Evaluation der Eidgenössischen Zollverwaltung: Strategische Führung, Aufgaben- und Ressourcenmanagement Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 12. Oktober 2010 Stellungnahme des Bundesrates vom 26. Januar 2011

Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 12. Oktober 2010 der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates betreffend «Evaluation der Eidgenössischen Zollverwaltung: Strategische Führung, Aufgaben- und Ressourcenmanagement» nehmen wir nach Artikel 158 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Januar 2011

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-3026

1989

Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte haben eine Evaluation der strategischen Führung und des Aufgaben- und Ressourcenmanagements der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) in ihr Jahresprogramm aufgenommen.

An ihrer Sitzung vom 22. Juni 2009 erteilte die zuständige Subkommission der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) zuhanden der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) ein Mandat mit den folgenden vier Hauptfragen: ­

Sind die normativen Grundlagen und Rahmenbedingungen klar und zweckmässig?

­

Wie sind die Steuerung und Überwachung von EZV, Zoll und (Grenzwachtkorps (GWK) durch das Departement zu beurteilen?

­

Wie sind die Aufgaben- und Ressourcenplanung sowie die Steuerung und das Controlling innerhalb von EZV, Zoll und GWK zu beurteilen?

­

Wie ist die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Partnern zu beurteilen?

Die Evaluation der PVK befasst sich demnach mit drei Themenbereichen, nämlich mit der Darlegung der rechtlichen Rahmenbedingungen, einer Analyse der strategischen und operativen Steuerung sowie der Zusammenarbeit der EZV mit ausgewählten externen Partnern. Bei letzterem konzentriert sich die Evaluation auf Fragen des Zusammenwirkens der EZV mit Kantonen im Sicherheitsbereich und mit der Armee. Im Zentrum der Evaluation steht die strategische und operative Steuerung der EZV.

Basierend auf den Ergebnissen der Untersuchung der PVK vom 11. Juni 2010 hat die GPK-S am 12. Oktober 2010 ihren Bericht betreffend «Evaluation der Eidgenössischen Zollverwaltung: Strategische Führung, Aufgaben- und Ressourcenmanagement» verabschiedet und den Bundesrat um Stellungnahme bis zum 31. Januar 2011 ersucht.

2

Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Einleitung

Die EZV hat ihre Ursprünge in den Anfängen des schweizerischen Bundesstaates, als das Zollwesen zur Bundessache wurde1. Seither hat sie sich hinsichtlich ihrer Aufgaben, der Organisation und des Personalbestandes wesentlich verändert und weiter entwickelt. Die EZV gehört organisatorisch als Einheit der zentralen Bundesverwaltung zum Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD).

1

Vgl. Rudolf Dietrich, Kommentar zu Art. 91 Zollgesetz, in: Kocher/Clavadetscher, Zollgesetz, Bern 2009, Rz. 1.

1990

Die EZV besorgt nicht nur einen namhaften Teil der zur Finanzierung der Bundesaufgaben erforderlichen Einnahmen, sondern bewirtschaftet auch den Warenverkehr an der Grenze und hat zur Sicherheit sowie zum Schutz der Bevölkerung beizutragen, indem sie illegale Handlungen im Grenzraum verhütet und bekämpft2. Zu diesem Zweck kontrolliert die EZV den Personen- und Warenverkehr über die Zollgrenze, wahrt die Sicherheit im Grenzraum, erhebt Zoll- und weitere gesetzlich vorgesehene Abgaben, wirkt beim Vollzug von Erlassen mit und hat insbesondere bei den Zollveranlagungsverfahren mit der Wirtschaft sowie mit den ausländischen Zollverwaltungen zusammenzuarbeiten3. Schliesslich obliegen der EZV auch internationale Aufgaben, wie die Aushandlung völkerrechtlicher Verträge in Angelegenheiten zolltechnischer Art und die Vertretung in internationalen Organisationen und Fachgremien, die sich mit zolltechnischen Fragen befassen4.

Die EZV blick somit nicht nur auf eine lange Geschichte zurück, sondern sie ist auch hinsichtlich der von ihr erfüllten Funktionen weit gefächert, indem ihr sowohl Aufgaben einer typischen Fiskalverwaltung obliegen als auch Zuständigkeiten im Bereich der Sicherheit. Organisatorisch wird die EZV vom Oberzolldirektor geführt, der auf Antrag des EFD vom Bundesrat ernannt wird. Die EZV lässt sich in den zivilen Zoll und in das uniformierte, bewaffnete Grenzwachtkorps (GWK) gliedern ­ zwei Organisationseinheiten, die eng miteinander verknüpft sind. Sie haben im Rahmen des Zollgesetzes und der Bundesverfassung auch weitgehend den gleichen Grundauftrag zugunsten von Staat, Wirtschaft und Bevölkerung. Die Kompetenzen des zivilen Zolls sind schwergewichtig auf den Handelswarenverkehr ausgerichtet, diejenigen des GWK auf den Reiseverkehr. Dabei geht es nicht nur um die Erhebung von Steuern und Zöllen, sondern auch um die Umsetzung von über 150 zollrechtlichen und nichtzollrechtlichen Gesetzen und Verordnungen. Die EZV ist dezentral organisiert; es gibt vier dem Oberzolldirektor unterstehende Zollkreise und acht dem Kommando GWK unterstellte Grenzwachtregionen. Das Kommando GWK untersteht dem Oberzolldirektor. Mit einem Stellenetat von über 4000 Mitarbeitenden stellt die EZV eines der grössten Bundesämter dar.

Die EZV ist kein Amt, das nach den Grundsätzen des Führens mit Leistungsauftrag und
Globalbudget (FLAG) geführt wird. Nach Artikel 44 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19975 (RVOG) kann der Bundesrat geeignete Verwaltungseinheiten mit FLAG führen. Er beachtet dabei die Grundsätze der wirkungsorientierten Verwaltungsführung. Die Erteilung des Leistungsauftrages liegt in der Zuständigkeit des Bundesrats, wobei er vorher die zuständigen parlamentarischen Kommissionen zu konsultieren hat. Gleichwohl wird die EZV auf der strategischen Ebene durch das EFD mittels eines Leistungsauftrages für den zivilen Bereich und eines Leistungsauftrages für das GWK gesteuert. Im Unterschied zu einer Steuerung nach FLAG liegt die Verabschiedung dieser Leistungsaufträge nicht in der Zuständigkeit des Bundesrates und es findet keine vorgängige Konsultation der zuständigen parlamentarischen Kommissionen statt. Überdies besteht für die EZV kein Globalbudget.

Nach Auffassung des Bundesrates hat die PVK bei ihrer Evaluation den vielfältigen Besonderheiten und den teilweise veränderten Herausforderungen, mit denen sich 2 3 4 5

Art. 14 Abs. 1 Organisationsverordnung für das EFD vom 17. Februar 2010 (OV-EFD; SR 172.215.1).

Art. 14 Abs. 2 OV-EFD.

Art. 15 OV-EFD.

SR 172.010

1991

die EZV konfrontiert sah, hinreichend Rechnung getragen. Es ist unbestritten, dass sich die EZV in einem zunehmend dynamischen Umfeld bewegt. Der Bundesrat teilt die Ansicht der PVK, wonach es der EZV bisher gelungen ist, adäquat auf neue Herausforderungen zu reagieren und erforderliche Struktur- oder Organisationsanpassungen rechtzeitig vorzunehmen. Dass die PVK der Führung der EZV und des GWK ein grundsätzlich positives Zeugnis ausstellt, nimmt der Bundesrat daher mit Befriedigung zur Kenntnis.

Hinsichtlich der strategischen und operativen Steuerung stellt die PVK fest, dass die EZV über eine vollständige Instrumentenpalette verfügt, die strategische und operative Ebene konzeptionell trennt und für ihr gesamtes Aufgabengebiet flächendeckende Leistungsaufträge und -vereinbarungen formuliert. Ebenso nimmt der Bundesrat zur Kenntnis, dass die Unterstützung der Kantone durch das GWK im Bereich der inneren Sicherheit grundsätzlich positiv gewürdigt wird.

Für den Bundesrat sind die Feststellungen der GPK-S im Hinblick auf das weitere Vorgehen wichtig. Ziel muss es sein, dass die EZV die ihr übertragenen Aufgaben weiterhin effizient wahrnehmen und erfüllen kann. Der Bericht der GPK-S zeigt auf, wo Schwachstellen und entsprechender Handlungsbedarf bestehen können. Für den Bundesrat ist wichtig festzuhalten, dass keineswegs im gesamten Bereich der EZV Handlungsbedarf besteht, sondern vielmehr nur punktuell. Die PVK hat dazu die folgenden Schwachpunkte festgestellt: ­

Im Steuerungsmodell der EZV fehlt eine Verknüpfung von Aufgaben und Ressourcen. Eine solche Verknüpfung findet sich weder in den Leistungsaufträgen und -vereinbarungen, noch in den Instrumenten zur Berichterstattung. Es ist somit nicht klar, welche Ressourcen für welche Aufgaben eingesetzt werden. Damit fehlen auf den Ebenen der strategischen und der operativen Steuerungen wichtige Informationen für eine ergebnisorientierte Steuerung.

­

Die Festlegung eines Mindestbestandes für das GWK im Bundesbeschluss zum Schengen-Abkommen ist im Kontext einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung nicht systemkonform und als Übersteuerung durch das Parlament zu betrachten. Wie sind die Aufgaben- und Ressourcenplanung sowie die Steuerung und das Controlling innerhalb von EZV, Zoll und GWK zu beurteilen?

­

Es besteht Klärungsbedarf in der Zusammenarbeit zwischen den Kantonen und der EZV. In diesem Zusammenhang stellt die PVK fest, dass das GWK die Kantone zunehmend auch in Aufgabenbereichen unterstützt, die klar in deren Zuständigkeitsbereich fallen, ohne aber dafür kostendeckende Vergütungen zu verlangen.

Gestützt auf den Bericht der PVK hat die GPK-S am 12. Oktober 2010 sechs Empfehlungen und ein Postulat verabschiedet. Die Empfehlungen 1­4 betreffen Fragen der Steuerung der EZV, die Empfehlungen 5 und 6 die Zusammenwirkung der Kantone und des GWK bei der Wahrnehmung sicherheitspolizeilicher Aufgaben im Grenzraum. Hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen Armee und GWK macht die GPK-S zwar gewisse Feststellungen, namentlich bezüglich der Dauer eines Assistenzdienstes, unterbreitet dem Bundesrat aber keine Empfehlung. Das Postulat schliesslich beauftragt den Bundesrat, die Aufhebung des Mindestbestandes des GWK im Schengen-Bundesbeschluss zu prüfen.

1992

Im Folgenden nimmt der Bundesrat zu den Empfehlungen und zum Postulat Stellung.

2.2 Zu Empfehlung 1

Strategische und operative Steuerung der EZV Überprüfung der Definition der Produkte

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf zu prüfen, inwiefern die gegenwärtig definierten Produkte zweckmässig bzw. für eine wirkungsorientierte Steuerung nützlich sind. Damit der Leistungsauftrag nicht nur eine Auflistung der wahrgenommenen Aufgaben im Sinne einer Rechenschaftsablage ist, sondern tatsächlich zur Steuerung genutzt werden kann, muss auf eine Verknüpfung von Aufgaben bzw. Produkten/Prozessen und Ressourcen hingearbeitet werden. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob und wie die prozessorientierte Aufgabenerfüllung in der Produktedefinition abgebildet werden kann. Der Bundesrat soll darlegen, wie das Steuerungsinstrumentarium in diesem Sinne verbessert werden kann.

Die Leistungsaufträge für den zivilen Zoll und das GWK sind grundsätzlich in Anlehnung an Leistungsaufträge für die FLAG-Einheiten gestaltet. Allerdings verfügt die EZV über kein Globalbudget. Insofern muss der entsprechende Teil der beiden Leistungsaufträge anders gestaltet werden, als dies bei FLAG-Einheiten der Fall ist. Die EZV erfüllt eine Vielzahl von Aufgaben und ihr obliegt der Vollzug von rund 150 Gesetzen und Verordnungen. Diese Aufgaben sind sowohl im Leistungsauftrag des zivilen Zolls als auch des GWK umgesetzt.

Der geltende dritte Leistungsauftrag für den zivilen Zoll gilt für eine vierjährige Periode von 2009­2012, und der letzte Leistungsauftrag für das GWK wurde zeitlich angeglichen (2010­2012); er weist eine ähnliche Struktur auf. Die Produktgruppen gliedern sich in den Zollbereich, den sicherheitspolizeilichen Bereich und die Migration. Je Produktgruppe sind Wirkungs- und Leistungsziele mit zugehörigen Indikatoren und Soll-Werten verankert. Gestützt auf den Leistungsauftrag des EFD an die EZV schliesst der Oberzolldirektor mit den Hauptabteilungen Betrieb, Recht und Abgaben, Zolltarif und Aussenhandelsstatistik der Oberzolldirektion (OZD) sowie mit den vier Zollkreisdirektionen separate Leistungsvereinbarungen ab, die den Leistungsauftrag des EFD konkretisieren und jeweils für die Dauer eines Jahres gelten. Der Leistungsauftrag für das GWK dient seinerseits als Vorgabe für die jährlichen Leistungsvereinbarungen, die der Chef des GWK mit den Grenzwachtregionen abschliesst und die auch vom Oberzolldirektor visiert werden.

Die Zielerreichung in Bezug auf die Leistungsaufträge wird in einem jährlichen Reporting
der EZV an das EFD festgestellt.

Der geltende Leistungsauftrag des zivilen Zolls gliedert sich in fünf Teile. Nach den Grundlagen, den Aufgaben und der Strategie werden der finanzielle Rahmen gemäss Finanzrechnung des Bundes und die Produktegruppen dargelegt. Diese sind prozessorientiert aufgebaut und umfassen die Veranlagung von Waren, die Verbrauchssteuern und die Abgaben sowie die nachgelagerten Prozesse. Die Festlegung der finanziellen Eckwerte pro Produktgruppe, der Wirkungs- und Leistungsziele pro 1993

Produktgruppe sowie der Indikatoren und Soll-Werte je Wirkungs- und Leistungsziel erfolgt im Rahmen des Leistungsauftrages des EFD. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) hat im Jahr 2006 eine Prüfung über die Umsetzung des Leistungsauftrages 2005­2008 für den Zivilbereich der Zollverwaltung und die daraus abgeleiteten Leistungsvereinbarungen vorgenommen. Sie ist zum Schluss gekommen, dass Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarungen in der EZV positiv zu bewerten sind. Den Empfehlungen der EFK hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Ziele zwischen Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarungen wurde mit dem Leistungsauftrag 2009­2012 Rechnung getragen.

Die Empfehlung der GPK-S zielt auf eine Verstärkung des Leistungsauftrags mit dem Ziel des Ausbaus des Steuerungsinstrumentariums Der Bundesrat teilt die Ansicht der GPK-S, dass der bestehende Leistungsauftrag im Interesse der strategischen Steuerung der EZV verbesserungsfähig ist.

Die Führung der EZV hat sich konsequent an den im Leistungsauftrag formulierten Zielen auszurichten. Zur Erreichung einer möglichst guten Wirkungsentfaltung ist der operative Betrieb bei möglichst effizientem Mitteleinsatz auf diese formulierten Ziele auszurichten. Unterstützend muss zwingend ein nützliches Führungsinstrument zur Verfügung stehen, das periodisch Auskunft über die Zielerreichung und Grundlage für die Definition von Korrekturmassnahmen gibt. Die Kostenbetrachtung ist dabei nur eine der Dimensionen. Daneben sind Grössen der Leistungserbringung bezüglich der Qualität und des Nutzens ebenso zu beachten. Die EZV verfügt über eine komplexe Leistungsstruktur, die nicht einfach in repetitive Prozesse gegliedert werden kann. Die Definition und die Weiterentwicklung von Leistungsprodukten ist ein sinnvolles und wichtiges Element des Leistungsauftrags. Die Zuordnung der Kosten im Rahmen einer detaillierten Produktkostenrechnung, wie sie in der produzierenden Industrie oder im Projektgeschäft verbreitet ist, lässt sich jedoch erst erreichen, wenn heute noch fehlende Grundlagen der Leistungsmessung und des Controlling aufgebaut sind.

Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass es notwendig ist, das Führungsinstrumentarium der EZV in einem nächsten Ausbauschritt weiter zu professionalisieren. Auszugehen ist aber vom heutigen Ausbaustand und es ist eine klare Sollvorstellung
zu definieren. Die heutige Kosten- und Leistungsrechnung ist nicht aussagekräftig und als Grundlage für eine detaillierte Produktkostenrechnung nur bedingt geeignet. In einem ersten Schritt sollen zunächst die Zweckmässigkeit der gegenwärtig definierten Produkte überprüft und ein integriertes Führungssystem (Leistungsmessung, Controlling) entwickelt werden. Letzeres soll eine durchgängige Steuerung der EZV von der Strategie bis in die Geschäftsprozesse ermöglichen. Der Bundesrat spricht sich daher für einen schrittweisen Ausbau des Führungsinstrumentariums der EZV aus, wobei den Entwicklungen von FLAG Rechnung getragen werden soll (inkl.

Einführung der Prozess- und Produktekostenrechnung).

Zu Empfehlung 2

Lehren ziehen für ein flächendeckendes, ergebnisorientiertes Steuerungsmodell Bund

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, bei der Entwicklung eines neuen, ergebnisorientierten Steuerungsmodells für die gesamte Bundesverwaltung die Erfahrungen mit dem spezifischen Steuerungsmodell der EZV einzubeziehen und

1994

insbesondere Lösungen für eine prozessorientierte Produktedefinition in Dienststellen mit komplexen und vielseitigen Aufgaben zu erarbeiten.

Die Querschnittprüfung der EFK über die Steuerung der FLAG-Verwaltungseinheiten durch die Departemente im Jahr 2007 kam zum Schluss, dass die politische Steuerung der FLAG-Einheiten durch die Departemente ausbaufähig ist. Am 4. November 2009 hat der Bundesrat den Evaluationsbericht FLAG 20096 verabschiedet. Er spricht sich darin für einen Ausbau der ergebnisorientierten Steuerung aus und stellt drei Optionen zur Diskussion (Konsolidierung von FLAG; Ausbau von FLAG; ergebnisorientiertes Steuerungsmodell für die gesamte Bundesverwaltung, sog. Konvergenzmodell). Der Bundesrat ist bereit, die Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Steuerungsmodell für die EZV bei der Weiterentwicklung von FLAG bzw. bei der Erarbeitung eines neuen, ergebnisorientierten Steuerungsmodells für die gesamte Bundesverwaltung einzubeziehen. Schon heute wird bei den FLAG-Einheiten darauf geachtet, dass die Produktgruppen und Produkte mit den Prozessen der Leistungserstellung möglichst weitgehend übereinstimmen.

Zu Empfehlung 3

Konsultation durch eine parlamentarische Kommission

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, im Hinblick auf die geplante Überarbeitung des FLAG-Konzepts zu prüfen, ob die Leistungsaufträge der EZV künftig wie die Leistungsaufträge der FLAG-Ämter vom Bundesrat verabschiedet und auf Ebene Parlament bzw. in den zuständigen parlamentarischen Kommissionen diskutiert werden sollen. Damit würde nach Ansicht der Kommissionen gewährleistet, dass die wesentlichen Ziele und insbesondere die Schwerpunkte der EZV von der Politik festgelegt und breiter abgestützt werden.

Nach geltendem Recht ist der Bundesrat verpflichtet, die zuständigen parlamentarischen Kommissionen vor der Erteilung eines Leistungsauftrages an eine FLAGEinheit zu konsultieren. Dieses Konsultationsverfahren bezweckt einen rechtzeitigen Einbezug des Parlaments zur Beurteilung eines Leistungsauftrages. Es handelt sich um eine institutionalisierte Form parlamentarischer Mitwirkung an der Verwaltungsführung des Bundesrates und ermöglicht den Kommissionen, auf die Leistungssteuerung, die Ressourcenzuteilung und die Zielsetzung Einfluss nehmen zu können7.

Der Bundesrat ist gesetzlich nicht verpflichtet, die zuständigen parlamentarischen Kommissionen zu Leistungsaufträgen zu konsultieren, die sich an Einheiten der zentralen Bundesverwaltung richten, die nicht als FLAG-Einheiten ausgestaltet sind.

Solche Leistungsaufträge liegen in der Zuständigkeit des betroffenen Departements.

Sollte FLAG gezielt ausgebaut oder die gesamte Bundesverwaltung nach einem ergebnisorientierten Steuerungsmodell geführt werden, muss im Sinne einer administrativ möglichst einfachen Lösung und zur Vermeidung einer Zunahme des Führungs- und Verwaltungsaufwandes auch die Zuständigkeit zur Erteilung der 6 7

BBl 2009 7915 Thomas Sägesser, Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz, Bern 2007, Kommentar zu Art. 44 RVOG, Rz. 37.

1995

Leistungsaufträge überdacht werden. In seinem Evaluationsbericht FLAG 2009 stellt der Bundesrat deshalb eine Delegation der Kompetenz zur Erteilung von Leistungsaufträgen an die Departemente zur Diskussion. Damit stellt sich auch die Frage, ob das parlamentarische Konsultationsrecht durch andere Mittel zur Wahrnehmung der Aufsichtsfunktionen ersetzt werden soll8. Als Alternative steht ­ nach dem Vorbild verschiedener Kantone ­ der Ausbau des Finanzplans zu einem Integrierten Aufgaben- und Finanzplan im Vordergrund. Dieser erhielte den Charakter eines politischen Leistungsauftrags und würde dem Parlament im Rahmen der Finanzberichterstattung jährlich unterbreitet. In Betracht gezogen werden könnte auch, grössere Verwaltungseinheiten mit einem Zahlungsrahmen zu führen und ihnen in den entsprechenden Kreditbeschlüssen gestützt auf Artikel 25 Absatz 3 ParlG Ziele für die Kreditverwendung vorzugeben. Dieser Ausbau der parlamentarischen Mitwirkungsmöglichkeiten könnte zum Anlass genommen werden, den heutigen FLAGLeistungsauftrag in einen jährlich zu erneuernden Leistungskontrakt zwischen Departement und Amt umzufunktionieren. Dadurch würde die obligatorische Konsultation der Parlamentskommissionen automatisch entfallen.

Der Bundesrat hat zu diesen Fragen noch keine Entscheide gefällt. Aufgrund des Dargelegten ist indessen dem Anliegen der GPK-S, auch Leistungsaufträge von nicht nach FLAG geführten Verwaltungseinheiten den zuständigen parlamentarischen Kommissionen zur Konsultation zu unterbreiten, mit einer gewissen Zurückhaltung zu begegnen. Der Bundesrat ist jedoch bereit, das Anliegen der GPK-S im Zusammenhang mit den weiteren Arbeiten zur Weiterentwicklung der Verwaltungsführung zu prüfen. In diesem Rahmen werden auch die Inhalte und Instrumente der parlamentarischen Steuerung geprüft. Derzeit ist das EFD daran, die betreffenden Grundlagen zu erarbeiten. Ein entsprechender Richtungsentscheid durch den Bundesrat soll im ersten Quartal 2011 erfolgen.

Zu Empfehlung 4

Berichterstattung über ein neues Produkt eines informatikgestützten Reportingsystems

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, ihr in einem Bericht die Grundzüge sowie den Zeitplan und die Kosten für ein informatikgestütztes Reportingsystem in der EZV, das sich auf die Umsetzung der Empfehlung 1 stützt, darzulegen.

Die PVK hat festgestellt, dass die Berichterstattung sowohl im zivilen Teil der EZV als auch im GWK angemessen und verständlich ist, wobei allerdings bei der Datenerfassung ein relativ hoher Aufwand anfalle. Sie regt den Einsatz geeigneter IT-Instrumente an, namentlich im Interesse einer erleichterten Datenauswertung wie beispielsweise eine Kontrollergebnisdatenbank. Die GPK-S begrüsst die Entwicklung eines informatikgestützten Reportingsystems, hält aber klar fest, dass die zu messenden Leistungen klar definiert sein müssen und das Reporting mit vertretbarem administrativem Aufwand soll betrieben werden können.

Der Bundesrat anerkennt die Notwendigkeit eines informatikgestützten Reportingsystems. Damit ein solches Reportingsystem auch richtig angewendet werden kann, müssen im Vorfeld die konzeptionellen Voraussetzungen geschaffen werden. Die 8

BBl 2009 7973 ff.

1996

notwendigen Spezifikationen und der Umfang informatikunterstützter Systeme können heute noch nicht abschliessend bezeichnet werden. Wo immer sinnvoll und wirtschaftlich, sollen solche Systeme jedoch zum Einsatz kommen. Dabei soll am Markt verfügbaren Standardanwendungen der Vorzug gegeben werden.

Die EZV ist im Hinblick auf ein informatikgestütztes Reportingsystem nicht untätig geblieben und die Vorarbeiten zu einem neuen Projekt sind im Gange. Ein Datawarehouse (DWH)9 steht Ende 2012 zur Verfügung. Beim Projekt DWH wird mit Gesamtkosten von 5,5 Millionen Franken gerechnet. Darauf basierendmuss mit dem Projekt «Integriertes Performance Management (IPM)» im Jahre 2011, begonnen werden. Für das Projekt IPM wird mit einer Realisierungsdauer von rund 12 Monaten und Kosten von 500 000 Franken gerechnet.10 Die Bereitstellung der entsprechenden Mittel ist Sache der EZV. IPM soll ab 2013 eingesetzt werden. DWH wird ausser für IPM unter anderem auch die Basis für eine Applikation «Risikoanalyse/Firmenbewertung (Rating)» sein. Der Start dieses Projekts ist für 2012 geplant.

2.3

Zusammenarbeit GWK-Kantone

Zu Empfehlung 5

Aufgaben und Kompetenzen des GWK klarer regeln

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, klarere Regelungen hinsichtlich der Aufgaben und Kompetenzen des GWK zu schaffen, insbesondere bezüglich dessen sicherheitspolizeilichen Aufgaben und den Aufgaben, welche es zuhanden der Kantone erbringt. Insbesondere muss geprüft werden, welche polizeilichen Aufgaben tatsächlich synergetisch mit den originären Zollaufgaben des GWK erfüllt werden können. Der Bundesrat soll auch sicherstellen, dass die GWK nicht zur nationalen «Hilfspolizei» wird, und dazu festlegen, welche sicherheitspolizeilichen Aufgaben das GWK auf Wunsch eines Kantons übernehmen kann.

Der Bundesrat ist bereits in seinem Bericht vom 23. Juni 201011 über die Sicherheitspolitik der Schweiz im Zusammenhang mit den sicherheitspolitischen Instrumenten auf die Aufgaben der EZV eingegangen. Er hält fest, dass sowohl der zivile Teil der EZV als auch das GWK einen Beitrag zur Sicherheitspolitik leisten. Neben der Veranlagung von Waren im Reise- und Handelswarenverkehr vollzieht die Zollverwaltung rund 150 Erlasse zum Schutz der Bevölkerung, der Umwelt und der Wirtschaft; sie bekämpft den Schmuggel und kontrolliert in den Bereichen Betäubungsmittel, Waffen und Kriegsmaterial, gefährliche Güter, Kulturgüter, Arten, Markenartikel, Lebensmittel, Barmittel usw. den Verkehr über die Zollgrenze. Das GWK leistet zudem einen Beitrag zur Bekämpfung der illegalen Migration, zu den

9

10 11

Datawarehouse bildet nicht nur für das interne Reporting die Grundlage, sondern wird ebenfalls für die Risikoanalyse und die Datenübermittlung an andere Verwaltungseinheiten des Bundes (z.B. BLW, BFS) als Basis verwendet. Damit soll sichergestellt werden, dass zukünftig in einem Schritt die gewünschten Daten abgerufen werden können.

DWH und IPM werden Kosten von rund 6 Mio. Fr. verursachen, welche vollumfänglich von der EZV getragen werden.

BBl 2010 5204

1997

Personen-, Fahrzeug- und Sachfahndungen und zur Aufdeckung von Dokumentenfälschungen.

Bereits seit 1964 gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen der Zollverwaltung und den Kantonen ­ vor allem zwischen dem GWK und den kantonalen Polizeikorps. Für die fremdenpolizeilichen und sicherheitspolizeilichen Personenkontrollen haben die Kantone gewisse Aufgaben dem GWK übertragen, um durch die Nutzung von Synergien ihrerseits eine gewisse Entlastung zu erreichen.

Die Zusammenarbeit zwischen der Zollverwaltung und den Kantonen ist somit keine neue Erscheinung aufgrund von Schengen. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, den grösstmöglichen Nutzen für die innere Sicherheit der Schweiz und die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung zu erzielen. Es geht darum, die Synergien zwischen den originären Aufgaben der EZV beziehungsweise des GWK und gewissen sicherheitspolizeilichen und fremdenpolizeilichen Aufgaben zu nutzen.12 Auch unter Schengen können im Rahmen der Zollkontrollen an der Grenze zu den übrigen SchengenStaaten und im dazugehörenden Grenzraum in allen Verkehrsarten (Strasse, Schiene, Wasser, Luft) noch verdachtsabhängige Personenkontrollen durchgeführt werden.

Um die Zusammenarbeit trotz den föderalistischen Strukturen der Schweiz etwas zu harmonisieren, hat die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) mit der EZV im Jahr 2006 eine Mustervereinbarung erarbeitet. Diese Vereinbarung legt die Bereiche fest, in denen die Kantone Kompetenzen an die EZV ­ das heisst an das GWK und den zivilen Zoll ­ delegieren können. Es handelt sich um folgende Bereiche: Personen-, Sach- und Fahrzeugfahndung; Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz; Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz; Widerhandlungen gegen die Waffengesetzgebung; Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsrecht. In allen diesen Bereichen hat die EZV bereits originäre Feststellungskompetenzen ­ zumindest an der Grenze. Im Rahmen der Vereinbarungen zwischen der EZV und den Kantonen geht es darum zu regeln, ob und inwiefern die EZV festgestellte Widerhandlungen selbstständig erledigen kann (Bagatelldelikte) und wann die Polizei beigezogen werden muss. Dieses Vorgehen soll den Verwaltungsaufwand für Bund und Kantone sowie die Wartezeit für Betroffene reduzieren. Weder das GWK noch der zivile Zoll erhalten
im Rahmen der Vereinbarungen andere Feststellungs-, Ahndungs- oder Einsatzkompetenzen.

In Übereinstimmung mit dem föderalen Prinzip sind die Kantone nach wie vor frei, mit der EZV eine solche Vereinbarung abzuschliessen; 19 von ihnen sowie das Fürstentum Liechtenstein haben dies bis heute getan.13 Begleitet wird diese Zusam12

13

Zur Veranschaulichung der originären Aufgaben der EZV und des GWK lassen sich insbesondere folgende an der Grenze/im Grenzraum anführen: 1. Zollaufgaben im weiteren Sinn (Warenkontrolle, Verzollungen, Schmuggelbekämpfung, MwSt-Widerhandlungen usw.), Widerhandlungen gegen die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Betäubungsmittel, der Waffen, des Kriegsmaterials; Arten- und Markenschutz, Kulturgüterschutz; Erhebung der Strassenverkehrsabgaben (LSVA, Autobahnvignette), Fahrzeug-, Sach-, Personenfahndung; Beschlagnahmung von gefälschten Dokumenten; 2. Fremdenpolizeiliche Aufgaben (Feststellungen): Einreisevoraussetzungen, rechtswidrige Ein- und Ausreise sowie Aufenthalt von Asylsuchenden und Ausländerinnen und Ausländern, Schleppertätigkeit, Menschenschmuggel und Schwarzarbeit; 3. Feststellungen von Übertretungen und -Vergehen in Bezug auf das Strassenverkehrsgesetz (SVG).

Art. 44 und 57 BV sehen vor, dass Bund und Kantone zusammenarbeiten und insbesondere ihre Anstrengungen im Bereich der inneren Sicherheit koordinieren. Diese beiden Verfassungsartikel werden denn auch als Grundlage in den Vereinbarungen mit den Binnenkantonen erwähnt.

1998

menarbeit durch die Plattform KKJPD-EZV. Sie dient der Koordination, dem Gedankenaustausch, der Diskussion von Problemen und der gemeinsamen Festlegung von Spielregeln. So wurden im Rahmen dieser Plattform als vertrauensbildende Massnahme im Jahr 2008 sogenannte «Kernsätze zu den Aufgaben des Grenzwachtkorps» definiert, die durch die KKJPD genehmigt wurden.

Die Wahrnehmung sicherheitspolizeilicher Aufgaben durch das GWK sowie das Vorgehen bei der Übernahme kantonaler polizeilicher Aufgaben im Grenzraum sind in den Grundzügen in den Artikeln 96 und 97 des Zollgesetzes vom 18. März 200514 geregelt. Der Bundesrat teilt die Ansicht der GPK-S, dass diese Bestimmungen für eine präzisere Umschreibung der Aufgaben und Kompetenzen der Zollverwaltung im Bereich der Wahrnehmung sicherheitspolizeilicher Aufgaben nicht genügen.

Daher anerkennt der Bundesrat den Handlungsbedarf, die Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit bezüglich der Sicherheitsorgane des Bundes (insb. EZV und GWK) besser zu regeln. Eine ergänzende Regelung auf Verordnungsebene ist nicht möglich, da die Bundesverfassung verlangt, dass die grundlegenden Bestimmungen über Aufgaben des Bundes auf der Stufe eines Bundesgesetzes zu regeln sind15.

Das sicherheitspolizeiliche Mandat des GWK kann sich indessen nur im Rahmen der Kompetenzen bewegen, welche die Bundesverfassung dem Bund im Bereich der inneren Sicherheit zuweist. Die Konkretisierung der Aufgaben und Kompetenzen des GWK im neuen Bundesgesetz über die polizeilichen Aufgaben des Bundes (PolAG) muss daher gestützt auf die geltende Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen im Sicherheitsbereich erfolgen. Dabei wird auch die Frage zu klären sein, wie die Strafverfolgungskompetenz, die grundsätzlich in der Kompetenz der Kantone liegt, allenfalls für die Behandlung von Bagatelldelikten an das GWK delegiert werden kann.

Zu Empfehlung 6

Erhebungen zu den Spezialdienstleistungen für die Kantone und angemessene Abgeltungen

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, zu prüfen, wie hoch Umfang und Kosten der Spezialdienstleistungen sind, die die EZV und das GWK zuhanden der Kantone erbringen. Weiter ist zu prüfen, für diese Leistungen von den Kantonen eine angemessene Abgeltung zu erhalten.

Eine Erhebung der reell aufgewendeten Zeit für Leistungen, die für die Zusammenarbeit mit kantonalen Polizeieinheiten aufgewendet wird, ist exakt nur möglich, wenn alle Angehörigen der EZV während der Kontrollen notieren, welchen Teil der für eine Kontrolle aufgebrachten Zeit sie aufgrund der Kantonsvereinbarungen verwendet haben. Die Schätzungen über den Anteil der Arbeitszeit zugunsten der Zusammenarbeit mit der Polizei divergieren erheblich. Das Kommando GWK geht von rund 15­20 Prozent aus. Bei Gesamtausgaben (Personalkosten und Ausrüstung) des Bundes für das GWK von jährlich rund 300 Millionen Franken fallen demnach Bundesleistungen zugunsten der Kantone von rund 45­60 Millionen Franken an, die 14 15

SR 631.0 Art. 164 Abs. 1 Bst. e BV.

1999

von letzteren nicht vergütet werden. Auf die 19 Kantone verteilt, mit denen die EZV eine Vereinbarung abgeschlossen hat, ergibt dies ein Durchschnittswert von jährlich 2,37 bis 3,16 Millionen Franken16. Die rein monetäre Betrachtungsweise greift jedoch zu kurz; die selbstständige Behandlung von Bagatellfällen, ohne Beizug der Polizei, generiert Zeitgewinne und Synergien, die am Ende zu einer Entlastung aller Beteiligten führen. Demgegenüber erwähnt die PVK in ihrem Bericht weit höhere Prozentsätze, die zudem je nach Region und Kanton unterschiedlich ausfallen.

Angesichts stetig knapper werdender Ressourcen zur Erfüllung der Bundesaufgaben sowie der Tatsache, dass der EZV trotz neuer Aufgaben nicht immer der geforderte personelle Mehrbedarf zugesprochen wurde, ist es unerlässlich, die vom GWK für die Zusammenarbeit mit den kantonalen Polizeien erbrachten Arbeitszeiten mit grösserer Präzision festzustellen. Eine solche Feststellung ist für eine allfällige Kostenverrechnung an die Kantone erforderlich, weil eine Erstattung von Aufwänden nicht auf einer reinen Schätzgrundlage in Rechnung gestellt werden kann.

Sodann ist eine exaktere Berechnung auch im Hinblick auf eine Überprüfung des Ressourcenbestandes des GWK erforderlich. Der Bundesrat hat dem EFD einen entsprechenden Auftrag erteilt. Dieser Auftrag beinhaltet auch eine Kostenerhebung für Spezialdienstleistungen wie Einsätze im Rahmen des WEF, Ausbildung im Bereich Dokumentenfälschung, Fahrtraining, Zurverfügungstellung von Material Gestützt auf die Ergebnisse kann dann eine mögliche Abgeltung der Leistungen durch die Kantone geprüft werden.

2.4

Aufhebung des Beschlusses zum Mindestbestand GWK

Postulat 10.3888

Prüfung der Aufhebung des Mindestbestandes des Grenzwachtkorps im Schengen-Bundesbeschluss

Wortlaut des Postulates vom 12. Oktober 2010: Der Bundesrat wird beauftragt zu prüfen, ob und wie die Regelung in Artikel 1 Absatz 3 des Schengen-Bundesbeschlusses, wonach das Grenzwachtkorps (GWK) mindestens seinen Bestand vom 31. Dezember 2003 beibehalten soll, aufgehoben werden soll. Zugleich soll der Bundesrat darlegen, wie trotz der Aufhebung des Mindestbestandes GWK auch in Zukunft ein starker und zweckmässiger Grenzschutz sichergestellt werden kann. Dabei klärt er insbesondere ab, welche Einflussmöglichkeiten dem Parlament zur Verfügung stehen oder gewährt werden können, damit es der Eidgenössischen Zollverwaltung Ziele ­ beispielsweise das Ziel eines effizienten und zweckmässigen Grenzschutzes ­ vorgeben und deren Erreichung überprüfen kann.

Der Bundesrat teilt die Feststellung der GPK-S, dass die Festschreibung des Mindestbestandes des GWK im Bundesbeschluss vom 17. Dezember 200417 über die 16 17

Diese Werte entsprechen dem statistischen Durchschnittswert, da Zahlen aus der Praxis nicht vorhanden sind.

AS 2008 447

2000

Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin problematisch ist.

Das GWK ist die einzige Verwaltungseinheit, deren Personalbestand in einem Bundesbeschluss festgelegt ist. Der gesetzliche Mindestbestand des GWK schränkt das EFD und die Eidgenössische Zollverwaltung in der Aufteilung und Verwendung der personellen Ressourcen ein. Die Verankerung des personellen Mindestbestandes für das GWK lässt sich im damaligen politischen Kontext nachvollziehen. Sie hat heute allerdings nicht mehr dieselbe Bedeutung und stellt einen Einbruch in die Organisationsautonomie des Bundesrates über die Bundesverwaltung dar18. Der Bundesrat hat sich daher mit Beschluss vom 24. November 2010 bereit erklärt, das Postulat 10.3888 anzunehmen. Er hat das EFD mit der Ausarbeitung einer Vorlage beauftragt. Darin wird der Bundesrat auch aufzeigen, wie trotz der Aufhebung des Mindestbestandes des GWK auch in Zukunft ein starker und zweckmässiger Grenzschutz gewährleistet bleibt.

2.5

Zusammenarbeit GWK-Armee

Die GPK-S verzichtet für den Teil über die Zusammenarbeit zwischen Armee und GWK auf Empfehlungen an den Bundesrat. Gemäss Bundesbeschluss vom 19. Dezember 200719 über den Einsatz der Armee zur Verstärkung des Grenzwachtskorps bei den Grenzschutzaufgaben ist der Assistenzdient der Armee zugunsten des GWK bis längstens Ende Jahr 2012 befristet. Eine allfällige Verlängerung des Bundesbeschlusses liegt nicht in der Kompetenz des Bundesrates, sondern in jener des Parlaments. Von seiner Konzeption her ist der Assistenzdient zugunsten ziviler Behörden keine Daueraufgabe. Gemäss Bundesverfassung ist für einen Einsatz der Armee immer dessen Subsidiarität zu beachten.20 Dies bedeutet, dass Assistenzdienst nur soweit geleistet wird, als die Aufgabe im öffentlichen Interesse liegt und die primär zuständigen zivilen Behörden keine ausreichenden Mittel zur Bewältigung der entsprechenden Notlage zur Verfügung haben. Ein Dauereinsatz der Armee im Rahmen eines Assistenzdienstes ist verfassungsrechtlich problematisch, da es sich um vorhersehbare Ereignisse handelt, und damit die Subsidiarität nicht mehr gegeben ist.

Der Bundesrat beabsichtigt daher nicht, dem Parlament eine Verlängerung des Bundesbeschlusses zu beantragen. Er teilt zwar die Haltung der GPK-S, wonach die Zusammenarbeit zwischen GWK und Armee grundsätzlich zweckmässig ist. Allerdings eröffnet diese Zusammenarbeit eine weitere Schnittstelle der durch das GWK zu erfüllenden Aufgaben, neben der Schnittstelle zwischen GWK und den Kantonen im Bereich der inneren Sicherheit. Hinzu kommt, dass seit dem Jahr 2010 nicht mehr wie bis anhin 100, sondern lediglich noch 50 Angehörige der Militärischen Sicherheit (AdMilSich) zur Unterstützung des GWK abgestellt sind. Diese geringe Anzahl ist bei einem Etatbestand von derzeit 1927 Angehörigen21 des GWK nicht 18 19 20 21

Art. 178 Abs. 1 BV.

BBl 2008 171 Art. 58 Abs. 2 i.V.m. Art. 5 Abs. 2 BV.

Der Etatbestand bezeichnet die Anzahl der Grenzwächterinnen und Grenzwächter, die operativ tätig ist. Zu diesen 1927 Angehörigen des GWK kommen durchschnittlich 40­80 GWK-Aspiranten pro Jahr hinzu. Die Ausbildung für GWK-Aspiranten dauert 12 Monate; vor Beendigung der Ausbildung werden diese nicht zum Etatbestand des GWK gezählt.

2001

von enormer Bedeutung, und es stellt sich die berechtigte Frage, ob nicht das GWK die heute von den AdMilSich erfüllten Aufgaben mit dem bestehenden Bestand übernehmen kann. Zu berücksichtigen gilt dabei, dass das GWK seit dem im Bundesbeschluss zum Schengen-Abkommen festgeschriebenen Mindestbestand22 rund 33 Stellen abgebaut hat; hingegen sind im selben Zeitraum 22 Stellen hinzugekommen. Zu einer Bereinigung der Aufgaben des GWK wird es im Übrigen auch im Zusammenhang mit der Klärung der Frage der Abgrenzung zu den Polizeiaufgaben der Kantone kommen. Der Bundesrat hat das EFD beauftragt, rechtzeitig die entsprechenden Schritte einzuleiten, damit die heute von Angehörigen der MilSich wahrgenommenen Aufgaben zugunsten des GWK im Laufe des Jahres 2012 durch das GWK selber ohne Zunahme des Personalbestandes übernommen werden.

22

Art. 1 Abs. 3 des Bundesbeschlusses vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin (AS 2008 447).

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