11.2.5

Botschaft über die Genehmigung der Veterinärabkommen mit Norwegen und mit Neuseeland vom 12. Januar 2011

11.2.5.1

Grundlagen und Überblick zu den Abkommen

Inhalt dieser Botschaft sind zwei Abkommen im Veterinärbereich, eines mit Norwegen und eines mit Neuseeland. Die Abkommen verankern die Gleichwertigkeit der veterinärrechtlichen Vorschriften der Vertragsstaaten. Dadurch sollen für Schweizer Importeure und Exporteure Wettbewerbsnachteile beseitigt und Handelserleichterungen bewirkt werden. Die beiden Abkommen gehen inhaltlich nicht über den Veterinäranhang des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) hinaus.

Ausgangslage Am 1. Juni 2002 ist das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft (heute: EU) über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen1 (Landwirtschaftsabkommen) in Kraft getreten. In Anhang 11 («Veterinäranhang») anerkennen die Schweiz und die EU, dass sie über gleichwertige veterinärhygienische und tierzüchterischen Vorschriften im Handel mit lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen verfügen. Norwegen ist über das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum2 (EWR-Abkommen) in einen gemeinsamen Veterinärraum integriert. Anhang I des EWR-Abkommens legt die massgebenden veterinärhygienischen Vorschriften fest. Im Jahr 2003 trat das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft (heute: EU) und Neuseeland über veterinärhygienische Massnahmen im Handel mit lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen3 in Kraft, welches ebenfalls entsprechende Regelungen enthält.

Zwischen der Schweiz, Norwegen, Neuseeland und der EU bestehen somit vergleichbare veterinärrechtliche Bestimmungen. Technische Handelsrestriktionen im Veterinärbereich sind im gegenseitigen Handel nicht gerechtfertigt und sollen durch die gegenseitige Anerkennung der veterinärhygienischen Bestimmungen in den Bereichen Tiergesundheit und Lebensmittel tierischer Herkunft beseitigt werden.

Aufgrund des EWR-Abkommens, des Abkommens zwischen Neuseeland und der EU sowie des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und der EU sind die Importeure und Exporteure aus der EU im Handel mit lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen besser gestellt. Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich Norwegen über veterinärhygienische Massnahmen im Handel mit lebenden Tieren, deren Sperma, Eizellen und Embryonen sowie mit tierischen Erzeugnissen (Abkommen Schweiz­Norwegen)
und das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Neuseeland über veterinärhygienische Massnahmen im Handel mit lebenden Tieren und tierischen 1 2 3

SR 0.916.026.81 ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 3 ABl. L 57 vom 26. 2.1997, S. 5

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Erzeugnissen (Abkommen Schweiz­Neuseeland) beseitigen die Wettbewerbsnachteile der schweizerischen Lebensmittelindustrie und ermöglichen gleiche Bedingungen im gegenseitigen Handel.

Verhandlungsverlauf Die Verhandlungen mit Norwegen konzentrierten sich darauf, den gegenseitigen Marktzugang sicherzustellen und Transitsendungen aus Drittstaaten zu regeln. Das Abkommen wurde am 11. November 2010 in Oslo unterzeichnet.

Mit Neuseeland galt es einen verbesserten Marktzugang für Schweizer Produkte tierischen Ursprungs auszuhandeln. Insbesondere für Schweizer Rohmilchkäse konnten nichttarifäre Handelshemmnisse beseitigt werden. Das Abkommen wurde am 17. November 2010 in Wellington unterzeichnet.

11.2.5.2

Inhalt der Abkommen

Bei den beiden Abkommen handelt es sich um sogenannte Trilateralisierungsabkommen. Die Schweiz wie auch Norwegen und Neuseeland haben mit der EU ein Abkommen über veterinärhygienische Massnahmen im Handel mit lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen geschlossen. Die darin verankerten Bestimmungen sollen durch die vorliegenden Abkommen gegenseitig als gleichwertig anerkannt werden. Die Abkommen enthalten keine weitergehenden Bestimmungen, als dies im Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und der EU bereits vereinbart wurde.

Zweck der Abkommen Artikel 1 beider Abkommen umschreibt deren Zielsetzung. Es soll der Handel mit lebenden Tieren sowie mit tierischen Erzeugnissen zwischen der Schweiz und Norwegen bzw. zwischen der Schweiz und Neuseeland durch eine Regelung über die Anerkennung der Gleichwertigkeit der von den Parteien praktizierten veterinärhygienischen Massnahmen erleichtert werden. Gleichzeitig sollen auch die Kommunikation und die Kooperation bei veterinärhygienischen Massnahmen verbessert werden.

Geltungsbereich In beiden Abkommen ist in Artikel 4 in Verbindung mit Anhang 1 der Geltungsbereich definiert. Dieser beschränkt sich beim Abkommen Schweiz­Norwegen auf den Inhalt des Veterinäranhangs des Landwirtschaftsabkommens sowie Anhang I des EWR-Abkommens, beim Abkommen Schweiz­Neuseeland auf die Bestimmungen im Abkommen selbst. Es ist damit sichergestellt, dass Schweizer Exporteure im Verkehr mit Norwegen und Neuseeland von den gleichen Handelserleichterungen profitieren wie ihre europäischen Mitbewerber. Die Schweiz geht gegenüber Norwegen und Neuseeland keine weitergehenden Verpflichtungen als gegenüber der EU ein.

Anerkennung der Gleichwertigkeit Die Artikel 7 und 8 beider Abkommen legen die Voraussetzungen der Gleichwertigkeit bzw. das Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit in den Bereichen Tiergesundheit und Lebensmittel tierischer Herkunft fest.

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Nach Artikel 9 des Abkommens Schweiz­Norwegen anerkennen die Parteien die veterinärhygienischen Massnahmen gemäss Anhang 11 des Landwirtschaftsabkommens und Anhang I des EWR-Abkommens als gleichwertig. Im Abkommen Schweiz­Neuseeland sind in Anhang IV die Bereiche aufgeführt, für welche die jeweiligen veterinärhygienischen Massnahmen als äquivalent anerkannt sind (vgl.

Art. 9). Zwischen der Schweiz und Norwegen bzw. Neuseeland gelten dadurch die gleichen Handelsbedingungen wie zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Artikel 11 des Abkommens Schweiz­Norwegen hält dies ausdrücklich fest.

Transitregelung mit Norwegen Der Bundesrat hatte das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement am 8. Juni 2007 beauftragt, mit Norwegen eine Transitregelung für Waren aus NichtEU-Mitgliedstaaten (sog. Drittstaaten) auszuhandeln. Artikel 12 des Abkommens Schweiz­Norwegen sieht entsprechend vor, dass Waren aus Drittstaaten, die nach Norwegen oder in die Schweiz verbracht werden, beim ersten Eintreffen in einem der beiden Vertragsstaaten veterinärtechnisch kontrolliert werden.

Gemeinsamer Verwaltungsausschuss Artikel 16 des Abkommens Schweiz­Norwegen bzw. Artikel 15 des Abkommens Schweiz­Neuseeland sieht ­ analog zum Gemischten Veterinärausschuss (GVA) im Landwirtschaftsabkommen ­ einen Verwaltungsausschuss vor, der die Anhänge der Abkommen ändern kann. Die Erfahrungen der Schweiz mit dem GVA sind durchwegs positiv. Die Einsetzung eines Verwaltungsausschusses ermöglicht bei gegebenen Umständen (z.B. Ausbruch einer Tierseuche) ein rasches und lösungsorientiertes Vorgehen, sodass die Tiergesundheit und Produktsicherheit grenzüberschreitend gewährleistet bleibt. Artikel 17 des Abkommens Schweiz­Norwegen sieht zudem die Einsetzung eines Schiedsgerichts zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien vor.

Informationsaustausch und Überprüfung Der gegenseitige Informationsaustausch (Art. 14 Abkommen Schweiz­Norwegen bzw. Art. 13 Abkommen Schweiz­Neuseeland) sowie die Möglichkeit zur gegenseitigen Überprüfung und Bewertung der jeweiligen Kontrollsysteme (Art. 10) sollen das gegenseitige Vertrauen festigen und langfristig stabile Handelsbeziehungen ermöglichen.

Schutzklausel und Kündbarkeit Nach Artikel 15 des Abkommens Schweiz­Norwegen bzw. Artikel 14 des Abkommens Schweiz­Neuseeland dürfen die Parteien bei einer
ernsten Bedrohungslage für die Gesundheit von Mensch und Tier vorübergehend und unter unmittelbarer Bekanntgabe an die andere Partei Massnahmen zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier treffen.

Die Parteien können das jeweilige Abkommen unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist kündigen (Art. 20 Abkommen Schweiz­Norwegen bzw.

Art. 18 Abkommen Schweiz­Neuseeland).

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Inkrafttreten Die Abkommen treten am jeweils ersten Tag des zweiten Monats in Kraft, der auf den Zeitpunkt der letzten Notifizierung der innerstaatlichen Genehmigung des entsprechenden Abkommens folgt (Art. 19 des Abkommens Schweiz­Norwegen bzw. Art. 18 des Abkommens Schweiz­Neuseeland).

11.2.5.3

Wirtschaftliche, finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Abkommen mit Norwegen und Neuseeland lösen keine zusätzlichen finanziellen Belastungen für den Bund oder die Kantone aus. Sie enthalten keine Bestimmungen, die direkte Auswirkungen auf die Verwaltung und die Wirtschaft haben. Vielmehr bieten sie Schweizer Unternehmen zusätzliche Rechtssicherheit im Handel mit den beiden Staaten. Für die Schweiz eröffnen sich neue Handelsmöglichkeiten für den Export von Rohmilchprodukten nach Neuseeland (Rohmilchkäse), und die bestehenden Ausfuhren von Milch und Milchprodukten nach Norwegen können langfristig gesichert werden.

11.2.5.4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 23. Januar 20084 zur Legislaturplanung 2007­2011 unter Leitlinie 1 «Den Wirtschaftsstandort Schweiz stärken» angekündigt.

11.2.5.5

Rechtliche Aspekte

Bezug zur Welthandelsorganisation (WTO) und zum europäischen Recht Die beiden Abkommen stehen in Einklang mit den WTO-Verpflichtungen der Schweiz. Sie stehen weder zu den staatsvertraglichen Verpflichtungen noch zu den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz im Widerspruch.

Gültigkeit für das Fürstentum Liechtenstein sowie für Büsingen und Campione Die Abkommen gelten auch für die Zollanschlussgebiete Büsingen5 und Campione sowie für Liechtenstein (Art. 18 Abkommen Schweiz­Norwegen bzw. Art. 16 Abkommen Schweiz­Neuseeland). Der Einbezug von Liechtenstein erfolgt im Einvernehmen und gestützt auf den Zollvertrag zwischen der Schweiz und Liech-

4 5

BBl 2008 818 Vgl. Vertrag vom 23. November 1964 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Einbeziehung der Gemeinde Büsingen am Hochrhein in das schweizerische Zollgebiet, SR 0.631.112.136

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tenstein6; er steht in Einklang mit dem Zusatzabkommen zum Landwirtschaftsabkommen Schweiz­EG7.

Verfassungsmässigkeit Die Zuständigkeit des Bundes für den Abschluss der vorliegenden Abkommen ergibt sich aus Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung8 (BV), wonach die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes sind. Der Bundesrat unterzeichnet und ratifiziert die völkerrechtlichen Verträge und unterbreitet diese der Bundesversammlung zur Genehmigung (Art. 184 Abs. 2 BV). Gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen Sache der Bundesversammlung.

Ausgenommen sind dabei die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (vgl. Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19979 und Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200210).

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen sowie solche, die wichtige rechtsetzende Bestimmung enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Beide Abkommen können unter Einhaltung einer je sechsmonatigen Kündigungsfrist jederzeit gekündigt werden (Art. 20 Abs. 2 Abkommen Schweiz­Norwegen bzw. Art. 18 Abs. 5 Abkommen Schweiz-Neuseeland). Es liegt kein Beitritt zu einer internationalen Organisation vor.

Die Abkommen enthalten keine wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen im Sinne von Artikel 164 Absatz 1 BV. Mit den Abkommen wird das Prinzip der Anerkennung bzw. der Gleichwertigkeit der jeweiligen veterinärhygienischen Massnahmen verankert. Die Verpflichtungen aus den Abkommen bewegen sich im Rahmen des Veterinäranhangs des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und der EU. Sie beschlagen den gleichen Gegenstand und sind inhaltlich analog ausgestaltet.

Allerdings betreffen die Abkommen im Gegensatz zum Landwirtschaftsabkommen nicht eine ganze Staatengemeinschaft, sondern lediglich je einen einzelnen Staat. Sie sind somit politisch, rechtlich und wirtschaftlich von bedeutend geringerem Gewicht als das Landwirtschaftsabkommen mit der EU. Die Abkommen enthalten keine weitergehenden Bestimmungen, als dies im Landwirtschaftsabkommen
mit der EU bereits vereinbart wurde. Für die Umsetzung der Abkommen sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe nötig. Sie können im Rahmen der Verordnungskompetenz, welche das Lebensmittelgesetzes vom 9. Oktober 199211 und das Tierseuchengesetz vom 1. Juli 196612 dem Bundesrat betreffend die veterinärhygienischen Vorschriften 6 7

8 9 10 11 12

Vertrag vom 29. März 1923 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet, SR 0.631.112.514 Zusatzabkommen vom 27. September 2007 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, dem Fürstentum Liechtenstein und der Europäischen Gemeinschaft über die Einbeziehung des Fürstentums Liechtenstein in das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, SR 0.916.026.812 SR 101 SR 172.010 SR 171.10 SR 817.0 SR 916.40

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bei der Ein-, Durch- und Ausfuhr von lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen einräumt, umgesetzt werden. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung der Abkommen ist somit nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV zu unterstellen.

Vernehmlassung Da keine wesentlichen Interessen der Kantone betroffen sind, konnte auf die Durchführung einer Vernehmlassung verzichtet werden (Art. 3 Abs. 1 und 2 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200513).

Veröffentlichung von Anhang IV des Abkommens Schweiz­Neuseeland Anhang IV des Abkommens Schweiz­Neuseeland umfasst rund achtzig Seiten und ist rein administrativ-technischer Natur. In diesem Anhang wird tabellarisch aufgeführt, für welche Tiere und tierischen Produkte die Schweiz und Neuseeland über gleichwertige veterinärhygienische Vorschriften verfügen. Die Tabelle richtet sich ausschliesslich an die Veterinärbehörden der Schweiz und Neuseeland, die daraus die administrativen und legislatorischen Massnahmen ableiten können, um die Gleichwertigkeit der jeweiligen nationalen Vorschriften zu gewährleisten. Nach den Artikeln 5 und 13 Absatz 3 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200414 sowie Artikel 9 Absatz 2 der Publikationsverordnung vom 17. November 200415 kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Der Anhang kann beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Vertrieb Publikationen, 3003 Bern16 bezogen werden.

13 14 15 16

SR 172.061 SR 170.512 SR 170.512.1 http://www.bundespublikationen.admin.ch/de.html

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