645 # S T #

1 5 0

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession einer Eisenbahn von Erlenbach nach Zweisimmen.

(Vom

10. März 1911.)

Tit.

Mit Bundesbeschluss vom 23. Dezember 1910 (E. A. S.

XXVI, 374) ist der Montreux-Berner Oberland-Bahn gestattet worden, die I. Wagenklasse einzuführen. Dadurch wurde die Anschlussbahn Erlenbach-Zweisimmen veranlasst, die Frage der Einführung dieser Wagenklasse ebenfalls zu prüfen. Mittelst Eingabe vom 18. Januar 1911 an das Eisenbahndepartement zuhanden des Bundesrates und der Bundesversammlung stellt nun diese Bahn das Gesuch um Änderung ihrer Konzession im Sinne der Einführung der I. Wagenklasse in den Express- und Schnellzügen während der Sommerfahrplanperiode und der Erhöhung der Taxen.

Über die gegenwärtigen und die gewünschten Taxen für den Transport von Personen und von Reisegepäck gibt die folgende Tabelle Aufschluss : Neue Taxe Gegenwärtige Taxe ( I. Klasse 27 Rp.

Personentaxen . . . ; II.

,, 18 ,, 10 Rp.

II.

III.

,,

Gepäcktaxe (per 100 Kilogramm und per Kilometer) . . . .

9 ,,

7 ,,

9 ,,

7 ,,

646

Für die Beförderung von Gütern und von lebenden Tieren wünscht die Bahn die Grundtaxen der Bundesbahnen mit einem Distanzzuschlag von 100 °/o zu erhalten. Vorläufig will sie aber die neuen Gütertarife auf Grund der Bundesbahntaxen mit einem Distanzzuschlag von nur 80 % erstellen.

Um eine sukzessive Herabsetzung der erhöhten Taxen eventuell früher durchführen zu können, als dies nach den bisherigen Konzessionsbestimmungen möglich wäre, soll Art. 24 der Konzession dahin abgeändert werden, dass eine Taxreduktion schon dann einzutreten habe, wenn das Unternehmen drei Jahre nach einander einen 5 °/o übersteigenden Reinertrag (statt 6 °/o) abwirft.

In einem dem Konzessionsänderungsgesuche beigegebenen gedruckten Bericht, auf den zu verweisen wir uns gestatten, wird das Gesuch um Erhöhung der Taxen unter Hinweis auf die schwierige finanzielle Lage des Unternehmens einlässlich begründet.

In seiner Vernehmlassung vom 31. Januar 1911 empfiehlt der Regierungsrat des Kantons Bern, der in erster Linie die Interessen der einheimischen Bevölkerung zu wahren hat, das Konzessionsänderungsgesuch zur Berücksichtigung.

Wir haben zum Gesuche der Bahngesellschaft folgendes zu bemerken.

Die Gesellschaft ist nach Art. 24, Absatz 2, ihrer Konzession vom 15. Oktober 1897 (E. A. S. XIV, 495) mit Genehmigung der Bundesversammlung ermächtigt, ihre Taxansätze zu erhöhen, sofern der Ertrag für die Deckung der Betriebskosten einschliesslich der Verzinsung des Obligationenkapitals nicht genügt. Dieser Fall liegt vor. Die Gesellschaft hat seit ihrem Bestehen noch keine Dividenden verteilt und die Gewinn- und Verlustrechnung weist auf 31. Dezember 1909 einen Passivsaldo von Fr. 102,690. 20 auf. Im ferneren weist die Bilanz einen Konto zu amortisierender Verwendungen im Betrage von zirka Fr. 50,000 auf und das Defizit des Erneuerungsfonds wird auf über Fr. 70,000 geschätzt.

Die Erwartung, dass die Eröffnung der Montreux-Berner Oberland-Bahn das finanzielle Gleichgewicht für die ErlenbachZweisimmen-Bahn herstellen werde, hat sich nicht erfüllt. Die Betriebseinnahmen haben sich nicht in dem Masse gesteigert, dass ein genügender Betriebsüberschuss hätte erzielt werden können. Es bleibt daher der Gesellschaft nichts anderes übrig, als die bestehenden Taxen in dem hiervor erwähnten Masse zu

647 erhöhen. Nach den von der Gesellschaft angestellten Berechnungen soll die Taxerhöhung eine jährliche Mehreinnahme von zirka Fr. 65,000 einbringen, wodurch die Verzinsung des Obligationenkapitals und der Bauschulden gesichert und die Möglichkeit geboten wäre, die nötigen Abschreibungen vorzunehmen. Von der Ausrichtung von Dividenden an die Aktionäre wird vorläufig, auch nach durchgeführter Taxerhöhung, noch keine Rede sein können.

Weitere Bemerkungen haben wir nicht anzubringen.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussesentwurf, mit welchem sich die Bahngesellschaft noch mit Zuschrift vom 6. März einverstanden erklärt hat, zur Annnahme und benützen, auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 10. März 1911.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Buchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

648

(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Aenderung der Konzession einer Eisenbahn von Erlenbach nach Zweisimmen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Erlenbach-Zweisimmen-Bahn vom 18. Januar 1911 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 10. März 1911, beschliesst: 1. Die durch Bundesbeschluss vom 15. Oktober 1897 (E. A. S.

XIV, 495) erteilte Konzession einer Eisenbahn von Erlenbach nach Zweisimmen wird wie folgt abgeändert : 1. Art. 14, Absatz 1, erhält folgende Fassung: ,,Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel wird die I. Wagenklasse nur in den Express- und Schnellzügen während der Sommerfahrplanperiode, die II. und III. Wagenklasse in den Express-, Schnell- und Personenzügen während des ganzen Jahres geführt. Ausnahmen hiervon kann nur der Bundesrat bewilligen.

2. Art. 15, Absatz l, erhält folgende Fassung:

649 ,,Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze per Bahnkilometer zu beziehen : In der ersten Wagenklasse 27 Rappen, In der zweiten Wagenklasse 18 Rappen, In der dritten Wagenklasse 9 Rappen.a 3. Art. 15, Absatz 2. wird gestrichen.

4. Art. 15, Absatz 3, erhält folgende Fassung: ,,Für Kinder unter vier Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen drei Wagenklassen zu zahlen."

5. Art. 15, Absatz 5, erhält folgende Fassung : ,,Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 9 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden. Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest."

6. Art. 15, Absatz 6, erhält folgende Fassung: ,,Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20°/o niedriger anzusetzen, als für doppelte einmalige Fahrten.

Solange jedoch die Maximaltaxen erhoben werden, sind mindestens dieselben Ermässigungen zu gewähren, die von den schweizerischen Bundesbahnen in den betreffenden Klassen bewilligt werden. "· 7. Art. 17 erhält folgende Fassung: ,,Für den Transport lebender Tiere ist der für die schweizerischen Bundesbahnen geltende Tarif anzuwenden, wobei die Einrechnung eines Zuschlages von höchstens 100 °/o zu den effektiven Distanzen gestattet ist.a 8. Art. 18 erhält folgende Fassung: ,,Für die Güterbeförderung sind die Warenklassifikation der schweizerischen Normalspurbahnen und der Normaltarif der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden, wobei die Einrechnung eines Zuschlages von höchstens 100 °/o zu den effektiven Distanzen gestattet ist.

650

Die Gesellschaft ist verpflichtet, die für Handel, Industrie, Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft nötigen Ausnahmetarife einzuführen.

Für den Transport von Edelmetallen, von barem Geld und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert darf für Fr. 1000 per Tarif kilometer höchstens l Rappen erhoben werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkzeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.a B* 1

9. Als Art. 18« wird eingeschaltet: ,,Für Gepäck-, Güter- und Tiersendungen kann eine Minimaltaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen für eine einzelne Sendung nicht überschreiten darf."

10. Art. 19 erhält folgende Fassung: ,,Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln usw. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, die vom Bundesrate nach Anhörung der Gesellschaft festgesetzt werden.a 11. Art. 20 erhält folgende Fassung: ,,Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg für eine ganze Einheit gilt.

Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt.'1

651 12. Art. 24, Absatz l, erhält folgende Fassung: .,Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen 5°/o übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung."

II. Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses, welcher am 15. April 1911 in Kraft tritt, beauftragt.

--

--

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession einer Eisenbahn von Erlenbach nach Zweisimmen. (Vom 10. März 1911.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1911

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

11

Cahier Numero Geschäftsnummer

150

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.03.1911

Date Data Seite

645-651

Page Pagina Ref. No

10 024 120

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.