Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten

Entwurf

(Opferhilfegesetz, OHG) (Verbesserung des Schutzes von Opfern unter sechzehn Jahren) Änderung vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in den Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 23. August 19991 und in die Stellungnahme des Bundesrates vom 20. März 2000 2, beschliesst: I Das Opferhilfegesetz vom 4. Oktober 19913 wird wie folgt geändert: Art. 5 Abs. 4 dritter Satz und Abs. 5 4

... Eine Begegnung kann angeordnet werden, wenn der Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör nicht auf andere Weise gewährleistet werden kann oder wenn ein überwiegendes Interesse der Strafverfolgung sie zwingend erfordert.

5

Bei Straftaten gegen die sexuelle Integrität darf eine Konfrontation gegen den Willen des Opfers nur angeordnet werden, wenn der Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör nicht auf andere Weise gewährleistet werden kann.

3bis Abschnitt (neu): Besondere Bestimmungen zum Schutz der Persönlichkeit von Opfern unter sechzehn Jahren Art. 10bis (neu) Begegnung des Opfers mit dem Beschuldigten 1

Bei Straftaten gegen die sexuelle Integrität, begangen an einem Kind unter sechzehn Jahren, verzichten die Behörden auf eine Begegnung des Opfers mit dem Beschuldigten.

2

Bei anderen Straftaten, die an einem Kind unter sechzehn Jahren begangen werden, verzichten die Behörden auf eine Begegnung des Opfers mit dem Beschuldigten, wenn diese für das Kind zu einer schweren psychischen Belastung führt.

1 2 3

BBl 2000 3744 BBl 2000 3766 SR 312.5

2000-0858

3763

Hilfe an Opfer von Straftaten. BG

AS 2000

3 Vorbehalten bleibt die Begegnung, wenn der Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör nicht auf andere Weise gewährleistet werden kann.

Art. 10ter (neu) Einvernahme von Kindern, die Opfer von Straftaten geworden sind.

1 Während des ganzen Verfahrens werden Kinder unter sechzehn Jahren grundsätzlich nicht mehr als zwei Mal einvernommen.

2

Die erste Einvernahme, die so rasch als möglich stattzufinden hat, wird im Beisein einer Spezialistin oder eines Spezialisten von einer oder einem zu diesem Zweck ausgebildeten Ermittlungsbeamtin oder Ermittlungsbeamten durchgeführt; die Einvernahme erfolgt in einem geeigneten Raum. Sie wird auf Video aufgenommen; besondere Umstände werden in einem Bericht festgehalten.

3

Eine zweite Einvernahme hat den Parteien, soweit nötig, zu ermöglichen, ihre Rechte durch die Befragerin oder den Befrager auszuüben. Soweit möglich erfolgt die Befragung durch die gleiche Person, welche die erste Einvernahme durchgeführt hat.

Art. 10quater (neu) Einstellung des Verfahrens

1

Die zuständige Behörde kann, ausnahmsweise und mit Zustimmung des Opfers oder seines gesetzlichen Vertreters, ein Strafverfahren einstellen, wenn das zwingende Interesse des Kindes es verlangt und dieses die Pflicht des Staates zur Strafverfolgung offensichtlich überwiegt. Diesfalls müssen mögliche Kindesschutzmassnahmen überprüft und wenn nötig angeordnet werden.

2 Gegen den letztinstanzlichen Einstellungsentscheid kann Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht geführt werden.

Art. 18 Abs. 1 1

Der Bund fördert die Fachausbildung des Personals der Beratungsstellen und der mit der Hilfe an Opfer Betrauten. Er trägt den besonderen Bedürfnissen von Kindern unter sechzehn Jahren, die Opfer von Gewalt oder von Straftaten gegen die sexuelle Integrität sind, Rechnung. Er gewährt entsprechende Finanzhilfen.

Minderheit (Aeppli, Chiffelle, de Dardel, Grendelmeier, Gross, Hollenstein, Jutzet, Thanei)

3bis Abschnitt (Titel und Anpassungen in den Bestimmungen): Verbesserung des Schutzes minderjähriger Opfer

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Hilfe an Opfer von Straftaten. BG

AS 2000

II 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

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