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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erhöhung der den Kantonen für den Unterhalt der gebrauchten Ausrüstung zu leistenden Vergütung.

(Vom 28. September 1911.)

Tit.

In Ihrem Beschlüsse betreffend die an die Kantone für die persönliche Ausrüstung der Rekruten und die Reserven für das Jahr 1912 zu leistenden Vergütungen, vom 23. Juni 1911, haben Sie unter Ziffer 3 bestimmt : ,,Die Entschädigung für den Unterhalt der gebrauchten persönlichen Ausrüstung wird nach erfolgten Erhebungen über die Höhe der gegenwärtigen tatsächlichen Ausgaben der Kantone für diesen Unterhalt durch besondern Bundesbeschluss festgesetzt."

Diese Schlussnahme erfolgte, nachdem von den Kantonen eine Erhöhung der bisherigen Vergütung von 15% verlangt worden war. Wir haben alsdann diese Angelegenheit einer Prüfung unterzogen und beehren uns nun, hierüber Folgendes auszuführen : Nach Art. 20, Absatz 3, der Bundesverfassung ist die Beschaffung der Bekleidung und Ausrüstung, sowie die Sorge für deren Unterhalt Sache der Kantone; die daherigen Kosten sind den Kantonen vom Bunde nach einer von ihm aufzustellenden Norm zu vergüten. In Ausführung dessen sieht die Militärorgani-

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sation vom 12. April 1907 in Art. J58, Absatz 4, vor, dass die Bundesversammlung die an die Kantone für die persönliche Ausrüstung, deren Ersatz und Unterhalt zu leistende Entschädigungfestzusetzen hat. Die Festsetzung der jährlichen Entschädigung erfolgte jeweilen durch Bundesbeschluss, und zwar betrug dieselbe für den Unterhalt der gebrauchten persönlichen Ausrüstung vor der letzten Erhöhung l2 °/o des Wertes der Rekrutenausrüstung, nachdem sie früher von 7% auf 10°/o erhöht worden war. Die Erhöhung der Entschädigung auf 15 % erfolgte durch Bundesbeschluss vom 26. Juni 1909 (Bundesbl. 1909, IV, 261), gemäss dem Antrage des Bundesrates in seiner Botschaft vom 4. Juni 1909 (Bundesbl. 1909, III,, 943 ff.) und entsprach dem Ergebnis der Erhebungen über die Höhe der Ausgaben der Kantone für den Unterhalt während den letzten zehn Jahren. In besagter Botschaft wurde ausgeführt, dass davon abgesehen werden müsse, jedem Kanton seine wirklichen Ausgaben zu vergüten. Durch die vorgesehene einheitliche Entschädigung von 15°/o, welche dem Durchschnitte der Auslagen aller Kantone entspreche, werde auf eine gleichmässige Ausübung der Verpflichtungen betreffend Unterhalt der Keserven hingewirkt werden.

Aus der Botschaft vom 4. Juni 1909 geht hervor, dass die 15°/oige Entschädigung, die erstmals 1910 ausgerichtet wurde, insbesondere auch einen Entgelt für die Instandstellungsarbeiten in sich sehliesst. Hierauf gestützt hat unser Militärdepartement die Gesuche von zwei Kantonen um Begleichung ihrer Rechnungen, für Instandstellung der Ausrüstung pro 1910 abgewiesen. Früher war allerdings einigen kantonalen Verwaltungen eine besondere Entschädigung für die am Schlüsse der Wiederholungskurse erfolgten Retablierungsarbeiten gewährt worden. Es beruhte dies auf einer weitgehenden Auslegung von Art. 52 der Verordnung über die Mannschaftsausrüstung vom 2. Juli 1898, der die Bestimmung enthielt, dass für Defekte infolge höherer Gewalt oder Zufälligkeiten der Bund, und für Defekte infolge normaler Abnützung die Kantone aufkommen sollten. Diese Bestimmung ist in Anbetracht dessen, dass in der prozentualen Entschädigung auch diejenige für Reparaturen inbegriffen ist, in die Verordnung über die Mannschaftsausrüstung vom 29. Juli 1910 nicht hinübergenommen worden. Die grosse Mehrzahl der Kantone hatte übrigens nie für die Retablierungsarbeiten besondere Rechnung gestellt.

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Diejenigen Kantone, welche früher neben der prozentualen Entschädigung noch die Retablierungsvergütung erhalten hatten, machten nun geltend, dass die 3 °/o, um welche die erstere erhöht worden war, bloss als Ersatz für die letztere, die nicht mehr gewährt wird, betrachtet werden können, und dass die Entschädigung von l5 % an sich nicht genüge. Ihrer Initiative ist es vor allem zuzuschreiben, dass jetzt alle Kantone (mit Ausnahme von Obwalden und Thurgau) eine Erhöhung auf 20°/o verlangen. Wir treten nun auf die Gründe, welche die kantonalen Militärverwaltungen zur Unterstützung ihres Begehrens anführen, in Nachfolgendem ein: 1. Das Steigen der Arbeitslöhne.

Dieser Faktor ist vor erst zwei Jahren bei der Erhöhung der Entschädigung von 12 °/o auf 15 °/o mitberücksichtigt worden.

2. Das Steigen der Materialpreise.

Hier fällt in Betracht, dass bei der Bemessung der den Kantonen gewährten Entschädigung für die Anschaffung der Rekrutenausrüstung jeweilen den Preisen des Materials gebührend Rechnung getragen wird. Und da von dieser Entschädigung die prozentuale Vergütung für die Verwaltung der Reserven an gebrauchten Ausrüstungsgegenständen berechnet wird, so sind infolgedessen in der letztern die Materialpreise auch berücksichtigt.

3. Vermehrte Anforderungen der eidgenössischen Militärverwaltung und der Truppenkommandanten.

a. In Bezug auf einzelne Effekten der Kriegsreserve (Reserve I. Qualität) ist allerdings eine Verdoppelung vorgesehen.

Es wird jedoch den Kantonen nicht zugemutet, für diese Erhöhung mehr aufzuwenden, als sie vom Bunde erhalten. Die Äufnung der Reserven erfolgt auch nicht auf einmal, und es dürfte den Kantonen nicht einfallen, aus eigenen Mitteln Einlagen in dieselben zu machen. Im übrigen wird hinfort von unsern Organen noch mehr darauf gedrungen werden, dass der Erlös aus dem Verkauf von dienstuntauglich gewordenem Material von den kantonalen Verwaltungen nicht nur zur Verbesserung, sondern auch ssur Vermehrung der Reserven verwendet wird (Art. 45 der Mannschaftsausrüstungsverordnung).

b. Die Kavallerierekruten erhalten am Ende der Rekrutenschule eine neue Stiefelhose mit Besatz; hierfür wird den Kantonen nach Tarif Entschädigung geleistet. Die in der Rekrutenschule getragene Stiefelhose wird eingezogen und an den Kanton,

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von welchem der Mann ausgerüstet wurde, zurückgeleitet. Bevor diese gebrauchten Hosen zu den Reserven gelegt werden können, müssen sie in den meisten Fällen mit einem neuen Besätze versehen werden, und dies verursacht nun allerdings den Kantonen besondere Kosten. Würden den Kantonen für jeden Besatz Fr. 12 vergütet, so gelangte man für den Bund bei 710 Rekruten auf eine jährliche Mehrausgabe von höchstens Fr. 8520.

c. Was jedoch hauptsächlich in Betracht kommt, ist die Wiederinstandsetzung der gebrauchten Gegenstände der persönlichen Ausrüstung, welche den Unteroffizieren nach 150 Diensttagen und den Truppen bei der Retablierung am Schlüsse eines Dienstes abgenommen und den Reserven einverleibt werden. Gerade die Berücksichtigung dieser Arbeiten war es, welche zu der Erhöhung der Entschädigung auf 15 °/o hauptsächlich geführt hat. Die Verhältnisse haben sich seither nicht derart zu ungunsten der Kantone verschoben, dass eine weitere Erhöhung um volle 5 % gerechtfertigt erschiene. Richtig ist, dass die Truppen die Retablierung noch in zu hohem Masse den kantonalen Verwaltungen überlassen, anstatt sich mehr selbst zu behelfen. Die Mannschaftsausrüstungsverordnung schreibt nämlich vor, dass die während eines Dienstes nötig werdenden Reparaturen, soweit möglich, unter Zuhülfenahme der beim Korpsmaterial befindlichen Hülfsmittel durch Handwerker der Truppe oder, wenn solche fehlen, durch Zivilhandwerker auf Kosten der Schule oder des Kurses auszuführen sind. Unser Militärdepartement hat sich veranlasst gesehen, am 31. August 1911 den Truppenkommandanten diese Bestimmung zur strikten Nachachtung zu empfehlen, und es steht zu erwarten, dass hinfort die kantonalen Verwaltungen nur noch in geringerem Masse für den Austausch bloss leicht defekter Gegenstände in Anspruch genommen werden. Immerhin ist nicht in Abrede zu stellen, dass, namentlich infolge der jährlichen Wiederholungskurse, aber auch infolge der erhöhten Anforderungen der Instruktion, die persönliche Ausrüstung der Mannschaft und vorab die Kleider mehr, als dies früher der Fall war, hergenommen werden. Dies hat seinerseits vermehrte Inanspruchnahme der kantonalen Verwaltungen zur Folge. Eine etwelche Erhöhung der Entschädigung für den Unterhalt der Reserven lässt sich daher schon verantworten. Und zwar halten wir dafür, dass mit der Festsetzung
dieser Entschädigung auf 17 % des Wertes der Rekrutenausrüstung den Kantonen in weitgehender Weise entgegengekommen würde und dass diese mit einer solchen Entschädigung vollständig auskommen könnten.

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Haben wir iiun damit unsern Standpunkt gegenüber dem Begehren der Kantone dargelegt, so erübrigt es uns, im Anschlüsse hieran noch einige Bemerkungen anzubringen.

Unser Militärdepartement hat im Laufe dieses Jahres eine eingehende Revision bei sämtlichen kantonalen Ausrüstungsverwaltungen vorgenommen, die sich nicht nur auf deren Tätigkeit im allgemeinen, sondern auch auf den quantitativen und qualitativen Bestand aller Reserven erstreckte und einen Einblick in die Verhältnisse gewinnen liess. Es wurde festgestellt, dass die kantonalen Verwaltungen mit wenigen Ausnahmen die Entschädigung für den Unterhalt der Reserven in vorschriftsmässiger Weise verwenden. Einige kantonale Verwaltungen mussten dagegen wegen Säumnis in der Ausführung der Vorschriften über die Mannschaftsausrüstung gemahnt werden. Dabei zeigte es sich, dass da, wo der Betrieb teurer zu stehen kommt und zugleich weniger erreicht wird, gewöhnlich die Ursache im Mangel an Organisationstalent des betreifenden Beamten liegt.

Mit der Gewährung der Entschädigung von 17 % wird von den Kantonen eine noch genauere Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber dem Bunde verlangt werden müssen, und es wird säumigen Verwaltungen gegenüber Art. 63 der Verordnung betreffend die Mannschaftsausrüstung, der eine Reduktion der Entschädigung für den Fall der ungehörigen Erfüllung der Obliegenheiten vorsieht, zur Anwendung gebracht werden.

Was schliesslich noch die finanziellen Folgen einer Erhöhung der Entschädigung anbelangt, so geben folgende Zahlen hierüber Aufschluss : Budgetentwurf 1912, J, a, l, Entschädigung für Rekrutenausrüstung Fr. 3,723,546. Hiervon: 15% = Fr. 558,532 Entschädigung pro 1910 und 1911.

16%= ,, 595,767 1 7 % = ,, 633,000 Vorgeschlagene Entschädigung pro 1912.

18 % = ,, 670,235 19 % = ,, 707,470 20 % == ,, 744,710 Von den Kantonen verlangte Entschädigung.

Somit bedeutet für den Bund jedes % Zuschlag eine jährliche Mehrausgabe von Fr. 37,235 und die vorgeschlagene .Entschädigung von 17 % eine solche von rund Fr. 75,000.

244 Wir beehren uns nun, Ihnen den hiernach entworfenen Bundesbeschluss zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 28. September 1911.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates> Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Buchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Erhöhung der den Kantonen für den Unterhalt der gebrauchten militärischen Ausrüstung zu leistenden Vergütung.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung von Art. 20, Absatz 3, der Bundesverfassung und von Art. l58, Absatz 4,' der Militärorganisation vom 12. April 1907 ; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 28. September 1911, beschliesst: Art.. 1. Den Kantonen wird für den Unterhalt der .gebrauchten persönlichen Ausrüstung 17 % des Wertes der Rekrutenausrüstung vergütet.

Art. 2. Diese Erhöhung der Vergütung von 15 °/o auf 17 °/o tritt erstmals für das Jahr 1912 ein, und es ist der erforderliche Kredit im Voranschlage pro 1912 ein.zustellen.

Art. 3. Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Erhöhung der den Kantonen für den Unterhalt der gebrauchten Ausrüstung zu leistenden Vergütung. (Vom 28. September 1911.)

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04.10.1911

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