00.025 Botschaft zu einem revidierten Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) vom 23. Februar 2000

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zum revidierten Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. Februar 2000

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

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Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2000-0346

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Übersicht Mit der Motion 98.3105 ersuchte Nationalrat Bonny den Bundesrat, eine Vorlage über eine neue Organisationsform für den Vollzug des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) zu unterbreiten. Wegleitend für die neue Organisation solle ein Modell analog der SUVA sein. Der Bundesrat war mit der Stossrichtung der Motion einverstanden, beantragte jedoch, sie in ein Postulat umzuwandeln.

In der Folge wurden die Fragestellung untersucht und ein Bericht zuhanden des Bundesrates mit Varianten für eine Vollzugsorganisation der Arbeitslosenversicherung erarbeitet.

Entgegen den Befürchtungen des Motionärs hat sich das heutige Vollzugssystem grundsätzlich gut bewährt und eine grundlegende Reform der Vollzugsorganisation ist nicht notwendig. Aus dem Bericht geht hervor, dass das Hauptoptimierungspotenzial der heutigen Vollzugsstruktur in einer effizienteren Leistungserbringung der verschiedenen Vollzugsorgane liegt. Das grösste Optimierungspotenzial wird vor allem in der effizienteren Leistungserbringung der verschiedenen Vollzugsorgane (KIGA, RAV, LAM-Stellen, Kassen) gesehen. Mit den Kantonen soll für die Tätigkeit der kantonalen Arbeitsämter, der RAV und der LAM-Stellen im Bereich der Arbeitslosenversicherung Leistungsaufträge mit einem neuen wirkunsorientierten Entschädigungssystem abgeschlossen werden. Mit den Kassen werden neue Leistungsaufträge mit einem Pauschalleistungssystem vorgeschlagen.

Der Bundesrat hat mit Entscheid vom 7. Juni 1999 den Bericht über die Prüfung der Motion von Nationalrat Bonny über die Reorganisation der Arbeitslosenversicherung gutgeheissen. Die Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse bedingt eine rein «technische» Anpassung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG), welche sich primär auf die Stellung der Vollzugsorgane und deren Entschädigung und Verantwortlichkeit beschränkt.

Mit dem vorliegenden Entwurf sollen nun die Erkenntnisse aus der Prüfung der Motion von Nationalrat Bonny umgesetzt werden. Kurz zusammengefasst werden damit folgende Ziele verfolgt: ­

Es soll eine Rechtsgrundlage eingeführt werden, damit mit den Kassenträgern und den Kantonen neue Leistungsvereinbarungen abgeschlossen werden können, die ihnen beim AVIG-Vollzug einen grösseren Gestaltungsspielraum mit finanziellen Anreizen, aber auch mit einem entsprechenden Risiko geben, und und so die Mittel effizienter eingesetzt werden können.

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Das durch die Kantone bereitzustellende Mindestangebot an arbeitsmarktlichen Massnahmen soll aufgehoben werden, weil es den Kantonen heute falsche Anreize geben kann.

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Auf Grund der Abschaffung des Mindestangebots ist auch die finanzielle Beteiligung der Kantone an der Bereitstellung der arbeitsmarktlichen Massnahmen neu zu regeln, wobei der Kantonsanteil prozentual gleich hoch wie heute gehalten werden soll.

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Auf Grund der neuen Leistungsvereinbarungen erhalten die Kassen und Kantone grössere Handlungsspielräume. Deshalb soll ihre Haftung verschärft werden, weil nur so eine korrekte Rechtsanwendung garantiert werden kann.

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Ebenfalls ist die Finanzierung des Personals der Ausgleichsstellung, für die heute eine nicht eindeutige Rechtsgrundlage besteht, neu zu regeln.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Entstehungsgeschichte der Vorlage

Mit der Motion 98.3105 von Nationalrat Bonny vom 16. März 1998 wurde der Bundesrat ersucht, eine Vorlage über eine neue Organisationsform für den Vollzug des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung (AVIG) zu unterbreiten. Dieses Modell solle die heutige Vollzugsorganisation des Bundes, der Kantone, der Gemeinden und der Arbeitslosenkassen ersetzen. Wegleitend für die neue Organisation solle ein Modell analog der SUVA sein: Eine öffentlich-rechtliche Anstalt unter Aufsicht der Sozialpartner und finanziert durch den ALV-Fonds. Es sei auch eine Übergangsorganisation vorzusehen.

Begründet wurde die Motion damit, dass es um den Vollzug der Arbeitslosenversicherung schlecht bestellt sei: Einerseits, weise die Finanzlage der ALV auf Grund des hohen Führungs-, Koordinations- und Kostenaufwands, welcher sich beim Vollzug des AVIG zwischen Bund und den Kantonen ergebe, eine grosse Verschuldung auf und die stark föderalistische Organisationsstruktur verunmögliche eine einfache, effiziente und auf die Prioritäten des Arbeitsmarktes ausgerichtete Führung der Versicherung. Anderseits seien beim Vollzug mit dem Bund, den Kantonen und Gemeinden sowie den öffentlichen und privaten Arbeitslosenkassen zu viele Instanzen gleichzeitig beteiligt; sollten im Übrigen auch deshalb die heutigen Strukturen vereinfacht werden, weil die verschiedenen Anlaufstellen für die Interessierten (Arbeitslose, Arbeitgeber, Gewerkschaften) zu kompliziert und unübersichtlich seien, und zudem Rechtsungleichheiten zur Folge hätten.

Mit der Übertragung des AVIG-Vollzugs auf eine öffentlich-rechtliche Anstalt könnten auch die Kantone finanziell entlastet werden. Zudem seien die Sozialpartner beim Vollzug zu integrieren.

Der Bundesrat war in seiner Antwort vom 27. Mai 1998 mit der Stossrichtung der Motion einverstanden. Um Flexibilität und Zeit zu gewinnen, damit insbesondere auch andere Optimierungsvarianten geprüft werden könnten, beantragte er, die Motion in ein Postulat umzuwandeln.

Durch das Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (BWA), heute Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), wurde eine Subkommission «Vollzugsoptimierung ALV» der Aufsichtskommission für den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung mit Vertretern der Sozialpartner, Kantone, KIGA und ALV-Kassen gebildet. Diese Subkommission hatte das Ziel,
bis Frühjahr 1999 einen Bericht zu Handen des Bundesrates und des Parlamentes mit Varianten zu einer Vollzugsorganisation der Arbeitslosenversicherung zu erarbeiten.

Zuerst wurde durch das BWA und die Subkommission unter Beizug von externen Beratungsunternehmen eine Ist-Analyse über die Stärken und Schwächen des heutigen AVIG-Vollzugs vorgenommen. Danach wurde ein Vergleich der heutigen Vollzugsstruktur und ihren Stärken und Schwächen mit möglichen neuen Organisationsformen und Bewertung dieser Formen auf Vor- und Nachteile erarbeitet. Alle Ergebnisse wurden schliesslich sowohl in der Subkommission als auch in der Auf1676

sichtskommission über den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung diskutiert und am 21. April 1999 durch einen Bericht zuhanden des Bundesrates verabschiedet.

Der Bundesrat hat mit Entscheid vom 7. Juni 1999 den Bericht über die Prüfung der Motion von Nationalrat Bonny über die Reorganisation der Arbeitslosenversicherung gutgeheissen.

Entgegen den Befürchtungen des Motionärs hat sich das heutige Vollzugssystem grundsätzlich gut bewährt und eine grundlegende Reform der Vollzugsorganisation ist nicht notwendig. Namentlich wird eine SUVA-Lösung nicht empfohlen, da bei einer Integration der kantonalen und privaten Vollzugsstrukuren in eine öffentlichrechtliche Anstalt die Kantone nicht mehr in die Pflicht genommen werden können und damit die regionale Verankerung der Versicherung verringert würde. Gleichzeitig entstünde aber auf Bundesebene eine grosse und tendenziell schwerfällige Organisation. Vor allem sei bei der Arbeitslosenversicherung im Gegensatz zur Unfallversicherung die Anzahl der Versicherungsfälle wesentlich grösseren Schwankungen unterworfen. Ausserdem spiele der Auszahlungsbereich neben der Arbeitsvermittlung und den arbeitsmarktlichen Massnahmen eine weniger wichtige Rolle. Mit derselben Begründung wird ebenfalls davon abgeraten, die zentrale Führung der Arbeitslosenversicherung, also das BWA, mit Leistungsauftrag und Globalbudget (FLAG) auszugestalten.

Aus dem Bericht geht hervor, dass das Hauptoptimierungspotenzial der heutigen Vollzugsstruktur in einer effizienteren Leistungserbringung der verschiedenen Vollzugsorgane liegt. Das grösste Optimierungspotenzial wird vor allem in der effizienteren Leistungserbringung der verschiedenen Vollzugsorgane (KIGA, RAV, LAMStellen, Kassen) gesehen. Mit den Kantonen soll für die Tätigkeit der kantonalen Arbeitsämter, der RAV und der LAM-Stellen im Bereich der Arbeitslosenversicherung Leistungsaufträge mit einem neuen wirkunsorientierten Entschädigungssystem abgeschlossen werden. Mit den Kassen werden neue Leistungsaufträge mit einem Pauschalleistungssystem vorgeschlagen.

Die Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse, welche mit den Sozialpartnern und Kantonen im Rahmen der Aufsichtskommission der Arbeitslosenversicherung bereits ausdiskutiert worden sind, bedingt eine rein «technische» Anpassung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG),
welche sich primär auf die Stellung der Vollzugsorgane und deren Entschädigung und Verantwortlichkeit beschränkt. Nationalrat Bonny hat inzwischen, in der Annahme, dass der Bundesrat die Erkenntnisse des Berichtes möglichst rasch in Form eines Revisionsentwurfes dem Parlament vorlegen wird, seine Motion zurückgezogen.

1.1.2

Vernehmlassungsverfahren

1.1.2.1

Einleitung

Mit Entscheid vom 17. November 1999 ermächtigte der Bundesrat das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement, ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen.

Damit das Ziel der raschen Umsetzung der aus der Prüfung der Motion Bonny gewonnen Erkenntnisse erreicht werden kann und die Änderungen auf den 1. Januar 2001 in Kraft gesetzt werden, war es notwendig, die Vernehmlassungsfrist zu verkürzen. Sonst könnten die vorgeschlagenen Änderungen erst im Laufe des Jahres 1677

2001 in Kraft gesetzt werden, was buchhalterisch äusserst problematisch und aufwendig wäre. Dies hätte zur Folge, dass die Entschädigung der Vollzugsorgane und damit die Berechnung der Kosten zweimal vorgenommen werden müsste, einmal nach dem geltenden Recht, einmal nach dem geplanten neuen Recht.

1.1.2.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Am 19. November 1999 unterbreitete das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement im Auftrag des Bundesrates den Revisionsentwurf den Kantonen, den in der Bundesversammlung vertretenen Parteien, den Spitzenverbänden der Wirtschaft, den Trägern der privaten Arbeitslosenkassen und weiteren interessierten Organisationen zur Vernehmlassung. Von den 72 Eingeladenen haben 41 Stellung genommen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die Träger der privaten Arbeitslosenkassen teilweise zusammen eine Stellungnahme eingereicht haben.

Die drei politischen Parteien, die sich vernehmen liessen (FDP, CVP und SP) und alle Spitzenverbände der Wirtschaft (Vorort, Schweiz. Gewerbeverband, Schweiz.

Arbeitgeberverband, Fédération Romande des Syndicats Patronaux, Schweiz. Gewerkschaftsbund, Vereinigung Schweiz. Angestelltenverbände, Christlichnationaler Gewerkschaftsbund der Schweiz) begrüssten die Optimierungsbestrebungen und stimmten dem Gesetzesentwurf grundsätzlich zu. Ebenso wie in den meisten Punkten auch die Träger der privaten Arbeitslosenkassen, die sich vernehmen liessen (Gewerkschaft Bau & Industrie, Erfahrungsaustauschgruppe der Arbeitslosenkassen der Arbeitnehmerorganisationen SGB, CNG und VSA) sowie der Verband der öffentlichen Arbeitslosenkassen der Schweiz und des Fürstentums Liechtensteins.

Die 26 Kantone äusserten sich schwergewichtig in zwei Punkten. Erstens bezüglich der Neuregelung der finanziellen Beteiligung der Kantone an den Kosten der arbeitsmarktlichen Massnahmen, welche auf Grund der geplanten Abschaffung des Mindestangebots nötig wird. Zweitens bezüglich der Verschärfung der Trägerhaftung der Arbeitslosenkassen und der Verschärfung der Verantwortlichkeit der Kantone, welche vorgesehen werden, damit eine korrekte Rechtsanwendung sichergestellt werden kann.

Mit der Abschaffung des Mindestangebots der arbeitsmarktlichen Massnahmen wären grundsätzlich die meisten Kantone einverstanden. Grössere Bedenken äusserten sie jedoch teilweise hinsichtlich der Neuregelung ihrer finanziellen Beteiligung an den Kosten der arbeitsmarktlichen Massnahmen.

Von den 26 Kantonen waren zehn der Meinung, dass diese Neuregelung über eine technische Revision hinausgehe und deshalb auf die Revision 2003 verschoben werden soll (Zürich, Bern, Freiburg, Basellandschaft, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau, Tessin, Wallis,
Jura). Teilweise plädierten diese Kantone deshalb dafür, auch auf die Aufhebung des Mindestangebots vorläufig zu verzichten.

Nach Obwalden soll die heutige, flexible Lösung beibehalten werden.

Drei Kantone (Zug, Solothurn, Waadt) waren der Ansicht, dass auf die Beteiligung der Kantone an der Finanzierung der Massnahmen gleich verzichtet werden soll.

Insgesamt zwölf Kantone waren damit einverstanden, dass mit der Aufhebung des Mindestangebots auch die finanzielle Beteiligung der Kantone an den Massnahmen neu geregelt wird. Vier (Schwyz, Nidwalden, Appenzell-Innerrhoden und Genf) wa-

1678

ren mit dem Entwurf vollkommen einverstanden. Uri erachtet den Entwurf nur vorübergehend für akzeptierbar, er solle auf 2003 überarbeitet werden. Neuenburg war der Meinung, dass die vorgeschlagene Lösung den Kantonsanteil verdreifachen wird und trat deshalb für eine tiefere Ansetzung des Kantonsbeitrags ein. Sechs Kantone hatten Mühe damit, dass der Kantonsanteil neu auf Grund der Anzahl der Taggelder berechnet werden soll. Vier dieser Kantone (Glarus, Appenzell-Ausserrhoden, Graubünden und Aargau) waren der Ansicht, für diese Berechnung sollen die Kosten der Massnahmen selbst als Basis genommen werden, wovon sie 10 Prozent zu übernehmen hätten. Luzern plädierte dafür, dass der kantonale Beitrag durch den Kanton beeinflussbar sein muss, was bei den Taggeldern nicht der Fall sei. Basel-Stadt war der Ansicht, dass die Kostenbasis konstant und budgetierbar sein muss, was bei der Anzahl der Arbeitslosen nicht möglich sei.

Von den übrigen Vernehmlassern äusserte sich nur noch der Schweizerische Städteverband negativ zur Abschaffung des Mindestangebots und der Neuregelung der finanziellen Beteiligung der Kantone an den Massnahmen. Er vertrat die Ansicht, dass auf das Mindestangebot angesichts der Lage der Langzeitarbeitslosen nicht verzichtet werden kann.

Für die vorgesehene Verschärfung der Trägerhaftung bei den Arbeitslosenkassen, resp. die Rückkehr zur alten Regelung vor 1995 meinten dreizehn Kantone (Bern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Freiburg, Schaffhausen, AppenzellAusserrhoden, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Jura), dass sich eine Neuregelung zur Zeit nicht aufdrängt und sie auf die Revision 2003 zu verschieben ist. Teilweise führten sie an, dass damit auch Erfahrungen aus den neuen Leistungsvereinbarungen berücksichtigt werden können. Für drei Kantone (Zürich, Thurgau und Tessin) kann ein fahrlässiger Gesetzesvollzug weit effizienter über die neuen Leistungsvereinbarungen geahndet werden. Nach Solothurn entspricht eine Verschärfung nicht dem Geist der neuen Leistungsvereinbarungen. Zug ist einfach gegen eine Verschärfung.

Vier Kantone (Basellandschaft, Waadt, Wallis, Genf) sind für die Beibehaltung der heutigen Regelung. Zwei Kantone (Luzern, Appenzell-Innerrhoden) sind mit einer vorbehaltslosen Verschärfung einverstanden, zwei nur (Basel-Stadt, Neuenburg), falls auch die
Haftungsrisikovergütung wieder eingeführt wird.

Von den übrigen Vernehmlassern können sich der Verband der öffentlichen Arbeitslosenkassen, der Christlichnationale Gewerkschaftsbund der Schweiz (CNG), die Erfahrungsaustauschgruppe der Arbeitslosenkassen der Arbeitnehmerorganisationen SGB, CNG und VSA (ErfAA), sowie die Gewerkschaft Bau und Industrie als Kassenträger mit einer Verschärfung nur einverstanden erklären, wenn die Haftungsrisikovergütung wieder eingeführt wird.

Die Verschärfung der Haftung bei den Kantonen führte ebenfalls zu Einwänden.

Dreizehn Kantone (Bern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Freiburg, Schaffhausen, Appenzell-Ausserrhoden, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Jura) meinten, dass sich im jetzigen Zeitpunkt keine Neuregelung aufdrängt und sie auf die Revision 2003 zu verschieben ist. Teilweise führten sie an, dass damit auch Erfahrungen aus den neuen Leistungsvereinbarungen berücksichtigt werden können.

Für drei Kantone (Zürich, Thurgau und Tessin) kann ein fahrlässiger Gesetzesvollzug weit effizienter über die neuen Leistungsvereinbarungen geahndet werden. Nach Solothurn entspricht eine Verschärfung nicht dem Geist der neuen Leistungsvereinbarungen. Zug ist einfach gegen eine Verschärfung.

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Vier Kantone (Basellandschaft, Waadt, Wallis, Genf) sind für die Beibehaltung der heutigen Regelung. Drei Kantone (Luzern, Appenzell-Innerrhoden, Neuenburg) sind mit einer vorbehaltslosen Verschärfung einverstanden, einer (Basel-Stadt) nur, falls auch die Haftungsrisikovergütung wieder eingeführt wird.

Von den übrigen Vernehmlassern befürwortet auch der CNG und die ErfAA eine Verschärfung nur, wenn eine Haftungsrisikovergütung eingeführt wird.

Bemerkungen erfuhr der Revisionsentwurf auch in der Frage der Verwaltungskosten. Sieben Kantone (Luzern, Glarus, Freiburg, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau) verlangen, dass eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird für eine integrale, wirkungsorientierte Leistungsvereinbarung für den gesamten kantonalen AVIG-Vollzug. Vier Kantone (Zürich, Freiburg, Schaffhausen, Tessin) wollen, dass dem Kanton auch die Kosten für die öffentliche Arbeitsvermittlung abgegolten wird.

Weiter wurde von den Kantonen vereinzelt die noch bessere Verankerung der Abgeltung der Bereitschaftskosten verlangt. Darüber hinaus machten die Kantone bezüglich der Verwaltungskostenfrage noch einzelne redaktionelle Bemerkungen.

Von den übrigen Vernehmlassern verlangen diesbezüglich der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die Vereinigung Schweiz. Angestelltenverbände, dass auf den Ausgleichsfonds nur weitere Kosten überwälzt werden können, wenn mit der Revision 2003 dafür gesorgt wird, dass sich Bund und Kantone fest an den Verwaltungskosten der Versicherung beteiligen. Die Gewerkschaft Bau und Industrie und die ErfAA wollen, dass die Aufsichtskommission im Gesetz eine Budget- und Rechnungskompetenz erhält, wenn immer mehr Aufgaben aus dem ALV-Fonds finanziert werden.

Einzelne Kantone verlangen zudem im Bereich der Aufsicht, dass die Ausgleichsstelle nur den Kassenträgern oder den Kantonen, nicht aber den einzelnen Durchführungsstellen direkt Weisungen erteilen kann.

1.1.2.3

Auswertung und Gewichtung der Vernehmlassungsantworten

Gegen die Abschaffung des Mindestangebots wehren sich die meisten Kantone nicht grundsätzlich. Aber die Neuregelung ihrer finanziellen Beteiligung an den arbeitsmarktlichen Massnahmen lehnen vierzehn Kantone ab. Zehn von ihnen wollen zuerst abwarten, wie sich die neuen Leistungsvereinbarungen bewähren, und diese Problematik dann im Rahmen der Revision 2003 regeln. Die neuen Leistungsvereinbarungen werden aber auf den Beginn des Jahres 2001 eingeführt und der Revisionsentwurf 2003 ist im Frühjahr 2001 dem Parlament zu überweisen. Es besteht also gar nicht die Möglichkeit, Erfahrungen mit den neuen Leistungsvereinbarungen in die Revision 2003 einfliessen zu lassen. Bereits aus diesem Grund, aber auch weil die Erkenntnisse aus der Prüfung der Motion Bonny möglichst rasch umgesetzt werden sollen, macht ein Zuwarten auf die Revision 2003, deren Zustandekommen zudem nicht sicher ist, keinen Sinn. Erst Recht kann dem Begehren dreier Kantone nicht gefolgt werden, die verlangen, dass die Kantone sich nicht mehr an den Massnahmenkosten beteiligen müssen. Bereits mit der Revision 1995 wurden mit der Einführung der regionalen Arbeitsvermittlungszentren, deren Kosten der Ausgleichsfonds trägt, die Kosten der öffentlichen Arbeitsvermittlung von den Kantonen weg auf den Ausgleichsfonds überwälzt, konnten die Kantone also ihren Kostenanteil an der Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik senken.

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Von den zwölf Kantonen, die mit einer Neuregelung einverstanden ist, beantragen sechs, dass nicht die Taggelder als Basis für die Kostenberechnung genommen werden dürfen. Falls jedoch die Massnahmekosten als Basis herangezogen werden, besteht die Gefahr, dass die Kantone den falschen Anreiz erhalten, keine oder weniger Massnahmen durchzuführen, damit sie ihren Kostenanteil senken können. Aus diesem Grund soll in diesem Punkt am Revisionsentwurf festgehalten werden. Im Gegensatz zu heute wird bei der Berechnung des Kantonsanteils die Einwohnerzahl und die Zahl der Versicherten eines Kantons nicht mehr berücksichtigt. Trotzdem wird sichergestellt, dass bei der neuen Berechnungsart kein Kanton prozentual mehr bezahlen muss als beim alten System.

Angesichts der Tatsache, dass eine Mehrheit der Kantone, ebenso wie all die übrigen Vernehmlasser, insbesondere die Wirtschaftsverbände und die politischen Parteien, nicht grundsätzlich gegen eine Neuregelung sind, ist am Entwurf festzuhalten.

Insbesondere, da die Befürchtungen der ablehnenden Kantone nicht gerechtfertigt sind, weil mit der Revision ihre Beteiligung an den Massnahmekosten einfach weitergeführt wird und prozentual kein Kanton mehr bezahlen muss als heute.

Es sind ebenfalls hauptsächlich die Kantone, die gegen eine Verschärfung der Haftung sind. Falls die Träger der Arbeitslosenkassen und die Kantone auf Grund der neuen Leistungsvereinbarungen grössere Handlungsspielräume beim AVIG-Vollzug erhalten, muss auf der andern Seite die Haftung verschärft werden. Wer mehr Freiräume will, muss auch bereit sein, mehr Verantwortung, auch finanzieller Art, zu tragen.

Teilweise wird von den Vernehmlassern, die nicht primär gegen eine Verschärfung sind, die Einführung einer Haftungsrisikovergütung gefordert, wie sie im Falle der Kassenträger vor der Revision von 1995 bestanden hatte. Dieses Institut soll wieder wie beantragt eingeführt werden, sowohl für die Kassenträger wie für die Kantone.

Mit dieser Massnahme kann den Bedenken der ablehnenden Vernehmlasser Rechnung getragen werden und müssen die Kassenträger und die Kantone nicht befürchten, übermässig in die finanzielle Verantwortung genommen zu werden. Allerdings wird die Vergütung nicht wie früher bei den Kassenträgern an die geprüfte Revisionssumme gekoppelt werden. Die Einzelheiten werden auf
Verordnungsstufe geregelt.

Hinsichtlich der Verwaltungskosten verlangen sieben Kantone eine Grundlage dafür, dass mit dem Kanton eine integrale, wirkungsorientierte Leistungsvereinbarung sowohl für die Kosten der kantonalen Arbeitslosenkasse wie auch die andern kantonalen Amtsstellen abgeschlossen werden kann. Im Falle der Arbeitslosenkassen ist eine wirkungsorientierte Leistungsvereinbarung jedoch nicht möglich, es gibt keine Wirkungen, die geprüft werden können. Ein Kasse kann nur auszahlen oder nicht auszahlen, aber mit ihrer Tätigkeit werden keine Arbeitslosen rasch und dauerhaft vermittelt. Deshalb kann dieser Forderung nicht entsprochen werden. Hingegen werden, wie einzeln beantragt, mit einer Anpassung des Entwurfs die Kosten der öffentlichen Arbeitsvermittlung von der Leistungsvereinbarung erfasst. Ebenfalls wird der Aufsichtskommission im Gesetz ausdrücklich eine Budget- und Rechnungskompetenz für die Genehmigung der Verwaltungskostenbudgets und -abrechungen zugewiesen.

Im Bereich der Aufsicht über den Vollzug wird noch der Wunsch einzelner Kantone berücksichtigt, dass die Ausgleichsstelle nur gegenüber den Kassenträgern oder den

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Kantonen, nicht aber gegenüber den einzelnen Durchführungsstellen direkt Weisungen erlassen kann.

2

Besonderer Teil

2.1

Grundzüge der Vorlage

Die geltenden Leistungsaufträge für die Kantone und Kassen orientieren sich heute primär an den erbrachten Leistungen (Anzahl Vermittlungsgespräche, Vermittlungen, Auszahlungen etc.) und zu wenig an den erzielten Wirkungen (rasche Wiedereingliederung, dauerhafte Wiedereingliederung, Zugänge zur Langzeitarbeitslosigkeit, Anteil der Aussteuerungen). Die AVIG-Durchführungsorgane müssen stärkere Anreize haben, Wirkungen zu erzielen und damit letztendlich Kosten einzusparen.

Mit neuen Leistungsaufträgen, die den Kantonen und den Kassen einen grösseren Gestaltungsspielraum mit finanziellen Anreizen, aber auch einem entsprechenden Risiko geben, soll ein effizienterer Einsatz der Mittel bewirkt werden. Die Einführung solcher Leistungsaufträge bedingt, zumindest bei denjenigen für die Kantonalen Arbeitsämter und die Logistikstellen Arbeitsmarktliche Massnahmen, eine neue Gesetzesgrundlage. Bei dieser Gelegenheit kann ebenfalls die Grundlage für den Leistungsauftrag an die Kassen und die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren angepasst werden.

Die Einführung von neuen Leistungsaufträgen für die Kantone bedingt aber auch die Abschaffung des im Gesetz vorgesehen Mindestangebotes an arbeitsmarktlichen Massnahmen, welches die Kantone bereitstellen müssen. Die Arbeiten im Rahmen der Motion Bonny haben gezeigt, dass das Mindestangebot heute für die Kantone den falschen Anreiz schaffen kann, eine möglichst hohe Anzahl von Massnahmen bereitzustellen, unbesehen davon, ob die einzelne Massnahme für eine arbeitslose Person gerechtfertigt und sinnvoll ist, nur damit sie vom Bund nicht zusätzlich für die Bereitstellung der Massnahmen in die Pflicht genommen werden. Die Abschaffung des Mindestangebots bedeutet jedoch nicht, dass von den Kantonen keine arbeitsmarktliche Massnahmen, die weiterhin der Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung grösstenteils finanziert, mehr angeboten werden. Es soll damit nur erreicht werden, dass die Kantone einzig noch diejenigen arbeitsmarktlichen Massnahmen anbieten werden, die für die Erreichung einer raschen und dauerhaften Vermittlung wirklich notwendig sind. Die Abschaffung des Mindestangebotes macht ebenfalls eine Gesetzesanpassung notwendig.

Die Abschaffung des Mindestangebots bedingt ausserdem eine Überarbeitung des Gesetzes in andern Bereichen. So ist die finanzielle Beteiligung
der Kantone an der Bereitstellung der arbeitsmarktlichen Massnahmen im heutigen Umfange aufrecht zu erhalten, damit der Ausgleichsfonds nicht zusätzlich belastet wird. Als Berechnungsgrundlage werden neu die von einem Kanton jährlich ausbezahlten Taggelder genommen, was sicherstellt, dass die Kantone nicht den falschen Anreiz erhalten, einfach keine oder weniger Massnahmen durchzuführen und damit ihre Kosten zu senken. Im Gegensatz zu heute wird bei der Berechnung des Kantonsanteils die Einwohnerzahl und die Zahl der Versicherten eines Kantons nicht mehr berücksichtigt. Trotzdem wird sichergestellt, dass bei der neuen Berechnungsart kein Kanton prozentual mehr bezahlen muss als beim alten System.

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Ebenfalls muss die Haftung der Kantone und Kassenträger strenger geregelt werden, damit sie mit ihren erweiterten Handlungsspielräumen bei falschen Gesetzesanwendungen in die Pflicht genommen werden können.

Es soll bei dieser Gelegenheit auch die Finanzierung des Personals der Ausgleichsstelle der Arbeitslosenversicherung geregelt werden. Heute sind viele Personen zu Lasten des Ausgleichsfonds angestellt, obwohl für gewisse von ihnen die Rechtsgrundlage nicht eindeutig ist. Im Rahmen der Arbeiten zur Prüfung der Motion Bonny hat die Aufsichtskommission der Arbeitslosenversicherung die Ansicht vertreten, dass dafür eine klare Rechtsgrundlage geschaffen werden soll.

2.2 Art. 59

Erläuterung zu den einzelnen Bestimmungen Grundsatz

Trotz der Aufhebung von Absatz 5 des Artikels 72a soll die Rechtsgrundlage für arbeitsmarktliche Massnahmen nach Artikel 98a AVIV beibehalten werden. Sie wird in den Grundsatzartikel für die Bereitstellung von arbeitsmarktlichen Massnahmen überführt. Diese Massnahmen richten sich an Personen, die noch nicht unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht, d.h. nicht bereits in gekündigter Stellung sind. Zu denken ist an Fälle, wo Massenentlassungen zwar angekündet sind, jedoch noch nicht bekannt ist, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer davon betroffen sein werden. Auf Grund der bisherigen Bestimmungen in Artikel 72a Absatz 5 AVIG und 98a AVIV ist es möglich, auch für solche Personen bereits Massnahmen vorzusehen und sie vielleicht vor Arbeitslosigkeit zu bewahren.

Art. 72a

Anspruch des Versicherten auf vorübergehende Beschäftigung

Im Zusammenhang mit der Erteilung von neuen Leistungsaufträgen an die Kantone muss die Vorgabe eines kantonalen Mindestangebotes aufgehoben werden, damit die Kantone nicht weiterhin falsche Anreize (s. Erläuterung zu Art. 72b) bei der Bereitstellung der arbeitsmarktlichen Massnahmen erhalten. Dies bedingt eine Änderung von Artikel 72b. Infolge der Aufhebung des Mindestangebots in Artikel 72b sind aber in Artikel 72a auch die Absätze 4 und 5 aufzuheben, die sich ja auf das Mindestangebot beziehen. Insofern Absatz 5 als Rechtsgrundlage für Massnahmen nach Artikel 98a AVIV dient (Massnahmen zu Gunsten von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen), wird dieser Teil von Absatz 5 zudem in Artikel 59 überführt.

Art. 72b

Angebot an arbeitsmarktlichen Massnahmen

Im Zusammenhang mit der Erteilung von neuen Leistungsaufträgen an die Kantone muss die Vorgabe eines kantonalen Mindestangebotes aufgehoben werden, damit die Kantone nicht weiterhin falsche Anreize bei der Bereitstellung der arbeitsmarktlichen Massnahmen erhalten. Auf Grund des Mindestangebots besteht sonst die Gefahr, dass die Kantone eine möglichst hohe Anzahl von Massnahmen bereitstellen, unbesehen davon, ob die einzelnen Massnahmen für eine arbeitslose Person gerechtfertigt und sinnvoll sind, nur damit sie vom Bund nicht zusätzlich für die Kosten der Massnahmen in die Pflicht genommen werden.

Absätze 1 und 3 von Artikel 72b, welche in der Einführungsphase der arbeitsmarktlichen Massnahmen gerechtfertigt waren, können deshalb gestrichen werden. Der 1683

Beginn von Absatz 1 und Absatz 2 bleiben bestehen und werden im neuen Artikel redaktionell überarbeitet zusammengefasst.

Art. 72c

Beteiligung der Kantone an den Kosten der arbeitsmarktlichen Massnahmen

Der ganze Artikel wird neu konzipiert. Diese Neuregelung stellt sicher, dass sich die Kantone wie bereits heute mit einem prozentual gleich hoch bleibenden Anteil an den Kosten der arbeitsmarktlichen Massnahmen beteiligen und der Ausgleichsfonds somit nicht alle Kosten selbst zu tragen hat. Heute übernehmen die Kantone auf Grund von Artikel 72c Absatz 2 mit 3000 Franken pro Jahresplatz insgesamt ca.

10 Prozent der Massnahmekosten. Es wird ein Frankenbetrag pro ausbezahltes Taggeld zu bestimmen sein, der sicherstellt, dass sich die Kantone anteilsmässig weiterhin im selben Rahmen an den Kosten beteiligen. Die Abrechnung erfolgt jeweils ex post. Es werden zuerst die Massnahmekosten aller Kantone zusammengerechnet, davon 10 Prozent genommen und diese nach der Anzahl der im vergangenen Jahr ausbezahlten Taggelder (für alle Versicherten, nicht nur für diejenigen in Massnahmen) auf die Kantone verteilt. Für das Jahr 2000 wird der Frankenbetrag pro Taggeld bei 1 Franken 50 Rappen zu liegen kommen. Bei dieser Berechnung wird einerseits ausgegangen von insgesamt 15 000 Jahresplätzen, wie sie für das Jahr 2000 vorgesehen werden, andererseits von den letztjährigen Durchschnittskosten pro Massnahmenplatz. Die vorgesehene Finanzierung ist mittels den ASAL-Daten leicht zu berechnen und hat den Vorteil, dass sie einerseits nicht wie im alten System laufend angepasst werden muss, und dass andererseits alle Kantone gleich behandelt werden. Auf die Massnahmekosten selbst kann für die Berechnung des Kantonsbeitrags nicht abgestellt werden, weil sonst die Gefahr besteht, dass die Kantone keine oder weniger Massnahmen durchführen, mit dem Ziel dadurch ihre Kosten zu senken. Im Gegensatz zu heute wird bei der Berechnung des Kantonsanteils die Einwohnerzahl und die Zahl der Versicherten eines Kantons nicht mehr berücksichtigt.

Trotzdem wird sichergestellt, dass bei der neuen Berechnungsart kein Kanton prozentual mehr bezahlen muss als beim alten System.

Art. 82

Haftung der Träger

Durch die neuen Leistungsvereinbarungen erhalten die Kassen grössere Handlungsspielräume. Eine einheitliche Vollzugspraxis wird bei dieser Ausgangslage jedoch nur garantiert, wenn sich die Vollzugsstellen an die Weisungen der Ausgleichsstelle halten müssen und auch bei fahrlässigen Verstössen haftbar gemacht werden können. Heute können nur schwere Verstösse, bei denen ein vorsätzliches oder grobfahrlässiges Verschulden vorliegen muss, geahndet werden. Nach der alten Bestimmung, die bis zur Revision von 1995 Geltung hatte, war es auch möglich gewesen, Kassenträger bei normalem fahrlässigem Verschulden zur Rechenschaft zu ziehen.

Diese Bestimmung muss jetzt wieder, allerdings in abgeänderter Form, eingeführt werden. Im Gegensatz zur altrechtlichen Bestimmung vor der 95er Revision soll für die Haftbarmachung immer ein Verschulden, d.h. Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegen, eine Kausalhaftung soll nicht wieder eingeführt werden. Wie früher wird es mit dem Wortlaut von Absatz 3, 2. Satz, möglich sein, bei relativ leichten, entschuldbaren Fehlern die Kassen und Kantone nicht haftbar zu machen. Die KannRegelung schliesst jedoch nicht aus, dass ein Kassenträger bei dauernden oder sich häufenden oder wiederholenden leichten Fehlern für den entstandenen Schaden nicht dennoch haftbar gemacht werden kann.

1684

Dieses Haftungsrisiko wird den Kassenträgern angemessen vergütet werden. Eine solche Lösung gab es bereits vor der 95er Revision, als für die Kassenträger auch eine strengere Haftung bestand.

Art. 83

Ausgleichsstelle der Arbeitslosenversicherung

In Buchstabe c wird neu festgehalten, dass nicht nur die Geschäftsführung der Kassen, sondern auch die der kantonalen Amtsstellen geprüft werden soll. Mit dem neuen Buchstaben cbis wird sichergestellt, dass bei den Kassen und den kantonalen Amtsstellen auch die Aufgabenerfüllung, d.h. nicht nur das Buchhalterische geprüft werden kann. Mit diesen beiden Bst. kann sichergestellt werden, dass die Kassenträger und die Kantone, die durch die Neukonzeption ja grösser Handlungsspielräume erhalten, doch hinsichtlich eines korrekten Gesetzesvollzuges überprüft und nötigenfalls in die Verantwortung genommen werden können. Mit Buchstabe e soll im Gesetz explizit festgehalten werden, dass die Ausgleichsstelle auch den kantonalen Amtsstellen Weisungen erteilen kann. Diese Kompetenz hat die Ausgleichsstelle bis jetzt auf Grund der allgemeinen Aufsichtskompetenz von Artikel 76 Absatz 2 wahrgenommen. Die Änderung von Buchstabe e entspricht auch der Änderung von Artikel 111.

Art. 85a

Verantwortlichkeit der Kantone

Durch die neuen Leistungsaufträge erhalten die Kantone grössere Handlungsspielräume. Es ist sogar möglich, dass sie mit ihrer Tätigkeit in einem beschränkten Masse Überschüsse erzielen können. Eine einheitliche Vollzugspraxis wird bei dieser Ausgangslage jedoch nur garantiert, wenn sich die Vollzugsstellen an die Weisungen der Ausgleichsstelle halten müssen und auch bei fahrlässigen Verstössen haftbar gemacht werden können. Heute können nur schwere Verstösse, bei denen ein vorsätzliches oder grobfahrlässiges Verschulden vorliegen muss, geahndet werden. Nach der alten Bestimmung, die bis zur Revision von 1995 für die Kassen Geltung hatte, war es auch möglich gewesen, Kassenträger bei normalem fahrlässigem Verschulden zur Rechenschaft zu ziehen. Diese Bestimmung muss jetzt wieder, allerdings in abgeänderter Form, eingeführt werden, und zwar nicht nur für die Kassenträger, sondern auch für die Kantone. Im Gegensatz zur altrechtlichen Bestimmung vor der 95er-Revision soll für die Haftbarmachung immer ein Verschulden, d.h. Vorsatz oder Fahrlässigkeit, vorliegen, eine Kausalhaftung soll nicht wieder eingeführt werden. Wie früher wird es mit dem Wortlaut von Absatz 3, zweiter Satz, möglich sein, bei relativ leichten, entschuldbaren Fehlern die Kassen und Kantone nicht haftbar zu machen. Die Kann-Regelung schliesst jedoch nicht aus, dass ein Kassenträger resp. ein Kanton bei dauernden oder sich häufenden oder wiederholenden leichten Fehlern für den entstandenen Schaden nicht dennoch haftbar gemacht werden kann.

Dieses Haftungsrisiko wird den Kantonen angemessen vergütet werden. Eine solche Lösung gab es bereits vor der 95er-Revision bei den Kassen, als für die Kassenträger auch eine strengere Haftung bestand.

Art. 89

Aufsichtskommission

Neu soll die Aufsichtskommission hinsichtlich der Verwaltungskosten der Kassen und der Kantone (Art. 92 Abs. 6 und 7) sowie der Ausgleichsstelle mit dem neuen Absatz 5 eine ausdrückliche Budget- und Rechnungskompetenz erhalten.

1685

Hingegen wird sie respektiv ihr Beschwerdeausschuss auf Grund der Aufhebung des bisherigen Inhalts des Absatzes 5 nicht mehr für die Behandlung von Beschwerden betreffend Verwaltungskostenentschädigungen der Kassen zuständig sein. Damit müssen in der Folge auch Artikel 121 der Verordnung und die Verordnung über die Verwaltungskostenbeschwerden vom 25. Februar 1986, SR 837.15, aufgehoben werden. Neu wird für die Behandlung dieser Beschwerden die Rekurskommission EVD, mit Weiterzugsmöglichkeit an das Eidgenössische Versicherungsgericht, zuständig sein. Dieser Rechtsweg gilt heute in Anwendung der Bestimmungen über die Rechtspflege im 7. Titel des AVIG bereits für Beschwerden betreffend Verwaltungskostenentschädigungen der kantonalen Amtsstellen und der RAV. Damit kann die heutige uneinheitliche Regelung vereinheitlicht werden und erhalten auch die Kassen einen vollumfänglichen Rechtsschutz. Mit der heutigen Regelung gab es in ihrem Fall nämlich keine Weiterzugsmöglichkeit, die Aufsichtskommission entschied endgültig.

Art. 92

Verwaltungskosten

Heute ist etwa die Hälfte des Personals der Ausgleichsstelle über den Ausgleichsfonds angestellt. Nicht für alle Anstellungen besteht jedoch eine unmissverständliche Rechtsgrundlage. Mit den geplanten Änderungen sollen die Anstellungsverhältnisse eine neue, klare Rechtsgrundlage erhalten und zwischen Führung und Vollzug der Versicherung unterschieden werden. Mit Absatz 3 sollen alle Vollzugsaufgaben (RAV-Koordination, LAM-Koordination, arbeitsmarktliche Massnahmen, Inspektorat, Finanzdienst, AVAM, ASAL), welche die Ausgleichsstelle wahrnimmt, vom Ausgleichsfonds getragen werden. Mit Absatz 4 sollen die Aufgaben hinsichtlich der Führung (eigentliche Führung und internes Controlling) und der Grundlagearbeiten (Grundlagen und allgemeine Dienste, Rechtsdienst und Arbeitsmarktstatistik) der Versicherung vom Bund getragen werden. Die Ausgleichsstelle verfügt heute über 81,1 Stellen, die aus den Bundesmitteln bezahlt werden. Bei der vorgeschlagenen Lösung würden nur noch rund 46 Stellen zu Lasten des Bundes gehen. Dadurch würde der Bund jährlich um ungefähr 3,5 Millionen Franken entlastet, der Ausgleichsfonds dementsprechend um diesen Betrag mehr belastet. Angesichts der rund 4500 Stellen, die im Vollzug bei den Kantonen und Kassen aus dem Ausgleichsfonds bezahlt werden, ist die Mehrbelastung für den Ausgleichsfonds nur marginal.

Mit dieser Lösung kann auch eine erhöhte Flexibilität gewonnen werden, um auf Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt rasch zu reagieren; zudem ist die Kontrolle über den ökonomischen Mitteleinsatz durch die Aufsichtskommission gewährleistet (insbesondere auch durch den neuen Abs. 5 in Art. 89).

Der bisherige Absatz 4 wird zu Absatz 5.

Es braucht eine Rechtsgrundlage im Gesetz, damit die Kostenvergütungen und die Leistungsaufträge leistungsorientiert (bei den Kassen im neuen Abs. 6) respektive wirkungsorientiert (bei den Kantonen im neuen Abs. 7) ausgestaltet werden können.

Für KIGA, RAV und LAM wird ein integrierter Leistungsauftrag geschaffen, damit können die bisherigen Absätze 6 und 7 im neuen Absatz 7 zusammengefasst werden.

Sowohl den Kassenträgern wie den Kantonen werden die Bereitschaftskosten zur Überbrückung von Schwankungen des Arbeitsmarktes und das Haftungsrisiko angemessen vergütet.

1686

Art. 111

Revision

Neu sollen durch die Ausgleichsstelle nicht nur die Kassen, sondern auch die kantonalen Amtsstellen hinsichtlich des gesetzeskonformen Vollzugs geprüft werden.

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle Auswirkungen

3.1.1

Finanzielle Auswirkungen auf den Bund

Mit den neuen Absätzen 3 und 4 in Artikel 92 (s. Erläuterungen zu Art. 92) wird der Bund jährlich um die Kosten von rund 35 Stellen, d.h. um ca. 3,5 Millionen Franken entlastet werden.

3.1.2

Finanzielle Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden

Im Falle der Kantone sind die finanziellen Auswirkungen schwierig zu beziffern.

Einerseits wird ihr Anteil an den Kosten der arbeitsmarktlichen Massnahmen prozentual gleich bleiben. Die realen Kosten werden jedoch von der Arbeitslosenquote abhängen. Auf Grund der heutigen Konjunkturlage ist wohl eher mit einem Rückgang der Kantonsbelastung zu rechnen.

Andererseits führt die Verschärfung der Haftungsregeln dazu, dass ein Kanton, der das AVIG falsch vollzieht, finanziell eher zur Rechenschaft gezogen werden kann.

Dieses erhöhte Risiko wird den Kantonen jedoch mit einer Vergütung abgegolten werden, so dass unter dem Strich nicht wirklich eine höhere Belastung resultieren sollte.

Da die Aufgaben der Gemeinden unverändert bleiben, ergeben sich für diese keine finanziellen Auswirkungen. Auf Grund der effizienteren Vermittlung ist jedoch damit zu rechnen, dass weniger Personen ausgesteuert werden, was bei den Kantonen und Gemeinden zu einer Entlastung im Fürsorgebereich führt.

3.1.3

Finanzielle Auswirkungen für den Ausgleichsfonds

Mit den geplanten Massnahmen soll eine deutliche Effizienzsteigerung im Vollzug der Arbeitslosenversicherung und damit auch eine erhebliche Kostensenkung erzielt werden. Nur allein für den Bereich der RAV prognostizierte das beigezogene Beratungsunternehmen ATAG Ernst & Young, dass mit der Umsetzung der Verbesserungsmassnahmen die durchschnittliche Dauer der Stellensuche um 70 bis 80 Kalendertage verkürzt könnten werde, was den Ausgleichsfonds jährlich um 200 Millionen Franken bis rund 1 Milliarde Franken entlasten sollte. Genau Voraussagen sind schwer zu treffen, aber eine spürbare Kostensenkung wird sicher das Resultat sein, zumal ja eine Effizienzsteigerung nicht nur bei den RAV, sondern auch bei der kantonalen Amtsstelle und den Arbeitslosenkassen zu erwarten ist. Daneben werden die zu erwartenden Mehrausgaben fürs Personal bei der Ausgleichsstelle (s. Erläuterungen zu Art. 92) kaum ins Gewicht fallen.

1687

3.2

Personelle Auswirkungen

Grundsätzlich ist mit keinem zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu rechnen. Neu würden jedoch nur noch 46 von zur Zeit 81,1 Stellen zu Lasten des Bundes gehen, das übrige mit Vollzugsaufgaben betraute Personal wird wie bei den kantonalen Vollzugsstellen sowie den privaten und öffentlichen Arbeitslosenkassen vom Ausgleichsfonds getragen werden.

3.3

Auswirkungen auf die Informatik

Die Reorganisation der Vollzugsorganisation hat weder Auswirkungen auf das Vermittlungs- noch auf das Auszahlungssystem, so dass im Informatikbereich keine speziellen Änderungen nötig sind.

3.4

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Gemäss Schlussbericht über die von der ATAG Ernst & Young durchgeführte RAV Evaluationsstudie bewirkt eine verbesserte Organisationsstruktur eine Verkürzung der Bezugsdauer. Bei 150 000 Arbeitslosen bedeutet dies, ausgehend von einem durchschnittlichen Taggeldansatz von 130 Franken, ein jährliches Entlastungspotenzial für die Arbeitslosenversicherung von mindestens 200 Millionen Franken.

3.5

Auswirkungen auf Klein- und Mittelbetriebe (KMU)

Die Reorganisation der Vollzugsorganisation der Arbeitslosenversicherung bewirkt keine zusätzliche administrative Belastung für Klein- und Mittelbetriebe.

4

Legislaturplanung

Die Botschaft zur Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (Optimierung Vollzug) ist im Bericht des Bundesrates über die Legislaturplanung 1999-2003 angekündigt (Anhang 2, Ziffer 3.1 Soziale Sicherheit und Gesundheit, Rubrik: Weitere Geschäfte).

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Das europäische Recht enthält im Bereich der sozialen Sicherheit kollisionsrechtliche Bestimmungen sowie ein Konzept der Koordinierung der verschiedenen nationalen Systeme. Die Ausgestaltung der einzelnen Versicherungssysteme liegt jedoch in der Kompetenz der einzelnen Staaten. Die Reorganisation der Vollzugsorganisation im Bereich der Arbeitslosenversicherung tangiert somit nicht das europäische Recht.

1688

6

Verfassungsmässigkeit

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereiche des Arbeitslosenversicherungsgesetzes stützt sich auf die Artikel 110 Absatz 1 Buchstaben a und c und 114 der Bundesverfassung. Der Revisionsentwurf ist mit diesen Artikeln konform.

10852

1689