11.027 Botschaft zur Ergänzung der am 18. Juni 2010 von der Schweizerischen Bundesversammlung genehmigten Doppelbesteuerungsabkommen vom 6. April 2011

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung die Entwürfe zu zehn Bundesbeschlüssen über Ergänzungen der am 18. Juni 2010 von der Bundesversammlung genehmigten Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Dänemark, Finnland, Frankreich, Katar, Luxemburg, Mexiko, Norwegen, Österreich, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

6. April 2011

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2011-0473

3749

Übersicht Mit den vorgeschlagenen Ergänzungen der zehn am 18. Juni 2010 von der Bundesversammlung genehmigten Doppelbesteuerungsabkommen soll gewährleistet werden, dass die Schweiz beim steuerlichen Informationsaustausch dem internationalen Standard entspricht.

Im Nachgang zu den Beschlüssen der G-20 im Zusammenhang mit der internationalen Finanzkrise entschied der Bundesrat am 13. März 2009, dass die Schweiz im Bereich des steuerlichen Informationsaustauschs den von der OECD entwickelten internationalen Standard übernimmt. Die Schweiz hat seither mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit einer entsprechenden Amtshilfebestimmung paraphiert oder bereits unterzeichnet. Zehn DBA wurden von der Bundesversammlung am 18. Juni 2010 genehmigt.

Das Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Global Forum) prüft derzeit den von den Staaten gewährten steuerlichen Informationsaustausch und insbesondere die Einhaltung dieses Standards (Peer Review).

Dabei hat sich gezeigt, dass die bisher von der Schweiz als angemessen betrachteten Anforderungen an ein Amtshilfegesuch gemäss den neun von der Bundesversammlung am 18. Juni 2010 genehmigten DBA mit Dänemark, Finnland, Frankreich, Katar, Luxemburg, Mexiko, Norwegen, Österreich und dem Vereinigten Königreich zu restriktiv sind. Diese DBA sind nur dann mit dem internationalen Standard vereinbar, wenn die darin enthaltenen Anforderungen an ein Amtshilfegesuch so ausgelegt werden, dass sie einen wirksamen Informationsaustausch nicht behindern.

Damit die neun DBA dem Standard entsprechen, schlägt der Bundesrat eine Ergänzung der mit diesen Staaten vereinbarten Amtshilfevoraussetzungen vor. Hierzu wird das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) ermächtigt, mit diesen Staaten bilateral eine Regelung zu vereinbaren, wonach die Anforderungen an ein Amtshilfegesuch einen wirksamen Informationsaustausch nicht behindern dürfen.

Gemäss den angepassten Amtshilfevoraussetzungen mit diesen Staaten und dem eine solche Regelung bereits enthaltenden, ebenfalls am 18. Juni 2010 genehmigten Protokoll mit den Vereinigten Staaten von Amerika soll einem Amtshilfeersuchen entsprochen werden, wenn dargelegt wird, dass es sich nicht um eine «fishing expedition» handelt und der ersuchende Staat: a.

die steuerpflichtige Person identifiziert, wobei diese Identifikation auch auf andere Weise als durch Angabe des Namens und der Adresse erfolgen kann; und

b.

den Namen und die Adresse des mutmasslichen Informationsinhabers angibt, soweit sie ihm bekannt sind.

Mit dieser Anpassung stellt die Schweiz sicher, dass diese zehn DBA dem internationalen Standard entsprechen und dass die Schweiz die Phase 1 des laufenden Peer Review durch das Global Forum bestehen kann.

3750

Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 1.1 Der internationale Standard im Bereich des steuerlichen Informationsaustauschs 1.2 Die Übernahme und Umsetzung dieses Standards durch die Schweiz 1.3 Die Überprüfung durch das Global Forum (Peer Review)

3753 3753 3754 3755

2 Erkenntnisse aus der Phase 1 des Peer Review 2.1 Allgemeine Bemerkungen 2.2 Änderung gegenüber dem geltenden Recht

3756 3756 3756

3 Massnahmen, um die Phase 1 des Peer Review bestehen zu können 3.1 Kürzlich unterzeichnete Abkommen, laufende und geplante Abkommensverhandlungen 3.2 Gegenwärtig bei der Bundesversammlung hängige Abkommen 3.3 Anpassungsbedarf bei den bereits von der Bundesversammlung genehmigten Abkommen

3758

4 Erläuterungen zu den Bundesbeschlüssen 4.1 Die Bundesbeschlüsse zu den Abkommen mit Dänemark, Finnland, Katar, Luxemburg, Mexiko, Norwegen, Österreich und dem Vereinigten Königreich 4.2 Der Bundesbeschluss zum Abkommen mit Frankreich 4.3 Der Bundesbeschluss zum Abkommen mit den USA

3761

3761 3761 3762

5 Auswirkungen 5.1 Auswirkungen auf Bund und Kantone 5.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 5.3 Andere Auswirkungen

3762 3762 3762 3763

6 Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungsmässigkeit und Referendum 6.2 Erlassform

3763 3763 3763

A Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Dänemark (Entwurf)

3765

B Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Finnland (Entwurf)

3767

C Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Frankreich (Entwurf)

3769

D Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich (Entwurf)

3771

3758 3758 3760

3751

E Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Katar (Entwurf)

3773

F Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Luxemburg (Entwurf)

3775

G Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Mexiko (Entwurf)

3777

H Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Norwegen (Entwurf)

3779

I J

Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Österreich (Entwurf)

3781

Bundesbeschluss über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika (Entwurf)

3783

3752

Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Der internationale Standard im Bereich des steuerlichen Informationsaustauschs

Rechtsquellen für den von der OECD entwickelten, internationalen Standard im Bereich der Amtshilfe sind Artikel 26 des Musterabkommens der OECD (OECDMusterabkommen) samt dem dazugehörenden Kommentar (Kommentar zum OECD-Musterabkommen), das Manual on Information Exchange der OECD von 2006 (Manual) sowie das Musterabkommen von 2002 für ein auf den Informationsaustausch beschränktes Abkommen (Tax Information Exchange Agreement/TIEAAbkommen) und der Kommentar dazu (TIEA-Kommentar). Auf den Informationsaustausch beschränkte Abkommen werden in der Regel mit Staaten abgeschlossen, die keine umfassende Besteuerung des Einkommens einer in ihrem Staatsgebiet ansässigen Person kennen.

Artikel 26 des OECD-Musterabkommens erlaubt verschiedene Formen des Informationsaustauschs (auf Anfrage, automatisch, spontan). Der internationale Standard verlangt indessen einzig den Informationsaustausch auf Anfrage. Auszutauschen sind die für die Anwendung eines Abkommens sowie für die Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden Staates voraussichtlich erheblichen Informationen, einschliesslich solcher, die von Banken oder Treuhändern gehalten werden, und zwar ungeachtet dessen, ob der ersuchte Staat an den verlangten Informationen ein eigenes steuerliches Interesse hat oder ob ein bestimmtes Verhalten im ersuchten Staat strafbar ist.

Im Kommentar zum OECD-Musterabkommen wie auch im TIEA-Kommentar wird ausdrücklich festgehalten, dass der Standard der «voraussichtlichen Erheblichkeit» bezweckt, einen möglichst weit gehenden Informationsaustausch in Steuersachen zu gewährleisten, ohne den Vertragsstaaten zu erlauben, «fishing expeditions» zu betreiben oder Informationen zu verlangen, deren Erheblichkeit hinsichtlich der Steuerbelange einer steuerpflichtigen Person unwahrscheinlich ist. Eine Definition der «fishing expedition» enthalten die beiden Kommentare indessen nicht. Einzig im Manual wird dieser Ausdruck umschrieben als «spekulative Begehren, betreffend Informationen, die keinen offensichtlichen Zusammenhang mit einer laufenden Untersuchung haben».

Weder Artikel 26 des OECD-Musterabkommens noch der Kommentar zum OECDMusterabkommen bestimmen, welche Angaben der ersuchende Staat in einem Amtshilfegesuch zu machen hat. Konkreter sind diesbezüglich das TIEA-Abkommen und der TIEA-Kommentar. Artikel 5 Absatz
5 des TIEA-Abkommens verlangt in einem Amtshilfegesuch unter anderem die Angabe der «Identität der in die Überprüfung oder Untersuchung einbezogenen Person» (Bst. a) und, «soweit bekannt, den Namen und die Adresse der Person, bei der die gewünschten Informationen vermutet werden» (Bst. e).

Im Manual wird ausdrücklich auf Artikel 5 Absatz 5 des TIEA-Musterabkommens Bezug genommen und festgehalten, dass der ersuchende Staat die darin aufgeführten Angaben machen soll, um die «voraussichtliche Erheblichkeit» der verlangten Informationen darzulegen. Gleichzeitig wird ausgeführt, dass Artikel 26 des OECD3753

Musterabkommens in diesem Punkt weniger formalistisch ist. Andererseits enthält das Manual im Modul zum Informationsaustausch auf Anfrage eine Checkliste mit Informationen, die im Gesuch so weit als möglich anzugeben sind. Zur Identifizierung der steuerpflichtigen Person soll dabei der Name und zur Identifizierung des Informationsinhabers sollen, soweit möglich, ebenfalls der Name sowie andere Identifikationsmerkmale angegeben werden. Fehlen im Gesuch wesentliche Angaben, so kann der ersuchte Staat zur Auffassung gelangen, dass es sich beim Gesuch um eine verpönte «fishing expedition» handelt.

Aus dem Gesagten kann gefolgert werden, dass in einem dem internationalen Standard entsprechenden Amtshilfegesuch die Nennung der Namen der steuerpflichtigen Person und des Informationsinhabers die am besten geeigneten Angaben sind, den ersuchten Staat davon zu überzeugen, dass das Gesuch keine «fishing expedition» darstellt. Weil das TIEA-Abkommen zur Bestimmung der betroffenen steuerpflichtigen Person die Nennung des Namens im Gesuch nicht zwingend vorsieht, ist dem Standard Genüge getan, wenn diese Person durch andere Identifikationsmerkmale eindeutig bestimmt wird. Ähnlich verhält es sich beim Informationsinhaber (z.B.

einer Bank). Auch bei diesem sieht das Manual vor, dass ein Gesuch den Informationsinhaber am besten durch die Angabe des Namens identifiziert. Das TIEAAbkommen lässt es aber auch zu, dass in einem Amtshilfegesuch der Informationsinhaber nicht angegeben wird. Soweit mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbar, sind deshalb nach internationalem Standard auch Gesuche ohne Identifikation des Informationsinhabers zu beantworten.

1.2

Die Übernahme und Umsetzung dieses Standards durch die Schweiz

Am 13. März 2009 hat der Bundesrat entschieden, dass die Schweiz im Bereich des steuerlichen Informationsaustauschs den internationalen Standard übernimmt und den Vorbehalt der Schweiz zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zurückzieht. Dieser Entscheid des Bundesrats erfolgte auf Druck der G-20, welche der OECD den Auftrag erteilte, zwei Listen anzufertigen. Auf einer schwarzen Liste sollen Staaten aufgeführt werden, die diesen Standard nicht einhalten. Auf einer grauen Liste figurieren Staaten, die sich verpflichtet haben, den Standard zu übernehmen, diese Verpflichtung aber noch nicht in genügendem Masse umgesetzt haben. Als genügende Umsetzung gilt die Unterzeichnung von mindestens zwölf Abkommen mit einer Amtshilfebestimmung nach dem internationalen Standard.

Umgesetzt werden sollte die neue schweizerische Amtshilfepolitik durch die Aufnahme einer dem internationalen Standard entsprechenden Amtshilfebestimmung in die bestehenden und neuen schweizerischen DBA. Mit Entscheid ebenfalls vom März 2009 definierte der Bundesrat der für die Aushandlung von DBA zuständigen Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) Eckwerte zur Ausgestaltung des Informationsaustauschs. Dazu gehört namentlich das Verbot von «fishing expeditions».

Weiter ging der Bundesrat davon aus, dass Amtshilfe nur in begründeten Einzelfällen geleistet werden soll und dass die von der Amtshilfe betroffene Person und der über die gewünschte Information verfügende Informationsinhaber (beispielsweise eine bestimmte Bank) identifiziert sind. Wie unter Ziffer 1.1 dargelegt, stellt die Angabe des Namens und der Adresse der steuerpflichtigen Person und des Informationsinhabers in einem Amtshilfegesuch am einfachsten sicher, dass das Gesuch 3754

keine «fishing expedition» darstellt. Deshalb hat sich der Bundesrat dafür entschieden, grundsätzlich die Namen und Adressen der steuerpflichtigen Person und des Informationsinhabers zu verlangen.

Seither hat die Schweiz mit über 30 Staaten DBA mit einer Amtshilfebestimmung nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens paraphiert. 29 dieser Änderungsprotokolle oder neuen Abkommen sind mittlerweile unterzeichnet.

Am 18. Juni 2010 wurden die ersten zehn Abkommen ­ mit Dänemark, Finnland, Frankreich, Katar, Luxemburg, Mexiko, Norwegen, Österreich, dem Vereinigten Königreich, und den USA ­ von der Bundesversammlung genehmigt. Bis auf dasjenige mit den USA sind diese Abkommen inzwischen in Kraft getreten.

1.3

Die Überprüfung durch das Global Forum (Peer Review)

Das Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Global Forum) führt derzeit eine Prüfung des von den Staaten gewährten steuerlichen Informationsaustauschs durch und untersucht die Einhaltung des internationalen Standards mittels sogenannter «Peer Reviews». Neben den derzeit rund hundert Mitgliedstaaten werden auch Jurisdiktionen überprüft, die nicht Mitglied beim Global Forum sind. Damit soll verhindert werden, dass gewisse Länder sich durch ihre Weigerung, die Vorschriften des Global Forum umzusetzen oder am Global Forum teilzunehmen, einen Wettbewerbsvorteil verschaffen («level playing field»).

Die Schweiz unterstützt dieses Anliegen und wirkt deshalb in den verschiedenen Gremien des Global Forum aktiv an der Einhaltung eines «level playing field» mit.

Gegen Staaten, die diesen Standard zum Informationsaustausch nicht umgesetzt haben oder sich einer Prüfung widersetzen, hat die G-20 in der Vergangenheit mehrfach Gegenmassnahmen angekündigt.

Die «Peer Reviews» erfolgen in zwei Phasen. In der Phase 1 wird geprüft, ob die Rechtsgrundlagen für den Informationsaustausch vorliegen. In der Phase 2 werden die Effektivität und die Effizienz des Informationsaustauschs geprüft.

Die Phase 1 des «Peer Review» der Schweiz hat Ende Oktober 2010 begonnen und dauert voraussichtlich bis Anfang Juni 2011. In diesem Rahmen wird das rechtliche Regelwerk der Schweiz auf seine Übereinstimmung mit dem internationalen Standard hin überprüft. Die Prüfung umfasst die DBA und dazugehörende Ausführungsbestimmungen, z.B. die Verordnung vom 1. September 2010 über die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen (ADV; SR 672.204), sowie weitere Rechtsvorschriften über die Verfügbarkeit und Erhältlichkeit von relevanten Informationen und deren Weiterleitung im Rahmen der Amtshilfe.

Die Phase 2 der Prüfung der Schweiz ist für das zweite Halbjahr 2012 vorgesehen.

3755

2

Erkenntnisse aus der Phase 1 des Peer Review

2.1

Allgemeine Bemerkungen

Während der Phase 1 des «Peer Review» wurde festgestellt, dass die Grosszahl der bisher von der Schweiz unterzeichneten DBA und Änderungsprotokolle mit einer im Sinne des Beschlusses des Bundesrates vom 13. März 2009 erweiterten Amtshilfebestimmung dem internationalen Standard nicht genügen. Dies weil die von der Schweiz vereinbarten verfahrenstechnischen Anforderungen an Amtshilfegesuche zu restriktiv sind und ein mögliches Hindernis für einen effektiven Informationsaustausch darstellen. Amtshilfegesuche führen in der Regel sowohl die betroffene steuerpflichtige Person wie auch den Informationsinhaber namentlich auf. In gewissen Fällen, d.h. bei Gesuchen, bei denen Name und Adresse der steuerpflichtigen Person nicht bekannt sind, müsse es aber möglich sein, dass die steuerpflichtige Person im Gesuch auf andere Weise identifiziert wird. Dasselbe gilt hinsichtlich der verlangten Angaben zum mutmasslichen Informationsinhaber. Allerdings darf keine «fishing expedition» vorliegen. Das den international geltenden Standard mitbestimmende TIEA-Abkommen verlangt einzig, dass im Gesuch hinreichende Angaben zur Identifizierung der in die Überprüfung oder Untersuchung einbezogenen Person und, soweit bekannt, der Name und die Adresse der Person, bei der die gewünschten Informationen vermutet werden, angegeben werden. Nach Einschätzung der Assessoren und des Sekretariats des Global Forum sind nur jene Abkommen mit dem internationalen Standard konform, die ­ wie das Abkommen mit den USA ­ über eine Klausel verfügen, wonach die verfahrenstechnischen Anforderungen, die «fishing expeditions» vermeiden sollen, nicht so ausgelegt werden dürfen, dass sie einen wirksamen Informationsaustausch behindern1. Dies bedeutet, dass sich die Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Bestimmung über den Informationsaustausch zu richten hat und dass ein Gesuch nicht aus formalistischen Gründen, beispielsweise weil eine der verlangten Angaben fehlt, abgelehnt werden soll.

Diesen Anforderungen genügten bis Mitte Februar 2011 erst zehn unterzeichnete Abkommen. Damit die Schweiz die Phase 1 der «Peer Review» bestehen könne, müsse sie bis Ende Februar 2011 mindestens zwölf Abkommen, die dem internationalen Standard genügten, vorweisen können.

2.2

Änderung gegenüber dem geltenden Recht

Am 13. Februar 2011 hat der Bundesrat auf Antrag des EFD entschieden, dass die Schweiz ihre Amtshilfepolitik in Steuersachen einer Anpassung unterzieht. Um die Phase 1 des «Peer Review» bestehen zu können und Massnahmen der G-20 gegen die Schweizer Wirtschaft zu vermeiden, sollen die Anforderungen an die Identifikation der Steuerpflichtigen und Informationsinhaber ergänzt werden. Die übrigen 1

Die in Ziffer 10 Buchstabe b des Änderungsprotokolls zum Abkommen mit den USA enthaltene Klausel hat folgenden Wortlaut: «Der Zweck der Verweisung auf Informationen, die erheblich sein können, besteht darin, einen möglichst weit gehenden Informationsaustausch in Steuerbelangen zu gewährleisten, ohne den Vertragsstaaten zu erlauben, zu betreiben oder Informationen anzufordern, deren Erheblichkeit hinsichtlich der Steuerbelange einer steuerpflichtigen Person unwahrscheinlich ist. Während Ziffer 10 a) wichtige verfahrenstechnische Anforderungen enthält, die vermeiden sollen, sind die Unterabsätze i) bis v) so auszulegen, dass sie einen wirksamen Informationsaustausch nicht behindern.»

3756

Eckwerte (z.B. Rechtsschutz der betroffenen Person) sollen demgegenüber keine Anpassung erfahren. Einem Amtshilfegesuch, gestützt auf ein DBA mit einer Bestimmung zum Informationsaustausch nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens, soll entsprochen werden, wenn der ersuchende Staat darlegt, dass es sich nicht um eine «fishing expedition» handelt, und er: a.

die steuerpflichtige Person identifiziert, wobei diese Identifikation auch auf andere Weise als durch Angabe des Namens und der Adresse erfolgen kann; und

b.

den Namen und die Adresse des mutmasslichen Informationsinhabers angibt, soweit sie ihm bekannt sind.

Damit bilateral die gleichen Anforderungen gelten, sieht der Bundesrat für Abkommen, die bisher keine Klausel analog jener mit den USA aufweisen, eine entsprechende Ergänzung vor. Andernfalls könnte der andere Vertragsstaat Gesuche der Schweiz zurückweisen, bei denen die Identifikation der steuerpflichtigen Person nicht durch die Angabe des Namens, sondern beispielsweise durch die Angabe der ausländischen Sozialversicherungsnummer dieser Person erfolgt.

Gesuche, die den Informationsinhaber nicht zu identifizieren vermögen, sind von der Schweiz grundsätzlich ebenfalls zu beantworten. Weil sich ohne diese Angaben die Informationssuche schwierig gestalten kann, lässt der internationale Standard zu, solche Gesuche aus Gründen der Proportionalität (d.h. Verhältnismässigkeit) und Praktikabilität (Durchführbarkeit) abzuweisen. Die ESTV als zuständige Behörde ist beispielsweise nicht verpflichtet, zur Beantwortung eines Amtshilfegesuchs sämtliche der mehr als 300 in der Schweiz tätigen Banken anzufragen. Kommen hingegen beispielsweise nur drei Banken als Informationsinhaber in Frage, so ist die ESTV auch ohne Angabe des Namens und der Adresse verpflichtet, diese anzufragen, sofern die Umstände im Gesuch schlüssig dargetan sind.

Mit der Anpassung soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass Amtshilfeverfahren nicht an einer zu formalistischen Auslegung der DBA-Bestimmungen scheitern sollen und deshalb auch andere Identifikationsmittel zugelassen werden.

Die Anpassung erfolgt, weil der internationale Standard vom ersuchten Staat verlangt, auch dann Amtshilfe zu leisten, wenn anstelle des Namens die Identifikation der steuerpflichtigen Person auf andere Weise erfolgt. Weiter sind Gesuche, die den Informationsinhaber nicht zu identifizieren vermögen, nach internationalem Standard grundsätzlich ebenfalls zu beantworten.

Die Konkurrenten des Schweizer Finanzplatzes müssen die gleichen Minimalbedingungen einhalten. Damit entsteht ein sogenanntes «level playing field», was bedeutet, dass für alle Staaten und Territorien die gleichen Bedingungen gelten.

Nimmt die Schweiz diese Anpassung der Amtshilfepraxis vor, so entsprechen die von der Schweiz unterzeichneten Abkommen dem internationalen Standard. Sollte die Schweiz diese Anpassung hingegen nicht vornehmen, ist davon auszugehen, dass das Global Forum
zum Schluss kommt, dass die schweizerischen Abkommen den Standard nicht erfüllen. Dies könnte dazu führen, dass die Schweiz von der OECD als nicht kooperativ eingestuft und auf einer entsprechenden Liste aufgeführt wird. Damit hätten andere Staaten eine Legitimation, eigenständig oder in koordinierter Weise einseitige Massnahmen gegen die Schweiz zu ergreifen, die sich nicht nur auf den Finanzplatz Schweiz, sondern auf die gesamte schweizerische Wirtschaft negativ auswirken könnten.

3757

3

Massnahmen, um die Phase 1 des Peer Review bestehen zu können

3.1

Kürzlich unterzeichnete Abkommen, laufende und geplante Abkommensverhandlungen

Damit die Schweiz bis Ende Februar 2011 über die mindestens zwölf geforderten Abkommen verfügt, die dem internationalen Standard vollumfänglich entsprechen, wies die Vorsteherin des EFD die ESTV an, die Unterzeichnung von Abkommen voranzutreiben, die wie jenes mit den USA über eine Klausel verfügen, wonach die verfahrenstechnischen Anforderungen einen wirksamen Informationsaustausch nicht behindern dürfen. Mit der Unterzeichnung der Änderungsprotokolle zu den DBA mit Schweden und Rumänien sowie der neuen DBA mit Singapur und Malta konnte dieses Minimalziel erreicht werden. Per Ende Februar 2011 verfügten somit 14 unterzeichnete neue oder revidierte DBA über eine dem internationalen Standard entsprechende Amtshilfebestimmung (Deutschland, Indien, Kanada, Malta, Niederlande, Polen, Rumänien, Schweden Singapur, Slowakei, Spanien, Südkorea, Türkei, Vereinigte Staaten).

Die Schweiz schlägt seit dem Entscheid des Bundesrats vom 13. Februar 2011 in ihren Abkommensverhandlungen den Wortlaut von Artikel 5 Absatz 5 des TIEAAbkommens vor (vgl. Ziff. 1.1). Damit wird sichergestellt, dass sich die Schweiz an den Standard hält, den auch die Konkurrenten des Schweizer Finanzplatzes einhalten müssen.

3.2

Gegenwärtig bei der Bundesversammlung hängige Abkommen

Von den zehn DBA und Änderungsprotokollen mit Deutschland, Indien, Kanada, den Niederlanden, Polen und der Türkei sowie Griechenland, Japan, Kasachstan und Uruguay, die sich gegenwärtig im parlamentarischen Genehmigungsverfahren befinden, enthalten die ersten sechs genannten Abkommen bereits eine dem Änderungsprotokoll mit den USA nachgebildete Klausel (vgl. Ziff. 2.1). Die in den Botschaften zu diesen sechs Abkommen enthaltenen Ausführungen zu den Anforderungen an ein Amtshilfegesuch stimmen mit der vom Bundesrat beschlossenen Anpassung der Amtshilfepolitik aber nicht überein. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) genehmigte daher diese Abkommen am 18. Januar 2011, ohne die ganze Tragweite der Bestimmungen zu kennen. Aus diesem Grund unterbreitete das EFD der WAK-N für deren Sitzung vom 22. März 2011 einen Rückkommensantrag und legte der Kommission die angepasste Amtshilfepolitik umfassend dar. Nur wenn die Bundesversammlung die geänderte Amtshilfepolitik in Kenntnis der gesamten Tragweite genehmigt, kann sichergestellt werden, dass in einem späteren Beschwerdeverfahren das Bundesverwaltungsgericht die angepassten Anforderungen als von der Legislative genehmigt betrachtet.

Im Rahmen des Rückkommens wurde der WAK-N beantragt, die Bundesbeschlüsse zu diesen Abkommen durch einen Absatz zu ergänzen, der die unter Ziffer 2.2 dargelegten Anforderungen an Amtshilfegesuche genau festlegt. Zusätzlich wurde beantragt, dass die für die steuerliche Amtshilfe zuständige ESTV ermächtigt wird, mit den erwähnten Staaten Verständigungsvereinbarungen abzuschliessen. Damit 3758

soll sichergestellt werden, dass sich beide Vertragsstaaten an die Auslegung gemäss internationalem Standard halten. Die WAK-N genehmigte anlässlich ihrer Sitzung vom 22. März 2011 die ergänzten Bundesbeschlüsse zu den sechs Abkommen.

Weiter beschoss sie, die schweizerischen Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden anzuweisen, bei Gesuchen, die den Informationsinhaber nicht zu identifizieren vermögen, die Grundsätze der Proportionalität (Verhältnismässigkeit) und der Praktikabilität (Durchführbarkeit) zu wahren (vgl. Ziff. 2.2).

Stimmt die Bundesversammlung der geänderten Amtshilfepolitik zu, so kann diese für die erwähnten sechs Abkommen mit dem Inkrafttreten Anwendung finden. Sieht das Abkommen vor, dass Informationen betreffend Einkünfte auszutauschen sind, die der betroffenen Person nach der Unterzeichnung des Änderungsprotokolls zugeflossen sind, so findet die geänderte Amtshilfepraxis bereits für diese Zeiträume Anwendung. Im Falle des Änderungsprotokolls mit Deutschland findet die geänderte Praxis zum Beispiel für Informationen Anwendung, die sich auf nach dem 1. Januar 2011 geflossene Einkünfte beziehen.

Die letzten vier der oben genannten Abkommen enthalten keine dem Änderungsprotokoll mit den USA nachgebildete Klausel (vgl. Ziff. 2.1).. Es handelt sich um die Abkommen mit Griechenland, Japan, Kasachstan und Uruguay. Bei diesen Abkommen genügt es nicht, wenn die Bundesversammlung die angepasste Amtshilfepolitik des Bundesrats genehmigt, indem sie die Anforderungen an ein Amtshilfegesuch im Rahmen des Genehmigungsbeschlusses zum DBA festhält. Sollen bilateral die gleichen Anforderungen gelten, so müssen die Abkommen mit den vier Staaten mit einer dem Änderungsprotokoll mit den USA nachgebildeten Klausel ergänzt werden. Aus diesen Gründen wird der Bundesversammlung beantragt, das EFD entsprechend zu ermächtigen. Zudem soll die ESTV ermächtigt werden, die einheitliche Auslegung der Anforderungen an Amtshilfegesuche mittels Verständigungsvereinbarungen sicherzustellen.

In welcher Form die Ergänzung erfolgen wird, hängt insbesondere von den gesetzlichen Vorschriften des jeweiligen Vertragsstaates ab. Im Rahmen der Vereinbarung müssen sich beide Staaten dazu verpflichten, dass die im Abkommen aufgeführten Anforderungen an ein Amtshilfegesuch einen wirksamen Informationsaustausch nicht
behindern dürfen. Weil die anderen Vertragsstaaten es kaum verstehen würden, wenn diese Anpassung des Abkommens zu einer Verzögerung des Inkrafttretens führen würde, wird vorgeschlagen, dass das EFD eine Ermächtigung zum Abschluss einer entsprechenden Klausel erhält.

Wie bei den sechs Abkommen mit einer dem Änderungsprotokoll mit den USA nachgebildeten Klausel (vgl. Ziff.2.1) wurde auch bei den vier Abkommen ohne eine solche Klausel der WAK-N beantragt, auf ihre Beschlüsse vom 18. Januar 2011 zurückzukommen und diese wie vorstehend dargestellt zu ergänzen. Am 22. März 2011 genehmigte die Kommission die Bundesbeschlüsse und ergänzte diese mit der Weisung an die Schweizerischen Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden, bei Gesuchen ohne Identifikation des Informationsinhabers die Grundsätze der Proportionalität und Praktikabilität zu beachten.

3759

3.3

Anpassungsbedarf bei den bereits von der Bundesversammlung genehmigten Abkommen

Am 18. Juni 2010 hat die Bundesversammlung die DBA bzw. Änderungsprotokolle mit Dänemark, Finnland, Frankreich, Katar, Luxemburg, Mexiko, Norwegen, Österreich, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten genehmigt. Damit auch diese Abkommen vollumfänglich dem internationalen Standard entsprechen, soll die am 13. Februar 2011 beschlossene Anpassung der schweizerischen Amtshilfepolitik (vgl. Ziff. 2.2) nach dem Willen des Bundesrats auch auf diese Abkommen Anwendung finden. Zudem beginnt in der zweiten Hälfte des Jahres 2012 die Phase 2 des «Peer Review» der Schweiz. Hierfür ist es von Vorteil, wenn die für diese Prüfung relevanten Amtshilfebestimmungen den Standard vollumfänglich erfüllen.

Von diesen zehn Abkommen verfügt einzig das Änderungsprotokoll mit den Vereinigten Staaten über eine Klausel, wonach die in den Protokollbestimmungen enthaltenen verfahrenstechnischen Vorgaben für Amtshilfegesuche einen wirksamen Informationsaustausch nicht behindern dürfen. Diese Klausel gestattet eine dem internationalen Standard konforme Auslegung. Sie erlaubt es, auf Gesuche einzutreten, die nicht sämtliche der in den Protokollbestimmungen geforderten Angaben (z.B. Name des Informationsinhabers) aufweisen.

Zur Umsetzung wird der Bundesversammlung beantragt, zu diesen am 18. Juni 2010 genehmigten Abkommen je einen ergänzenden Bundesbeschluss zu erlassen. Darin werden der Bundesversammlung folgende zwei Massnahmen beantragt: 1. Massnahme: Im Rahmen der Anpassung der Abkommen an den internationalen Standard soll das EFD beauftragt werden, die im Abkommen mit den USA enthaltene Klausel in geeigneter Form auch mit den anderen neun Staaten bilateral zu vereinbaren. Dadurch kann erreicht werden, dass beide Vertragsstaaten verpflichtet sind, die im Abkommen aufgeführten Anforderungen an ein Amtshilfegesuch nicht formalistisch anzuwenden und einen wirksamen Informationsaustausch nicht zu behindern.

2. Massnahme: Daneben wird der Bundesversammlung in den ergänzenden Bundesbeschlüssen beantragt, den für den steuerlichen Informationsaustausch zuständigen Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden konkrete Vorgaben für die standardkonforme Auslegung der Abkommen (vgl.

Ziff. 2.2) zu machen. Die ESTV wird zudem ermächtigt, soweit erforderlich Verständigungsvereinbarungen abzuschliessen und dadurch sicherzustellen,
dass der andere Vertragsstaat die gleichen Anforderungen an die Identifikation der steuerpflichtigen Person und des Informationsinhabers wie die Schweiz stellt. In Anlehnung an die Ergänzungen der WAK-N zu den hängigen Abkommen enthalten die ergänzenden Bundesbeschlüsse zudem die Weisung, dass die Schweizerischen Verwaltungs- und Verwaltungsjustizbehörden bei Gesuchen ohne Identifikation des Informationsinhabers die Grundsätze der Proportionalität und Praktikabilität zu beachten haben.

Hat die Bundesversammlung den Abschluss einer solchen Klausel im Voraus genehmigt, so muss sie die Vereinbarung als solche später nicht mehr verabschieden, sofern sich die Vereinbarung an den von ihr vorgegebenen Rahmen hält. Würden vom EFD weitere Änderungen eines der neun DBA vereinbart, so müsste das

3760

Änderungsprotokoll wiederum der Bundesversammlung zur Genehmigung unterbreitet sowie allenfalls dem fakultativen Referendum unterstellt werden.

4

Erläuterungen zu den Bundesbeschlüssen

4.1

Die Bundesbeschlüsse zu den Abkommen mit Dänemark, Finnland, Katar, Luxemburg, Mexiko, Norwegen, Österreich und dem Vereinigten Königreich

Die Abkommen mit Dänemark, Finnland, Katar, Luxemburg, Mexiko, Norwegen, Österreich und dem Vereinigten Königreich verlangen in den Protokollvereinbarungen zur Amtshilfebestimmung sowohl für die steuerpflichtige Person wie auch für den mutmasslichen Informationsinhaber die Angabe von Name und Adresse. Zudem verfügen sie über keine Bestimmung, die den Vertragsstaaten erlauben würde, in einem Amtshilfegesuch von diesen Voraussetzungen abzusehen. Damit ist eine standardkonforme Auslegung bei diesen Abkommen nicht möglich. Eine Anpassung der Abkommen an die vom Bundesrat beschlossene geänderte Amtshilfepolitik der Schweiz bedarf deshalb beider unter Ziffer 3.3 ausgeführten Massnahmen. Das gilt auch für das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich, da es über keine umfassende, dem Abkommen mit den USA nachgebildete Klausel (vgl. Ziff. 2.1) verfügt.

In Artikel 1 sehen die Bundesbeschlüsse zu diesen Abkommen vor, dass das EFD beauftragt wird, mit diesen Staaten die im Abkommen mit den USA enthaltene Klausel zu vereinbaren. In Artikel 2 werden den mit der Durchführung der Amtshilfe beauftragten Behörden die vorerwähnten Vorgaben zur standardkonformen Auslegung und zum Abschluss einer Verständigungsvereinbarung gemacht. In Artikel 3 wird schliesslich bestimmt, dass der Bundesbeschluss dem fakultativen Referendum untersteht.

4.2

Der Bundesbeschluss zum Abkommen mit Frankreich

Das Abkommen mit Frankreich verlangt einzig, dass in Amtshilfegesuchen der Name und die Adresse der steuerpflichtigen Person anzugeben sind. Hinsichtlich des Informationsinhabers müssen in Übereinstimmung mit dem TIEA-Abkommen Name und Adresse nur beigebracht werden, sofern diese der ersuchenden Behörde bekannt sind. Damit entspricht das Abkommen mit Frankreich bezüglich der Angaben zum Informationsinhaber bereits heute dem internationalen Standard. Weil es aber über keine umfassende, dem Abkommen mit den USA nachgebildete Klausel (vgl.. Ziff. 2.1 bzw. 4.3 hiernach) verfügt, kann eine Identifikation der steuerpflichtigen Person ausschliesslich durch die Angabe des Namens und der Adresse erfolgen. Damit bedarf die Ergänzung des Abkommens mit Frankreich ebenfalls beider unter Ziffer 3.3 ausgeführten Massnahmen (vgl. Ziff. 4.1).

3761

4.3

Der Bundesbeschluss zum Abkommen mit den USA

Das Abkommen mit den USA lässt hinsichtlich der steuerpflichtigen Person auch andere Identifikationsmerkmale als den Namen und die Adresse zu und ist diesbezüglich konform mit dem international geltenden Standard. Beim Informationsinhaber wird hingegen die Angabe des Namens ausdrücklich verlangt. Weil das Abkommen mit den USA über eine Klausel verfügt, wonach die in den Protokollbestimmungen enthaltenen verfahrenstechnischen Vorgaben für Amtshilfegesuche einen wirksamen Informationsaustausch nicht behindern dürfen, kann es dem internationalen Standard gemäss ausgelegt werden. Dies indem unter Berücksichtigung der Proportionalität und der Praktikabilität auch auf Gesuche eingetreten werden kann, bei denen der Name des Informationsinhabers fehlt.

Dennoch kann auch bei diesem Abkommen nicht auf einen Bundesbeschluss verzichtet werden. Dies weil die Ausführungen in der Botschaft zum Änderungsprotokoll mit den USA vom 23. September 2009 der modifizierten bundesrätlichen Amtshilfepolitik nur teilweise entsprechen. Deshalb werden im Bundesbeschluss zum Abkommen mit den USA den mit der Durchführung der Amtshilfe beauftragten Behörden die vorerwähnten Vorgaben zur standardkonformen Auslegung ebenfalls gemacht. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die schweizerischen Verwaltungsjustizbehörden in einem Beschwerdeverfahren die angepassten Anforderungen als von der Bundesversammlung genehmigt betrachten.

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf Bund und Kantone

Zum heutigen Zeitpunkt sind durch die beantragte Anpassung der Amtshilfepolitik der Schweiz weder für den Bund noch für die Kantone Auswirkungen ersichtlich.

Gemäss den heutigen Erkenntnissen, insbesondere aufgrund von Gesprächen mit Fachleuten der OECD in Sachen Amtshilfe, ist nicht davon auszugehen, dass es durch die Anpassung der Abkommen zu einer erkennbaren Zunahme von Amtshilfegesuchen kommen wird. Der Grossteil der Gesuche wird auch weiterhin Name und Adresse der steuerpflichtigen Person wie auch Name und Adresse des Informationsinhabers aufweisen.

5.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Auswirkungen der beantragten Anpassung auf die Volkswirtschaft sind nur schwer zu schätzen. Angesichts der internationalen Bestrebungen für einheitliche Rahmenbedingungen bei der Amtshilfe in allen Staaten (globales «level playing field») und der Sicherstellung eines wirksamen Informationsaustauschs durch einen entsprechenden Kontrollmechanismus dürfte sich die neue Situation für die Schweiz insgesamt neutral auswirken. Demgegenüber könnte eine Weigerung der Schweiz, diesen Schritt zu machen, von den betroffenen Vertragsstaaten zum Anlass genommen werden, gezielt Massnahmen gegen den Finanzplatz und den Werkplatz Schweiz einzuführen. Diese könnten für die schweizerische Volkswirtschaft spürbare und eventuell gewichtige Nachteile zur Folge haben.

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5.3

Andere Auswirkungen

Andere Auswirkungen sind zum heutigen Zeitpunkt nicht ersichtlich.

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Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit und Referendum

Verfassungsgrundlage für die Bundesbeschlüsse ist Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV, SR 101), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung der Bundesbeschlüsse zur vorausgenehmigenden Ergänzung der Abkommen zuständig. Die vom EFD und der ESTV bilateral zu vereinbarenden Regelungen werden Teil des jeweiligen DBA bilden. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrages dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt.

Die Anforderungen an Amtshilfegesuche müssen entsprechend dem internationalen Standard angepasst werden. Nach Ansicht des Bundesrats stellt dies eine wichtige Neuerung in der schweizerischen Abkommenspraxis dar. Die angepassten Abkommen enthalten damit gegenüber den bisher vereinbarten Verpflichtungen wichtige neue Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.

Die Bundesbeschlüsse über die Ergänzungen der am 18. Juni 2010 von der Bundesversammlung genehmigten Abkommen und Änderungsprotokolle werden daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt.

6.2

Erlassform

Die Bundesversammlung hat die Möglichkeit, einen Staatsvertrag bereits in einem Zeitpunkt zu genehmigen, in dem er noch nicht abschliessend verhandelt ist. Eine solche Vorausgenehmigung erfolgt in der Form eines Bundesbeschlusses. Voraussetzung einer solchen Vorausgenehmigung ist, dass die Bundesversammlung den zu vereinbarenden Vertragsinhalt im Bundesbeschluss genügend präzise vorgibt. Die vorliegenden Bundesbeschlüsse erfüllen diese Bedingung. Gestützt auf eine solche Vorausgenehmigung durch die Bundesversammlung werden das EFD bzw. die ESTV ermächtigt die entsprechenden Bestimmungen zu vereinbaren. Eine zusätzliche Genehmigung der vereinbarten Vertragsergänzungen durch die Bundesversammlung ist nicht mehr nötig.

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