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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von Dupertuis, Paul, in Lausanne.

[Vom 18. Dezember 1911.)

Tit.

Dupertuis, Paul, geb. 1880, von Ormont-Dessous, in Lausanne, hatte 1902 während der Unteroffizierschule eine Verletzung des linken Auges erlitten und war 1903 wegen der Folgen dieses Unfalles ausgemustert worden.

Nach Art. 2, lit b, des Bundesgesetzes betreffend den Militärpflichtersatz, vom 28. Juni 1878, sind Wehrpflichtige, "welche infolge des Dienstes militäruntauglich geworden sind, von dieser Steuer enthoben. Gestützt hierauf stellte Dupertuis im laufenden Jahre das Begehren, von der Militärsteuer befreit zu werden; zugleich verlangte er die Steuerbeträge, welche er von 1903 an entrichtet hatte, zurück. Da die Voraussetzungen, an welche die vorerwähnte Gesetzesbestimmung die Steuerbefreiung knüpft, hier erfüllt sind, so hat der Bundesrat am 8. September 1911 beschlossen, den Genannten vom Militärpflichtersatz zu entheben.

Das Steuerrückforderungsgesuch wurde dagegen vom Bundesrat in Anbetracht dessen, dass der Petent es jeweilen unterlassen hatte, gegen seine Heranziehung zum Militärpflichtersatz innert der vorgeschriebenen Rekursfrist Einsprache zu erheben, gemäss bestehender Praxis abgewiesen. Dupertuis zieht nun, vertreten Bundesblatt. 63. Jahrg. Bd. V.

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368 durch Herrn Advokat C. Naine in Lausanne, mit Eingabe vom 14. Oktober die Streitsache an die Bundesversammlung weiter.

Der Rekurrent macht geltend, dass nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen (Art. 70 ff. des Obligalionenrechts) derjenige, welcher aus Irrtum etwas geleistet hat, wozu er nicht verpflichtet war, einen Anspruch auf Rückerstattung des Geleisteten besitze. Demgegenüber fällt in Betracht, dass die zivilrechtlichen Bestimmungen, wie vom Bundesgericht wiederholt entschieden worden ist, auf die Rückforderung von Steuern, welche öffentlich-rechtlicher Natur ist, keine Anwendung finden (Amtliche Sammlung bundesgerichtlicher Entscheide, Bd. 14, S. 141, Erw. 4; Bd. 34, I, S. 63 ff.).

Der Bundesrat hat es stets abgelehnt, auf die Beurteilung rechtskräftig gewordener Steuerveranlagungen einzutreten und Steuerbeträge, welche auf Grund der letztern entrichtet wurden, zurückerstatten zu lassen, auch wenn die Leistungspflicht materiell nicht oder nicht im festgesetzten Umfange bestanden hatte. In den Fällen der Nachholung von versäumten Wiederholungskursen wird allerdings Steuerrückerstattung gewährt; hier handelt es sich jedoch nicht um ein Zurückkommen auf die Steueranlage, sondern es wird die Steuer deshalb vergütet, weil der Grund, der seinerzeit zur Besteuerung geführt hat, nachträglich aufgehoben worden ist. Gemäss der vorerwähnten konstanten Praxis des Bundesrates musste konsequenter Weise auch gegenüber dem Rekurrenten verfahren werden.

Eine Wiedereinsetzung Dupertuis in die verwirkten Rekursrechte ist nicht möglich ; derselbe hat die Folgen seiner Unkenntnis der Bestimmung von Art. 2, lit. b, leg. cit. selbst zu tragen.

Den mit der Anlage der Militärsteuer betrauten kantonalen Behörden ist jeweilen nur die Tatsache der Dienstuntauglichkeit bekannt. Die sanitarische Untersuchungskommission, von welcher die letztere festgestellt worden ist, hat die Steuerbefreiung nicht vorzunehmen, da Steuersachen, nicht in ihrer Kompetenz liegen und, sie zudem sehr oft mangels der nötigen Kenntnis über die Vorgeschichte eines, Falles nicht mit Sicherheit beurteilen kann, ob. das., Gebrechen, das die Ausmusterung veranlasst, durch den Dienst verursacht worden ist. Das schweizerischen Militärdepartement hat deshalb mit Verfügung vom 13. November 1893. (B, B. 1894, I, 921} die Anwendung von Art. 2, lit.b.,
desMilitärsteuergesetzes der Zentralbehörde vorbehalten.Diesee entscheidet über dieSteuerbefreiungsbegehren,, nachdem zu der Frage betreffend Vorhandensein eines Kausalzusammenhanges zwischen Dienst und

369 Ausmusterungsgrund, welche auch für die Gewährung von Leistungen der Militärversicherung massgebend ist, die Abteilung für Sanität ihr Gutachten abgegeben hat.

Wir beehren uns, Ihnen zu beantragen, es soi der von P. Dupertuis erhobene Rekurs abzuweisen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 18. Dezember 1911.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, D e r Bundespräsident:

Buchet Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Militärsteuerrekurs von Dupertuis, Paul, in Lausanne. [Vom 18. Dezember 1911.)

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1911

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258

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27.12.1911

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367-369

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