen den Dritten zustehen, unmittelbar gegen diesen geltend machen.

398.

Der Beauftragte ist schuldig, auf Verlangen jederzeit über seine Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen und Alles, was ihm in Folge derselben aus irgend einem Grunde zugekommen ist, zu erstatten. Gelder, mit deren Ablieferung er sich im Rükstande befindet, hat er zu verzinsen.

399.

Hat der Beauftragte für Rechnung des Auftraggebers in eigenem Namen Forderungsrechte gegen Dritte erworben, so gehen dieselben auf den Auftraggeber über, sobald der leztere seinerseits allen Verbindlichkeiten aus dem Auftragsverhältniße nachgekommen ist. Dieses gilt auch gegenüber der Masse, wenn der Beauftragte in Konkurs gefallen ist.

191 Ebenso kann der Auftraggeber im Konkurse des Beauftragten die beweglichen Sachen herausverlangen, welche lezterer in eigenem Namen, aber für Rechnung des Auftraggebers, zu Eigenthum erworben hat ; doch darf die Masse allfällige Retentionsrechte des Beauftragten geltend machen.

400.

Der Auftraggeber ist schuldig, dem Beauftragten die Auslagen und Verwendungen, welche dieser in Ausführung des Auftrages gemacht hat, sammt Zinsen zu ersezen und denselben von den eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien.'

Er haftet dem Beauftragten für den aus dem Auftrage erwachsenen Schaden, soweit er nicht zu beweisen vermag, daß der Schaden ohne alles Verschulden von seiner Seite entstanden ist.

401. Haben mehrere Personen gemeinsam einen Auftrag gegeben, so haften sie dem Beauftragten für ihre Verpflichtungen aus dem Auftrage solidarisch.

Haben mehrere Personen einen Auftrag gemeinschaftlich auszuführen übernommen, so haften sie für die Ausführung desselben solidarisch und können den Auftraggeber nur durch gemeinschaftliches Handeln verpflichten.

402. Der Auftrag kann von jedem Theüe jederzeit gekündigt werden.

Erfolgt jedoch die Kündigung zur Unzeit, so ist der zurüktretende Theil zum Ersaze des dem anderen verursachten Schadens verpflichtet.

403.

Der Auftrag erlischt, sofern nicht das Gegentheil vereinbart ist oder aus der Natur des Geschäftes gefolgert werden muß, durch den Tod, durch eintretende Handlungsunfähigkeit und durch den Konkurs des Auftraggebers oder des Beauftragten.

So oft jedoch durch das Erlöschen des Auftrages eine Gefahr für das Geschäft eintritt, ist der Beauftragte, beziehungsweise sein Erbe oder sein Vertreter verpflichtet, so lange für die Fortführung des Geschäftes zu sorgen, bis

192 der Auftraggeber, beziehungsweise sein Erbe oder sein Vertreter in der Lage ist, es selbst zu thun.

404.

Aus den Geschäften, welche der Beauftragte führt, bevor er von dem Erlöschen des Auftrages Kenntniß erhalten hat, wird ihm der Auftraggeber oder deßen Erbe verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestanden hätte.

405.

Die Vorschriften dieses Kapitels kommen auch zur Anwendung, wenn Jemand den Abschluß eines Vertrages zu vermitteln übernimmt, ohne zu einer der beiden Parteien in einem dauernden Dienstverhältniße zu stehen.

Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen der Kantonalgeseze über Mäkler, Courtiers, Sensale und andere Personen, welche die Vermittelung von Geschäften gewerbsmäßig besorgen.

II. Anweisung.

406.

Durch die Anweisung wird der Angewiesene (Assignat) beauftragt, dem Anweisungsempfänger (Assignatar) eine bestimmte Geldsumme zu zahlen, und der leztere, die Zahlung in eigenem Namen zu erheben.

407.

Soll mit der Anweisung eine Schuld des Anweisenden (Assignanten) an den Empfanger getilgt werden, so erfolgt die Tilgung erst durch die von dem Angewiesenen geleistete Zahlung.

Doch kann der Empfänger, welcher die Anweisung angenommen hat, seine Forderung gegen den Anweisenden nur dann wieder geltend machen, wenn er die Zahlung vom Angewiesenen gefordert und nach Ablauf der in der Anweisung bestimmten Zeit nicht erhalten hat.

' 408.

Der Gläubiger, welcher eine von seinem Schuldner ihm ertheilte Anweisung nicht annehmen will, hat diesen bei Vermeidung von Schadenersaz ohne Verzug zu benachrichtigen.

193 Im Uebrigen gelten für den Empfänger einer Anweisung die Bestimmungen der Artikel 392 und 393.

409.

Der Angewiesene, welcher dem Anweisungsempfänger die Annahme ohne Vorbehalt erklärt, wird demselben zur Zahlung verpflichtet; er kann ihm nur solche Einreden entgegensezen, welche sich aus ihrem persönlichen Verhältniße oder aus dem Inhalte der Anweisung selbst ergeben, nicht aber solche aus seinem Verhältniße zum Anweisenden.

410.

Soweit der Angewiesene Schuldner des Anweisenden ist und seine Lage dadurch, daß er an den Anweisungsempfänger Zahlung leisten soll, in keiner Weise verschlimmert wird, ist er zur Zahlung an diesen verpflichtet.

Vor der Zahlung die Annahme zu erklären, ist der Angewiesene selbst in diesem Falle nicht verpflichtet, es sei denn, daß er es mit dem Anweisenden vereinbart hätte.

411. Verweigert der Angewiesene die vom Anweisungsempfänger geforderte Zahlung, oder erklärt er zum Voraus, an denselben nicht zahlen zu wollen, so ist dieser bei Vermeidung von Schadenetsaz verpflichtet, den Anweisenden sofort zu benachrichtigen.

412.

Der Anweisende kann die Anweisung gegenüber dem Anweisungsempfänger widerrufen, wenn er sie nicht zur Tilgung seiner Schuld oder sonst zum Vortheile des Empfängers ertheilt hat.

Gegenüber dem Angewiesenen kann der Anweisende widerrufen, so lange nicht jener dem Empfänger seine Annahme erklärt hat.

Wird über den Anweisenden der Konkurs eröffnet, so gilt die Anweisung als widerrufen.

413.

Schriftliche Anweisungen zur Zahlung an den jeweiligen Inhaber der Urkunde werden nach den Vorschriften dieses Kapitels beurtheilt, in dem Sinne, daß dem Angewiesenen gegenüber jeder Inhaber als Anweisungsempfänger

194 gilt, die Rechte zwischen dem Anweisenden und Empfänger dagegen nur für den jeweiligen Uebergeber und Abnehmer begründet werden.

Für den Check gelten die besondern Bestimmungen des dreißigsten Titels.

4141. Die Grundsäze des kantonalen Rechtes über Anweisung grundversicherter Forderungen werden durch die Vorschriften dieses Kapitels nicht berührt.

HL Kreditbrief.

415.

Kreditbriefe, durch welche der Adressant den Adressaten mit oder ohne Angabe eines Maximums beauftragt, einer bestimmten Person die verlangten Beträge auszubezahlen, werden nach den Vorschriften über die Anweisungen beurtheilt.

416.

Wenn kein Maximum angegeben ist, so hat der Adressat bei ungewöhnlichen, den Verhältnißen der betheiligten Personen offenbar nicht entsprechenden Anforderungen des Empfängers den Adressanten zu benachrichtigen und so lange, bis deßen Weisung eingegangen ist, die Zahlung zu verweigern.

417.

Die im Kreditbriefe enthaltene Anweisung gilt im Sinne des Artikels 409 nur dann als angenommen, wenn die Annahme bezüglich eines bestimmten Betrages erklärt worden ist.

IV. Kreditauftrag.

418.

Hat Jemand den Auftrag erhalten und angenommen, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, jedoch unter Verantwortlichkeit des Auftraggebers, einem Dritten Kredit zu eröffnen oder zu erneuern, so haftet der Auftraggeber wie ein Bürge für die Schuld des Dritten, sofern der Beauftragte die Grenzen des Kreditauftrages nicht überschritten hat.

Für diese Verbindlichkeit des Auftraggebers bedarf es der schriftlichen Vertragsform.

195 419.

Der Auftraggeber kann dem Beauftragten nicht
420.

Die Haftpflicht des Auftraggebers erlischt, wenn der Beauftragte dem Dritten eigenmächtig Stundung gegeben ·oder es versäumt hat, gemäß den Weisungen des Auftraggebers gegen ihn vorzugehen.

421.

Das Rechtsverhältniß des Auftraggebers zu dem Dritten, welchem ein Kredit eröffnet worden ist, wird nach ·den Bestimmungen über das Rechtsverhältniß zwischen dem Bürgen und dem Hauptschuldner beurtheilt.

Fünfzehnter Titel.

Prokuristen. Handlungsbevollmächtigte.

Handelsreisende.

422.

Wer von dem Inhaber eines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen nach kaufmännischer Art geführten Crewerbes, dem Prinzipal, ausdrüklich oder thatsächlich ermächtigt ist, für denselben das Gewerbe zu betreiben und ,,per procura" die Firma zu zeichnen, ist Prokurist.

Der Prinzipal hat die Ertheilung der Prokura zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, er wird jedoch schon vor der Eintragung durch die Handlungen des Prokuristen verbunden.

Zur Betreibung anderer Gewerbe oder Geschäfte kann ein Prokurist nur durch Eintragung in das Handelsregister bestellt werden. Vor derselben kommen lediglich die allgemeinen Bestimmungen über Stellvertretung zur Anwendung.

196 423.

Der Prokurist gilt gutgläubigen Dritten gegenüber als ermächtigt, den Prinzipal durch Wechsel-Zeichnungen zu verpflichten und in dessen Namen alle Arten von Rechtshandlungen vorzunehmen, welche der Zwek desGewerbes oder Geschäftes des Prinzipals mit sich bringen kann.

Zur Veräußerung und Belastung von Liegenschaften jst der Prokurist nur ermächtigt, wenn ihm diese Befugniß.

ausdrüklich ertheilt worden ist.

Andere Beschränkungen der Prokura haben gegenüber gutgläubigen Dritten keine rechtliche Wirkung.

424.

Die Prokura kann mehreren Personen zu gemeinsamer Unterschrift ertheilt werden (Kollektiv-Prokura).

In diesem Falle wirkt die Unterschrift des Einzelnen nicht,, ohne die vorgeschriebene Mitwirkung der Uebrigen.'

425.

Der Widerruf der Prokura ist in das Handelsregister einzutragen, auch wenn bei Ertheüung derselben die Eintragung nicht stattgefunden hat.

So lange der Widerruf nicht in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht worden ist, hat er gegenüber gutgläubigen Dritten keine Wirkung.

426.

Wenn der Inhaber eines Gewerbes der in Artikel 422 Absaz l bezeichneten Art Jemanden ohne Ertheilung der Prokura, sei es zum Betriebe des ganzen Gewerbes, sei es zu bestimmten Geschäften in seinem Gewerbe, als Vertreter, Handlungsbevollmächtigten, bestellt,, so erstrekt sich die Vollmacht auf alle Rechtshandlungen,, welche der Betrieb eines derartigen Gewerbes oder die Ausführung derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sieh bringt.

Jedoch ist der Handlungsbevollmächtigte zum Eingehen von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung nur ermächtigt, · wenn ihm eine solche Befugniß ausdrüklich ertheilt worden ist.

427.

Der Prokurist, sowie derjenige Handlungsbevollmächtigte, welcher zum Betriebe des ganzen Gewerbes bestellt ist oder in einem Dienstverhältniße zum Inhaber

19T des Gewerbes steht, darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder für eigene Rechnung noch für Rechnung eines Dritten Geschäfte machen, welche in dem Geschäftszweige des Prinzipals gehören.

Bei Uebertretung dieser Vorschrift kann der Prinzipal Ersaz des verursachten Schadens fordern und auch, die, betreffenden Geschäfte auf eigene Rechnung übernehmen.

428.

Die Prokura und die Handlungsvollmacht sind jederzeit widerruflich, unbeschadet der Rechte, welche sich aus dem Dienstverhältniße ergeben.

Der Tod des Prinzipals hat das Erlöschen der Prokura oder Handlungsvollmacht nicht zur Folge.

429.

Wer als Handelsreisender für ein bestimmtes Etablissement an auswärtigen Orten Geschäfte zu besorgen hat, gilt für ermächtigt, den Kaufpreis aus den von ihm im Namen des Geschäftsherrn abgeschloßenen Verkäufen einzuziehen und darüber zu quittiren, sowie Zahlungsfristen zu bewilligen. Eine Beschränkung dieser Befugniß kann Dritten gegenüber, welche davon keine Kenntniß haben, nicht geltend gemacht werden.

Sechszehnter Titel.

Kommission.

430.

Kommissionär ist derjenige, welcher gegen eine Kommissionsgebühr (Provision) in eigenem Namen für Rechnung eines Anderen, des Kommittenten, den Einkauf oder Verkauf von beweglichen Sachen oder Wertpapieren zu besorgen übernimmt.

198 431.

Für das Kommissionsverhältniß kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung, soweit nicht ·die nachfolgenden Bestimmungen dieses Titels etwas Anderes enthalten.

432.

Der Kommissionär hat dem Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben und insbesondere von der Ausführung des Auftrages sofortige Anzeige zu machen.

Er ist zur Versicherung des Kominissionsgutes nur verpflichtet, wenn er vom Kommittenten Auftrag dazu erhalten hat.

433. Wenn das zum Verkaufe zugesandte Kommissionsgut sich in einem erkennbar mangelhaften Zustande befindet, so hat der Kommissionär die Rechte gegen den Frachtführer zu wahren, für den Beweis des mangelhaften Zustandes und soweit möglich für Erhaltung des- G-utes zu sorgen und dem Kommittenten ohne Verzug Nachricht zu geben.

Versäumt der Kommissionär diese Pflichten, so ist er für den aus der Versäumniß entstandenen Schaden haftbar.

434.

Wenn sich Gefahr zeigt, daß das zum Verkaufe zugesandte Kommissionsgut in schnelle Verderbniß gerathe, so ist der Kommissionär berechtigt und, soweit die Interessen ·des Kommittenten es erfordern, auch verpflichtet, dasselbe unter Mitwirkung der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo die Sache sich befindet, verkaufen zu laßen.

435.

Hat der Verkaufskommissionär unter dem ihm gesezten Minimum verkauft, so muß er dem Kommittenten den Preisunterschied vergüten, sofern er nicht beweist, daß durch den Verkauf von dem Kommittenten Schaden abgewendet worden ist und eine Anfrage bei dem Kommittenten nicht mehr thunlich war.

436.

Hat der Kommissionär wohlfeiler gekauft, als der Kommittent vorausgesezt, oder theurer verkauft, als er ihm vorgeschrieben hatte, so darf er den Gewinn nicht für sich behalten, sondern muß denselben dem Kommittenten anrechnen.

199 437.

Der Kommissionär, welcher ohne Einwilligung" des Kommittenten einem Dritten Vorschüße macht oder Kredit gewährt, thut dieses auf eigene Gefahr.

Soweit jedoch der Handelsgebrauch am Orte des Geschäftes das Kreditiren des Kaufpreises mit sich bringt, ist in Ermangelung einer anderen Bestimmung des Kommittenten auch der Kommissionär dazu berechtigt.

438.

Abgesehen von dem Falle, wo der Kommissionär unbefugter Weise Kredit gewährt, steht er für die Zahlung oder anderweitige Erfüllung der Verbindlichkeiten des Schuldners nur dann ein, wenn dieses von ihm übernommen oder am Orte seiner Niederlaßung Handelsgebrauch ist.

Der Kommissionär, welcher für den Schuldner einsteht, ist zu einer Vergütung (del-credere-Provision) berechtigt.

439.

Der Kommissionär ist berechtigt, für alle im Interesse des Kommittenten gemachten Vorschüße, Auslagen und andere Verwendungen Ersaz zu fordern und von diesen Beträgen Zinsen zu berechnen.

Er kann auch die Vergütung für die benuzten Lagerräume und Transportmittel, nicht aber den Lohn seiner Angestellten in Rechnung bringen.

440.

Der Kommissionär hat die Provision zu fordern, wenn das Geschäft zur Ausführung gekommen ist.

Für Geschäfte, welche nicht zur Ausführung gekommen sind, hat der Kommissionär nur den ortsüblichen Anspruch auf Vergütung seiner Bemühungen (Auslieferungsprovision).

441.

Der Anspruch auf die Provision fällt dahin, wenn sich der Kommissionär einer unredlichen Handlungsweise gegenüber dem Kommittenten schuldig gemacht, insbesondere, wenn er einen zu hohen Einkaufs- oder einen zu niedrigen Verkaufspreis in Rechnung gebracht hat.

Ueberdies steht dem Kommittenten in den beiden lezterwähnten Fällen die Befugniß zu, den Kommissionär selbst als Verkäufer oder als Käufer in Anspruch zu nehmen.

200 442.

Der Kommissionär hat an dem Kommissionsgute, beziehungsweise an dem Verkaufserlöse ein Retentionsrecht im Sinne des Artikels 224.

Für die auf Rechnung des Kommittenten erworbenen Forderungen kommt Artikel 399 Absaz l zur Anwendung.

448.

Wenn bei Unverkäuflichkeit des Kommissionsgutes oder bei Widerruf des Auftrages der Kommittent mit der Zurüknahme des Gutes oder mit der Verfügung darüber ungebührlich zögert, so ist der Kommissionär berechtigt, bei der zuständigen Amtsstelle des Ortes, wo die Sache sich, befindet, die Versteigerung zu verlangen.

Diese kann, wenn am Orte der gelegenen Sache weder der Kommittent noch ein Stellvertreter desselben anwesend ist, ohne Anhören der Gegenpartei angeordnet werden. Es muß aber eine amtliche Mittheilung an den Kommittenten vorausgehen, sofern das Gut nicht einer schnellen Entwerthung ausgesezt ist.

444. Bei Kommissionen zum Einkauf oder zum Verkauf von Waaren, Wechseln und andern Werthpapieren, welche einen Börsenpreis oder Marktpreis haben, ist der Kommissionär, wenn der Kommittent nicht etwas Anderes bestimmt hat, befugt, das Gut, welches er einkaufen soll, als Verkäufer selbst zu liefern, oder das Gut, welches er zu verkaufen beauftragt ist, als Käufer für sich zu behalten.

In diesen Fällen ist der Kommissionär verpflichtet, den zur Zeit der Ausführung des Auftrages geltenden Börsenoder Marktpreis in Rechnung zu bringen.

445.

Wenn der Kommissionär von der im vorhergehenden Artikel ihm eingeräumten Befugniß Gebrauch macht, so ist er zu der gewöhnlichen Provision berechtigt und kann die bei Kommissionsgeschäften sonst regelmäßig vorkommenden Unkosten berechnen. Im Uebrigen ist das Geschäft als Kaufvertrag zu behandeln.

446.

Meldet der Kommissionär in den Fällen des Artikels 444 die Ausführung des Auftrages, ohne eine andere

201 Person als Käufer oder Verkäufer namhaft zu machen, so ist anzunehmen, daß er selbst die Verpflichtungen eines Käufers, beziehungsweise Verkäufers auf sich genommen habe.

447.

Wenn der Kommittent den Auftrag widerruft und der Widerruf bei dem Kommissionär eintrifft, bevor lezterer die Anzeige der Ausführung abgesendet hat, so kann sich der Kommissionär der Befugniß, selbst als Käufer oder Verkäufer einzutreten, nicht mehr bedienen.

448.

Wer gegen Vergütung die Versendung oder Weitersendung von Gütern für Rechnung des Versenders, aber in eigenem Namen, zu besorgen übernimmt (Spediteur, Transportkommissionär), gilt als Frachtführer und unterliegt den Bestimmungen des siebzehnten Titels.

Siebzehnter Titel.

Frachtvertrag.

449.

Frachtführer ist derjenige, welcher gegen Vergütung (Frachtlohn, Fracht) den Transport von Sachen auszuführen übernimmt.

450.

Für den Frachtvertrag kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung, soweit nicht die nachfolgenden Bestimmungen dieses Titels etwas Anderes enthalten.

451.

Der Absender hat dem Frachtführer die Adresse des Empfangers und den Ort der Ablieferung, die Anzahl, die Verpakung, den Inhalt und das Gewicht der Frachtstüke, die Lieferungszeit und den Transportweg, sowie bei werthvollen Gegenständen auch deren Werth genau zu bezeichnen.

202

,,

Die aus Unterlaßung oder Ungenauigkeit einer solchen Angabe entstehenden Nachtheile fallen zu Lasten des Absenders.

452.

Für gehörige Verpakung des Gutes hat der Absender zu sorgen ; er haftet für die Folgen von äußerlich nicht erkennbaren Mängeln der Verpakung. Dagegen trägt der Frachtführer die Folgen solcher Mängel, welche äußerlich erkennbar waren, wenn er das Gut ohne Vorbehalt; angenommen hat.

453.

So lange das Frachtgut noch in Händen des Frachtführers ist, hat der Absender das Recht, dasselbe gegen Entschädigung des Frachtführers für allfällige von ihm schon gemachte Auslagen oder erweisliche Nachtheile, die aus der Rükziehung erwachsen, zurükzunehmen, ausgenommen : 1) wenn ein Frachtbrief vom Absender ausgestellt und vom Frachtführer an den Empfänger übergeben wurde; 2) wenn der Absender sich vom Frachtführer einen Empfangschein geben ließ und denselben nicht zurükgeben kann ; 3) wenn der Frachtführer an den Empfänger eine schriftliche Anzeige (Avisbrief) von der Ankunft des Gutes zum Zweke der Abholung desselben abgesendet hat; 4) wenn der Empfänger nach Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte die Ablieferung desselben verlangt hat.

In diesen Fällen hat der Frachtführer ausschließlich die Anweisungen des Empfängers zu befolgen ; im Falle der Ziffer 2 jedoch vor Ankunft des Gutes am Bestimmungsorte nur unter der Voraussezung, daß dem Empfänger der Empfangschein zugestellt worden ist.

454.

Wenn das Frachtgut nicht angenommen oder die Zahlung der auf demselben haftenden Forderungen nicht, geleistet wird oder der Empfänger nicht ermittelt werden kann, so hat der Frachtführer den Absender hievon zu benachrichtigen und inzwischen das Frachtgut auf Gefahr und

203: Kosten des Absenders aufzubewahren oder bei einem Dritten zu hinterlegen.

Wird dann in einer den Umständen angemeßenen Zeit weder vom Absender noch vom Empfänger über das Frachtgut verfügt, so kann der Frachtführer unter Mitwirkung der am Orte der gelegenen Sache zuständigen Amtsstelle das-Frachtgut zu Gunsten des Berechtigten gemäß Artikel 443 verkaufen laßen.

455.

Sind Frachtgüter schnellem Verderben ausgesezt, oder dekt ihr vermuthlicher Werth nicht die darauf haftenden Kosten, so soll der Frachtführer den Thatbestandx ohne Verzug amtlich feststellen laßen und kann darauf das= Frachtgut in gleicher Weise wie im Falle des vorhergehenden Artikels verkaufen laßen.

Von der Anordnung des Verkaufes sind, soweit möglich,,, die Betheiligten zu benachrichtigen.

456.

Der Frachtführer hat bei Ausübung der in Artikel 454 und 455 ihm eingeräumten Befugniße die vermuthlichen Interessen des Eigenthümers bestmöglich zu wahren und haftet für Schadenersaz bei erwiesener Fahrläßigkeit.

457.

Wenn ein Frachtgut verloren oder zu Grunde gegangen ist, so hat der Frachtführer den vollen Werth desselben zu ersezen, sofern er nicht beweist, daß der Verlust oder Untergang durch die natürliche Beschaffenheit des Gutes oder durch höhere Gewalt oder durch ein Verschulden oder .eine Anweisung des Absenders, beziehungsweise des Empfängers verursacht sei.

Verabredungen, wonach ein den vollen Werth überschreitendes Interesse oder weniger als der volle Werth zu ersezen ist, bleiben, vorbehalten.

458.

Unter den gleichen Voraussezungen und Vorbehalten haftet der Frachtführer für allen Schaden, welcher aus Verspätung in der Ablieferung oder aus Beschädigungöder aus theilweisem Untergange des Gutes entstanden ist.

204

Ohne besondere Verabredung kann ein höherer Schaden·ersaz als für gänzlichen Verlust nicht begehrt werden.

459.

Der Frachtführer haftet für alle Unfälle und Fehler, die auf dem übernommenen Transporte vorkommen, gleichviel, ob er den Transport bis zu Ende selbst besorgt oder durch einen anderen Frachtführer ausführen läßt, vorbehaltlich des Rükgriffes gegen den Frachtführer, welchem «r das Gut übergeben hat.

460.

Der Frachtführer hat sofort nach Ankunft des Gutes dem Empfänger Anzeige zu machen.

461.

Bestreitet der Empfänger die auf dem Frachtgut haftende Forderung, so kann er die Ablieferung nur verlangen, insofern er den streitigen Betrag amtlich hinterlegt.

Dieser Betrag tritt in Bezug auf das Retentionsrecht des Frachtführers an die Stelle des Frachtgutes.

462. Durch vorbehaltlose Annahme des Gutes und Bezahlung der Fracht erlöschen alle Ansprüche gegen den Frachtführer, die Fälle der Arglist und groben Fahrläßigkeit ausgenommen.

Außerdem bleibt der Frachtführer haftbar für äußerlich nicht erkennbaren Schaden, falls der Empfänger solchen in der Zeit, in welcher ihm nach den Umständen die Prüfung möglich oder zuzumuthen war, entdekt und den Frachtführer sofort nach der Entdekung davon benachrichtigt hat. Diese Benachrichtigung muß jedoch spätestens acht Tage nach der Ablieferung stattgefunden haben.

463.

In allen Streitfällen kann die am Orte der gelegenen Sache zuständige Amtsstelle auf Begehren eines der beiden Theile Hinterlegung des Frachtgutes in dritte Hand oder nöthigenfalls nach Feststellung des Zustandes den Verkauf desselben anordnen. Der Verkauf kann durch Bezahlung oder Hinterlegung aller angeblich auf dem Gute haftenden Forderungen abgewendet werden.

464. Die Ersazklagen gegen Frachtführer verjähren in Jahresfrist und zwar im Falle des Unterganges, des Ver-

205

lustes oder der Verspätung von dem Tage hinweg, au welchem die Ablieferung hätte geschehen sollen, im Falle der Beschädigung von dem Tage der -Uebergabe des Gutes an den Adressaten.

Im Wege der Einrede kann der Empfänger, beziehungsweise der Absender seinen Anspruch immer geltend machen, sofern er innerhalb Jahresfrist reklamirt hat und der Anspruch nicht schon gemäß Artikel 462 erloschen ist.

Vorbehalten bleiben die Fälle von Arglist und grober Fahrläßigkeit des Frachtführers.

465.

Transportanstalten, zu deren Betrieb es einer staatlichen Genehmigung bedarf, sind nicht befugt, die Anwendung der gesezlichen Bestimmungen über die Verantwortlichkeit des Frachtführers zu ihrem Vortheile durch besondere Uebereinkunft oder durch Réglemente im Voraus auszuschließen oder zu beschränken.

Jedoch bleiben abweichende Vertragsbestimmungen, welche in diesem Titel als zuläßig vorgesehen sind, vorbehalten.

466.

Für die Frachtverträge der Post und der Eisenbahnen gelten die besonderen Geseze.

467.

Ein Frachtführer oder Spediteur, welcher sich zur Ausführung des von ihm übernommenen Transportes einer Eisenbahn bedient oder zur Ausführung des von einer Eisen.bahn übernommenen Transportes mitwirkt, unterliegt den be..sonderen Bestimmungen über Eisenbahnfrachtverkehr. Abweichende Vereinbarungen zwischen dem Frachtführer oder Spediteur einerseits und dem Auftraggeber anderseits bleiben jedoch vorbehalten.

Dieser Artikel findet keine Anwendung auf Kaniioneure.

46S. Der Spediteur, welcher sich zur Ausführung des Transportes einer Eisenbahn bedient, kann seine Verantwortlichkeit nicht wegen mangelnden Rükgriffes ablehnen, wenn er selbst den Verlust desselben verschuldet hat.

Bundesblatt.

33. Jahrg. Bd. III.

14

206 Ach.tzeh.nter Titel.

Geschäftsführung ohne Auftrag.

469.

Wer für einen Anderen ein Geschäft besorgt, ohne von diesem beauftragt zu sein, der Geschäftsführer, ist verpflichtet, das unternommene Geschäft so zu führen, wie es dem Vortheile und der muthmaßlichen Absicht des Anderen, des Geschäftsherrn, entspricht.

470.

Der Geschäftsführer haftet für jede Fahrläßigkeit.

Jedoch ist seine Haftpflicht milder zu beurtheilen, wenn er gehandelt hat, um einen dem Geschäftsherrn drohenden Schaden abzuwenden.

Hat er" die Geschäftsführung entgegen dem ausgesprochenen oder sonst erkennbaren Willen des Geschäftsherrn unternommen, so haftet er auch für den Zufall, sofern er nicht beweist, daß derselbe auch ohne seine Einmischung eingetreten wäre.

471.

War der Geschäftsführer unfähig, sich durch Verträge zu verpflichten, so haftet er aus der Geschäftsführung nur, soweit er bereichert ist oder auf böswillige Weise sich der Bereicherung entäußert hat. Vorbehalten bleibt eine weitergehende Haftung aus unerlaubten Handlungen.

4721. Wenn die Uebernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherru geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Verwendungen, welche nothwendig oder nüzlich und den Verhältnißen angemeßen waren, sammt Zinsen zu ersezen und ihn in demselben Maße von den übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien.

Diesen Anspruch hat der Geschäftsführer, welcher mit der gehörigen Sorgfalt handelte, auch dann, wenn der beabsichtigte Erfolg nicht eintritt.

207

Sind die Verwendungen dem Geschäftsführer nicht zu ersezen, so hat er das Recht der Wegnahme im Sinne von Artikel 74 Absaz 2.

473.

Wenn die Geschäftsführung nicht mit Rüksicht auf das Interesse des Geschäftsherrn unternommen wurde, so ist dieser gleichwohl berechtigt, die aus der Führung seiner Geschäfte entspringenden Vortheile sich anzueignen.

Zur Ersazleistung an den Geschäftsführer und zur Entlastung desselben ist der Geschäftsherr nur soweit verpflichtet, als er bereichert ist.

474.

Wenn die Geschäftsbesorgung nachträglich vom Geschäftsherrn gebilligt wird, so kommen die Vorschriften über Auftrag zur Anwendung.

KVeunzelinter Titel.

Hinterlegungsvertrag.

47 S. Durch den Hinterlegungsvertrag verpflichtet sich der Aufbewahrer (Depositar) dem Hinterleger (Deponenten), eine bewegliche Sache, welche dieser ihm anvertraut, zu übernehmen und sie an einem sicheren Orte aufzubewahren.

Eine Vergütung kann er nur dann fordern, wenn dieselbe ausdrüklich bedungen worden ist oder nach den Umständen zu erwarten war.

476.

Der Aufbewahrer darf die hinterlegte Sache ohne Einwilligung des Hinterlegers nicht gebrauchen.

Andernfalls schuldet er dem Hinterleger entsprechende Vergütung und haftet auch für den Zufall, sofern er nicht beweist, daß dieser die Sache auch sonst getroffen hätte.

208

477.

Der Hinterleger haftet dem Auf bewahrer für den aus der Hinterlegung entstandenen Schaden, sofern er nicht beweist, daß der Schaden ohne alles Verschulden von seiner Seite entstanden sei. Auch haftet er ihm für die mit Erfüllung des Vertrages nothwendig verbundenen Auslagen.

478. Der Hinterleger kann die hinterlegte Sache nebst allfälligem Zuwachs jederzeit zurükfordern, selbst wenn für die Aufbewahrung eine bestimmte Dauer vereinbart wurde.

Jedoch hat er dem Aufbewahrer den Aufwand zu ersezen, welchen dieser mit Rüksicht auf die vereinbarte Zeit gemacht hat.

479.

Der Aufbewahrer kann die hinterlegte Sache vor Ablauf der bestimmten Zeit nur dann zurükgeben, wenn unvorhergesehene Umstände ihn außer Stand sezen, die Sache länger mit Sicherheit oder ohne eigenen Nachtheil aufzubewahren. Ist keine Zeit für die Aufbewahrung bestimmt, so kann der Aufbewahrer die Sache jederzeit zurükgeben.

O

O

7

480.

Die hinterlegte Sache ist auf Kosten und Gefahr des Hinterlegers da zurükzugeben, wo sie aufbewahrt werden sollte.

481.

Haben Mehrere die Sache gemeinschaftlich zur Aufbewahrung erhalten, so haften sie solidarisch.

482.

Wird an der hinterlegten Sache von einem Dritten Eigenthum beansprucht, so ist der Aufbewahrer dennoch zur Rükgabe an den Hinterleger verpflichtet, sofern nicht gerichtlich Beschlag auf die Sache gelegt oder die Eigenthumsklage gegen ihn anhängig gemacht worden ist.

Von diesen Hindernißen hat er den Hinterleger sofort zu benachrichtigen.

483.

Haben Mehrere eine Sache, deren Rechtsverhältniße streitig oder zur Zeit unklar sind, zur Sicherung ihrer Ansprüche bei einem Dritten, dem Sequester, hinterlegt, so darf dieser die Sache nur mit Zustimmung der Parteien oder auf Greheiß des Richters herausgeben.

209

484. Ist G-eld mit der ausdrüklichen oder stillschweigenden Vereinbarung hinterlegt worden, daß der Aufbewahrer nicht dieselben Stüke, sondern nur die gleiche Geldsumme zurükzuerstatten habe, so geht Nuzen und Gefahr auf ihn über.

Eine stillschweigende Vereinbarung in diesem Sinne ist zu vermuthen, wenn die Geldsumme unversiegelt und unverschloßen übergeben wurde.

485. Werden andere vertretbare Sachen oder Werthpapiere hinterlegt, so darf eine solche Vereinbarung nicht aus den Umständen gefolgert werden. Der Aufbewahrer 'darf über .die Gegenstände nur verfügen, wenn ihm diese Befugniß vom Hinterleger ausdrüklich eingeräumt worden ist.

486.

Gastwirthe, welche Fremde zur Beherbergung aufnehmen, haften für jede Beschädigung, Vernichtung oder Entwendung der von ihren Gästen eingebrachten Sachen, sofern sie nicht beweisen, daß der Schaden durch ein Verschulden des Gastes selbst oder seiner Begleiter oder Dienstleute oder durch höhere Gewalt oder durch die Beschaffenheit der Sache verursacht wurde.

Ein Verschulden des Gastes ist namentlich dann anzunehmen, wenn er unterlaßen hat, größere Geldsummen oder andere Sachen von bedeutendem Werthe dem Wirthe zur Aufbewahrung zu übergeben. Aber auch in diesem Falle haftet der Wirth sowohl für sein eigenes Verschulden als für dasjenige seiner Dienstleute.

487.

Der Wirth kann sich der im vorhergehenden Artikel bestimmten Verantwortlichkeit nicht dadurch entziehen, daß er dieselbe durch Anschlag in den Räumen des Gasthofes ablehnt oder von besonderen Bedingungen abhängig macht.

488.

Die Vorschriften der Artikel 486 und 487 über die Haftpflicht der Gastwirthe finden auch auf Stallwirthe rüksichtlich der bei ihnen eingestellten oder von ihnen oder

210 ihren Leuten auf andere Weise übernommenen Thiere und Wagen und des dazu gehörigen Geschirres entsprechende.

Anwendung.

Z-wanzigfSter Titel.

Bürgschaft.

I. Yorausse/ungen und Arten der Bürgschaft.

489. Durch den Bürgsohaftsvertrag^verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, des Hauptschuldners, für die Erfüllung der Schuld des Lezteren einzustehen.

490. Fähig, eine Bürgschaft einzugehen, ist Jeder, welcher sich nach Maßgabe dieses Gesezes durch Verträge verpflichten kann.

491. Die Bürgschaft bedarf zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Vertragsform.

492.^ Jede Bürgschaft sezt eine zu Recht bestehende Hauptschuld voraus.

Für den Fall, daß die Hauptschuld wirksam werde, kann die Bürgschaft auch für eine künftige oder bedingte Schuld eingegangen werden.

Die Schuld aus einem wegen Irrthums oder wegen Vertragsunfähigkeit für den Hauptschuldner unverbindlichen Vertrage kann gültig verbürgt werden, wenn der Bürge bei Eingehung seiner Verpflichtung den auf Seite des Hauptschuldners vorhandenen Mangel kennt.

493. Der einfache Bürge kann vom Gläubiger erst dann zur Zahlung angehalten werden, wenn der Hauptschuldner in Konkurs gerathen oder ohne Verschulden des

211 Gläubigers erfolglos betrieben worden ist oder in der Schweiz nicht mehr belangt werden kann.

Vorbehalten bleiben die in Artikel 492 Absaz 3 vorgesehenen Fälle.

494.

Ist die verbürgte Forderung vor oder gleichzeitig mit Bestellung der Bürgschaft durch Pfandrechte gesichert worden, so ist der einfache Bürge, so lange der Hauptschuldner nicht in Konkurs gerathen ist und die Pfandrechte ohne Konkurs des Hauptschuldners realisirt werden können, berechtigt zu verlangen, daß der Gläubiger sich vorerst an die Pfänder halte.

495» Wer sich mit dem Hauptschuldner als Bürge unter Beifügung der.Worte: solidarisch mit dem Hauptschuldner, Zahler, Selbstzahler, Selbstschuldner oder anderer gleichbedeutender Ausdrüke verpflichtet, kann auch vor dem Hauptschuldner und vor der Realisirung der Pfandrechte belangt werden; im Uebrigen gelten für eine solche Bürgschaft die Bestimmungen dieses Titels.

496.

Mehrere Bürgen, welche gemeinsam die nämliche theilbare Hauptschuld Verbürgt haben, haften für ihre Antheile als einfache Bürgen und für die Antheile der Uebrigen als Nachbürgen.

Haben sie ausdrüklich mit dem Hauptschuldner nach Artikel 495 oder unter sich Solidarhaft übernommen, so haftet Jeder für die ganze Schuld mit verhältnißmäßigem Rükgriffe gegen die Mitbürgen.

497.

Der Nachbürge, welcher sich dem Gläubiger für die Erfüllung der von dem Vorbürgen übernommenen Verbindlichkeit verpflichtet hat, haftet neben diesem in derselben Weise wie der einfache Bürge neben dem Hauptschuldner.

498.

Der Rükbürge ist verpflichtet, dem zahlenden Bürgen für die Regreßforderung einzustehen, welche diesem gegen den Hauptschuldner erwächst.

212

II. Wirkungen der Bürgschaft.

499. Der Bürge haftet für den jeweiligen Betrag der Hauptschuld, Inbegriffen die gesezlichen Folgen eines Verschuldens oder Verzuges des Hauptschuldners.

Für die Kosten der Ausklagung des Hauptschuldners hat der Bürge nur insofern einzustehen, als ihm rechtzeitig; Gelegenheit gegeben war, durch Befriedigung des Gläubigers, dieselben zu vermeiden.

Für vertragsmäßige Zinse haftet der Bürge, wenn nichts Anderes vereinbart ist, bis zum Betrage des laufenden und eines verfallenen Jahreszinses.

500.

Der Bürge kann wegen der Hauptschuld vordem für deren Bezahlung festgesezten Termine selbst dann nicht belangt werden, wenn die Fälligkeit durch den Konkurs des Hauptschuldners vorgerükt wird.

Erfordert die Fälligkeit der Hauptschuld eine Kündigung, so hat diese auch an den Bürgen zu geschehen.

Die Kündigungsfrist läuft für den Bürgen vom Tage der an ihn erfolgten Eröffnung an.

III. Erlöschen der Bürgschaft.

301. Durch Erlöschen der Hauptschuld wird der Bürge befreit.

502. Ist die Bürgschaft nur für eine bestimmte Zeitfrist eingegangen, so erlischt die Verpflichtung des Bürgen, wenn nicht der Gläubiger binnen vier Wochen nach Ablauf der Frist seine Forderung rechtlich geltend macht und ohne erhebliche Unterbrechung den Rechtsweg verfolgt.

503.

Ist die Bürgschaft auf unbestimmte Zeit eingegangen , so kann der Bürge nach Eintritt der Fälligkeit der Hauptschuld vom Gläubiger verlangen, daß er binnen vier Wochen die Forderung rechtlich geltend mache und den Rechtsweg ohne Unterbrechung fortseze.

213 Handelt es sich um eine Forderung, deren Fälligkeit durch Aufkündigung des Gläubigers herbeigeführt werden kann, so ist der Bürge nach Ablauf eines Jahres seit Eingehung der Bürgschaft zu dem Verlangen berechtigt, daß der Gläubiger die Aufkündigung vornehme und nach Eintritt der Fälligkeit die Forderung im Sinne der vorstehenden Bestimmung geltend mache.

Kommt der Gläubiger solchem Verlangen nicht nach, so wird der Bürge *&*· frei.

IV. Rükgriff des Bürgen.

504. Auf den Bürgen gehen in demselben Maße, als er den Gläubiger befriedigt hat, die Rechte desselben über.

Vorbehalten bleiben die besonderen Ansprüche und Einreden aus dem zwischen Bürgen und Hauptschuldner jeweilon bestehenden Rechtsverhältniße.

505.

Mit Vorbehalt der Fälle des Artikels 492 Absaz 3 ist der Bürge berechtigt und verpflichtet, dem Gläubiger die Einreden entgegenzusezen, welche dem Hauptschuldner zustehen.

Unterläßt er dieses, so verliert er seinen Rükgriff so weit, als er sich mittelst dieser Einreden hätte befreien können, wenn er nicht seine unverschuldete Unkenntniß darzuthun vermag.

506.

Der Bürge verliert seinen Rükgriff, wenn infolge der von ihm unterlaßenen Anzeige der Zahlung der Hauptschuldner die Schuld gleichfalls bezahlt. Jedoch bleibt es dem Bürgen vorbehalten, den Gläubiger aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Wiedererstattung zu belangen.

507.

Der Gläubiger hat dem Bürgen, welcher ihn befriedigt, die zur Geltendmachung seiner Rechte dienlichen Urkunden und die bei ihm hinterlegten Pfänder herauszugeben. War die Hauptschuld grundversichert, so hat der Gläubiger die nach kantonalem Rechte für den Uebergang des Pfandrechtes erforderlichen Handlungen vorzunehmen.

214 508.

Der Gläubiger ist dem Bürgen dafür verantwortlich, daß er nicht zu deßen Nachtheile die bei Eingehung der Bürgschaft vorhandenen oder vom Hauptschuldner nachträglich erlangten anderweitigen Sicherheiten vermindere oder sich der vorhandenen Beweismittel entäußere.

509.

Ist die Hauptschuld fällig, so kann der Bürge jederzeit vom Gläubiger verlangen, daß dieser von ihm Befriedigung annehme oder ihn aus der Bürgschaft entlaße.

Der Bürge wird ohne Weiteres frei, wenn der Gläubiger die Annahme der Zahlung oder die Uebertragung der Sicherheiten verweigert.

510.

Fällt der Hauptschuldner in Konkurs, so liegt dem Gläubiger, unbeschadet des Rechtes, in diesem Falle nach Maßgabe der Artikel 493 und 500 auf den Bürgen zu greifen, die Pflicht ob, seine Forderung im Konkurse anzumelden.

Auch hat der Gläubiger, sobald er von dem Konkurse Kenntniß erhält, den Bürgen davon zu benachrichtigen.

Wenn der Gläubiger solches unterläßt, so verliert eiserne Ansprüche gegen den Bürgen in so weit, als diesem aus einer solchen Unterlaßimg ein Schaden entstanden ist.

511.

Der Bürge kann von dem Hauptschuldner Sicherstellung verlangen : 1) wenn Lezterer den mit dem Bürgen getroffenen Abreden zuwider handelt, namentlich die auf einen bestimmten Termin versprochene Entlastung des Bürgen nicht bewii'kt; 2) wenn- der Hauptschuldner in Verzug kommt; 3) wenn durch Verschlimmerung der Ver-mögensverhältniße des Hauptschuldners oder durch ein Verschulden desselben die Gefahr für den Bürgen erheblich größer geworden ist als bei Eingehung der Bürgschaft.

215

Einu.nd.z\vanzig-ster Titel.

Spiel und Wette.

512. Aus Spiel und Wette entsteht keine Forderung.

Dasselbe gilt von Darlehen und Vorschüßen, welche wißentlich zum Behufe des Spieles oder der Wette gemacht werden, sowie von solchen Lieferungs- und Differenzgeschäften über Waaren oder Börsenpapiere, welche den Charakter eines Spieles oder einer Wette haben.

513. Eine Schuldverschreibung oder Wechselverpflichtung, welche der Spielende oder Wettende zur Dekung der Spiel- oder Wettsumme gezeichnet hat, kann troz erfolgter Aushändigung nicht geltend gemacht werden.

Vorbehalten bleiben die besonderen Grundsäze des Wechselrechtes.

514. Eine freiwillig geleistete Zahlung kann nur zuTükgefordert werden, wenn die planmäßige Ausführung des Spieles oder der Wette durch Zufall oder durch den Empfänger v>vereitelt worden ist, oder wenn dieser sich einer Unredlichkeit schuldig gemacht hat.

515. Aus Lotterie- oder Ausspielgeschäften entsteht nur dann eine Forderung, wenn die Unternehmung von der zuständigen Behörde bewilligt worden ist.

Ist dieses nicht der Fall, so findet Artikel 514 entsprechende Anwendung.

516.

Für auswärts gestattete Lotterien oder Ausspielverträge wird in der Schweiz kein Rechtsschuz gewährt, ·wenn nicht die zuständige schweizerische Behörde den Vertrieb der Loose bewilligt hat.

216

Zweiïinclzwarizig'ster Titel.

Leibrentenvertrag.

517.

Die Leibrente kann auf die Lebenszeit des Rentengläubigers, des Rentenschuldners oder eines Dritten gestellt werden.

In Ermangelung einer bestimmten Verabredung wird angenommen, sie sei auf die Lebenszeit des Rentengläubigers versprochen.

, Eine auf die Lebenszeit des Rentenschuldners oder eines Dritten gestellte Leibrente geht, sofern nicht etwas Anderes verabredet ist, auf die Erben des Rentengläubigers über.

518.

Der Leibrentenvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Vertragsform. Dabei bleiben die Bestimmungen des. Artikels 10 vorbehalten.

519.

Die Leibrente ist halbjährlich und zum Voraus zu leisten, wenn nicht etwas Anderes vereinbart ist.

Stirbt die Person, auf deren Lebenszeit die Leibrente gestellt ist, vor dem Ablaufe der Periode, für welche sie zum Voraus zu leisten ist, so wird der volle Betrag geschuldet.

520.

Der Leibrentengläubiger kann, sofern nicht etwas Anderes vereinbart ist, die Ausübung seiner Rechte abtreten.

521. Wer einem Dritten unentgeltlich eine Leibrente bestellt, kann zugleich bestimmen, daß ihm dieselbe nicht durch Gläubiger auf dem Wege der Betreibung, des Arrestes oder Konkurses entzogen werden darf.

522.

Fällt der Leibrentenschuldner in Konkurs, so ist der Leibrentengläubiger berechtigt, seine Ansprüche in

217

Form einer Kapitalforderung geltend zu machen, deren Werth durch dasjenige Einsazkapital bestimmt wird, um welches die nämliche Leibrente zur Zeit der Konkurseröffnung bei einer soliden Rentenanstalt bestellt werden könnte.

523.

Die Bestimmungen über das Leibgeding (Verpfründungsvertragj bleiben dem kantonalen Rechte vorbehalten.

DreiunclzAvanzig-ster Titel.

Einfache Gesellschaft.

L Begriff.

524. Gesellschaft ist die vertragsmäßige Verbindung von zwei oder mehreren Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwekes mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln.

Die Gesellschaft ist eine einfache im Sinne dieses Titels, sofern dabei nicht die besonderen Voraussezungen zutreffen, welche für die in den Titeln XXIV bis XXVIII behandelten Gesellschaften, Genoßenschaften und Vereine festgestellt sind.

II. Verhältniß der Gesellschafter unter sich.

525. Die Rechtsverhältniße der Gesellschafter unter einander richten sich, falls in dem Gesellschaftsvertrage nicht etwas Anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften der folgenden Artikel.

Vorbehalten bleiben in jedem Falle die Bestimmungen 'der Artikel 539 und 541.

526. Jeder Gesellschafter hat einen Beitrag zu leisten.

Die Beiträge können nach Art und Größe ungleich sein und in Geld, Sachen, Forderungen oder Arbeit bestehen.

218

527.

Ist nicht etwas Anderes vereinbart, so haben die Gesellschafter gleiche Beiträge und zwar in der Art und dem Umfange zu leisten, wie der vereinbarte Zwek es erheischt.

528.

In Bezug auf Tragung der Gefahr und die Gewährspflicht finden, sofern der einzelne Gesellschafter den Gebrauch einer Sache zu überlaßen hat, die Grundsäze des Miethvertrages und, sofern er Eigenthum zu übertragen hat, die Grundsäze des Kaufvertrages entsprechende Anwendung.

529.

Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, einen Gewinn, der seiner Natur nach der Gesellschaft zukommt, mit den andern Gesellschaftern zu theilen.

530.

Die Antheile der Gesellschafter am Gewinn oder Verlust können ungleich verabredet werden.

Sind dieselben nicht vereinbart, so hat jeder Gesellschafter, ohne Rüksicht auf die Art und Größe seines Beitrages, gleichen Antheil an Gewinn und Verlust.

Ist nur der Antheil am Gewinne oder nur der Antheil am Verluste vereinbart, so gilt diese Vereinbarung für Beides.

531.

Die Verabredung, daß ein Gesellschafter, welcher zu dem gemeinsamen Zweke Arbeit beizutragen hat, Antheil am Gewinne, nicht aber am Verluste haben soll, ist zuläßig.

532.

Gesellschaftsbeschlüße können nur mit Zustimmung aller Gesellschafter gefaßt werden.

Soll nach dem Vertrage Stimmenmehrheit entscheiden, so ist die Mehrheit nach der Personenzahl zu berechnen.

533.

Die Geschäftsführung steht allen Gesellschaftern zu, soweit sie nicht durch Vertrag oder Beschluß einem oder mehreren Gesellschaftern oder Dritten ausschließlich übertragen ist.

534.

Steht die Geschäftsführung entweder allen oder mehreren Gesellschaftern zu, so kann jeder von diesen ohne Mitwirkung der Uebrigen handeln. Es hat aber jeder andere

219 zur Geschäftsführimg befugte Gesellschafter das Recht, durch seinen Widerspruch die Handlung zu verhindern, bevor sie vollendet ist.

535.

Zur Bestellung eines Generalbevollmächtigten und zur Vornahme von Rechtshandlungen, welche über den gewöhnlichen Betrieb der gemeinschaftlichen Geschäfte hinausgehen, ist, sofern nicht Gefahr im Verzüge liegt, die Einwilligung sämmtlicher Gesellsehafter erforderlich.

536.

Kein Gesellschafter darf zu seinem besonderen Vortheile 'Geschäfte betreiben, durch welche der Zwek der Gesellschaft vereitelt oder beeinträchtigt würde.

537.

Wenn ein Gesellschafter in den Angelegenheiten der Gesellschaft Auslagen macht-oder Verbindlichkeiten eingeht, so sind ihm die übrigen Gesellschafter verhaftet; ebenso bei Verlusten, welche er unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder aus Gefahren erleidet, die von derselben unzertrennlich sind.

Von den vorgeschoßenen Geldern kann er vom Tage des geleisteten Vorschußes an Zinse fordern.

Dagegen steht ihm für persönliche Bemühungen kein Anspruch auf besondere Vergütung zu.

538.

Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, in den Angelegenheiten der Gesellschaft den Fleiß und die Sorgfalt anzuwenden, welche er in seinen eigenen anzuwenden pflegt.

Er haftet den übrigen Gesellschaftern für den durch sein Verschulden entstandenen Schaden, ohne daß er dagegen die Vortheile verrechnen könnte, welche er der Gesellschaft in anderen Fällen durch seinen Fleiß verschafft hat.

539.

Die im Gesellschaftsvertrage einem Gesellschafter eingeräumte Befugniß zur Geschäftsführung kann von den übrigen Gesellschaftern ohne wichtige Gründe weder widerrufen noch beschränkt werden.

Liegen wichtige Gründe vor, so kann sie von jedem der übrigen Gesellschafter selbst dann widerrufen werden, wenn der Gesellschaftsvertrag etwas Anderes bestimmt.

220 Ein wichtiger Grund liegt namentlich vor, wenn der Geschäftsführer sich einer groben Pfliebtverlezung schuldig gemacht hat oder zu einer guten Geschäftsführung unfähig geworden ist.

540.

Soweit weder in den Bestimmungen dieses Titels noch im Gesellschaftsvertrage etwas Anderes vorgesehen ist, kommen auf das Verhältuiß der geschäftsführenden Gesellschafter zu den übrigen Gesellschaftern die Vorschriften über Auftrag zur Anwendung.

Wenn.ein Gesellschafter, welcher nicht zur Geschäftsführung befugt ist, Gesellschaftsangelegeuheiten besorgt, oder wenn ein zur Geschäftsführung befugter Gesellschafter seine Befugniß überschreitet, so finden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag Anwendung.

541. Auch der. von der Geschäftsführung ausgeschloßene Gesellschafter hat das Recht, sich persönlich von dem Gange der Gesellschaftsangelegenheiten zu unterrichten, von den Geschäftsbüchern und Papieren der Gesellschaft Einsicht zu nehmen und für sich auf Grundlage derselben eine Uebersicht über den Stand des gemeinschaftlichen Vermögens anzufertigen.

Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nichtig.

542.

Ein Gesellschafter kann ohne die Einwilligung.

der übrigen Gesellschafter keinen Dritten in die Gesellschaft aufnehmen.

Wenn ein Gesellschafter einseitig einen Dritten an seinem Antheile betheiligt oder seinen Antheil an denselben abtritt, so wird dieser'Dritte dadurch nicht zum Gesellschafter der Uebrigen. Insbesondere geht auf ihn nicht das im vorhergehenden Artikel erwähnte Recht über.

III. Verhältniß der Gesellschafter zu Dritten.

543.

Wenn ein Gesellschafter zwar für Rechnung der Gesellschaft, aber in eigenem Namen mit einem Dritten

221 Geschäfte abschließt, so wird er allein dem Dritten gegenüber berechtigt und verpflichtet.

Wenn ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft, beziehungsweise im Namen sämmtlicher Gesellschafter mit einem Dritten Geschäfte abschließt, so werden die übrigen Gesellschafter dem Dritten gegenüber nur insoweit berechtigt und verpflichtet, als es die Bestimmungen über die Stellvertretung mit sich bringen.

Eine Ermächtigung des einzelnen Gesellschafters, die Gesellschaft oder sämmtliche Gesellschafter Dritten gegenüber zu verpflichten, wird nicht vermuthet, selbst dann nicht, wenn demselben die Geschäftsführung überlaßen ist.

544.

Ist Eigerithum an die Gesellschaft übertragen oder im Namen derselben erworben worden, so gehört es den einzelnen Gesellschaftern zu Miteigenthum.

Sind Forderungsrechte an die Gesellschaft übertragen oder im Namen derselben erworben worden, so wird jeder Gesellschafter nach seinem Antheil Gläubiger des Schuldners.

Haben die Gesellschafter gemeinschaftlich, sei es durch persönliches Zusammenwirken oder nach Maßgabe des vorhergehenden Artikels Absaz 2 und 3 durch Stellvertreter einem Dritten gegenüber Verpflichtungen eingegangen, so ist die Haftbarkeit eine solidarische. Eine entgegengesezte Vereinbarung mit dem Dritten bleibt vorbehalten.

IV. Beendigung der Gesellschaft.

545.

Die Gesellschaft wird aufgelöst: 1) wenn der Zwek, zu welchem sie abgeschloßen wurde, erreicht oder wenn deßen Erreichung unmöglich geworden ist; 2) wenn ein Gesellschafter stirbt und nicht schon vorher vereinbart worden ist, daß die Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll ; 3) wenn ein Gesellschafter in Konkurs fällt oder bevormundet wird; Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

15

222

4) durch gegenseitige Uebereinkunft ; 5) durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft eingegangen ist; wird jedoch die Gesellschaft stillschweigend fortgesezt, so gilt sie als auf unbestimmte Dauer erneuert ; 6) durch Kündigung von Seite eines Gesellschafters, wenn eine solche im Gesellschaftsvertrage vorbehalten oder wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen worden ist; 7) durch richterlichen Beschluß nach Maßgabe des Artikels 547.

546.

Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters geschloßen worden, so kann jeder Gesellschafter den Vertrag auf sechs Monate kündigen. Jedoch soll dieses in guten Treuen und nicht zur Unzeit geschehen. Namentlich darf die Aufkündung, sofern jährliche Rechnungsabschlüße vorgesehen sind, nur auf das Ende je eines. Geschäftsjahres erfolgen.

547.

Aus wichtigen Gründen kann die Auflösung der Gesellschaft vor Ablauf der Vertragsdauer oder in den Fällen des vorhergehenden Artikels ohne vorherige Aufkündung verlangt werden.

548.

Bei der Auseinandersezung, welche die Gesellschafter nach der Auflösung unter sich vorzunehmen haben, fallen diejenigen Sachen, welche ein Gesellschafter zu Eigeuthum eingebracht hat, nicht an ihn zurük, sondern derselbe hat Anspruch auf den Werth, für welchen sie übernommen worden sind.

Fehlt es an dieser Werthbestimmung, so geschieht die Erstattung nach dem Werthe, welchen die Sachen zur Zeit des Einbringens hatten.

549.

Verbleibt nach Abzug der gemeinschaftlichen Schulden, nach Ersaz der Auslagen und Verwendungen an einzelne Gesellschafter und nach Rükerstattung der Ver-

223

mögensbeiträge ein Ueberschuß, so ist derselbe unter die Gesellschafter als Gewinn zu vertheilen.

Ist nach Tilgung der Schulden und Ersaz der Auslagen und Verwendungen das gemeinschaftliche Vermögen nicht ausreichend, um die geleisteten Vermögensbeiträge zurükzuerstatten, so haben die Gesellschafter das Fehlende als Verlust zu tragen.

550.

Die Auseinandersezung nach Auflösung der Gesellschaft ist von allen Gesellschaftern gemeinsam vorzunehmen, mit Einschluß derjenigen, welche von der Geschäftsführung ausgeschloßen waren.

Wenn jedqch der Gesellschaftsvertrag sich nur auf bestimmte einzelne Geschäfte bezog, welche ein Gesellschafter in eigenem Namen auf gemeinsame Rechnung zu besorgen hatte, so hat derselbe diese Geschäfte auch nach Auflösung der Gesellschaft allein zu erledigen und den übrigen Gesellschaftern Rechnung abzulegen.

551.

An den Verbindlichkeiten gegenüber Dritten wird durch die Auflösung der Gesellschaft nichts geändert.

Viemnclz^vanzlg-ster Titel.

Kollektivgesellschaft.

L Begriff und Errichtung.

552.

Eine Kollektivgesellschaft ist vorhanden, wenn zwei oder mehrere Personen, ohne ihre Haftbarkeit nach Maßgabe der folgenden Titel zu beschränken, unter einer gemeinsamen Firma ein Handels-, ein Fabrikations- oder ein "anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben.

224

Die Mitglieder einer solchen Gesellschaft haben dieselbe als Kollektivgesellschaft in das Handelsregister eintragen zu laßen.

Gesellschaften für andere als die im ersten Absaz bezeichneten Zweke können Kollektivgesellschaften werden, wenn sie sich" als solche in das Handelsregister eintragen laßen.

553.

Die Eintragung einer Kollektivgesellschaft in das Handelsregister hat da zu geschehen, wo sie ihren Siz hat.

Die Eintragung muß enthalten : 1) den Namen und den Wohnort jedes Gesellschafters; 2) die Firma der Gesellschaft und den Ort, wo sie ihren Siz hat; 3) den Zeitpunkt, mit welchem die Gesellschaft ihren Anfang nimmt; 4) im Falle vereinbart ist, daß nur einer oder einige der Gesellschafter die Gesellschaft vertreten sollen, die Angabe, welcher oder welche dazu bestimmt sind, sowie ob das Recht nur in Gemeinschaft ausgeübt werden soll.

554.

Die Anmeldungen zur Eintragung der im vorhergehenden Artikel unter l bis 4 erwähnten Thatsachen oder einer Veränderung derselben müßen von allen Gesellschaftern persönlich vor der Registerbehörde unterzeichnet oder in beglaubigter Form eingereicht werden.

Sie sind ihrem ganzen Inhalte nach in das Handelsregister einzutragen.

Die Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten sollen, haben die Firma nebst ihrer Namensunterschrift persönlich vor der Registerbehörde zu zeichnen oder die Zeichnung derselben in beglaubigter Form einzureichen.

II. Verhältniß der Gesellschafter unter sich.

555.

Das Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter einander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage.

225 Soweit keine Vereinbarung getroffen ist, kommen die Bestimmungen der Artikel 526 bis 542 über einfache Gesellschaft zur Anwendung, jedoch mit den Abweichungen, welche die nachfolgenden Artikel ergeben.

556.

Am Schluße eines jeden Geschäftsjahres ist ein Inventar und eine Bilanz des Gesellschaftsvermögens anzufertigen, auf Grund derselben der Gewinn oder Verlust des Jahres zu ermitteln und für jeden Gesellschafter sein Antheil zu berechnen.

Dabei werden jedem Gesellschafter von seinem Antheile am Gesellschaftsvermögen Zinse zu vier vom Hundert und ein allfällig für seine Arbeit verabredetes Honorar gutgeschrieben.

Zinse und Honorar werden bei Ermittelung von Gewinn und Verlust als Gesellschaftsschuld behandelt.

557.

Jeder Gesellschafter hat das Recht, aus der Gesellschaftskasse Gewinn, Zinse und Honorar des leztverfloßenen Jahres zu entnehmen. Macht er von diesem Rechte keinen Gebrauch, so wird sein Einlagekapital um den Betrag jener Summe vermehrt, sofern die anderen Gesellschafter keine Einwendung dagegen erheben.

Ist durch frühere Verluste das Einlagekapital eines Gesellschafters vermindert worden, so hat derselbe bis zur Wiederergänzung seiner Einlage keinen Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnantheiles.

Im Uebrigen hat kein Gesellschafter die Pflicht, seine durch Verlust verminderte Einlage zu ergänzen oder dieselbe über den im Vertrage bestimmten Betrag zu erhöhen.

558.

Ein Gesellschafter darf ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter weder in dem ' Geschäftszweige der Gesellschaft für eigene Rechnung oder für Rechnung eines Dritten Geschäfte mächen noch an einer andern gleichartigen Unternehmung als Kollektivgesellschafter oder als Kommanditär Theil nehmen.

226

III. Verhältniß der Gesellschaft zu Dritten.

559.

Die Kollektivgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigenthum und andere dingliche Rechte auch an Grundstüken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.

560.

Enthält das Handelsregister keine entgegenstehenden Bestimmungen über die Vertretungsbefugniß der einzelnen Gesellschafter, so sind Dritte zu der Annahme berechtigt, es sei jeder einzelne Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigt.

561.

Jeder zur Vertretung der Gesellschaft befugte Gesellschafter ist ermächtigt, im Namen der Gesellschaft alle Arten von Rechtshandlungen und Geschäften vorzunehmen, welche der Zwek der Gesellschaft mit sich bringen kann.

Eine Beschränkung dieser Vertretungsbefugniß hat gegenüber gutgläubigen Dritten keine rechtliche Wirkung.

Vorbehalten bleibt die in das Handelsregister eingetragene Bestimmung, daß überhaupt nur Mehrere zusammen die Firma führen können.

562.

Zur Bestellung eines Prokuristen ist die Einwilligung aller zur Vertretung der Gesellschaft befugten Gesellschafter erforderlich. Der Widerruf der Prokura kann dagegen von jedem derselben mit Wirkung gegen Dritte geschehen.

563.

Die Gesellschaft wird durch die Rechtsgeschäfte, welche ein zu ihrer Vertretung befugter Gesellschafter in ihrem Namen schließt, berechtigt und verpflichtet. Es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrüklich im Namen der Gesellschaft geschloßen worden ist, oder ob diese Absicht aus den Umständen hervorgeht.

564.

Die Gesellschafter haften' für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen.

227

Eine entgegenstehende Verabredung hat gegenüber Dritten keine rechtliche Wirkung.

Der einzelne Gesellschafter kann jedoch für eine Gesellschaftsschuld erst dann persönlich belangt werden, wenn die Gesellschaft. aufgelöst oder erfolglos betrieben worden ist.

565.

Wer einer bestehenden Kollektivgesellschaft als Kollektivgesellschafter beitritt, haftet solidarisch auch für die vor seinem Beitritte eingegangenen Verbindlichkeiten, es mag die Firma eine Aenderung erleiden oder nicht.

Eine entgegenstehende Verabredung hat gegenüber Dritten keine rechtliche Wirkung.

566.

Im Konkurse der Kollektivgesellschaft werden die Gläubiger derselben mit Ausschluß der Sondergläubiger der einzelnen Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigt.

567.

Die Kollektivgesellschafter können irn Konkurse der Gesellschaft für ihre Kapitaleinlagen nicht als Gläubiger konkurriren, wohl aber gleich anderen Gläubigern diejenigen Forderungen geltend machen, welche ihnen unter irgend einem anderen Titel wider die Gesellschaft zustehen.

568. Wenn das Gesellschaftsvermögen nicht hinreicht, um den Gesellschaftsgläubigern volle Befriedigung zu gewähren, so sind dieselben berechtigt, für den ganzen unbezahlt bleibenden Rest ihrer Forderungen aus dem Privatvermögen jedes einzelnen Gesellschafters in Konkurrenz mit deßen Privatgläubigern Befriedigung zu suchen.

569.

Die Privatgläubiger eines Gesellschafters sind nicht befugt, die zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Sachen, Forderungen oder Rechte zum Behuf ihrer Befriedigung oder zur Sicherstellung in Anspruch zu nehmen.

Gegenstand der Exekution oder der Beschlagnahme kiinn für sie nur dasjenige sein, was der Gesellschafter selbst an Honorar, an Zinsen und an Gewinnantheilen zu fordern berechtigt ist, und das, was demselben bei der Auseinanderaezung zukommt.

228 570.

Wenn zu Gunsten eines Privatgläubigers ein Vorzugsrecht an dem Vermögen eines Gesellschafters besteht, so kann dasselbe nur im Sinne von Absaz 2 des vorhergehenden Artikels geltend gemacht werden.

571. Gegen eine Forderung der Gesellschaft kann der Schuldner einen Anspruch, welcher ihm an einen einzelnen Gesellschafter zusteht, nicht zur Verrechnung bringen.

Ebensowenig kann ein Gesellschafter'gegenüber seinem Gläubiger eine Forderung der Gesellschaft verrechnen.

Es kann jedoch ein Gesellschaftsgläubiger, welcher gleichzeitig Privatschuldner eines Gesellschafters ist, diesem gegenüber die Verrechnung verlangen, wenn die Voraussezungen des Artikels 564 Absaz 3 vorliegen.

IV. Auflösung. Austritt einzelner Gesellschafter.

572.

Die Kollektivgesellschaft wird aufgelöst durch Konkurs der Gesellschaft.

Im Uebrigen gelten über die Auflösung einer Kollektivgesellschaft die für die einfache Gesellschaft aufgestellten Bestimmungen der Artikel 545 bis 551, mit den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Abweichungen.

573.

Auch nach Auflösung der Kollektivgesellschaft ist ein Konkursverfahren über das Vermögen derselben so lange zuläßig, als die Vertheüung nicht vollzogen ist.

Die Eröffnung des Konkurses der Gesellschaft hat den Konkurs der einzelnen Gesellschafter nicht ohne Weiteres zur Folge. Ebensowenig begründet der Konkurs einzelner Gesellschafter den Konkurs der Gesellschaft.

574. Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters diesen bezüglich seines Privatvermögens erfolglos betrieben und gemäß Absaz 2 des Artikels 569 Exekution oder Beschlagnahme auf das bei der Auflösung diesem zukommende Guthaben ausgewirkt, so ist er berechtigt, unter Beobachtung einer mindestens sechsmonatlichen Kündigungsfrist die Auf-

229 lösung der Gesellschaft zu verlangen, mag die Gesellschaft auf bestimmte oder auf unbestimmte Dauer eingegangen sein.

Die Wirkung einer solchen Kündigung kann aber jederzeit, so lange die Auflösung nicht vollzogen ist, von der Gesellschaft oder den übrigen Gesellschaftern durch Befriedigung des kündigenden Privatgläubigers abgewendet werden.

575.

Wenn die Gesellschafter vor der Auflösung übereingekommen sind, daß ungeachtet des Ausscheidens eines oder mehrerer Gesellschafter die Gesellschaft unter den übrigen fortgesezt werden soll, so endigt dieselbe nur für die Ausscheidenden; im Uebrigen besteht sie mit allen ihren bisherigen Rechten und Verbindlichkeiten' fort.

. 576.

Liegen die Gründe, aus welchen nach Maßgabe des Art. 547 die Auflösung der Gesellschaft gefordert werden kann, vorwiegend in der Person eines Gesellschafters, so darf auf deßen Ausschließung erkannt werden, sofern die sämmtlichen übrigen Gesellschafter hierauf antragen.

577.

Fällt ein einzelner Gesellschafter in Konkurs, oder macht ein Privatgläubiger eines solchen von dem Rechte des Artikels 574 Gebrauch, so können die übrigen Gesellschafter das Ausscheiden desselben beschließen und seinen Antheil am Gesellschaftsvermögen in Geld entrichten.

Sind nur zwei Gesellschafter vorhanden, so kann derjenige, welcher keine derartige Veranlaßung zur Auflösung gegeben hatte, in gleicher Weise den andern abfinden und unter Uebernahme sämmtlicher Aktiven und Passiven das Geschäft auf seine alleinige Rechnung fortsezen.

578.

Das Nämliche kann der Richter verfügen, wenn die Auflösung wegen einer andern vorwiegend in der Person des einen Gesellschafters liegenden Ursache gefordert wird.

579.

Die Auflösung der Gesellschaft, das Ausscheiden oder die Ausschließung eines Gesellschafters sowie die Fortsezung des Geschäftes durch einen einzelnen Gesellschafter müßen in das Handelsregister eingetragen werden.

230

Die Eintragung muß selbst dann geschehen, wenn die Gesellschaft durch Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen war, beendigt wird. *

V. Liquidation.

580.

Löst sich eine Gesellschaft in anderer Weise als durch ihren Konkurs auf, so haben die zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter, sofern in ihrer Person kein Hinderniß eingetreten ist, die Vertretung der aufgelösten Gesellschaft als Liquidatoren fortzusezen.

Immerhin bleibt jedem Gesellschafter vorbehalten, die Wahl anderer Liquidatoren zu beantragen; im Streitfalle hat diese durch das Gericht zu erfolgen.

Die Ernennung von Liquidatoren ist in das Handelsregister einzutragen, wenn dadurch die bisherige Vertretung der Gesellschaft geändert wird.

581.

Die Erben eines Gesellschafters haben einen gemeinschaftlichen Vertreter bei der Liquidation zu bezeichnen.

582.

Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte .zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft .zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft zu versilbern ; sie haben die Gesellschaft zu vertreten; sie können für dieselbe Prozesse führen, Vergleiche schließen und Schiedsverträge abschließen.

Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen.

Die Veräußerung von Immobilien kann ohne Zustimmung der sämmtlichen Gesellschafter nicht anders als durch öffentliche Versteigerung geschehen.

583.

Die während der Liquidation entbehrlichen Gelder "werden vorläufig unter die Gesellschafter vertheilt.

Zur Dekung von Schulden der Gesellschaft, welche erst später fällig werden, sowie zur Dekung der Ansprüche, welche den einzelnen Gesellschaftern bei der Auseinander-

231 sezung zustehen, sind die erforderlichen G-elder zurükzubehalten.

584.

Die Liquidatoren haben die schließliche Auseinandersezung der Gesellschafter herbeizuführen.

Streitigkeiten, welche über diese Auseinandersezung entstehen, fallen der richterlichen Entscheidung anheim.

VI. Verjährung der Klagen gegen die Gesellschafter.

585.

Die Klagen gegen einen Gesellschafter aus Ansprachen an die Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach Auflösung der Gesellschaft oder nach seinem Ausscheiden oder seiner Ausschließung aus derselben, sofern nicht nach Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist gesezlich eintritt.

Auf Ansprüche der Gesellschafter unter einander findet diese Verjährung keine Anwendung.

586.

Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem die Auflösung der Gesellschaft oder das Ausscheiden oder die Ausschließung des Gesellschafters in das Handelsregister eingetragen ist.

Wird die Forderung erst nach der Eintragung fällig, so beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkte der Fälligkeit.

587.

Ist noch ungetheiltes Gesellschaftsvermögen vorhanden, so kann dem Gläubiger, sofern er seine Befriedigung nur aus jenem sucht, die fünfjährige Verjährung nicht entgegengesezt werden.

Hat ein Gesellschafter das Geschäft mit Aktiven und Passiven übernommen, so kann er die fünfjährige Verjährung nicht entgegensezen.

588.

Die Verjährung zu Gunsten eines ausgeschiedenen oder ausgeschloßenen Gesellschafters wird durch Rechtshandlungen nicht unterbrochen, welche gegen die fortbestehende Gesellschaft oder einen andern Gesellschafter vorgenommen werden.

232 389. Vor Ablauf der Verjährung wird ein ausgeschiedener oder ausgeschloßener Gesellschafter von seiner Haftung für die G-esellschaftsschulden nur frei, wenn eine ausdrükliche oder aus den Umständen zu schließende Entlaßung von Seite der Gläubiger stattgefunden hat.

Fünfixrulzwanzig-ster Titel.

Kommanditgesellschaft.

I. Begriff und Errichtung.

590.

Eine Kommanditgesellschaft ist vorhanden, wenn zwei oder mehrere Personen sich zum Betriebe eines in Artikel 552 Absaz l bezeichneten ß-ewerbes unter gemeinsamer Firma in der Weise verbinden, daß wenigstens eine unbeschränkt, die andern (Kommanditäre) nur bis zum Betrage einer bestimmten Vermögenseinlage (Kommanditsumme) haften wollen.

Die Mitglieder einer solchen Gesellschaft haben dieselbe als Kommanditgesellschaft in das Handelsregister eintragen zu laßen.

Gesellschaften für andere als die im Artikel 552 Absaz l bezeichneten Zweke können Kommanditgesellschaften werden, wenn sie sich als solche in das Handelsregister eintragen laßen.

«591. Die Eintragung einer Kommanditgesellschaft in das Handelsregister hat da zu geschehen, wo sie ihren Siz hat.

Die Eintragung muß enthalten : 1) Namen und Wohnort eines jeden unbeschränkt haftenden Gesellschafters ; 2) Namen und Wohnort eines jeden Kommanditärs und den Betrag seiner Vermögenseinlage;

233 3) die Firma der Gesellschaft und den Ort, wo sie ihren Siz hat; 4) den Zeitpunkt, mit welchem die Gesellschaft ihren Anfang nimmt.

592k Die Anmeldungen zur Eintragung der im vorhergehenden Artikel unter l bis 4 erwähnten Thatsachen oder einer Veränderung derselben müßen von allen Gesellschaftern, die Kommanditäre eingeschloßen, persönlich vor der Registerbehörde unterzeichnet oder in beglaubigter Form eingereicht werden.

Sie sind ihrem ganzen Inhalte nach in das Handelsregister einzutragen.

Die unbeschränkt haftenden Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten sollen, haben die Firma nebst ihrer Namensunterschrift persönlich vor der Registerbehörde zu zeichnen oder die Zeichnung derselben in beglaubigter Form einzureichen.

593.

Sind in einer Kommanditgesellschaft mehrere unbeschränkt haftende Gesellschafter, so ist die Gesellschaft mit Bezug auf sie zugleich eine Kollektivgesellschaft.

II. Verhältniß der Gesellschafter unter sich.

594.

Das Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter einander richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage.

Ist keine Vereinbarung getroffen, so kommen die für Kollektivgesellschaften nach Artikel 526 bis 542 und Artikel 556 bis 558 geltenden Bestimmungen zur Anwendung, jedoch mit den Abweichungen, welche die nachfolgenden Artikel ergeben.

595.

Die Geschäftsführung der Gesellschaft wird durch den einen oder die mehreren unbeschränkt haftenden Gesellschafter besorgt.

Der Kommanditär ist zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft weder berechtigt noch verpflichtet.

Er ist auch nicht befugt, gegen die Vornahme einer Handlung der Geschäftsführung Widerspruch zu erheben.

234

596.

Am Verluste nimmt ein Kommanditär nur bis zum Betrage seiner eingezahlten oder rükständigen Einlage Antheil.

Im Uebrigen entscheidet über die Höhe der Bietheiligung des Kommanditärs am Gewinn und Verlust, sofern es darüber an besondern Vereinbarungen fehlt, das richterliche Ermeßen.

III. Yerhältniß der Kommanditgesellschaft zu Dritten.

597.

Die Kommanditgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigenthum und andere dingliche Rechte auch an Grundstüken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.

598.

Die Kommanditgesellschaft wird durch die unbeschränkt haftenden Gesellschafter vertreten.

lieber den Umfang ihrer Vertretungsbefugniß kommen die Bestimmungen über Kollektivgesellschaften zur Anwendung.

Ein Kommanditär, welcher für die Gesellschaft Geschäfte schließt, ohne ausdrüklich zu erklären, daß er nur als Prokurist oder als Bevollmächtigter handelt, ist aus diesen Geschäften gleich einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter verpflichtet.

599.

Ist die Kommanditgesellschaft ohne Eintragung in das Handelsregister entstanden, so haftet jeder Kommanditär dritten Personen für die bis zur Eintragung eingegangenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft gleich einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter, wenn er nicht beweist, daß denselben seine beschränkte Betheiligung bei der Gesellschaft bekannt war.

600.

Der Kommanditär, deßen Name in der Firma der Gesellschaft steht, haftet den Gesellschaftsgläubigern gleich einem Kollektivgesellschafter.

601.

Der einzelne unbeschränkt haftende Gesellschafter kann für eine Gesellschaftsschuld erst dann persönlich belangt

235

werden, wenn die Gesellschaft aufgelöst oder erfolglos betrieben worden ist.

602.

Der Kommanditär haftet Dritten gegenüber mit dem Betrage, welcher im Handelsregister eingetragen ist.

Er haftet darüber hinaus, sofern er Dritten gegenüber durch Zirkular oder in anderer Weise eine höhere Kommauditsumme angegeben hat.

603.

Während der Dauer der Kommanditgesellschaft haben ihre Gläubiger keinerlei direktes Klagerecht gegen den Kommanditär.

Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Konkurs aufgelöst, so haben sie nur so weit ein direktes.

Klagerecht gegen den Kommanditär, als die Kommanditsumme noch nicht eingeworfen oder wieder zurükgezogen ist.

Im Konkurse der Gesellschaft können ihre Gläubiger nur verlangen, daß die Kommanditsumme, soweit sie noch nicht eingeworfen oder wieder zurükgezogen ist, zur Masse abgeliefert werde.

604. Wenn der Kommanditär die in das Handelsregister eingetragene oder sonst publizirte Komrnanditsummedurch Vereinbarung mit den unbeschi'änkt haftenden Gesellschaftern oder durch Bezüge aus dem Gesellschaftsvermögen vermindert, so tritt diese Veränderung Dritten gegenüber erst dann in Wirksamkeit, wenn sie in das Handelsregister eingetragen und nach Maßgabe des Artikels 862 gehörig publizirt worden ist.

Für diejenigen Verbindlichkeiten, welche vor dieser Bekanntmachung eingegangen worden sind, haftet die unverminderte Kommanditsumme fort.

603. Zinse dürfen "dem Kommanditär nur insoweit ausgezahlt werden, als^dadurch die Kommanditsumme nicht vermindert wird.

Bis zur Wiederergänzung der durch Verluste verminderten Einlage darf der Kommanditär weder Zinse noch Gewinn beziehen.

236

Er haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn xmd soweit er diesen Bestimmungen entgegen Zahlungen von ihr empfangen hat.

Er ist jedoch nicht verpflichtet, Zinse und Gewinn zurükzuzahlen, welche er auf Grund einer ordnungsmäßigen Bilanz in gutem Glauben bezogen hat.

606.

Wer einer bestehenden Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft als Kommanditär beitritt, haftet mit der Kommanditsumme auch für die vor seinem Beitritte eingegangenen Verbindlichkeiten, es mag die Firma eine Aenderung erleiden oder nicht.

Dieser Bestimmung entgegenstehende Vereinbarungen haben gegenüber Dritten keine rechtliche-Wirkung.

607.

Die Bestimmungen der Artikel 569 bis 571 finden auch bei der Kommanditgesellschaft Anwendung.

Es kann jedoch ein Gesellschaftsgläubiger, welcher gleichzeitig Privatschuldner des Kommanditärs ist, diesem gegenüber eine Verrechnung nur verlangen, wenn die Voraussezungen des Artikels 603 Absaz 2 vorliegen.

608.

Im Konkurse der Kommanditgesellschaft werden die Gläubiger derselben mit Ausschluß der Sondergläubiger der einzelnen Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigt.

Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch die Kommanditsumme.

609.

Wenn das Gesellschaftsvermögen nicht hinreicht, um den Gesellschaftsgläubigern volle Befriedigung zu gewähren, so sind dieselben berechtigt, für den ganzen unbezahlt bleibenden Rest ihrer Forderungen aus dem Privatvermögen jedes einzelnen unbeschränkt haftenden Gesellschafters in Konkurrenz mit deßen Privatgläubigern Befriedigung zu suchen.

610.

Im Konkurse des Kommanditärs haben weder die einzelnen Gesellschaftsgläubiger noch die Gesellschaft oder deren Konkursmasse ein Vorzugsrecht vor den Privatgläubigern.

237

IV. Auflösung. Liquidation. Klagverjährung.

611.

Für die Auflösung und Liquidation der Kommanditgesellschaft und für die Verjährung der Klagen gegen die Gesellschafter gelten die in den Artikeln 572 bis 589 aufgestellten Bestimmungen.

Wenn jedoch ein Kommanditär stirbt oder in Konkurs fällt oder bevormundet wird, so hat dieses die Auflösung der Gesellschaft nicht zur Folge.

Sechsundzwanzigster Titel.

Aktiengesellschaft (Anonyme Gesellschaft).

I. Allgemeine Bestimmungen.

612.

Aktiengesellschaft (anonyme Gesellschaft) ist eine unter geineinsamer, die Personennamen ihrer Mitglieder nicht enthaltender Firma gebildete Gesellschaft, deren zum voraus bestimmtes Kapital in Theilsummmen (Aktien) zerlegt ist und für deren Verbindlichkeit nur das Gesellschaftsvermögen, nicht aber der einzelne Gesellschafter persönlich haftet.

613.

Auf Anstalten (Banken, Versicherungsanstalten u. s. w.), welche durch besondere kantonale Gesezc gegründet und unter Mitwirkung öffentlicher Behörden verwaltet werden, kommen, sofern der Staat die subsidiäre Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernimmt, die nachfolgenden Bestimmungen selbst dann nicht zur Anwendung, wenn das erforderliche Kapital ganz oder theilweise in Aktien zerlegt ist und durch Betheiligung von Privatpersonen aufgebracht wird.

Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

16 .

238 614. Die Aktien können auf Inhaber oder auf Namen lauten und sind untheilbar.

Der Nominalbetrag der Aktien darf während des Bestehens der Gesellschaft weder vermindert noch erhöht werden, sofern dadurch der Nominalbetrag des Grundkapitales eine Veränderung erleidet. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Artikels 670.

615.

lieber die Errichtung der Aktiengesellschaft und den Inhalt des Gesellschaftsvertrages, der Statuten, muß eine öffentliche oder eine von sämmtlichen Aktionären unterzeichnete Urkunde aufgenommen werden.

Die Aktienzeichnungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit einer schriftlichen auf die Statuten bezugnehmenden Erklärung.

616.

Die Statuten müßen insbesondere bestimmen :.

1) die Firma und den Siz der Gesellschaft 5 2) den Gegenstand des Unternehmens; 3) die Zeitdauer des Unternehmens, im Falle dasselbe auf eine bestimmte Zeit beschränkt sein soll; 4) die Höhe des Grundkapitals und der einzelnen Aktien ; 5) die Eigenschaft der Aktien, ob sie auf Inhaber oder auf Namen gestellt werden sollen, die etwa bestimmte Zahl der einen oder der anderen Art, sowie die etwa zugelaßene Umwandelung derselben ; 6) die Organe für die Verwaltung und Kontrole; 7) die Anzahl der Aktien, welche von den Mitgliedern der Verwaltung zu hinterlegen sind ; 8) die Bedingungen der Zusammenberufung der Generalversammlung, das Stimmrecht der Aktionäre und die Beschlußfaßung ; 9) die Gegenstände, über welche nicht schon durch einfache Stimmenmehrheit der auf Zusammenberufung erschienenen Aktionäre, sondern nur durch eine größere Stimmenmehrheit oder nach anderen Erfordernißen Beschluß gefaßt werden kann;

239 10) die Grundsäze, nach welchen die Bilanz aufzunehmen und der Gewinn zu berechnen und auszuzahlen ist, sowie die Art und Weise, wie die Prüfung der Bilanz erfolgt 5 11) die Form, in welcher die von der Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen 'erfolgen.

617.

Jede Zeichnung von Aktien ist an die stillschweigende Bedingung geknüpft, daß die Aktiengesellschaft zu Stande komme.

Wird irgend eine andere Bedingung beigefügt, so darf eine solche Aktienzeichnung bei der Feststellung des Grundkapitales nur dann eingerechnet werden, wenn sie für den Fall des Nichteintrittes der Bedingung durch eine andere Aktienzeichmmg gedekt ist.

618.

Nach dem Schluße der Aktienzeichnung hat eine Generalversammlung der Aktionäre auf Grund der ihr vorzulegenden Bescheinigungen durch Beschluß festzustellen, daß das Grundkapital vollständig gezeichnet und daß mindestens zwanzig Prozent auf jede Aktie eingezahlt sind, sofern nicht die Statuten von den sämmtlichen Aktionären unterzeichnet sind und darin die Erfüllung jener Erforderniße anerkannt ist.

Ueber den Beschluß ist eine öffentliche oder eine von allen Personen, welche bei der Beschlußfaßung mitgewirkt haben, unterzeichnete Urkunde aufzunehmen.

619.

Wenn ein Aktionär eine auf das Grundkapital anzurechnende Einlage macht, welche nicht in baarem Gelde besteht, oder wenn Anlagen oder sonstige Vermögensstüke von der zu errichtenden Gesellschaft übernommen werden sollen, so ist in den Statuten genau der Uebernahmspreis festzusezen, und wenn Aktien an Zahlungsstatt genommen werden, die Zahl derselben anzugeben. Jeder besondere Vortheil, welcher zu Gunsten eines Aktionärs oder einer anderen bei der Gründung der Gesellschaft betheiligten Person bedungen wurde, ist in den Statuten gleichfalls festzusezen.

240

Derartige Bestimmungen der Statuten bedürfen der Genehmigung durch Mehrheitsbeschluß in einer nach der Zeichnung des Grundkapitales zu berufenden Generalversammlung.

Bei dieser Beschlußfaßung hat jeder anwesende oder gehörig vertretene Aktienzeichner nur eine Stimme.

Die Mehrheit muß mindestens einen Viertheil der sämmtlichen Aktienzeichner begreifen und der Betrag ihrer Antheile mindestens einen Viertheil des gesammten Grundkapitals darstellen. Der Gesellschafter, welcher die betreffende Einlage macht oder sich besondere Vortheile ausbedingt, hat bei der Beschlußfaßung kein Stimmrecht.

Ueber den Beschluß ist eine öffentliche oder eine von allen Personen, welche demselben zugestimmt haben, unterzeichnete Urkunde aufzunehmen.

620. Die Bestimmungen der Statuten über die Zusammenberufung der Generalversammlung gelten auch für die in den Artikeln 618 und 619 vorgesehenen Fälle.

621.

Die Statuten müßen der Registerbehörde, in deren Bezirk die Gesellschaft ihren Siz hat, in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift übergeben, in das Handelsregister eingetragen und im Auszuge veröffentlicht werden.

Der Auszug muß enthalten : 1) das Datum der Statuten; 2) die Firma und den Siz der Gesellschaft; 3) den Gegenstand und die Zeitdauer des Unternehmens ; - 4) die Höhe des Grundkapitals und der einzelnen Aktien^ 5) die Eigenschaft derselben, ob sie auf Inhaber oder auf Namen gestellt sind; 6) die Form, in welcher die von der Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen.

Ist in den Statuten eine Form bestimmt, in welcher die Verwaltung ihre Willenserklärungen kundgibt und für die Gesellschaft zeichnet, so ist auch diese Bestimmung zu veröffentlichen.

241

622.

Der Anmeldung behufs der Eintragung in das Handelsregister muß beigefügt sein : 1) die Bescheinigung, daß der gesammte Betrag des Grundkapitales durch Unterschriften gedekt ist; 2) die Bescheinigung, daß mindestens zwanzig Prozent des von jedem Aktionär gezeichneten Betrages wirklich eingezahlt sind ; 3) der Nachweis, daß die Verwaltung und die Kontroistelle besezt sei; 4) betreffenden Falles die vorschriftsmäßig abgefaßte Urkunde .über die in den Artikeln 618 und 619 bezeichneten Beschlüße der Generalversammlung.

Die Anmeldung muß von sämmtlichen Mitgliedern der Verwaltung vor der Registerbehörde unterzeichnet oder in beglaubigter Form eingereicht werden. Die der Anmeldung beigefügten Schriftstüke werden von der Registerbehörde in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift aufbewahrt.

623. Die Aktiengesellschaft erwirbt Persönlichkeit erst in Folge der Eintragung in das Handelsregister. Die vor der Eintragung ausgegebenen Aktien sind nichtig. Die Ausgeber sind den Besizern für allen durch die Ausgabe verursachten Schaden solidarisch verhaftet.

Wenn vor erfolgter Eintragung in das Handelsregister im Namen der Gesellschaft gehandelt worden ist, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch.

Es können aber solche Verpflichtungen, sofern sie ausdrüklich im Namen der zu bildenden Aktiengesellschaft eingegangen wurden und nicht unter die Bestimmungen des Artikels 619 fallen, inneihalb einer Frist von drei Monaten nach der Eintragung in das Handelsregister von der Aktiengesellschaft übernommen werden, in welchem Falle den Gläubigern nur die Aktiengesellschaft haftet.

624.

Wenn die Aktiengesellschaft in einem andern Bezirke eine Filiale hat, so ist diese in das dortige Handels-

242

register einzutragen, unter Bezugnahme auf die Eintragung der Hauptniederlaßung.

Die Anmeldung geschieht durch die Geschäftsführer der Filiale.

625. Die Aktiengesellschaft hat selbstständig ihre Rechte und Pflichten ; sie kann Eigenthum und andere dingliche Rechte auch an Grundstüken erwerben; sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden.

Für die Geschäfte der Filiale kann sie auch vor den Gerichten desjenigen Bezirkes belangt werden, in welchem die Filiale sich befindet.

626. Ueber jeden Beschluß der Generalversammlung, welcher die Fortsezung der Gesellschaft, eine Herabsezung des Aktienkapitals oder eine Erhöhung desselben (weitere Emission) oder irgend eine andere Abänderung der Bestimmungen der Statuten zum Gegenstande hat, ist eine öffentliche oder eine von sämmtlichen Personen, welche der Beschlußfaßung zugestimmt haben, unterzeichnete Urkunde aufzunehmen.

Ein solcher Beschluß muß in gleicher Weise wie die ursprünglichen Statuten in das Handelsregister eingetragen und veröffentlicht werden.

Der Beschluß hat keine rechtliche Wirkung, bevor derselbe in das Handelsregister des Bezirkes, in welchem die Gesellschaft ihren Siz hat, eingetragen ist.

627.

Wohlerworbene Rechte der Aktionäre können denselben nicht durch Mehrheitsbeschlüße der Generalversammlung entzogen werden.

Eine Erweiterung des Geschäftsbereiches der Gesellschaft durch Aufnahme verwandter Gegenstände oder eine Verengerung desselben oder eine Vereinigung (Fusion) mit einer andern Gesellschaft kann, wenn die Statuten nicht etwas Anderes bestimmen, nur in einer Generalversammlung beschloßen werden, in welcher mindestens zwei Drittheile sämmtlicher Aktien vertreten sind. Sollten in einer ersten

243 Generalversammlung nicht zwei Drittheile sämmtlicher Aktien vertreten sein, so kann auf einen mindestens dreißig Tage spätem Termin eine zweite Versammlung einberufen werden, in welcher die in diesem Artikel erwähnten Beschlüße gefaßt werden können, auch wenn nur ein Drittheil sämmtlicher Aktien vertreten ist. Ein solcher Beschluß bedarf zu seiner Gültigkeit der Eintragung in das Handelsregister.

Eine Umwandlung des Gesellschaftszwekes kann der Minderheit durch die Mehrheit nicht aufgenöthigt werden.

628.

Die Aktiengesellschaft darf eigene Aktien nicht erwerben.

Von diesem Verbote findet eine Ausnahme statt: 1) wenn die Erwerbung zum Zweke einer in den Statuten selbst vorbehaltenen Amortisation vorgenommen wird; 2) wenn dieselbe in Gemäßheit des Artikels 670 Absaz l und 2 zum Zweke der theilweisen Rükzahlung des Grundkapitals vorgenommen wird; 3) wenn dieselbe im Exekutionswege zur Befriedigung eigener Forderungen der Gesellschaft erfolgt; 4) wenn dieselbe mit dem Betriebe eines nach den Statuten zum Gegenstande des Unternehmens gehörigen Geschäftszweiges verbunden ist.

In den Fällen l und 2 sind die zurükervvorbenen Aktien sofort für jede weitere Veräußerung unbrauchbar zu machen.

In den Fällen 3 und 4 müßen die erworbenen Aktien mit thunlichster Beschleunigung weiter veräußert und die im Laufe des Jahres erfolgten Erwerbungen und Veräußerungen von eigenen Aktien im Jahresberichte ersichtlich gemacht werden.

Die durch die Gesellschaft zurilkerworbenen Aktien dürfen in den Generalversammlungen nicht vertreten sein.

244

II. Rechte und Pflichten der Aktionäre.

629. So lange die Gesellschaft besteht, hat jeder Aktionär, einen Anspruch auf einen verhältnißmäßigen Antheil an dem reinen Gewinn, soweit dieser nach den Statuten zur Vertheilung unter die Aktionäre bestimmt ist.

Bei Auflösung der Gesellschaft hat er das Recht auf einen verhältnißmäßigen Antheil an dem Ergebniß der Liquidation.

Ein Recht, den eingezahlten Betrag zu rükzufordern steht dem Aktionär weder vor noch bei der Auflösung der Gesellschaft zu.

630.

Zinse dürfen für das Aktienkapital nicht bezahlt werden; Dividenden und Tantiemen nur aus dem reinen Gewinn, welcher sich aus der Jahresbilanz ergibt.

Jedoch können für den in den Statuten angegebenen Zeitraum, welchen die Vorbereitung des Unternehmens bis zum Anfange des vollen Betriebes erfordert, den Aktionären Zinse von bestimmter Höhe bedungen werden.

681.

Die Dividende darf erst festgesezt werden, nachdem die statutengemäße Ausstattung des Reservefonds vom Reingewinn in Abzug gebracht ist.

Die Generalversammlung ist befugt, vor Vertheilung der Dividende auch solche Reserveanlagen, welche nicht in den Statuten vorgesehen sind, zu beschließen, sofern die Sicherstellung des Unternehmens es erfordert.

682. Der Aktionär ist in keinem Falle verpflichtet, die in gutem Glauben empfangenen Dividenden oder Zinse zurükzugeben.

633.

Der Aktionär ist nicht schuldig, zu den Zweken der Gesellschaft und zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten mehr beizutragen als den für die Aktie statutenmäßig festgesezten Betrag.

634.

Ein Aktionär, welcher den Betrag seiner Aktie nicht zur rechten Zeit einzahlt, ist von Rechtes wegen zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet.

245

In den Statuten können für den Fall der verzögerten Einzahlung des gezeichneten Aktienbetrages oder einesTheiles desselben Konventionalstrafen festgesezt werden ; auch kanû bestimmt werden, daß die säumigen Aktionäre ihrer Anrechte aus der Zeichnung der Aktien und der geleisteten Theilzahlungen zu Gunsten der Gesellschaft verlustig gehen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, an Stelle der ausfallenden ·neue Aktien auszugeben.

635.

Ein Aktionär kann seines Anrechtes nicht verlustig erklärt werden, wenn nicht die Aufforderung zur Zahlung mindestens dreimal in den hiezu bestimmten öffentlichen Blättern, das lezte Mal mindestens vier Wochen vor dem für die Einzahlungen gesezten Schlußtermine, bekannt gemacht worden ist.

Wenn die Aktien auf Namen lauten .und ohne Anmeldung zum Aktienbuche der Gesellschaft nicht übertragbar sind, so hat die Mittheilung dieser drei Aufforderungen durch besondere Erlaße (rekornmandirte Briefe) an die einzelnen Aktionäre zu geschehen. In diesem Falle bedarf es der öffentlichen Bekanntmachung nicht.

636.

Auf Inhaber lautende Aktien, Promessen oder Interimsscheine dürfen nur nach Einzahlung von fünfzig Prozent des Nominalbetrages ausgegeben werden.

Der Zeichner einer Inhaberaktie bleibt bis zur Einzahlung von fünfzig Prozent des Nominalbetrages unbedingt haftbar, auch wenn er sein Anrecht auf einen Andern übertragen und dieser die Verbindlichkeit zur Einzahlung an seiner Stelle übernommen hat.

Auch nach Einzahlung von fünfzig Prozent des Nominalbetrages ist die Entlastung nur statthaft, sofern sie in den ursprünglichen Statuten vorgesehen war.

637.

Wenn dje Aktien auf Namen lauten, so sind der Name und der Wohnort des Aktionärs in das Aktienbuch der Gesellschaft einzutragen.

Die Namenaktien sind, wenn nicht die Statuten etwas Anderes bestimmen, übertragbar.

-246 Die Uebertragung kann durch Indossament geschehen.

Der Erwerb der Namenaktie durch einen Anderen ist zur Eintragung in das Aktienbuch anzumelden und zu -diesem Behufe die Aktie vorzulegen und der Erwerb nach-zuweisen.

Im Verhältniße zu der Gesellschaft werden nur die im .Aktienbuche verzeichneten Personen als Aktionäre betrachtet.

Zur Prüfung der Legitimation ist die Gesellschaft beTechtigt, aber nicht verpflichtet.

So lange der Nominalbetrag der Aktie nicht vollständig eingezahlt ist, wird der Aktionär durch Uebertragung seines Anrechtes von der Verbindlichkeit zur Zahlung des Rükstandes nur dann befreit, wenn die Gesellschaft den neuen Erwerber an seiner Stelle als Schuldner annimmt und ihn der Verbindlichkeit entläßt; doch auch in diesem Falle haftet der ursprüngliche Zeichner, wenn die Gesellschaft innerhalb eines Jahres seit seiner Entlaßung in Konkurs geräth, subsidiär für den ganzen Rükstand bis zum Nominalbeträge.

638.

So lange Aktien, seien es Inhaber- oder Namenaktien, nicht .voll einbezahlt sind, ist auf jedem Titel der wirklich einbezahlte Betrag deutlich anzugeben. Auch ist bei allen öffentlichen Kundgebungen der Gesellschaft CAnnoncen, Circularen, Berichten u. s. w.}, in welchen auf das Aktienkapital hingewiesen wird, deutlich hervorzuheben, wie viel von demselben wirklich einbezahlt ist.

639.

Die Rechte, welche den Aktionären in den Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere in Beziehung auf die Führung der Geschäfte, die Prüfung der Bilanz, der '»Gewinnberechnung und der Vorschläge zur Gewinnverteilung zustehen, werden von der Gesammtheit der Aktionäre in der Generalversammlung ausgeübt.

640.

Die Aktionäre üben ihr Stimmrecht in der Generalversammlung nach Verhältniß der Zahl der in ihrem Besize befindlichen Aktien aus. Jeder Aktionär, auch wenn er nur eine Aktie besizt, hat eine Stimme.

247

Vorbehalten bleibt der Gesellschaft, durch ihre Statuten die Stimmenzahl der Besizer von mehreren Aktien zu beschränken. Keinenfalls darf ein einzelner Aktionär mehr als den fünften Theil der sämmtlichen vertretenen Stimmrechte in sich vereinigen.

641. Spätestens acht Tage vor der Generalversammlung sind die Bilanz und die Rechnung über Gewinn und Verlust sammt dem Revisionsbericht zur Einsicht der Aktionäre aufzulegen.

Wenn Inhaberaktien ausgegeben sind, so muß die Anzeige dieser Vorlage durch diejenigen öffentlichen Blätter bekannt gemacht werden, welche für Bekanntmachungen der Art bestimmt sind.

An die im Aktienbuch verzeichneten Namenaktionäre soll diese Anzeige durch Zustellung gegen Bescheinigung oder durch rekommandirte Briefe geschehen.

Die Aktionäre sind berechtigt, die Kontrolstelle auf zweifelhafte Ansäze aufmerksam zu machen und die erforderlichen Aufschluße zu begehren. Eine Einsicht in die Bücher und Korrespondenzen ist denselben nur in Folge einer Ermächtigung der Generalversammlung oder einer Erlaubniß der Verwaltung oder einer gerichtlichen Anordnung gestattet ; dabei ist aber die nöthige Rüksicht auf das Gescbäftsgeheimniß zu nehmen.

Diese Rechte der Aktionäre dürfen weder durch die Statuten noch durch Beschlüße der Generalversammlung aufgehoben oder beschränkt werden.

III. Organe der Aktiengesellschaft.

642.

Die notwendigen Organe einer Aktiengesellschaft sind: 1) die Generalversammlung der Aktionäre ; * 2) eine Verwaltung ; 3) eine Kontrolstelle.

248

G e n e r a l v e r s a m m l u n ga-.

643. Die Generalversammlung der Aktionäre ist das oberste Organ der Aktiengesellschaft.

644.

Die Generalversammlung wird durch die Verwaltung und nöthigenfalls durch die Kontrolstelle berufen.

Eine ordentliche Versammlung findet alljährlich innerhalb sechs Monaten nach dem Schluße des Geschäftsjahres statt zur Abnahme der Bilanz, zur Beschlußfaßung über deren Ergebniß und zur Festsezung der Dividende. Die Beschlußfaßung ist ungültig ohne vorhergehende Berichterstattimg der Kontrolstelle.

Zu den ausschließlichen Befugnissen der Generalversammlung gehören ferner: <--.

1) die Wahl der Verwaltung und die Besezung der Kontrolstelle ; 2) die Beschlußfaßung über die Statuten und die Abänderung derselben; 3) die Beschlußfaßung über die durch gesezliche Bestimmungen oder durch die Statuten ihr vorbehaltenen Gegenstände.

Außerordentliche Versammlungen werden je nach Bedürfniß einberufen.

645.

Die Generalversammlung muß auch dann berufen werden, wenn es von einem oder mehreren Aktionären, deren Aktien zusammen mindestens den zehnten Theil des Grundkapitals darstellen, in einer von ihnen unterzeichneten Eingabe, unter Anführung des Zwekes, verlangt wird.

646.

Die Berufung dei- Generalversammlung hat in der durch die Statuten bestimmten Weise zu erfolgen.

Der Zwek der Generalversammlung muß jederzeit bei der Berufung bekannt gemacht werden. Ueber Gegenstände, deren Verhandlung nicht in dieser Weise angekündigt ist, können Beschlüße nicht gefaßt werden; hievon ist jedoch

'

249

der Beschluß über den in einer Generalversammlung gestellten Antrag auf Berufung einer außerordentlichen Generalversammlung ausgenommen.

Zur Stellung von Anträgen und zu Verhandlungen ohne Boschiußfaßung bedarf es der Ankündigung nicht.

647.

Die Generalversammlung ist jederzeit-berechtigt, die in Art. 644 Ziff. l bezeichneten Mitglieder der Verwaltung und Kontr.olstelle, sowie andere von ihr gewählte Bevollmächtigte und Beauftragte abzuberufen,) immerhin O o unter Beachtung der Vorschriften des Artikels 646 und unter Vorbehalt allfälliger Entschädigungsansprüche der Abberufenen.

648. Die Generalversammlung faßt ihre Beschlüße und vollzieht ihre Wahlen, soweit das Gesez oder die Statuten nicht etwas Anderes bestimmen, mit absoluter Mehrheit der vertretenen Aktienstimmen.

Die Verwaltung.

649.

Die Verwaltung kann nur von Aktionären ausgeübt werden. Werden Nichtaktionäre gewählt, so können dieselben ihr Amt nur antreten, wenn sie zuvor durch Erwerb von Aktien Aktionäre geworden sind.

Die Verwaltung kann aus einem oder mehreren Mitgliedern bestehen.

Die Mitglieder der Verwaltung werden auf höchstens sechs Jahre gewählt und sind , wenn die Statuten nicht etwas Anderes bestimmen, wieder wählbar.

Für die ersten drei Jahre können die Mitglieder der Verwaltung durch die Statuten bezeichnet werden , ohne daß eine Bestätigung durch die Generalversammlung nöthig ist.

650.

Die Statuten können bestimmen, daß die Geschäftsführung oder einzelne Zweige derselben von der Verwaltung an ein oder mehrere ihrer Mitglieder oder an einen oder mehrere Dritte, welche nicht Mitglieder der Gesellschaft zu sein brauchen, übertragen werden.

250

Die von der Verwaltung bestellten Ausschüße, Geschäftsführer und Bevollmächtigten können von derselben unter Vorbehalt allfälliger Entschädigungsansprüche jederzeit ihrer Stellung enthoben werden.

651.

Wenn die Statuten nicht etwas Anderes darüber bestimmen, so ist zur Vertretung der Gesellschaft nach Außen und zur verbindlichen Unterschrift Namens derselben die Mitwirkung und die Unterschrift sämmtlieher Mitglieder der Verwaltung erforderlich.

652.

Die Zeichnung hat in der Weise zu geschehen, daß die Zeichnenden der Firma der Gesellschaft oder der Benennung der Verwaltung ihre Unterschriften beifügen.

653.

Wer für die Gesellschaft die verbindliche Unterschrift führt, hat dieselbe in das Handelsregister eintragen zu laßen, unter Vorlage der Urkunde, welche ihndazu ermächtigt.

Bei jeder in Bezug auf die Führung der Unterschrift vorkommenden Aenderung ist das gleiche Verfahren zu beobachten.

654. Die Gesellschaft wird durch die von ihren Vertretern innerhalb der Grenzen ihres Auftrages abgeschloßenen Rechtsgeschäfte verpflichtet.

Gutgläubigen Dritten gegenüber ist eine Beschränkung der Befugniß der Vertreter mit Bezug auf den Umfang, den Ort und die Zeit der einzelnen Rechtsgeschäfte rechtlich unwirksam. Wohl aber kann die Anordnung einer Kollektivunterschrift eiiaßen. und können die Geschäftsführer einer Filiale mit einem besonderen Size auf die Vertretung deiFiliale beschränkt werden.

655.

Die Verwaltung hat dafür zu sorgen, daß die erforderlichen Geschäftsbücher geführt werden. Sie muß den Aktionären innerhalb der gesezlichen Frist die Bilanz, des verfloßenen Geschäftsjahres vorlegen.

Bei Beschlüßen über die Entlastung der Verwaltung betreffend die Geschäftsführung und Rechnungsableguug haben

251;

»

Personen, welche in irgend einer Weise an der Geschäftsführung Theil genommen haben, kein Stimmrecht.

Dieses Verbot bezieht sich nicht auf Diejenigen, welche nur die Aufsicht über die Geschäftsführung ausüben.

656.

Die Bilanz ist so klar und übersichtlich aufzustellen, daß die Aktionäre einen möglichst sichern Einblik in die wirkliche Vermögenslage der Gesellschaft erhalten.

Insbesondere sind dabei folgende Grundsäze zu beachten : 1) Gründungs-, Organisations- und Verwaltungskosten, sind in der Jahresrechnung vollständig in Ausgabe zu bringen.

Ausnahmsweise dürfen Organisationskosten, welche in den, Statuten oder in den Beschlüßen der Generalversammlung, sei es für die ursprüngliche Einrichtung, sei es für einen später hinzugekommenen Geschäftszweig oder eine Geschäftsausdehnung, vorgesehen sind, auf einen Zeitraum von höch.stens fünf Jahren in dem Sinne vertheilt werden, daß in jedem Jahre mindestens der entsprechende Bruchtheil als Ausgabe zu verrechnen ist.

2) Grundstüke, Gebäude, Maschinen sind höchstens nach den Anschaffungskosten mit Abzug der erforderlichen und den Umständen angemeßenen Abschreibungen anzusezen.

Ueberdies ist, wenn dieselben versichert sind, die Versicherungssumme anzumerken.

3) Kurshabende Papiere dürfen höchstens zu dem Kurswerthe angesezt werden, welchen dieselben durchschnittlich in dem legten Monate vor dem Bilanztage gehabt haben.

4} Waarenvorräthe dürfen höchstens zum Kostenpreis., und, falls dieser höher als der Marktpreis stehen sollte, höchstens zu diesem aogesezt werden.

5) Die Gesammtsumme der zweifelhaften Posten und.

die Gesammtsumme der vorgenommenen Abschreibungen sind anzugeben.

6) Der Betrag des Grundkapitals und der Reserveund Erneuerungsfonds ist unter die Passiven aufzunehmen^.

252

7) Von der Gesellschaft ausgegebene Obligationen sind ÄU dem vollen Betrage, zu welchem sie zurükbezahlt werden müßen, anzusezen. Dagegen kann die Differenz zwischen dem Emissionskurse und dem Rükzahlungsbetrage, welche durch jährliche Abschreibungen bis zum Verfalltage zu amovtisiren ist, unter die Aktiven aufgenommen werden.

657.

Zeigt die lezte Bilanz, daß sich das Grundkapital um die Hälfte vermindert hat, so muß die Verwaltung unverzüglich eine Generalversammlung berufen und dieser von der Sachlage Anzeige machen.

Sobald die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger nicht mehr durch die Aktiven gedekt sind, hat die Verwaltung hievon das Gericht behiifs Eröffnung des Konkurses zu benachrichtigen.

Dem Gerichte bleibt jedoch überlaßen, auf Antrag der Gläubiger oder eines zur Wahrung der gemeinsamen Interessen bestimmter Gläubigerklassen bestellten Kurators die Eröffnung des Konkurses aufzuschieben und inzwischen andere zur Erhaltung des Vermögens dienliche Anordnungen zu treffen.

658.

Die Mitglieder dei- Verwaltung haben für die Dauer ihrer Verrichtungen die durch die Stututen bestimmte Anzahl von Aktien der Gesellschaft zu hinterlegen.

Die Kontrolstelle.

659.

Die Generalversammlung bezeichnet einen oder ·mehrere Revisoren, welche nicht Mitglieder der Gesellschaft zu sein brauchen, mit dem Auftrage, der Generalversammlung einen Bericht über die Bilanz und die von der Verwaltung vorgelegten Rechnungen zu unterbreiten.

660.

Die Revisoren sind berechtigt, die Vorlage der Bücher und Belege zu begehren und den Kassenbestand .festzustellen.

253 661.

Die Generalversammlung ist jederzeit berechtigt, zur Prüfung der Geschäftsführung und einzelner Theile derselben besondere Kommissäre oder Sachverständige zu ernennen.

662.

Den Statuten bleibt vorbehalten, über die Organisation der Kontrolstelle andere Bestimmungen zu treffen und deren Befugniße und Pflichten weiter auszudehnen.

663.

Die Kontrolstelle kann das erste Mal nicht länger als für ein Jahr und später nicht länger als für fünf Jahre besezt werden.

IV. Auflösung.

664.

Die Aktiengesellschaft wird aufgelöst: 1) durch Ablauf der in den Statuten bestimmten Zeit; 2) durch einen Beschluß der Generalversammlung, über welchen eine öffentliche oder eine von allen Aktionären, welche dem Beschluß zugestimmt haben, unterzeichnete Urkunde aufzunehmen ist; 3) durch Eröffnung des Konkurses.

Wenn die Auflösung einer Aktiengesellschaft aus anderen Gründen erfolgt, so finden die Bestimmungen dieses Kapitels ebenfalls Anwendung.

665.

Erfolgt die Auflösung der Gesellschaft nicht durch Konkurs, so ist sie von der Verwaltung zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Sie muß zu drei verschiedenen Malen durch die für die Publikationen der Gesellschaft bestimmten öffentlichen Blätter bekannt gemacht werden mit der Aufforderung an die Gläubiger, ihre Ansprüche anzumelden.

666.

Die Liquidation geschieht durch die Verwaltung, sofern sie nicht durch die Statuten oder einen Beschluß der Generalversammlung anderen Personen übertragen wird.

Die Bestimmungen des Titel XXIV Über die Pflicht zur Einschreibung, über die Anmeldung und das Rechtsverhältniß ßundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

17

254 der Liquidatoren kommen auch hier zur Anwendung, in der Meinung, daß die Anmeldungen behufs der Eintragung in das Handelsregister durch die Verwaltung erfolgen.

Die Bestellung der Liquidatoren kann jederzeit durch die Mehrheit sämmtlicher Aktionäre oder auf Antrag eines oder mehrerer Aktionäre durch den Richter widerrufen werden.

667.

Das Vermögen einer aufgelösten Aktiengesellschaft wird nach Tilgung ihrer Schulden unter die Aktionäre nach Verhältniß ihrer Aktien vertheilt.

Die Vertheilung darf nicht eher vollzogen werden als nach Ablauf eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Bekanntmachung in den hiezu bestimmten öffentlichen Blättern zum dritten Male erfolgt ist.

Die aus den Geschäftsbüchern ersichtlichen oder in anderer Weise bekannten Gläubiger sind durch besondere Erlaße (rekommandirte Briefe) zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern, unterlaßen sie dieses, so ist der Betrag ihrer Forderungen gerichtlich zu hinterlegen.

Das Leztere muß auch in Ansehung der noch schwebenden oder streitigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft geschehen , sofern nicht die Vertheilung des Gesellschaftsvermögens bis zu deren Erledigung ausgesezt bleibt oder den Gläubigern eine angemeßene Sicherheit bestellt wird.

Mitglieder der Verwaltung und Liquidatoren, welche diesen Vorschriften entgegenhandeln, sind den Gläubigern persönlich und solidarisch zur Erstattung der geleisteten Zahlungen verpflichtet.

668. Die Geschäftsbücher der aufgelösten Gesellschaft sind an einem von der Registerbehörde zu bestimmenden sicheren Orte zur Aufbewahrung auf die Dauer von zehn Jahren niederzulegen.

669.

Bei Autlösung einer Aktiengesellschaft durch Vereinigung derselben mit einer anderen Aktiengesellschaft kommen folgende Bestimmungen zur Anwendung :

255

J) das Vermögen der aufzulösenden Gesellschnft ist so lange getrennt zu verwalten, bis die Befriedigung oder Sichevstellung ihrer Gläubiger erfolgt ist; 2) der bisherige Gerichtsstand der Gesellschaft bleibt für die Dauer der getrennten Vermögensverwaltung bestehen; dagegen wird die Verwaltung von der neuen Gesellschaft geführt; 3) die Verwalter der lezteren Gesellschaft sind den Gläubigern für die Ausführung der getrennten Verwaltung persönlich und solidarisch verantwortlich; 4) die Auflösung der Gesellschaft ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden; 5) die öffentliche Aufforderung der Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft kann verschoben werden. Jedoch ist die Vereinigung des Vermögens der beiden Gesellschaften erst in demjenigen Zeitpunkte zuläßig, in welchem eine Vertheilung des Vermögens einer aufgelösten Aktiengesellschaft unter die Aktionäre erfolgen darf.

670. Eine Rükzahlung des Grundkapitals an die Aktionäre oder eine Herabsezung desselben kann nur auf Beschluß der Generalversammlung erfolgen.

Die Rükzahlung oder Herabsezung kann nur unter Beobachtung derselben Bestimmungen erfolgen, welche für die Vertheilung des Gesellschaftsvermögens im Falle der Auflösung maßgebend sind.

Die Mitglieder der Verwaltung, welche dieser Vorschrift entgegen handeln, sind den Gläubigern der Gesellschaft persönlich und' solidarisch verhaftet.

Von diesen Bestimmungen wird nicht berührt der in Artikel 628 Ziffer l erwähnte Fall der Amortisation von Aktien, welche in den Statuten selbst vorbehalten ist.

V. Verantwortlichkeit.

671.

Wer bei der Gründung einer Aktiengesellschaft thätig war, haftet sowohl der Gesellschaft selbst als den

256 einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern fürSchadenersaz : 1) wenn er wißentlich unwahre Angaben in Prospekten oder Zirkularen gemacht oder verbreitet hat; 2) wenn er wißentlich dabei mitgewirkt hat, daß eine Einlage oder die Uebernahme von Vermögensstüken oder eine Begünstigung einzelner Aktionäre oder anderer Personen entgegen der Bestimmung des Artikels 619 Absaz l in den Statuten verschwiegen oder verschleiert worden ist ; 3) wenn er wißentlich dazu beigetragen hat, daß die Eintragung der Aktiengesellschaft im Handelsregister auf Grund einer Bescheinigung oder Urkunde vorgenommen worden ist, welche thatsächlich unwahre Angaben enthält.

672.

Hat eine bereits konstituirte Aktiengesellschaft eine Emission von Aktien oder Obligationen, sei es für eigene Rechnung oder für Rechnung Dritter, vorgenommen, so haftet Jeder, welcher dabei thätig war, den einzelnen Aktionären oder Obligationären für Schadensersaz, wenn er wißentlich unwahre Angaben in Prospekten oder Zirkularen gemacht oder verbreitet hat.

673.

Der Aktiengesellschaft sind die mit der Verwaltung und Kontrole betrauten Personen solidarisch für denjenigen Schaden verantwortlich, welchen die Gesellschaft in Folge Verlezung oder Vernachläßigung der ihnen obliegenden Pflichten erleidet.

674. Den einzelnen Aktionären und den Gesellschaftsgläubigern sind die mit der Verwaltung und Kontrole betrauten Personen solidarisch für allen Schaden verantwortJich, welchen sie jenen durch absichtliche Verlezung der ihnen obliegenden Verwaltungs- und Aufsichtspflichten verursacht haben.

675.

Dem in Artikel 671, 672 und 674 einem jeden einzelnen Aktionär eingeräumten Klagerechte steht ein

257

Beschluß der Generalversammlung, welcher die schadenersazpflichtigen Personen von ihrer Verantwortlichkeit entbindet, nur entgegen, wenn der Aktionär der Beschlußfaßung zugestimmt oder nicht binnen sechs Monaten nach erlangter Kenntniß dagegen Einsprache erhoben oder wenn er die Aktien seither in Kenntniß der Schlußnahme erworben hat.

Das in den angeführten Artikeln den Gesellschaftsgläubigern eingeräumte Klagerecht kann nur geltend gemacht werden, wenn über die Aktiengesellschaft Konkurs eröffnet worden ist, es sei denn, daß es sich um Forderungen aus Inhaberpapieren handle.

VI. Kommanditaktiengesellschaft.

676.

Wird ein Kommanditkapital in Aktien zerlegt, so kommen für diese Gesellschaft (Kommanditaktiengesellschaft) im Allgemeinen die Bestimmungen des gegenwärtigen Titels zur Anwendung, jedoch mit folgenden Abänderungen : 1) die unbeschränkt haftenden Mitglieder bilden für sich allein jederzeit den Vorstand, welcher die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt ; 2) die Mitglieder des Vorstandes haften den Gesellschaftsgläubigern mit ihrem ganzen Vermögen und solidarisch gleich den unbeschränkt haftenden Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft; 3) den Vorstandsmitgliedern kann die Vollmacht zur Führung der Firma nur unter denselben Voraussezungen entzogen werden, unter welchen es einem geschäftsführenden Kollektivgesellschafter gegenüber geschehen darf; 4) die unbeschränkt haftenden Mitglieder des Vorstandes sind verpflichtet, die statutenmäßig bestimmte Anzahl von Gesellschaftsaktien zu hinterlegen, und dürfen dieselben, so lange sie der Gesellschaft verantwortlich bleiben, nicht veräußern;

258

5) für die Kommanditaktiengesellschaft ist ein Aufsichtsrath nothwendig. Derselbe kann Namens der Gesellschaft die Mitglieder des Vorstandes zur Rechenschaft ziehen und nöthigenfalls vor Gericht belangen. Soweit seine eigene Verantwortlichkeit reicht oder bei arglistigem Verhalten von Vorstandsmitgliedern ist er zur Einleitung und Durchführung von Prozessen wider dieselben sogar gegen den Willen der Generalversammlung berechtigt; 6) zur Prozeßführung Namens der Gesellschaft gegen die Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrathes kann die Generalversammlung Bevollmächtigte ernennen; 7) die Kommanditaktiengesellschaft wird beendigt, wenn sämmtliche Mitglieder des Vorstandes durch Austritt, Tod oder eingetretene Handlungsunfähigkeit verhindert werden, die Geschäfte fortzuführen. Die Auflösung muß der Registerbehörde angemeldet werden.

677.

Wird ein Kommanditkapital lediglich in dem Sinne in Theile zerlegt, daß diese das Maß der Betheiligung mehrerer Kommanditäre regeln, nicht aber als Aktien behandelt werden oder übertragbar sein sollen, so kommen die Vorschriften des vorigen, nicht diejenigen des gegenwärtigen Titels zur Anwendung.

Siebenundzwanzigster Titel.

Genossenschaften.

1. Entstehung.

678.

Personenverbände, welche, ohne zu den. in den Titeln XXIV bis XXVI normirten Gesellschaften zu gehören,

259 gemeinsame Zweke des wirthschaftlicheia Verkehres verfolgen, müssen sich, um als Genoßenschaften das Recht der Persönlichkeit zu erwerben, nach Maßgabe der folgenden Artikel in das Handelsregister eintragen laßen.

679.

Die Statuten einer solchen Genoßenschaft (Gründungsvertrag) müßen in Schrift verfaßt und von mindestens sieben Genoßenschaftern unterzeichnet sein.

680.

Die Eintragung der Genoßenschaft in das Handelsregister hat da zu geschehen, wo sie ihren Siz hat.

Dieselbe darf nur stattfinden, wenn die Statuten mit gehöriger Beglaubigung der nach Artikel 679 erforderlichen Unterzeichnungen unter Angabe der Namen und Wohnorte der Zeichner der Registerbehörde eingereicht werden und über die nachfolgenden Punkte Bestimmungen enthalten: 1) den Namen fdie Firma) der Genoßenschaft; 2) den Siz der Genoßenschaft und allfälliger Filialen; 3) den Zwek der Vereinigung; 4) die Bedingungen des Ein- und Austrittes der Genoßenschafter ; 5) die Art und Größe der von ihnen zu leistenden Beiträge ; 6) die Organisation der Genoßenschaft, die Bildung des Vorstandes, die Stellvertretung der Genoßenschaft und die Zeichnung für dieselbe; 7) die Berechnung und Vertheilung des Gewinnes, wenn ein solcher beabsichtigt wird.

681.

Die Statuten sind entweder ihrem ganzen Inhalte nach oder in einem Auszuge durch das Handelsamtsblatt zu veröffentlichen. In lezterem Falle sind die Bestimmungen über die in Artikel 680 angegebenen Punkte und außerdem die Namen und Wohnorte der zur Vertretung der Genoßenschaft ermächtigten Personen, sowie eine allfällige Ausschließung der persönlichen Haftbarkeit der einzelneu Genoßenschafter in die Bekanntmachung aufzunehmen.

260 682.

Sofern die Statuten nicht etwas Anderes bestimmen, können Abänderungen derselben nur mit Zustimmung sämmtlicher Genoßenschafter vorgenommen werden. Diese Abänderungen sind in gleicher Weise wie die ursprünglichen Statuten in das Handelsregister einzutragen und zu veröffentlichen.

II. Rechte und Pflichten der Genoßenschafter.

683.

Sofern die Statuten nicht etwas Anderes bestimmen, können in eine bestehende Genoßenschaft jederzeit neue Mitglieder aufgenommen werden.

Zum Beitritt derselben genügt eine schriftliche Erklärung.

684.

So lange die Auflösung der Genoßenschaft nicht beschießen ist, steht jedem Genoßenschafter der Austritt frei.

Ein statutarisches Verbot des Austrittes oder ein vertragsmäßiger Verzicht auf denselben ist ungültig.

Ist über die Kündigungsfrist und den Zeitpunkt des Austrittes in den Statuten nichts festgesezt, so kann der Austritt nur am Schluße des Geschäftsjahres nach mindestens vierwöchentlicher Kündigung stattfinden.

683. Auch wenn die Statuten über die Ausschließung von Ge.noßenschaftern keine oder abweichende Bestimmungen enthalten, kann ein Mitglied der Genoßenschaft auf Begehren jedes andern aus wichtigen Gründen durch Urtheil des Richters ausgeschloßen werden.

686.

Beim Mangel abweichender Bestimmungen der Statuten erlischt die Mitgliedschaft durch den Tod.

687.

Die Statuten bestimmen, ob und welche Ansprüche an das Vermögen · der Genoßenschaft dem ausscheidenden Mitgliede, beziehungsweise seinen Erben zukommen. Ist nicht etwas Anderes vorgeschrieben, so besteht ein Anspruch auf einen Kopftheil an dem Genoßenschaftsvermögen für den Fall, daß die Genoßenschaft sich innerhalb

261 eines Jahres seit der Ausscheidung oder dem Tode eines Genoßenschafters auflöst und das Vermögen zur Vertheilung kommt.

688.

In den Statuten kann jede persönliche Haftbarkeit der einzelnen Genoßenschafter für Verbindlichkeiten der Genoßenschaft ausgeschloßen und bestimmt werden, daß dafür nur das Vermögen der Genoßenschaft haftbar sei.

Diese Ausschließung der Haftbarkeit der einzelnen Mitglieder muß durch das Haudelsamtsblatt veröffentlicht werden.

Unter dieser Voraussezung können die einzelnen Genoßenschafter aus Genoßenschaftsschulden nicht belangt werden.

689.

Ist eine Bestimmung, durch welche die persönliche Haftbarkeit der einzelnen Genoßenschafter ausgeschloßen wird, in den Statuten nicht enthalten oder nicht gehörig veröffentlicht worden, so haften sämmtliche Mitglieder solidarisch mit ihrem ganzen Vermögen. Diese Haftbarkeit ist eine subsidiäre, in dem Sinne, daß die Genoßenschafter so weit haften, als die Gläubiger in dem Genoßenschaftskonkurse zu Verlust gekommen sind.

690.

Wer in eine Genoßenschaft eintritt, für deren Verbindlichkeiten die Genoßenschafter persönlich einstehen müßen, haftet gleich den Anderen auch für die vor seinem Eintritte eingegangenen Schulden.

Eine entgegenstehende Vereinbarung ist gegenüber Dritten ohne Wirkung.

691.

Wenn ein persönlich haftbarer Genoßenschafter durch Tod oder in anderer Weise ausscheidet, so dauert die Haftbarkeit für die vor seinem Ausscheiden entstandenen Verbindlichkeiten fort, sofern die Genoßenschaft innerhalb zweier Jahre seit der Eintragung des Ausscheidens in dus Handelsregister in Konkurs geräth.

692.

Wenn nicht innerhalb zweier Jahre, seitdem die Auflösung der Genoßenschaft in das Handelsregister eingetragen ist, der Konkurs über das Vermögen der Ge-

262 noßenschaft eröffnet wird, so erlischt die persönliche Haftbarkeit sämmtlicher Mitglieder.

693.

Die Klagerechte aus der persönlichen Haftbarkeit einzelner Mitglieder, sofern sie nach Artikel 691 und 692 nicht schon vorher erloschen sind, verjähren in einem Jahre, von dem Tage an gerechnet, an welchem der Konkurs über das Vermögen der Genoßenschaft beendigt worden ist.

694. Die Privatgläubiger eines Genoßenschafters sind nicht befugt, die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Sachen, Forderungen oder Rechte zum Behuf ihrer Befriedigung oder Sicherstellung in Anspruch zu nehmen. Gegenstand der Exekution oder der Beschlagnahme kann für sie nur dasjenige sein, was der Genoßenschafter selbst an Zinsen, Dividenden oder Antheilen im Liquidationsfalle zu fordern berechtigt ist.

III. Organe der Genoßenschaft.

695.

Jede Genoßenschaft muß einen Vorstand (Direktion) haben, welcher dieselbe im Verkehr mit dritten Personen und vor Gericht vertritt.

Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Dieselben können Mitglieder der Genoßenschaft oder Nichtmitglieder, besoldet oder unbesoldet sein.

696.

Die jeweiligen Mitglieder des Vorstandes müßen alsbald nach ihrer Bestellung in das Handelsregister eingetragen werden.

Diejenigen Mitglieder, welche zur Zeichnung Namens der Genoßenschaft berechtigt sind, haben ihre Unterschrift vor der kompetenten Behörde zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen.

697.

Der Vorstand soll in der durch die Statuten bestimmten Form für die Genoßenschaft handeln und zeichneu.

Ist nicht etwas Anderes darüber bestimmt, so ist die Zeichnung durch sämmtliche Mitglieder des Vorstandes, beziehungsweise deren Stellvertreter erforderlich.

263

698.

Die Genoßenschaft wird durch die vom Vorstande für dieselbe geschloßenen Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet. Es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrüklich im Namen der Genoßenschaft geschloßen worden ist, oder ob diese Absicht aus den Umständen hervorgeht.

699.

Der Genoßenschaft gegenüber richtet sich die Befugniß des Vorstandes zur Geschäftsführung nach den Statuten und den Beschlüßen der Genoßenschaft.

Sofern diese nicht etwas Anderes verfügen, gilt der Vorstand als ermächtigt, alle Handlungen vorzunehmen, welche der Zwek der Genoßenschaft mit sich bringt.

700.

Gegenüber dritten Personen gilt der Vorstand als ermächtigt, alle Arten von Geschäften und Rechtshandlungen für die Genoßenschaft vorzunehmen, welche in den Bereich ihres genoßenschaftlichen Zwekes gehören.

Gegen gutgläubige dritte Personen hat eine Beschränkung dieser ßefugniß keine rechtliche Wirkung.

701.

Der Vorstand ist für die regelmäßige Führung der Bücher und der Protokolle über die Beschlüße der Genoßenschaftsorgane verantwortlich.

702.

Wenn die Genoßenschafter für die Genoßenschaftsschulden persönlich haftbar sind, so ist der Vorstand verpflichtet, ein Verzeichniß sämmtlicher Mitglieder der Registerbehörde einzureichen und spätestens innerhalb dreier Monate jeden Austritt oder Eintritt anzumelden. Das Verzeichniß der Mitglieder im Handelsregister steht Jedermann O O zur Einsicht offen.

Ueberdieß steht jedem ausgetretenen oder ausgeschloßenen Mitgliede, sowie den Erben eiües durch Tod ausgeschiedenen Mitgliedes die Befugniß zu, die Eintragung des Austrittes, Ausschlußes oder Todesfalles ohne Vermittelung des Vorstandes in das Handelsregister vornehmen zu laßen.

Von einer solchen Erklärung hat jedoch die Registerbehörde dem Vorstände sofort Kenntniß zu geben.

264

703.

absichtigen, Bilanz des ersten sechs lichen.

Bei Genoßenschaften, welche einen Gewinn beist der Vorstand verpflichtet, Rechnung und verfloßenen Geschäftsjahres spätestens in den Monaten nach Ablauf desselben zu veröffent-

704.

Ergibt sich, daß die Forderungen der Genoßenschaftsgläubiger nicht mehr durch die Aktiven gedekt sind, so liegt dem Vorstande, beziehungsweise den Liquidatoren die Verpflichtung ob, die Zahlungen sofort einzustellen und dem Gerichte behufs Eröffnung des Konkurses hievon Anzeige zu machen.

Dem Gerichte bleibt jedoch überlaßen, auf Antrag der Gläubiger oder eines zur Wahrung ihrer Interessen bestellten Kurators die Eröffnung des Konkurses aufzuschieben und inzwischen andere zur Erhaltung des Vermögens dienliche Anordnungen zu treffen.

705.

Die Genoßenschaft kann dem Vorstande einen Ausschuß sowohl zur Ueberwachung der Geschäftsführung (Aufsichtsrnth) als nach Umständen zur Mitwirkung bei wichtigen Geschäften (Verwaltungsrath) beiordnen oder die Kontrole einem oder mehreren Sachverständigen übertragen.

ö O Wer als Mitglied des Vorstandes oder eines Ausscliußes oder als Bevollmächtigter für die Genoßenschaft handelt, darf, wenn die Prüfung dieser Geschäfte und Kontrolmaßregeln in Frage stehen, nicht mitstimmen.

706.

Die Generalversammlung der Genoßenschafter wird durch den Vorstand oder ein anderes nach den Statuten dazu befugtes Organ der Genoßenschaft (Aufsichtsrath u. s. f.) berufen.

Sie muß berufen werden, wenn mindestens der zehnte Theil der Genoßenschafter oder bei Genoßenschaften von weniger als dreißig Mitgliedern mindestens drei Genoßenschafter es verlangen.

707.

Beim Mangel abweichender Bestimmungen der Statuten hat in der Generalversammlung jeder Genoßen-

265 schafter eine Stimme und werden die Beschlüße derselben mit absoluter Mehrheit der Stimmenden gefaßt.

708.

Die Generalversammlung ist, wenn nicht die Statuten die Abberufung anders ordnen oder ganz untersagen, jederzeit berechtigt, sowohl die Mitglieder des Vorstandes als die Mitglieder des Aufsichtsrathes, unbeschadet allfälliger Entschädigungsansprüche derselben, abzuberufen.

In allen Fällen, auch wenn die Statuten die Abberufung untersagen, kann das Gericht auf den Antrag eines oder mehrerer Genoßenschafter Vorstandsmitglieder, welche die ihnen obliegenden Pflichten versäumen oder zu erfüllen außer Stande sind, abberufen, eine Neuwahl, durch die zuständigen Genoßenschaftsorgane verfügen und für die Zwischenzeit die geeigneten Anordnungen für einstweilige Besezung des Vorstandes treffen.

IY. Auflösung und Liquidation.

709.

Die Genoßenschaft wird aufgelöst: 1) durch Beschluß eines nach den Statuten kompetenten Genoßenschaftsorganes (Generalversammlung, Aufsichtsrath u. s. w.); 2) durch Ablauf der in den Statuten bestimmten Zeitdauer, wenn nicht die Fortdauer der Genoßenschaft beschießen oder dieselbe thatsächlich fortgesezt wird ; 3) durch Eröffnung des Konkurses über die Genoßenschaft.

Ueberdies können die Statuten noch andere Gründe der Auflösung aufstellen.

710. Eine Genoßenschaft kann außerdem durch richterliches Urtheil auf Antrag eines Gerioßenschafters, eines Gläubigers oder einer zuständigen öffentlichen Amtsslelle aufgelöst werden : 1) wenn sie unerlaubte oder unsittliche Zweke verfolgt oder wenn sie unerlaubte oder unsitiliehe Mittel anwendet;

266

2) wenn die statutenmäßige Besezung des Vorstandes oder anderer in den Statuten als nothwendig vorausgesezter Organe aus Mangel an der erforderlichen Mitgliederzahl oder aus anderen Gründen unmöglich geworden ist.

711.

Von der Auflösung durch Konkurs hat das Gericht der Registerbehörde behufs Eintragung in das Handelsregister von Amteswegen Mittheilung zu machen.

Sofern die Auflösung der Genoßenschaft in anderer Weise als durch Konkurs erfolgt, hat der Vorstand und in Ermangelung eines solchen das Gericht der Registerbehörde behufs Eintragung der Auflösung in das Handelsregister Anzeige zu macheu. Zugleich sind durch die dazu kompetenten Genoßenschaftsorgane (Generalversammlung, Aufsichtsrath u. s. w.) und in Ermangelung solcher durch das Gericht Liquidatoren zu ernennen.

712.

Sofern die Liquidatoren nicht gemäß Artikel 704 veranlagt sind, die Eröffnung des Konkurses zu beantragen, haben sie die Gläubiger dei- Geuoßenschaft durch das Handclsamtsblatt zur Geltendmachung ihrer Ansprüche aufzufordern.

Die aus den Geschäftsbüchern ersichtlichen oder in anderer Weise bekannten Gläubiger sind außerdem durch besondere Erlaße (rekommandirte Briefe) zur Anmeldung aufzufordern.

713.

Nach Tilgung der Schulden wird das Vermögen der aufgelösten Genoßenschaft, sofern die Statuten oder besondere stiftungsmäßige Anordnungen nicht etwas Anderes festsezen, unter die zur Zeit der Auflösung vorhandenen, beziehungsweise die während des lezten Jahres ausgeschiedenen Genoßenschafter nach Köpfen vertheilt.

Diese Vertheilung darf nicht eher vollzogen werden als nach Ablauf von sechs Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Aufforderung an die Gläubiger in dem Handelsamtsblatte erschienen ist.

267 In der Zwischenzeit sind die eingegangenen Gelder in einer öffentlichen Kasse innerhalb des Kantons zu hinterlegen.

Haben einzelne den Liquidatoren bekannte Gläubiger der Genoßenschaft ihre Forderungen nicht vor der Vertheilung geltend gemacht, so soll zu ihren Gunsten ein entsprechender Theil des Genoßenschaftsvermögens während drei Jahren unvertheilt bleiben.

714. Bei Verlezung der Bestimmungen des Artikels 704 und der Artikel 712 und 713 haften der Vorstand, beziehungsweise die Liqui datoren den Mitgliedern und Gläubigern der Genoßenschaft persönlich und solidarisch für den entstandenen Schaden.

715. In Beziehung auf die Verantwortlichkeit der Mitglieder des Vorstandes und eines allfällig vorhandenen Aufsichtsrathes, sowie der Genoßenschaft als solcher, kommen die Bestimmungen der Artikel 62, 113 und 115 zur Anwendung.

.A-clitunclzveanzig-ster Titel.

Vereine.

716.

Vereine, welche wohlthätige, gesellige, religiöse, wißenschaftliche, künstlerische oder andere ideale Zweke verfolgen, können das Recht der Persönlichkeit, auch wenn sie bisher darauf nach kantonalem Rechte keinen Anspruch hatten, dadurch erwerben, daß sie sich in das Handelsregister eintragen laßen.

Die Eintragung und die Veröffentlichung in dem Handelsamtsblatte hat den Namen, den Siz, den Zwek und die Organisation des Vereins, insbesondere die Bildung des Vorstandes und die Stellvertretung im Verkehre anzugeben.

268 Wenn solche Vereine sich auflösen und die Statuten oder besondere stiftungsmäßige Anordnungen nicht etwas Anderes bestimmen, so kann die Generalversammlung mit Stimmenmehrheit beschließen, daß das Vermögen nicht unter die Mitglieder vertheilt, sondern einer anerkannten öffentlichen Anstalt des Kantones oder des Bundes zugewendet werde, welche für dieselben oder ähnliche Zweke sorgt.

Wird ein solcher Verein durch Urtheil des Gerichtes aufgelöst, weil er unerlaubte oder unsittliche Zweke verfolgt oder unerlaubte oder unsittliche Mittel anwendet, so kann das Gericht, wenn die Statuten nicht etwas Anderes bestimmen, eine derartige Zuwendung anordnen. Verfolgt der Verein einen Zwek von öffentlichem Interesse, so muß das Gericht diese Zuwendung verfügen.

717.

Wirthschaftlichen Vereinen, welche sich nicht · in das Handelsregister haben eintragen laßen, desgleichen Vereinen für ideale Zweke, welche weder nach kantonalem Rechte als juristische Personen anerkannt sind noch sich in das Handelsregister haben eintragen laßen, steht kein Recht der Persönlichkeit zu.

Wenn im Namen solcher VereineRechtshandlungen gegenüber Dritten vorgenommen werden, so sind die Handelnden persönlich und solidarisch den Dritten verantwortlich, mit Vorbehalt ihres Rükgriffes auf die übrigen Vercinsniitgliedor.

718.

In allen Fällen bleiben die Vorschriften vorbehalten, welche aus Gründen des öffentlichen Rechtes des Bundes und der Kantone bestimmte Arten von Personenverbänden beschränken oder untersagen.

719.

Das kantonale Recht ordnet die Entstehung und die Verhältniße der Köi-perschaften des öffentlichen Rechtes, der Stifungen und anderer juristischer Personen (Allmendgenoßenschaften u. s. f.).

269

IVeu.mind.zvranzig'ster Titel.

Der Wechsel.

I. Wechselfähigkeit.

720. Wechselfähig ist Jeder, welcher sich durch Verträge verpflichten kann.

Dagegen bleiben die Bestimmungen des Artikels 812 dieses Gesezes, sowie die in anderen eidgenößischen oder kantonalen Gesezen für Wechselexekution und Wechselprozeß enthaltenen besonderen Vorschriften auf diejenigen Personen und G-esellschaften beschränkt, welche im Handelsregister eingetragen sind.

721. Finden sich auf einem Wechsel Unterschriften von Personen, welche eine Wechselverbindlichkeit nicht eingehen können, so hat dieses auf die Verbindlichkeit der übrigen Wechselverpflichteten keinen Einfluß.

II. Erforderniße des gezogenen Wechsels.

722. Die wesentlichen Erforderniße eines gezogenen Wechsels sind : 1) die in den Wechsel selbst aufzunehmende Bezeichnung als Wechsel /de change, cambio/, 2) die Angabe der zu zahlenden Geldsumme, im Kontexte mit Buchstaben geschrieben ; 3) der Name der Person oder die Firma, an welche oder an deren Ordre gezahlt werden soll (des Wechselnehmers, Remittenten) ; 4) die Angabe der Zeit, zu welcher gezahlt werden soll ; die Zahlungszeit kann für die gesammte Geldsumme nur eine und dieselbe sein und nur festgesezt werden : auf einen bestimmten Tag, Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

18

270 auf Sicht (Vorzeigung, a vista etc.) oder auf eine bestimmte Zeit nach Sicht, auf eine bestimmte Zeit nach dem Tage der Ausstellung (nach dato), auf eine Messe oder einen Markt (Meß- oder MarktWechsel) ; 5} die Unterschrift des Ausstellers (Trassanten) mit seinem Namen oder seiner Firma ; 6) die Angabe .des Ortes, Monatstages und Jahres der Ausstellung ; 7) der Name der Person oder die Firma, welche die Zahlung leisten soll (des Bezogenen oder Trassaten) ; 8) die Angabe des Ortes, wo die Zahlung geschehen soll ^ der bei dem Namen oder der Firma des Bezogenen angegebene Ort gilt für den Wechsel, insofern0 nicht ein eigener Zahlungsort angegeben ist, als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Bezogenen.

723.

Ist die Summe mehrmals mit Buchstaben geschrieben, so gilt bei Abweichungen die geringere Summe.

724.

Der Aussteller · kann sich selbst als Wechselnehmer bezeichnen (Wechsel an eigene Ordre). .

Desgleichen kann der Aussteller sich selbst als Bezogenen bezeichnen, sofern die Zahlung an einem anderen Orte als dem der Ausstellung geschehen soll (trassirt eigene Wechsel).

723.

Aus einer Schrift, welcher eines der wesentlichen Brforderniße eines Wechsels fehlt, entsteht keine Wechselmäßige Verbindlichkeit. Auch haben die auf eine solche Schrift gesezten Erklärungen (Indossament, Accept, Aval) keine Wechselkraft.

Das in einem Wechsel enthaltene Zinsversprechen gilt als nicht geschrieben.

III. Verpflichtung des Ausstellers.

726.

Der Aussteller eines Wechsels haftet für deßen Annahme und Zahlung wechselmäßig.

271

IV. Indossament.

727.

Der Wechselnehmer kann den Wechsel an einen Anderen durch Indossament (Giro) übertragen.

Hat jedoch der Aussteller die Uebertragung im Wechsel durch die Worte ,,nicht au Ordre" oder durch einen gleichbedeutenden Ausdruk untersagt, so hat das Indossament keine wechselrechtliche Wirkung.

728.

Durch das Indossament gehen alle Rechte aus dem Wechsel auf den Indossatar über, insbesondere auch die Befugniß, den Wechsel weiter zu indossiren. Auch an den Aussteller, Bezogenen, Acceptanten oder einen früheren Indossanten kann der Wechsel gültig indossili und von denselben weiter indossili werden.

729.

Das Indossament muß auf den Wechsel, eine Kopie desselben oder ein mit dem Wechsel oder der Kopie verbundenes Blatt (Allonge) geschrieben werden.

730.

Bin Indossament ist gültig, wenn der Indossant auch nur seinen Namen oder seine Firma auf die Rükseite des Wechsels oder der Kopie oder auf die Allonge schreibt (Blanko-Indossament).

731.

Jeder Inhaber eines Wechsels ist befugt, die auf demselben befindlichen Blanko-Indossamente auszufüllen; er kann den Wechsel aber auch ohne diese Ausfüllung weiter indossiren.

732.

Der Indossant haftet jedem späteren Inhaber des Wechsels für deßen Annahme und Zahlung wechselmäßig. Hat er aber dem Indossamente die Bemerkung ,,ohne Gewährleistung", ,,ohne Obligo" oder einen gleichbedeutenden Vorbehalt hinzugefügt, so ist er von der Verbindlichkeit aus seinem Indossamente befreit.

733.

Ist in dem Indossamente die Weiterbegebung durch die Worte ,,nicht an Ordre" oder durch einen gleichbedeutenden Ausdruk verboten, so haben Diejenigen, an

272 welche der Wechsel aus der Hand des Indossatars gelangt, gegen den Indossanten keinen Regreß.

734. Wenn ein Wechsel indossirt wird, nachdem die für die Protesterhebung Mangels Zahlung bestimmte Frist abgelaufen ist, so erlangt der Indossata!- die Rechte aus dem etwa vorhandenen Accepte gegen den Bezogenen und Regreßrechte gegen Diejenigen, welche den Wechsel nach Ablauf dieser Frist indossirt haben.

Ein solcher Wechsel ist, sofern er bereits acceptirt war, binnen drei Jahren, vom Verfallstage an gerechnet, sofern er dagegen nicht acceptirt war, innerhalb eines Jahres vom Datum des ersten Nachindossamentes an wie ein Sichtwechsel zur Zahlung zu präsentiren.

Ist aber der Wechsel vor dem Indossamente bereits Mangels Zahlung protestirt worden, so hat der Indossatar nur die Rechte seines Indossanten gegen den Acceptanten, den Aussteller und Diejenigen, welche den Wechsel bis zur Protesterhebung indossirt haben. Auch ist in einem solchen Falle der Indossant nicht wechselmäßig verpflichtet.

735.

Ist dem Indossamente die Bemerkung ,, zur Einkassirung,"1 ,,in procuraa oder eine andere die Bevollmächtigung ausdrükende Formel beigefügt worden, so überträgt das Indossament das Eigenthum an dem Wechsel nicht, ermächtigt aber den Indossatar zur Einziehung der Wechselforderung und zur Protesterhebung, sowie zur Einklagung der nicht bezahlten und zur Erhebung der deponirten Wechselschuld.

Ein solcher Indossatar ist auch berechtigt, diese Befugniß durch ein weiteres Prokura-Indossament einem Anderen zu übertragen.

Dagegen ist derselbe zur weiteren Begebung durch eigentliches Indossament selbst dann nicht befugt, wenn dem Prokura-Indossamente der Zusaz ,,oder Ordre"' hinzugefügt ist.

273

V. Präsentation zur Annahme.

736.

Der Inhaber eines Wechsels ist berechtigt, den Wechsel dem Bezogenen sofort zur Annahme zu präsentiren und, wenn die Annahme nicht binnen vierundzwanzig Stunden erfolgt, Protest erheben zu laßen. Eine entgegenstehende Uebereinkunft hat keine wechselrechtliche Wirkung.

Nur bei Meß- oder Marktwechseln findet eine Ausnahme dahin statt, daß solche Wechsel erst in der an dem Meßoder Marktorte gesezlich bestimmten Präsentationszeit zur Annahme präsentirt und in Ermangelung derselben protestirt werden können.

Der bloße Besiz des Wechsels ermächtigt zur Präsentation des Wechsels und zur Erhebung des Protestes Mangels Annahme, nicht aber zur Gestattung einer nachträglichen Wiederaufhebung1 (Streichung) oder Einschränkung eines bereits geschriebenen Acceptes.

737.

Eine Verpflichtung des Inhabers, den Wechsel zur Annahme zu präsentiren, findet nur bei Wechseln statt, welche auf eine bestimmte Zeit nach Sicht lauten.

Solche Wechsel müßen, bei Verlust des wechselmäßigen Anspruches gegen die Indossanten und den Aussteller, nach Maßgabe der besonderen im Wechsel enthaltenen Bestimmung und in Ermangelung derselben innerhalb eines Jahres nach O O der Ausstellung zur Annahme präsentirt werden.

Hat ein Indossant auf einem Wechsel dieser Art seinem Indossamente eine besondere Präsentationsfrist hinzugefügt, so erlischt seine wechselmäßige Verpflichtung, wenn der Wechsel nicht innerhalb dieser Frist zur Annahme präsentirt worden ist.

738.

Wenn die Annahme eines auf bestimmte Zeit nach Sicht gestellten Wechsels nicht zu erhalten ist oder der Bezogene die Datirung seines Acceptes verweigert, so muß der Inhaber bei Verlust des wechselmäßigen Anspruches gegen die Indossanten und den Aussteller die rechtzeitige

274

Präsentation des Wechsels durch einen innerhalb der Präsentationsfrist erhobenen Protest feststellen laßen.

Der Protesttag gilt in diesem Falle für den Tag der Präsentation.

Ist die Protesterhebung unterblieben, so wird gegen den Acceptanten, welcher die Datirung seines Acceptes unterlaßen hat, die Verfallzeit des Wechsels vom lezten Tage der Präsentationsfrist an gerechnet.

VI. Annahme (Acceptation).

739.

Die Annahme des Wechsels muß auf dem Wechsel schriftlich geschehen.

Jede auf den Wechsel geschriebene und von dem Bezogenen unterschriebene Erklärung gilt für eine unbeschränkte Annahme, sofern nicht in derselben ausdrüklich ausgesprochen ist, daß der Bezogene entweder überhaupt nicht oder nur unter gewißen Einschränkungen annehmen wolle.

Gleichergestalt gilt es für eine unbeschränkte Annahme, wenn der Bezogene ohne weiteren Beisaz seinen Namen oder seine Firma auf die Vorderseite des Wechsels schreibt.

740.

Die einmal erfolgte Annahme kann nachträglich, auch wenn der Wechsel von dem Bezogenen noch nicht an den präsentirenden Inhaber zurükgegeben ist, weder ganz zurükgenommen noch in irgend einer Weise beschränkt werden.

Auf den Nachweis, daß der Eigenthümer des Wechsels zur nachträglichen Wiederaufhebung (Durchstreichung) oder Beschränkung der Annahme seine Zustimmung gegeben habe, kann sich der Acceptant nur dem Zustimmenden selbst, nicht aber anderen Wechselberechtigten gegenüber berufen.

741. Der Bezogene kann die Annahme auf einen Theil der im Wechsel verschriebenen Summe beschränken.

Werden dem Accepte andere Einschränkungen beigefügt, so wird der Wechsel einem solchen gleich geachtet,

275 deßen Annahme gänzlich verweigert worden ist, der Acceptant haftet aber nach dem Inhalte seines Acceptes wechselmäßig.

742.

Der Bezogene wird durch die Annahme wechselmäßig verpflichtet, die von ihm acceptirte Summe zur Verfallzeit zu zahlen.

Auch dem Aussteller haftet der Bezogene aus dem Accepte wechselniäßig.

Dagegen steht dem Bezogenen kein Wechselrecht gegen den Aussteller zu.

743.

Ist in dem Wechsel ein vom Wohnorte des Bezogenen verschiedener Zahlungsort angegeben (Domizilwechsel), so ist, insofern der Wechsel nicht schon ergibt, durch wen die Zahlung am Zahlungsorte erfolgen soll, dieses vom Bezogenen bei der Annahme auf dem Wechsel zu bemerken.

" Ist dieses nicht geschehen, so wird angenommen, daß der Bezogene selbst die Zahlung am Zahlungsorte leisten wolle.

Der Aussteller eines Domizilwechsels kann in demselben die Präsentation zur Annahme vorschreiben.

Die Nichtbeobachtung dieser Vorschrift hat den Verlust des Regresses gegen, den Aussteller und die Indossanten zur Folge.

VII. Regreß auf Sicherstellung.

Wegen nicht erhaltener Annahme.

744.

Wenn die Annahme eines Wechsels überhaupt nicht oder unter Einschränkungen oder nur auf eine geringere Summe erfolgt ist, so sind die Indossanten und der Aussteller wechselmäßig verpflichtet, gegen Aushändigung des Mangels Annahme aufgenommenen Protestes genügende Sicherheit dahin zu leisten, daß die Bezahlung der im Wechsel verschriebenen Summe oder des nicht angenommenen Betrages, sowie die Erstattung der durch die Nichtannahme veranlaßten Kosten am Verfalltage erfolgen werde.

276 Jedoch sind diese Personen auch befugt, auf ihre Kosten die schuldige Summe bei Gericht oder bei einer anderen zur Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt niederzulegen.

7415. Der Wechselnehmer, sowie jeder Indossatar wird durch den Besiz des Mangels Annahme aufgenommenen Protestes ermächtigt, von dem Aussteller und den übrigen Vormännern Sicherheit zu begehren und im Wege der wechselmäßigen Exekution oder des Wechselprozesses beizutreiben oder einzuklagen.

Der Regreßnehmer ist hiebei an die Folgeordnung der Indossamente und die einmal getroffene Wahl nicht gebunden.

Der Beibringung des Wechsels und des Nachweises, daß der Regreßnehmer seinen Nachmännern selbst Sicherheit bestellt habe, bedarf es nicht.

746.

Die bestellte Sicherheit haftet nicht bloß dem Regreßnehmer, sondern auch allen übrigen Nachmännern des Bestellers, insofern sie gegen ihn den Regreß auf Sicherstellung nehmen.

Dieselben sind weitere Sicherheit zu verlangen nur in dem Falle berechtigt, wenn sie gegen die Art oder Größe der bestellten Sicherheit Einwendungen zu begründen vermögen.

747.

Die bestellte Sicherheit muß zurükgegeben werden : 1) sobald die vollständige Annahme des Wechsels nachträglich erfolgt ist; 2) wenn gegen den Regreßpflichtigen, welcher sie bestellt hat, binnen Jahresfrist, vom Verfalltage des Wechsels an gerechnet, auf Zahlung aus dem Wechsel nicht geklagt worden ist; 3) wenn die Zahlung des Wechsels erfolgt oder die Wechselkraft desselben erloschen ist.

277

Wegen U n s i c h e r h e i t des A c c e p t a n t e n.

748.

Ist ein Wechsel ganz oder theilweise angenommen worden, so kann in Betreff der acceptirten Summe Sicherheit nur gefordert werden : 1) wenn über das Vermögen des Acceptanten der Konkurs (Debitverfahren, Falliment) eröffnet ist; 2) wenn der Acceptant auch nur seine Zahlungen eingestellt hat; 3) wenn nach Ausstellung des Wechsels eine Exekution wegen irgend einer Zahlungsverpflichtung des Acceptanten vollstrekt worden und ganz oder theilweise erfolglos geblieben ist.

Wenn in diesen Fällen die Sicherheit von dem Acceptanten nicht bestellt und dieserhalb Protest erhoben wird, auch von den auf dem Wechsel etwa benannten Nothadressen die Annahme nach Ausweis des Protestes nicht zu erhalten ist, so kann der Wechselnehmer sowie jeder Indossatar gegen Auslieferung des Protestes von seinen Vormännern Sicherheitsbestellung fordern.

Der bloße Besiz des Wechsels vertritt die Stelle einer Vollmacht, in den in Ziffer l, 2 und 3 genannten Fällen von dem Acceptanten Sicherheitsbestellung zu begehren und, wenn solche nicht zu erhalten ist, Protest erheben zu laßen.

Der als Eigenthümer des Wechsels legitimirte Inhaber ist berechtigt, in den in Ziffer 2 und 3 genannten Fällen auch von dem Acceptanten im Wege der wechselmäßigen Exekution oder des Wechselprozesses Sicherheitsbestellung beizutreiben oder einzuklagen.

Till. Erfüllung der Wechselverbindlichkeit.

Zahlungstag.

749. Ist in dem Wechsel ein bestimmter Tag als Zahlungstag bezeichnet, so tritt die Verfallzeit an diesem Tage ein.

278

Ist die Zahlungszeit auf Anfang oder auf Ende eines Monates gesezt worden, so ist darunter der erste oder der lezte Tag des Monates zu verstehen.

Ist die Zahlungszeit auf die Mitte eines Monates gesezt worden, so ist der Wechsel am fünfzehnten dieses Monates fällig.

750.

Ein auf Sicht gestellter Wechsel ist bei der Vorzeigung fällig.

Ein solcher Wechsel muß bei Verlust des wechselmäßigen Anspruches gegen die Indossanten und den Aussteller nach Maßgabe der besonderen im Wechsel enthaltenen Bestimmung und in Ermangelung derselben innerhalb eines Jahres nach der Ausstellung zur Zahlung präsentirt werden.

Hat ein Indossant auf einem Wechsel dieser Art seinem Indossamente eine besondere Präsentationsfrist hinzugefügt, so erlischt seine wechselmäßige Verpflichtung, wenn der Wechsel nicht innerhalb dieser Frist präsentirt worden ist.

Ist ein auf Sicht gestellter Wechsel ohne Angabe eines Datums acceptirt worden, so gilt in Ermangelung eines die Präsentation konstatirenden Protestes der lezte Tag delPräsentationsfrist als Verfalltag.

751.

Bei Wechseln, welche mit dem Ablaufe einer bestimmten Frist nach Sicht oder nach Dato zahlbar sind, tritt die Verfallzeit ein: 1) wenn die Frist nach Tagen bestimmt ist, an dem lezten Tage der Frist; bei Berechnung der Frist wird der Tag, an welchem der nach Dato zahlbare Wechsel ausgestellt oder der nach Sicht zahlbare zur Annahme präsentirt ist, nicht mitgerechnet; geht die Frist auf acht oder fünfzehn Tage, so werden darunter nicht eine oder zwei Wochen, sondern volle acht oder fünfzehn Tage verstanden; 2) wenn die Frist nach Wochen bestimmt ist, au demjenigen Tage der Zahlungswoche, welcher durch seine Benennung dem Tage der Ausstellung oder Präsentation entspricht;

279 3) wenn die Frist nach Monaten oder einem mehrere Monate umfaßenden Zeiträume (Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr) bestimmt ist, an demjenigen Tage des Zahlungsmonates, welcher durch seine Zahl dem Tage der Ausstellung oder Präsentation entspricht: fehlt dieser Tag in dem Zahlungsmonate, so tritt die Verfallzeit am lezten Tage des Zahlungsmonates ein.

Der Ausdruk ,,halber Monat" wird einem Zeiträume von fünfzehn Tagen gleichgeachtet. Ist der Wechsel auf einen oder mehrere ganze Monate und einen halben Monat gestellt, so sind die fünfzehn Tage zulezt zu zählen.

752.

Respekttage finden nicht statt.

753.

Ist in einem Lande, in welchem nach altern Stile gerechnet wird, ein im Inlande zahlbarer Wechsel nach Dato ausgestellt und dabei nicht bemerkt, daß der Wechsel nach neuem Stile datirt sei, oder ist derselbe nach beiden Stilen datirt, so wird der Verfalltag nach demjenigen Kalendertage des neuen Stiles berechnet, welcher dem nach altem Stile sich ergebenden Tage der Ausstellung entspricht.

7541. Meß- oder Marktwechsel werden zu der durch die Geseze desAleß- oder Marktortes bestimmten Zahlungszeit und in Ermangelung einer solchen Festsezung an dem Tage vor dem gesezlichen Schluße der Messe oder des Marktes fällig.

Dauert die Messe oder der Markt nur einen Tag, so tritt die Verfallzeit des Wechsels an diesem Tagt, ein.

Zahlung.

755.

Der Inhaber eines indossirten Wechsels wird durch eine zusammenhängende, bis auf ihn hinuntergehende Reihe von Indossamenten als Eigenthümer des Wechsels legitimirt.

280 Das erste Indossament muß demnach mit dem Namen des Wechselnehmers, jedes folgende Indossament mit dem Namen Desjenigen unterzeichnet sein, welchen das unmittelbar vorhergehende Indossament als Indossatar benennt.

Wenn auf ein Blanko-Indossament ein weiteres Indossament folgt; so wird angenommen, daß der Aussteller des lezteren den Wechsel durch das Blanko-Indossament erworben hat.

Ausgestrichene Indossamente werden bei Prüfung der Legitimation als nicht geschrieben angesehen.

Die Echtheit der Indossamente zu prüfen, ist der Zahlende nicht verpflichtet.

756.

Lautet ein Wechsel auf eine Münzsorte, welche am Zahlungsorte keinen Umlauf hat, oder auf eine Rechnungswährung , so kann die Wechselsumme nach ihrem Werthe zur Verfallzeit in der Landesmünze gezahlt werden, sofern nicht der Aussteller durch den Gebrauch des Wortes .,il effektiv " oder eines ähnlichen Zusazes die Zahlung O in der im Wechsel benannten Münzsorte ausdrüklich bestimmt hat.

737.

Der Inhaber des Wechsels darf eine ihm angebotene Theilzahlung selbst dann nicht zurükweisen, wenn die Annahme auf den ganzen Betrag de^.. verschriebenen Summe erfolgt ist.

** 758.

Der Wechselschuldner ist nur gegen Aushändigung des quittirten Wechsels zu zahlen verpflichtet.

Hat der Wechselschuldner eine Theilzahlung geleistet, so kann derselbe nur verlangen, daß die Zahlung auf dem Wechsel abgeschrieben und ihm Quittung auf einer Abschrift des Wechsels ertheilt werde.

759.

Wird die Zahlung des Wechsels zur Verfallzeit nicht gefordert, so ist der Acceptant nach Ablauf der für die Protesterhebung Mangels Zahlung bestimmten Frist befugt, die Wechselsumme auf Gefahr und Kosten des Inhabers bei Gericht oder bei einer anderen zur Annahme

281 von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt niederzulegen. Der Vorladung des Inhabers bedarf es nicht.

760.

Vor dem Verfalltage ist kein Wechselinhaber verpflichtet, Zahlung anzunehmen ; insofern eine solche stattfindet, ist sie auf Gefahr des Zahlenden geleistet.

761.

Gewährt der Wechselinhaber dem Acceptanten eine Prolongation der Verfallzeit, so verliert er seine Rechte gegen diejenigen Vormänner, welche zu dieser Prolongation nicht eingewilligt haben.

IX. Regreß Mangels Zahlung.

762. Zur Ausübung des bei nicht erlangter Zahlung ·statthaften Regreßes gegen den Aussteller und die Indossanten ist erforderlich : 1) daß der Wechsel zur Zahlung präsentirt worden ist, und 2) daß sowohl diese Präsentation als die Nichterlangung der Zahlung durch einen rechtzeitig darüber aufgenommenen Protest dargethan wird.

Die Erhebung des Protestes ist am Zahlungstage nicht auläßig, sie muß aber spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstage geschehen.

763.

Die Aufforderung, keinen Protest erheben zu laßen (,,ohne Protest"-, ,,ohne Kosten etc.), gilt als Erlaß des Protestes, nicht aber als Erlaß der Pflicht zur rechtzeitigen Präsentation.

Der Wechsel verpflichtete, von welchem jene Aufforderung ausgeht, muß die Beweislast übernehmen, wenn er die rechtzeitig geschehene Präsentation in Abrede stellt.

Gegen die Pflicht zum Ersaze der Protestkosten schüzt jene Aufforderung nicht.

764. Domizilirte Wechsel sind dem Domiziliaten oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, dem Bezogenen selbst an demjenigen Orte, wohin der Wechsel domizilirt ist, zur

282 Zahlung zu präsentiren und, wenn die Zahlung unterbleibt, dort zu protestiren.

Wird die rechtzeitige Protesterhebung bei einem vom Bezogenen verschiedenen Domiziliaten verabsäumt, so geht dadurch der wechselmäßige Anspruch nicht nur gegen den Aussteller und die Indossanten, sondern auch gegen den Acceptanten verloren.

765.

Zur Erhaltung des Wechselrechtes gegen den Acceptanten bedarf es, mit Ausnahme des im Artikel 764 Absaz 2 erwähnten Falles, weder der Präsentation am Zahlungstage noch der Erhebung eines Protestes.

766.

Jeder Wechselschuldner hat das Recht, gegen Erstattung der Wechselsumme nebst Zinsen und Kosten die Auslieferung des quittirten Wechsels und des wegen Nichtzahlung erhobenen Protestes von dem Inhaber zu fordern.

767.

Der Inhaber eines Mangels Zahlung protestirten Wechsels kann die Wechselforderung gegen alle Wechselverpflichtete oder auch nur gegen einige oder einen derselben rechtlich geltend machen, ohne dadurch seinen Anspruch gegen die nicht in Anspruch genommenen Verpflichteten zu verlieren. Derselbe ist an die Reihenfolge der Indossamente nicht gebunden.

768.

Die Regreßansprüche des Inhabers, welcher den Wechsel Mangels Zahlung hat protestiren laßen, beschränken sich auf: 1) die nicht bezahlte Wechselsumme nebst sechs Prozent jährlicher Zinse vom Verfalltage ab ; 2) die Protestkosten und andere Auslagen; 3) eine Provision von einem Drittel Prozent.

Die vorstehenden Beträge müßen, wenn der Regreßpflichtige an einem anderen Orte als dem Zahlungsorte wohnt, zu demjenigen Kurse gezahlt werden, welchen ein vom Zahlungsorte auf den Wohnort des Regreßpflichtigen gezogener Wechsel auf Sicht hat.

283 Besteht am Zahlungsorte kein Kurs auf jenen Wohnort, so wird der Kurs nach demjenigen Plaze genommen, welcher dem Wohnorte der Regreßpflichtigen am nächsten liegt.

Der Kurs ist auf Verlangen des Regreßpflichtigen durch einen unter öffentlicher Autorität ausgestellten Kurszettel oder durch das Attest eines Mäklers oder, in Ermangelung, derselben, durch ein Attest zweier Kauf leute zu bescheinigen.

769.

Der Indossant, welcher den Wechsel eingelöst oder als Rimesse erhalten hat, ist von einem früheren Indossanten oder von dem Aussteller zu fordern berechtigt:.

1) die von ihm gezahlte oder durch Rimesse berichtigte Summe nebst sechs Prozent jährlicher Zinse vom Tage der Zahlung; 2) die ihm entstandenen Kosten ; 3) eine Provision von Zwei pro mille.

Die vorstehenden Beträge müßen, wenn der Regreßpflichtige an einem anderen Orte als der Regreßnehmer wohnt, zu demjenigen Kurse gezahlt werden, welchen ein vom Wohnorte des Regreßnehmers auf den Wohnort des Regreßpflichtigen gezogener Wechsel auf Sicht hat.

Besteht im Wohnorte des Regreßnehmers kein Kurs auf den Wohnort des Regreßpflichtigen, so wird der Kurs nach demjenigen Plaze genommen, welcher dem Wohnorte des Regreßpflichtigen am nächsten liegt.

Wegen der Bescheinigung des Kurses kommt die Bestimmung des Artikels 768 zur Anwendung.

770.

Durch die Bestimmungen der Artikel 768 und 769 Ziffer l und 3 wird bei einem Regresse auf einen ausländischen Ort die Berechnung höherer, dort zuläßiger Säze nicht ausgeschloßen.

771. Der Regreßnehmer kann über den Betrag seiner Forderungen einen Rükwechsel auf den Regreßpflichtigen ziehen.

Der Forderung treten in diesem Falle noch die Mäklergebühren für Negozirung des Rükwechsels sowie die etwaigen Stempelgebühren hinzu.

284

Der Rükwechsel muß auf Sicht zahlbar und unmittelbar (a drittura) gestellt werden.

772.

Der Regreßpflichtige ist nur gegen Auslieferung des Wechsels, des Protestes und einer quittirten Retourrechnung Zahlung zu leisten verbunden ; der Wechsel darf keine Veränderung enthalten, welche den weitereu Rükgriff des Regreßpflichtigen beeinträchtigen könnte.

773.

Jeder Indossant, welcher einen seiner Nachmänner befriedigt hat, kann sein eigenes und seiner Nachmänner Indossament ausstreichen.

X. Intervention.

Ehrenannahme.

774.

Befindet sich auf einem Mangels Annahme protestirten Wechsel eine auf den Zahlungsort lautende Nothadresse, so muß, ehe Sicherstellung verlangt werden kann, die Annahme von der Nothadresse gefordert werden.

Unter mehreren Nothadressen gebührt derjenigen der Vorzug, durch deren Zahlung die meisten Verpflichteten befreit werden.

775.

Die Ehrenannahme von Seiten einer nicht auf dem Wechsel als Nothadresse benannten Person braucht der Inhaber nicht zuzulaßen.

776.

Der Ehrenacceptant muß sich den Protest Mangels Annahme gegen Erstattung der Kosten aushändigen und in einem Anhange zu demselben die Ehrenannahme bemerken laßen.

Er muß den Honoraten unter Uebersendung des Protestes ·von der geschehenen Intervention benachrichtigen und diese Benachrichtigung mit dem Proteste innerhalb zweier Tage nach dem Tage der Protesterhebung zur Post geben.

Unterläßt er dieses, so haftet er für den durch die Unterlaßung entstehenden Schaden.

285 777.

Wenn der Ehrenacceptant unterlaßen hat, in seinem Accepte zu bemerken, zu wreßen Ehren die Annahme geschieht, so wird der Aussteller als Honorât angesehen.

778.

Der Ehrenacceptant wird den sämmtlicheu .Nachmännern des Honoraten durch die Annahme wechselmäßig verpflichtet.

Diese Verpflichtung erlischt, wenn dem Ehrenacceptanten der Wechsel nicht spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstage zur Zahlung vorgelegt wird.

Die rechtzeitige Vorlegung kann nur durch Protest festgestellt werden.

779.

Wenn der Wechsel von einer Nothadresse oder «inem andern Interveniente!! zu Ehren angenommen wird, .so haben der Inhaber und die Nachinäuner des Honoraten keinen Regreß auf Sicherstellung.

Derselbe kann aber von dem Honoraten und deßen Vormännern geltend gemacht werden.

Ehrenzahlung.

780.

Befinden sich auf dem von dem Bezogenen nicht eingelösten Wechsel oder der Kopie Nothadresseu oder ein Ehrenaccept, welche auf den Zahlungsort lauten, so muß der Inhaber den Wechsel spätestens am zweiten Werktage nach dem Zahlungstag den sämmtlichen Nothadressen und dem Ehrenacceptanten zur Zahlung vorlegen und den Erfolg im Proteste Mangels Zahlung oder in einem Anhange zu demselben bemerken laßen.

Unterläßt er dieses, so verliert er den Regreß gegen
Weist der Inhaber die von einem andern Interveniente!!

angebotene Ehrenzahlung zurük, so verliert er den Regreß gegen die Nachmänner des Honoraten.

781.- Der Ehrenzahler muß sich den Wechsel und den Protest Mangels Zahlung gegen Erstattung der Kosten Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

19

286

aushändigen laßen. Er muß den Honoraten unter Uebersendung des Protestes von der geschehenen Ehrenzahlung benachrichtigen und diese Benachrichtigung mit dem Proteste binnen zwei Tagen nach dem Tage der Protesterhebung zur Post geben. Unterläßt er dieses, so haftet er für den durch die Unterlaßung entstehenden Schaden.

Der Ehrenzahler tritt durch die Ehrenzahlung in die Rechte des Inhabers gegen den Honoraten, deßen Vormänner und den Acceptanten.

782.

Unter Mehreren, welche sich zur Ehrenzahlung erbieten, gebührt Demjenigen der. Vorzug, durch deßen Zahlung die meisten Wechselverpflichteten befreit werden.

Ein Intervenient, welcher zahlt, obgleich aus dem Wechsel oder Proteste ersichtlich ist, daß ein Anderer, dem er hiernach nachstehen müßte, den Wechsel einzulösen bereit war, hat keinen Regreß gegen diejenigen Indossanten, welche durch Leistung der von dem Andern angebotenen Zahlung befreit worden wären.

XL Vervielfältigung eines Wechsels.

Wechselduplikate.

783.

Der Aussteller eines gezogenen Wechsels ist verpflichtet, dem Wechselnehmer auf Verlangen mehrere gleichlautende Exemplare des Wechsels zu überliefern.

Dieselben müßen im Kontexte als Prima, Secunda, Tertia u. s. w. bezeichnet sein, widrigenfalls jedes Exemplar als ein für sich bestehender Wechsel (Sola-Wechsel) erachtet wird.

Auch ein Indossata!- kann ein Duplikat des Wechsels verlangen.

Er muß sich dieserhalb an seinen unmittelbaren Vormann wenden, welcher wieder an seinen Vormann zurükgehen muß, bis die Anforderung an den Aussteller gelangt.

287 Jeder Indossata!- kann von seinem Vormanne verlangen, daß die frühern Indossamente auf dem Duplikate wiederholt werden.

784.

Ist von mehreren ausgefertigten Exemplaren das eine bezahlt, so verlieren dadurch die andern ihre Kraft.

Jedoch bleiben aus den übrigen Exemplaren verhaftet: 1) der Indossant, welcher mehrere Exemplare desselben Wechsels an verschiedene Personen indossirt hat, und alle späteren Indossanten, deren Unterschriften sich auf den bei der Zahlung nicht zurükgegebenen Exemplaren befinden, aus ihren Indossamenten; 2) der Acceptant, welcher mehrere Exemplare desselben Wechsels acceptirt hat, aus den Accepten auf den bei der Zahlung nicht zurükgegebenen Exemplaren.

785.

Wer eines von mehreren Exemplaren eines Wechsels zur Annahme versandt hat, muß auf den übrigen Exemplaren bemerken, bei wem das von ihm zur Annahme versandte Exemplar anzutreffen ist.

Das Unterlaßen dieser Bemerkung entzieht jedoch dem Wechsel nicht die Wechselkraft.

Der Verwahrer des zum Accepte verwandten Exemplares ist verpflichtet, dasselbe demjenigen auszuliefern, der sich als Indossata!- oder auf andere Weise zur Empfangnahme legitimirt.

786.

Der Inhaber eines Duplikates, auf welchem angegeben ist, bei wem das zum Accepte versandte Exemplar sich befindet, kann Mangels Annahme desselben den Regreß auf Sicherstellung und Mangels Zahlung den Regreß auf Zahlung nicht eher nehmen, als bis er durch Protest hat feststellen laßen: 1) daß das zum Accepte versandte Exemplar ihm vom Verwahrer nicht verabfolgt worden ist; 2) daß auch auf das Duplikat die Annahme oder die Zahlung nicht zu erlangen gewesen.

288 Wechselkopien.

787.

Wechselkopien müßen eine Abschrift des Wechsels und der darauf befindlichen Indossamente und Vermerke enthalten und mit der Erklärung : ,,bis hieher Abschrift (Kopie)a oder mit einer ähnlichen Bezeichnung versehen sein.

In der Kopie ist /,u bemerken, bei wem das zur Annahme versandte oder in Verwahrung gegebene Original des Wechsels anzutreffen ist.

Das Unterlaßen dieses Vermerkes entzieht jedoch der indossirten Kopie nicht ihre wechselmäßige Kraft.

788.

Jedes auf einer Kopie befindliche Original-Indossament verpflichtet den Indossanten ebenso, als wenn es auf einem Originalwechsel stünde.

789.

Der Verwahrer des Originalwechsels ist verpflichtet, denselben dem Besizer einer mit einem oder mehreren Original-Indossamenten versehenen Kopie auszuliefern, sofern sich derselbe als Indossata!- oder auf andere Weise zur Empfangnahme legitimirt.

Wird der Originahvechsel vom Verwahrer nicht ausgeliefert, so ist der Inhaber der Wechselkopie nur nach Aufnahme des im Artikel 786 Ziffer l erwähnten Protestes Regreß auf Sicherstellung und nach Eintritt des in der Kopie angegebenen Verfalltages Regreß auf Zahlung gegen diejenigen Indossanten zu nehmen berechtigt, deren OriginalIndossamente auf der Kopie befindlich sind.

XII. Abhanden gekommene Wechsel.

790.

Der nach den Bestimmungen des Artikels 755 legitimirte Besizer eines Wechsels kann nur dann zur Herausgabe des Wechsels, beziehungsweise des Betrages, welchen er durch Einkassirung oder Weiterbegebung empfangen hat, angehalten werden, wenn er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm bei der Erwerbung des Wechsels eine grobe Fahrläßigkeit zur Last fällt.

289

791.

Derjenige, welchem ein Wechsel abhanden gekommen ist, kann bei dem zuständigen Richter beantragen, daß dem Bezogenen die Bezahlung des Wechsels untersagt und derselbe ermächtigt werde, am Verfalltage den Betrag bei Gericht oder bei einer andern zur Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt zu hinterlegen.

792. Ist der neue Erwerber des Wechsels bekannt, so hat der Antragende gegen ihn binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist die Klage auf Herausgabe des Wechsels zu erheben, widrigenfalls das an den Bezogenen erlaßene Verbot aufgehoben wird.

793.

Ist der Inhaber des Wechsels unbekannt, so tritt das Amortisationsverfahren ein.

794.

Wer die Amortisation begehrt, muß eine Abschrift des Wechsels beibringen oder den wesentlichen Inhalt desselben angeben, sowie den Besiz und Verlust glaubhaft machen.

795.

Hierauf wird der Richter durch öffentliche Bekanntmachung den unbekannten Inhaber auffordern, binnen einer zu bestimmenden Frist den Wechsel vorzulegen, bei Vermeidung der Amortisation.

796.

Die Anmeldungsfrist ist auf mindestens drei Monate und höchstens ein Jahr zu bestimmen.

Bei verfallenen Wechseln ist die Frist von dem Tage an, unter welchem die erste Aufforderung erscheint, bei noch nicht verfallenen Wechseln erst von der Verfallzeit an zu berechnen.

Eine kürzere Frist als drei Monate ist bei verfallenen Wechseln zuläßig, wenn und soweit die Verjährung schon früher eintreten würde.

797. Die Aufforderung muß dreimal in dem Handelsamtsblatte bekannt gemacht werden.

Es ist in das Ermeßen des Richters gestellt, noch in anderer Weise für angemeßene Veröffentlichung eines Amortisationsbegehrens zu sorgen.

290 798. Wenn innerhalb der bestimmten Frist der Wechsel dem Gerichte nicht vorgelegt worden ist, so wird derselbe als kraftlos erklärt.

799.

War der Wechsel acceptirt, so kann der Richter, bei welchem das Amortisationsverfahren eingeleitet ist, dem Acceptanten schon vor der Amortisationserklärung die Deposition und gegen Sicherheitsstellung sogar die Zahlung des Wechselbetrages auferlegen.

800.

Wird der Wechsel, ehe die Amortisation ausgesprochen worden ist, vorgelegt, so ist dem Beantragenden eine angemeßene Frist zur Anhebung der Klage auf Herausgabe des Wechsels zu sezen. Wird diese Frist versäumt, so ist der vorgelegte Wechsel dem neuen Erwerber zurükzugeben und das an den Bezogenen erlaßene Zahlungsverbot aufzuheben.

XIII. Fälschungen und Veränderungen.

801.

Falsche oder gefälschte Unterschriften auf einem Wechsel sind ohne Einfluß auf die Wechselkraft der darauf befindlichen ächten Unterschriften.

802.

Ist der Inhalt eines Wechsels (Summe, Verfallzeit u. s. w.) nach der Ausstellung und Begebung verändert worden, so haften alle Diejenigen, welche den Wechsel erst nach der Veränderung als Wechselschuldner (Indossanten, Acceptanten, Ehrenacceptanten, Mitzeiehner) gezeichnet haben, in Gemäßheit des veränderten Inhaltes wechselmäßig.

Ist nicht erweislich, ob die Zeichnung vor oder nach der Veränderung stattgefunden habe, so wird angenommen, daß sie schon vor derselben erfolgt sei.

XIV. Wechselverjährung.

803.

Der wechselmäßige Anspruch gegen den Acceptanten verjährt in drei Jahren, vom Verfalltage des Wechsels an gerechnet.

291 Ist der Wechsel prolongirt worden, so wird die Verjährungsfrist von dem Tage der abgelaufenen Prolongation .an berechnet.

804. Die Regreßansprüche des Inhabers gegen den Aussteller und die übrigen Vormänner verjähren: 1) in einem Monate, wenn der Wechsel in der Schweiz zahlbar war; 2) in drei Monaten, wenn der Wechsel in Europa mit Ausnahme von Island und den Faröern, in den Küstenländern von Asien und Afrika längs des Mittelländischen und Schwarzen Meeres oder in den dazu gehörigen Inseln zahlbar war; 3) in zwölf Monaten, wenn der Wechsel in einem andern außereuropäischen Lande oder in Island oder den Faröern zahlbar war.

Die Verjährung beginnt gegen den Inhaber mit dem Tage des erhobenen Protestes.

805.

Die Regreßansprüche des Indossanten gegen den Aussteller und die übrigen Vormänner verjähren: 1) in einem Monate, wenn der Regreßnehmer in der Schweiz wohnt; 2) in drei Monaten, wenn der Regreßnehmer in Europa mit Ausnahme von Island und den Faröern, in den Küstenländern von Asien und Afrika längs des Mittelländischen und Schwarzen Meeres oder in den dazu gehörigen Inseln wohnt; 3) in zwölf Monaten, wenn der Regreßnehmer in einem andern außereuropäischen Lande oder in Island oder den Faröern wohnt.

Gegen den Indossanten läuft die Frist von dem Zeitpunkte an, wo er den Wechsel eingelöst oder im Regreßwege zurükerhalten hat, wenn aber gegen ihn Klage oder Schuldbetreibung angehoben worden ist, schon von dem Zeitpunkte an, wo ihm die Vorladung oder der Schuldbetreibungsakt zugestellt worden ist.

292 806.

Die Verjährung wird nur durch Anhebung der Betreibung oder der Klage oder durch Eingabe im Konkurs unterbrochen und nur in Beziehung auf Denjenigen, gegen welchen die Geltendmachung gerichtet ist. Jedoch vertritt.

in dieser Hinsicht die von dem Verklagten oder Betriebenen geschehene Streitverkündung die Stelle der Klage oder Betreibung.

807.

Mit der Unterbrechung der Wechselverjährung: beginnt eine neue dreijährige Verjährung.

XV. Klagerecht des Wechselgläubigers.

808.

Die wechselmäßige Verpflichtung trifft den Aussteller, Acceptanten und Indossanten des Wechsels, sowieeinen Jeden, welcher den Wechsel, die Wechselkopie, das; Accept oder das Indossament mitunterzeichnet hat, selbst dann, wenn er sich dabei nur als Bürge (per aval) benannt hat_ Die Verpflichtung dieser Personen erstrekt sich auf Alles, was der Wechselinhaber wegen Nichterfüllung der Wechselverbindlichkeit zu fordern hat.

Der Wechselinhaber kann sich wegen seiner ganzen Forderung an jeden Einzelnen halten; es steht in seiner Wahl, welchen Wechselverpflichteten er zuerst in Anspruch, nehmen will.

809.

Die Regreßansprüche eines Mitunterzeichners,, welcher sich als Bürge bezeichnet hat, gegen denjenigen, für welchen er sich verbürgt hat, sowie gegen allfälligeMitbürgen sind nach den Bestimmungen über Bürgschaft zubeurtheilen.

810. Sind Regreßpflichtige in Konkurs gerathen, soist der Regreßnehmer berechtigt, bei jeder Konkursmasseseine ganze Forderung an Kapital, Zinsen, Auslagen u. s. w_ geltend zu machen.

So lange der Gesammtbetrag der Summen, welche aus.

den Massen vertheilt werden, den Betrag der Forderung

293 des Regreßnehmers nicht übersteigt, haben die einzelnen Konkursmassen wegen der geleisteten Theilzahlungen keinen.

Regreß gegen einander.

Ergeben die Theilzahlungen zusammen einen Ueberschuß, so fällt derselbe nach der Reihenfolge der Regreßpflichtigen vom lezten Indossanten an gerechnet an die Massen, welche Theilzahlungen geleistet haben, bis zum Betrag der Theilzahlungen.

Der Wechsel, der Protest, die Retourrechnung und sonstigen Belege sind der Masse des lezten Indossanten, durch deßen Theilzahlung die vollständige Befriedigung des Wechselgläubigers bewirkt wurde, zum Zweke des Rükgriffes gegen deßen Vormänner und den allfälligen Acceptanten herauszugeben.

811.

Der Wechselschuldner kann sich nur solcher Einreden bedienen, welche aus dem Wechselrecht selbst hervorgehen oder ihm unmittelbar gegen den jedesmaligen Kläger zustehen.

812. Bei allen nach Artikel 811 zuläßigen Einreden soll der Richter, wenn ihm die vorgebrachten Thatsachea unglaubhaft erscheinen, sofortige vorläufige Exekution,, nöthigenfalls unter Kautionsauflage, verfügen.

818.

Durch Verjährung oder durch Nichtbeobachtung einer zur Erhaltung des Wechselrechtes vorgeschriebenen Frist oder Formalität erlöschen die wechselrechtlichen Verbindlichkeiten aus dem Wechsel selbst dann, wenn die Verjährung oder Versäumniß durch höhere Gewalt oder sonst ohne eigenes Verschulden des Wechselgläubigers herbeigeführt worden ist.

Der Acceptant und der Aussteller bleiben jedoch auch nach ihrer Befreiung durch Verjährung oder Versäumniß dem Wechseleigenthümer im gewöhnlichen Prozesse insoweit verpflichtet, als sie sich mit deßen Schaden bereichern würden.

294 Auch gegen den Trassaten, den Domiziliaten oder Denjenigen, für deßen Rechnung der Aussteller den Wechsel .gezogen hat, ist ein solcher Anspruch auf Herausgabe der Bereicherung zuläßig.

XVI. Protest.

814.

Jeder Protest muß durch einen Notar oder eine andere obrigkeitlich dazu ermächtigte Person aufgenommen werden. Der Zuziehung von Zeugen oder eines Protokollführers bedarf es dabei nicht.

815.

Der Protest muß enthalten: 1) eine wörtliche Abschrift des Wechsels oder dei- Kopie und aller darauf befindlichen Indossamente und Bemerkungen ; 2) den Namen oder die Firma der Personen, für welche und gegen welche der Protest erhoben wird; 3) die an die Person, gegen welche protestili wird, gestellte Aufforderung, ihre Antwort oder die Bemerkung, daß sie keine gegeben habe oder nicht anzutreffen gewesen sei; 4) die Angabe des Ortes sowie des Kalendertages, Monates und Jahres, an welchem die vorerwähnte Aufforderung geschehen oder ohne Erfolg versucht worden ist; 5) im Falle einer Ehrenannahme oder einer Ehrenzahlung die Erwähnung, von wem, für wen und wie sie angeboten und geleistet wird; 6) die Unterschrift Desjenigen, welcher den Protest verfaßt hat, 816. Muß eine wechselrechtliche Leistung von mehreren Personen verlangt werden, so ist über die mehrfache Aufforderung nur eine Protesturkunde erforderlich.

817.

Die Proteste sind ihrem ganzen Inhalte nach Tag für Tag und nach Ordnung des Datums in ein be-

295 sonderes Register einzutragen, das von Blatt zu Blatt mit fortlaufenden Zahlen versehen ist.

XTII. Ort und Zeit der Präsentation und anderer Handlungen.

818.

Die Präsentation zur Annahme oder Zahlung1, die Protesterhebung, die Abforderung eines Wechselduplikates , sowie alle sonstigen bei einer bestimmten Person vorzunehmenden Akte müßen in deren Geschäftslokal oder in Ermangelung eines solchen in deren Wohnung vorgenommen werden.

An einem anderen Orte, z. B. an der Börse, kann dieses nur mit beiderseitigem Einverständniße geschehen.

Daß das Geschäftslokal oder die Wohnung nicht zu ermitteln sei, ist erst dann als festgestellt anzunehmen, wenn auch eine dieserhalb bei der Polizeibehörde oder der Poststelle des Ortes geschehene Nachfrage der Person, welche den Protest verfaßt, fruchtlos geblieben ist, was im Proteste bemerkt werden muß.

819.

Verfällt der Wechsel an einem Sonntage oder einem staatlich anerkannten Feiertage, so ist der nächste Werktag der Zahlungstag.

Auch die Herausgabe eines Wechselduplikates, die Erklärung über die Annahme, sowie jede andere Handlung, können nur an einem Werktage gefordert werden.

Fällt der Zeitpunkt, in welchem die Vornahme einer der vorstehenden Handlungen spätestens gefordert werden mußte, auf einen Sonntag oder staatlich anerkannten Feiertag, so muß diese Handlung am nächsten Werktage gefordert werden.

Dieselbe Bestimmung findet auch auf die Protesterhebung Anwendung.

296

XVIII. Mangelhafte Unterschriften.

820.

Wechselerklärungen, welche statt des Namens mit Kreuzen oder anderen Zeichen vollzogen sind, haben selbst dann, wenn diese Zeichen amtlich oder notarialisch beglaubigt worden, keine Wechselkraft.

821. Wer eine Wechselerklärung als Bevollmächtigter eines Anderen unterzeichnet, ohne dazu Vollmacht zu haben, haftet persönlich in gleicher Weise, wie der angebliche Vollmachtgeber gehaftet haben würde, wenn die Vollmacht ertheilt gewesen wäre. Dasselbe gilt von Vormündern und anderen Vertretern, welche mit Ueberschreitung ihrer Befugniße Wechselerklärungen ausstellen.

XIX. Ausländische Gesezgebung.

822.

Die Fähigkeit von Ausländern, wechselmäßige Verpflichtungen zu übernehmen, richtet sich nach dem Rechte des Staates, dem sie angehören.

Wenn jedoch ein nach dem Rechte seines Landes nicht wechselfähiger Ausländer in der Schweiz Wechselverbindlichkeiten eingeht, so wird er verpflichtet, insofern er nach dem schweizerischen Geseze wechselfähig wäre.

Für die Wechselfähigkeit von Schweizern, seien sie im Inlande oder Auslande wohnhaft, gelten die Bestimmungen dieses Gesezes.

823.

Die wesentlichen Erforderniße eines im Auslande ausgestellten Wechsels, sowie jeder andern im Auslande ausgestellten Wechselerklärung, werden nach den Gesezen des Ortes beurtheilt, an welchem die Erklärung erfolgt ist.

Entsprechen jedoch die im Auslande geschehenen Wechselerklärungen den Anforderungen des schweizerischen Gesezes, so kann daraus, daß sie nach ausländischen Gesezen mangelhaft sind, kein Einwand gegen die Rechtsver-

297

bindlichkeit der später in der Schweiz auf den Wechsel 'gesezten Erklärungen entnommen werden.

Ebenso haben Wechselerklärungen, wodurch sich ein Schweizer einem andern Schweizer im Auslande verpflichtet, Wechselkraft, wenn sie auch, nur den Anforderungen der schweizerischen Gesezgebung entsprechen.

824L lieber die Form der mit einem Wechsel an einem ausländischen Plaze zur Ausübung oder Erhaltung des Wechselrechtes vorzunehmenden Handlungen entscheidet das dort geltende Recht.

XX. Der eigene Wechsel.

825.

Die wesentlichen Erforderniße eines eigenen (trokenen) Wechsels sind : 1) die in den Wechsel selbst aufzunehmende Bezeichnung als Wechsel (de change, cambio] ; 2) die Angabe der zu zahlenden Geldsumme, im Kontexte mit Buchstaben geschrieben; 3) der Name der Person oder die Firma, an welche oder an deren Ordre der Aussteller Zahlung leisten will; 4) Die Bestimmung der Zeit, zu welcher gezahlt werden soll, nach Maßgabe des Artikels 722 Ziffer 4; 5) die Unterschrift des Ausstellers mit seinem Namen oder seiner Firma; 6) die Angabe des Ortes, Monatstages und Jahres der Ausstellung.

826.

Der Ort der Ausstellung gilt für den eigenen Wechsel, insofern nicht ein besonderer Zahlungsort angegeben ist, als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Ausstellers.

827.

Nachstehende, in diesem Geseze für gezogene Wechsel gegebene Vorschriften gelten auch für eigene 'Wechsel : 1) die Artikel 720 und 721 über die Wechselfähigkeit; 2) die Artikel 723 und 725 über die Form des Wechsels;

298

3) die Artikel 727 bis 735 über das Indossament; 4) die Artikel 737 und 738 über die Präsentation der Wechsel auf eine Zeit nach Sicht mit der Maßgabe, daß der Wechsel dem Aussteller zur Beurkundung des Datums der Vorzeigung (Sicht) zu präsentiren ist und daß durch Versäumniß der Präsentationsfrist nicht der Aussteller, sondern nur die Indossanten befreit werden; 5) der Artikel 748 über den Sicherheitsregreß mit der Maßgabe, daß derselbe im Falle der Unsicherheit des Ausstellers stattfindet und daß der Aussteller selbst nur in dem in Artikel 748 Ziffer 3 erwähnten Falle auf Sicherheitsbestellung gerichtlich belangt, oder betrieben werden kann; 6) die Artikel 749 bis 761 über die Zahlung und die Befugniß zur Deposition des fälligen Wechselbetrages mit der Maßgabe, daß leztere durch den Aussteller geschehen kann und daß im Falle der Versäumniß der im Artikel 750 erwähnten Präsentationsfrist nur die Indossanten befreit werden, der Aussteller selbst, dagegen noch während der vom Ablaufe der Präsentationsfrist an zu berechnenden Verjährungszeit behaftet bleibt; 7) die Artikel 762 und 763, sowie die Artikel 766 bis: 773 über den Regreß Mangels Zahlung gegen die Indossanten ; 8) die Artikel 774 Absaz 2, 775 und 778 bis 782.

über Ehrenannahme und Ehrenzahlung mit der Maßgabe, daß der Inhaber die Ehrenannahme eines Notliadressaten nur im Falle der Unsicherheit des Ausstellers anzunehmen braucht und daß in Ermangelung einer Benennung des Honoraten bei der Ehrenacceptation eines indossirten Eigenwechsels der erste Indossant als Honorât anzusehen ist; 9) die Artikel 787 bis 789 über die Kopien;

299 10) die Artikel 790 bis 802 über abhanden gekommene, falsche und veränderte Wechsel mit der Maßgabe, daß im Falle des Artikels 799 die Deposition und Zahlung durch den Aussteller erfolgen muß; 11) die Artikel 804 bis 812, und 814 bis 824 über dieallgemeinen Grundsäze der Wechsel Verjährung, di& Verjährung der Regreßansprüche gegen die Indossanten, das Klagerecht des Wechselgläubigers, den Protest, den Ort und die Zeit für die Präsentation und andere im Wechselverkehre vorkommende Handlungen, sowie über mangelhafte Unterschriften und dia ausländische Gesezgebung ; 12) der Artikel 813 mit der Maßgabe, daß bei indossirten Eigenwechseln nicht bloß der Aussteller, sondern auch der erste Indossant im gewöhnlichen Prozesse dem Wechselinhaber insoweit verbindlich bleibt, als er sich mit deßen Schaden bereichern würde.

828.

Eigene domizilirte Wechsel sind dem Dommliaten oder, wenn ein solcher nicht benannt ist, dem Aussteller selbst an demjenigen Orte, wohin der Wechsel domizilirt ist, zur Zahlung zu präsentiren und, wenn die Zahlung: unterbleibt, dort zu protestiren.

Wird die rechtzeitige Protesterhebung bei einem vom Aussteller verschiedenen Domiziliaten verabsäumt, so geht, dadurch der wechselmäßige Anspruch nicht nur gegen die.

Indossanten, sondern auch gegen den Aussteller verloren.

Mit Ausnahme dieses Falles bedarf es zur Erhallung: des Wechselrechtes gegen den Aussteller weder der Präsentation am Zahlungstage noch der Erhebung eines Protestes829.

Der wechselmäßige Anspruch gegen den Aussteller eines eigenen Wechsels verjährt in drei Jahren, vom.

Verfalltage des Wechsels an gerechnet.

Ist der Wechsel prolongirt worden, so wird die Verjährungsfrist vom Tage der abgelaufenen Prolongation an berechnet.

300

I>reissig-ster0 Titel.

Der Check.

830. Die wesentlichen Erforderniße eines Check sind : 1) die Bezeichnung als ,,Check"; 2) die mit Worten auszusezende Angabe der Geldsumme ; 3) die Unterschrift des Ausstellers mit seinem Namen oder seiner Firma; 4") die Angabe des Ortes, des Jahres und des Monatstages der Ausstellung, lezterer mit Worten ausgedrükt; 5) der Name der Person oder der Firma, welche die Zahlung leisten soll (des Bezogenen); 6) die Angabe des Ortes, wo die Zahlung geschehen soll; der bei dem Namen oder der Firma des Bezogenen angegebene Ort gilt für den Check als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Bezogeneu.

831. Ein Check darf nur ausgestellt werden, wenn ·der Aussteller über den angewiesenen Betrag bei dem Bezogenen sofort zu verfügen das Recht hat.

832. Die Ausstellung des Check kann an den Inhaber, an eine bestimmte Person oder an deren Ordre geschehen.

Ist Niemand genannt, an den bezahlt werden soll, so wird Ausstellung auf den Inhaber angenommen.

833.

Der Check ist auch dann auf Sicht zahlbar, wenn er eine andere oder keine Bestimmung über die Verfallzeit enthält.

834. Die Präsentation zur Annahme und die Annahme finden bei dem Check nicht statt.

Die Frist für Präsentation zur Zahlung beträgt bei dem Check, welcher am Ausstellungsort zahlbar ist. fünf Tage,

301 bei einem solchen, welcher an einem andern Orte zahlbar ist, acht Tage.

833. Wird der Check innerhalb der vorgenannten Frist nicht präsentirt, so erlischt das Regreßrecht gegen die Indossanten und auch gegen den Aussteller, insofern Lezterer durch die nicht erfolgte Präsentation dem Bezogenen gegenüber in Verlust gekommen ist.

836.

Die Bestimmungen über den gezogenen Wechsel gelten, soweit sie mit denjenigen dieses Titels nicht in Widerspruch stehen, auch für den Check.

837.

Wer einen Check ausstellt, ohne bei dem Bezogenen für den angewiesenen Betrag Dekung zu besizen, hat dem Inhaber des Check außer dem verursachten Schaden fünf Prozent der angewiesenen Summe zu vergüten.

Einunclclreissig-ster Titel.

"Wechselähnliche und andere Ordre-Papiere.

I. Wechselähnliche Papiere.

838.

Zahlungsversprechen, welche nicht im Kontexte als Wechsel bezeichnet sind, aber ausdrücklich an Ordre lauten und im Uebrigen den im Artikel 825 vorgeschriebenen Eifordernißen des Eigenwechsels entsprechen (billets à ordre) stehen, soweit nicht die Artikel 840 und 842 eine Ausnahme feststellen, den eigenen Wechseln gleich.

839.

Anweisungen, welche weder im Kontexte als Wechsel noch als Checks bezeichnet sind, aber ausdrüklich an Ordre lauten und im Uebrigen den im Artikel 722 vorgeschriebenen Erfordernissen des gezogenen Wechsels entsprechen, stehen bis auf die in Artikel 841 und 842 genannten Ausnahmen den gezogenen Wechseln gleich.

Bandesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

20

302 840.

Auf die im Artikel 838 bezeichneten Zahlungsversprechen an Ordre (billets à ordre) sind die nach Maßgabe der Ziffer 5 und 8 des Artikels 827 für Eigenwechsel geltenden Bestimmungen über den Sicherheitsregreß, die Ehrenannahme und die Ehrenzahlung nicht anwendbar.

841.

Die in Artikel 839 bezeichneten Anweisungen an Ordre werden nicht zur Annahme präsentirt. Geschieht es, so ist der zur Zahlung Angewiesene nicht verpflichtet, sich über Annahme oder Verweigerung derselben zu erklären, und der Inhaber nicht berechtigt, wegen Verweigerung der Annahme oder einer Erklärung darüber Protest erheben zu laßen und Regreß zu nehmen.

Wird eine solche Anweisung an Ordre freiwillig acceptirt, so entsteht für den Acceptanten die gleiche Verbindlichkeit, wie aus der Annahme eines gezogenen Wechsels. Es können jedoch weder vom ersten Erwerber noch von irgend einem Indossatar die im Artikel 748 normirten Betügniße geltend gemacht werden.

842. Die Bestimmungen des Artikels 812 dieses Gesezes, sowie die in andern eidgenößischen oder kantonalen Gesezen für Wechselexekution und Wechselprozeß enthaltenen besonderen Vorschriften finden bei der Geltendmachung der Forderungen aus den das Wort ,,Wechsel" oder ,,Checka nicht enthaltenden Urkunden keine Anwendung.

II. Andere indossable Papiere.

843.

Urkunden, in welchen der Zeichner sich verpflichtet, nach Ort, Zeit und Summe bestimmte Geldzahlungen zu leisten oder ebenso bestimmte Quantitäten vertretbarer Sachen zu liefern, können, wenn sie ausdrüklich an Ordre lauten, durch Indossament übertragen werden.

Der Verpflichtete kann sich nur solcher Einreden bedienen, welche ihm nach dem Inhalte der Urkunde oder unmittelbar gegen den jedesmaligen Kläger zustehen.

303

Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung des quittirten Ordre-Papieres zur Erfüllung verpflichtet.

844. Pur die im vorigen Artikel erwähnten OrdrePapiere, sowie für andere indossable Papiere (Lagerscheine, Warrants, Ladescheine u. s. w.), kommen in Betreff deiForm des Indossamentes, der Legitimation des Inhabers, der Amortisation, sowie in Betreff der Verpflichtung des Besizers zur Herausgabe die für Wechsel geltenden Bestimmungen zur Anwendung.

Für Amortisation indossabler Aktien kommen jedoch, sofern die Statuten der Gesellschaft kein besonderes Verfahren vorschreiben, die Bestimmungen über Inhaberpapiere zur Anwendung.

845. Die Bestimmungen über den Wechselregreß kommen bei Ordre- oder anderen indossablen Papieren, welche nicht den Erfordernißen für Wechsel, Check oder wechselähnliche Ordrepapiere entsprechen, nicht zur Anwendung.

Vorbehalten bleiben Bestimmungen der Kantonalgeseze über Regreß bei Warrants.

Z"\veinnd.d.reissig'ster Titel.

Inhaberpapiere.

846.

Ist in einer Urkunde eine Leistung an den Inhaber versprochen, so gilt dieser als forderungsberechtigt.

Der Schuldner darf jedoch nicht mehr bezahlen, wenn ein gerichtliches oder polizeiliches Zahlungsverbot an ihn erlaßen worden ist.

847.

Der Schuldner kann der Forderung aus einem Inhaberpapiere nur solche Einreden entgegensezen, welche gegen die Gültigkeit der Urkunde gerichtet sind oder aus der Urkunde selbst hervorgehen.

304

848.

Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Erfüllung an den Inhaber verpflichtet, es sei denn die^Urkunde amortisirt.

849. Bei Inhaberpapieren, welche mit Couponsbogeu oder Ta-lons (Bezugscheine für Couponsbogen) versehen sind oder den Inhaber der Urkunde selbst zum Bezüge von wiederkehrenden Leistungen (Zinsen, Dividenden, Renten, Ratenzahlungen) berechtigen, findet das Amortisationsverfahren nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen statt.

850.

Der Gesuchsteller hat den Besiz und Verlust des Papieres dem Richter des Wohnsizes des Schuldners glaubhaft zu machen.

Ist dem Inhaber eines mit Couponsbogen oder Talon versehenen Papieres bloß der Couponsbogen oder Talon abhanden gekommen, so genügt zur Begründung des Amortisaüonsantrages die Vorzeigung der Haupturkunde.

851.

Erachtet der Richter die Darstellung über den Besiz und Verlust des Papieres für glaubhaft, so fordert er durch öffentliche Bekanntmachung den unbekannten Inhaber auf, das Papier binnen einer Frist von mindestens drei Jahren, vom Tage der ersten Bekanntmachung an gerechnet, vorzulegen, widrigenfalls die Amortisation ausgesprochen werde.

Dem Schuldner des Papieres kann auf Verlangen des Antragstellers die Einlösung bei Vermeidung nochmaliger Zahlung untersagt werden.

Handelt es sieh um die Amortisation vpn Couponsbogen, so findet in Bezug auf die während des Verfahrens verfallenden einzelnen Coupons die Bestimmung des Artikels 857 entsprechende Anwendung.

852.

Die Aufforderung zur Anmeldung muß dreimal durch das Handelsamtsblatt bekannt gemacht werden.

Es ist in das Ermeßen des Richters gestellt, noch in anderer Weise für angemessene Veröffentlichung eines Amortisationsbegehrens zu sorgen.

305 853.

Wird das abhanden gekommene Inhaberpapier in Folge der Ausschreibung vorgelegt, so ist demjenigen, welcher die Amortisation beantragt hatte, eine angemeßene Frist zur Prüfung der Identität und Echtheit der vorgelegten Urkunde, sowie zur Stellung sacb bezüglich er Anträge, namentlich auf provisorische Verfügungen im Interesse eines von ihm einzuleitenden Vindikatiousprozesses oder Strafverfahrens anzusezen.

Werden innerhalb dieser Frist keinerlei Anträge gestellt, durch welche sich der Richter zu weiteren Schritten veranlaßt sieht, so ist die vorgelegte Urkunde zurükzugeben, das an den Aussteller erlaßeue Zahlungsverbot aufzuheben und das Amortisationsbegehren abzuweisen.

854. Wenn die in der öffentlichen Aufforderung angesezte Frist abgelaufen ist, ohne daß innerhalb derselben die abhanden gekommene Urkunde vorgelegt wurde, so kann der Richter die Urkunde als kraftlos erklären oder je nach Umständen weitere Anordnungen treffen.

855.

Die Amortisation einer Urkunde auf den In haber ist sofort durch das Handelsamtsblatt und nach Ermeßen des Richters anderweitig zu veröffentlichen.

856.

Nach erfolgter Arnortigation ist der Gesuchsteller berechtigt, auf seine Kosten die Ausfertigung einer neuen Urkunde und je nach Umständen die Ausfertigung eines neuen Couponsbogens oder, sofern die Leistung bereits fällig ist, deren Erfüllung zu fordern.

857.

Sind einzelne Coupons oder andere Inhaberpapiere, welche weder den Inhaber selbst zum Empfange wiederkehrender Leistungen berechtigen noch auch mit Couponsbogen oder Talon versehen sind, abhanden gekommen, so kann der Richter des Wohnsizes des Schul-dners auf Antrag Desjenigen, der den Besiz und Verlust des Papieres glaubhaft zu machen vermag, verfügen, daß das Schuldobjekt nach Ablauf-des Verfalltages oder, sofern das Papier bereits verfallen ist, sofort gerichtlich deponirt und nach Ablauf der

306

Verjährungszeit, wenn sich auch dann noch kein Berechtigter zum Bezüge gemeldet haben sollte, an den Antragsteller herausgegeben werde.

858. Bei Banknoten und ähnlichen in größerer Anzahl emittirten auf Sicht zahlbaren selbstständigen Inhaberpapieren mit bestimmter Summe (Kassascheinen des Staates, der Gemeinden u. s. w.) findet weder ein Amortisationsverfahren noch das in Artikel 857 angeordnete Verfahren statt.

Dreiund.d.reissig'stei' Titel.

Handelsregister. Geschäftsflrmen. Geschäftsbücher.

I. Handelsregister.

859.

In jedem Kantone wird ein Handelsregister geführt, in welchem die in diesem oder anderen Gesezen des Bundes vorgeschriebenen Eintragungen zu geschehen haben.

Die Kantonalgesezgebung hat die Behörden zu bestimmen, welchen die Führung des Handelsregisters und die Aufsicht über dasselbe obliegt.

Es steht jedem Kantone frei, für einzelne Bezirke besondere Handelsregister und besondere Behörden für deren Führung und Beaufsichtigung einzuführen.

860.

Wenn der zu einer Eintragung in das Handelsregister Verpflichtete dieselbe unterläßt, so hat er für den allfälligen Schaden, der durch die Unterlaßung der Eintragung veranlaßt wurde, einzustehen.

861. Wenn bezüglich einer Thatsache, deren Eintragung in das Handelsregister vorgeschrieben ist, eine Veränderung eintritt, so muß auch diese eingetragen werden.

307

Ist dieses geschehen, so kann ein Dritter, sofern die Eintragung ihm gegenüber nach Maßgabe des Artikels 863 wirksam geworden, sich nicht auf Unkenntniß der Veränderung berufen.

Wurde dagegen die Eintragung unterlaßen, so kann Derjenige, bei welchem die Veränderung eintrat, dieselbe einem Dritten nur insofern entgegenhalten, als er beweist, daß sie demselben ohnehin bekannt war.

862, Die Eintragungen in das Handelsregister sollen ihrem ganzen Inhalte nach ohne Verzug durch das Handelsamtsblatt bekannt gemacht werden.

Eine nur theilweise oder auszugsweise Bekanntmachung ist nur in den E'ällen statthaft, wo dieses durch das Gesez bestimmt wird.

Die Registerbehörde hat von Amteswegen für die Vollziehung dieser Vorschriften zu sorgen und gegen Ver,, zögerungen einzuschreiten.

868.

Die Eintragungen in das Handelsregister werden gegenüber dritten Personen in dem Zeitpunkte wirksam, in welchem sie durch die amtliche Bekanntmachung zur Kenntniß derselben gelangt sein können.

Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen, wonach unmittelbar mit der Eintragung selbst auch Dritten gegenüber Rechtswirkungen verbunden sind.

864. Wo das Gesez die Betheiligten zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet, hat die Registerbehörde von Amteswegen gegen die Fehlbaren mit Ordnungsbußen im Betrage von 10 bis 500 Franken einzuschreiten.

II. Geschäftsfirmen.

860.

Wer sich durch Verträge verpflichten kann, hat das Recht, sich in das Handelsregister seines Wohnortes eintragen zu laßen.

308 Wer unter einer Firma ein Geschäft betreibt, ist befugt, dieselbe in das Handelsregister des Ortes, wo er seine Hauptniederlaßung hat, eintragen zu laßen.

Hat er an einem anderen Orte eine Zweigniederlaßung (Filiale, Succursale), so kann er an diesem Orte die Firma eintragen laßen, nachdem sie zuvor am Orte der Hauptniederlaßung eingetragen worden ist.

Wer ein Handels-, Fabrikations- oder anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt, ist verpflichtet, sich am Orte seiner Hauptniederlaßung in das Handelsregister eintragen zu laßen. Hat er an einem anderen Orte eine Zweigniederlaßung, so ist auch an diesem die Eintragung vorzunehmen.

866.

Wenn das Geschäft, eingetragen ist, aufhört, so liegt oder, wenn er verstorben ist, seinen löschen zu laßen.

Geht das Geschäft auf eine haben der bisherige Inhaber oder die Löschung zu sorgen.

für welches eine Firma dem bisherigen Inhaber Erben ob, die Eintragung andere Person über, so deßen Erben ebenso für

867.

Wer ein Geschäft ohne Betheiligung eines Kollektivgesellschafters oder Komrnanditärs betreibt, darf nur seinen Familiennamen (bürgerlichen Namen) mit oder ohne Vornamen als Firma führen.

Er darf der Firma keinen Zusaz beifügen, welcher ein Gesellschaftsverhältniß andeutet. Dagegen sind andere Zusäze gestattet, welche zu einer näheren Bezeichnung der Person oder des Geschäftes dienen.

868.

Eine in dem Handelsregister eingetragene Firma darf an demselben Orte von keinem Anderen als Firma benuzt werden, selbst dann nicht, wenn der neue Geschäftsinhaber denselben bürgerlichen Namen hat, mit welchem die ältere Firma bezeichnet wird. In einem solchen Falle hat jener seinem Namen in der Firma einen Zusaz beizufügen,

309

durch welchen dieselbe deutlich von der älteren Firma unterschieden wird.

869.

Die Firma einer Kollektivgesellschaft muß, sofern in dieselbe nicht die Namen sämmtlicher Gesellschafter aufgenommen sind, den Namen wenigstens eines der Gesellschafter mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusaze enthalten.

870.

Die Firma einer Kommanditgesellschaft muß den Namen wenigstens eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden Zusaze enthalten.

871.

Die Namen anderer Personen als der unbeschränkt haftenden Gesellschafter dürfen in die Firma einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft nicht aufgenommen werden; auch darf eine Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft sich nicht als Aktiengesellschaft bezeichnen, selbst wenn das Gesellschaftskapital ganz oder theilweise in Aktien zerlegt ist.

872.

Wenn eine Person, deren Namen in der Firma einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft enthalten ist, aufhört, Mitglied der Gesellschaft zu sein, so darf auch mit Einwilligung dieser Person oder ihrer Erben die bisherige Gesellschaftsfirma nicht beibehalten werden.

873. Aktiengesellschaften und Genoßenschaften können ihre Firma frei wählen; nur muß sich dieselbe von jeder bereits eingetragenen Firma deutlich unterscheiden und darf keinen Namen einer bestimmten lebenden Person enthalten.

874. Auch der Erwerber oder Uebernehmer eines bestehenden Geschäftes ist an die obigen Vorschriften über Führung einer Firma gebunden. Er kann jedoch, wenn der frühere Inhaber oder deßen Erben ausdrüklich oder thatsächlich dazu einwilligen, seiner Firma einen das Nachfolgeverhältniß andeutenden Zusaz beifügen.

310 875.

Die Registerbehörden sind verpflichtet, von Amteswegen die Betheiligten zur Beobachtung der vorstehenden Bestimmungen über Eintragung, Löschung und Aeuderung einer Firma anzuhalten.

876.

Die Firma eines einzelnen Geschäftsinhabers oder einer Gesellschaft, welche gemäß den Vorschriften dieses Titels in das Handelsregister eingetragen und in dem Handelsamtsblatte .veröffentlicht ist, steht dem Berechtigten au ausschließlichem Gebrauche zu.

Wer durch den unbefugten Gebrauch einer Firma beeinträchtigt wird, kann den Unberechtigten auf Unterlaßung der weiteren Führung der Firma und auf Schadensersaz belangen.

Der Bundesgesezgebung bleibt vorbehalten, noch weitere Bestimmungen zum Schuze der an die Führung einer Firma sich anknüpfenden Verhältniße aufzustellen.

III. Geschäftsbücher.

877.

Wer verpflichtet ist, sich in das Handelsregister eintragen zu laßen, ist auch zu ordnungsgemäßer Führung von Geschäftsbüchern verhalten, aus welchen die Vermögenslage des Geschäftsinhabers und die einzelnen mit dem Geschäftsbetriebe zusammenhängenden Schuld- und Forderungsverhältniße ersehen werden können.

878.

Wer zur Führung von Geschäftsbüchern verpflichtet ist, hat dieselben während zehn Jahren von dem Tage der lezten Eintragung an aufzubewahren.

Während derselben Zeitdauer, vom Tage ihres Einganges an berechnet, sind auch die empfangenen Geschäftsbriefe und Telegramme aufzubewahren.

879.

Bei Streitigkeiten über Rechtsverhältniße, welche aus dem Betriebe eines Geschäftes herrühren, können Diejenigen, welche zur Führung von Geschäftsbüchern verpflichtet sind, zur Vorlegung derselben, sowie der empfangeneu Geschäftsbriefe und Telegramme angehalten werden.

311880.

Strafbestimmungen wegen Verlezung der in Art. 877 und 878 enthaltenen Verpflichtungen bleiben der Kantonalgesezgebung vorbehalten.

Vieruxid.clreissig'ster Titel.

Uebergangsbestimmungen.

881.

Dieses Gesez tritt mit dem 1. Januar 1883 in Kraft. 'Durch dasselbe werden alle ihm entgegenstehenden Vorschriften sowohl eidgeuößischer als auch kantonaler Geseze und Verordnungen aufgehoben, soweit nicht durch die folgenden Artikel etwas Anderes bestimmt ist.

882.

Die rechtlichen Wirkungen von Thatsachen, welche vor den 1. Januar 1883 fallen, sind auch nach diesem Tage gemäß denjenigen Bestimmungen des eidgenößischen oder kantonalen Rechtes zu beurtheilen, welche zur Zeit des Eintrittes dieser Thatsachen gegolten haben.

Demgemäß unterliegen vor dem 1. Januar 1883 vorgenommene Handlungen mit Bezug auf ihre rechtliche Verbindlichkeit und ihre rechtlichen Folgen auch in Zukunft den bei ihrer Vornahme geltend gewesenen Bestimmungen.

Die nach dem 1. Januar 1883 eintretenden Thatsachen dagegen, insbesondere auch die Ueberti-agung und der Untergang von Forderungen, welche schon vor jenem Tage entstanden sind, werden nach diesem Geseze beurtheilt. Mit Bezug auf die Fristen, welche am 1. Januar 1883 noch nicht abgelaufen sind, gelten die Bestimmungen des Artikels 883.

883.

Wo durch dieses Gesez eine Verjährung von fünf oder mehr Jahren eingeführt wird, kommt auch der bereits abgelaufene Zeitraum einer vor dem 1. Januar 1883 begonnenen Verjährung in Anrechnung; es bedarf aber in

312 diesem Falle zur Vollendung der Verjährung noch des Ablaufes von mindestens zwei Jahren seit dem 1. Januar 1883.

Kürzere durch dieses Gesez bestimmte Fristen der Verjährung oder der Verwirkung fangen erst mit dem l. Januar 1883 zu laufen an.

Mit Bezug auf die Unterbrechung der Verjährung gelten vom 1. Januar 1883 an durchweg die Bestimmungen dieses Gesezes.

884.

Die Wirkungen des Mobiliarpfandrechtes, die Berechtigungen und Verpflichtungen des Pfandgläubigers, des Verpfänders und des Pfandschuldners richten sich vom 1. Januar 1883 an, auch wenn das Pfandrecht schon vorher entstanden ist, nach diesem Gesez.

Ein vor dem 1. Januar 1883 zu Gunsten eines Pfandgläubigers gültig geschloßener Verfallsvertrag verliert mit diesem Tage seine Gültigkeit.

885.

Ein vor dem 1. Januar 1883 durch freiwillige Verpfändung ohne Besizesübertragung errichtetes und an diesem Tage noch bestehendes Mobiliarpfandreeht erlischt, falls nicht ein früherer Untergang desselben durch das kantonale Recht bestimmt ist, sechs Monate nach der Fälligkeit der Forderung und, wenn diese schon vor dem l. Januar 1883 fällig ist, mit dem 1. Juli 1883.

Bei Forderungen, deren Fälligkeit eine vorangegangene Kündigung voraussezt, laufen die sechs Monate von dem ersten Tage an, auf welchen die Kündigung zuläßig ist.

Diese Verjährung wird unterbrochen durch den Beginn der Realisirung des Pfandrechtes, falls dieselbe ohne Verzug durchgeführt wird.

886.

Von den pfandrechtlichen Bestimmungen dieses Gesezes werden die gerichtlichen Pfandrechte nicht berührt; es bleiben für dieselben bis zum Erlaße eines eidgenößischen Betreibungs- und Konkursrechtes die kantonalen Vorschriften maßgebend.

3J3 887.

Die in diesem Geseze bestimmten Retentionsrechte erstreken sich auch auf solche Sachen, welche vor dem 1. Januar 1883 in die Verfügungsgewalt des Gläubigers gekommen sind.

Sie stehen dem Gläubiger auch für solche Forderungen zu, welche vor dem 1. Januar 1883 entstanden sind.

Früher entstandene Retentionsrechte unterliegen bezüglich ihrer Wirksamkeit den Bestimmungen dieses Gesezes.

888.

Die Bestimmungen des Bundesgesezes vom 1. Juli 1875 betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrts-Unternehmungen bleiben unverändert in Kraft. Ebenso bleibt für die Haftbarkeit aus Fabrikbetrieb die besondere Gesezgebung des Bundes vorbehalten.

889.

Die Anfechtung von Rechtsgeschäften, welche ein Schuldner in der Absicht abschließt, seine Gläubiger zu beeinträchtigen, wird bis zum Erlaße eines eidgenößischen Gesezes über Betreibung und Konkurs nach dem kantonalen Rechte beurtheilt.

890.

Beim Handel mit Vieh (Pferden, Eseln, Mauleseln, Rindvieh, Schafen, Ziegen und Schweinen) gelten hinsichtlich der Gewährleistung wegen Mängel die Vorschriften der kantonalen Gesezgebungen, beziehungsweise des Konkordates über die Viehhauptmängel bis zu dem Zeitpunkte, wo hierüber ein eidgenößisches Qesez erlaßen sein wird.

891.

Bei stillschweigender Fortsezung eines vor dem 1. Januar 1883 abgeschloßenen Mietvertrages, Dienstvertrages, Gesellschafts- oder Genoßenschaftsvertrages treten die Bestimmungen dieses Gesezes in Kraft.

892.

Für Handlungen, welche ein Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter nach dem 1. Januar 1883 vornimmt, haftet sein Prinzipal nach den Bestimmungen dieses Gesezes, auch wenn die Prokura oder Vollmacht vor jenem Tage ertheilt worden ist.

893.

Ueber Einrichtung, Führung und Kontrolirung der Handelsregister, über das bei den Eintragungen in die-

314

selben zu beobachtende Verfahren, die zu entrichtenden Taxen, die Beschwerdeführung, sowie über die Einrichtung des Handelsamtsblattes, wird der Bundesrath eine Verordnung erlaßen, welche zugleich mit diesem Geseze in Kraft zu treten hat.

894.

Die in diesem Geseze ausgesprochene Verpflichtung zur Eintragung in die Handelsregister besteht auch für solche Rechtsverhältniße, welche aus der Zeit vor dem 1. Januar 1883 herrühren; für deren Eintragung wird jedoch noch eine Frist bis Ende März 1883 eingeräumt.

895.

Der Umstand, daß eine nach dem 1. Januar 1883 eingegangene Bürgschaft oder ein nach diesem Tage errichtetes Pfandrecht zur Sicherung einer vor demselben entstandenen Forderung dient, hindert nicht, daß der Bestand und die rechtliche Wirksamkeit dieser Bürgschaft, beziehungsweise dieses Pfandrechtes nach den Vorschriften dieses Gesezes beurtheilt wird.

896.

Bis zum Erlaß eines eidgenößischen Gesezes über den Versicherungsvertrag bleiben die allfällig bestehenden besondern Bestimmungen des kantonalen Rechts über die Versicherungsverträge in Kraft.

o O 897.

Die Bestimmungen dieses Gesezes über die Rechte der Gläubiger im Konkurse einer Gesellschaft oder eines Gesellschafters finden auf die vor dem 1. Januar 1883 eröffneten Konkurse keine Anwendung.

Ist der Konkurs aber erst nach dem 1. Januar 1883 eröffnet worden, so wird das Verhältniß der Gläubiger zu einander sowohl im Gesellschafts- als auch im Privatkonkurs eines Gesellschafters nach diesem Geseze beurtheilt, auch wenn die Gesellschaft oder die Forderungen der Gläubiger vor dem 1. Januar 1883 entstanden sind.

898.

Statuten einer vor dem 1. Januar 1883 rechtsgültig entstandenen Aktiengesellschaft oder Genoßenschaft, welche den Vorschriften dieses Gesezes zuwiderlaufen, dürfen

315 bis Ende Dezember 1887 unverändert fortbestehen. Sind die Vertreter einer solchen Aktiengesellschaft durch die Statuten in der Befugniß, für die Gesellschaft zu handeln, beschriinkt, so bleibt diese Beschränkung, falls die Statuten vor dem 1. April 1883 einregistrirt worden sind, entgegen dem Artikel 654 Absaz 2 auch gutgläubigen Dritten gegenüber für alle bis zum 31. Dezember 1887 geschloßenen Geschäfte wirksam.

Mit dem I.Januar 1888 treten auch für die in dem ersten Absaz erwähnten Aktiengesellschaften sämmtliche Bestimmun.gen dieses Gesezes mit Bezug auf alle von da an geschloßenen Rechtsgeschäfte in Kraft. Falls bis dahin die Statuten nicht mit den Vorschriften dieses Gesezes in Uebereinstimmung gebracht worden sind, so unterliegen die mit der Verwaltung und Kontrole betrauten Personen den in den Artikeln 671 bis 675 aufgestellten Bestimmungen über deren Verantwortlichkeit, und es hat jeder Gläubiger der Gesellschaft, deßen Forderung nicht vollständig bezahlt ist, sowie jeder Aktionär das Bechi, die sofortige Auflösung der Gesellschaft gerichtlich zu verlangen .

899.

Auf Anstalten (Banken, Versicherungsanstalten u. s. w.), welche vor dem 1. Januar 1883 durch besondere kantonale Geseze gegründet worden sind und unter Mitwirkung öffentlicher Behörden verwaltet werden, finden die Bestimmungen dieses Gesezes über Aktien- oder Kommanditgesellschaften keine Anwendung.

900.

Die Bestimmungen des Bundesgesezes über die Verpfändung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen vom 24. Juni 1874 bleiben unverändert in Kraft.

901.

Die Haftung aus einer Wechsel Unterschrift und die Zuläßigkeit der Wechselexekution ist nach demjenigen Rechte zu beurtheilen, welches zur Zeit der Unterzeichnung maßgebend war.

Dagegen richtet sich vom 1. Januar 1883 an die Form des Protestes und das Verfahren der Amortisation von In--

316 liaberpapieren in allen Fällen nach den Vorschriften dieses öesezes.

902. Die am 1. Januar 1883 bereits bestehenden, diesem Geseze widersprechenden Firmen dürfen bis zum 31. Dezember 1892 unverändert fortbestehen. Bei irgend welcher Aenderung der Firmen vor diesem lezteren Zeitpunkte sind sie jedoch sofort mit dem Geseze in Einklang zu bringen.

903.

Die Bestimmungen dieses Gesezes betreffend die Pflicht zur Führung und zur gerichtlichen Vorlegung von Geschäftsbüchern treten auch für die Inhaber der am 1. Januar 1883 bereits bestehenden Geschäfte mit diesem Tage in Kraft.

904.

Wo der Richter im Zweifel darüber ist, zu welcher Zeit eine Handlung vorgenommen wurde (z. B. beim Blanko-lndossament), spricht die Vermuthung für die Anwendbarkeit dieses Gesezes.

Also beschießen vom Standeïathe, B e r n , den 10. Brachmonat 1881.

Der Präsident: Kappeier.

Der Protokollführer: Schutzmann.

Also beschießen vom Nationalrathe, ·Bern, den 14. Brachmonat 1881.

Der Präsident : A. Vessaz.

Der Protokollführer: Schieß.

317

Der schweizerische Bundesrath beschließt: Aufnahme des Bundesblatt.

vorstehenden Bundesgesezes in das

B e r n , den 14. Juni 1881.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Droz.

Der Kanzler der Eidgenoßenschaft : Schieß.

N o t e . Datum der Publikation : 18. Juni 1881.

Ablauf der Einspruchsfrist: 16. September 1881.

Bundesblatt. 33. Jahrg. Bd. III.

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21

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bundesgesez über das Obligationenrecht. (Vom 14. Brachmonat 1881.)

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Bundesblatt

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1881

Année Anno Band

3

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26

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

18.06.1881

Date Data Seite

109-318

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10 011 122

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