00.071 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Verbesserung der Wohnverhältnisse in Berggebieten vom 6. September 2000
Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zum Bundesgesetz über die Verbesserung der Wohnverhältnisse in Berggebieten mit dem Antrag auf Zustimmung. Gleichzeitig beantragen wir folgende parlamentarische Vorstösse abzuschreiben: 1999
M
99.3405
Wohnbausanierung im Berggebiet (N 31.08.99, Oehrli)
1999
M
99.3409
Wohnbausanierung im Berggebiet (N 31.08.99, Wittenwiler)
1999
M
99.3418
Wohnbausanierung im Berggebiet (S 31.08.99, Maissen)
Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
6. September 2000
Im Namen des Schweizerischen Bundesrates
11085
Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz
2000-1853
4969
Botschaft 1
Allgemeiner Teil
1.1
Ausgangslage
Die eidgenössischen Räte haben am 20. März 1970 das Bundesgesetz über die Verbesserung der Wohnverhältnisse in Berggebieten (WS; SR 844) erlassen. Am 5. Oktober 1990 wurde das Gesetz letztmalig revidiert und die Periode für die Zusicherung von Finanzhilfen bis zum 31. Dezember 2000 verlängert.
Seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Verbesserung der Wohnverhältnisse in Berggebieten am 1. Januar 1971 sind bis zum 31. Dezember 1999 Finanzhilfen von insgesamt 427,7 Millionen Franken für 21 735 Wohneinheiten zugesichert worden. Allein von 1990 bis Ende 1999 waren es 6 580 Wohneinheiten bzw. 162,4 Millionen Franken. Der Anteil des Bundes an den in den Neunzigerjahren insgesamt gewährten Finanzhilfen beträgt gut die Hälfte (siehe Grafiken 1, 2 und 3 im Anhang).
Die Finanzhilfen für die Verbesserung der Wohnverhältnisse in Berggebieten werden über einen Jahreszusicherungskredit gesteuert. Seit 1997 wurden sowohl der Jahreszusicherungs- wie auch der Zahlungskredit kontinuierlich gekürzt. Sie betrugen 1999 noch 5 Millionen Franken für Zusicherungen und 6,6 Millionen Franken für Zahlungen (siehe Grafiken 4 und 5 im Anhang).
Die offenen Verpflichtungen beliefen sich am 31. Dezember 1999 auf rund 22,7 Millionen Franken. Dazu kommen die Zusicherungen für das Jahr 2000 in Höhe von 5 Millionen Franken. Es ist vorgesehen, den Verpflichtungsbetrag von total 27,7 Millionen Franken in den Jahren 2000 bis 2002 auf Null abzubauen. Zu diesem Zweck sind im Voranschlag 2000 9 Millionen Franken, im Finanzplan 2001 ebenfalls 9 Millionen Franken und im Finanzplan 2002 9,7 Millionen Franken eingestellt.
Das WS stellt eine wirksame Massnahme zu Gunsten der Bergbevölkerung dar. Zu diesem Schluss kam eine 1998 abgeschlossene Evaluation1. Die Zielgruppe wurde erreicht. Bei den Nutzniessern handelt es sich um einkommensschwache, meist grössere Haushalte, die mehrheitlich in der Landwirtschaft tätig sind. Mit der Unterstützung von Wohnungs- und Hauserneuerungen oder Ersatzneubauten konnte die Wohnqualität erheblich verbessert werden. Das WS trägt damit zur Verminderung der Abwanderung der Bevölkerung ins Talgebiet bei und dient der Erhaltung der dezentralen Besiedelung. Die Hilfe gibt regional auch beträchtliche Impulse. Die Erneuerungen geben dem einheimischen Handel und Gewerbe willkommene Verdienstmöglichkeiten. Für die nächsten zehn Jahre besteht laut Evaluation ein Sanierungsbedarf von rund 9000 Wohneinheiten.
1
www.bwo.admin.ch.; Publikationen/Forschungsberichte
4970
1.2
Gründe für die Änderung des Gesetzes
Die Frist zur Gewährung von Finanzhilfen läuft am 31. Dezember 2000 ab. Der Neue Finanzausgleich (NFA) sieht vor, diese Aufgabe auf die Kantone zu übertragen.
Der Bundesrat wollte daher von einer Verlängerung des WS absehen, zumal zu diesem Zweck auf Mittel des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes (WEG) zurückgegriffen werden könnte. Demgegenüber verlangen die von den eidgenössischen Räten überwiesenen Motionen vom 31. August 1999 von Nationalrat Fritz Abraham Oehrli, Nationalrätin Milli Wittenwiler und Ständerat Theo Maissen eine Fortführung der Hilfe bis zum Inkrafttreten des NFA. Dieser Forderung kommt der Bundesrat mit dieser Botschaft nach und beantragt, die Kompetenz für die Gewährung von Finanzhilfen bis zum integralen Inkrafttreten des NFA (d.h. erstes und zweites Paket), längstens aber bis 31. Dezember 2005 zu verlängern. Es ist somit vorgesehen, die Zusicherung von Finanzhilfen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des NFA einzustellen. Am bisherigen Konzept des Gesetzes wird nichts geändert.
1.3
Ergebnis der Vernehmlassung
Um das Verfahren zu beschleunigen und keinen zu grossen Unterbruch in der Gewährung von Finanzhilfen entstehen zu lassen, hat das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement am 28. Juni 2000 eine konferenzielle Vernehmlassung bei den Kantonen und den interessierten Organisationen durchgeführt.
Die an der Konferenz vertretenen Kantone und Organisationen haben ihr Einverständnis mit der Weiterführung des WS erklärt. Die Kantone Zürich und Tessin haben schriftlich zugestimmt. Gegen eine Weiterführung hat sich in einer schriftlichen Stellungnahme der Kanton Schwyz ausgesprochen. Bis auf den Kanton Bern haben zudem alle vertretenen Kantone bestätigt, entsprechend dem vorgesehenen Bundesbeitrag ihren Leistungsanteil erbringen zu können. Von Seiten der Kantone und der Organisationen wurde aber eine Verdeutlichung dahin gehend gewünscht, dass der Sanierungsbedarf mit den vorgeschlagenen Krediten bei weitem nicht gedeckt werden kann. Im Weiteren haben sich fast alle der vertretenen Kantone und alle Verbände dafür ausgesprochen, für die Befristung der Verlängerung allein auf die Inkraftsetzung des NFA abzustellen.
2
Besonderer Teil
Die Gesetzesänderung betrifft lediglich Artikel 21. Dieser lautet neu wie folgt: «Finanzhilfen nach diesem Gesetz können bis zum Inkrafttreten des Neuen Finanzausgleiches, längstens aber bis zum 31. Dezember 2005, zugesichert werden.» Eine Weiterführung der Finanzhilfen im Ausmass der vergangenen drei Jahre würde die jährliche Erneuerung von rund 200 Wohneinheiten erlauben. Damit können aber nicht einmal die dringendsten Sanierungsbedürfnisse abgedeckt werden, besteht doch gemäss der Evaluationsstudie ein Sanierungsbedarf von rund 900 Einheiten pro Jahr. Auch wenn sich die maximalen Ansprüche aus finanziellen Gründen nicht befriedigen lassen, sollte im Interesse einer sinnvollen Fortsetzung der Hilfe ein bestimmtes Förderungsvolumen nicht unterschritten werden. Im heutigen Umfang, der 4971
im Hinblick auf das Auslaufen der Hilfe stark reduziert wurde, hat ein weiteres Engagement keinen Sinn mehr. Um eine bedarfsgerechtere Ausrichtung der Finanzhilfe zu erreichen, wird daher die Sanierung von jährlich 300 bis 400 Wohnungen angestrebt.
3
Auswirkungen
3.1
Finanzielle und personelle Auswirkungen
3.1.1
Auf den Bund
Ausgehend von einem Förderungsvolumen zwischen 300 und 400 Wohneinheiten pro Jahr sieht der Bundesrat jährliche Zusicherungskredite von 8 Millionen Franken vor.
Das Bundesamt für Wohnungswesen hat das Personal für die Behandlung der WSFinanzhilfen im Laufe der letzten Jahre bis auf eine halbe Stelle abgebaut. Für die Weiterführung der WS-Finanzhilfen auf dem höheren Niveau ist deshalb eine gewisse personelle Verstärkung nötig, doch wird diesem Zusatzbedarf im Rahmen der Ressourcenplanung des Departements ohne Mehrausgaben Rechnung getragen.
3.1.2
Auf die Kantone
Die Ausrichtung der Bundeshilfe ist an die finanzielle Mitwirkung der Kantone gekoppelt. Sofern die Kantone die Hilfe beanspruchen, werden sich deren Aufwendungen je nach Finanzkraft ebenfalls erhöhen.
3.2
Volkswirtschaftliche Auswirkungen
Das WS gehört zu den regionalpolitischen Förderungsinstrumenten. Die Hilfe führt bei den einkommensschwachen Nutzniessern zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen, die im Einzelfall für das persönliche Wohlergehen ausschlaggebend sein kann. Die Hilfe löst zudem kleinräumig nicht zu vernachlässigende Investitionen aus, von denen vor allem das lokale Gewerbe profitiert. Auf Grund des kleinen Förderungsvolumens und der zeitlichen Befristung sind aus der Gesetzesänderung jedoch keine messbaren gesamtwirtschaftlichen Wirkungen zu erwarten. So sollen auch gemäss NFA die Kantone diese Aufgabe in Zukunft ohne den Bund bewältigen. Der Vollzug der Hilfe ist laut Evaluation einfach und zweckmässig. Er ermöglicht Anpassungen an regionale Eigenheiten und an die spezifischen Bedürfnisse der Nutzniesser. Daran soll nichts geändert werden.
4
Legislaturplanung
Die Vorlage ist als weiteres Geschäft in der Legislaturplanung 19992003 enthalten (Anhang II, Regionaler Ausgleich; BBl 2000 2337).
4972
5
Verhältnis zum europäischen Recht
Die Vorlage ist mit dem Recht der Europäischen Union kompatibel. In der Europäischen Union ist die Gesetzgebung über das Wohnungswesen zudem eine Angelegenheit der einzelnen Staaten.
6
Rechtliche Grundlage
Das Bundesgesetz und die beantragte Änderung stützen sich auf Artikel 108 der Bundesverfassung. Danach fördert der Bund den Wohnungsbau, den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum, das dem Eigenbedarf Privater dient, sowie die Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Er berücksichtigt dabei namentlich die Interessen von Familien, Betagten, Bedürftigen und Behinderten.
4973
Anhang Grafik 1: Prozentuale Anteile der von Bund, Kantonen, Gemeinden und Dritten von 1990 bis 1999 gewährten Finanzhilfen
8%
6% Bund Kanton Gemeinden
51%
35%
Dritte
Grafik 2: Verteilung der vom Bund geleisteten Finanzhilfen auf die Kantone 1990 bis 1999 F r.3 0 '0 0 0 '0 0 0
F r.2 5 '0 0 0 '0 0 0
F r.2 0 '0 0 0 '0 0 0
F r.1 5 '0 0 0 '0 0 0
F r.1 0 '0 0 0 '0 0 0
F r.5 '0 0 0 '0 0 0
4974
ZH
VS
ZG
VD
TI
UR
SZ
TG
SO
SG
OW
NE
NW
JU
LU
GL
GR
BL
FR
BE
AI
AR
AG
F r.0
Fr.14.999.653
Fr.15.001.253
1982
Fr.4.998.769 Fr.4.994.081 Fr.5.000.000
1998
1999
2000
Fr.12.986.987
Fr.17.621.907
1997
Fr.17.514.713
1996
Fr.18.507.701
1995
1994
Fr.22.000.000
Fr.20.900.016
1991
Fr.21.996.764
Fr.20.899.617
1990
1993
Fr.20.899.744
1989
1992
Fr.20.699.702
Fr.17.983.987
1988
1987
Fr.19.927.368
Fr.18.749.061
Fr.13.999.590
1985
1986
Fr.14.001.816
Fr.25.000.000
1984
ZH
ZG
VS
VD
UR
TI
TG
SZ
SO
SG
OW
NW
NE
LU
JU
GR
GL
FR
BL
BE
AR
AI
AG
0
1983
Fr.15.002.289
Fr.12.150.388
1981
1980
Fr.12.500.428
Fr.12.998.936
Fr.11.999.811
Fr.20.000.000
1979
1978
1977
1976
Fr.10.846.285
Fr.9.000.041
Fr.15.000.000
1975
Fr.8.998.747
Fr.7.995.625
Fr.7.499.024
1974
Fr.0
1973
1972
Fr.10.000.000
1971
Fr.3.997.781
Fr.5.000.000
1970
Grafik 3: Anzahl geförderte Wohneinheiten von 1990 bis 1999 1 6 0 0
1 4 0 0
1 2 0 0
1 0 0 0
8 0 0
6 0 0
4 0 0
2 0 0
Grafik 4: Zusicherungskredite des Bundes von 1971 bis 2000
4975
1970
4976 2000
1999
1998
1997
1996
1995
1994
1993
Fr.9.000.000
Fr.16.598.723
Fr.15.500.095
Fr.18.000.040
Fr.18.999.740
Fr.20.000.008
Fr.23.499.899
Fr.21.000.049
Fr.20.000.087
F r. 2 5 .0 0 0 .0 0 0
1992
Fr.20.000.016
Fr.16.800.092
Fr.18.134.591
Fr.15.242.011
Fr.13.713.600
1991
Fr.6.620.250
Fr.16.045.630 Fr.15.111.077
1990
1989
1988
1987
1986
1985
Fr.13.873.405
Fr.13.300.057
Fr.12.746.479
Fr.13.293.623
Fr.12.096.939
Fr.10.203.760
Fr.12.439.130
Fr.10.211.757
F r. 2 0 .0 0 0 .0 0 0
1984
1983
1982
1981
1980
1979
1978
1977
F r. 1 5 .0 0 0 .0 0 0
1976
Fr.8.033.571 Fr.7.956.607
1975
F r. 0 1974
Fr.6.999.958
Fr.5.499.982
Fr.3.498.406
F r. 1 0 .0 0 0 .0 0 0
1973
1972
Fr.2.272.794
F r. 5 .0 0 0 .0 0 0
1971
Grafik 5: Zahlungskredite des Bundes von 1971 bis 2000