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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aenderung der Konzession der Eisenbahn von Scherzligen nach Därligen (Thunerseebahn) und des Bundesbeschlusses vom 6. Oktober 1899 betreffend Uebertragung und Abänderung der Konzession der Bödelibahn (Därligen-Interlaken-Bönigen).

(Vom 25. Juli 1911.)

Tit.

Unterm 25. Januar 1910 hat das Eisenbahndepartement den Verwaltungen der schweizerischen Normalspurbahnen den Antrag unterbreitet, zur Erzielung einer Vereinfachung bei den Tarifarbeiten und der Einnahmenabrechnung, die Tarifgrundlagen für den Personen-, Gepäck-, Tier- und Güterverkehr zu vereinheitlichen. Zur Begründung dieses Antrages wurde geltend gemacht, dass die Verschiedenheit der Tarifgrundlagen bei den einzelnen schweizerischen Bahnen die Ausgabe voluminöser Tarife für den direkten Verkehr bedinge, die einen viel zu grossen Arbeitsaufwand und verhältnismässig grosse Druckkosten erfordern. Über die Art der Ausführung der Vereinheitlichung äusserte sich das Eisenbahndepartement dahin, dass an Stelle der bestehenden Tarife einfache Distanzverzeichnisse zu treten hätten, die in Verbindung mit einem für alle Normalbahnen gültigen Taxschema die Ermittlung aller Taxen für den Verkehr zwischen den schweizerischen Normalbahnen mit Leichtigkeit ermöglichen würden.

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Als gemeinsame Taxgrundlage könne selbstverständlich mit Rücksicht auf ihren weitgrössten Geltungsbereich nur diejenige der schweizerischen Bundesbahnen in Betracht kommen. Denjenigen Privatbahnen, die gemäss ihren Konzessionen höhere Taxen erheben dürfen, müsse bei Annahme der Bundesbahntarife ein Ausgleich in Form eines Distanzzuschlages bewilligt werden.

Dabei fasste das Eisenbahndepartement die Möglichkeit ins Auge, der Bundesversammlung eine Abänderung der in Betracht kommenden Konzessionen in dem Sinne zu beantragen, dass die Annahme der ßundesbahntarife vorgeschrieben und das Maximum für den zulässigen Distanzzuschlag festgesetzt würde.

Der Anregung des Eisenbahndepartements Folge gebend, stellte die Direktion der Thunerseebahn mittelst Eingabe vom 31. März 1911 das Gesuch um Änderung ihrer Konzessionen für die Bahn von Scherzligen nach Därligen und für die Bödelibahn.

Die Bahngesellsehaft führt in ihrer Eingabe im wesentlichen aus, sie sei bereit, die Grundtaxen der Bundesbahnen für den Personen-, Gepäck-, Tier- und Güterverkehr anzunehmen unter den Bedingungen, dass 1. die Bundesversammlung die Revision des Tari/gesetzes der Bundesbahnen im Sinne der Erhöhung der Retourtaxen auf 11 Rappen per Kilometer für die II. Klasse und auf 7,s Rappen per Kilometer für die III. Klasse beschliesse, 2. der Thunerseebahn gestattet werde, bei Anwendung der Grundtaxen der Bundesbahnen folgende Distanzzuschläge zu berechnen : a. auf der S t r e c k e S c b e r z l i g e n - D ä r ü g e n : für den gesamten Verkehr 50 °/o zu den effektiven Meterdistanzen ;, b. a u f d e r S t r e c k e D ä r l i g e n - B ö n i g e n : 1. für den Personen- und Gepäckverkehr 50 °/o zu den effektiven Meterdistanzen, 2. für den Tier- und Güterverkehr die bisherigen Tarifdistanzen, d. h. die doppelten aufgerundeten Effektivkilometer.

Wenn das Projekt eines Zentralbahnhofes in Interlaken zur Ausführung gelange, so müsse für den Personen- und Gepäekverkehr auf der Strecke Därligen-Interlaken Ost (Taxgrenze) ein weiterer Zuschlag vorbehalten werden, um die Zinsen für die Mehrerfordernisse an Baukapital gegenüber anderen billigeren, aber den Verkehrsanforderungen weniger entsprechenden Projekten decken zu können.

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Aus den Berechnungen, die auf Grund der Verkehrsziffern des Jahres 1909 gemacht worden seien, ergebe sich bei Anwendung der S. B. B.-Taxen mit den beanspruchten Distanzzuschlägen eine Mehreinnahme von zirka Fr. 28,000. Bei der Festsetzung der vorgeschlagenen Distanzzuschläge sei die Gesellschaft von der Erwägung ausgegangen, dass den erheblichen Baukosten bezw.

Kapitalaufwendungen, welche ihr durch die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Bödeli, die Erweiterung des Bahnhofes Spiez, den Ausbau der Linie Scherzligen-Spiez in Doppelspur und die sonstigen Bauverpflichtungen gebührend Rechnung getragen werden müsse.

Im fernem scheine es angezeigt, bei diesem Anlasse auch die Bestimmungen des Art. 24 beider Konzessionen dahin abzuändern, dass eine Taxherabsetzung erst dann einzutreten habe, wenn das gesamte Unternehmen drei Jahre nacheinander einen 6 °/o übersteigenden Reinertrag abwerfe. Diese Änderung sei namentlich deshalb wünschbar, weil es bei dem gegenwärtig zulässigen Maximal ertrag von 31/« °/o nicht möglich wäre, die finden Ausbau der Linie bereits verwendeten Kapitalien und die zur Bestreitung der übrigen Bauverpflichtungen erforderlichen Mittel durch Ausgabe neuer Aktien zu decken.

Das Eisenbahndepartement machte die Gesellschaft in bezug auf die erste der von ihr erwähnten Bedingungen durch Zuschrift vom 8. Mai 1911 darauf aufmerksam, dass mit der Erstellung ·der neuen einheitlichen Gütertarife der schweizerischen Normalbahnen bald begonnen werden. müsse. Der Entscheid der Bundesversammlung über die Revision des Tarifgesetzes der Bundesbahnen könne daher nicht wohl abgewartet werden, um die Konzessionsänderung durchzuführen. Die Gesellschaft werde deshalb entweder zurzeit von einer Änderung der Personen- und Gepäcktaxen Umgang nehmen, oder auf ihren an die Annahme der neuen Personentaxen und Zuschlagsdistanzen geknüpften Vorbehalt verzichten müssen. In bezug auf die Festsetzung des Maximalreinertrages scheine es angezeigt, nicht weiter als 5 °/o zu gehen.

Mit Zuschrift vom 20. Juni erklärte sodann die Thunerseebahn, dass sie unter den obwaltenden Umständen zurzeit auf die Änderung der Personen- und Gepäcktaxen verzichte. Dagegen müsse sie an Ihrem Begehren betreffend Erhöhung des Maximalreinertrages auf 6 °/o festhalten, um sich die eventuelle Ausgabe von neuen Aktien zu erleichtern.

Der Regierungsrat des Kantons Bern empfiehlt das Konzessionsänderungsgesuch in seiner Vernehmlassung vom 16. Mai 1911

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zur Entsprechung. Auch wir sehen uns zu keinen Einwendungen veranlasst. Die Änderung der Taxen für den Tier- und den Güterverkehr erfolgt im Interesse der Vereinheitlichung der schweizerischen Eisenbahntarife. Dem Wunsche der Bahngesellschaft um Erhöhung der Maximalrendite auf 6 °/o kann mit Rücksicht-auf den Umstand, dass dieser Höchstertrag allgemein für die Privatbahnen vorgesehen ist, und wegen der besonderen Verhältnisse, in denen sich die Thunerseebahn infolge der vielen ihr in nächster Zeit erwachsenden Bauausgaben befindet, entsprochen werden.

Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Beschlussentwurf zur Annahme und benützen auch diesen Anlass, Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 25. Juli

1911.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident:

L. Forrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

845 (Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Acnderung der Konzession der Eisenbahn von Scherzligen nach Därligen (Thunerseebahn) und des Bundesbeschlusses vom 6. Oktober 1899 betreffend Uebertragung und Abänderung der Konzession für die Bödelibahn (Därligen-Interlaken-Bönigen).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Thunerseebahn vom 31. März 1911 j 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 25. Juli 1911, beschliesst: I. Die durch Bundesbeschluss vom 17. Juni 1890 (B. A. S.

XI, 21) erteilte und durch Bundesbeschlüsse vom 23. März 1896 (E. A. S. XIV, 115) und vom 30. März 1900 (E. A. S. XVI, 92) abgeänderte Konzession einer Eisenbahn von Scherzligen nach Därligen (Thunerseebahn) und der Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1899 (E. A. S. XV, 737) betreffend Übertragung und Abänderung der Konzession für die Bödelibahn (Därligen-InterlakenBönigen) werden wie folgt abgeändert: 1. Art. 17 der Konzession der Eisenbahn von Scherzligen nach Därligen (Ziffer l des Bundesbeschlusses vom 23. März 1896> erhält folgende Fassung: ,,Für den Transport lebender Tiere ist der für die schweizerischen Bundesbahnen geltende Tarif anzuwenden, wobei die Einrechnung eines Zuschlages von höchstens 50 °/o zu den effektiven Distanzen gestattet ist."1

«46 2. Art. 18 derselben Konzession (Ziffer l des Bundesbeschlüsses -vom 23. März 1896) erhält folgende Fassung: ,,Für die Güterbeförderung sind die Warenklassifikation der schweizerischen Normalspurbahnen und der Normaltarif der schweizerischen Bundesbahnen anzuwenden, wobei die Einrechnung eines Zuschlages von höchstens 50 % zu den effektiven Distanzen .gestattet ist.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, die für Handel, Industrie, 'Gewerbe, Land- und Forstwirtschaft nötigen Ausnahmetarife einzuführen.

Für den Transport von Edelmetallen, von barem Geld und von Kostbarkeiten mit deklariertem Wert darf für Fr. 1000 per Tarifkilometer höchstens l Rappen erhoben werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkzeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.a 3. Als Art. 18 a wird eingeschaltet: ,,Für Gepäck-, Güter- und Tiersendungen kann eine Minimaltaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen für «ine einzelne Sendung nicht überschreiten darf.tt 4. Art. 19 erhält folgende Fassung: ,,Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartofieln, Futtermitteln usw. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, die vom Bundesrate nach Anhörung der Gesellschaft festgesetzt werden."

5. Art. 20 erhält folgende Fassung: ',,Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg für volle 20 kg gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg für volle 10 kg; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10' kg für eine .ganze Einheit gilt.

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Bei Geld- und Wertsendungen werden Bruchteile von Fr. 500 als volle Fr. 500 gerechnet.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgerundet, sofern der Rest mindestens einen Rappen beträgt. "· 6. Die Bestimmung unter Ziffer 2 des Bundesbeschlusses vom 23. März 1896 betreffend den zulässigen Maximalreinertrag wird aufgehoben und es tritt die Bestimmung in Art. 24, Absatz l, der Konzession wieder in Kraft.

7. Die Bestimmungen unter Ziffer l, lit. e, f und g des Bundesbeschlusses vom 6. Oktober 1899 betreffend Übertragung und Abänderung der Konzession für die Bödelibahn (DärligenInterlaken-Bönigen) werden aufgehoben. An deren Stelle treten die Art. 17, 18, 18 a, 19, 20 und 24 der durch die Bundesbeschlüsse vom 23. März 1896 und vom 30. März 1900, sowie durch den gegenwärtigen Bundesbeschluss abgeänderten Konzession einer Eisenbahn von Scherzligen nach Därligen (Thunerseebahn), mit dem Unterschiede jedoch, dass der in Art. 17 und 18 vorgesehene Distanzzuschlag für die Linie Därligen-Interlaken-Bönigenvon 50 °/o auf 100 °/o, und zwar auf den aufgerundeten Kilometerdistanzen, erhöht wird.

II. Der Bundesrat ist mit dem Vollzug dieses Beschlusses, welcher am 15. Oktober 1911 in Kraft tritt, beauftragt.

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Bundesblatt. 63. Jahrg. Bd. III.

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02.08.1911

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