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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erweiterung der Waffenfabrik in Bern.

(Vom 19. Juni 1911.)

Tit.

Durch Bundesbeschluss vom 2. Juni 1908 haben Sie die Erweiterung der Munitionsfabrik Altdorf zur Fabrikation von Zündkapseln, Tempierplatten und Gewehrpatronen und die dazu erforderlichen Einrichtungen für Friedens- und Kriegsbetrieb bewilligt. Zu diesem Zwecke haben Sie für die Bauten einen Kredit von Fr. 668,000 und für die maschinellen Einrichtungen einen solchen von Fr. 652,500 eröffnet. Dieser Beschluss erfolgte, wie sich aus unserer Botschaft vom 30. März 1908 ergibt, hauptsächlich im Hinblick auf die bevorstehende Einführung einer neuen Gewehrpatrone und in der Absicht, rechtzeitig für die Fabrikation dieser Munition gerüstet zu sein.

Wie sich die damit zusammenhängende Gewehrfrage lösen lasse, war damals noch nicht festgestellt. Die seither fortgesetzten Versuche ergaben auch für diese Seite der Frage abschliessende Resultate, in der Weise, dass das Modell eines Gewehres -- Repetiergewehr 1889/08 -- aufgestellt worden ist, welches sich sowohl für die Erstellung neuer Gewehre, als auch, mit unwesentlichen Abweichungen, für die Umänderung der vorhandenen Gewehre 1889/96 eignet.

627 Inzwischen hat der Ständerat am 4. April 1911 und der Nationalrat am 14. Juni 1911 die Vorlage betreffend die Neubewaffnung der gewehrtragenden Truppen angenommen.

Die Studien über die Durchführung der Umänderung und Neuerstellung der erforderlichen Gewehre haben nun ergeben, dass zu diesem Zwecke eine Erweiterung der Waffenfabrik unbedingt nötig ist. Eine solche, allerdings weniger weitgehende Vergrösserung wäre übrigens auch ohne diese Neubewaffnung nicht zu umgehen, indem dieses Etablissement mit seinen dermaligen Einrichtungen den heutigen Bedürfnissen nicht mehr entspricht. Die Waffenfabrik ist entstanden durch sukzessive Vergrösserung der ursprünglich ganz bescheidenen Anlage von 1870. Anlässlich der Neubewaffnung des Jahres 1889 wurde sie innert kurzer Frist, d. h. in etwas provisorischer Weise vergrössert, ohne den späteren Bedürfnissen Rechnung zu tragen.

Seither sind nun wieder zirka 20 Jahre verflossen und es haben sich während dieser Zeit die Anforderungen, sowohl hinsichtlich der Fabriklokale als auch der Fabrikationseinrichtungen wesentlich geändert. Die jetzigen Lokale und Einrichtungen (auch mit Rücksicht auf die vermehrte Beanspruchung durch die Büchsenmacherkurse) entsprechen den heutigen Anforderungen nicht mehr und es könnte den vorhandenen Übelständen auch nicht mit grösseren, kostspieligen Um- und Neubauten, welche zudem sehr betriebsstörend wären, begegnet werden. In Betracht fällt dabei namentlich auch der jetzige Schiessplatz auf kurze Distanz, welcher mit der zunehmenden Bebauung der Umgegend unhaltbar wird.

Es hatte ursprünglich die Absicht bestanden, zur Hebung der grössten Übelstände in der Waffenfabrik verschiedene Umund Neubauten auszuführen, d. h. es sollte für einige Hülfsbetriebe, die jetzt in ganz ungeeigneter Weise untergebracht sind, ein Shedbau erstellt werden, womit gleichzeitig etwas mehr Raum für die Bestandteilfabrikation und für die Arbeiter Kleider- und Waschräume eingerichtet worden wären. Sie hatten zu diesem Zwecke für das Jahr 1908 einen Kredit von Fr. 75,000 bewilligt ; im Hinblick auf die inzwischen in den Vordergrund getretene Neubewaffnung der gewehrtragenden Truppen wurden dann aber diese Bauten nicht ausgeführt.

Für die Neubewaffnung wird die Waffenfabrik neben der bedeutend vermehrten Erstellung von neuen Gewehren 1889/08 auch die
Umänderungsarbeiten am Modell 1889/96 zu besorgen haben. Wiewohl in gleicher Weise wie bisher die Grosszahl der Bestandteile von schweizerischen Privatfirmen geliefert und in

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·der Hauptsache nur die Montierungsarbeiten von der Waffenfabrik besorgt werden sollen, so müssen doch einzelne wichtige Bestandteile von der Fabrik selbst angefertigt werden, sowie auch die Bestandteile für die stets zunehmende Zahl von Maschinengewehren, da solche mit Rücksicht auf die relativ kleine Bedarfszahl und die Schwierigkeiten des Anpassens nicht an Private vergeben werden können. Es ist insbesondere auch beabsichtigt, die Erstellung der neuen Visiere durch die Waffenfabrik selbst besorgen zu lassen, weil dadurch gleichmässigere Ausführung erreicht werden kann und das Aufsetzen derselben auf den Lauf doch in der Fabrik besorgt werden muss. Die vorhandenen Räume sind hierzu aber unzulänglich und zum Teil ungeeignet.

Im weitern muss das Einschiessen der neuen, sowie der umgeänderten Gewehre von der Waffenfabrik besorgt werden und es haben sich auch hierfür die bestehenden Einrichtungen längst als ungenügend erwiesen, insbesondere in Anbetracht der immer gesteigerten Anforderungen, welche betreffend Genauigkeit und Gleichmässigkeit an Präzisionswaffen gestellt werden. Die Anlage einer neuen gedeckten Schiesshalle mit grösserer Schuss·distanz als bisher ist daher unter allen Umständen ein dringliches Bedürfnis.

Die vorgenommenen Studien und stattgehabten Verhandlungen haben nun ergeben, dass eine Erweiterung der Waffenfabrik im Anschlüsse an die .bestehende Anlage sich nicht empfiehlt und dass eine Verlegung der neu zu erstellenden Gebäude auf den hintern Wyler vorzuziehen ist. Es wird damit erreicht, dass einerseits in den bisherigen Lokalen Raum gewonnen wird für die vermehrte Fabrikation von Bestandteilen, insbesondere der Visiere und anderseits auf dem in Aussicht genommenen Areal auf dem hintern Wyler die Schiessplatzverhältnisse bedeutend günstiger gestaltet werden können ; zugleich würden auch die Montierungsarbeiten, welche mit dem Schiessen in sehr nahem Zusammenhange stehen, in unmittelbarer Nähe der Schiessplätze in geeignete, den gegenwärtigen Verhältnissen entsprechende Räume verlegt werden.

Als Bauareal ist in Aussicht genommen ein Terrainabschnitt der Burgergemeinde Bern auf dem hintern Wyler und ein daran anstossender Terrainabschnitt der Einwohnergemeinde Bern. Dieses Areal liegt in der Nähe der von der Waffenfabrik dermalen benützten Schusslinie von 300 m, die auf Terrain angelegt ist, welches der Einwohnergemeinde Bern gehört. Wenn die Vereinigte Schützengesellschaft der Stadt Bern ihren Schiessplatz

629 erweitern oder aufgeben sollte, was im Bereiche der Möglichkeit liegt, so würde die bisherige Schiesslinie der Waffenfabrik auf 300 m unhaltbar. Für Sicherstellung einer eventuell später zu erstellenden neuen Schiesslinie auf 300 m ist für einen weitern ebenfalls anstossenden Terrainabschnitt der Einwohnergemeinde Bern ein Kaufsrecht vorgesehen.

Es wird sich voraussichtlich später die Notwendigkeit ergeben, die Bestandteilfabrikation bezw. die nach dem vorliegenden Projekte noch in der bisherigen Waffenfabrik verbleibenden Betriebsabteilungen ebenfalls auf den hintern Wyler zu verlegen und es wird für diesen Fall das jetzt zur Erweiterung vorgesehene Terrain ausreichen. Da der Verkaufswert des Areals der bestehenden Waffenfabrik stetig im Steigen ist, wird die Verlegung nach einiger Zeit wohl ohne erhebliche Kosten möglich sein. Eventuell können dann auch die Lokalitäten der bisherigen Waflenfabrik anderweitig geignete Verwendung finden.

Für die Erwerbung der jetzt in Frage kommenden Terrainabschnitte sind mit den betreffenden Behörden nach langen Unterhandlungen Verträge unter Ratifikationsvorbehalt abgeschlossen worden. Das Areal, um das es sich handelt, ist in den den Akten beigelegten Plänen näher bezeichnet, ebenso die in Aussicht genommene Bebauung desselben.

Es werden sich die Kosten für Landerwerb belaufen: 1. Für Parzellen der Burgergemeinde: Zone I 4,585 m2 à Fr. 10. -- per m 2 = Fr. 45,850 ,, II 8,040 ,, ,, ,, 5.-- ,, ,, = ,, 40,200 » m 7'076 " * " ^ " " = «.10,614 zus. 19,701m2 Aversalsumme für Wegverlegung ,, 5,000 Fr. 101,664 2. Für Parzellen Zone I 3,650 m 2 à ,, II 6,675 ,, ,, " m 6'523 * * zus. 16,848 m*

der Einwòhnergemeinde : Fr. 10 per m 2 = Fr. 36,500 ,, 5 ,, ,, = ,, 33,375 " 2 » * - * 13^046 »

3. Handänderungs-und Stipulationsgebühren za.

Total Landerwerb Bundesblatt. 63. Jahrg.

Bd. IH.

:

®2'921

,,

3,415

Fr. 188,000 44

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An Bauten sind vorgesehen : A. Schiesshalle von 100 m Länge, mit angebautem Scheibenhaus, Schiesstand, Werkstätte, Kontrollokal und Schuppen.

Mit zunehmenden Anforderungen an die modernen Präzisionswaffen ist es notwendig, das Einschiessen bei künstlicher Beleuchtung in einer geschlossenen Halle unter Ausschluss aller Einflüsse von wechselnder Beleuchtung, Wind und Wetter vornehmen zu können, wie dies im Auslande fast durchwegs geschieht. Dies ist insbesondere für die Neubewaffnung nötig, indem die Anzahl der einzuschiessenden neuen und umgeänderten Gewehre bei natürlicher Beleuchtung und geeignetem Wetter nicht bewältigt werden könnte. Zu dieser Schiesshalle nebst Scheibenund Schiesstand gehören noch ein Packraum und eine kleinere Werkstätte für unmittelbar mit dem Einschiessen in Verbindung stehende kleinere Reparaturen, ferner ein Anbau zur Unterbringung der Waffenkontrolle der kriegstechnischen Abteilung.

Laut Kostenberechnung wird die Schiesshalle inklusive Anbauten zu stehen kommen auf Fr. 246,000 B. Montierungsgebäude.

Es ist beabsichtigt, in diesem Gebäude die Montierungswerkstätten und die Lokale für die Fabrikkontrollarbeiten unterzubringen. Die Baukosten für dieses Gebäude sind veranschlagt zu . ,, 205,200 C. Werkstattgebäude.

In diesem Gebäude sollen die verschiedenen Hülfsbetriebe, wie Bronziererei, Poliererei, Härtnerei etc. untergebracht werden. Die Baukosten sind berechnet auf .

,, 86,100 D. Dampfkesselhaus mit Abortanbau . . . . ,, 41,000 E. Kohlenschuppen ,, 11,500 F. Terrassierungsarbeiten, Weganlagen, Wasserzuleitung, Gaszuleitung, elektrische Leitungen, Hydrantenleitungen, Kloakenleitungen und Einfriedigungen ,, 82,200 Total Kosten der Gebäude Fr. 672,000 . Die Kosten für Transmissionen, Motoren und elektrische Beleuchtung, Werkzeugmaschinen und Apparate, Dampfkesselanlage^ Mobiliar und innere Einrichtungen stellen sich auf Fr. 165,000.

Die Gesamtkosten für Erweiterung der Waffenfabrik stellen sich demnach für

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Landerwerb Fr. 188,000 Erstellung von^Gebäuden ,, 672,000 Maschinen, Werkzeuge, Apparate, Mobiliar . . ,, 165,000 Total Fr. 1,025,000 Das Ganze wird das Budget des Bundes nur teilweise belasten, da die baulichen Einrichtungen eine Liegenschaftsvermehrung, die Inventaranschaffungen Betriebskapitalien repräsentieren, welche der Bundeskasse von der Waffenfabrik verzinst werden.

Unser Militärdepartement hat die Akten betreffend die in Aussicht genommene Erweiterung der Waffenfabrik der von uns ernannten Kommission zur Begutachtung der Regiebetriebe zugestellt, und diese Kommission ersucht, sich über diese Frage zu äussern. Mit Schreiben vom 17. Mai abhin erklärte hierauf die Kommission, dass sie nach der erfolgten orientierenden Besichtigung der Waffenfabrik in Bern die Überzeugung gewonnen habe, dass eine Verbesserung der bestehenden baulichen1 Anlagen und der maschinellen Einrichtungen nicht umgangen werden könne, und dass sie den Eindruck gewonnen habe, dass die projektierte neue Anlage auf dem hintern Wyler grundsätzlich empfohlen werden könne. Sie behält sich indessen vor, die Details des Projektes noch einem gründlichen Studium zu unterziehen und sich eventuell später eingehender darüber zu äussern.

Dies kann selbstverständlich immer noch geschehen und die Ratschläge der Kommission werden wir gerne entgegennehmen. Die Dringlichkeit der Sache nötigt uns aber mit Einbringung dieser Vorlage nicht länger zuzuwarten.

Gestützt auf diese Darlegungen ersuchen wir Sie um die Genehmigung des nachfolgenden Bundesbeschlusses.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 19. Juni 1911.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Rächet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Erweiterung der Waffenfabrik in Bern.

Die Bundesversammlung der schweizerischenEidgenossenschaft, nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrates vom 19. Juni 1911, beschliesst: Art. 1. Der Bundesrat wird ermächtigt, die zur Erweiterung der Waffenfabrik in Bern notwendigen Landerwerbungen von der Burger- und Einwohnergemeinde Bern abzuschliessen, die baulichen Einrichtungen zu erstellen und die maschinellen Betriebseinrichtungen zu beschaffen.

Art. 2. Dem Bundesrate wird auf Rechnung der Jahre 1911 und 1912 ein Kredit von Fr. 188,000 für die Landerwerbungen, ,, 672,000 für die Erstellung von Gebäuden, ,, 165,000 für die maschinellen Einrichtungen eröffnet.

Art. 3.

Dieser Beschluss tritt sofort in Kraft.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Erweiterung der Waffenfabrik in Bern. (Vom 19. Juni 1911.)

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28.06.1911

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