11.038 Botschaft zur Volksinitiative «Für eine starke Post» vom 22. Juni 2011

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «Für eine starke Post» Volk und Ständen ohne Gegenentwurf und mit der Empfehlung zu unterbreiten, die Initiative abzulehnen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. Juni 2011

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-2573

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Übersicht Der Bundesrat anerkennt die allgemeine Zielsetzung der Volksinitiative «Für eine starke Post»: die flächendeckende Grundversorgung und die Sicherstellung ihrer Finanzierung. Er lehnt die Initiative dennoch ab, weil diese Ziele mit der jüngsten Totalrevision der Postgesetzgebung ebenfalls erreicht werden können, jedoch auf eine flexiblere Weise und damit auch längerfristig sowie unter Wahrung der unternehmerischen Freiheit der Post.

Ziele der Initiative Die eidgenössische Volksinitiative «Für eine starke Post» verlangt, dass der Bund allen Einwohnerinnen und Einwohnern ein flächendeckendes Poststellennetz und einen raschen und leichten Zugang zu allen Leistungen eines zukunftsorientierten Universaldienstes (Grundversorgung) garantiert. Zudem soll die Schweizerische Post (Post) beauftragt werden, das Poststellennetz mit Personal zu betreiben, das in einem Anstellungsverhältnis zur Post steht. Die Kosten für das Poststellennetz und die Grundversorgung sollen durch die Einnahmen aus dem Briefmonopol und die Gewinne einer Postbank gedeckt werden, die zu 100 Prozent der Post gehört.

Flächendeckende Grundversorgung und Infrastruktur sichergestellt Mit der neuen, in der Wintersession 2010 vom Parlament verabschiedeten Postgesetzgebung wird eine flächendeckende und für alle Bevölkerungsgruppen zugängliche hochstehende Grundversorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs sichergestellt. Das neue Postgesetz sieht im Gegensatz zur Initiative neben Poststellen auch Agenturen als Zugangspunkte des Netzes vor. Die Post hat damit die Möglichkeit, den ihr gesetzlich übertragenen Grundversorgungsauftrag in Zusammenarbeit mit Dritten, sogenannten Agenturen, anzubieten. Die Post bleibt aber auch bei der Übertragung an Dritte vollumfänglich verantwortlich für den ihr gesetzlich übertragenen Grundversorgungsauftrag.

Das von der Initiative verlangte «traditionelle» Poststellennetz (ohne Agenturen), mit dem der Grundversorgungsauftrag erfüllt werden muss, verbunden mit der Pflicht, dieses Netz mit Personal im Anstellungsverhältnis zur Post zu betreiben, würde zu erhöhten Kosten führen, flexible und kundenfreundliche Lösungen wie Agenturen de facto verhindern und die Weiterentwicklungsmöglichkeit der Infrastruktur sowie deren Anpassung an die Kundenbedürfnisse unnötig einschränken.
Ein Mehrwert für die Konsumenten und Konsumentinnen, namentlich eine Verbesserung des Angebots der Grundversorgungsdienstleistungen, würde aber nicht resultieren.

Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Regelung im neuen Postgesetz dem Bedürfnis der Bevölkerung nach einer ausreichenden flächendeckenden Grundversorgung besser Rechnung trägt als die von der Initiative vorgeschlagene Regelung.

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Finanzierung der Grundversorgung gewährleistet Eine verfassungsrechtliche Vorgabe, wonach die Post die Grundversorgung insbesondere durch das Briefmonopol und die Gewinne einer Postbank zu finanzieren hat, schränkt die Weiterentwicklung der Post zu stark ein.

Die Finanzierung der Grundversorgung soll gemäss dem neuen Postgesetz weiterhin mit den Erträgen aus dem Briefmonopol bis 50 Gramm sichergestellt werden.

Der Post stehen daneben aber auch Erträge aus den übrigen Diensten als Mittel zur Finanzierung der Grundversorgung zur Verfügung.

Im neuen Postgesetz wird am Monopol für Briefe bis 50 Gramm festgehalten und auf eine vollständige Marktöffnung vorläufig verzichtet. Dies entspricht dem Willen des Initiativkomitees. Eine Postbank, wie sie die Initiative fordert, entspricht nicht dem politischen Willen von Bundesrat und Parlament und wurde bereits mehrfach verworfen.

Eine Ergänzung der Bundesverfassung mit einem Finanzierungskonzept ist weder sinnvoll noch notwendig. Das neue Postgesetz sieht bereits eine Grundlage zur Finanzierung der Grundversorgung vor, die der Bundesrat in der Verordnung noch konkretisieren wird.

Fazit Der Bundesrat lehnt die Revision der Bundesverfassung ab. In den jüngsten Entscheiden des Parlaments im Zusammenhang mit der Totalrevision der Postgesetzgebung und angesichts der laufenden Revision der Verordnungen zur Postgesetzgebung wurde dem Anliegen der Initiantinnen und Initianten in Bezug auf den Verzicht auf die vollständige Marktöffnung, das heisst den Erhalt des Briefmonopols Rechnung getragen. Der Bundesrat beantragt dem Parlament deshalb, die Volksinitiative «Für eine starke Post» Volk und Ständen ohne Gegenentwurf und mit der Empfehlung zu unterbreiten, die Initiative abzulehnen.

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Botschaft 1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1

Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative «Für eine starke Post» hat den folgenden Wortlaut: Die Bundesverfassung1 wird wie folgt geändert: Art. 92 Abs. 3­5 (neu) Der Bund garantiert allen Einwohnerinnen und Einwohnern ein flächendeckendes Poststellennetz und einen leichten und raschen Zugang zu allen Leistungen eines zukunftsorientierten Universaldienstes.

3

Er beauftragt die Schweizerische Post, das Poststellennetz mit Personal zu betreiben, das in einem Anstellungsverhältnis zur Schweizerischen Post steht.

4

Die Kosten für das Poststellennetz und den Universaldienst werden insbesondere gedeckt durch:

5

a.

die Einnahmen aus dem Briefmonopol;

b.

die Gewinne einer Postbank, die zu 100 Prozent der Schweizerischen Post gehört.

1.2

Zustandekommen und Behandlungsfristen

Die Volksinitiative «Für eine starke Post» wurde am 10. November 2009 von der Bundeskanzlei vorgeprüft2 und am 2. September 2010 mit den nötigen Unterschriften eingereicht.

Mit Verfügung vom 21. September 2010 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 109 825 gültigen Unterschriften zustande gekommen ist3.

Die Initiative hat die Form eines ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu keinen Gegenentwurf. Nach Artikel 97 Absatz 1 Buchstabe a des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20024 hat der Bundesrat somit spätestens bis zum 2. September 2011 einen Beschlussentwurf und eine Botschaft zu unterbreiten. Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 des Parlamentsgesetzes bis zum 2. März 2013 über die Volksinitiative zu beschliessen.

1 2 3 4

SR 101 BBl 2009 7999 BBl 2010 6383 SR 171.10

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1.3

Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 3 BV: a.

Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt die Anforderungen an die Einheit der Form.

b.

Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.

c.

Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts.

Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

Die Initiative ist deshalb als gültig zu erklären.

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

Der Bundesrat entschied mit Beschluss vom 1. Mai 2006, eine Totalrevision der Postgesetzgebung an die Hand zu nehmen. Am 20. Mai 2009 unterbreitete er die Entwürfe zum Postgesetz (nPG)5 und zum Postorganisationsgesetz (nPOG)6 zusammen mit den dazugehörigen Botschaften7 dem Parlament. Das Parlament folgte den bundesrätlichen Entwürfen, mit Ausnahme des Vorschlags zur vollständigen Marktöffnung, ohne wesentliche Änderungen und stimmte den Gesetzen in der Schlussabstimmung vom 17. Dezember 20108 zu. Die vollständige Marktöffnung wurde aus dem Gesetz gestrichen, und der Bundesrat wurde beauftragt, innert drei Jahren eine Evaluation vorzunehmen und dem Parlament Vorschläge für das weitere Vorgehen zu unterbreiten. Das Referendum gegen die Gesetze wurde nicht ergriffen. Aufgrund der noch laufenden Verordnungsarbeiten hat der Bundesrat die vom Parlament beschlossene neue Postgesetzgebung noch nicht in Kraft gesetzt.

Die wichtigsten Eckpunkte des neuen Postgesetzes und des neuen Postorganisationsgesetzes sind:

5 6 7 8

­

Sicherstellung einer flächendeckenden und hochstehenden Grundversorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs für die Bevölkerung und die Wirtschaft

­

Festhalten am Monopol für Briefe bis 50 Gramm (keine vollständige Marktöffnung)

­

Schaffung gleicher Rahmenbedingungen für alle Teilnehmenden auf dem Postmarkt

­

Errichtung einer neuen, institutionell unabhängigen Aufsichtsbehörde (Postkommission; PostCom)

­

Umwandlung der Post von einer öffentlich-rechtlichen Anstalt in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft BBl 2009 5249 ff.

BBl 2009 5309 ff.

BBl 2009 5181 ff. und BBl 2009 5265 ff.

BBl 2010 8997 ff. und BBl 2010 9013 ff.

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­

Ausgliederung der PostFinance in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft und Unterstellung unter die Finanzmarktaufsicht (FINMA).

Die neue Postgesetzgebung führt im Wesentlichen die bisherige erfolgreiche Postpolitik des Bundesrats weiter und hält insbesondere am im Jahr 2004 im Postgesetz verankerten Infrastrukturauftrag und dem im Jahr 2009 herabgesetzten Briefmonopol bis 50 Gramm fest. Auf eine vollständige Postmarktöffnung wird vorläufig verzichtet. Der Bundesrat wird die Auswirkungen der Marktöffnung bis 50 Gramm in der Schweiz und der vollständigen Marktöffnung in der Europäischen Union (EU) evaluieren und der Bundesversammlung bis spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten des neuen Postgesetzes einen Bericht mit Vorschlägen zum weiteren Vorgehen unterbreiten. Eine allfällige vollständige Marktöffnung bedarf demnach der Zustimmung des Parlaments und allenfalls der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger.

Als Reaktion auf die geplanten Liberalisierungsabsichten und die damals im Parlament hängige Totalrevision der Postgesetzgebung lancierte das Initiativkomitee (Gewerkschaft Kommunikation; neu: Syndicom) die Volksinitiative «Für eine starke Post» und reichte sie am 2. September 2010 mit den nötigen Unterschriften ein. Sie will damit die aus ihrer Sicht unbefriedigend geregelten Bereiche korrigieren.

3

Ziele und Inhalt der Initiative

3.1

Konkrete Ziele der Initiative

Die Volksinitiative will für alle Bevölkerungsgruppen in allen Regionen ein flächendeckendes Poststellennetz und einen raschen und leichten Zugang zu allen Leistungen der Grundversorgung sicherstellen. Zudem soll die Post verpflichtet werden, das Netz mit eigenem Personal zu betreiben. Finanziert werden soll die Grundversorgung durch die Einnahmen aus dem Briefmonopol und die Gewinne einer Postbank, die zu 100 Prozent der Post gehört.

3.2

Inhalt der vorgeschlagenen Regelung

Zugang zu zukunftsorientierter Grundversorgung mit Poststellennetz gewährleisten Ein zentrales Anliegen der Initiative ist ein Poststellennetz, das die freie Zugänglichkeit zu allen Dienstleistungen der Grundversorgung in allen Landesteilen und in angemessener Distanz für alle Bevölkerungsgruppen sicherstellt. Der Bund soll dafür garantieren. Diese Aufgaben können aus Sicht des Initiativkomitees nur mit einem dichten Netz von traditionellen Poststellen erfüllt werden. Dies, weil in den Postagenturen nicht die gleichen Postdienstleistungen wie in Poststellen angeboten werden, die Vertraulichkeit der Postgeschäfte in Agenturen nicht gewährleistet ist und der Hausservice aufgrund der zeitlichen Einschränkung sich nicht für alle Bevölkerungsgruppen eignet. Postagenturen und der Hausservice sollen deshalb Poststellen nicht gleichgesetzt werden und lediglich als ergänzende Lösungen gelten. Ein Leistungsabbau des Grundversorgungsangebots soll dadurch verhindert und ein Dienstleistungspartner für das lokale Gewerbe sowie für kleine und mittlere Unternehmen erhalten werden.

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Poststellennetz nur mit Postpersonal Die Initiative will die Post verpflichten, das Poststellennetz ausschliesslich mit Personal zu betreiben, das in einem Anstellungsverhältnis zu ihr steht. Dadurch soll verhindert werden, dass Postagenturen und Hausservicelösungen als Zugangspunkte anerkannt werden. Der Zugang zur Grundversorgung soll nicht mit Postagenturen gewährleistet werden können. Damit soll eine Übertragung von Grundversorgungsaufgaben an Dritte verhindert, die Überwachung der Qualität der Postdienstleistungen besser gewährleistet, die Vertraulichkeit und Sicherheit der Postdienstleistungen garantiert sowie den Erhalt von qualifizierten Arbeitsplätze in Randregionen sichergestellt werden.

Finanzierung der Grundversorgung durch Briefmonopol und Postbank Absatz 5 des Initiativtextes regelt die Finanzierung der Grundversorgung. Insbesondere durch die Einnahmen aus dem Briefmonopol und die Gewinne einer Postbank soll die Post die Kosten eines flächendeckenden Poststellennetzes und einer zukunftsorientierten Grundversorgung selber finanzieren können. Die Postbank soll zu 100 Prozent der Post gehören.

Mit der gewählten Formulierung will die Initiative das Briefmonopol und die Postbank verfassungsrechtlich verankern. Das Initiativkomitee ist der Ansicht, dass durch die Beibehaltung des Restbriefmonopols die Grundversorgung am sichersten finanziert werden kann und der Bund durch eine politische Kontrolle einen Leistungsabbau verhindern kann.

Mit der Verankerung der Postbank will die Initiative die Geschäftstätigkeit der Post im Bereich der Finanzdienstleistungen erweitern, unter anderem um die Möglichkeit, Hypotheken und Kredite in eigenem Namen anbieten zu können. Dadurch soll ein zusätzliches Finanzierungspotenzial geschaffen werden, das dem Rückgang bei den Postdienstleistungen durch Substitution entgegenwirken und eine dichte Infrastruktur erhalten soll. Zudem soll die Postbank zu 100 Prozent der Post gehören, womit jede Form von Privatisierung ausgeschlossen wird und allfällige Risiken im Zusammenhang mit der Finanztätigkeit gemässigt werden.

4

Würdigung der Initiative

4.1

Anliegen der Initiative

4.1.1

Verfassungsrecht

Der geltende Artikel 92 Absatz 2 der Bundesverfassung (BV)9 verpflichtet den Bund zu einer ausreichenden und preiswerten Grundversorgung mit Post- und Fernmeldediensten in allen Landesgegenden. Zu den Postdiensten gehören sowohl die Briefund Paketdienste als auch die Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs. Ebenfalls mit eingeschlossen sind alle Aufgaben, die zur Funktionsfähigkeit der Infrastruktur für das Postwesen nötig sind.10

9 10

SR 101 Herbert Burkert, Art. 92, in: Ehrenzeller, Bernhard et. al., 2008, Die Schweizerische Bundesverfassung: Kommentar, 2. Aufl. Zürich/St. Gallen, Rz. 3.

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Der Bundesrat erachtet die heutige Regelung auf Verfassungsstufe als ausreichend.

Eine zusätzliche verfassungsrechtliche Verankerung des Infrastrukturauftrags, der Regelung der Anstellungsverhältnisse der Post und der Art der Finanzierung der Grundversorgung, wie es die Initiative «Für eine starke Post» verlangt, ist nicht notwendig und eher kontraproduktiv. Im Vordergrund sollten nicht die Infrastruktur sondern die Dienstleistungen der Post und die Kundenbedürfnisse stehen. Wie der Bund im Einzelnen eine ausreichende und preiswerte Grundversorgung gewährleistet, soll wie bis anhin auf Gesetzesstufe geregelt werden, wie es das Postgesetz vom 30. April 199711 und auch das neue Postgesetz vom 17. Dezember 2010 vorsehen.

4.1.2

Poststellennetz und Zugang zu zukunftsorientierter Grundversorgung

Der Initiativtext verlangt, dass der Bund allen Einwohnerinnen und Einwohnern ein flächendeckendes Poststellennetz sowie einen leichten und raschen Zugang zu allen Leistungen einer zukunftsorientierten Grundversorgung garantiert. Der Zugang zu den Dienstleistungen der Grundversorgung soll einzig mittels traditionellen Poststellen sichergestellt werden, Postagenturen und der Hausservice gelten lediglich als ergänzende Lösungen.

Verantwortung des Bundes für die Grundversorgung Das geltende Verfassungsrecht (Art. 92 Abs. 2 BV) verpflichtet den Bund zu einer ausreichenden und preiswerten Grundversorgung mit Postdiensten in allen Landesgegenden und stellt dadurch sicher, dass der Bund die Verantwortung für die Gewährleistung einer ausreichenden und preiswerten Grundversorgung trägt.

Sowohl das neue Postgesetz (Art. 13 und 32) als auch das Postgesetz vom 30. April 1997 (Art. 2) beauftragen die Post mit der Erfüllung dieser Bundesaufgabe. Mit diesem gesetzlichen Auftrag wird die Post verpflichtet, die Grundversorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs zu gewährleisten. Auch wenn die Post mit der Erbringung der Grundversorgung beauftragt wird, behält der Staat die Gewährleistungsverantwortung.

Die neue Postgesetzgebung sieht mehrere Instrumente vor, damit der Bund diese Verantwortung wahrnehmen kann. Das Hauptinstrument ist das neue Postgesetz, in welchem die Grundversorgung definiert wird (Art. 13 ff. Postdienste und Art. 32 Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs). Die Einzelheiten wird der Bundesrat in der Verordnung zum Postgesetz präzisieren. Die Einhaltung der Grundversorgung mit Postdiensten wird von der PostCom (Art. 22 Abs. 2 Bst. e nPG) beaufsichtigt, diejenige mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs vom Fachdienst des UVEK. Ein weiteres Instrument im Postgesetz ist der Evaluationsbericht, mit dem der Bundesrat die Ausgestaltung der Grundversorgung regelmässig überprüft und diese wenn nötig den Kundenbedürfnissen sowie der technologischen Entwicklung anpassen kann (Art. 3 nPG). Ferner hat der Bund nach dem neuen Postorganisationsgesetz eine Mehrheitsbeteiligung an der Unternehmung Post (Art. 6 nPOG) und legt als Eigner die strategischen Ziele der Post fest (Art. 7 nPOG). Die Einhaltung der strategischen Ziele überprüft der Bundesrat jährlich im Rahmen der Berichterstattung der Post.

11

SR 783

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Durch diese Instrumente kann der Staat seine Verantwortung wahrnehmen und eine ausreichende Grundversorgung gewährleisten.

Das im Initiativtext enthaltene Anliegen, dass der Bund eine ausreichende Grundversorgung in allen Landesgegenden zu gewährleisten hat, ist bereits heute auf Verfassungsstufe verankert. Die neue Postgesetzgebung enthält die notwendigen Instrumente, die der Durchsetzung dieser Bundesaufgabe dienen. Eine weitergehende Regelung erübrigt sich.

Infrastruktur und Zugang zu Dienstleistungen der Grundversorgung Die Post ist verpflichtet, landesweit eine ausreichende Anzahl von Zugangspunkten zu betreiben, welche Postdienste und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs der Grundversorgung anbieten. Im Vordergrund steht dabei die flächendeckende Erbringung der Grundversorgungsdienstleistung und nicht die Infrastruktur an sich. Dementsprechend kann der Zugang zu den Dienstleistungen der Grundversorgung aus Sicht des Bundesrats und des Parlaments auch auf unterschiedliche Weise sichergestellt werden. Gemäss Artikel 14 des neuen Postgesetzes gelten als Zugangspunkte für die Grundversorgung mit Postdiensten Poststellen, Postagenturen (Partnerschaftslösungen mit privaten Dritten) und neu auch öffentliche Briefeinwürfe.

Der sogenannte Hausservice gilt als Ergänzung zu den Poststellen und Postagenturen und ist auf Gesetzesstufe nicht geregelt; er kann aber für die Berechnung der Erreichbarkeit der Zugangspunkte ebenfalls berücksichtigt werden. Den Zugang zur Grundversorgung mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs (Art. 32 nPG) kann die Post je nach Dienstleistung mittels Poststellen, Postagenturen, Geldausgabeautomaten, Briefverkehr sowie über ein System für den elektronischen Zahlungsverkehr sicherstellen. Der Bundesrat wird die Einzelheiten in der Verordnung regeln.

Der Post wird dadurch freigestellt, ob sie die Zugangspunkte selber oder in Zusammenarbeit mit Dritten betreibt, beispielsweise Dorfläden, Tankstellen, einer Gemeindeverwaltung oder anderen, vor Ort bestehenden Einrichtungen. Die Post muss mit dem Netz von Zugangspunkten jedoch sicherstellen, dass die Grundversorgungsdienstleistungen in allen Regionen für alle Bevölkerungsgruppen in angemessener Distanz bzw. auf angemessene Weise erhältlich sind. Bei einer Übertragung an Dritte bleibt die Post vollumfänglich verantwortlich für
die Erfüllung des ihr übertragenen Auftrages und muss jeweils garantieren, dass die Steuerungs- und Eingriffsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörde nicht reduziert werden.

Auf die Festlegung einer absoluten Zahl von Poststellen und Postagenturen hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet. Der Zugang zu den Dienstleistungen der Grundversorgung muss hingegen ohne erheblichen Zeitaufwand für die Kundinnen und Kunden möglich sein. Der Bundesrat wird in der Verordnung präzisierende Vorgaben zum Zugang machen und insbesondere darauf achten, dass alle Einwohnerinnen und Einwohner eine Poststelle oder eine Postagentur zu Fuss oder mit öffentlichen Transportmitteln binnen nützlicher Frist erreichen können. Schliesslich sieht das neue Postgesetz bei Verlegung oder Schliessung von bedienten Zugangspunkten der postalischen Grundversorgung durch die Post ein Verfahren vor der PostCom vor (Art. 14 Abs. 6 nPG).

Mit diesen Bestimmungen wird eine landesweit flächendeckende Grundversorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs sichergestellt und der Post gleichwohl die notwendige Flexibilität und unternehmerische Freiheit bei der Gestaltung des Netzes von Zugangspunkten gewährt.

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Grundversorgungsdienstleistungen Eine funktionierende Grundversorgung mit Postdiensten ist eine wichtige Voraussetzung für die Lebensqualität der Bevölkerung, den nationalen Zusammenhalt und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schweiz. Aus diesem Grund ist die oberste Zielsetzung des Bundes die Sicherstellung einer flächendeckenden, für alle zugänglichen und finanzierbaren Grundversorgung in guter Qualität.

Der Umfang der Grundversorgung ist im neuen Postgesetz festgelegt (Art. 14 Postdienste und Art. 32 Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs) bzw. wird in der dazugehörigen Verordnung im Einzelnen festzulegen sein. Die Post wird verpflichtet werden, ein Grundangebot an Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs anzubieten. Dieses wird im Wesentlichen adressierte Briefe und Pakete ins Inund Ausland, Zeitungen und Zeitschriften sowie Einzahlungen, Auszahlungen und Überweisungen umfassen. Zudem müssen die Dienstleistungen der Grundversorgung in hoher Qualität und preiswert erbracht werden (Art. 15 nPG und 92 Abs. 2 BV). Die Erbringung der Grundversorgung mit Postdiensten wird von der PostCom beaufsichtigt, diejenige mit Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs vom Fachdienst des UVEK.

Fazit Das Anliegen der Initiative, allen Einwohnerinnen und Einwohnern ein flächendeckendes Poststellennetz und einen leichten und raschen Zugang zu allen Leistungen einer zukunftsorientierten Grundversorgung zu garantieren, wird durch das neue Postgesetz erfüllt. Der Bundesrat und das Parlament sehen neben dem vom Initiativkomitee geforderten traditionellen Poststellennetz auch Postagenturen als Zugangspunkte des flächendeckenden Netzes vor. Sie sind der Ansicht, dass Postagenturen den Bedürfnissen der Kunden nach einer ausreichenden Grundversorgung ebenso ­ und an manchen Orten sogar besser ­ Rechnung tragen wie Poststellen. Agenturen haben, im Gegensatz zu den schwach frequentierten Poststellen, in der Regel kundenfreundlichere und längere Öffnungszeiten. Sie unterstützen und stärken das lokale Gewerbe und sichern durch Zusatzeinkünfte aus Postdienstleistungen Arbeitsplätze in den Randregionen. Damit kann der Kunde oder die Kundin gleichzeitig mit dem Einkauf auch die Postgeschäfte erledigen. Die Vertraulichkeit der Postgeschäfte ist jederzeit sichergestellt, weil auch Mitarbeitende, die nicht in
einem Arbeitsverhältnis zur Post stehen, dem Postgeheimnis unterstehen. Im Weiteren sind Agenturen im Vergleich zu traditionellen Poststellen kostengünstiger, da die gleiche Infrastruktur für mehrere Geschäftstätigkeiten genutzt werden kann. Mit einem Zugangsnetz von Poststellen und Agenturen wird der Post ermöglicht, die Grundversorgungsverpflichtung ohne Einschränkung der Entwicklungsfähigkeit und Flexibilität des Verkaufsnetzes zu erfüllen. Sie kann ihr Netz nach den Bedürfnissen der Kundschaft ausrichten und anpassen und dadurch Kosten einsparen, ohne Auswirkungen auf das Dienstleistungsangebot der Grundversorgung. Ein Zugangsnetz von Postagenturen und Poststellen unterstützt die Zielsetzung der Sicherstellung von Arbeitsplätzen, insbesondere auch in den Randregionen, ebenso wie ein von der Initiative gefordertes traditionelles Poststellennetz.

Ein Poststellennetz, wie es die Initiative fordert, verursacht hohe Kosten, verhindert de facto flexible Lösungen für die Erbringung der Grundversorgung wie beispielsweise Agenturen und schränkt die Weiterentwicklungsmöglichkeit der Infrastruktur sowie deren Anpassung an die Kundenbedürfnisse unnötig ein, ohne dass dadurch für die Konsumenten und Konsumentinnen ein Mehrwert resultieren würde.

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Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Regelung im neuen Postgesetz, zusammen mit den Ausführungsbestimmungen, dem Bedürfnis der Bevölkerung nach einer ausreichenden flächendeckenden Grundversorgung besser Rechnung tragen als das von der Initiative vorgeschlagene historisch gewachsene, starre und kostenintensive Poststellennetz.

4.1.3

Betrieb von Poststellen mit Personal im Anstellungsverhältnis zur Post

Gemäss der Initiative soll die Post verpflichtet werden, das Poststellennetz nur mit Personal betreiben zu dürfen, das in einem Anstellungsverhältnis zur Post steht.

Dadurch will die Initiative einerseits Postagenturen und damit die Auslagerung von Aufgaben an Dritte verhindern und andererseits den Erhalt von Arbeitsplätzen mit guten Arbeitsbedingungen sicherstellen.

Das neue Postgesetz hält in Artikel 4 fest, dass grundsätzlich alle auf dem Postmarkt tätigen Anbieterinnen von Postdiensten die Einhaltung der branchenüblichen Arbeitsbedingungen zu gewährleisten haben. Zudem besteht für sie die Pflicht, Verhandlungen über einen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) zu führen oder sich über die Arbeitgeberverbände an solchen Verhandlungen zu beteiligen. Die PostCom hat die Einhaltung der branchenüblichen Arbeitsbedingungen und die Vorgaben zur Verhandlungspflicht zu überprüfen (Art. 22 Abs. 2 Bst. b nPG). Diese Vorgaben sollen auch künftig verhindern, dass sich der Wettbewerb im Postmarkt auf Kosten der Löhne und der Arbeitsbedingungen der Angestellten entwickeln kann.

Zudem sieht das neue Postorganisationsgesetz vor, dass die Post bezüglich der arbeitsrechtlichen Bedingungen den privaten Konkurrentinnen gleichgestellt wird.

Die Arbeitsverhältnisse der Angestellten der Post richten sich deshalb nicht mehr wie bis anhin nach dem Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (BPG)12, sondern werden ins Obligationenrecht (OR)13 überführt. Die Post verbleibt jedoch in der Pflicht, Verhandlungen zum Abschluss eines GAV zu führen (Art. 9 nPOG). Im Weiteren kann der Bundesrat die Personalpolitik der Post weiterhin mit den strategischen Zielen steuern. Bereits heute fordert er von der Post, eine fortschrittliche, sozialverantwortliche und attraktive Arbeitgeberin zu sein.

Der Forderung der Initiative, alle Poststellen nur mit Postpersonal zu betreiben, kommt die neue Postgesetzgebung nicht nach. Der Bundesrat und das Parlament wollten explizit, dass als Zugangspunkte auch Agenturen gelten, die die Post in Zusammenarbeit mit Dritten (z.B. Dorfläden, Tankstellen, einer Gemeindeverwaltung) betreiben kann. Die Agenturpartner bieten damit zwar Postdienstleistungen an; da ihr Kerngeschäft aber nicht den Postsektor betrifft, sollen sie ansonsten unabhängig bleiben.

Wie bereits ausgeführt, bieten Agenturen mehrere Vorteile. Insbesondere
können durch die Nutzung von Synergieeffekten Arbeitsplätze in peripheren Regionen gesichert, Kundenfrequenzen erhöht, längere und kundenfreundlichere Öffnungszeiten geboten und das lokale Gewerbe gestärkt werden. Eine Annahme der Initiative würde zwar zur Aufrechterhaltung von Poststellen führen, für schwach frequen12 13

SR 172.220.1 SR 220

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tierte Poststellen hätte sie aber negative Auswirkungen. Die Öffnungszeiten müssten weiter reduziert werden, was weder im Interesse der Konsumenten und Konsumentinnen noch der Postmitarbeitenden wäre.

Abgesehen davon wird eine solche Vorgabe den aktuellen und künftigen Herausforderungen nicht gerecht. Der Arbeitnehmerschutz soll auf dem gesamten Postmarkt erfolgen und nicht über einseitige Auflagen an ein einzelnes Unternehmen. Unabhängig davon, ob das Netz der Zugangspunkte mit eigenem Personal oder von Dritten betrieben wird, bleibt die Post verantwortlich für eine ausreichende Grundversorgung und die Qualität des eingesetzten Personals. Die Zusammenarbeit mit Dritten und damit die Anstellungsverhältnisse stehen somit in keinem Widerspruch zur Sicherstellung einer ausreichenden Grundversorgung mit Postdiensten und Dienstleistungen des Zahlungsverkehrs.

4.1.4

Finanzierung der Grundversorgung

Schliesslich verlangt die Initiative, dass die Kosten des geforderten Poststellennetzes und der Grundversorgung insbesondere durch die Einnahmen aus dem Briefmonopol und die Gewinne einer Postbank, die zu 100 Prozent der Post gehört, gedeckt werden sollen. Sie macht dadurch nicht nur Vorschriften zur Finanzierung der Grundversorgung und zum Poststellennetz, sondern fordert auch eine verfassungsrechtliche Verankerung des Briefmonopols und einer Postbank.

Finanzierungskonzept Die Finanzierung der Grundversorgung mit Post- und Zahlungsverkehrsdiensten soll nach der neuen Postgesetzgebung weiterhin mit den Erträgen aus dem Monopol für Briefe bis 50 Gramm sichergestellt werden (Art. 18 f. nPG). Daneben stehen der Post selbstverständlich auch Erträge aus den übrigen Diensten, namentlich dem Zahlungsverkehr, der Paketpost und dem grenzüberschreitenden Geschäft, als Mittel zur Finanzierung der Grundversorgung zur Verfügung. Ziel ist es, dass die Post die Grundversorgung eigenwirtschaftlich erbringen kann. Das Gesetz ermöglicht der Post deshalb, die Preise der Grundversorgung nach wirtschaftlichen Grundsätzen festzusetzen und Poststellen sowie Agenturen zu betreiben. Die Sicherstellung der Finanzierung der Grundversorgung ist auch abhängig von der Grösse des Netzes.

Diesem Aspekt hat der Bundesrat bei der Regelung der Einzelheiten zur Finanzierung der Grundversorgung auf Verordnungsstufe Rechnung zu tragen.

Aufgrund der Substitution des Briefes durch neue Medien und Internetplattformen werden die Erträge aus dem Briefmonopol in Zukunft zurückgehen. Das Hypothekar- und Kreditgeschäft steht unter hohem Wettbewerbsdruck. Deshalb bleibt offen, ob zusätzliche substanzielle Mittel für die Finanzierung des Poststellennetzes erzielt werden könnten, wenn die PostFinance diese Geschäfte in eigenem Namen anbieten könnte. Ausserdem sind mit der Unterstellung der PostFinance unter die Finanzmarktaufsicht regulatorische Kapitalanforderungen zu erfüllen. Die PostFinance wird daher zusätzliche Eigenmittel aufbauen und unterhalten müssen. Eine anderweitige Gewinnverwendnung ist nur möglich, wenn die regulatorischen Kapitalanforderungen übertroffen werden. Eine Infrastruktur und Grundversorgung, wie sie die Initiative verlangt, wird langfristig nicht mit den Erträgen des Briefmonopols und den Gewinnen einer Postbank finanziert werden können.

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Eine verfassungsrechtliche Vorgabe einer langfristig nicht tragfähigen Finanzierungsquelle ist weder sinnvoll noch notwendig und schränkt die Freiheiten der Post zu stark ein.

Briefmonopol Das neue Postgesetz sieht in Artikel 18 ein Briefmonopol bis 50 Gramm vor. Das Monopol umfasst sowohl Brief-Einzel- als auch Brief-Massensendungen, die leichter als 50 Gramm sind. Wie bis anhin sollen auch künftig die Briefschnellsendungen sowie die ins Ausland abgehende Briefpost vom Monopol ausgenommen werden.

Der Bundesrat wird für Einzelsendungen im Monopol Preisobergrenzen festlegen.

Gemäss Artikel 35 nPG wird der Bundesrat die Auswirkungen der Marktöffnung bis 50 Gramm in der Schweiz und der vollständigen Marktöffnung in Europa zu evaluieren haben. Er hat der Bundesversammlung bis spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten des neuen Postgesetzes einen Bericht mit Vorschlägen zum weiteren Vorgehen zu unterbreiten. Kommt der Bundesrat aufgrund der Ergebnisse dieser Evaluation zum Schluss, das Briefmonopol solle aufgehoben und der Postmarkt wie in der EU vollständig geöffnet werden, kann er dem Parlament zwar eine dahingehende Revision des Postgesetzes unterbreiten. Das Parlament und allenfalls das Volk werden aber letztendlich über eine allfällige Aufhebung des Briefmonopols und die vollständige Marktöffnung befinden können.

Eine Festschreibung des Briefmonopols auf Verfassungsstufe und damit die Verankerung des Verzichts auf eine vollständige Marktöffnung würde dem Gesetzgeber die heute bestehende Kompetenz entziehen, den reservierten Bereich allenfalls ganz aufzuheben und den Markt vollständig zu öffnen. Dadurch wird eine in Zukunft unter Umständen benötigte Flexibilität in der Ausgestaltung des Postmarkts verunmöglicht. Abgesehen davon laufen die verfassungsrechtliche Verankerung des Briefmonopols und damit der Verzicht auf eine vollständige Marktöffnung den Entwicklungen in der EU zuwider. In der EU ist der Postsektor Bestandteil des Binnenmarktes. Aus dieser Diskrepanz resultierende künftige Probleme im Verhältnis zur EU können nicht ausgeschlossen werden.

Das Anliegen der Initiative, die Grundversorgung und das Poststellennetz insbesondere durch das Briefmonopol bis 50 Gramm zu finanzieren, ist im neuen Postgesetz bis auf weiteres erfüllt und bedarf keiner Festschreibung auf Verfassungsstufe.
Postbank Die in der Initiative vorgesehene Schaffung einer Postbank bzw. die Erweiterung der Finanzdienstleistungen, insbesondere die Möglichkeit, der PostFinance, Hypotheken und Kredite im eigenen Namen anzubieten, wurde von Bundesrat und Parlament bereits mehrfach verworfen. Nach dem Willen von Bundesrat und Parlaments soll der PostFinance die direkte Wiederanlage der Gelder im inländischen Kredit- und Hypothekarmarkt untersagt bleiben. Da das Potenzial für Finanzbeteiligungen im Inland beschränkt ist, wird die PostFinance auch künftig einen grossen Teil ihrer Kundengelder im Ausland anlegen. Die damit verbundenen Risiken Währungsschwankungen, Kreditrisiken ausländischer Anlagen und rechtliche Probleme bei der Rückführung der Gelder in die Schweiz erscheinen Bundesrat und Parlament tragbar und nicht grösser als inländische Hypotheken und Kredite. Insbesondere auch deshalb, weil PostFinance die Risiken aus Währungsschwankungen jeweils absichert. Zudem ist der Bundesrat der Ansicht, dass auf dem Schweizer Markt bereits ein ausreichendes Angebot für Hypotheken und Kredite vorhanden ist. Die 5865

PostFinance kann jedoch diese Finanzprodukte wie bis anhin im Auftrag Dritter anbieten. Dementsprechend sieht auch der Zweckartikel im neuen Postorganisationsgesetz (Art. 3 nPOG) die künftige Geschäftstätigkeit von PostFinance vor, ohne die Möglichkeit der Vergabe von Hypotheken und Krediten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.

Mit dem neuen Postorganisationsgesetz wird die PostFinance der Finanzmarktaufsicht FINMA unterstellt. Da die FINMA nur Gesellschaften beaufsichtigt, die hauptsächlich im Finanzbereich tätig sind (Art. 2a der Bankenverordnung vom 17. Mai 197214), wird die PostFinance aus dem Stammhaus der Post ausgegliedert und in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft überführt. Dabei muss der Bund an der Post und die Post an der PostFinance zwingend über eine Mehrheitsbeteiligung verfügen.

Nur so kann die Post die Verantwortung für den an PostFinance ausgelagerten Grundversorgungsauftrag im Zahlungsverkehr wahrnehmen. Im Gegensatz zur Initiative, die eine 100-prozentige Beteiligung der Post an der PostFinance fordert, ist im neuen POG (Art. 14 Abs. 2) lediglich eine Mehrheitsbeteiligung vorgesehen.

Zum heutigen Zeitpunkt bestehen keine Absichten für einen Börsengang oder einen Aktienverkauf an einen strategischen Partner. Der Bundesrat und das Parlament sind der Meinung, dass eine Mehrheitsbeteiligung der Post an PostFinance ausreichend ist und der Post sowie der PostFinance damit grössere Flexibilität für die weitere Zukunft bietet.

Eine verfassungsrechtliche Festschreibung einer Postbank, die im eigenen Namen Hypotheken und Kredite anbieten kann und zu 100 Prozent der Post gehört, ist in einem sich stark verändernden Markt nicht zukunftsgerichtet und entspricht nicht dem Willen von Bundesrat und Parlament. Die PostFinance wird weiterhin ihren Beitrag an die Grundversorgung und das Netz von Zugangspunkten leisten.

Fazit Die Finanzierung der Grundversorgung ist im neuen Postgesetz geregelt. Weitere Massnahmen sind weder angezeigt noch politisch opportun. Es besteht somit kein Handlungsbedarf.

4.2

Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

4.2.1

Auf den Bund

Durch die Initiative entstehen dem Bund zwar keine direkten Mehrkosten, die Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmungen könnte aber indirekte finanzielle Auswirkung auf den Bund haben. Da der Post zur Aufrechterhaltung einer nicht zweckmässigen Poststelleninfrastruktur Zusatzkosten entstehen, die sich auf das Gesamtergebnis auswirken, könnte die Gewinnausschüttung der Post an die Bundeskasse tiefer ausfallen (derzeit rund 200 Mio. Franken pro Jahr). Nicht auszuschliessen ist im Weiteren, dass die Post eine Abgeltung des Infrastrukturauftrags wünschen wird, wenn die Kosten nicht reduziert werden können.

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SR 952.02

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Weitere finanzielle oder personelle Auswirkungen sind bei einer allfälligen Annahme der Initiative nicht ersichtlich. Die mit der neuen Postgesetzgebung zu schaffende Regulationsbehörde (PostCom) sowie der Fachdienst UVEK sind von der Initiative nicht tangiert.

4.2.2

Auf die Post

Die Annahme der Initiative hätte für die Post negative finanzielle und wirtschaftliche Auswirkungen. Sie würde zu einer unflexiblen und kostenintensiven Infrastruktur führen und Vorgaben machen zur Finanzierung der Grundversorgung, die den Spielraum der Post unnötig einschränken. Die Zusatzerträge aus einer Postbank und die Einnahmen aus einem Restmonopol sind langfristig nicht als nachhaltige Finanzierungsquellen für die von der Initiative geforderten Grundversorgungsvorgaben geeignet. Zudem ist die Finanzierung der Grundversorgung durch die Erträge aus einer Postbank nicht sachgerecht. Die Initiative setzt der Post falsche unternehmerische Anreize.

Das von der Initiative geforderte Poststellennetz schränkt die unternehmerische Freiheit der Post stark ein, könnte zu einer ineffizienten Leistungserbringung der Grundversorgung und letztendlich zu höheren Endpreisen für die Kundinnen und Kunden führen. Dies entspräche weder dem Anspruch nach einer guten und preiswerten Grundversorgung noch den Bedürfnissen der Kunden und Kundinnen. Die Wettbewerbsposition der Post würde insgesamt geschwächt und damit die Arbeitsplätze bei der Post eher gefährdet als geschützt.

4.2.3

Auf Kantone und Gemeinden

Eine Annahme der Initiative, insbesondere der Verzicht auf Agenturen, könnte unter Umständen negative Folgen für die Gemeinden haben, da die Agenturen die Aufrechterhaltung der Grundversorgung in peripheren Regionen ermöglichen, einen Beitrag an die lokale Wirtschaft leisten und damit das Überleben von Agenturpartnern sichern. Ansonsten ergeben sich für die Kantone und Gemeinden in finanzieller und personeller Hinsicht keine signifikanten Auswirkungen.

4.2.4

Auf die Volkswirtschaft

Mit der Verankerung des Briefmonopols auf Verfassungsstufe werden die zukünftigen Entwicklungen des Wettbewerbs auf dem Postmarkt beeinträchtigt. Insbesondere wird eine der EU entsprechende Postmarktpolitik verunmöglicht. Das langfristige Ziel, für alle auf dem Postmarkt tätigen Anbieterinnen die gleichen Bedingungen zu schaffen, kann nicht mehr erreicht werden, weil der Post in der Verfassung Bedingungen auferlegt werden, die für die übrigen Anbieterinnen von Postdiensten nicht gelten.

Entgegen der Absicht der Initiantinnen und Initianten stärkt der vorliegende Vorschlag die effiziente Erbringung der Grundversorgung nicht. Dies kann entsprechend negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft haben. Insbesondere die hohen Kosten des von der Initiative geforderten Poststellennetzes könnten unter Umstän5867

den zu Preiserhöhungen bei Postprodukten und zum Abbau von Stellen bei der Post führen. Diese Massnahmen hätten wiederum negative Auswirkungen auf die Konsumenten und Konsumentinnen sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

4.3

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Postpolitik der Europäischen Union (EU) basiert auf der Richtlinie 97/67/EG15.

Der damit begonnene Liberalisierungsprozess wurde durch die Richtlinie 2002/39/EG16 schrittweise weiter vertieft. Mit der Annahme der dritten Postrichtlinie 2008/6/EG17 wurde der Binnenmarkt der Postdienste auf legislativer Ebene vollendet.

Diese Richtlinie hat die vollständige Öffnung des Binnenmarktes bis spätestens 31. Dezember 2010 zum Ziel (mengenmässig ca. 95 Prozent der EU-Postmärkte).

Ausnahmen sind möglich für Länder, die «Besonderheiten in Postdiensten aufweisen». Gemeint sind damit insbesondere neue EU-Mitgliedstaaten, die nach dem Inkrafttreten der Richtlinie aus dem Jahr 2002 der EU beigetreten sind. In diesen Ländern ist die vollständige Öffnung per 31. Dezember 2012 vorgesehen. Der Binnenmarkt der Postdienste verfolgt das Ziel, EU-weit die Bereitstellung einer hochwertigen und erschwinglichen Grundversorgung zu gewährleisten. Das Fundament dieser Politik bildet die Verbesserung der Dienstqualität, wobei vor allem kurze Zustellzeiten und gute Zugangsmöglichkeiten von zentraler Bedeutung sind. Ausserdem wird von der Kommission alle vier Jahre die korrekte Umsetzung des Regulierungsrahmens mittels eines Berichts an das Europäische Parlament und den Rat geprüft.

Die Schweiz ist gegenüber der EU im Postsektor rechtlich nicht verpflichtet. Es bestehen keine bilateralen Abkommen, und die Schweiz ist in der Ausgestaltung sowohl der Grundversorgung wie auch der Marktordnung im Bereich der Postdienste frei. Eine verfassungsrechtliche Verankerung des Briefmonopols und damit der Verzicht auf eine vollständige Marktöffnung läuft aber den Entwicklungen in der EU entgegen.

4.4

Abschliessende Würdigung

Eine Annahme der Initiative hätte für die Post und die gesamte Wirtschaft langfristig negative finanzielle und wirtschaftliche Auswirkungen, da sie zu einer überholten und überteuerten Struktur führt, deren Kosten auch die Erträge des Kredit- und Hypothekargeschäfts sowie die Verlängerung des Briefmonopols langfristig nicht tragen könnten. Die Post muss sich den ändernden Rahmenbedingungen anpassen 15

16

17

Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14).

Richtlinie 2002/39/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die weitere Liberalisierung des Marktes für Postdienste in der Gemeinschaft (ABl. L 176 vom 5.7.2002, S. 21).

Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG über die Vollendung des Binnenmarktes für Postdienste (ABl L 52 vom 27.2.2008, S. 3).

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können, um die Grundversorgung in hoher Qualität anbieten und weiterhin erfolgreich wirtschaften zu können.

Mit dem geforderten traditionellen Poststellennetz und der Pflicht, dieses mit Postpersonal zu betreiben, würde der Post verunmöglicht, die Dienstleistungen der Grundversorgung unter anderem auch in Zusammenarbeit mit Dritten, mit sogenannten Agenturen, anbieten zu können. Dadurch würde lediglich eine überholte und überteuerte Infrastruktur aufrecht erhalten, ohne positive Auswirkungen auf das Dienstleistungsangebot der Grundversorgung in den Zugangspunkten und auf die Sicherheit von Arbeitsplätzen zu haben.

Die Finanzierung der Grundversorgung ist auf Gesetzesstufe geregelt. Weitere Massnahmen sind weder angezeigt noch politisch opportun. Mit der Festschreibung der Finanzierungsquelle (Briefmonopol und Gewinne einer Postbank) würden hingegen die Entwicklungsmöglichkeiten im Postmarkt eingeschränkt. Zudem liefen die Verankerung des Briefmonopols und damit der zukünftige Verzicht auf eine vollständige Marktöffnung den Entwicklungen in der EU zuwider. Die vorgeschlagene Schaffung einer Postbank wurde von Bundesrat und Parlament bereits mehrfach verworfen. Sie entspricht nicht dem politischen Willen.

Der Bundesrat ist deshalb der Ansicht, dass die verfassungsrechtliche Verankerung der Anliegen der Initiative nicht nötig ist. Die hauptsächlichen Anliegen der Volksinitiative sind mit der neuen Postgesetzgebung weitgehend erfüllt. Ferner wird der Bundesrat die Anliegen der Initiative in der neuen Postverordnung, soweit sinnvoll, berücksichtigen. Er wird die neuen gesetzlichen Vorgaben konkretisieren und dabei namentlich die Sicherstellung einer zukunftsorientierten, leistungsfähigen, finanzierbaren und kundenorientierten Grundversorgung in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellen.

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Schlussfolgerungen

Aufgrund der vorstehenden Überlegungen beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten, die Volksinitiative «Für eine starke Post» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Er ist der Ansicht, dass aufgrund der jüngsten Entscheide des Parlaments zur Totalrevision des Postgesetzes und des Postorganisationsgesetzes sowie der noch zu erlassenden Ausführungsbestimmungen den Anliegen der Volksinitiative, soweit sinnvoll, bereits ausreichend Rechnung getragen worden ist.

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