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Parlamentarische Initiative 1. August. Arbeitsfreier Bundesfeiertag Bericht der Petitions- und Gewährleistungskommission des Nationalrates vom 9. Dezember 1991

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, die Kommission unterbreitet Ihnen gemäss Artikel 21quater des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG; SR 171.11) ihren Bericht und überweist ihn gleichzeitig dem Bundesrat zur Stellungnahme.

Antrag Die Petitions- und Gewährleistungskommission beantragt, dem Entwurf für ein Bundesgesetz zur Regelung eines arbeitsfreien Bundesfeiertages zuzustimmen.

Beilagen 1 2 3

Gesetzesentwurf Erläuternder Bericht der Kommission Text und Begründung der Initiative Ruf

9. Dezember 1991

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Im Namen der Petitionsund Gewährleistungskommission Die Präsidentin: Jeanprêtre

1991-893

Beilage l

Bundesgesetz über den Bundesfeiertag

Entwurf

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Prüfung einer parlamentarischen Initiative, nach Einsicht in den Bericht der Petitions- und Gewährleistungskommission des Nationalrates vom 9. Dezember 1991 '' und in die Stellungnahme des Bundesrates vom ...2), beschliesst: Art. l Grundsatz Der Bundesfeiertag der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird auf den 1. August festgelegt.

Art. 2 Arbeitsfreiheit Der Bundesfeiertag ist arbeitsfrei.

Art. 3 Lohnzahlungspflicht Für den arbeitsfreien Bundesfeiertag besteht volle Lohnzahlungspflicht durch die Arbeitgebenden.

Art. 4 Ausnahmen 1 In analoger Anwendung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen über die Sonntagsarbeit3) kann vom Grundsatz der Arbeitsfreiheit abgewichen werden. Die Gewährung von Ausnahmebewilligungen misst sich am öffentlichen Interesse und ist restriktiv zu handhaben.

2 In diesen Fällen besteht Anspruch auf einen andern arbeitsfreien Tag. Diese Zeitkompensation ist analog der arbeitsrechtlichen Bestimmungen über die Sonntagsarbeit zu regeln.4' » BB1 1992 II 1006 ) BEI 1992 ...

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3)

Art. 19-22 des Bundesgesetzes über die Arbeit m Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, SR 822.11) sowie damit in Zusammenhang stehende Erlasse der Arbeitsschutzgesetzgebung 4 ) Art. 18 Abs. l des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, SR 822.11) sowie damit in Zusammenhang stehende Erlasse der Arbeitsschutzgesetzgebung

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Bundesfeiertag BG

Art. 5 Verhältnis zu den arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Bundes Der arbeitsfreie l. August gilt nicht als Feiertag im Sinne von Artikel 18 Absatz 2 des Arbeitsgesetzes]).

Art. 6 Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Bundesgesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

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') SR 822.11

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Beilage 2 Erläuterungen der Kommission l

Ausgangslage

Kurz vor Ende des 19. Jahrhunderts wurde auf bundesrätliche Empfehlung im ganzen Gebiet der Schweiz am Abend des 1. August mit einem Festgeläute erstmals eine Bundesfeier begangen. In einem Kreisschreiben vom 2I.Juli 1899 hatte der Bundesrat, gestützt auf eine Umfrage des Eidgenössischen Departements des Innern bei den einzelnen Kantonen, diesen empfohlen, auf solche Weise in Anknüpfung an die 600-Jahr-Feier von 1891 der Gründung! der Eidgenossenschaft zu gedenken. Die Anregung dazu war erstmals von einem Mitglied des Berner Stadtrates vorgebracht und von der bernischen Kantonsregierung aufgenommen und verbreitet worden.

Seither hielt die Auseinandersetzung um die Ausgestaltung eines eigentlichen Nationalfeiertages an. Im Laufe der Entwicklung und der Wandlung dieser zu einem erstaunlich späten Zeitpunkt aus der Taufe gehobenen Bundesfeier hatten sich die Behörden immer wieder vorwiegend mit der Frage zu befassen, ob der l. August von Amtes wegen zum Ruhetag erklärt werden solle. Bereits in der Zeit des Ersten Weltkrieges vertrat der Bundesrat in einer Antwort auf verschiedene Begehren die Auffassung, eine einfache Feier mit Glockengeläute und Höhenfeuern entspreche am ehesten den einfachen und arbeitsamen Überlieferungen unseres Volkes, und lehnte die Schaffung eines Feiertages ab. Auch in späteren amtlichen Äusserungen wich die Landesregierung nicht wesentlich von diesem Standpunkt ab.

Es blieb seit jeher den Kantonen überlassen, den I.August zum gesetzlichen Feiertag zu erheben. Über Stellung und Ausgestaltung des Nationalfeiertages wurden 1977 von Bundesseite aus Erhebungen durchgeführt. Dabei sprach sich die grosse Mehrheit der Kantone gegen die Einfuhrung eines eidgenössischen Feiertages aus.

Während nun heute der 1. August in einem Teil der Kantone als gewöhnlicher Arbeitstag gilt, hat er in anderen Kantonen den Rang eines gesetzlichen Feiertages. Und vielerorts wird bereits heute am Bundesfeiertag nur noch teilweise gearbeitet, auch wenn im betreffenden Kanton der Tag nicht den Ruhetagsbestimmungen unterliegt. Unzukömmlichkeiten ergeben sich dabei insbesondere in den Grenzgebieten zwischen Kantonen mit unterschiedlicher Feiertagsregelung.

Bis heute hat der Bund keine gesamtschweizerisch verbindliche Anerkennung des 1. August als Feiertag beschlossen, und einzig die Kantone haben
Vorschriften über Feiertage erlassen.

Das Arbeitsgesetz ermächtigt dieselben in Artikel 18 Absatz 2, höchstens acht Feiertage im Jahr den Sonntagen gleichzustellen und sie nach Kantonsteilen anzusetzen. Es bietet jedoch keine Grundlage, um bestimmte Feiertage gesamtschweizerisch festzulegen.

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Die parlamentarische Initiative Ruf

Am 7. Juni 1989 reichte Nationalrat Ruf eine parlamentarische Initiative in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs ein. Nach der Initiative soll mittels einer Änderung der Bundesverfassung der 1. August in der ganzen Eidgenossenschaft Bundesfeiertag und arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt werden.

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Arbeiten der Kommission

Die Petitions- und Gewährleistungskommission wurde vom Büro mit der Vorberatung der parlamentarischen Initiative beauftragt. Sie gab dem Initianten Gelegenheit, sich zu seinem Vorstoss zu äussern (Art. 21qumqules des Geschäftsverkehrsgesetzes).

Am 25. April 1990 diskutierte die Kommission die Initiative eingehend. Sie hielt dazu folgendes fest:

31 Die Frage, ob der l. August ein arbeitsfreier Feiertag ist oder nicht, ist für die Geisteshaltung der Schweizerinnen und Schweizer nicht entscheidend. Staatspolitisch gesehen würde der freie Tag gar nicht oder höchstens sehr wenig zur Bereicherung oder zur Besinnung beitragen. Bundesfeiern, die sich gesamtschweizerisch auf den Abend konzentrieren, werden nach Auffassung der Kommission eher besser besucht, wenn nicht ein staatlich verordneter Feiertag schon von vornherein dazu einlädt, die Freizeit fern vom eigenen Wohnort zu verbringen.

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Heute sind die Kantone allein zuständig, Vorschriften über Feiertage zu erlassen. Sie haben denn auch die Möglichkeit, den 1. August arbeitsfrei zu erklären.

Die Kommission vertritt die Überzeugung, dass kantonale Feiertagsregelungen besser auf die regionalen und örtlichen Bedürfnisse und Traditionen Rücksicht zu nehmen vermögen. Vielerorts wurde zudem auch ohne besondere Vorschriften auf partnerschaftlichem Wege vereinbart, zumindest nachmittags freizugeben.

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Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass das Thema erst kürzlich im Parlament erörtert wurde. Die Kommission ist der Auffassung, dass sich seither keine neuen Aspekte ergeben haben, aufgrund derer man darauf zurückkommen müsste.

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Demgegenüber vertrat ein Teil der Kommission die Auffassung, dass es wirtschaftlich zu verantworten wäre, zusätzlich einen solchen Feiertag festzulegen.

Zudem stelle der 1. August einen Sonderfall dar, der einen eidgenössischen Feiertag rechtfertige.

Aus diesen Gründen beantragte die Kommission mit 11:6 Stimmen, der parlamentarischen Initiative für einen arbeitsfreien Bundesfeiertag keine Folge zu geben.

Der Nationalrat stimmte am 26. September 1990 entgegen dem Antrag der Kommission der Initiative unter Namensaufruf mit 100:66 Stimmen (l Enthaltung) zu und beauftragte die Petitions- und Gewährleistungskommission mit der Ausarbeitung einer Vorlage.

Am 28. August und 30. Oktober 1991 beriet die Kommission aufgrund eines Gutachtens von Professor Paul Richli sowie einer Stellungnahme des Bundesamtes für Kultur den Entwurf für ein Bundesgesetz zur Regelung eines arbeitsfreien Bundesfeiertages und stimmte diesem zu.

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Erwägungen und Vorschläge der Kommission

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Titel

Im Titel wird der 1. August mit dem Begriff Bundesfeiertag umschrieben. Es wird damit die allgemein gebräuchliche, auch umgangssprachlich meistens verwendete Bezeichnung («Bundesfeier» als Umschreibung der stattfindenden Anlässe usw.) verwendet. Dies ist auch sachlich gerechtfertigt, soll doch am 1. August der Staatsgründung als bundesstaatlicher Konzeption gedacht werden.

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Ingress

Die Kompetenz des Bundes zum Erlass eines Gesetzes über den Bundesfeiertag ergibt sich als inhärente Zuständigkeit stillschweigend kraft Natur der Sache aus der Bundesverfassung (Inhérent power, vgl. hiezu Yvo Hangartner, Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen, Bern/Frankfurt a. M.

1974, S. 75 ff.). Die Regelung des Bundesfeiertages steht wesensgemäss der Bundesgewalt zu, handelt es sich doch um eine Materie, die eine der partikularen Gesetzgebungszuständigkeit a priori entrückte Bundesangelegenheit darstellt. Nur der Bund kann von der Sache her eine Regelung über den Bundesfeiertag vorsehen, da es sich ja gerade darum handelt, einen Tag zu bestimmen, an welchem der Entstehung eben dieses Bundes gedacht werden soll. Eine Zuweisung dieser Kompetenz an die Gliedstaaten erschiene denn auch keineswegs sachgerecht. Die Kantone wären denn auch je einzeln nicht in der Lage, einen Bundesfeiertag festzusetzen und die Art und Weise seiner Begehung zu regeln.

Auch in Deutschland anerkennt die Rechtslehre für die Regelung dieser Materie eine Bundeszuständigkeit aus der Natur der Sache (vgl. hiezu E.Schunck/ H. de Clerck, Allgemeines Staatsrecht und Staatsrecht des Bundes und der Länder, 9. Aufl., Sieburg 1980, S. 269, vgl. auch BVerfGE 11, 89 [99]).

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Grundsatz

In einem Bundesgesetz über den Bundesfeiertag, welcher anderweitig bundesrechtlich noch keine Regelung erfahren hat, ist zunächst der allgemeine Grundsatz festzuhalten, dass der Bundesfeiertag der Schweizerischen Eidgenossenschaft am 1. August begangen wird.

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Arbeitsfreiheit

Um der Bedeutung des Bundesfeiertages gerecht zu werden, die in der Besinnung auf die Gründung der Eidgenossenschaft vor rund 700 Jahren und des schweizerischen Bundesstaates vor rund 150 Jahren besteht, ist es angebracht, für diesen Tag die Arbeitsfreiheit vorzusehen.

Diese Regelung zur Ausgestaltung des Bundesfeiertages, welche die freie Gestaltung des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden betrifft, stellt eine Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit dar.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass auch die Ausnützung von stillschweigenden Kompetenzen zu einer Grundrechtsbeschränkung führen darf. Bei der vorliegenden Beschränkung handelt es sich denn auch nicht um eine qualifizierte Beschränkung im Sinne einer Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit (vgl. hiezu Paul Richli, Zur Leitung der Wirtschaftspolitik durch Verfassungsgrundsätze und zum Verhältnis zwischen Wirtschaftspolitik und Handels- und Gewerbefreiheit, Bern 1983, S. 62 ff., bes. S. 92 ff.). Grundrechtsbeschränkungen haben den Kriterien der Gesetzmässigkeit, der Verhältnismässigkeit und des öffentlichen Interesses zu entsprechen. Alle drei dürfen im vorliegenden Falle zweifelsohne als gegeben angesehen werden.

Arbeitsfreiheit am Bundesfeiertag soll Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit zur Besinnung auf die Gründung unseres Staates geben. Darin liegt das öffentliche Interesse an einem arbeitsfreien Bundesfeiertag. Die vorliegende Konzeption eines Feiertages sui generis (vgl. auch Ziff. 47) muss in bezug auf die Regelung der Arbeitsfreiheit bedeuten, dass keine Kompensation vorzusehen ist, wenn der 1. August auf einen Sonntag fällt.

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Lohnzahlungspflicht

Für diese zweite gesetzlich vorgesehene Ausgestaltung des Bundesfeiertages kann auf das unter Ziff. 3 oben zur Zulässigkeit der Beschränkung der Handelsund Gewerbefreiheit Ausgeführte verwiesen werden. Das bei der Regelung des Bundesfeiertages hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse wiegt in bezug auf die Lohnzahlungspflicht insbesondere stärker als das hier möglicherweise tangierte Gebot der Verhältnismässigkeit (vgl. hiezu Jörg Paul Müller, Elemente einer schweizerischen Grundrechtstheorie, Bern 1982, S. 119 ff.).

Aus arbeitspolitischer Sicht fällt eine Regelung eines arbeitsfreien Bundesfeiertages ohne Lohnzahlungspflicht ausser Betracht. Es ist den Arbeitnehmern nicht zuzumuten, zugunsten eines arbeitsfreien Bundesfeiertages auf die Lohnzahlung zu verzichten. Im übrigen erscheint es auch mit Blick auf die Zielset1012

zung einer solchen Regelung einzig sinnvoll, eine Lohnzahlungspflicht einzuführen: Wenn der Bundesfeiertag ein Tag der Besinnung sein soll, der von möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern der Eidgenossenschaft als solcher begangen wird, so muss er - zumindest was die Lohnzahlung betrifft - den Sonn- und Feiertagen gleichgestellt werden.

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Ausnahmen

461 Ein arbeitsfreier Bundesfeiertag kann nicht ausnahmslos gelten. Eine solche Regelung wäre nicht nur vollkommen illusorisch, sondern würde auch dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung gewisser Dienstleistungen zugunsten der Öffentlichkeit wie Spitäler, Verkehrsmittel, Gaststätten usw. widersprechen.

Aus diesem Grunde ist eine Ausnahmeregelung vorgesehen. Mit dem Verweis auf die Arbeitsschutzbestimmungen des Bundesrechts (Sonntagsarbeit) und der Verpflichtung zur analogen Anwendung derselben kann darauf verzichtet werden, das vorliegende Bundesgesetz mit einem umfassenden Ausnahmenkatalog zu überladen. Das Arbeitsrecht des Bundes verfügt im Bereiche der Handhabung der Ausnahmen vom Sonntagsarbeitsverbot über eine umfangreiche, bewährte Praxis.

Trotzdem sieht das Bundesgesetz - wiederum mit Blick auf die ihm zugrundeliegende Zielsetzung der Besinnung - eine restriktive Handhabung der Ausnahmebewilligungen vor, die sich primär am öffentlichen Interesse zu orientieren hat.

462 Im Sinne der Rechtsgleichheit und wiederum auch aus arbeitspolitischen Überlegungen ist für Personen, welche aufgrund der Ausnahmebestimmung von Artikel 4 Absatz l nicht in den Genuss eines arbeitsfreien 1. August kommen können, eine Kompensation vorzusehen. Es gilt das Prinzip der Zeitkompensation, was im übrigen auch mit Artikel 22 des Bundesgesetzes vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, SR 822.11) übereinstimmt. Der Verweis auf das Arbeitsgesetz als lex generalis ist ein Verweis auf die gesamte Arbeitsschutzgesetzgebung des Bundes.

Für die konkrete Ausgestaltung und Regelung des Prinzips der Zeitkompensation (Art. 4 Abs. 2) wird deshalb ebenfalls - im Sinne einer analogen Anwendung der Zeitkompensation - auf das Arbeitsgesetz sowie auf die damit in Zusammenhang stehenden Erlasse und Bestimmungen der Arbeitsschutzgesetzgebung verwiesen. Praktisch bedeutet dies für die Arbeitnehmenden, dass sie ungeachtet der Tatsache, ob sie dem Arbeitsgesetz, dem Arbeitszeitgesetz oder anderen Erlassen oder Bestimmungen der Arbeitsschutzgesetzgebung unterstehen, bezüglich des Anspruchs auf die Arbeitsfreiheit oder die entsprechende Zeitkompensation gleichgestellt sein sollen.

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Verhältnis zu den arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Bundes

Mit der Regelung des Bundesfeiertages will der Bund nicht in die übrige, kantonalhoheitliche Feiertagsregelung eingreifen. Es soll auch nicht ein von Bundesrechts wegen geltender Feiertag im Sinne des Arbeitsgesetzes geschaffen werden.

Von seiner Bedeutung her und aus Ziel und Zweck der Regelung des Bundesfeiertages durch den Bund (s. hiezu oben unter Ziff. l und 2) ergibt sich für den Bundesfeiertag eine ureigene Natur sui generis, ist er doch weder religiös (Weihnachten) noch ideologisch (1. Mai), kalendarisch (Neujahr), durch das Brauchtum (Fasnacht, Sechseläuten) oder in einem engern Sinne historisch (Stadtgründung) begründet.

Deshalb wird in Artikel 5 klar festgehalten, dass der Bundesfeiertag grundsätzlich nicht als Feiertag im Sinne von Artikel 18 Absatz 2 des Arbeitsgesetzes gilt.

Diese Klarstellung ist insofern von Bedeutung, als der arbeitsfreie 1. August hinsichtlich der Handhabung von Arbeitsfreiheit und deren Kompensation auf die arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen verweist, aber in seiner Rechtfertigung und Verankerung nicht auf dem Arbeitsschutzrecht fusst.

Wiederum ist der Verweis auf das Arbeitsgesetz als lex generalis ein Verweis auf die gesamte Arbeitsschutzgesetzgebung, und die vorgesehene Handhabung von Arbeitsfreiheit und deren Kompensation muss analog auf alle Arbeitnehmenden Anwendung finden. Somit ist der Bundesfeiertag beispielsweise auch kein Ruhetag im Sinne von Artikel 10 Absatz l des Bundesgesetzes über die Arbeit in Unternehmen des öffentlichen Verkehrs (Arbeitszeitgesetz; SR 822.21).

Wie schon unter Ziffer 44 ausgeführt, ist für den Fall, dass der 1. August auf einen Sonntag fällt, keine Zeitkompensation vorgesehen. Darin liegt der Unterschied des arbeitsfreien l. August im Verhältnis zu übrigen Feiertagen im Sinne des Arbeitsgesetzes.

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Beilage 3 Text und Begründung der parlamentarischen Initiative Ruf Parlamentarische Initiative 1. August. Arbeitsfreier Bundesfeiertag

Nationalrat Ruf hat am 7. Juni 1989 folgende Initiative eingereicht: Ziff. I Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt: Art. 116bls (neu) Abs l Der 1. August ist in der ganzen Eidgenossenschaft Bundesfeiertag.

Abs. 2 Er ist arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt. Einzelheiten regelt das Gesetz.

Ziff. II Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt-

An. 19 (neu) Titel Übergangsbestimmungen Abs. l Der Bundesrat setzt Artikel 116bls binnen drei Jahren nach Annahme durch Volk und Stände in Kraft.

Abs. 2 Bis zum Inkrafttreten der geänderten Bundesgesetzgebung regelt der Bundesrat die Einzelheiten auf dem Wege der Verordnung Abs 3 Der Bundesfeiertag wird der Zahl der Feiertage nach Artikel 18 Absatz 2 des Arbeitsgesetzes vom 13 März 1964 nicht angerechnet.

Der Initiant begründete in der Kommissionssitzung vom 25. April 1990 seine Initiative wie folgt (Zusammenfassung): «Dass der Bundesfeiertag ein den Sonntagen gleichgestellter Feiertag sein soll, ist eine staatspolitische Notwendigkeit. Auf diesen materiellen Aspekt komme ich nicht zurück, da ich mich im Parlament bereits mehrfach dazu geäussert habe und auch auf die ausführliche Begründung meiner ersten parlamentarischen Initiative hierzu verweisen kann; diese wurde im Oktober 1988 mit 65 zu 18 Stimmen abgelehnt.

Ein Zitat aus meinem damaligen Votum: «Die Tatsache, dass der 1. August in den meisten Kantonen kein Feiertag ist - dies im Gegensatz zur Regelung in praktisch sämtlichen Nachbarländern -, wird der wesentlichen staatspolitischen 1015

Bedeutung unseres Staatsfeiertages nicht gerecht. Am Bundesfeiertag wird nämlich der Entstehung und der Geschichte unseres Staates gedacht, der mit seiner direkten Demokratie beispiellos dasteht. Aufgabe des Nationalfeiertages in jedem Lande ist es, das gemeinsame Staatsbewusstsein zu stärken und die Lösung der künftigen Probleme zu fördern. Dies wäre auch bei uns wünschenswert, vor allem wäre es eine gebührende patriotische Ehrenbezeugung gegenüber dem Gründungsakt unseres Staatswesens.

Zudem will das Volk schon lange den 1. August als Feiertag, und zwar eine erdrückende Mehrheit des Volkes, wie Meinungsumfragen immer wieder belegen konnten. Leider haben die politischen Behörden und die Mehrheitsträger im Parlament die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt, denn ansonsten wäre jene Initiative vor eineinhalb Jahren nicht abgelehnt worden.

Die politische Antwort auf den damaligen Entscheid kennen Sie: Die Nationale Aktion hat eine Volksinitiative für einen arbeitsfreien Bundesfeiertag lanciert der Text ist identisch mit demjenigen meiner parlamentarischen Initiative -, sie wird im Herbst eingereicht. Über alle Parteigrenzen hinweg und in allen Kantonen lässt sich plötzlich ein erfreuliches Umdenken feststellen, das vielleicht auch auf die Volksinitiative zurückgeht. Im Parlament wurde ein vom Bundesrat entgegengenommenes Postulat Ruf überwiesen, welches die Einführung des 1. August als Feiertag über 1991 hinaus anregt. Ende März 1990 hat sich im weiteren der Präsident der Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der Präsenz des Parlamentes im Jahr 1991, Herr Ständerat Affolter, gemäss Berichten an einer Pressekonferenz diesem Anliegen gegenüber sehr positiv geäussert.

Vor allem aber wurde im Rahmen der vor kurzem abgeschlossenen Vernehmlassung zur Revision des Arbeitsgesetzes auch die Frage 1. August als arbeitsfreier Arbeitstag angetippt, was laut Presseberichten bei den Kantonen auf ein mehrheitlich positives Echo gestossen ist.

Im Hinblick auf das Jahr 1991 und aufgrund der NA-Volksinitiative ist demnach einiges in Bewegung geraten. Ich habe meine Initiative im letzten Juni vor allem eingereicht, um dem Parlament die Chance zu geben, Volk und Stände noch 1991, im Jahr des 700. Geburtstages der Eidgenossenschaft über die dauerhafte Verankerung des l. August in der Bundesverfassung abstimmen zu lassen. Eine
Annahme des entsprechenden Verfassungsartikels kann kaum ernsthaft bezweifelt werden, so dass dem Land zur Feier seines 700jährigen Bestehens endlich ein richtiger Nationalfeiertag geschenkt würde.

Eine kurze Erläuterung meines Initiativtextes, der in Zusammenarbeit mit einem bekannten Staatsrechtsprofessor und einem weiteren kompetenten Juristen ausgearbeitet wurde: Angesichts der geltenden Rechtslage kann das Anliegen eines arbeitsfreien l. August nur mit einer Ergänzung der Bundesverfassung sowie den daraus folgenden gesetzlichen Anpassungen des Arbeitsrechtes in klarer und befriedigender Weise geregelt werden. Nach der verfassungsmässigen Kompetenzordnung, die grundsätzlich unbestritten ist, sind für die Gesetzgebung über öffentliche Feiertage nämlich ausschliesslich die Kantone zuständig. Der Bundesgesetzgeber ist nicht befugt, Bestimmungen über allgemeine Feiertage zu erlassen.

Schon deshalb ist für den Sonderfall des Bundesfeiertages eine Verfassungs-

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norm notwendig. Die Lösung, die der Bundesrat im Rahmen der Revision des Arbeitsgesetzes vorgeschlagen hat, wäre eine Notlösung, die der effektiven Bedeutung des Bundesfeiertages nicht gerecht würde. Die verfassungsmässige Verankerung hingegen ist von grundsätzlicher staatspolitischer Tragweite.

Daneben enthält der Initiativtext arbeitsrechtliche Vorschriften und Übergangsvorschriften, Der I.August wird arbeitsrechtlich den Sonntagen gleichgestellt und ist damit arbeitsfrei, abgesehen von jenen Dienstleistungsbereichen, in denen auch an Sonntagen gearbeitet werden darf.

Der 1. August wird zum zusätzlichen und zum einzigen gesamtschweizerischen Feiertag. Die Kantone werden in ihrer Kompetenz hinsichtlich der übrigen Feiertage nicht beschnitten. Jene wenigen Stände, die den 1. August bereits als kantonalen Feiertag eingeführt haben, können aufgrund von Absatz 3 der Übergangsbestimmungen einen weiteren kantonalen Feiertag bestimmen. Artikel 18 des Arbeitsgesetzes räumt den Kantonen nämlich ein Kontingent von höchstens 8 Feiertagen ein, die den Sonntagen arbeitsrechtlich gleichgestellt werden können. Für sie entsteht dann ein freier Platz für einen anderen Feiertag, falls sie einen wollen. Für die erforderliche Anpassung der Gesetzgebung haben Bund und Kantone nach Annahme der Initiative durch Volk und Stände drei Jahre zur Verfügung, was für die relativ einfachen Anpassungen sicher genügt. Damit wird auch den Vertragspartnern auf dem Arbeitsmarkt genügend Spielraum eingeräumt, um die bescheidene Arbeitsreduktion - verglichen mit den verschiedenen Freitagen, die heute ausserhalb der Feiertage gelten - zu regeln.

Es wurde bewusst auf irgendwelche Bestimmungen über die Gestaltung der Bundesfeier verzichtet. Die bewährte bisherige Regelung der Organisation durch Gemeinden, Vereine und Private, die auch den föderalistischen Bedürfnissen unseres Landes Rechnung trägt, soll beibehalten werden.

Die Wege, die der Kommission offenstehen, um dieses Begehren möglichst rasch durchzusetzen, kennen Sie. Ich bitte Sie um Zustimmung.»

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Parlamentarische Initiative 1. August. Arbeitsfreier Bundesfeiertag Bericht der Petitionsund Gewährleistungskommission des Nationalrates vom 9. Dezember 1991

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14.04.1992

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