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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn, teilweise Zahnradbahn, von Meiringen nach Engelberg.

(Vom 19. Mai 1911.)

Tit.

I.

Seit mehreren Jahren werden Anstrengungen für das Zustandekommen einer durchgehenden Bahn von Meiringen nach Engelberg gemacht. Bereits im Jahre 1901 wurde Herrn 0. JossiHösli in Meiringen eine Konzession für den Bau und Betrieb einer Drahtseilbahn von Meiringen auf den Hasliberg erteilt (E. A. S. XVII, 43), die unterm 1. Juli 1905 (E. A. S. XXI, 182) auf die ,,Studiengesellschaft für eine Bahn Meiringen-Hasliberg" übertragen wurde. Als es sich im Jahre 1908 um die Änderung dieser Konzession im Sinne der Erstellung einer Schmalspurbahn (teilweise Zahnradbahn) und um die gleichzeitige Verlängerung der konzessionsmässigen Fristen handelte, hatten bereits zwei Initiativkomitees, dasjenige der Herren Isler und Zumbrunn in Meiringen und das der Herren Cattani, Talammann in Engelberg, und Konsorten, Gesuche um Erteilung einer Konzession für eine durchgehende Bahn Meiringen-Engelberg eingereicht, die mit der projektierten Bahn Meiringen-Hasliberg in Konkurrenz kamen (vgl. unsere Botschaft vom 9. Juni 1908 .betreffend Änderung der Konzession und Fristverlängerung für eine Drahtseilbahn von Meiringen auf den Hasliberg, Bundesbl. 1908, IV, 121). Durch Bundesbeschluss vom 26. Juni 1908 (E. A. S. XXIV, 234) wurde

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die nachgesuchte Änderung der Konzession der Meiringen-HasJiberg-Bahn bewilligt, nachdem in einer am 3. März 1908 in Bern abgehaltenen Konferenz der Grundsatz aufgestellt wordea war, dass der Bau der Bahn nach derartigen technischen Nonnen zu geschehen habe, dass in der Folge ein durchgehender Betrieb Meiringen-Engelberg ermöglicht würde. Ferner wurde damals betont, dass eine eventuell zu konzessionierende durchgehende Linie Meiringen-Engelberg ihren Anschluss in Rüti an die Meiringen-Hasliberg-Bahn zu nehmen hätte.

II.

Nach der Erledigung des Gesuches der Studiengesellschaft in Meiringen um Änderung der Konzession und um Fristverlängerung für die Bahn Meiringea-Hasliberg fragte das Eisenbahndepartement die beiden Komitees Isler und Cattaui durch Kollektivschreiben vom 11. Juli 1908 an, ob sie geneigt wären, eine gemeinschaftliche Vorlage für die projektierte Bahnverbindung Ruti-Engelberg einzureichen. Die beiden Komitees konnten sich aber auf ein gemeinsames Vorgehen nicht einigen. Dagegen vereinigte sich in der Folge das Konsortium Cattaui mit der Studiengesellschaft in Meiringen zu einer Studiengesellschaft für eine Schmalspurbahn Meiringen-Engelberg, um die Angelegenheit gemeinsam zu verfolgen. Mittelst Eingaben vom 24. März, 25. Oktober und 26. November 1910 ersuchte nun die genannte Sfcudiengesellschaft um die Erteilung einer Konzession für den Bau und Betrieb einer durchgehenden Bahn von Meiringen über den Hasliberg, den Melchsee und den Jochpass nach Engelberg.

Um auch die Konzession Meiringen-Hasliberg vorläufig nicht untergehen zu lassen, stellte die Konzessionsbewerberin gleichzeitig das Begehren um Verlängerung der Frist zur Einreichung der vorschriftsmässigen Vorlagen für diese Bahn.

In dem allgemeinen Bericht geht die Studiengesellschaft davon aus, der Zweck der projektierten Bahn sei die Herstellung einer direkten Verbindung zwischen den beiden Kurorten Meiringen und Engelberg. Diese Ortschaften hätten als wichtige Zentren des Fremdenverkehrs von jeher rege Beziehungen unter sich erhalten und seit mehreren Jahren sei auch eine Alpemstrasse von Meiringen nach Innertkirchen und Engstlen über den Jochpass nach Engelberg projektiert. Dieses Strassenprojekt habe trotz der allseitigen Unterstützungen der beteiligten Kantone und Gemeinden wegen der erheblichen Kosten noch nicht verwirklicht werden können. Die ersehnte Verbindung zwischen Meiringen

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und Engelberg könne aber in rationeller Weise nur durch eine Bahnanlage erreicht werden, die ausser den beiden Endpunkten auch die Alpgegenden Hasliberg, Melchsee-Frutt, Engstlen, Trübsee und Gerschnialp bedienen werde. Die projektierte Bahn habe somit auch eine eminente volkswirtschaftliche Bedeutung.

Das in Aussicht genommene und im technischen Bericht beschriebene Tracé beginnt in Meiringen (Station der Brünigbahn) und zieht sich in weitem Halbkreis über die Talebene gegen Isenböigen hin. Am Fusse des Hasliberges beginnt die Steilrampe von über 8 km Länge. Die Linie wendet sich alsdann in östlicher Richtung gegen das Hotel Alpbach und erreicht die Stationen Nassenplatten und Rüti. Das Tracé führt weiter in nordöstlicher Richtung durch das Alpbachtal über Unterstafiel (Haltstelle) bis Entlebuch, wo das südliche Portal des 1200 m langen Tunnels vorgesehen ist, der die Bergkette Hohenstollen-Faulenberg-Glockhaus-Rothorn durchschneiden soll. Hier setzt die Adhäsionslinie wieder ein. Die Bahn wendet sich dann um den Melchsee herum nach der Fratt undv erreicht nach Bedienung zweier Hotels und der Haltstelle Engstlen die Station Jochpass (km 20,c). Da beginnt der Abstieg über Trdbsee und Gerschnialp gegen Engelberg mit der zweiten Zahnradstrecke von 10 km Länge. Für diese letztere Strecke wird noch eine Variante angegeben.

Wir lassen nachstehend die technischen Hauptangaben folgen.

Länge der Bahn : 30,500 m (nach einer Variante 31,500 m).

Spurweite : l m.

Maximalsteigung: Adhäsionsstrecke 60 %o,Zahnradstrecke 200°/oo.

Höhenkoten: Meiringen 598, Melchsee 1893, Jochpass 2218, Trübsee 1790, Engelberg 1010.

Minimalradius: Adhäsionsstrecke 50 m, Zahnradstrecke 80 m.

Zwischenstation eri : 12.

Der summarische Kostenvoranschlag setzt sich aus folgenden Posten zusammen : Landerwerb Fr. 160,000 Unterbau und Tunnels ,, 4,625,000 Oberbau ,, 2,287,000 Leitungsnetz ,, 305,000 Hochbau u n d Transformatorenstationen . . . ,, 350,000 Rollmaterial ,, 450,000 Mobiliar und Gerätschaften ,, 40,000 Organisation,VerwaltungundUnvorhergesehenes ,, 583,000 Total Fr. 8,800,000 oder per km zirka Fr. 290,000.

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m.

Nach Eintreffen des Konzessionsgesuches beziehungsweise der Eingabe der Studiengesellschaft vom 24. März 1910, die sich auf die seinerzeit vom Komitee Cattani und Konsorten eingereichten Vorlagen stützte, ersuchte das Eisenbahndepartement die Regierungen der interessierten Kantone Bern, Obwalden und iifidwalden um ihre Vernehmlassung. Dabei wies das Departement auf das mit dem Konzessionsgesuch der Herren Mer und Zumbrunn vom November 1906, mit Variante vom 20. Mai 1907 und Aktenergänzung vom 29. Juni 1907 *) entstehende Konkurrenzverhältnis hin. In ihren verschiedenen Vernehmlassungen sprachen sich die Kantonsregierungen, mit Ausnahme des Regierungsrates des Kantons Bern, der keinen bestimmten Antrag stellte, zugunsten der Vorlage der Studiengesellschaft und lehnten das Isler'sche Projekt ab. Das Eisenbahndepartement fragte hierauf die Konzessionsbewerbergruppe Isler und Konsorten, unter Hinweis auf die ablehnende Haltung der Kantonsregierungen, an, ob sie ihr Konzessionsgesuch aufrecht erhalte. Mittelst Eingabe vom 30. Januar 1911 ersuchten nun die Herren Isler und Konsorten um Gewährung einer Frist von einigen Monaten, um ihre Vorlage den Wünschen der Kantonsregierungen entsprechend abzuändern. Nachdem das Komitee Isler und Konsorten sein Projekt während mehr als zwei Jahren nicht weiter verfolgt hatte und .sich die Kantonsregierungen für das Konkurrenzprojekt ausgesprochen hatten, konnte diesem Begehren nicht mehr entsprochen werden. Das Eisenbahndepartement erstellte daher einen zugunsten der Studiengesellsehaft lautenden Konzessionsentwurf und lud sämtliche Interessenten zu den vorschriftsmässigen konferenziellen Verhandlungen ein. Die Konferenz, an der sich die Herren Isler und Konsorten nicht vertreten Hessen, fand am 4. April 1911 in Bern statt. Im allgemeinen wurde dem Entwurfe des Departements zugestimmt. Zu einer längeren Diskussion gab Art. 6 (sektionsweiser Bau) Anlass. Die Konzessionsbewerberin hatte nämlich drei Sektionen vorgesehen : Meiringen-Rüti, EngelbergTrübsee und Rüti-Melchsee-Jochpass-Trübsee. Da aber die Regierung des Kantons Obwalden in ihren Vernehmlassungen vom 9. September 1910 und vom 9. März 1911 über ein seinerzeit *) Wir haben die erforderlichen Augaben über dieses Konzessionsgesuch bereits in der hiervor erwähnten Botschaft vom 9. Juni 1908 betreffend Änderung der Konzession und Fristverlängerung für eine Drahtseilbahn von Meiringen auf den Hasliberg gemacht (s. Bundesbl. 1908, IV, 124).

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von Herrn Ingenieur Kychener in Engeiberg eingereichtes und inzwischen im Einverständnis mit dem Konzessionsbewerber vorläufig zurückgelegtes Konzessionsgesuch für eine Drahtseilbahn Engelberg-Gerschnialp erklärt hatte, sie begutachte das Konzessionsgesuch der Studiengesellschaft für eine durchgehende Bahn Meiringen-Engelberg in empfehlendem Sinne, sofern die Strecke Engelberg-Gerschnialp bis im Frühjahr 1912 finanziert sei, war es notwendig gewesen, im Konzessionsentwurf die genannte Strecke als eigene Sektion aufzuführen und somit vier Sektionen in Aussicht zu nehmen. Von selten der Meiringer Interessenten wurde nun an der Konferenz ebenfalls die Wünschbarkeit der schnellen Inangriffnahme der bereits konzessionierten Strecke MeiringenHasliberg hervorgehoben und betont, dass die Finanzierung der auf gleicher Stufe zu stellenden beiden Endsektionen innert Jahresfrist nicht möglich wäre. Es wurde daher beschlossen, als Sektionen I und II die Strecken Meiringen-Rüti und EngelbergGerschnialp zu bestimmen und die Frist zur Einreichung der vorschriftsmässigen Vorlagen für diese beiden Sektionen auf 24 Monate festzusetzen.

Für den Art. 14 beliebte eine Fassung, nach welcher der Betrieb auf der Strecke Rüti-Melchsee-Jochpass-Trübsee-Gerschnialp auf die Zeit vom 1. Juni bis 30. September soll beschränkt werden können. Auf den Strecken Meiringen-Rüti und EngelbergGerschnialp soll der Betrieb, mit Bewilligung des Bundesrates, während gewisser Zeitperioden eingestellt werden dürfen.

In Art. 16, Absatz 3, wurde für die einheimische Bevölkerung eine Reduktion der Taxansätze von mindestens 30 % festgesetzt. Dabei wurde festgestellt, dass unter dem Begriffe der einheimischen Bevölkerung die Einwohner der Gemeinden Meiringen, Hasliberg, Innertkirchen, Wolfenschiessen, Kerns und Engelberg, sowie die Alphütten- und Alpteilbesitzer und deren Personal zu verstehen seien.

Anlass zu einer kurzen Erörterung gab endlich noch die Vorschrift in Art. 5, Absatz 2, gemäss welcher das Streckenund das Stationspersonal schweizerischer Nationalität sein soll, wobei allseitig die Meinung herrschte, dass diese Bestimmung nur für das ständige Personal zu gelten hat und auf Bahnen im Bau nicht angewendet werden soll.

Wir haben zum nachstehenden Beschlussesentwurf noch zu bemerken, dass durch die Erteilung einer Konzession für die durchgehende Bahn Meiringen-Engelberg die noch zu Recht be-

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stehende Konzession für die Bahn von Meiringen auf den Hasliberg hinfällig wird. Es ist deshalb im Eingang zu Ziffer I der zu erteilenden Konzession die Aufhebung der bezüglichen Bundesbeschlüsse vom. 29. März 1901, 1. Juli 1905 und 26. Juni 1908 vorgesehen worden.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse, die Versicherung unserer vorzüglichen Hochachtung.

B e r n , den 19. Mai 1911.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Buchet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :.

Schutzmann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn, teilweise Zahnradbahn, von Meiringen nach Engelberg.

D i e B'u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. dreier Eingaben der Studiengesellschaft für eine Schmalspurbahn Meiringen-Engelberg, vom 24. März, 25. Oktober und 26. November 1910 ; 2. dreier Eingaben der Herren I s l e r und Z u m b r u n n , in Meiringen, vom November 1906, 20. Mai 1907 und 29. Juni 1907;, 3. einer Eingabe der Herren I s l e r und Konsorten, vom 30. Januar 1911 ; 4. einer Botschaft des Bundesrates vom 19. Mai 1911, beschließt: I. Der Studiengesellschaft für eine Schmalspurbahn MeiringenEngelberg wird zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb einer elektrischen Schmalspur-, teilweise Z a h n r a d b a h n , von M e i r i n g e n nach E n g e l b e r g unter den in den nachfolgenden Artikeln 'enthaltenen Bedingungen erteilt.

Gleichzeitig werden die Bundesbeschlüsse betreffend die Drahtseilbahn von Meiringen auf den Hasliberg aufgehoben, nämlich Bundesbeschluss vom 29. März 1901 (Konzessionserteilung, s.

E. A. S. XVII, 43), Bundesbeschluss vom 1. Juli 1905 (Konzessionsübertragung, s. E. A. S. XXI, 182) und Bundesbeschluss vom 26. Juni 1908 (Konzessionsänderung, s. E. A. S. XXIV, 234).

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Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung linden.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 4. Der Sitz der Gesellschaft ist in Meiringen.

Art. 5. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Das Strecken- und das Stationspersonal soll schweizerischer Nationalität sein.

Art. 6. Es wird der Gesellschaft gestattet, die Bahn in vier Sektionen auszuführen, nämlich : I. -Meiringen-Rüti ; II. Engelberg-Gerschnialp ; III. Gerschnialp-Trübsee ; IV. Rüti-Melchsee-Jochpass-Trübsee.

Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, sind dem Bundesrat die vorschriftsmässigen technischen und finanziellen Vorlagen für die beiden ersten Sektionen nebst den Statuten der Gesellschaft zur Genehmigung einzureichen.

Innert 6 Monaten nach der Plangenehmigung ist mit den Erdarbeiten für die Erstellung der beiden ersten Sektionen zu beginnen.

Binnen 12 Monaten, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, sind die beiden ersten Sektionen zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Für die übrigen Sektionen wird der Bundesrat die Fristen, nach Anhörung der Bahngesellschaft und der Kantonsregierung, festsetzen.

Die Nichteinhaltung der Fristen für eine Sektion hat nur den Hiufall der Konzession für die betreffende Sektion zur Folge.

Die Bahnverwaltung hat dafür zu sorgen, dass die Tunnelarbeiten am Sonntag, mit Ausnahme der Arbeiten ,,vor Orttt und allfälliger unaufschiebbarer Arbeiten, eingestellt werden.

123 Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrat vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch die Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von einem Meter und eingeleisig erstellt und mittelst Elektrizität betrieben.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen usw., sind Eigentum des Kantons, auf dessen Gebiet sie gefunden werden, und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den eidgenössischen Beamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, das« Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlass geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Ebenso hat er das Recht, zu verlangen, dass Mitglieder der Verwaltung, welchen vorübergehend oder dauernd Funktionen eines Beamten oder Angestellten übertragen sind und die in der Ausübung derselben Anlass zu begründeten Klagen geben, dieser Funktionen enthoben werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Gütern. Zum Transport von lebenden Tieren ist sie nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahn- und Dampfschiffunternehmungen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können solche erst eingeführt werden, nachdem sie vom Bundesrat genehmigt worden sind.

Art. 14. Die Gesellschaft kann den Betrieb auf der Strecke Rüti-Melchsee-Jochpass-Trübsee-Gerschnialp auf die Zeit vom 1. Juni bis 30. September beschränken.

Bundesblatt. 63. Jahrg. Bd. III.

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Auf den Strecken Meiringen-Rüti und Engelberg-Gerschnialp kann sie den Betrieb mit Bewilligung des Bundesrates auf gewisse Zeitperioden beschränken.

Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens 3mal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und mit Anhalten auf allen Stationen, erfolgen.

. Die Fahrgeschwindigkeit der Züge wird vom Bundesrat festgesetzt.

Die Fahrpläne unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach dem Durchgangssystem mit zwei Klassen aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat dafür zu sorgen, dass alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden, wenn immer möglich, durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 16. Für die Beförderung von Personen können per Kilometer der Bahnlänge Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : a. für die Strecken M e i r i n g e n - M e l c h s e e und J o c h p a s s Engelberg: in der zweiten Wagenklasse Fr. 1. 05, in der dritten Wagenklasse 70 Rappen; b. für die Strecke M e l c h s e e - J o c h p a s s : in der zweiten Wagenklasse 45 Rappen, in der dritten Wagenklasse 30 Rappen.

Für Hin- und Rückfahrten sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für doppelte einmalige Fahrten.

Der einheimischen Bevölkerung ist auf obigen Taxen eine Reduktion von mindestens 30 °/o zu gewähren.

Kinder unter vier Jahren sind gratis zu befördern, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird.

Für Kinder zwischen dem vierten und dem zurückgelegten zwölften Altersjahre ist in beiden Wagenklassen die Hälfte der Taxe zu zahlen.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, zu Bedingungen, welche im Einvernehmen mit dem Bundesrat aufzustellen sind, Abonnementsbillette zu reduzierter Taxe auszugeben.

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Art. 17. Für die Beförderung von Armen, welche sich als solche durch Zeugnis der zuständigen Behörden ausweisen, ist die halbe Personentaxe zu berechnen.

Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Behörden sind auch Arrestanten zu transportieren.

Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Jeder Reisende ist berechtigt, 10 Kilogramm Reisegepäck taxfrei z\j befördern, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für anderes Reisegepäck können per Kilometer der Bahnlänge und per 100 kg höchstens folgende Taxen bezogen werden: a. für die Strecken Meiringen-Melchsee und Jochpass-Engelberg : 60 Rappen ; b. für die Strecke Melchsee-Jochpass : 30 Rappen.

Mit Zustimmung des Bundesrates kann für das Reisegepäck ein Abfertigungsverfahren mit einer einheitlichen Taxe eingeführt werden. In diesem Falle setzt der Bundesrat die Taxe fest.

Art. 19. Bei der Erstellung der Gütertarife ist im allgemeinen vom Gewicht und Umfang der Warensendungen auszugehen, aber, soweit es die Bedürfnisse von Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft rechtfertigen, auch auf den Wert und die wirtschaftliche Bedeutung der Waren Rücksicht zu nehmen.

Es sind Klassen aufzustellen, für welche die Taxen per Kilometer der Bahnlänge und per 100 kg folgende Ansätze nicht übersteigen dürfen: Strecken

höchste

niedri ste Taxe

S

Meiringen-Melchsee und l . . . . 45 RappenTM 25 Rappen fv rr Jochpass-Engelberg } Melchsee-Jochpass 20 ,, 10 ,, Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die für Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft erforderlichen Rohstoffe sollen am niedrigsten taxiert werden.

Art. 20. Traglasten mit landwirtschaftlichen und einheimischen gewerblichen Erzeugnissen, sowie Handwerkszeug für den persönlichen Gebrauch des Aufgebers, welche in Begleitung der Träger,

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wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sofort wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu erheben.

Art. 21. Beim Eintritt von Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebens- und Futtermittel, sind finden Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Futtermitteln usw. zeitweise niedrigere Taxen einzuführen, welche vom Bundesrat nach Anhörung der Bahnverwâltung festgesetzt werden.

Art. 22. Für Gepäck- und Gütersendungen kann eine Minimaltaxe erhoben werden, die aber den Betrag von 40 Rappen für eine einzelne Sendung nicht überschreiten darf.

Art. 23. Die vorstehenden Taxbestimmungen beschlagen bloss den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stations verlad platze aufzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur mit Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 24. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers filr einen ganzen Kilometer gerechnet.

Das Gewicht wird bei Gütersendungen bis auf 20 kg. für volle 20 kg. gerechnet und bei Gepäcksendungen bis auf 10 kg. für volle 10 kg. ; das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 kg. berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 kg. für eine ganze Einheit gilt.

Wenn die genaue Ziffer der so berechneten Taxe nicht ohne Rest durch 5 teilbar ist, so wird sie auf die nächsthöhere durch 5 teilbare Zahl aufgeruodet, sofern der Kest mindestens einen Rappen beträgt.

Art. 25. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 26. Sämtliche Réglemente und Tarife sind mindestens drei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrat zur Genehmigung vorzulegen.

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Art. 2T. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismässig herabzusetzen. Kann hierüber eine Verständigung zwischen dem Bundesrat und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschliesslich der Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 28. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äufnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds au sorgen und für das Personal eine Kranken- und Uaterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besoudern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Ferner sind die Reisenden und das Personal bei einer Anstalt bezüglich derjenigen Verpflichtungen zu versichern, welche aus dem Haftpflichtgesetz vom 28. März 1905 mit bezug auf Unfälle beim Bau, beim Betrieb und bei Hülfsgeschäften sich ergeben.

Art. 29. Für die Ausübung des Rüekkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der Kantone Bern, Nidwaiden und Obwalden gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens 30 Jahre nach Eröffnung des Betriebes und von da an je auf 1. Januar eines Jahres erfolgen. Vom Entschluss des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rüekkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören. -Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensions- und Untevstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge getan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis l. Januar 1950 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des

128 durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Kalender jähre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen 5 -- sofern der Ruckkauf zwischen dem 1. Januar 1950 und 1. Januar 1965 erfolgt, den 22Vafachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Januar 1965 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzessionierte Eisenbahnunternehmung mit Ausscbluss aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschus» der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztem auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 30. Haben die Kantone Bern, Obwalden und Nidwaiden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein Rückkaufsrecht, wie es im Art. 29 definiert worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II. Auf das Konzessionsgesuch der Herren Isler und Konsorten für eine Zahnradbahn von Meiringen nach Engelberg wird nicht eingetreten.

III. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieses Beschlusses, welcher am 1. Juli 1911 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Konzession einer elektrischen Schmalspurbahn, teilweise Zahnradbahn, von Meiringen nach Engelberg.

(Vom 19. Mai 1911.)

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24.05.1911

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