00.054 Botschaft über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Mazedonien vom 5. Juni 2000

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über das am 14. April 2000 unterzeichnete Abkommen mit Mazedonien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

5. Juni 2000

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

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Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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Übersicht Am 14. April 2000 wurde mit Mazedonien ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen unterzeichnet.

Dieses Abkommen bietet Personen mit steuerlichen Bezugspunkten zu beiden Staaten und speziell den investierenden Unternehmen neben der Beseitigung der Doppelbesteuerung auch einen gewissen steuerlichen Schutz. Es begünstigt neue Investitionen und stellt zudem sicher, dass die schweizerischen Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten aus anderen Industriestaaten keine steuerlich bedingten Wettbewerbsnachteile erleiden.

Das Abkommen folgt im Wesentlichen dem Musterabkommen der OECD und der schweizerischen Abkommenspraxis. Bezüglich der Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren konnten die von der Schweiz angestrebten Lösungen grösstenteils verwirklicht werden. Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss des Abkommens im Vernehmlassungsverfahren begrüsst.

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Botschaft 1

Vorgeschichte

Anlässlich der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Mazedonien im Januar 1994 wurde festgestellt, dass die Behörden Mazedoniens ein beträchtliches Interesse am Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zur Schweiz haben. Nach der Unterzeichnung eines Investitionsschutzabkommens am 26. September 1996 gelangte Mazedonien daher mit dem konkreten Begehren um Aufnahme von Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen an die Schweiz. Am Schluss einer einzigen Verhandlungsrunde konnte im Juni 1998 das vorliegende Abkommen paraphiert werden. Im April 2000 ergab sich anlässlich eines Besuches von Bundesrat Pascal Couchepin in Skopje die Gelegenheit für die Unterzeichnung des Staatsvertrags.

Als Folge der politischen Öffnung und der Kriege in Bosnien und Herzegowina verzeichnete das Bruttosozialprodukt in Mazedonien zwischen 1992 und 1995 einen starken Rückgang, um erst im Jahre 1996 wieder anzusteigen. Für den Wirtschaftsaufschwung verantwortlich sind in erster Linie die Exportgüter aus der Industrieproduktion in den Bereichen Metallverarbeitung, Chemie und Textil. Gegenwärtig befindet sich die immer noch stark auf die landwirtschaftliche Produktion ausgerichtete mazedonische Wirtschaft in einer Stabilisierungsphase. Im Vergleich zu anderen Ländern der Region ist die Privatisierung verhältnismässig weit fortgeschritten.

Die Schweiz und Mazedonien beabsichtigen, die technische und finanzielle Zusammenarbeit zu intensivieren und den Handel zwischen den Ländern zu fördern.

Neben der Beseitigung der Doppelbesteuerung vermittelt ein Doppelbesteuerungsabkommen den in Mazedonien tätigen Unternehmen einen steuerlichen Schutz, begünstigt neue schweizerische Investitionen und trägt dazu bei, dass den schweizerischen Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten aus anderen Industriestaaten keine steuerlich bedingten Wettbewerbsnachteile erwachsen. Der Bundesrat hat zudem in der Botschaft über eine verstärkte Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten und über entsprechende Soforthilfsmassnahmen (BBl 1990 I 145) die generelle Unterstützung des Reformprozesses in Mittel- und Osteuropa befürwortet und den Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen als geeignete Massnahme bezeichnet.

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Bemerkungen zu den Bestimmungen des Abkommens

Das Abkommen zwischen der Schweiz und Mazedonien folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht weitestgehend dem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeiteten Musterabkommen sowie der schweizerischen Vertragspraxis. Es werden deshalb im Folgenden nur die wesentlichsten Abweichungen vom Musterabkommen und die wichtigen Besonderheiten des Abkommens erläutert.

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Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Der sachliche Geltungsbereich des Abkommens umfasst die Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Die Quellensteuer auf Lotteriegewinnen wird der schweizerischen Abkommenspraxis entsprechend vom Anwendungsbereich des Abkommens ausgeschlossen.

Art. 5

Betriebstätte

Eine Bau- oder Montageausführung begründet eine Betriebstätte, wenn ihre Dauer zwölf Monate übersteigt.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Das Abkommen folgt dem im Musterabkommen der OECD festgelegten Grundsatz, dass eine Betriebstätte nur für diejenigen Gewinne besteuert werden darf, die ihr zugerechnet werden können.

Ziffer 1 des Protokolls bekräftigt diesen Grundsatz und stellt sicher, dass für die Bemessung des Betriebstättengewinns einzig von der effektiven Tätigkeit und nicht vom Grundsatz der Attraktivkraft der Betriebstätte ausgegangen werden darf.

Art. 8

Internationaler Transport

Diese Bestimmung gilt auch für im internationalen Verkehr betriebene Strassenfahrzeuge.

Art. 9

Verbundene Unternehmen

Wie bei den meisten in letzter Zeit abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen gelang es auch hier, die der schweizerischen Praxis entsprechende Formulierung der Absätze 2 und 3 einzubringen.

Nach Absatz 2 ist eine allfällige Gewinnkorrektur durch einen Vertragsstaat nicht obligatorisch und automatisch durchzuführen, wie dies das Musterabkommen der OECD vorsieht; vielmehr können sich die beiden Staaten zur Herbeiführung einer Einigung über die Berichtigung der Gewinne konsultieren. Nach Absatz 3 dürfen Gewinnberichtigungen nicht mehr vorgenommen werden, wenn seit Ablauf des Jahres, in dem die fraglichen Gewinne erzielt wurden, mehr als fünf Jahre vergangen sind. Diese zeitliche Begrenzung findet in Steuerbetrugsfällen oder in Fällen von anderen vorsätzlichen Steuerdelikten keine Anwendung.

Art. 10

Dividenden

Die Steuer zu Gunsten des Quellenstaates beträgt 5 Prozent bei Beteiligungen von mindestens 25 Prozent, die von einer Gesellschaft (ausgenommen sind Personengesellschaften) gehalten werden. In den übrigen Fällen ist das Besteuerungsrecht des Quellenstaates auf 15 Prozent begrenzt.

Art. 11

Zinsen

Die Steuer zu Gunsten des Quellenstaates beträgt 10 Prozent. Zinsen auf Kreditlieferungen von Ausrüstungen und auf Warenkreditverkäufen sowie Zinsen auf Darle-

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hen, die von einer Bank gewährt werden, sind dagegen ausschliesslich im Ansässigkeitsstaat des Empfängers steuerbar.

Art. 12

Lizenzgebühren

Lizenzgebühren können nur im Wohnsitz- bzw. Sitzstaat des Empfängers besteuert werden. Ziffer 2 des Protokolls stellt klar, dass Vergütungen für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen (Leasinggebühren) unter Artikel 7 (Unternehmensgewinne) und nicht unter Artikel 12 fallen.

Art. 13

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Die Bestimmung, wonach Gewinne aus der Veräusserung von im internationalen Verkehr eingesetzten Transportmitteln nur am Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens besteuert werden können, gilt auch für im internationalen Verkehr betriebene Strassenfahrzeuge.

Art. 17

Künstler und Sportler

Entsprechend der schweizerischen Vertragspraxis erfolgt die Besteuerung am Tätigkeitsort grundsätzlich auch für Einkünfte, die einer anderen Person als dem Künstler oder Sportler für dessen Auftreten zufliessen. Diese Besteuerung tritt jedoch nicht ein, wenn nachgewiesen werden kann, dass weder der Künstler oder der Sportler noch mit ihnen verbundene Personen an den Gewinnen dieser anderen Person direkt beteiligt sind. Die Bestimmungen von Artikel 17 finden auch dann keine Anwendung, wenn die Einkünfte des Künstlers oder Sportlers direkt oder indirekt in erheblichem Umfang aus öffentlichen Mitteln stammen.

Art. 20

Studenten

Auf Wunsch von Mazedonien wurde diesem Artikel ein zweiter Absatz beigefügt, der die Gleichbehandlungsvorschrift des Musterabkommens der Vereinten Nationen für aus dem Aufenthaltsstaat stammende Einnahmen enthält.

Art. 21

Andere Einkünfte

Das Abkommen enthält eine Generalklausel, die das Besteuerungsrecht für die in den anderen Artikeln des Abkommens nicht erwähnten Einkünfte ausschliesslich dem Ansässigkeitsstaat des Empfängers zuweist.

Art. 22

Vermögen

Die Bestimmung, wonach Transportmittel des internationalen Verkehrs nur am Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens besteuert werden können, gilt auch für im internationalen Verkehr betriebene Strassenfahrzeuge.

Art. 23

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Mazedonien vermeidet die Doppelbesteuerung mittels der Anrechnungsmethode; die Schweiz wendet grundsätzlich die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt an und gewährt für Dividenden und Zinsen die pauschale Steueranrechnung.

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Art. 26

Informationsaustausch

Entsprechend der neueren Tendenz hat sich die Schweiz bereit erklärt, einen Artikel über den Informationsaustausch in das Abkommen aufzunehmen. In Übereinstimmung mit der ständigen schweizerischen Abkommenspraxis sieht die Bestimmung vor, dass nur Auskünfte ausgetauscht werden können, die für die korrekte Anwendung des Abkommens notwendig sind.

Art. 28

Inkrafttreten

Das Abkommen tritt mit Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft, und dessen Bestimmungen sind hinsichtlich der der Quellensteuer unterliegenden Vergütungen erstmals am 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Jahres sowie hinsichtlich der übrigen Steuern für Steuerjahre, die am 1. Januar des Ratifikationsjahres beginnen, anwendbar.

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Finanzielle Auswirkungen

In einem Doppelbesteuerungsabkommen verzichten beide Vertragsstaaten auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz ergeben sich Einbussen durch die teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer und durch die Anrechnung der in Mazedonien auf Dividenden und Zinsen gestützt auf die Artikel 10 und 11 erhobenen Quellensteuern. Da die mazedonischen Investitionen in der Schweiz unbedeutend sind, dürften die Einbussen, die sich aus der teilweisen Rückerstattung der Verrechnungssteuer an in Mazedonien ansässige Personen ergeben, nur geringfügig ins Gewicht fallen. Die durch den Bundesratsbeschluss vom 22. August 1967 verankerte pauschale Steueranrechnung wird eine gewisse Belastung der schweizerischen Steuerhoheitsträger nach sich ziehen. Diese Einbussen, deren Ausmass mangels geeigneter Unterlagen nicht geschätzt werden kann, werden teilweise aufgewogen durch den Umstand, dass inskünftig die aus Mazedonien stammenden Einkünfte in der Schweiz mit dem Bruttobetrag besteuert werden, während bisher die mazedonische Quellensteuer zum Abzug von der Bemessungsgrundlage zugelassen werden musste.

Daraus wird sich eine allgemeine Erhöhung des steuerbaren Einkommens ergeben.

Im vorliegenden Abkommen konnten Lösungen vereinbart werden, die für die Schweiz, aber auch für die schweizerische Wirtschaft vorteilhaft sind. Das Abkommen bringt wesentliche Verbesserungen und Erleichterungen gegenüber dem bisherigen abkommenslosen Zustand. Es darf erwartet werden, dass das Abkommen zur Förderung neuer schweizerischer Direktinvestitionen in Mazedonien beitragen und sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung und die politische Neuausrichtung des Landes auswirken wird. Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben dessen Abschluss im Vernehmlassungsverfahren gutgeheissen. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass Doppelbesteuerungsabkommen in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden und dass sie ganz allgemein zur Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beitragen, was ein Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik darstellt.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage dieses Abkommens bildet Artikel 54 der Bundesverfassung vom 18. April 1999, der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 der Bundesverfassung zuständig für die Genehmigung des Abkommens. Das Abkommen ist zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht weder den Beitritt zu einer internationalen Organisation vor, noch führt es eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbei. Der Bundesbeschluss unterliegt daher nicht dem fakultativen Referendum gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d der Bundesverfassung.

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Schlussfolgerungen

Das mit Mazedonien abgeschlossene Abkommen folgt weitgehend dem OECDMusterabkommen und entspricht der schweizerischen Abkommenspraxis. Es schafft Rechtssicherheit und bringt den schweizerischen Investoren eine erhebliche Entlastung von den mazedonischen Steuern. Das Abkommen dürfte sich allgemein günstig auf die weitere Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Mazedonien auswirken.

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