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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Wohlen nach Meisterschwanden.

(Vom 1. April 1911.)

Tit.

Ein aus den Herren Dr. Albert Furter, Rechtsanwalt in Wohlen, Gemeindeammann H. Döbeli in Fahrwangen und Notar.

Otto Meyer in Villmergen bestehendes Initiativkomitee ersucht mittelst Eingabe vom 27. August 1910 an das Eisenbahndepartement zuhanden des Bundesrates um die Erteilung der Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen normalspurigen Nebenbahn von Wohlen nach Bremgarten. In dem allgemeinen Bericht führen die Konzessionsbewerber aus, es seien schon in der Mitte der Neunzigerjahre Projekte für eine Schienenverbindung zwischen dem aargauischen Seetal und der Gemeinde Wohlen über die industriereichen Ortschaften Meisterschwanden, Fahrwangen, Sarmenstorf und Villmergen aufgestellt worden. Seither habe sich die Gegend noch weiter entwickelt und der Bau einer Bahn sei nun zur unaufschiebbaren Notwendigkeit geworden. Die projektierte Bahn nehme ihren Anfang beim Bahnhofe S. B. B. in Wohlen, führe auf eigenem Tracé rechts der Landstrasse nach Villmergen und folge alsdann im wesentlichen der Strasse nach Hilfikon,

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Sarmenstorf, Fahrwangen und Meisterschwanden, um in einer Gemeinschaftsstation Fahrwangen-Meisterschwanden zu endigen.

Der Bahnkörper solle von der Strasse vollständig getrennt und diese letztere nur auf einer ganz kurzen Strecke mitbenutzt werden.

Nach umfangreichen Studien in wirtschaftlicher und betriebstechnischer Hinsicht habe man sich endgültig für die Normalspur entschieden. Die Gesamtbevölkerung der am ersten Ausbau der Bahn bis Meisterschwanden interessierten Gemeinden betrage etwas über 10,000 Einwohner. Nach der für später in Aussicht genommenen Fortsetzung der Linie ins Seetal (Anschluss an eine Station der Seetalbahn) werde zwischen den Linien Aarau-ArthGoldau und der Seetalbahn, welche fast parallel verlaufen, eine erhebliche Abkürzung geschaffen und dadurch das Hinterland von Wohlen, sowie mehrere weitere Gemeinden an der neuen Bahn mitinteressiert werden.

Der technische Bericht enthält folgende Hauptangaben : Länge der Bahn: 9000 m.

Spurweite: 1435 mm.

Höhencoten: Station Wohlen 426,25. Station FahrwangenMeisterschwanden 540,48 m.

Maximalsteigung : 33 °/oo.

Minimalradius : 100.

Zwischenstationen : Villmergen (km 2,oso), Oberdorf-Villmergen (km 2,4so), Hilfikon (km 3,85o), Sarmenstorf (km 6,510).

Betriebssystem : Elektrizität. Oberleitung mit Gleichstrom von 1000 Volt. Umformerstation in Sarmenstorf, Der summarische Kostenvoranschlag setzt sich aus folgenden Posten zusammen : Grunderwerb Fr.

71,000 Erdarbeiten ,, 105,000 Einfriedigungen ., 2,000 Wegebauten ^ 23,000 Kunstbauten ,, 28,000 Oberbau ,, 260,000 Signale ,, 10,000 Komplette Leitungsanlagen . . ,, 93,000 Umformerwerk mit Batterie . . ,, 150,000 Stationen ,, 68,000 Betriebsmittel . ; . . . . ,, 140,000 Total

Fr.

950,000

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In seiner Vernehmlassung vom 17. Dezember 1910 empfiehlt der Regierungsrat des Kantons Aargau die Erteilung der Konzession. Dabei bemerkt er, dass die Benützung der Landstrasse auf eine geringe Breite gestattet werden könne, unter Vorbehalt der bei der definitiven Festlegung des Tracés und der Vorlage der Pläne noch aufzustellenden näheren Bedingungen.

Die vorschriftsraässigen konferenzieilen Verhandlungen haben am 22. März 1911 in Bern stattgefunden. Der vom Eisenbahndepartement erstellte Konzessionsentwurf beliebte allseitig, nur die Art. 8 (Strassenbenützung), 18 und 22 (Güter- und Tiertransport) ·wurden abgeändert. Bei Art. 8 wurde nämlich vom Vertreter der Kantonsregierung darauf hingewiesen, dass zurzeit noch nicht entschieden sei, ob der Grosse Rat des Kantons Aargau in der Frage der Strassenbenützung begrüsst werden müsse. Es werde dies von der definitiven Vorlage der Bahngesellschaft abhangen.

Im Prinzip könne die Frage der Strassenbenützung als erledigt betrachtet werden, indem es nicht denkbar sei, dass der Grosse Rat, wenn er darüber zu entscheiden habe, die Bewilligung zur Strassenbenützung verweigern werde. Es könne sich nur um die eventuelle Aufstellung der näheren Bedingungen für die Benützung der öffentlichen Strasse handeln. Gestützt auf diese Erklärung wurde Art. 8 nach dem Vorschlage des Vertreters der Kantonsregierung abgeändert.

Bei Art. 18 (Güterverkehr) beliebte eine Änderung der bisherigen ständigen Fassung in dem Sinne, dass für die Güterbeförderung die Warenklaspifikation der schweizerischen Normalspurbahnen und.der Normaltarif der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden sind, mit einem Zuschlage, der nach den von dett Konzessionsbewerbern gewünschten Taxen auf 150% der effektiven Distanzen festgesetzt werden kann. Diese Fassung, die bereits bei der Änderung der Konzession der Erlenbach-Zweisimmen-Bahn angewendet worden ist (vergleiche unsere Botschaft mit Beschlussesentwurf vom 10. März 1911), wird inskünftig bei allen Konzessionen für Normalspurbahnen unter Vorbehalt der Festsetzung des Zuschlages zu den effektiven Distanzen im einzelnen Falle angewendet werden können. Durch die allgemeine Annahme des Bundesbahntarifs seitens der schweizerischen Normalbahnen wird eine bedeutende Vereinfachung der Tarifverhältnisse erzielt werden Im gleichen Sinne wurde auch Art. 22 (Beförderung von lebenden Tieren) abgeändert.

Weitere Bemerkungen haben wir nicht anzubringen.

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Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 1. April

1911.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Bücket.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

870 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Wohlen nach Meisterschwanden.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Initiativkomitees für eine elektrische Eisenbahn von Wohlen nach Meisterschwanden vom 27. August 1910; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 1. April 1911, b e s c h l i e s s t: Einem aus den Herren Dr. A l b e r t F u r t e r , Rechtsanwalt in Wohlen, H e i n r i c h D ö b e l i , Gemeindeammann in Fahrwangen und O t t o M e y e r , Notar in Villmergen, bestehenden Initiativkomitee wird zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Eisenbahn von W o h l e n nach M e i s t e r s c h w a n d e n unter den in.

den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt.

Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

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Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnetr erteilt.

Art. 4.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Wohlen.

Art. 5. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 6. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den: Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu beginnen.

Binnen 18 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorgefür die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l,«B Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

In bezug auf die Benützung der öffentlichen Strassen für die Anlage und den Betrieb der Bahn gelten die von der zuständigen Behörde des Kantons Aargau aufzustellenden näheren Bedingungen, die aber mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung nicht im Widerspruch stehen dürfen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zutage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen usw., sind Eigentum des Kantons Aargau und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebe»

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Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, dass Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass gebeu und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffuiiternehmungen zu unterziehen.

Art. 13. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens sechsmal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum ändern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrate festgesetzt.

Die Fahrpläne unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit zwei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Für die Beförderung von Personen können Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : in der zweiten Wagenklasse 12 Rappen, in der dritten Wagenklasse 8 Rappen per Kilometer der Bahulänge.

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Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 % niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette au reduzierter Taxe auszugeben.

Art. 16. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der. Bundesrat wird hierüber die näheren Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei zu befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck kann eine Taxe von höchstens 6 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt ·werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 18. Für die Güterbeförderung sind die Wareaklassifikation der schweizerischen Normalspurbahnen und der Normaltarif der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden, wobei die Einreichung eines Zuschlags von höchstens 150 °/o zu den effektiven Distanzen gestattet ist.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, die für Handel, Industrie, Land- und Forstwirtschaft nötigen Ausnahmetarife einzuführen.

Art. 19. Für den Transport von Edelmetallen, von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert ist für Fr. 1000 per Kilometer höchstens 3 Rappen zu erheben.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den

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persönlichen Gebrauch des Aufgebersj welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den PersonenzOgen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notsländen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hulsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln usw. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welchevom Bundesrat nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für die Beförderung lebender Tiere ist der für die schweizerischen Bundesbahnen geltende Tarif anzuwenden, wobei die Einrechnung eines Zuschlages von höchstens 150 °/o zu de» effektiven Distanzen gestattet ist.

Art. 23. Für Gepäck-, Güter- und Tiersendungen kann eine Minimaltaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen, für eine einzelne Sendung nicht überschreiten darf.

Art. 24. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Statioosverladplätze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Reget nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, derea Verladung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 25. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg für eine ganze Einheit gilt.

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Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 26. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 27. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens drei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Buudesrat zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich der Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 29. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken^ und Unterstützungskasse einzurichten oder ·dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit Bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hulfsgeschäften sich ergeben.

Art. 30. Für die Ausübung des Rückkaufsrechtes des Bundes «der, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kautons Aargau gelten folgende Bestimmungen:

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o. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung de» Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis za geben.

b. Durch den Ruckkauf wird der Ruckkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in.

Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Januar 1950 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalender* jähre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Ruckkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1950 und 1. Januar 1965 erfolgt, den 22'Machen Wert; -- wennder Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1965 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluss aller anderen etwa damit verbundenen Gescnäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auc-h diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Ruckkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

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f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des ßundesgeriehtes.

Art. 31. Hat der Kanton Aargau den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. -M definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 32. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 15. April 1911 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Wohlen nach Meisterschwanden. (Vom 1. April 1911.)

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12.04.1911

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