Bundesgesetz über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen

Entwurf

(Chemikaliengesetz, ChemG) vom

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 95 Absatz 1, 110 Absatz 1 Buchstabe a und 118 Absatz 2 Buchstabe a der Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 24. November 1999 1, beschliesst:

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen und Grundsätze 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Zweck

Dieses Gesetz soll das Leben und die Gesundheit des Menschen vor schädlichen Einwirkungen durch Stoffe und Zubereitungen schützen.

Art. 2 1

Geltungsbereich

Dieses Gesetz ist anwendbar auf den Umgang mit: a.

Stoffen und Zubereitungen;

b.

Gegenständen, soweit sie Schadstoffe in Innenräumen abgeben können.

2

Dem Umgang mit Stoffen und Zubereitungen gleichgestellt ist der Umgang mit Mikroorganismen, soweit sie in Biozid-Produkten oder Pflanzenschutzmitteln Verwendung finden.

3

Der Bundesrat kann den Geltungsbereich dieses Gesetzes oder einzelner Bestimmungen ausdehnen auf: a.

Gegenstände, die Stoffe oder Zubereitungen enthalten, welche das Leben oder die Gesundheit gefährden können;

b.

Organismen, die gefährliche Eigenschaften im Sinne dieses Gesetzes aufweisen oder aufweisen können;

c.

den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Nutz- und Haustieren.

1

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BBl 2000 687 1999-5887

Chemikaliengesetz

4

Er sieht Ausnahmen vom Geltungsbereich oder von einzelnen Bestimmungen dieses Gesetzes vor, wenn: a.

andere Erlasse des Bundes das Leben und die Gesundheit vor schädlichen Einwirkungen durch Stoffe und Zubereitungen hinreichend schützen;

b.

Stoffe und Zubereitungen ausschliesslich für die Durchfuhr oder Ausfuhr bestimmt sind;

c.

die Gesamtverteidigung sowie die Aufgaben von Polizei- und Zollbehörden dies erfordern.

Art. 3

Gefährliche Stoffe und Zubereitungen

1

Als gefährlich gelten Stoffe und Zubereitungen, die das Leben oder die Gesundheit durch physikalisch-chemische oder toxische Wirkung gefährden können.

2 Der Bundesrat bestimmt die als gefährlich geltenden Eigenschaften und legt die Gefährlichkeitsmerkmale fest.

Art. 4 1

Begriffe

In diesem Gesetz gelten als: a.

Stoffe: natürliche oder durch ein Produktionsverfahren hergestellte chemische Elemente und deren Verbindungen. Es werden alte Stoffe und neue Stoffe unterschieden: 1. Als alte Stoffe gelten Stoffe, die vom Bundesrat als solche bezeichnet werden.

2. Als neue Stoffe gelten alle übrigen Stoffe.

b.

Wirkstoffe: Stoffe und Mikroorganismen einschliesslich Viren mit einer für die Verwendung als Biozid-Produkt oder Pflanzenschutzmittel beabsichtigten Wirkung;

c.

Zubereitungen: Gemenge, Gemische und Lösungen, die aus zwei oder mehreren Stoffen bestehen;

d.

Biozid-Produkte: Wirkstoffe und Zubereitungen, die nicht Pflanzenschutzmittel sind und die dazu bestimmt sind: 1. Schadorganismen abzuschrecken, unschädlich zu machen, zu zerstören oder in anderer Weise zu bekämpfen, oder 2. Schädigungen durch Schadorganismen zu verhindern;

e.

Pflanzenschutzmittel: Wirkstoffe und Zubereitungen, die dazu bestimmt sind: 1. Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen oder deren Einwirkung vorzubeugen, 2. in einer anderen Weise als ein Nährstoff die Lebensvorgänge von Pflanzen zu beeinflussen, 3. Pflanzenerzeugnisse zu konservieren,

841

Chemikaliengesetz

4.

5.

unerwünschte Pflanzen oder Pflanzenteile zu vernichten, oder auf ein unerwünschtes Pflanzenwachstum Einfluss zu nehmen;

f.

Herstellerin: jede natürliche oder juristische Person, die Stoffe oder Zubereitungen beruflich oder gewerblich herstellt oder gewinnt; wer Stoffe oder Zubereitungen zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken einführt, ist der Herstellerin gleichgestellt;

g.

Anmelderin: jede natürliche oder juristische Person, die bei der Anmeldestelle Anmeldungen für neue Stoffe, Unterlagen zu überprüften alten Stoffen oder Zulassungsanträge für Wirkstoffe oder Zubereitungen einreicht;

h.

Anmeldestelle: die Bundesstelle, welche insbesondere die Anmeldungen für neue Stoffe, die Unterlagen zu überprüften alten Stoffen oder die Zulassungsanträge für Wirkstoffe und Zubereitungen sowie weitere Meldungen entgegennimmt, die Verfahren koordiniert und die erforderlichen Verfügungen erlässt;

i.

Inverkehrbringen: die Bereitstellung für Dritte und die Abgabe an Dritte; die Einfuhr zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken ist dem Inverkehrbringen gleichgestellt;

j.

Umgang: jede Tätigkeit im Zusammenhang mit Stoffen oder Zubereitungen, insbesondere das Herstellen, Einführen, Ausführen, Inverkehrbringen, Lagern, Aufbewahren, Transportieren, Verwenden oder Entsorgen.

2

Der Bundesrat kann die Begriffe nach Absatz 1 sowie weitere in diesem Gesetz verwendete Begriffe näher ausführen, voneinander abgrenzen und gestützt auf neue Erkenntnisse in Wissenschaft und Technik sowie in Anlehnung an die internationale Entwicklung Anpassungen und Ausnahmen vorsehen.

2. Abschnitt: Grundsätze für den Umgang mit Stoffen und Zubereitungen Art. 5

Selbstkontrolle

1

Wer als Herstellerin Stoffe oder Zubereitungen in Verkehr bringt, muss dafür sorgen, dass diese das Leben und die Gesundheit nicht gefährden. Insbesondere muss die Herstellerin Stoffe und Zubereitungen: a.

auf Grund ihrer Eigenschaften beurteilen und einstufen; und

b.

entsprechend ihrer Gefährlichkeit verpacken und kennzeichnen.

2

Der Bundesrat erlässt Vorschriften über Art, Umfang und Überprüfung der Selbstkontrolle. Insbesondere legt er fest: a.

die Prüfmethoden, die Grundsätze der Guten Laborpraxis (GLP) sowie die Kriterien für die Beurteilung und Einstufung;

b.

Vorschriften über die Verpackung und Kennzeichnung.

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Art. 6

Inverkehrbringen

Die Herstellerin darf Stoffe und Zubereitungen nach Vornahme der Selbstkontrolle ohne vorgängige Zustimmung durch die Behörden in Verkehr bringen. Es gelten folgende Ausnahmen: a.

Das Inverkehrbringen von neuen Stoffen als solchen oder als Bestandteil einer Zubereitung bedarf einer Anmeldung (Art. 9).

b.

Das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten und von Pflanzenschutzmitteln bedarf einer Zulassung (Art. 10 und 11).

Art. 7

Informationspflicht gegenüber Abnehmerinnen und Abnehmern

1

Wer Stoffe oder Zubereitungen in Verkehr bringt, muss Abnehmerinnen und Abnehmer über die gesundheitsrelevanten Eigenschaften und Gefahren sowie über die erforderlichen Vorsichts- und Schutzmassnahmen informieren.

2

Der Bundesrat erlässt Vorschriften über Art, Inhalt und Umfang dieser Information, insbesondere über Abgabe und Inhalt eines Sicherheitsdatenblattes.

Art. 8

Sorgfaltspflicht

Wer mit Stoffen oder Zubereitungen umgeht, muss deren gefährliche Eigenschaften beachten und die zum Schutz von Leben und Gesundheit erforderlichen Massnahmen treffen. Insbesondere sind diesbezügliche Informationen der Herstellerin zu beachten.

2. Kapitel: Anmeldung und Zulassung von bestimmten Stoffen und Zubereitungen Art. 9

Anmeldung neuer Stoffe

1

Die Anmeldestelle überprüft und beurteilt die eingereichten Unterlagen zusammen mit den für die fachspezifischen Belange zuständigen Bundesstellen (Beurteilungsstellen) und teilt der Anmelderin das Ergebnis innerhalb einer vom Bundesrat festgelegten Frist mit.

2

Ein angemeldeter Stoff darf in Verkehr gebracht werden, wenn die Anmeldestelle die Anmeldung akzeptiert hat oder wenn sie innerhalb der festgelegten Frist keine weiteren Unterlagen oder Auskünfte zur Anmeldung verlangt hat.

3

Der Bundesrat erlässt Vorschriften über die Anforderungen und das Verfahren der Anmeldung neuer Stoffe. Er legt die Ausnahmen von der Anmeldepflicht fest und berücksichtigt dabei insbesondere den Verwendungszweck, die Art des Stoffes oder der Zubereitung sowie die Mengen, die hergestellt oder in Verkehr gebracht werden sollen.

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Art. 10

Zulassung für Biozid-Produkte

1

Die Anmeldestelle überprüft und beurteilt die eingereichten Unterlagen zusammen mit den Beurteilungsstellen und entscheidet unter Berücksichtigung der Risikobewertung (Art. 16) innerhalb einer vom Bundesrat festgelegten Frist.

2

Eine Zulassung wird erteilt, sofern das Biozid-Produkt bei der vorgesehenen Verwendung insbesondere: a.

hinreichend wirksam ist; und

b.

keine unannehmbaren Nebenwirkungen auf die Gesundheit des Menschen oder von Nutz- und Haustieren hat.

3 Die Zulassung kann verweigert oder widerrufen werden, wenn die Risiken für die Gesundheit Anlass zur Besorgnis geben und wenn für dieselbe Art von BiozidProdukten ein anderer Wirkstoff zugelassen ist, von dem ein erheblich geringeres Risiko für die Gesundheit ausgeht und der für den Benutzer oder die Benutzerin keine wesentlichen wirtschaftlichen und praktischen Nachteile mit sich bringt.

4

Der Bundesrat legt die Zulassungsarten und -verfahren sowie die Ausnahmen von der Zulassungspflicht für Biozid-Produkte fest. Die Zulassungen sind befristet.

Art. 11

Zulassung für Pflanzenschutzmittel

1

Eine Zulassung wird erteilt, sofern das Pflanzenschutzmittel bei der vorgesehenen Verwendung insbesondere keine unannehmbaren Nebenwirkungen auf die Gesundheit des Menschen oder von Nutz- und Haustieren hat.

2

Die Landwirtschaftsgesetzgebung bestimmt die Zulassungsarten und -verfahren sowie die Ausnahmen von der Zulassungspflicht für Pflanzenschutzmittel. Der Bundesrat berücksichtigt beim Erlass der entsprechenden Ausführungsbestimmungen den Gesundheitsschutz im Sinne dieses Gesetzes.

Art. 12

Voranfragepflicht

Vor Durchführung der für eine Anmeldung oder Zulassung erforderlichen Tierversuche muss die Anmelderin bei der Anmeldestelle anfragen, ob für den betreffenden Stoff oder die betreffende Zubereitung bereits eine Anmeldung oder Zulassung vorliegt.

Art. 13

Zweitanmeldung und Zweitzulassung

1

Für anmelde- und für zulassungspflichtige Stoffe und Zubereitungen ist auch dann eine Anmeldung beziehungsweise Zulassung nach den Artikeln 9­11 nötig, wenn sie bereits von einer anderen Anmelderin angemeldet beziehungsweise für eine andere Anmelderin zugelassen worden sind.

2

Der Bundesrat legt für die Zweitanmeldung und Zweitzulassung ein besonderes Verfahren fest und bestimmt unter Berücksichtigung der Interessen der Erstanmelderin insbesondere, unter welchen Bedingungen: a.

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die Zweitanmelderin auf bereits eingereichte Anmeldeunterlagen verweisen darf;

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b.

Art. 14

die Erstanmelderin im Interesse des Tierschutzes die Nutzung ihrer Anmeldeunterlagen zu dulden hat.

Verwendung von Unterlagen

Unter Vorbehalt von Artikel 13 Absatz 2 dürfen die am Anmelde- oder Zulassungsverfahren beteiligten Bundesstellen Angaben und Unterlagen einer Anmelderin nicht ohne deren Zustimmung im Interesse einer andern Anmelderin verwenden. Der Bundesrat bestimmt die Schutzdauer und legt die Ausnahmen unter Berücksichtigung der Vertraulichkeit der Informationen fest.

Art. 15

Überprüfung alter Stoffe

1

Der Bundesrat erlässt Vorschriften für die Überprüfung und Beurteilung einzelner alter Stoffe.

2

Die Anmeldestelle kann von den Herstellerinnen die Vornahme von Abklärungen, die Durchführung von Untersuchungen sowie die Unterbreitung von Unterlagen für alte Stoffe verlangen, die: a.

auf Grund der hergestellten oder in Verkehr gebrachten Mengen oder auf Grund ihrer Gefährlichkeit ein besonderes Risiko für das Leben oder die Gesundheit darstellen können; oder

b.

im Rahmen internationaler Bestrebungen und Programme für die Beurteilung von alten Stoffen überprüft werden.

Art. 16

Risikobewertung

1

Zur Ermittlung der Gefährdungen durch Stoffe oder Zubereitungen sorgt die Anmeldestelle zusammen mit den Beurteilungsstellen für eine Risikobewertung. Zu diesem Zweck können von der Anmelderin zusätzliche Informationen und nötigenfalls die Durchführung weiterer Untersuchungen verlangt werden.

2

Einer Risikobewertung unterliegen: a.

neue Stoffe (Art. 9);

b.

Stoffe und Zubereitungen, für die eine Zulassung erforderlich ist (Art. 10 und 11);

c.

alte Stoffe, die nach Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe b überprüft werden.

3

Gestützt auf die Risikobewertung kann die Anmeldestelle gegenüber der Anmelderin nach deren Anhörung Massnahmen empfehlen oder anordnen, die zu einer Verminderung der Risiken führen, die mit dem Umgang mit dem Stoff oder der Zubereitung verbunden sind. Stehen keine geeigneten risikovermindernden Massnahmen zur Verfügung oder können die Risiken mit den verfügbaren Massnahmen nicht hinreichend vermindert werden, so leiten die zuständigen Stellen die Anpassung der massgebenden Rechtsvorschriften ein.

4

Die Risikobewertung wird periodisch überprüft und überarbeitet.

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Art. 17

Folgeinformationen

Die Anmelderin muss die Anmeldestelle unverzüglich benachrichtigen und ihr gegebenenfalls neue Unterlagen einreichen, wenn neue Erkenntnisse über den Stoff oder die Zubereitung bekannt geworden sind oder sich massgebende Sachverhalte wie Eigenschaften, Verwendungszweck oder hergestellte oder in Verkehr gebrachte Mengen verändert haben.

3. Kapitel: Besondere Bestimmungen über den Umgang mit Stoffen und Zubereitungen Art. 18

Meldungen über Stoffe und Zubereitungen

1

Die Herstellerin muss der Anmeldestelle zu in Verkehr gebrachten gefährlichen Stoffen und Zubereitungen, welche keinem Anmelde- oder Zulassungsverfahren unterliegen, melden: a.

Name und Adresse der Herstellerin;

b.

die wesentlichen Angaben zur Identität des Produktes;

c.

die Einstufung und Kennzeichnung;

d.

die einstufungsrelevanten Stoffe.

2

Der Bundesrat kann für bestimmte Stoffe und Zubereitungen ganz oder teilweise von der Meldepflicht absehen, insbesondere wenn:

3

a.

auf Grund ihrer gefährlichen Eigenschaften oder vorgesehenen Verwendung Angaben für die Risikoermittlung und die Prävention von geringer Bedeutung sind;

b.

sie ausschliesslich an berufliche oder gewerbliche Verwenderinnen und Verwender abgegeben werden; oder

c.

sie in geringen Mengen an einen begrenzten Verwenderkreis abgegeben werden.

Er kann, sofern Angaben für die Risikoermittlung und die Prävention wichtig sind: a.

für bestimmte Stoffe und Zubereitungen die Meldung zusätzlicher Angaben, namentlich über deren Zusammensetzung, vorschreiben;

b.

die Meldepflicht ausdehnen auf nicht gefährliche Zubereitungen, die gefährliche Stoffe enthalten.

Art. 19

Stoffbezogene Vorschriften

Der Bundesrat kann für bestimmte Stoffe und Zubereitungen, welche das Leben oder die Gesundheit gefährden können, besondere Vorschriften erlassen. Er kann: a.

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die Art und Weise des Umgangs, namentlich der Herstellung, des Inverkehrbringens und der Verwendung einschränken;

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b.

das Inverkehrbringen namentlich in Bezug auf den Verwendungszweck, die Beschaffenheit und die Form des Stoffes oder der Zubereitung einschränken;

c.

den Umgang verbieten, wenn das Leben und die Gesundheit nicht auf andere Weise geschützt werden können;

d.

die Ausfuhr an besondere Voraussetzungen knüpfen;

e.

vorschreiben, dass bestimmte Stoffe deklariert werden müssen, wenn sie in Gegenständen enthalten sind oder von ihnen freigesetzt werden können;

f.

vorschreiben, dass bestimmte giftige Pflanzen und Tiere als solche zu kennzeichnen sind, wenn sie in Verkehr gebracht werden;

g.

die Einstufung und Kennzeichnung einzelner gefährlicher Stoffe festlegen und Konzentrationsgrenzen bestimmen für die Einstufung und Kennzeichnung von Zubereitungen, welche diese Stoffe enthalten.

Art. 20

Schadstoffe in Innenräumen

1

Stoffe, Zubereitungen und Gegenstände dürfen in Innenräumen nicht verwendet werden, wenn sie Substanzen in Mengen abgeben, die als Teil der Innenraumluft schädliche Einwirkungen auf das Leben oder die Gesundheit haben.

2

Der Bundesrat kann Vorschriften über Massnahmen zur Begrenzung oder Verhinderung gesundheitsgefährdender Expositionen gegenüber Schadstoffen in Innenräumen erlassen und Grenzwerte für Schadstoffe in der Innenraumluft festlegen.

3 Die zuständige Bundesstelle kann Richtwerte für Schadstoffe in der Innenraumluft empfehlen.

4

Vorbehalten bleiben Bestimmungen des Arbeitsgesetzes2 über den Gesundheitsschutz und des Unfallversicherungsgesetzes3 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten.

Art. 21

Werbung

1

Das Anpreisen und Anbieten von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen sowie von Zubereitungen, die gefährliche Stoffe enthalten, darf nicht Anlass zu Irrtum über die Gefährlichkeit geben oder zu unsachgemässem Umgang verleiten. Bei Biozid-Produkten dürfen keine irreführenden Angaben über die Wirksamkeit gemacht werden.

2

Der Bundesrat erlässt Vorschriften darüber, wie beim Anpreisen und Anbieten auf die Gefährlichkeit hingewiesen werden muss.

2 3

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Art. 22

Aufbewahrung, Lagerung

Gefährliche Stoffe und Zubereitungen müssen ihrer Gefährlichkeit entsprechend sicher aufbewahrt und gelagert werden. Insbesondere müssen sie: a.

vor gefährlichen äusseren Einwirkungen geschützt werden;

b.

für Unbefugte unzugänglich sein;

c.

so aufbewahrt oder gelagert werden, dass Verwechslungen, namentlich mit Lebensmitteln, oder irrtümliche Verwendungen verhindert werden.

Art. 23

Rücknahme- und Rückgabepflicht

1

Wer gefährliche Stoffe oder Zubereitungen abgibt, ist verpflichtet, sie zur Entsorgung zurückzunehmen. Die Rückgabe von Kleinmengen ist kostenlos.

2

Der Bundesrat kann für besonders gefährliche Stoffe und Zubereitungen, die der Besitzer oder die Besitzerin entsorgen will, eine Rückgabepflicht festlegen.

Art. 24

Diebstahl, Verlust, irrtümliches Inverkehrbringen

Der Bundesrat erlässt Bestimmungen über Massnahmen, die nach einem Diebstahl, Verlust oder irrtümlichen Inverkehrbringen von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen zu treffen sind.

Art. 25

Personenbezogene Vorschriften

1

Der Bundesrat legt die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen fest für den Umgang mit Stoffen und Zubereitungen, die besonders gefährliche Eigenschaften oder bestimmte Gefährlichkeitsmerkmale aufweisen oder besondere Risiken bergen.

Soweit es für den Schutz von Leben und Gesundheit erforderlich ist, legt er eine Bewilligungspflicht fest.

2

Er regelt, wie die erforderlichen Sachkenntnisse erlangt werden können.

Art. 26

Massnahmen in Betrieben und Bildungsstätten

1

Wer beruflich oder gewerblich mit Stoffen oder Zubereitungen umgeht, muss zum Schutz von Leben und Gesundheit der Beschäftigten alle Massnahmen treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind. Der Vollzug dieser Bestimmung richtet sich unter Vorbehalt der Artikel 42 und 45 nach dem Arbeitsgesetz4 und dem Unfallversicherungsgesetz5.

2 In Betrieben und Bildungsstätten, in denen beruflich oder gewerblich mit gefährlichen Stoffen oder Zubereitungen umgegangen wird, ist eine Person zu bezeichnen, die für Fragen des vorschriftsgemässen Umgangs zuständig ist und die den Vollzugsbehörden die erforderlichen Auskünfte (Art. 42 Abs. 2) erteilen kann. Sie muss

4 5

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über die nötigen fachlichen und betrieblichen Kompetenzen verfügen. Ihr Name ist der zuständigen kantonalen Vollzugsbehörde mitzuteilen.

4. Kapitel: Dokumentation und Information Art. 27

Dokumentation

1

Die Anmeldestelle sorgt für die bereichsübergreifende Dokumentation über Stoffe und Zubereitungen. Sie führt zu diesem Zweck ein Produkteregister.

2

Die Beurteilungsstellen sorgen für die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendige Dokumentation.

Art. 28

1

Produkteregister

Das Produkteregister enthält über Stoffe und Zubereitungen namentlich Angaben: a.

welche die Anmeldestelle und die Beurteilungsstellen im Rahmen von Anmelde- oder Zulassungsverfahren nach dem 2. Kapitel erhoben oder erarbeitet haben;

b.

wie sie die Herstellerin nach Artikel 18 gemeldet hat.

2

Der Bundesrat regelt unter Berücksichtigung der Interessen der Herstellerin die Bearbeitung der im Produkteregister enthaltenen Daten, insbesondere deren Verwendung und Weitergabe; er legt fest, welche Angaben weitergegeben werden dürfen an Vollzugsbehörden, die auf Grund anderer Erlasse Vorschriften über Stoffe oder Zubereitungen vollziehen.

Art. 29

Information

1

Der Bund informiert Öffentlichkeit und Behörden über Risiken und Gefahren beim Umgang mit Stoffen und Zubereitungen und empfiehlt Massnahmen zur Verminderung der Risiken.

2

Er gibt technische Wegleitungen heraus und veröffentlicht die für die Anwendung dieses Gesetzes erforderlichen Listen über Stoffe und Zubereitungen.

3

Die Kantone informieren in ihrem Aufgabenbereich.

Art. 30

Auskunftsstelle für Vergiftungen

1

Der Bundesrat bezeichnet eine Auskunftsstelle für Vergiftungen und sorgt für die finanzielle Abgeltung der an sie übertragenen Aufgaben.

2

Die Auskunftsstelle erteilt Auskünfte über die Verhütung und Behandlung von Vergiftungen und empfiehlt entsprechende Massnahmen; zu diesem Zweck sammelt und verarbeitet sie die erforderlichen Informationen einschliesslich jener über Vergiftungsfälle.

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3

Sie hat uneingeschränkten Zugriff auf die Daten im Produkteregister (Art. 28) und ist berechtigt, direkt bei der Herstellerin weitere zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderliche Angaben über Stoffe und Zubereitungen zu verlangen.

4

Der Bundesrat trifft die notwendigen Massnahmen, damit die nach Absatz 3 zur Verfügung gestellten Daten vertraulich behandelt und Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse gewahrt werden. Er bestimmt insbesondere, unter welchen Bedingungen und wieweit die Auskunftsstelle zu medizinischen Zwecken präventiver oder heilender Art Angaben über die Zusammensetzung und die Eigenschaften von Stoffen und Zubereitungen machen darf.

5. Kapitel: Vollzug 1. Abschnitt: Kantone Art. 31 1

Vollzug

Die Kantone vollziehen dieses Gesetz, soweit nicht der Bund zuständig ist.

2

Sie vollziehen Verfügungen der Bundesbehörden, wenn diese sie damit beauftragen.

Art. 32

Kantonale Vorschriften

Die Kantone erlassen die organisatorischen Bestimmungen für den Vollzug und teilen sie dem Bund mit.

2. Abschnitt: Bund Art. 33 1

Aufsicht

Der Bund beaufsichtigt den Vollzug dieses Gesetzes.

2

Er koordiniert die Vollzugsmassnahmen der Kantone, soweit ein Interesse an einem gesamtschweizerisch einheitlichen Vollzug besteht. Zu diesem Zweck kann er insbesondere: a.

die Kantone verpflichten, den Bund über Vollzugsmassnahmen zu informieren;

b.

den Kantonen Massnahmen für einen einheitlichen Vollzug vorschreiben;

c.

bei ausserordentlichen Verhältnissen die Kantone anweisen, bestimmte Vollzugsmassnahmen zu treffen;

d.

die Aus- und Weiterbildung der Vollzugsbehörden fördern.

850

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Art. 34 1

Vollzugskompetenzen des Bundes

Der Bund vollzieht: a.

Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a (Beurteilung und Einstufung von Stoffen und Zubereitungen) und die auf Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a gestützten Bestimmungen;

b.

Artikel 7 (Informationspflicht der Herstellerin);

c.

die Artikel 9­17 (Anmeldung und Zulassung von bestimmten Stoffen und Zubereitungen);

d.

Artikel 18 (Meldungen über Stoffe und Zubereitungen);

e.

Artikel 19 Buchstabe d (Ausfuhr);

f.

Artikel 27­30 (Dokumentation und Information), mit Ausnahme von Artikel 29 Absatz 3.

2

Er kann einzelne Teilaufgaben nach Absatz 1 den Kantonen übertragen oder sie für bestimmte Teilaufgaben beiziehen.

3

Dem Bund obliegt der Vollzug, soweit es sich handelt um: a.

Anlagen, Tätigkeiten, Stoffe und Zubereitungen, die der Landesverteidigung dienen;

b.

Einfuhr, Durchfuhr oder Ausfuhr.

Art. 35

Koordination

1

Der Bundesrat bestimmt, welche Beurteilungsstellen in die Verfahren und Überprüfungen nach dem 2. Kapitel einzubeziehen sind.

2

Müssen Stoffe oder Zubereitungen auf Grund verschiedener Erlasse bei mehr als einer Bundesstelle angemeldet oder zugelassen werden, bestimmt er eine gemeinsame Anmeldestelle.

3

Der Bundesrat regelt die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Bundesstellen.

Art. 36

Übertragung von Vollzugsaufgaben

Der Bundesrat kann Vollzugsaufgaben auf Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts übertragen.

Art. 37

Grundlagenbeschaffung, Forschung

1

Der Bund beschafft die für die Anwendung dieses Gesetzes erforderlichen wissenschaftlichen Grundlagen.

2

Er kann Erhebungen selber oder in Zusammenarbeit mit den Kantonen, mit geeigneten Institutionen oder Fachleuten durchführen.

3

Er kann im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit Untersuchungen von Stoffen und Zubereitungen ganz oder teilweise finanzieren.

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4

Er fördert die wissenschaftliche Lehre und Forschung über gefährliche Eigenschaften von Stoffen und Zubereitungen.

Art. 38

Ausführungsbestimmungen des Bundesrates

Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. Er fasst diese nach Möglichkeit mit den Ausführungsbestimmungen zu anderen Gesetzen zusammen, soweit diese Vorschriften über Stoffe und Zubereitungen enthalten.

Art. 39

Übernahme international harmonisierter Vorschriften und Normen

1

Der Bundesrat berücksichtigt beim Erlass seiner Bestimmungen international harmonisierte Richtlinien und Empfehlungen sowie international harmonisierte technische Vorschriften und Normen.

2

Er kann im Rahmen dieses Gesetzes bestimmte international harmonisierte technische Vorschriften und Normen für anwendbar erklären. Er kann das zuständige Bundesamt ermächtigen, Anpassungen technischer Einzelheiten von untergeordneter Bedeutung der für anwendbar erklärten Vorschriften und Normen nachzuführen.

3

Ausnahmsweise kann er eine besondere Art der Veröffentlichung der für anwendbar erklärten Vorschriften und Normen festlegen und bestimmen, dass auf eine Übersetzung in die Amtssprachen verzichtet wird.

Art. 40

Internationale Zusammenarbeit

1

Der Bundesrat kann, ergänzend zu Artikel 18 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 19956 über die technischen Handelshemmnisse (THG), die Anerkennung namentlich von im Ausland durchgeführten Prüfungen, Inspektionen oder Bewertungen sowie von ausländischen Berichten oder Bescheinigungen vorsehen.

2

Er kann im Rahmen der Befugnisse, die ihm dieses Gesetz erteilt, über Artikel 14 Absatz 1 THG hinaus völkerrechtliche Vereinbarungen abschliessen.

3 Die Bundesstellen arbeiten mit ausländischen Behörden und Institutionen sowie mit internationalen Organisationen zusammen.

Art. 41

Schutzklausel

Gelangt die Anmeldestelle zu der begründeten Annahme, dass Stoffe oder Zubereitungen, insbesondere wegen nicht mehr angemessener Einstufung, Verpackung oder Kennzeichnung eine Gefahr für die Gesundheit darstellen, obwohl sie den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechen, so kann die Anmeldestelle nach Anhörung der Herstellerin die Stoffe oder Zubereitungen vorläufig anders einstufen, ihr Inverkehrbringen vorläufig untersagen oder an besondere Bedingungen knüpfen. In solchen Fällen sind unverzüglich die erforderlichen Massnahmen zur Anpassung der betreffenden Vorschriften einzuleiten.

6

852

SR 946.51

Chemikaliengesetz

3. Abschnitt: Besondere Vollzugsvorschriften Art. 42

Befugnisse der Vollzugsbehörden

1

Die Vollzugsbehörden sind befugt, zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes Stoffe, Zubereitungen und Gegenstände nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b zu prüfen sowie den Umgang mit diesen zu kontrollieren.

2 Sie dürfen zu diesem Zweck von allen Personen, die mit solchen Stoffen, Zubereitungen oder Gegenständen umgehen, verlangen, dass sie unentgeltlich:

a.

die erforderlichen Auskünfte erteilen;

b.

Abklärungen vornehmen oder deren Vornahme dulden;

c.

Zutritt zu den Betriebs- und Lagerräumen gewähren;

d.

Probeentnahmen gestatten oder auf Verlangen Proben bereitstellen.

3

Sie sind berechtigt, auf Kosten der verantwortlichen Person alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, um rechtswidrige Umstände betreffend solche Stoffe, Zubereitungen und Gegenstände zu beseitigen. Insbesondere sind sie befugt: a.

den weiteren Umgang zu verbieten;

b.

den Rückruf oder die Rückgabe anzuordnen;

c.

die Unschädlichmachung oder Vernichtung anzuordnen;

d.

die Beschlagnahme zu verfügen.

Art. 43

Schweigepflicht

Wer Aufgaben nach diesem Gesetz wahrnimmt, untersteht der Schweigepflicht.

Art. 44

Vertraulichkeit von Angaben

1

Alle Angaben, an deren Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse besteht, sind vertraulich zu behandeln. Als schutzwürdig gilt insbesondere das Interesse der Herstellerin an der Wahrung ihrer Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse.

2

Der Bundesrat bestimmt die Angaben, an deren Geheimhaltung kein schutzwürdiges Interesse geltend gemacht werden kann.

Art. 45

Datenaustausch unter Vollzugsbehörden

1

Sind am Vollzug mehrere Bundesstellen beteiligt, so sorgen sie für den gegenseitigen Austausch von Daten, soweit dies für den Vollzug ihrer Aufgaben erforderlich ist.

2

Der Bundesrat kann den Austausch von Daten mit weiteren Behörden oder mit Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts vorsehen, wenn es für den Vollzug dieses Gesetzes notwendig ist.

3 Die Bundesstellen geben den zuständigen kantonalen Vollzugsbehörden die Daten weiter, die für die Erfüllung ihrer Vollzugsaufgaben nötig sind.

853

Chemikaliengesetz

4

Die kantonalen Vollzugsbehörden teilen den zuständigen Bundesstellen die Daten mit, die sie nach diesem Gesetz erhoben haben.

5

Zum Zweck des Datenaustausches können automatisierte Abrufverfahren eingerichtet werden. Für diesen Fall legt der Bundesrat unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen fest, wer Daten abrufen darf und welche Daten und zu welchem Zweck die Daten abgerufen werden dürfen.

Art. 46

Datenaustausch mit dem Ausland und mit internationalen Organisationen

1

Der Bundesrat regelt Zuständigkeiten und Verfahren für den Austausch von Daten mit ausländischen Behörden und Institutionen sowie mit internationalen Organisationen.

2

Vertrauliche Angaben dürfen an ausländische Behörden und Institutionen sowie an internationale Organisationen nur weitergegeben werden, wenn: a.

völkerrechtliche Vereinbarungen oder Beschlüsse internationaler Organisationen dies erfordern; oder

b.

es zur Abwendung unmittelbar drohender Gefahr für Leben oder Gesundheit unbedingt erforderlich ist.

Art. 47

Gebühren

Der Bundesrat setzt die Gebühren für den Vollzug durch die Bundesbehörden fest.

Er kann Ausnahmen von der Gebührenpflicht vorsehen.

6. Kapitel: Rechtspflege Art. 48 1

Gegen Verfügungen der Bundesbehörden, die gestützt auf dieses Gesetz ergehen, kann bei der Rekurskommission für Chemikalien Beschwerde erhoben werden. Der gleiche Rechtsweg gilt für Beschwerden gegenüber Verfügungen Dritter, die Vollzugsaufgaben des Bundes wahrnehmen.

2

Die am vorinstanzlichen Verfahren beteiligten Beurteilungsstellen werden zum Schriftenwechsel nach Artikel 57 des Verwaltungsverfahrensgesetzes7 eingeladen.

7. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 49 1

Vergehen

Mit Gefängnis oder Busse bis zu 200 000 Franken wird bestraft, wer als Herstellerin vorsätzlich:

7

854

SR 172.021

Chemikaliengesetz

a.

Stoffe oder Zubereitungen für eine Verwendung in Verkehr bringt, von welcher sie weiss oder wissen muss, dass diese das Leben oder die Gesundheit unmittelbar gefährdet (Art. 5 Abs. 1);

b.

Stoffe oder Zubereitungen nicht richtig einstuft, verpackt oder kennzeichnet (Art. 5 Abs. 1) oder kein Sicherheitsdatenblatt erstellt oder darin unrichtige oder unvollständige Angaben macht (Art. 7);

c.

Stoffe oder Zubereitungen in Verkehr bringt: 1. ohne sie anzumelden (Art. 6 und Art. 13 Abs. 1), 2. bevor die Anmeldung akzeptiert oder die festgelegte Frist abgelaufen ist (Art. 9 Abs. 2), 3. ohne dass die Zulassung vorliegt (Art. 6 und Art. 13 Abs. 1);

d.

der zuständigen Stelle Angaben zu Stoffen oder Zubereitungen vorenthält oder unrichtige Angaben macht (Art. 9 Abs. 3, Art. 10 Abs. 4, Art. 11 Abs. 2, Art. 15 Abs. 2, Art. 16 Abs. 1, Art. 17, Art. 30 Abs. 3 und Art. 42 Abs. 2);

e.

stoffbezogene Vorschriften missachtet (Art. 19 Bst. a­c, e und g);

f.

gegen Massnahmen verstösst, die in Anwendung der Schutzklausel angeordnet worden sind (Art. 41).

2

Die Strafe ist Gefängnis bis zu fünf Jahren oder Busse bis zu 500 000 Franken, wenn durch Vergehen nach Absatz 1 Menschen in schwere Gefahr gebracht werden.

3

Mit Gefängnis oder mit Busse wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

gefährliche Stoffe oder Zubereitungen in Verkehr bringt, ohne den Abnehmer oder die Abnehmerin vorschriftsgemäss über die Eigenschaften der Stoffe oder Zubereitungen oder die erforderlichen Vorsichts- und Schutzmassnahmen zu informieren oder ohne dem Abnehmer oder der Abnehmerin ein Sicherheitsdatenblatt abzugeben (Art. 7);

b.

die Sorgfaltspflicht beim Umgang mit gefährlichen Stoffen oder Zubereitungen verletzt und dadurch wissentlich das Leben oder die Gesundheit anderer Menschen gefährdet (Art. 8, Art. 22, Art. 24 und Art. 26 Abs. 1);

c.

die Voranfragepflicht verletzt (Art. 12);

d.

stoffbezogene Vorschriften missachtet (Art. 19 Bst. a und c);

e.

gegen Vorschriften über die Ausfuhr verstösst (Art. 19 Bst. d);

f.

Vorschriften betreffend Schadstoffe in Innenräumen missachtet und dadurch wissentlich das Leben oder die Gesundheit anderer Menschen gefährdet (Art. 20 Abs. 1 und 2);

g.

ohne Berechtigung mit gefährlichen Stoffen oder Zubereitungen umgeht (Art. 25 Abs. 1);

h.

gefährliche Stoffe oder Zubereitungen an Unberechtigte abgibt (Art. 19 Bst.

a und Art. 25 Abs. 1);

i.

die Schweigepflicht verletzt (Art. 30 Abs. 4, Art. 43 und Art. 44);

855

Chemikaliengesetz

j.

gegen Massnahmen verstösst, die in Anwendung der Schutzklausel angeordnet worden sind (Art. 41).

4

Die Strafe ist Gefängnis bis zu fünf Jahren oder Busse bis zu 100 000 Franken, wenn durch Vergehen nach Absatz 3 Menschen in schwere Gefahr gebracht werden.

5

Handelt der Täter oder die Täterin fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis bis zu einem Jahr oder Busse bis 100 000 Franken für Vergehen nach Absatz 1 beziehungsweise Gefängnis bis zu sechs Monaten oder Busse für Vergehen nach Absatz 3.

Art. 50 1

2

Übertretungen

Mit Haft oder Busse bis 20 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich: a.

Vorschriften über die Selbstkontrolle verletzt (Art. 5);

b.

die Sorgfaltspflicht beim Umgang mit Stoffen oder Zubereitungen verletzt (Art. 8, Art. 22, Art. 24 und Art. 26 Abs. 1);

c.

Meldungen über Stoffe und Zubereitungen nicht erstattet oder falsche Angaben macht (Art. 18);

d.

die Deklarationspflicht für giftige Pflanzen und Tiere verletzt (Art. 19 Bst. f);

e.

Vorschriften betreffend Schadstoffe in Innenräumen missachtet (Art. 20 Abs. 1 und 2);

f.

Vorschriften über die Werbung missachtet (Art. 21);

g.

die Rücknahme gefährlicher Stoffe oder Zubereitungen verweigert (Art. 23 Abs. 1);

h.

die Mitteilungspflicht gegenüber kantonalen Vollzugsbehörden verletzt (Art.

26 Abs. 2);

i.

die Auskunftspflicht verletzt oder den Vollzugsbehörden unrichtige Angaben macht (Art. 42 Abs. 2);

j.

gegen eine unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn oder sie gerichtete Verfügung verstösst.

Handelt die Täterin oder der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse.

3

Soweit nicht eine strafbare Handlung nach Absatz 1 oder Artikel 49 vorliegt, kann der Bundesrat Widerhandlungen gegen seine Ausführungsbestimmungen mit Haft oder Busse bis 20 000 Franken bei vorsätzlicher Begehung beziehungsweise mit Busse bei fahrlässiger Begehung bedrohen.

4

Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

5

In besonders leichten Fällen kann auf Strafverfolgung und Bestrafung verzichtet werden.

6 Eine Übertretung verjährt in zwei Jahren, die Strafe einer Übertretung in fünf Jahren.

856

Chemikaliengesetz

Art. 51

Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben

Die Artikel 6 und 7 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes8 gelten für strafbare Handlungen nach diesem Gesetz.

Art. 52

Strafverfolgung und Strafanzeige

1

Verfolgung und Beurteilung strafbarer Handlungen sind Sache der Kantone. Das für die Aufsicht des Bundes zuständige Bundesamt kann die kantonalen Behörden verpflichten, ein Verfahren einzuleiten und durchzuführen.

2

Besteht hinreichender Verdacht, dass im Vollzugsbereich des Bundes eine strafbare Handlung begangen worden ist, zeigt das zuständige Bundesamt dies der kantonalen Behörde an; in besonders leichten Fällen kann auf die Strafanzeige verzichtet werden.

8. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 53

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

Bisheriges Recht wird gemäss Anhang aufgehoben oder geändert.

Art. 54

Übergangsbestimmungen

1

Die Daten, die nach bisherigem Recht von der toxikologischen Dokumentationsstelle (Art. 18 des Giftgesetzes vom 21. März 19699) erhoben worden sind, insbesondere diejenigen der Giftliste (Art. 4 des Giftgesetzes), dürfen in das Produkteregister (Art. 28) übernommen und weiterverwendet werden, soweit sie für den Vollzug dieses Gesetzes von Bedeutung sind.

2

Stoffe und Zubereitungen, die nach bisherigem Recht verpackt und gekennzeichnet sind, dürfen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes von der Herstellerin noch während eines Jahres im Inland in Verkehr gebracht und während zwei Jahren an die Endverbraucherin oder den Endverbraucher abgegeben werden. Für diese Stoffe und Zubereitungen richtet sich die Bereitstellung und Abgabe von Sicherheitsdatenblättern nach dem bisherigen Recht.

3

Für anmelde- oder zulassungspflichtige Stoffe und Zubereitungen, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits im Verkehr sind, legt der Bundesrat ein erleichtertes Anmelde- oder Zulassungsverfahren fest. Gleichzeitig sieht er für diese Fälle eine angemessene Verlängerung der Fristen nach Absatz 2 vor.

4

Verfahren über die Zulassung von Stoffen und Zubereitungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängig sind, werden von der nach diesem Gesetz zuständigen Bundesstelle nach den Bestimmungen dieses Gesetzes weitergeführt und abgeschlossen.

8 9

SR 313.0 AS 1972 430

857

Chemikaliengesetz

5

Der Bundesrat bestimmt, wie weit und bis zu welchem Zeitpunkt die nach bisherigem Recht erteilten Bewilligungen für den Verkehr mit Giften dazu berechtigen, mit gefährlichen Stoffen und Zubereitungen umzugehen.

Art. 55

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

10677

858

Chemikaliengesetz

Anhang (Art. 53)

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts 1. Das Giftgesetz vom 21. März 196910 wird aufgehoben.

2. Das Zollgesetz11 wird wie folgt geändert: Art. 109 Abs. 1 Bst. f (neu) 1

Beschwerdeinstanzen sind: f.

die Rekurskommission für Chemikalien für Verfügungen der Zollämter über umweltgefährdende Stoffe nach dem Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 198312 (Art. 26­29).

3. Das Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 198313 wird wie folgt geändert: Art. 7 Abs. 5 5

Stoffe sind natürliche oder durch ein Produktionsverfahren hergestellte chemische Elemente und deren Verbindungen. Ihnen gleichgestellt sind Zubereitungen (Gemenge, Gemische, Lösungen) und Gegenstände, die solche Stoffe enthalten.

Art. 7 Abs. 6 ter 6ter Als Umgang gilt jede Tätigkeit im Zusammenhang mit Stoffen, Organismen oder Abfällen, insbesondere das Herstellen, Einführen, Ausführen, Inverkehrbringen, Verwenden, Lagern, Transportieren oder Entsorgen.

Art. 27 Abs. 2 2

Der Bundesrat erlässt Vorschriften über Art, Inhalt und Umfang der Information der Abnehmer.

Art. 39 Abs. 1 bis (neu), Abs. 2 Bst. a bis (neu) und Abs. 3 erster Satz

1bis

Er kann dabei international harmonisierte technische Vorschriften und Normen für anwendbar erklären und:

10 11 12 13

AS 1972 430, 1977 2249, 1982 1676, 1984 1122, 1985 660, 1991 362, 1997 1155, 1998 3033 SR 631.0 SR 814.01 SR 814.01

859

Chemikaliengesetz

2

a.

das zuständige Bundesamt ermächtigen, untergeordnete Änderungen dieser Vorschriften und Normen für anwendbar zu erklären;

b.

vorsehen, dass die für anwendbar erklärten Vorschriften und Normen auf besondere Art veröffentlicht werden und dass auf die Übersetzung in die Amtssprachen verzichtet wird.

Er kann völkerrechtliche Vereinbarungen abschliessen über: abis. umweltgefährdende Stoffe (Art. 26­29);

3

Vor Erlass der Verordnungen und bei der Vorbereitung völkerrechtlicher Vereinbarungen hört er die Kantone und die interessierten Kreise an; für umweltgefährdende Stoffe gelten die allgemeinen Vorschriften über das Vernehmlassungsverfahren. ...

Art. 44 Abs. 3

3

Er bestimmt, welche Angaben, die auf Grund der Chemikalien-, Lebensmittel-, Heilmittel-, Landwirtschafts-, Epidemien- und Tierseuchengesetzgebung über Stoffe und Organismen erhoben werden, dem Bundesamt zur Verfügung zu stellen sind.

Art. 47 Abs. 4

4

Vertrauliche Informationen, die beim Vollzug dieses Gesetzes erhoben werden, dürfen an ausländische Behörden und internationale Organisationen nur dann weitergegeben werden, wenn eine völkerrechtliche Vereinbarung, Beschlüsse internationaler Organisationen oder ein Bundesgesetz dies bestimmen. Der Bundesrat regelt die Zuständigkeiten und das Verfahren.

Art. 54 Abs. 2 und Abs. 3 (neu)

2

Vorbehalten bleiben abweichende Verfahrensvorschriften, die auf Beschwerden gegen Entscheide nach Artikel 41 Absätze 2 und 3 anwendbar sind. Erstinstanzliche Rechtsmittelbehörden hören vor ihrem Entscheid das Bundesamt an.

3

Gegen Verfügungen des Bundesamtes über umweltgefährdende Stoffe (Art. 26­ 29) kann bei der Rekurskommission für Chemikalien Beschwerde geführt werden.

4. Das Epidemiengesetz vom 18. Dezember 197014 wird wie folgt geändert:

Art. 31 Aufgehoben

14

860

SR 818.101

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5. Das Landwirtschaftsgesetz vom 28. April 199815 wird wie folgt geändert: Art. 166 Abs. 2 bis (neu) 2bis Verfügungen von Bundesbehörden nach Absatz 2, welche die Einfuhr, Ausfuhr oder das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln betreffen, unterliegen der Beschwerde an die Rekurskommission für Chemikalien. Die am vorinstanzlichen Verfahren beteiligten Beurteilungsstellen werden zum Schriftenwechsel nach Artikel 57 des Verwaltungsverfahrensgesetzes16 eingeladen.

6. Das Sprengstoffgesetz vom 25. März 197717 wird wie folgt geändert: Art. 1 Abs. 3 3

Die eidgenössischen Bestimmungen über das Kriegsmaterial und über den Schutz vor gefährlichen Stoffen und Zubereitungen bleiben vorbehalten, soweit dieses Gesetz oder eine Ausführungsverordnung keine besonderen Vorschriften aufstellt.

Art. 40 Abs. 4 4

Die Strafbestimmungen dieses Gesetzes gehen den Artikeln 49 und 50 des Chemikaliengesetzes vom ...18 und den Artikeln 112 und 113 des Unfallversicherungsgesetzes19 vor.

10677

15 16 17 18 19

SR 910.1 SR 172.021 SR 941.41 SR ...; AS... (BBl 2000 687) SR 832.20

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