Waldpolitik 2020 vom Bundesrat gutgeheissen am 31. August 2011

2011-2115

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Bericht 1

Ausgangslage

Artikel 77 der Bundesverfassung (BV; SR 101) legt die Aufgaben des Bundes im Bereich des Waldes fest. Diese werden im Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR 921.0) und in der Waldverordnung vom 30. November 1992 (WaV; SR 921.01) konkretisiert. Aufbauend dazu wurde in den Jahren 2002/03 in einem breit abgestützten Prozess das Waldprogramm Schweiz (WAP-CH) erarbeitet. Seither bildet das WAP-CH die Basis für die Waldpolitik des Bundes. Die Zielsetzungen sind auf das Jahr 2015 ausgelegt.

Das Waldprogramm Schweiz bildete die Basis für den Entwurf einer Teilrevision des Waldgesetzes1. Seit dem Nichteintreten der Eidg. Räte auf diese Vorlage 2007/08 sowie nach dem damit verbundenen Rückzug der Volksinitiative «Rettet den Schweizer Wald» sind verschiedenste Forderungen nach punktuellen Anpassungen des Waldgesetzes gestellt worden: ­

Über zwei Dutzend parlamentarische Vorstösse zum Thema Wald und Holz (finanzielle Unterstützung von Walderschliessungen, Förderung der Biodiversität, Inwertsetzung von Waldleistungen, etc.);

­

Parlamentarische Initiative 09.0474 zur «Flexibilisierung der Waldflächenpolitik» (Steuerung der Waldflächenzunahme, Flexibilisierung der Pflicht zum Rodungsersatz);

­

Aufnahme «forstpolitischer Pendenzen»2 in die Legislaturplanung 2008­11.

Im Jahr 2009, d.h. bei Halbzeit der Umsetzung des WAP-CH, wurde der Stand der Zielerreichung und der Massnahmenumsetzung auf Stufe Bund erhoben sowie waldrelevante Entwicklungen ermittelt3. Gestützt auf diese Ergebnisse erteilte der Bundesrat am 21. April 2010 dem UVEK den Auftrag, das WAP-CH weiterzuentwickeln und dem Bundesrat mit Hinweis auf allfällige gesetzliche Anpassungen sowie auf mögliche finanzielle Mehrbelastungen des Bundeshaushaltes zum Entscheid zu unterbreiten. Diesem Auftrag kommt das UVEK mit der vorliegenden «Waldpolitik 2020» nach.

Daneben gibt die «Waldpolitik 2020» auch Antworten auf die oben erwähnten Forderungen und Vorstösse des Parlamentes und stellt die Abstimmung sicher mit anderen wichtigen Politik-Prozessen des Bundes, die einen zentralen Bezug zum Wald aufweisen (Strategie der Schweiz zur Anpassung an die Klimaänderung, Biodiversitätsstrategie, Nachhaltigkeitsstrategie, Grüne Wirtschaft und Cleantech, Energiestrategie, etc.).

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Botschaft vom 28. März 2007 zur Änderung des Bundesgesetzes über den Wald und zur Volksinitiative «Rettet den Schweizer Wald», BBl 2007 3829.

Gemäss Antrag (H. Hess; SR, OW) gelten als forstpolitische Pendenzen: Rodungen in Berggebieten mit starker Waldflächenzunahmen, Rechte an CO2-Senken, Walderschliessungen im Gebirge sowie das Überdenken der kantonalisierten Lösungen mit Investitionskrediten.

Zwischenbericht 2009 zum Waldprogramm Schweiz (WAP-CH), BAFU (2009).

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Die «Waldpolitik 2020» ist eine politische Absichtserklärung des Bundesrates mit dem Zeithorizont bis 2020. In einem Massnahmenplan werden davon ausgehend konkrete Massnahmen abgeleitet und in vierjährigen Umsetzungsplänen festgehalten. Der Bundesrat erteilt mit dem Gutheissen dieses Papiers dem UVEK (BAFU) auch den Auftrag, wo nötig gesetzliche Anpassungen vorzubereiten und die Finanzierung des Mehrbedarfs aufzuzeigen. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sollen dem Bundesrat in Form eines Aussprachepapiers zum Entscheid vorgelegt werden.

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Hauptziel

Hauptziel der Waldpolitik 2020 ist die Sicherstellung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung4 sowie die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für eine effiziente und innovative Wald- und Holzwirtschaft.

Soziale Ziele

Waldbewirtschaftung

Ökologische Ziele

Ökonomische Ziele

Abbildung 1: Die drei Dimensionen einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung.

Mit der Vision (2030), konkreten Zielen (2020) sowie dazugehörige strategische Stossrichtungen will die Waldpolitik 2020 die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit optimieren. Erfolgreiche Elemente der Schweizer Waldpolitik werden dabei weitergeführt, andere verbessert und neue hinzugefügt. Damit wird den Änderungen im Umfeld der Wald- und Holzwirtschaft, des Klimas, der gesellschaftlichen Ansprüche an den Wald wie auch dem langsam wachsenden Ökosystem Wald Rechnung getragen.

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Die Waldbewirtschaftung kann auch den Entscheid über eine Nichtbewirtschaftung des Waldes beinhalten.

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Vision 2030

Präambel Der Schweizer Wald ist mit 31 % der Landesoberfläche als Lebensraum von Fauna und Flora sowie als Quelle der erneuerbaren Ressource Holz unverzichtbar. Er ist Teil unserer Landschaft und zentral wichtig für Klima, Trinkwasser, Risikominimierung, insbesondere beim Schutz vor Naturgefahren und für die biologische Vielfalt.

Der Wald trägt zu unserem Wohlbefinden, unserer Sicherheit sowie zur ökonomischen Wertschöpfung bei.

Die schweizerische Waldpolitik ist der Nachhaltigkeit im Sinne der internationalen Vereinbarungen verpflichtet und leistet so ökonomische, gesellschaftliche und ökologische Mehrwerte (siehe Art. 77 Bundesverfassung [BV; SR 101] und Art. 1 Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 [WaG; SR 921.0]).

Vision 2030 Der Bundesrat verfolgt mit dem Zeithorizont 2030 folgende Vision: I

Der Schweizer Wald wird so bewirtschaftet5, dass er die Funktionen und Leistungen nachhaltig und gleichwertig erfüllen kann. Dies sind: Gestaltung der Landschaft, Schutz von natürlichen Ressourcen, Holz und andere Waldprodukte, Artenvielfalt und Lebensräume, Schutz vor Naturgefahren sowie Freizeit- und Erholungsraum.

II

Der Wald ist in seiner heutigen Fläche und in seinem gegenwärtigen Verteilungsmuster im Wesentlichen erhalten und in der Landschaft optimal vernetzt.

III Der Wald und die Holzverwendung tragen zur Minderung des Klimawandels bei und dessen Auswirkungen auf die Leistungen des Waldes bleiben möglichst gering.

IV Holz ist prägender Teil der schweizerischen Bau- und Wohnkultur wie auch der Lebensqualität. Die Wald- und Holzwirtschaft leisten einen wichtigen Beitrag zu den energie-, klima- und ressourcenpolitischen Zielen des Bundes. Die Wertschöpfungskette vom Baum bis zum Endprodukt ist international wettbewerbsfähig und umweltverträglich gestaltet.6 V

Die von der Öffentlichkeit nachgefragten gemeinwirtschaftlichen Leistungen sind ausreichend bereitgestellt und finanziert. Mehraufwendungen oder Mindererträge der Waldwirtschaft (z.B. durch Verzicht auf Holzproduktion), werden auf der Basis eines transparenten und wirkungsvollen Finanzierungsmodells entschädigt.

VI Die Waldpolitik ist eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen. Ihre Ziele werden zusammen mit den Waldeigentümern, im Dialog mit Interessengruppen und durch gut ausgebildete Fachpersonen im Wald- und Holzbereich erreicht. Eine enge Zusammenarbeit mit anderen Politik- und Wirt5 6

Bewirtschaftung im Sinne von Management: Dies kann auch eine bewusste Unterlassung beinhalten.

Die Ressourcenpolitik Holz ist in einem eigenständigen Dokument verankert und wurde vom BAFU in Zusammenarbeit mit dem BFE, dem SECO und relevanteren Partnern herausgegeben: Bundesamt für Umwelt (BAFU) 2008: Ressourcenpolitik Holz. Strategie, Ziele und Aktionsplan Holz. Bern. 30 S.

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schaftssektoren wird praktiziert. Länderübergreifende Probleme werden über ein aktives Engagement der Schweiz auf internationaler Ebene angegangen.

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Ziele und strategische Stossrichtungen der Waldpolitik bis 2020

Auf Grund der formulierten Vision und der heutigen und für die Zukunft abschätzbaren Herausforderungen ergeben sich folgende elf Ziele bis 2020, deren Verwirklichung einen wichtigen Meilenstein zur Erreichung der Vision 2030 darstellt (quantifizierte Sollgrössen im Anhang).

4.1

Nachhaltig nutzbares Holznutzungspotential wird ausgeschöpft

Herausforderung

Die Nutzung der erneuerbaren Ressource Holz verbessert die CO2-Bilanz der Schweiz (durch Speicherung von Kohlenstoff im verbauten Holz, durch Substitution fossiler Energieträger und nicht erneuerbarer Materialien), verhilft Randgebieten zu Arbeitsplätzen, trägt in regionalen Wirtschaftskreisläufen zur Schonung der Umwelt bei und kann Synergiewirkungen mit der Politik zur Förderung der Biodiversität schaffen sowie einen wichtigen Beitrag für eine Grüne Wirtschaft (green economy) leisten. Aber dieses Potential7 wird nicht vollständig ausgeschöpft, weil seit Jahrzehnten weniger Holz genutzt wird als nachwächst (insb. im Privatwald und in Gebirgswäldern). So hat die Schweiz im europäischen Vergleich einen der höchsten Holzvorräte.

Ziel

Unter Berücksichtigung der standörtlichen Bedingungen wird das nachhaltig nutzbare Holznutzungspotential des Schweizer Waldes ausgeschöpft.

Strategische Stossrichtungen

­ Fachliche Entscheidungsgrundlagen z.H. der Waldbewirtschaftenden für eine optimale Bewirtschaftung (Abschöpfung eines möglichst hohen Zuwachses) zur Verfügung stellen (z.B. Darlegung der Nutzungspotentiale).

­ Zugang zu den Holzressourcen sicherstellen.

­ Neue Verarbeitungs- und Vermarktungswege für das Laubholz suchen.

­ Steigerung der Nachfrage nach Holz, u.a. durch Information und Sensibilisierung der Bevölkerung und institutioneller Endverbraucher (siehe Ressourcenpolitik Holz, BAFU, 2008).

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Holznutzungspotenziale im Schweizer Wald ­ Auswertung von Nutzungszenarien und Waldwachstumsentwicklung (BAFU, 2011).

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Auswirkungen

Eine wichtige Massnahme für die Sicherstellung des Zugangs zu den Holzressourcen ist die Erhaltung der Basiserschliessung sowie deren Anpassung an die Technik, auch ausserhalb des Schutzwaldes. Falls dies vom Bund wieder finanziell unterstützt würde, wäre eine Anpassung des Waldgesetzes vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR 921.0) notwendig (Art. 38a).

Es wäre mit Mehraufwendungen von rund 6 Mio./Jahr zu rechnen (ab 2016).

4.2

Klimawandel: Der Wald und die Holzverwendung tragen zur Minderung bei und die Auswirkungen auf seine Leistungen bleiben minimal

Herausforderung

Der Auftrag in Artikel 77 der Bundesverfassung verpflichtet den Bund dazu, die Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen des Waldes in der Schweiz zu erhalten. Dieser Auftrag erhält mit den sich ändernden klimatischen Bedingungen eine neue Bedeutung. Neben den Herausforderungen betreffend der aktuellen und mittelfristigen Waldbewirtschaftung muss sich der Bund mit der Frage auseinandersetzen, wie die Existenz eines Ökosystems Wald und dessen Leistungen auch in 100 Jahren gesichert werden können. Denn der Wald, seine Produkte und Leistungen sind vom Klimawandel breit betroffen.

Über seine Wirkung als Kohlenstoff-Senke trägt der Wald zur Minderung des Klimawandels bei. Durch die Verwendung von Holz wird fossile Energie substituiert, im verbauten Holz bleibt der Kohlenstoff gespeichert. Andererseits dürften sich die klimatischen Veränderungen auf die Waldökosysteme selber stark auswirken (Stürme, Trockenheit, Waldbrand, biotische Kalamitäten). Die Veränderungen drohen mit einer Geschwindigkeit abzulaufen, die natürliche Anpassungsprozesse überfordert.

Ziel

Für die Minderung des Klimawandels tragen die Waldbewirtschaftung und die Holzverwendung (Substitution) zu einer möglichst hohen CO2-Reduktion bei (Minderung).

Der Schweizer Wald bleibt als resilientes, anpassungsfähiges Ökosystem erhalten und erbringt die von der Gesellschaft geforderten Leistungen auch unter veränderten Klimabedingungen (Anpassung).

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Strategische Stossrichtungen

­ Abklärung der Auswirkungen des Klimawandels (Stürme, Trockenheit, etc.) auf den Wald und Überprüfung der Waldbaumethoden.

­ Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Waldes durch Jungwaldpflege (stabile und standortgerechte Jungbestände) und gezielte Anpassung von Waldbeständen (ungenügende oder ungeeignete Verjüngung, instabile Bestände, klimasensitive Standorte, etc.).

­ Unterstützung von Massnahmen zur Verhütung, Behebung und Wiederbewaldung im Störungs- oder Schadensfall.

­ Stärkung der Holzverwendung als Beitrag für saubere Technologien (Cleantech).

Auswirkungen

Die bestehenden rechtlichen Grundlagen sind grundsätzlich ausreichend. Falls Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Waldschäden auch ausserhalb des Schutzwaldes finanziell unterstützt werden sollten, wären Anpassungen im Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR 921.0) notwendig (siehe auch Ziff. 4.8). Finanziell wäre mit einem Mehraufwand von 20 Mio. (ab 2016) zu rechnen (innerhalb und ausserhalb des Schutzwaldes).

4.3

Schutzwaldleistung ist sichergestellt

Herausforderung

Der Schutzwald schützt nicht nur direkt unter ihm liegende Strassen, Schienen und Bauten, sondern er wirkt über seinen lokalen Umkreis auch auf ganze Regionen und manchmal sogar auf die ganze Schweiz ein (zum Beispiel, wenn Verkehrswege unterbrochen werden). Es ist weitaus günstiger, Schutzwälder zu pflegen als Schutzbauten zu errichten. Die Schutzwirkung ist heute aber aus verschiedenen Ursachen gefährdet (Pflegerückstände, fehlende Verjüngung, etc.). Der Schutz der Bevölkerung ist eine gemeinwirtschaftliche Leistung der Waldwirtschaft, die im nationalen Interesse liegt und einen besonderen Einsatz des Bundes in Zusammenarbeit mit den Kantonen erfordert.

Ziel

Die Leistungen des Waldes zum Schutz der Menschen und ihrer Infrastruktur (Siedlungen, Bahn, Strasse, etc.) sind auf einem gesamtschweizerisch vergleichbaren Niveau nachhaltig sichergestellt.

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Strategische Stossrichtungen

­ Planerische Ausscheidung von Schutzwaldflächen gemäss nationalem Konzept, welches der Bund gemeinsam mit den Kantonen ausgearbeitet hat (SilvaProtect-CH).

­ Der Bund schliesst mit den Kantonen mehrjährige Programmvereinbarungen gemäss NFA zum Bereich Schutzwald ab.

Auswirkungen

Die bestehenden rechtlichen Grundlagen sind ausreichend. Ein sich abzeichnender finanzieller Mehrbedarf ist in der Zielsetzung Klimawandel enthalten. Durchschnittlich wurden in den letzten Jahren vom Bund rund 60 Mio./Jahr für den Schutzwald eingesetzt.

4.4

Biodiversität bleibt erhalten und ist gezielt verbessert

Herausforderung

Die Wälder der Schweiz sind dank der klimatischen und geologischen Unterschiede sehr vielfältig ­ man unterscheidet über hundert natürliche Waldgesellschaften. Für die Erhaltung der Artenvielfalt haben sie eine besondere Bedeutung ­ etwa 60 % der über 50 000 in unserem Lande vorkommenden Pflanzen, Tiere, Pilze und Bakterien sind in einer Form auf den Lebensraum Wald angewiesen. Die ökologische Qualität der Wälder hat in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen und ist im Vergleich zu anderen Ökosystemen insgesamt auf einem hohen Niveau. Mehrere Indikatoren für die Lebensraumqualität unserer Wälder zeigen einen leicht positiven Trend: die Strukturvielfalt wächst, die Waldverjüngung erfolgt grösstenteils und zunehmend natürlich, und der Totholzanteil ist angestiegen.

Trotz gutem Zustand fehlt es im Wald insgesamt noch an jener Lebensraumvielfalt, die zur langfristigen Erhaltung der heimischen Flora und Fauna nötig ist. So sind z.B. die Zielwerte betreffend Totholzangebot auf vielen Flächen noch nicht erreicht und die Verteilung ist unbefriedigend. Daneben befinden sich viele Wälder in einer vorratsreichen und deshalb schattig-kühlen Optimalphase, so dass licht- und wärmeliebende Arten weniger geeignete Lebensräume finden.

Ziel

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Die im Wald lebenden Arten sowie der Wald als naturnahes Ökosystem bleiben erhalten. Die Biodiversität ist verbessert in den Bereichen, wo Defizite bestehen.

Strategische Stossrichtungen

­ Naturnahe Bewirtschaftung nach gesetzlichen Anforderungen an den naturnahen Waldbau auf der gesamten bewirtschafteten Waldfläche.

­ Programmvereinbarungen mit den Kantonen für die Ausscheidung von Schutzflächen (10 % Waldreservate bis 2030 gemäss Vereinbarung mit den Kantonen) und die Aufwertung prioritärer Lebensräume (auch Förderflächen genannt; Waldränder, Wytweiden, etc.).

­ Definition von regionalen Biodiversitätszielen und Entwicklung eines Finanzierungssystems, um die Leistungen der Waldbewirtschaftenden zur Zielerreichung zu entschädigen.

Auswirkungen

Für die Verankerung regionaler Biodiversitätsziele wäre eine Anpassung des Waldgesetzes vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR 921.0; Art. 38 WaG) notwendig. Gleichzeitig soll die Verankerung der Grundsätze für Anforderungen an den naturnahen Waldbau in der Waldverordnung vom 30. November 1992 (WaV, SR 921.01) geprüft werden. Finanziell wurden im Durchschnitt der letzten Jahre für diesen Bereich knapp 10 Mio./Jahr für die Ausscheidung von Schutzflächen (Waldreservate) sowie für die Pflege von Förderflächen investiert.

Um die mit den Kantonen festgelegten Waldreservats-Ziele sowie mit einer deutlichen Ausweitung der Förderflächen mehr Breitenwirkung zu erreichen, ist ein Mehrbedarf von 28 Mio./Jahr notwendig (Aufstockung der Mittel in Etappen so bald wie möglich). Für die Finanzierung der regionalen Biodiversitätsziele (Alt-/Totholz) ist mit einem zusätzlichen Bedarf von rund 3 Mio./Jahr zu rechnen. Der Entscheid für eine verstärkte Finanzierung muss im Rahmen einer integralen Betrachtungsweise aller Biodiversitätsziele (im Rahmen der Biodiversitäts-Strategie) getroffen werden.

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4.5

Waldfläche bleibt erhalten

Herausforderung

In intensiv genutzten Gebieten (insbesondere im Mittelland und in alpinen Zentren) ist das Waldareal vor allem durch Siedlungen und Infrastrukturanlagen stark unter Druck. Es entstehen heute Situationen, wo die Siedlungsfläche direkt an Wald grenzt und eine weitere Zunahme dieser Fläche Waldfläche benötigen würde. Daneben wächst der Wald in den Berggebieten insbesondere durch die Aufgabe der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung ein. Damit können einerseits Verluste an ökologisch wertvollen Kulturlandschaften verbunden sein, andererseits können andere Funktion wie die Schutzleistungen gegen Naturgefahren verbessert werden. Diese gegenläufigen Entwicklungen führen zu verschiedensten Konfliktfeldern (Biodiversität, Raumplanung, Landwirtschaft, etc.).

Ziel

Der Wald wird in seiner räumlichen Verteilung grundsätzlich erhalten und nimmt in seiner Fläche nicht ab. Die weitere Entwicklung der Waldfläche wird abgestimmt auf die landschaftliche Vielfalt (inkl. Vernetzung) und auf die angestrebte Raumentwicklung (inkl. landwirtschaftliche Vorrangflächen).

Strategische Stossrichtungen

­ Aufrechterhaltung des Rodungsverbotes mit der Möglichkeit von Ausnahmebewilligungen.

­ Ausschöpfen des Ermessensspielraums für Ausnahmebewilligungen von Rodungen.

­ Verzicht auf den Realersatz/Rodungsersatz in bestimmten Fällen ermöglichen (z.B. zur Schonung landwirtschaftlicher Vorrangflächen/Revitalisierung von Gewässern).

­ Möglichkeit zur Ausscheidung von statischen Waldgrenzen gegenüber dem Offenland, gestützt auf die übergeordnete Planung (insbesondere Richtplanung).

Auswirkungen

Es stehen Anpassungen im Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR 921.0) bevor, die im Rahmen der Parlamentarischen Initiative «Flexibilisierung der Waldflächenpolitik» (09.0474) erarbeitet werden. Weitere Anpassungen (z.B.

bessere Vernetzung von Wald und Biotopen im Offenland) werden im Rahmen der geplanten RPG-Revision geprüft.

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4.6

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Waldwirtschaft ist verbessert

Herausforderung

Der Kostendruck durch knapper werdende öffentliche Mittel und die Problematik der schwankenden Holzpreise erzwingen markante organisatorische Anpassungen. Auf diese Umfeldveränderungen hat die Waldwirtschaft mit ihren sehr kleinräumigen Eigentums- und Bewirtschaftungsstrukturen bisher nur zögernd reagiert. Einerseits haben das Festhalten an Traditionen sowie mitunter fehlendes unternehmerisches Denken und Handeln die notwendigen Veränderungen erschwert.

Leistungsfähige Forstbetriebe und Forstunternehmer sind jedoch eine Voraussetzung für die Erbringung zahlreicher, von Wirtschaft (z.B. Holzproduktion) und Gesellschaft (z.B. Schutzwaldleistung, Biodiversität, Erholung) erwünschten Leistungen des Waldes und für das erfolgreiche Bestehen auf den Holzmärkten.

Ziel

Die Leistungsfähigkeit der Schweizer Waldwirtschaft und damit die Betriebsstrukturen sowie die eigentumsübergreifende Zusammenarbeit sind verbessert. Die Mehraufwendungen der Bewirtschafter für die Erbringung der gewünschten Waldleistungen, respektive die entsprechenden Mindererlöse, sind abgegolten.

Strategische Stossrichtungen

­ Programmvereinbarungen mit den Kantonen zur Optimierung von Bewirtschaftungseinheiten sowie Verbesserung der Holzlogistik.

­ Erarbeiten von Grundlagen und die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Inwertsetzung von Waldleistungen durch die Waldeigentümer (z.B. für Erholung, Trinkwasser, CO2-Senkenleistungen).

Auswirkungen

Für die Ermöglichung der Inwertsetzung von Waldleistungen durch die Waldeigentümer sind die gesetzlichen Grundlagen und die finanziellen Rahmenbedingungen zu prüfen bzw.

gegebenenfalls zu schaffen.

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4.7

Waldböden, Trinkwasser und Vitalität der Bäume sind nicht gefährdet

Herausforderung

Der Wald filtert Schadstoffe aus der Luft, was die Vitalität der Bäume beeinträchtigt und den Boden versauern lässt. Dies macht den Wald anfällig für Stress und gefährdet z.B. die Qualität des Wassers, welches im Waldboden versickert und landesweit zu rund 40 % des Trinkwasserbedarfs beiträgt. Es besteht die Schwierigkeit, dass die Zielerreichung weitgehend von anderen Sektoren abhängig ist (z.B. StickstoffImmissionen durch Landwirtschaft und Verkehr). Stoffeinträge unterstehen nationalen und internationalen Regelungen.

Bodenschutz ist deshalb schwergewichtig eine nationale Aufgabe.

Ziel

Waldböden, Trinkwasser und Vitalität der Bäume sind durch Stoffeinträge, unsachgemässe Bewirtschaftung und entsprechende physikalische Einwirkungen nicht gefährdet.

Strategische Stossrichtungen

­ Verfolgung von sektorübergreifenden Ansätzen (z.B. Reduktion von Stickstoff-Immissionen aus Verkehr und Landwirtschaft).

­ Verankerung von Auflagen zum Befahren des Waldbodens in den gesetzlichen Anforderungen an den naturnahen Waldbau (siehe Ziff. 4.4).

­ Erhaltung bzw. Verbesserung des Nährstoffhaushalts durch Überprüfung der Folgen von Stoffausträgen (z.B. Ganzbaumernte) bzw. Massnahmen zur Kompensation von Nährstoffverlusten (z.B. Holzasche).

Auswirkungen

Die bestehenden rechtlichen Grundlagen sind aufgrund des heutigen Wissensstandes ausreichend und es ist mit keinem finanziellen Mehraufwand zu rechnen.

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4.8

Wald wird vor Schadorganismen geschützt

Herausforderung

Biotische Gefahren nehmen zu. Die Ursachen dafür sind unter anderem der wachsende Welthandel, die globale Mobilität sowie der Klimawandel. Diese Entwicklungen werden sich künftig noch akzentuieren und der Wald wird von den Folgen nicht ausgenommen sein. Waldschäden durch Schadorganismen können daher zu einer Gefährdung der Waldleistungen führen.

Ziel

Der Wald wird vor der Einschleppung von besonders gefährlichen Schadorganismen geschützt. Der Befall und die Ausbreitung von Organismen überschreitet das im Hinblick auf Waldleistungen akzeptierte Mass nicht.

Strategische Stossrichtungen

­ Identifikation und Schliessung von Lücken in Prävention und Bekämpfung von biotischen Gefahren sowie Aufbau eines schlagkräftigen Krisenmanagements inkl. der dafür notwendigen Infrastruktur (z.B. Labor).

­ Verstärkung der Massnahmen zur Verhütung, Behebung und Wiederbewaldung im Störungs- oder Schadensfall auch ausserhalb des Schutzwaldes.

Auswirkungen

Falls Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Waldschäden auch ausserhalb des Schutzwaldes finanziell unterstützt werden sollten, wären Anpassungen im Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR 921.0) notwendig.

Es ist mit einem finanziellen Mehraufwand von rund 4 Mio.

zu rechnen (2 Mio. ab sofort, 2 Mio. ab 2016). Bei einem Ereignis von nationaler Bedeutung müsste rasch über Sonderkredite entschieden werden können.

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4.9

Das Gleichgewicht Wald-Wild ist gewährleistet

Herausforderung

Zur Gewährleistung der natürlichen Waldverjüngung muss die wildbiologisch richtige Bejagung, die wildtierfreundliche Waldbewirtschaftung und die rücksichtsvolle Bewirtschaftung des waldnahen offenen Landes gewährleistet sein. Speziellen Einfluss auf die Wildtiere haben zudem die Ausübung von Freizeitaktivitäten im Lebensraum der Wildtiere (Tourenskifahren, Schneeschuhlaufen etc.) und die Präsenz von Prädatoren.

Ziel

Der Wald bietet den Wildtieren ausreichend Lebensraum und Ruhe. Die Wildbestände sind an ihre Lebensräume angepasst und haben eine natürliche Alters- und Geschlechterverteilung. Die natürliche Verjüngung der Wälder mit standortgerechten Baumarten wird durch die Wildhuftiere nicht verhindert.

Strategische Stossrichtungen

­ Finanzielle Unterstützung für die Erstellung und Umsetzung von Wald-Wild-Konzepten im Rahmen der Programmvereinbarungen Schutzwald und Waldwirtschaft mit den Kantonen.

­ Inhaltliche Vorgaben für die Kantone zur Sicherung der natürlichen Waldverjüngung und Bereitstellung fachlicher Grundlagen.

­ Ausscheidung von Wildruhezonen.

Auswirkungen

Es sind keine rechtlichen Anpassungen notwendig, und es resultiert kein finanzieller Mehrbedarf.

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4.10

Freizeit- und Erholungsnutzung erfolgt schonend

Herausforderung

Die Erholungsnutzung hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. So weist das aktuelle Landesforstinventar (LFI3) 10 Prozent der Waldfläche der Erholungsfunktion zu8.

Die Freizeitnutzung erfolgt aber nur teilweise schonend und steht zum Teil im Konflikt mit anderen Nutzungen des Waldes (Holznutzung, Biodiversität, etc.). Zudem kann sie in Extremfällen die Walderhaltung gefährden. Über den Zustand und die Entwicklungen im Bereich der Freizeit und Erholungsnutzung bestehen gewisse Informationsdefizite.

Auf Grund des freien Betretungsrechtes im Wald können zusätzliche Massnahmen für die Biodiversität, insbesondere die Schaffung von mehr Alt- und Totholz, zu Fragen bezüglich Haftungsrisiko für die Waldeigentümer führen.

Ziel

Im Schweizer Wald erfolgen Freizeit- und Erholungsaktivitäten schonend. Waldbesuchende sind mit dem Angebot zufrieden.

Strategische Stossrichtungen

­ Öffentlichkeit über die Zusammenhänge im Ökosystem Wald informieren und sensibilisieren.

­ Erarbeiten von Grundlagen und die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Inwertsetzung von Waldleistungen durch die Waldeigentümer (siehe Ziff. 4.6).

­ Ausarbeitung einer «Triple Win Strategie Erholungswald», welche Vorteile schafft für alle Dimensionen der Nachhaltigkeit.

­ Ausscheidung von Wildruhezonen.

­ Klären von rechtlichen Fragen mit dem Ziel, die Rechtssicherheit für die Waldeigentümer zu erhöhen (insbesondere Haftung).

Auswirkungen

Erforderlich ist eine punktuelle Anpassung der Jagdverordnung vom 29. Februar 1988 (JSV; SR 922.01). Zu prüfen ist ein rechtlicher Anpassungsbedarf bezüglich Haftungsrisiko für Waldeigentümer bei waldtypischen Gefahren (z.B. Alt- und Totholz stehen lassen). Um die räumliche Koordination zwischen der Erholungsnutzung im Wald und weiteren räumlichen Aspekten auf übergeordneter Ebene (Richtplanung) sicherzustellen, ist eine Anpassung des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979 (RPG, SR 700) im Rahmen der zweiten Etappe der RPG-Revision zu prüfen. Es resultiert kein finanzieller Mehrbedarf.

8

Auf Basis der Befragung des örtlichen Forstdienstes und vorhandener Planungsgrundlagen.

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4.11

Bildung, Forschung und Wissenstransfer

Herausforderung

Das Bildungssystem muss laufend an die neuen Herausforderungen angepasst werden und soll eine genügende Anzahl an hochqualifizierten Fachleuten aller Stufen gewährleisten. Im Mittelpunkt stehen die systematische Früherkennung und Umfeldbeobachtung sowie die angewandte Forschung, die laufende Aktualisierung der Kernkompetenzen Wald, die Intensivierung des Verbundes zwischen Forschung, Bildung und Praxis und die Kontinuität von Wissenstransfer, Fortbildung und Informationsaustausch (z.B. im Bereich Arbeitssicherheit, Arbeitsbedingungen), sowie verschiedene Massnahmen der Öffentlichkeitsarbeit (inkl. Waldpädagogik).

Ziel

Das Bildungssystem Wald stellt jederzeit eine qualitativ hohe Fach- und Führungskompetenz der im und für den Wald Tätigen sicher. Die Forschung entwickelt wissenschaftliche Grundlagen und zielgerichtete Methoden zur Problemlösung.

Strategische Stossrichtungen

­ Zusammenführen der Akteure der forstlichen Bildung, Forschung und Praxis, um langfristig eine qualitativ hochstehende Ausbildung auf Hochschul-und BerufsbildungsNiveau sicherzustellen.

­ Sicherstellung der Fort- und Weiterbildung der Fachleute im Bereich Wald.

­ Verbesserung des Wissenstransfers und des Austausches zwischen Forschung und Praxis.

­ Sicherstellung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes der Waldarbeiter sowie Sensibilisierung.

­ Bewusstsein für den Wald und seine nachhaltige Bewirtschaftung stärken.

­ Forschungsbedarf erkennen und den zuständigen Forschungsakteuren kommunizieren.

Auswirkungen

Einige Anpassungen im Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR 921.0) wären notwendig, um den Entwicklungen in der Praxis Rechnung zu tragen (Art. 21, 29, 39, 51 WaG). Es ist mit keinem bedeutenden finanziellen Mehraufwand zu rechnen.

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4.12

Weitere strategische Stossrichtungen

Einige strategische Stossrichtungen dienen der Zielerreichung mehrerer Bereiche und lassen sich nicht eindeutig einer Zielsetzung zuordnen. Sie werden deshalb in dieser Ziffer dargestellt und orientieren sich an der übergeordneten Zielsetzung, dass der Schweizer Wald so bewirtschaftet wird, dass er seine Funktionen und Leistungen nachhaltig und gleichwertig erfüllt.

Strategische Stossrichtungen

­ Regelmässige Waldbeobachtung (Landesforstinventar LFI, etc.) als Bestandteil der Umweltbeobachtung sowie Monitoring der Waldwirtschaft (Forststatistik, Testbetriebsnetz, etc.).

­ Förderung der überbetrieblichen Waldplanung durch Programmvereinbarungen mit den Kantonen (Ermöglichung des Interessenausgleichs bezüglich unterschiedlicher Waldleistungen [z.B. Schutzwald versus Waldreservate], Konfliktlösung, Sicherstellung der Nachhaltigkeit, etc.).

­ Sektorübergreifende Partnerschaften stärken und Synergien zu anderen Politik- und Wirtschaftsbereichen schaffen (national und international).

­ Internationaler Austausch und Partizipation an internationalen Prozessen (z. B. Klimaverhandlungen, Verhandlungen zu einer Europäischen Waldkonvention).

­ Durch Information und Dialog Vertrauen und Verständnis innerhalb des Wald- und Holzsektors sowie mit der Bevölkerung schaffen.

Auswirkungen

Die bestehenden rechtlichen Grundlagen sind ausreichend, und es entsteht kein finanzieller Mehrbedarf.

5

Umsetzung

Ohne dass die anderen Ziele nicht wichtig wären, ist es doch notwendig, sich auf diejenigen Gebiete zu fokussieren, bei denen in den nächsten Jahren die grössten Herausforderungen liegen und wo die Schwerpunkte des Bundes liegen. Nach heutiger Einschätzung sind dies das Ausschöpfen des nachhaltigen Holznutzungspotenzials (Ziff.4.1), der Klimawandel (Ziff. 4.2), die Schutzwaldleistung (Ziff.4.3), die Biodiversität (Ziff. 4.4) und die Waldfläche (Ziff. 4.5).

Die Ziele bis 2020 sollen in zwei Umsetzungsetappen angegangen werden. Dabei werden sämtliche Massnahmen in einem Massnahmenplan unter Einbezug der wichtigsten Vollzugs-Akteure konkretisiert.

Der Bundesrat erteilt mit dem Gutheissen der Waldpolitik 2020 dem UVEK (BAFU) auch den Auftrag, wo nötig gesetzliche Anpassungen vorzubereiten und die Finanzierung des Mehrbedarfs aufzuzeigen. Die Ergebnisse dieser Arbeiten sollen dem Bundesrat in Form eines Aussprachepapiers zum Entscheid vorgelegt werden. Es zeichnet sich ab, dass das Waldgesetz vom 4. Oktober 1991 (WaG, SR 921.0) in einigen Punkten angepasst werden müsste.

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Der Bund investiert im Jahr 2011 im Bereich Wald voraussichtlich rund 94 Mio. Mit der Waldpolitik 2020 soll sichergestellt werden, dass die bisherigen finanziellen Mittel in Zukunft weiterhin optimal eingesetzt werden.

Bis 2016 ist nicht mit finanziellen Mehraufwendungen für den Bund zu rechnen, mit Ausnahme der Bereiche Waldbiodiversität und Schadorganismen. Mehraufwendungen für die Biodiversität müssen im Zusammenhang mit der Finanzierung der gesamten Biodiversitätsstrategie geprüft werden.

In allen übrigen Bereichen müssen entweder zuerst Gesetzesänderungen erfolgen oder Forschungsergebnisse abgewartet werden (u.a. Programm Wald & Klimawandel). Die Mehrkosten für den Bund würden insgesamt bei geschätzten rund 60 Mio.

liegen.

Ein finanzieller Mehraufwand würde im gleichen Ausmass auch die Kantone betreffen (Verbundaufgabe). Die Kantone sind grundsätzlich bereit, in Abstimmung mit dem Bund für die kommenden Jahre eine Erhöhung ihrer Ressourcen für prioritäre Ziele anzustreben. Eine grundsätzliche Bereitschaftserklärung dazu hat die Forstdirektorenkonferenz am 5. Mai 2011 im Beisein von Bundesrätin Doris Leuthard abgegeben.

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Anhang

Liste der Indikatoren und Sollwerte zu den Zielen der Waldpolitik 2020 (Q: Quelle vorhandener Daten für die spätere Messung der Zielerreichung) Ziel

Indikator

Sollgrösse

Nachhaltig nutzbares Holznutzungspotential wird ausgeschöpft (Ziff. 4.1)

Insgesamt für stoffliche und energetische Zwecke im Schweizer Wald geerntete Holzmenge (m3/Jahr) Q: Forststatistik (hochgerechnet)

8.2 Mio. m3/Jahr (geerntete Holzmengen, d.h. Verkaufsmass nach Forststatistik zuzüglich statistisch nicht erfasste Mengen wie z.B. Zumass, Rinde, Kleinstmengen im Privatwald) Langfristig wird eine Annäherung (an das nachhaltige Holznutzungspotential angestrebt) (Sollgrösse gemäss Projekt Holznutzungspotenzial; in Ausarbeitung [inkl. Unterscheidung nach Nadel- und Laubholz])

Nachfrage nach stofflichen Holzprodukten (entspricht Ressourcenpolitik Holz) Q: BAFU, BFS (siehe Ressourcenpolitik Holz)

Steigerung des Pro-Kopf-Verbrauchs an Schnittholz und Holzwaren um jeweils 20 % bis 2015 (im Vergleich zu 2008)

CO2-Bilanz der lebenden und toten Biomasse des Waldes, inkl. Waldboden Q: BAFU (Treibhausgasinventar)

Langfristig ausgeglichene CO2-Bilanz der Effekte Waldsenke, Holzverwendung und Substitution

CO2-Entzug durch die Holznutzung (m3/Jahr) Q: Forststatistik

Abschöpfen des Zuwachses (Zielwerte in Ausarbeitung)

Substitutionseffekt der ganzen Holzverwendung Q: interne Berechnung BAFU (2009)

Erhöhung des Substitutionseffektes um 1.2 Mio. Tonnen CO2/Jahr gegenüber 1990

Klimawandel (Minderung, Ziff. 4.2)

8749

Ziel

Indikator

Sollgrösse

Klimawandel (Anpassung, Ziff. 4.2)

Waldflächen mit klimasensitiver Artenzusammensetzung und Struktur Q: Landesforstinventar (LFI)

Die Fläche klimasensitiver Bestände (gemäss LFI3 insg.

50 000 ha) nimmt um 25 % ab. (Bestände mit Nadelbaumanteilen von 90 % und mehr in tieferen Lagen) Ergebnisse aus dem Forschungsprogramm Wald Klimawandel werden berücksichtigt Die Fläche kritischer Schutzwälder nimmt bis 2040 um 25 % ab (Schutzwälder kritischer Stabilität und kritischer Verjüngung: 68 000 ha gemäss LFI 3)

Mischwaldflächen Q: Landesforstinventar (LFI)

Der Anteil der Mischwaldflächen nimmt um 10 % zu (auf Basis LFI3) Zielwert zu verifizieren mit Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL)

Vermeidbare Todesfälle Q: Schadenstatistik WSL (in Zukunft Ereigniskataster StorMe)

0 (möglichst gering)

Verhinderte Schäden Q: Ereignisanalysen BAFU (nach grösseren Ereignissen)

Zielwert kann erst 2011 formuliert werden

Anteil Schutzwald mit erfüllten Anforderungsprofilen nach NaiS (Nachhaltigkeit im Schutzwald) Q: Landesforstinventar (Modul Schutzwald)

70 %

Anteil Gemeinden/Regionen/Kantone mit Unterhaltskonzepten für Schutzmassnahmen (forstliche Planung für Schutzwald) Q: Landesforstinventar (Erhebung forstl. Planung)

100 %

Hektaren behandelte und beeinflusste Schutzwaldfläche Q: Controlling NFA

Jährlich 3 % der gesamten Schutzwaldfläche (Schutzwaldausscheidung nach harmonisierten Kriterien)

Einhalten von Mindestanforderungen innerhalb des NFA-Programmes Schutzwald (Methode NaiS) Q: Controlling NFA (Stichprobenkontrollen)

In 100 % aller Stichproben eingehalten

Schutzwaldleistung ist sichergestellt (Ziff. 4.3)

8750

Ziel

Indikator

Sollgrösse

Biodiversität bleibt erhalten und ist gezielt verbessert (Ziff. 4.4)

Artenvielfalt von Pflanzen, Tieren, und Pilzen im Wald Q: Biodiversitäts-Monitoring Schweiz, LFI

Keine Abnahme gegenüber 2007.

Zunahme der selten gewordenen Arten

Schutzflächen (längerfristig, d.h. auf min. 50 Jahre gesicherte Waldreservate und permanente Altholzinseln) Q: Waldreservatsdatenbank (in Entwicklung, ab Ende 2010 verfügbar); Controlling NFA

Min. 8 % der Waldfläche (min. 10 % bis 2030) Mind. 15 grosse Waldreservate (>500 ha),

Förderflächen (z. B. Waldrand, Artenförderung, Selven, Wytweiden, etc.) ausserhalb der Schutzflächen Q: Controlling NFA

10 000 ha

Naturnah bewirtschaftete Waldfläche nach gesetzlichen Anforderungen an den naturnahen Waldbau Q: LFI, Umfrage Kantone

Auf 100 % der bewirtschafteten Fläche (mit Eingriffen)

Stehendes und liegendes Totholz-Volumen (gemäss LFI3, Kluppschwelle: 12 cm Durchmesser) Q: Landesforstinventar (LFI)

Jura, Mittelland, Alpensüdseite: 20 m3/ha Voralpen, Alpen: 25 m3/ha

Veränderung der Waldfläche in ha (Landesforstinventar) Q: Landesforstinventar (LFI)

Min.: Fläche gemäss LFI 3.

Fläche von Wytweiden, Selven, Waldweiden Q: Landesforstinventar (LFI)

Keine Abnahme (gemäss LFI 3)

Die Entwicklung der Waldfläche und die Vernetzung in der Landschaft stimmen mit den definierten Raumentwicklungszielen überein (gemäss Richtplanung, Raum- und Landschaftsentwicklungskonzepten, anderen raumrelevanten Planungen).

Q: separate Umfrage Kantone

Stimmt zu 100 % überein

Waldfläche bleibt erhalten (Ziff. 4.5)

8751

Ziel

Indikator

Sollgrösse

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Waldwirtschaft ist verbessert (Ziff. 4.6)

Gesamtergebnis pro Forstbetrieb.

Q: Forststatistik, Testbetriebsnetz (TBN)

90 % der Betriebe schreiben Gewinn

Holzerntekosten pro m3. Q: Testbetriebsnetz (TBN)

Positiver Deckungsbeitrag

Waldleistungen ausserhalb der Holzproduktion (z.B. inkl. CO2-Zertifikate) Q: Testbetriebsnetz (TBN)

Positiver Deckungsbeitrag

Deckungsbeiträge der Aktivitäten von öffentlichen Forstbetrieben Q: Testbetriebsnetz (TBN)

Positiver Deckungsbeitrag bei allen Aktivitäten (inkl. Erholung)

Wertschöpfung Q: Forstbetriebliche Gesamtrechnung

Zu entwickeln

Waldböden, Trinkwasser und Vitalität der Bäume sind nicht gefährdet (Ziff. 4.7)

Stickstoffeintrag max. 20 kg N/ha pro Jahr Q: Berichte Institut für angewandte Pflanzenbiologie (IAP); Stickstoffeintrag und Stickstoffdeposition gemäss Nationalem Netz für Luftfremdstoffe (NABEL); Langfristigen Waldökosystem Forschungsflächen (LWF) Bodenversauerung: (kritische Parameter für BC/Al*, pH und Basensättigung) Q: Berichte Langfristigen Waldökosystem Forschungsflächen (IAP), Langfristigen Waldökosystem Forschungsflächen (LWF)

20 % der Flächen mit Verletzung der kritischen Werte weisen im Hauptwurzelraum, gemäss regionaler Bewertung, eine Verbesserung gegenüber dem Jahr 2000 auf. Signifikante Verbesserung auf LWF- und kantonalen Dauerbeobachtungsflächen

Überschreitung des Critical Levels für Ozon.

Q: Nationales Netz für Luftfremdstoffe (NABEL)

minus 20 % gegenüber 2000

Fahrspuren ausserhalb von Rückegassen/Maschinenwegen Q: Landesforstinventar (LFI)

Anteil der Fahrspuren ausserhalb Rückegassen und Maschinenwegen kleiner als 20 % (LFI 3: 24 %)

* BC/Al: Verhältnis von basischen Kationen (Calcium, Magnesium, Kalium) zu Aluminium in der Bodenlösung.

8752

Ziel

Indikator

Wald wird vor Schadorganismen Eingeschleppte Organismen mit besonders gefährlichem geschützt (Ziff. 4.8) Schadpotential gemäss Pflanzenschutzverordnung Q: WSL, Eidgenössischer Pflanzenschutzdienst

Das Gleichgewicht Wald-Wild ist gewährleistet (Ziff. 4.9)

Freizeit ­ und Erholungsnutzung erfolgt schonend (Ziff. 4.10)

Sollgrösse

0

Schwellenwerte (zu definieren für invasive Arten und für Schadorganismen allgemein [Forstschutz]) Q: Monitoring (Input WSL), aufzubauen

Mittelfristig nicht überschritten

Erfolgreich durchgeführte Bekämpfungsmassnahmen im Schadensfall Q: separate Erhebung bei Kantonen

80 % der Wälder mit überschrittenen Schwellenwerten

Waldfläche mit genügender Verjüngung der Hauptbaumarten Q: Landesforstinventar (LFI)

75 % der Waldfläche in jedem Kanton

Alters- und Geschlechterverteilung der Jagdstrecke Q: eidg. Jagdstatistik

Alters- und Geschlechterverteilung ist zielorientiert (pro Wildraum, siehe NFA Handbuch)

Strukturvielfalt der Wälder Q: Landesforstinventar (LFI)

Zunahme

Vorhandene Wald-Wild-Konzepte in den Kantonen Q: Vollzugshilfe

Alle Kantone mit Bedarf

Zufriedenheit der Waldbesuchenden mit dem Angebot (Quantität und Qualität) Q: Waldmonitoring soziokulturell (WaMos)

Waldbesuche bleiben konstant. Zunahme der Zufriedenheit

Quantität und Qualität mit Erholungseinrichtungen/ Naturausstattungen Q: LFI/Naherholungsmodell

Bessere Qualität der Naturausstattung und genügend Erholungseinrichtungen

Anzahl der Konflikte zu «Freizeit im Wald» Q: WaMos/Argus WVS, Pressespiegel BAFU (qualitative Einschätzung)

möglichst wenig Konflikte ( Anzahl Medienberichte/Jahr)

8753

Ziel

Bildung, Forschung, Wissenstransfer (Ziff. 4.11)

Indikator

Sollgrösse

Fläche der Erholungswälder: ­ ausgeschiedene Wälder mit Vorrangleistung Freizeit und Erholung; Q: Waldentwicklungspläne (WEP), LFI ­ Waldfläche nach aktueller Bedeutung für die Naherholung Q: Waldentwicklungspläne (WEP), LFI

Berücksichtigung gemäss regionalen Planungen

Übereinstimmung der Ausbildungsprofile mit den Anforderungsprofilen der Arbeitgeber Q: Separate Erhebung (Rückmeldungen der Kantone, Berufsund Branchenverbände)

Keine grundsätzlichen Abweichungen zwischen Ausbildungs- und Anforderungsprofilen

mindestens 80 % Anteil der Fachleute im Berufsfeld Wald, welche sich laufend fortbilden (berufsorientierte Weiterbildung) Q: Jahrbuch Wald und Holz, Separate Erhebung (Bildungszentren, codoc)

8754

Anzahl Todesfälle bei Waldarbeiten, unter besonderer Berücksichtigung von gewerbsmässigen Arbeiten Q: Jahrbuch Wald und Holz, Auswertung der suva

Reduktion

Relevante Fragestellungen werden von der Forschung aufgenommen und behandelt Q: Separate Erhebung (qualitativ über Expertenbefragungen)

100 %

Institutionalisierter, regelmässig stattfindender Dialog zwischen Forschung, Lehre und Praxis Q: Statusbericht der eidg. forstlichen Ausbildungskommission (EFAK)

Findet regelmässig zur Zufriedenheit aller Beteiligten statt