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Schweizerisches Bundesblatt.

63. Jahrgang.

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V.

No 50

13. Dezember 1911.

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II. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1911).

(Vom 4. Dezember 1911.)

Tit.

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten Ihnen über nachfolgende Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen : 19.

20.

21.

22.

23.

24.

25.

Die Vorgenannten sieben, in Genf wohnhaften Schweizerbürger wurden von der Militärbehörde dem Polizeirichter überwiesen, weil sie in schuldhafter Weise und trotz ergangenen Mahnungen die ihnen auferlegten Militärsteuern nicht bezahlt hatten. Da auch die vom Richter angesetzten Fristen erfolglos blieben, wurden Bundesblatt. 63. Jahrg. Bd. V.

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182 die Verzeigten zur Hauptverhandlung vorgeladen, sie blieben aber sämtlich ohne Entschuldigung aus, worauf durch Kontumazurteil folgende Haftstrafen verhängt wurden, gegen :

je unter Kostenauflage.

Nunmehr ersuchen die Bestraften um Begnadigung, indem sie vorbringen und zum Beweise verstellen, dass es ihnen wegen prekären Vermögens- und Einkommensverhältnissen ohne eigene Schuld nicht möglich gewesen sei, die Taxen rechtzeitig durch Zahlung zu tilgen, -- beschwert sich auch darüber, dass er zu hoch, taxiert worden sei und ersucht um Reduktion der Einschätzung. -- beweist durch Eintrag im Dienstbüchlein, dass er die Schuld zwei Tage nach der Urteilsfällung bezahlt habe und ersucht auch, gestützt darauf, um Erlass der Strafe, ebenso behauptet Perrenoud, er habe die Steuer nachträglich bezahlt.

Der Staatsanwalt des Kantons Genf erklärt, nach seiner Ansicht liege, in keinem der vorliegenden Fälle zureichender Grund vor zur Grewährung der Begnadigung.

Der Gesetzgeber hat bei Aufstellung der Vorschriften ÜbelBestrafung wegen Nichtbezahlung von Militärpflichtersatz durch ausdrückliche Bestimmungen dafür gesorgt, dass schon vor Überweisung an den Strafrichter in jedem einzelnen Falle den Pflichtigen Gelegenheit geboten ist, vor der Militärbehörde sich darüber auszusprechen und auszuweisen, dass ihnen die Entrichtung der Taxe ohne eigene Schuld unmöglich war. Auch die Richter, insbesondere der Polizeirichter von Genf, pflegen den Verzeigten noch besondere Fristen zu nachträglicher Zahlung zu gewähren und geben ihnen durch Vorladung zu mündlicher VerhandlungGelegenheit, ernstliche Hinderungsgründe noch im letzten Augenblicke geltend zu machen. Die sämtlichen Gesuchsteller haben diese Gelegenheiten zur Wahrung ihrer Interessen im administrativen und gerichtlichen Verfahren gehabt, aber versäumt und sie können von der ßegnadigungsinstanz nicht noch nachträglich ge-

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hört werden. -- Was die Taxation des nbetrifft, so ist nicht die Bundesversammlung, sondern die obere Militärbehörde zur Entscheidung über seine Einwendungen kompetent und die nachträgliche Zahlungsleistung von und hat nach dem Bundesgesetz vom 29. März 1901 keinen Einfluss auf den Strafvollzug.

Antrag : Es seien die Begnadigungsgesuche des des, des , des des des und des Frédéric Perrenou Genf, abzuweisen.

26.

betreffend Übertretung des Bundesgesetzes über die Patenttaxen der Handelsreisenden.

war im Som beschäftigt und vermittelte daselbst für zwei Personen d die er aus Deutschland kommen liess. Weil er das getan, ohne eine Ausweiskarte für Handelsreisende gelöst zu haben, wurde er dem Strafrichter verzeigt und in Interlaken zu Fr. 100 Geldbusse und Tragung der Kosten verurteilt.

Er ersucht um Begnadigung mit déni Vorbringen, er habe die Bestellungen nur aus Gefälligkeit vermittelt und sei sich der Strafbarkeit seiner Handlungsweise nicht bewusst gewesen. Der eidgenössische Sekretär für Patenttaxen befürwortet eine Reduktion der Busse auf Fr. 10, da dies der Anwendung des Gesetzes in andern Kantonen entsprechen würde.

Der. Polizeirichter von Interlaken hat bei Bemessung der Strafe der Praxis des bernischen Obergerichtes Rechnung getragen, die die Höhe der umgangenen Patenttaxe als das zulässige Minimum betrachtet. Eine derartige Ahndung scheint uns nicht im richtigen Verhältnis zur Schwere der in Frage stehenden Übertretung zu stehen, und da auch im übrigen die subjektiven Verhältnisse den Fall als einen leichten erscheinen lassen, stehen wir nicht an, Ihnen zu beantragen, die Strafe im Wege der Begnadigung erheblich zu reduzieren.

Antrag: Es sei die dem r auferlegte Busse auf Fr. 20 zu ermässigen.

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·

.Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 4. Dezember 1911.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Buchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schutzmann.

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II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche (Wintersession 1911). (Vom 4. Dezember 1911.)

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Jahr

1911

Année Anno Band

5

Volume Volume Heft

50

Cahier Numero Geschäftsnummer

230

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

13.12.1911

Date Data Seite

181-184

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