11.022 Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) vom 4. März 2011

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zum Bundesgesetz über das Schweizer Bürgerrecht mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2008

M 08.3499

Gute Kenntnisse einer Landessprache und Integration als Voraussetzung einer Einbürgerung (N 03.03.2010, Schmidt, S 14.06.2010)

2009

M 09.3005

Gute Kenntnisse einer Landessprache und Integration als Voraussetzungen einer Einbürgerung (N 28.5.09, SPK N 08.468, S 23.9.09)

2009

P

Dauer des Einbürgerungsverfahrens in den Kantonen und Gemeinden (N 25.09.2009, Hodgers, N 03.03.2010)

2009

M 09.3489

09.3498

Aufenthaltsstatus des Ausländers nach Nichtigerklärung des Bürgerrechts (N 03.03.2010, Müller, abgeändert S 14.06.2010, N 20.09.2010)

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. März 2011

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-1234

2825

Übersicht Das Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts soll einer Totalrevision unterzogen werden. Nebst der Vereinfachung und Harmonisierung der Einbürgerungsverfahren sowie der Angleichung des Integrationsbegriffs an das Ausländerrecht sollen grundsätzliche Neuerungen eingeführt werden wie beispielsweise die Niederlassungsbewilligung als Voraussetzung für die ordentliche Einbürgerung, die Herabsetzung der Aufenthaltsdauer von bisher zwölf Jahren auf neu acht Jahre, Ordnungsfristen für die Erstellung von Erhebungsberichten oder die Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Wohnsitzfristen.

Ausgangslage Das geltende Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0) vom 29. September 1952 ist in der Vergangenheit durch zahlreiche Revisionen geändert worden, worunter die Verständlichkeit und Lesbarkeit zunehmend gelitten haben. Ein grösserer Reformbedarf hat sich vor dem Hintergrund des totalrevidierten Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR 142.20) abgezeichnet. Zudem zeigte sich in zunehmendem Mass, dass nicht nur die Terminologie und die Begriffe neu definiert oder an die geänderten Erlasse angepasst, sondern auch grundsätzliche Neuerungen im Bürgerrechtsgesetz eingeführt werden müssen.

Inhalt der Vorlage Bei der geplanten Gesetzesrevision ist ein Grossteil des geltenden Bürgerrechtsgesetzes betroffen. Es handelt sich daher um eine Totalrevision. Diese verfolgt in der Hauptsache folgende Ziele: ­

Herstellung einer weitgehenden Kohärenz mit dem Ausländergesetz bezüglich Anforderungen an den Integrationsgrad und die Sprachkenntnisse;

­

Verbesserung der Entscheidgrundlagen (gemäss Bericht EJPD zur Jugendgewalt und gemäss Bundesratsbeschluss betreffend Bericht Integrationsmassnahmen vom 30. Juni 2007); dadurch soll sichergestellt werden, dass nur gut integrierte Ausländerinnen und Ausländer das Schweizer Bürgerrecht erhalten;

­

Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Wohnsitzfristen (Beschluss des Bundesrats vom 9. März 2007 im Zusammenhang mit dem Bericht über hängige Fragen des Bürgerrechts);

­

Reduktion des administrativen Gesamtaufwandes durch Vereinfachung und Harmonisierung der Abläufe und Klärung der Rollen von Kanton und Bund im Einbürgerungsverfahren.

2826

Inhaltsverzeichnis Übersicht

2826

1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.2 Die wichtigsten Änderungen 1.2.1 Verfahrensvereinfachungen 1.2.1.1 Einheitlicher Verfahrensablauf bei der ordentlichen Einbürgerung 1.2.1.2 Kompetenzen des Bundes und der Kantone 1.2.1.3 Einführung von Ordnungsfristen 1.2.1.4 Neuordnung Gebührenregelung 1.2.2 Eignungsvoraussetzungen 1.2.2.1 Integrationsbegriff 1.2.2.2 Sonderfall: Unverschuldetes Unvermögen zur Integration 1.2.2.3 Öffentliche Sicherheit und Ordnung 1.2.2.4 Respektierung der Werte der Bundesverfassung 1.2.2.5 Verständigung in einer Landessprache 1.2.2.6 Wille zur Teilnahme am Wirtschaftsleben oder dem Erwerb von Bildung 1.2.2.7 Vertrautsein mit den schweizerischen Lebensverhältnissen 1.2.3 Zulassung zum Einbürgerungsverfahren 1.2.3.1 Aufenthaltsstatus und Wohnsitz 1.2.3.2 Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Aufenthaltsdauer 1.2.3.3 Wartefrist für die Gesuchseinreichung 1.2.4 Verbesserung der Entscheidgrundlagen 1.2.4.1 Amtshilfe 1.2.4.2 Gesuchsprüfung Jugendlicher bei Familiengesuchen 1.2.5 Vereinfachungen bei Wiedereinbürgerungen 1.2.5.1 Voraussetzungen 1.3 Weitere Bürgerrechtsthemen 1.3.1 Widerruf von Bewilligungen und anderen Verfügungen 1.3.2 Beitritt zur europäischen Staatsangehörigkeitskonvention sowie zur Konvention zur Vermeidung von Staatenlosigkeit bei Staatennachfolge 1.4 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens und die Haltung des Bundesrates 1.4.1 Zur Stossrichtung der Vorlage 1.4.2 Zur Vereinheitlichung der Verfahren 1.4.3 Zur Einführung von Fristen 1.4.4 Zur Berechnung und Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Aufenthaltsdauer 1.4.5 Zu den materiellen Einbürgerungsvoraussetzungen 1.4.6 Zu den formellen Voraussetzungen (Niederlassungsbewilligung/ Verkürzung der Aufenthaltsdauer) 1.4.7 Zur Privilegierung für Kinder und Jugendliche

2829 2829 2829 2829 2829 2830 2831 2831 2831 2831 2832 2833 2833 2834 2835 2836 2836 2836 2838 2838 2838 2838 2839 2840 2840 2840 2840 2841 2841 2842 2842 2842 2843 2844 2844 2845 2827

1.4.8 Zum Beitritt der Schweiz zu zwei Konventionen des Europarates 1.4.9 Diverses 1.5 Änderung der Vorlage gestützt auf die Vernehmlassung 1.5.1 Zur Vereinheitlichung der Verfahren 1.5.2 Zur Einführung von Fristen 1.5.3 Zur Berechnung und Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Aufenthaltsdauer 1.5.4 Zur Privilegierung für Kinder und Jugendliche 1.5.5 Zum Beitritt der Schweiz zu zwei Konventionen des Europarates

2846 2846 2847 2847 2847 2847 2847 2848

2 Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

2848

3 Finanzielle und personelle Auswirkungen

2869

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

2869

5 Verhältnis zum europäischen Recht

2870

6 Verfassungsmässigkeit

2870

Bundesgesetz über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz, BüG) (Entwurf)

2873

2828

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Nach der Ablehnung der Gesetzes- und Verfassungsvorlage vom 26. September 2004 betreffend die Erleichterung des Bürgerrechtserwerbs für ausländische Jugendliche der zweiten und der dritten Generation war eine Standortbestimmung notwendig, um die verschiedenen politischen Anliegen im Bürgerrechtsbereich zu evaluieren und die weiteren gesetzgeberischen Schritte in die Wege zu leiten. Der Bundesrat hat zu diesem Zweck das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beauftragt, bis Ende 2005 einen Bericht über hängige Fragen des Bürgerrechts zu verfassen. Am 9. März 2007 hat der Bundesrat vom Bericht einschliesslich der darin enthaltenen Empfehlungen Kenntnis genommen.

Am 24. September 2006 hat sich das Volk mit grosser Mehrheit für das revidierte Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR 142.20) sowie das Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG; SR 142.31) ausgesprochen. Die beiden Erlasse führten dazu, dass an Ausländerinnen und Ausländer neue Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Integration und der Sprachkenntnisse, gestellt werden. Das Einbürgerungsverfahren, welches als letzter Schritt auf dem Weg zu einer gelungenen Integration angesehen werden kann, muss diese Entwicklung berücksichtigen. So soll die Einbürgerung im ordentlichen Verfahren in Zukunft erst nach der Erteilung eines nachhaltigen Aufenthaltsrechts möglich sein. Dies bedingt, dass mit Blick auf die Integration von der einbürgerungswilligen Personen eine höhere Integrationsleistung verlangt wird, als das Ausländerrecht für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vorsieht.

Schliesslich haben die Diskussionen über die Jugendgewalt, die in einen Bericht des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 11. April 2008 mündeten, sowie das Anliegen, dass vernünftige Verfahrensvereinfachungen und -straffungen in das Gesetz einfliessen, zu weiteren Anpassungsvorschlägen im Bereich des Bürgerrechts geführt.

Mit Beschluss vom 16. Dezember 2009 hat der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren über den Vorentwurf der Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes eröffnet, welches bis zum 22. März 2010 dauerte.

1.2

Die wichtigsten Änderungen

1.2.1

Verfahrensvereinfachungen

1.2.1.1

Einheitlicher Verfahrensablauf bei der ordentlichen Einbürgerung

Die Einbürgerungsverfahren sind derzeit in den Kantonen sehr unterschiedlich gestaltet. Insbesondere im Bereich der ordentlichen Einbürgerungen, die in der Zuständigkeit der Kantone liegen, hat sich der Bund gegenüber den Kantonen bislang stark zurückgehalten. Dies geschah im Einklang mit Artikel 38 Absatz 2 der Bundesverfassung (BV; SR 101), der festlegt, dass der Bund einzig Mindestvor2829

schriften über die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern durch die Kantone erlässt. Dementsprechend bestimmt das jeweilige kantonale Recht in unterschiedlicher Weise, wo das Einbürgerungsgesuch einzureichen ist, welches Gesuchsformular dabei verwendet werden muss und wie und in welcher Phase die Unterlagen dem Bund zu unterbreiten sind. So kann es nach der heutigen Regelung vorkommen, dass das Bundesamt für Migration über die Erteilung der eidgenössischen Einbürgerungsbewilligung befinden muss, obwohl der Kanton oder die Gemeinde einer Einbürgerung ablehnend gegenüberstehen. Dies ist schwerfällig und nicht sinnvoll. Demgegenüber können Leerläufe weitgehend vermieden werden, wenn die Einbürgerungsgesuche bei einer vom Kanton bezeichneten Behördenstelle eingereicht werden und die Gesuchsunterlagen anschliessend nur dann dem Bund unterbreitet werden, wenn Kanton und Gemeinde eine Einbürgerung befürworten.

Die Einbürgerungsbewilligung erhält damit faktisch den Charakter einer Zustimmung des Bundes zur kantonalen und kommunalen Einbürgerung.

Die Neuregelung wird nicht zu einer Verschiebung der Entscheidkompetenz zwischen Kanton und Bund führen. Vielmehr muss nach Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes noch der definitive Einbürgerungsentscheid einer kantonalen Behörde erfolgen. Dies führt sodann dazu, dass die Rechtsmittelfrist gegen kantonale Einbürgerungsentscheide nicht schon mit der Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes zu laufen beginnt, sondern erst mit dem Entscheid des Kantons. Es kann vorkommen, dass zwischen der kantonalen Zusicherung und dem kantonalen Entscheid eine gewisse Zeit vergeht, in welcher unerwartet neue Elemente über eine einbürgerungswillige Person bekannt werden. Sind diese neu ans Tageslicht getretenen Elemente derart gewichtig, dass sie gegen eine Einbürgerung sprechen (z.B. ein neu eröffnetes Strafverfahren), soll dem zuständigen Kanton die Möglichkeit offenstehen, entgegen seiner ursprünglich ergangenen Zusicherung einen negativen Entscheid zu fällen. Wie nach bisherigem Recht kann gegen diesen Ablehnungsentscheid ein Rechtsmittel eingelegt werden.

1.2.1.2

Kompetenzen des Bundes und der Kantone

Im geltenden Recht besteht keine verbindliche Rollenklärung zwischen dem Bund und den Kantonen über die Prüfbereiche bei der Eignungsabklärung einer einbürgerungswilligen Person. Dementsprechend sind Doppelspurigkeiten und Missverständnisse nicht ausgeschlossen. Allfällige Kompetenzkonflikte sollen daher im Rahmen der Gesetzesrevision durch eine verbindliche Klärung der Schnittstellen beseitigt werden. In diesem Sinne treffen die neuen Bestimmungen eine klare Regelung der Zuständigkeiten dort, wo eine gemeinsame Verantwortung bei den Abklärungen im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bzw. der Beachtung der Rechtsordnung besteht. Ausgangspunkt bildet die Datenhoheit über die betroffenen Bereiche. So verfügen die Kantone und Gemeinden regelmässig über Informationen, welche nicht im VOSTRA (Datenbank über Vorstrafen und hängige Strafverfahren) figurieren (wie beispielsweise verhängte Massnahmen der Jugendanwaltschaft gegenüber einem Gesuchsteller, Fehlverhalten eines jugendlichen Einbürgerungswilligen in der Schule oder seitens der Eltern den Schulbehörden gegenüber, Angaben über Betreibungen oder Steuerschulden sowie Hinweise auf eine Vernachlässigung von familienrechtlichen Pflichten). Folgerichtig muss die Hauptverantwortung dieser Abklärungen den Kantonen bzw. Gemeinden zugeordnet werden. Hingegen soll der Bund im Sinne von Artikel 11 BüG immer dann die Prüfverantwortung 2830

tragen, wo es um Fragen des Strafrechts (hängige und abgeschlossene Strafverfahren im In- und Ausland) oder um Fragen der inneren und äusseren Sicherheit geht.

1.2.1.3

Einführung von Ordnungsfristen

Wie unter dem geltenden Recht soll das Bundesamt für Migration in seinen Einbürgerungsverfahren (erleichterte Einbürgerung, Wiedereinbürgerung) die Kantone mit den für den Einbürgerungsentscheid erforderlichen Erhebungen beauftragen können.

Zurzeit gibt es, was die benötigte Dauer für die Erstellung von Erhebungsberichten betrifft, grosse kantonale Unterschiede. Je nach beteiligtem Kanton kann somit ein bundesrechtliches Verfahren erheblich länger dauern als in einem anderen Kanton.

Im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung soll eine Ordnungsfrist einen zeitlichen Rahmen für die Erstellung der Erhebungsberichte setzen. Diese Frist soll den kantonalen Stellen auch eine Steuerungsmöglichkeit geben. Die konkreten Zeitvorgaben können auf Verordnungsstufe festgelegt werden. Selbstverständlich wird dabei zu berücksichtigen sein, dass es nach wie vor sehr komplexe Fälle geben wird, in welchen die Erhebungen wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen werden als im Normalfall. Bei der Vernehmlassung hat sich gezeigt, dass eine gewisse Verfahrensbeschleunigung auch dann gewünscht wird, wenn die Verfahrenszuständigkeit beim Bund liegt. Diese Anregungen werden aufgenommen, und auch das Bundesverfahren soll gewissen Ordnungsfristen unterstellt werden, wobei die genaueren Regelungen im Rahmen der Ausführungsverordnung festzulegen sind.

1.2.1.4

Neuordnung Gebührenregelung

In der Verordnung vom 23. November 2005 über die Gebühren zum Bürgerrechtsgesetz (GebV-BüG; SR 141.21) sind die Tarife und Zahlungsmodalitäten für die Einbürgerungsverfahren enthalten. Da der Bund bei seinen Verfahren für Inlandgesuche erst nachträglich Rechnung stellt, kann es vorkommen, dass die neu eingebürgerte Person die Gebühr nicht entrichtet und trotzdem das Schweizer Bürgerrecht erhält. Es soll im Sinne einer einheitlichen und praktikablen Lösung ­ die schon heute bei den Auslandgesuchen zur Anwendung gelangt ­ möglich werden, die Gebühren für Inlandgesuche als Vorauszahlung einzuziehen. Die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller soll daher künftig ihrem oder seinem eingereichten Gesuch mit den bisher verlangten Gesuchsunterlagen zusätzlich einen Beleg über die geleistete Zahlung beifügen.

1.2.2

Eignungsvoraussetzungen

1.2.2.1

Integrationsbegriff

Schon unter heutigem Recht bildet die Integration eine Voraussetzung für die ordentliche und erleichterte Einbürgerung. Der Begriff wird jedoch im geltenden Bürgerrechtsgesetz nicht näher präzisiert. Verständnisschwierigkeiten und sogar Missverständnisse sind mit dem Gebrauch der gleichlautenden Schlüsselbegriffe im Ausländer- bzw. Einbürgerungsrecht verbunden. Eine Klarstellung der Begriffe ist daher geboten.

2831

Die neu vorgesehene Formulierung im Gesetz entspricht inhaltlich zwar weitgehend dem heutigen Recht. Dabei wird jedoch der Integrationsbegriff dem Ausländerrecht angeglichen. Er setzt sich im Wesentlichen zusammen aus der Beachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Respektierung der Werte der Bundesverfassung, der Fähigkeit, sich in einer Landessprache zu verständigen sowie im Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben oder dem Erwerb von Bildung. Dieser letztere Begriff entspricht weitgehend Artikel 4 Buchstabe d der geltenden Verordnung vom 24. Oktober 2007 über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern (VIntA; SR 142.205). Wenngleich die Aufzählung der Integrationskriterien in den Artikeln 12 und 20 des Gesetzes eine gewisse Klärung der Einbürgerungserfordernisse verschafft, wird es unumgänglich sein, die Grenzen hinreichender Integration in der nachgelagert auszuarbeitenden Ausführungsverordnung zu konkretisieren und dabei die Weiterentwicklung des schweizerischen Integrationsrechts (vgl. den Bericht des Bundesrates vom 5. März 2010 zur Weiterentwicklung der Integrationspolitik des Bundes) zu berücksichtigen.

Die neuen Bestimmungen erlauben es den Kantonen auch weiterhin, weitere Konkretisierungen vorzunehmen. Beispielsweise können sie zur Sicherstellung einer besseren örtlichen Integration festlegen, dass für die Gutheissung eines Gesuches um ordentliche Einbürgerung gute Sprachkenntnisse der am Wohnort vorherrschend gesprochenen Landessprache zwingend erforderlich sind.

1.2.2.2

Sonderfall: Unverschuldetes Unvermögen zur Integration

In seinem Entscheid vom 16. Dezember 2008 hat das Bundesgericht im Fall einer körperlich behinderten Person, die aufgrund ihrer Behinderung sozialhilfebedürftig war und damit das Einbürgerungserfordernis der wirtschaftlichen Selbsterhaltungsfähigkeit nicht erfüllen konnte, entschieden, dass durch die Anwendung derselben Voraussetzungen wie für Nichtbehinderte ein Einbürgerungshindernis vorliege, welches einbürgerungswillige behinderte Personen diskriminiere. Das Gericht hat in der Folge die Beschwerde gutgeheissen und den Einbürgerungsentscheid zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen (BGE 135 I 49 ff). Nebst jenen Fällen, in welchen Personen mit körperlicher oder geistiger Behinderung betroffen sind, können auch Personen mit altersbedingter Lernschwäche oder anderen intellektuellen Einschränkungen oder mit einer psychischen oder chronischen Erkrankung die vorgesehenen Einbürgerungsvoraussetzungen kaum erfüllen. Der Situation solcher Personen ist im Einbürgerungsverfahren angemessen Rechnung zu tragen.

Bei einer Person, die Sozialhilfe bezieht, kann nicht grundsätzlich darauf geschlossen werden, dass sie die Integrationskriterien nicht erfüllt. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn der Sozialhilfebezug auf einem Selbstverschulden der einbürgerungswilligen Person beruht; das Selbstverschulden ist dann gegeben, wenn kein Wille zur Teilnahme am Wirtschaftsleben besteht.

2832

1.2.2.3

Öffentliche Sicherheit und Ordnung

Neu wird unter den Integrationsbegriff das Kriterium der «öffentlichen Sicherheit und Ordnung» subsumiert, worunter namentlich auch das Einhalten der schweizerischen und soweit ausländische Bestimmungen im schweizerischen Recht sinngemäss Geltung finden ausländischen Rechtsordnung verstanden wird. Inhalt und Bedeutung dieser vom Ausländerrecht übernommenen Terminologie (vgl. Art. 80 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit, VZAE; SR 142.201) sind in der neuen Bürgerrechtsverordnung zu konkretisieren. Zur Begriffsklärung kann auf die Ausführungen des erläuternden Berichts zur Revision von Artikel 62 AuG verwiesen werden: Demzufolge beinhaltet die «öffentliche Sicherheit» die Unverletzlichkeit der Rechtsgüter der Einzelnen sowie der Einrichtungen des Staates, während unter dem Begriff der «öffentlichen Ordnung» die objektive Rechtsordnung sowie die Gesamtheit der ungeschriebenen Ordnungsvorstellungen, deren Befolgung nach der herrschenden sozialen und ethischen Anschauung als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens anzusehen ist, verstanden wird.

Eine Verletzung der objektiven Rechtsordnung wäre zum Beispiel auch dort anzunehmen, wo ein Familienvater oder eine Familienmutter die Beschneidung der Tochter oder Kinderverlöbnisse organisiert, oder wo die Eltern ihre Kinder zum Eingehen einer Zwangsehe verpflichten. Diese Verhaltensweisen sind als Vorbereitungshandlungen bzw. Teilnahmeformen zur Körperverletzung und Nötigung strafbar. Die ungeschriebenen Ordnungsvorstellungen umfassen namentlich die Beachtung behördlicher Verfügungen sowie die Einhaltung öffentlich-rechtlicher oder privater Verpflichtungen (z.B. sollen keine Betreibungen oder Steuerschulden vorliegen, Alimente werden fristgerecht bezahlt). Abschliessend lässt sich sagen, dass der Begriff der «öffentlichen Sicherheit und Ordnung» das Beachten der schweizerischen Rechtsordnung nicht nur zwingend miteinschliesst, sondern sogar darüber hinausgeht.

1.2.2.4

Respektierung der Werte der Bundesverfassung

Auch die Respektierung der Werte der Bundesverfassung und der universellen Werte des internationalen Menschenrechtsschutzes als Bestandteil der Integration ist in der Verordnung zum Bürgerrechtsgesetz zu konkretisieren. Eine Verletzung kann u.a. darin liegen, dass das Gewaltmonopol des Staates oder die Gleichstellung von Mann und Frau abgelehnt wird. Ein von der Mehrheit abweichendes, aber grundrechtlich geschütztes Handeln steht im Einklang mit den Werten der Bundesverfassung und darf nicht zu Ungunsten der einbürgerungswilligen Person ausgelegt werden.

Eine spezielle Ausprägung fehlenden Respekts gegenüber den Werten zeigt sich zuweilen im politischen oder religiösen Extremismus. Unter politischem Extremismus werden diejenigen politischen Richtungen verstanden, welche die Werte der freiheitlichen Demokratie und des Rechtsstaats ablehnen; religiöser Extremismus richtet sich gegen die staatlich garantierte Religions- und Kultusfreiheit (vgl. den Extremismusbericht vom 25. August 2004). Personen, die sich beispielsweise einer Organisation mit extremer politischer Ausrichtung angeschlossen haben und sich durch ihr Verhalten oder Äusserungen zu deren Werten bekennen, sollen wegen 2833

ungenügender Integration von der Einbürgerung ausgeschlossen werden. Die Ausschlussgründe sind auf Verordnungsstufe aufzuführen und zu konkretisieren.

Die Fraktion CVP/EVP/glp verlangt mit ihrer Motion vom 9. März 2010 (10.3067 Einführung einer Charta bei Einbürgerungen), dass einbürgerungswillige Personen vor der Einbürgerung eine Charta unterzeichnen müssen. Bei Nichteinhaltung der Charta oder bei einem Verstoss könne die Einbürgerung nochmals überprüft werden.

Das Anliegen, wonach einbürgerungswillige Personen vor der Einbürgerung eine Erklärung zum Beachten der verfassungsmässigen Grundwerte (Charta) abgeben müssen, ist zu begrüssen. Mit Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe b BüG wird die gesetzliche Grundlage für die Einführung einer solchen Charta geschaffen. Die konkrete Ausgestaltung dieser Erklärung soll ebenfalls in der Ausführungsverordnung näher umschrieben werden. Den Vorstoss der Fraktion CVP/EVP/glp lehnt der Bundesrat indes ab, da er seines Erachtens zu weit geht. Laut der Motion stünde die Möglichkeit offen, nach erfolgter Einbürgerung in jedem Fall ein Nichtigkeitsverfahren einzuleiten, sollte die eingebürgerte Person die Charta nicht beachten. Nach Auffassung des Bundesrates sollen solche Nichtigkeitsverfahren (nach Art. 36 Abs. 1 BüG) jedoch nur eingeleitet werden können, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller schon zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Charta offenbar nicht bereit war, die Werte der Bundesverfassung zu respektieren.

Davon könnte etwa dann ausgegangen werden, wenn jemand trotz Unterzeichnung der Erklärung vor der Einbürgerung terroristische Mittel befürwortet oder zum Genozid an bestimmten Personengruppen aufgerufen hat.

1.2.2.5

Verständigung in einer Landessprache

Hinsichtlich der Sprachkenntnisse verlangt der Bund die Fähigkeit, sich in einer Landessprache verständigen zu können. Demgegenüber soll es den Kantonen auch künftig überlassen bleiben, ob sie bei der ordentlichen Einbürgerung in ihrer Gesetzgebung weitergehende Kenntnisse, beispielsweise Kenntnisse der am Wohnort gesprochenen Sprache, festschreiben wollen. Diese Kompetenzaufteilung steht im Einklang mit Artikel 38 Absatz 2 der Bundesverfassung, wonach der Bund Mindestvorschriften über die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern durch die Kantone erlassen kann und die Einbürgerungsbewilligung erteilt.

Bei den erleichterten Einbürgerungen, die in Bundeszuständigkeit liegen, werden Kenntnisse einer Landessprache und nicht derjenigen der am Wohnort gesprochenen Sprache verlangt. Bei Auslandgesuchen um erleichterte Einbürgerung ist die Bezugnahme auf eine Ortsprache mangels eines inländischen Wohnsitzes zudem nicht möglich. Abhängig vom Ergebnis der parlamentarischen Beratungen wird der Bund im Rahmen der Verordnung zum Bürgerrechtsgesetz unter Berücksichtigung der Weiterentwicklung des Integrationsrechts (vgl. den Bericht des Bundesrates vom 5. März 2010 zur Weiterentwicklung der Integrationspolitik des Bundes) verbindlich festlegen, welche Anforderungen an die Sprachkenntnisse verlangt werden. Dabei werden das vom Bundesrat in Auftrag gegebene und derzeit vom Bundesamt für Migration entwickelte Rahmenkonzept Sprachförderung sowie das Rahmencurriculum für die sprachliche Förderung von Migrantinnen und Migranten, insbesondere die darin enthaltenen Empfehlungen und Instrumente zur Standortbestimmung und Evaluation, massgebend sein. Es soll sichergestellt werden, dass die gesuchstellende Person eine Landessprache so gut versteht und sich darin hinreichend gut aus2834

drücken kann, dass sie sich im Alltag angemessen verständigen kann und in der Lage ist, die politischen Rechte auszuüben.

1.2.2.6

Wille zur Teilnahme am Wirtschaftsleben oder dem Erwerb von Bildung

Diesem Integrationskriterium liegt der Grundsatz der wirtschaftlichen Selbsterhaltungsfähigkeit zu Grunde. Die gesuchstellende Person soll im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung und auf absehbare Zeit in der Lage sein, für sich und ihre Familie aufzukommen, sei dies durch Einkommen, Vermögen oder Leistungen Dritter, auf die ein Anspruch besteht (z.B. Sozialversicherungen, Unterhaltsleistungen gemäss Zvilgesetzbuch, ZGB, SR 210; Leistungen des Kantons an Personen in Ausbildung). Das Ausländerrecht sieht vor, dass bei dauerhafter und erheblicher Sozialhilfeabhängigkeit die Niederlassungsbewilligung widerrufen werden kann (Art. 63 Abs. 1 Bst. c AuG). Sind die Voraussetzungen für den Widerruf der Niederlassungsbewilligung im Einzelfall gegeben, ist folgerichtig auch das Integrationskriterium von Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d BüG nicht erfüllt.

Bei der Beurteilung dieses Integrationskriteriums ist grundsätzlich die effektive Teilnahme am Wirtschaftsleben respektive der tatsächliche Erwerb von Bildung zu berücksichtigen. Indikatoren für den Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben sind beispielsweise ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis oder der Nachweis der wirtschaftlichen Unabhängigkeit (z.B. selbständige Erwerbstätigkeit). Der Wille zum Erwerb von Bildung zeigt sich im Nachweis aktueller Bildungstätigkeit (Lehrlingsvertrag, Diplom) oder durch die nachgewiesene Teilnahme an Kursen oder an Weiterbildungsveranstaltungen.

In Ausnahmefällen kann jedoch der von der einbürgerungswilligen Person zum Ausdruck gebrachte Wille genügen. So gilt das Erfordernis auch dann als erbracht, wenn: ­

Bemühungen für die Suche einer Arbeitsstelle, einer Aus- oder Weiterbildungstätigkeit nachgewiesen werden,

­

Temporärarbeitende (Aushilfe-/Temporärjobs) den Willen nachweisen, selbstverantwortlich zu leben.

In seiner Antwort auf die Anfrage Hodgers vom 18. März 2010 (10.1028 Präzisierungen zum Integrationskriterium des Willens zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zum Erwerb von Bildung) anerkennt der Bundesrat Betreuungspflichten als Grund für das Nichterfüllen des Integrationskriteriums; von anderen Integrationserfordernissen sollen Personen mit Betreuungspflichten jedoch nicht entbunden werden. Des Weiteren ist der Bundesrat der Auffassung, dass bei der Beurteilung des Kriteriums die unverschuldete Verhinderung an der Arbeitsaufnahme (z.B. wegen einer starken gesundheitlichen Beeinträchtigung) sowie die individuelle Situation der Ausländerin oder des Ausländers von den zuständigen Behörden umfassend zu berücksichtigen sind.

2835

1.2.2.7

Vertrautsein mit den schweizerischen Lebensverhältnissen

Nebst den eigentlichen Integrationskriterien bildet das Element des Vertrautseins mit den schweizerischen Lebensverhältnissen einen weiteren Bestandteil der verlangten Eignung zur Einbürgerung. Ein Vertrautsein ist etwa dann gegeben, wenn die einbürgerungswillige Person regelmässige Kontakte zu Schweizerinnen und Schweizern pflegt oder sich zugunsten eines lokalen Vereins engagiert. Ein Ausdruck des Vertrautseins mit den hiesigen Lebensverhältnissen zeigt sich auch in den Kenntnissen über die historisch bedeutsamen Ereignisse und über die geografischen und staatspolitischen Gegebenheiten der Schweiz. Mit der Erteilung des Bürgerrechts erhalten die betroffenen Personen auch Zugang zu politischen Rechten; sie nehmen an der politischen Willensbildung in unserem Land teil. Dazu gehört auf Bundesebene das aktive Wahlrecht bei Nationalratswahlen, das passive Wahlrecht bezüglich Nationalrat, Bundesrat und Bundesgericht, das Recht, an Abstimmungen aufgrund fakultativer oder obligatorischer Referenden teilzunehmen sowie das Recht, Volksinitiativen, Referendumsbegehren und Wahlvorschläge bei Nationalratswahlen zu unterzeichnen und einzureichen. Das Vertrautsein mit den schweizerischen Lebensverhältnissen als Eignungsvoraussetzung für die Einbürgerung setzt somit auch Kenntnisse zu diesen politischen Rechten in der Schweiz voraus.

1.2.3

Zulassung zum Einbürgerungsverfahren

1.2.3.1

Aufenthaltsstatus und Wohnsitz

Mit Blick auf die Herstellung einer weitgehenden Kohärenz zwischen Bürger- und Ausländerrecht sind auch die formellen Voraussetzungen zum Bürgerrechtsverfahren neu zu regeln. Auszugehen ist dabei vom Grundsatz, dass das Bürgerrecht als letzter Integrationsschritt die höchsten Anforderungen an die Integration stellen darf.

Folgerichtig wird daher für die ordentliche Einbürgerung der stabilste ausländerrechtliche Status, das heisst die Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis), vorausgesetzt. Damit bleiben namentlich Asylsuchende (N-Bewilligung) oder vorläufig aufgenommene Personen (F-Bewilligung) vom Einbürgerungsverfahren ausgeschlossen, da ihrem Aufenthaltsrecht nicht die erforderliche Dauerhaftigkeit und Stabilität zukommt. Dies betrifft ebenfalls Personen mit einer Legitimationskarte des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten sowie deren Familienangehörige. Doch auch Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung (B-Ausweis) wird zugemutet, vor der Einreichung eines Bürgerrechtsgesuchs für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sorgen zu müssen.

Die diesem Konzept zugrunde liegenden Zielsetzungen entsprechen weitgehend jenen der parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion, welche verlangt, dass nur eingebürgert werden kann, wer über eine Niederlassungsbewilligung verfügt (06.485 Parlamentarische Initiative. Keine Einbürgerung ohne vorher erteilte Niederlassungsbewilligung). Die Kommissionen beider Kammern haben der parlamentarischen Initiative Folge gegeben. Angesichts der laufenden Gesetzesrevision hat die SPK-N am 21. November 2008 beschlossen, das Geschäft vorläufig zu sistieren.

Der Nationalrat hat am 1. Oktober 2010 einer Fristverlängerung um zwei Jahre für die Ausarbeitung einer Vorlage zugestimmt.

2836

Da für die Erteilung der Niederlassungsbewilligung die materiellen Voraussetzungen der Integration gegeben sein müssen, wird von den Einbürgerungswilligen eine akive Integrationsleistung abverlangt, weshalb das Kriterium der blossen Anwesenheit in der Schweiz relativiert werden muss. Zudem sieht das Ausländerrecht vor, dass erfolgreich integrierten Ausländerinnen und Ausländern die Niederlassungsbewilligung vorzeitig erteilt werden kann: Sie können die Niederlassungsbewilligung nach einem ununterbrochenem Aufenthalt mit Aufenthaltsbewilligung nach bereits fünf Jahren erhalten (Art. 34 Abs. 4 AuG). Damit sollen jene Ausländerinnen und Ausländer belohnt werden, die dank ihrer überdurchschnittlich grossen Anstrengung nach kurzer Zeit einen hohen Integrationsgrad erlangt haben. Der im Ausländerrecht enthaltene Anreiz zur raschen Integration soll auch im Bürgerrecht wirksam sein.

Ausländerinnen und Ausländer, die sich rasch und erfolgreich integrieren, sollen daran nicht gehindert werden: Ihnen soll eine rasche Einbürgerung ermöglicht werden. Folgerichtig sieht die Gesetzesvorlage daher vor, die bisherige Aufenthaltsdauer von zwölf Jahren auf neu acht Jahre herabzusetzen. Erfolgreich integrierte Personen werden somit bereits nach acht Jahren Aufenthalt zum Einbürgerungsverfahren zugelassen. Personen, bei denen die Integration länger dauert, werden jedoch mit der Einreichung eines Gesuchs zuwarten müssen, bis sie in Anwendung des Ausländerrechts (vgl. Art. 34 AuG) nach zehn oder mehr Jahren Aufenthalt in der Schweiz eine Niederlassungsbewilligung erhalten haben. Mit der neuen Regelung kann das Ziel, wonach nur erfolgreich integrierte Personen eingebürgert werden, noch besser verfolgt werden. Zugleich führt sie zu einer Aufwertung der Verfahren zur Erteilung des C-Ausweises, ohne dass der den Kantonen beim Entscheid über die Erteilung der Niederlassungsbewilligung gewährte Spielraum eingeschränkt wird.

Im Hinblick auf die Situation von Staatsangehörigen aus den EU-Mitgliedstaaten, mit denen die Schweiz eine Niederlassungsvereinbarung abgeschlossen hat, ist auf Folgendes hinzuweisen: Sie erhalten die Niederlassungsbewilligung aufgrund dieser Abkommen unter Vorbehalt von Widerrufsgründen nach einem Aufenthalt von fünf Jahren. Das Freizügigkeitsabkommen sieht jedoch vor, dass ein Arbeitnehmer, der
Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist und mit einem Arbeitgeber des Aufnahmestaates ein Arbeitsverhältnis mit einer Dauer von mindestens einem Jahr eingegangen ist, eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren erhält, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis. Diese wird automatisch um mindestens fünf Jahre verlängert. Bei der ersten Verlängerung kann die Gültigkeitsdauer beschränkt werden, wenn der Inhaber seit mehr als zwölf aufeinander folgenden Monaten unfreiwillig arbeitslos ist; sie darf jedoch ein Jahr nicht unterschreiten (Art. 6 Anhang I des Abkommens vom 21. Juni 1999 über die Freizügigkeit, FZA; SR 0.142.112.681). Die Erteilung der Niederlassungsbewilligung an EU-Angehörige gilt somit unbeachtet der Niederlassungsvereinbarungen aufgrund der Regelung im Freizügigkeitsabkommen nicht mehr uneingeschränkt.

Damit haben die Kantone, denen der Vollzug des Bewilligungsrechts obliegt, in solchen Fällen die Möglichkeit, trotz bestehender Niederlassungsvereinbarung die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu verweigern.

2837

1.2.3.2

Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Aufenthaltsdauer

In seinem Beschluss zum Bericht über hängige Fragen des Bürgerrechts vom 9. März 2007 hat der Bundesrat erklärt, dass er sich für eine Harmonisierung der kantonalen Wohnsitzfristen innert nützlicher Frist einsetze. Sollte dies nicht möglich sein, erwäge er eine bundesrechtlich einheitliche Lösung. Im Sinne der Rechtsvereinheitlichung und dem Beschluss des Bundesrates am ehesten entsprechend wird für die kantonale und kommunale Aufenthaltsdauer eine Obergrenze von drei Jahren vorgeschlagen. Anlässlich der Vernehmlassung hat sich gezeigt, dass eine Bestimmung mit einer definierten Obergrenze grundsätzlich grössere Akzeptanz geniesst.

Im Weiteren soll für Wohnsitzwechsel innerhalb der Schweiz generell gelten, dass die Gemeinde, in welcher das Einbürgerungsgesuch eingereicht worden ist, bis zum Abschluss des Einbürgerungsverfahrens zuständig bleibt. Weitere Wohnsitzwechsel über die Gemeinde- oder Kantonsgrenze hinweg haben damit keine negativen Auswirkungen mehr auf ein einmal in Gang gesetztes Einbürgerungsverfahren. Mit diesen Bestimmungen wird auch dem heutigen Bedürfnis des Einzelnen und der Wirtschaft nach Mobilität Rechnung getragen (vgl. auch die Bemerkungen zu Art. 18).

1.2.3.3

Wartefrist für die Gesuchseinreichung

Bei einer verfügten Nichtigerklärung der Einbürgerung, die aufgrund falscher Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist, soll die betreffende Person nicht umgehend ein neues Einbürgerungsgesuch einreichen können. Es wird ihr daher von Gesetzes wegen eine zweijährige Wartefrist auferlegt.

Deren Fristenlauf beginnt erst mit Eintreten der Rechtskraft, d.h. nach der Beurteilung allfälliger Beschwerden gegen die Nichtigerklärung.

1.2.4

Verbesserung der Entscheidgrundlagen

1.2.4.1

Amtshilfe

Zuweilen beschweren sich Einbürgerungsbehörden in den Kantonen, dass ihnen relevante Informationen durch andere Behördenstellen vorenthalten werden. Am 20. Dezember 2006 hat Nationalrat Marcel Scherer eine Motion (06.3875 Motion.

Einbürgerungen nur mit klaren Einbürgerungsgrundlagen) eingereicht, worin er den Bundesrat auffordert, eine Rechtsgrundlage zu schaffen, die es den Einbürgerungsbehörden ermöglicht, auf alle zur Verfügung stehenden Informationen zugreifen zu können wie z.B. Leumundsberichte, Strafregister, hängige Untersuchungen etc. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 21. Februar 2007 die Annahme der Motion beantragt. Im Bericht Jugendgewalt des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 11. April 2008 wurde zur besseren Prüfung der Einbürgerungsvoraussetzungen durch Kantone und Gemeinden eine geeignete Massnahme darin erkannt, dass die teilweise mangelnden Abklärungen der Einbürgerungsbehörden über den Integrationsgrad der Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller verbessert werden, indem den Einbürgerungsbehörden empfohlen werde, vermehrt Abklärungen bei Polizei, Gerichts- und Schulbehörden durchzuführen. Dabei sei insbesondere 2838

den Jugendstrafen verstärkt Beachtung zu schenken (a.a.O., S. 45). Zudem wurde zur Verbesserung des Datenaustausches zwischen den Einbürgerungsbehörden und den übrigen von Integrationsfragen betroffenen Behörden angeregt, es sei im Bürgerrechtsgesetz die Schaffung eines Zugriffsrechts für die Einbürgerungsbehörden auf die Daten kantonaler und kommunaler Behörden zu prüfen (a.a.O., S. 53).

Bei den für das Einbürgerungsverfahren massgebenden Entscheidgrundlagen handelt es sich zum Teil um besonders schützenswerte Personendaten im Sinne von Artikel 3 Buchstabe c des Datenschutzgesetzes vom 19. Juni 1992 (DSG; SR 235.1). Die Bearbeitung und insbesondere die Weitergabe solcher Daten bedarf einer formellgesetzlichen Grundlage. Für die im Bürgerrechtsbereich tätige Bundesbehörde findet sich eine entsprechende Regelung in den bisherigen Artikeln 49a und 49b BüG.

Demnach kann der Bund den Kantonen und Gemeinden, die mit Aufgaben im Bürgerrechtsbereich betraut sind, alle Personendaten bekanntgeben, die zur Erfüllung dieser Aufgaben notwendig sind. Anders ist die Rechtslage für die Einbürgerungsverfahren auf kantonaler Ebene. Gegenwärtig haben die Kantone im Bereich der Einbürgerungsverfahren stark voneinander abweichende Datenschutzbestimmungen mit zum Teil lückenhafter Regelung. Es ist sinnvoll, wenn die Handlungsmöglichkeiten der kantonalen Einbürgerungsbehörden vereinheitlicht und auf eine einheitliche rechtliche Grundlage abgestützt werden, da die kantonalen Erhebungen das Einbürgerungsverfahren auf Bundesebene massgebend beinflussen. Zu diesem Zweck muss der Bund eine Rechtsgrundlage schaffen, die im Einklang mit den datenschutzrechtlichen Bestimmungen steht und die kantonalen Einbürgerungsorgane ermächtigt, von den zuständigen Behörden bestimmte entscheidrelevante Informationen einzufordern. Im Rahmen der Gesetzesrevision soll daher ein Artikel zur Amtshilfe (Art. 45) eingeführt werden. Gestützt auf diese Ermächtigungsnorm geben die mit dem Vollzug des Bürgerrechtsgesetzes betrauten Behörden untereinander Daten bekannt, die sie zur Beurteilung des Erwerbs oder Verlusts des Schweizer Bürgerrechts benötigen (vgl. den Aufgabenkatalog nach Art. 45 Abs. 1 Bst. a­e).

Des Weiteren werden andere Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden verpflichtet, den mit dem Vollzug des Bürgerrechtsgesetzes betrauten Behörden Daten bekanntzugeben, die diese in Erfüllung ihrer Aufgaben nach Artikel 45 Absatz 1 benötigen.

1.2.4.2

Gesuchsprüfung Jugendlicher bei Familiengesuchen

Ab dem zwölften Altersjahr ist die Integration einer einbürgerungswilligen Person auch dann mit separaten Erhebungen zu prüfen, wenn sie in ein Familiengesuch miteinbezogen wird. Wichtig ist insbesondere, dass die Kantone auch Erhebungen bei den Schulbehörden vornehmen (vgl. auch die Bemerkungen zu Ziff. 1.2.4.1).

Damit soll sichergestellt werden, dass auch bei dieser Personengruppe eine Einbürgerung nur erfolgt, wenn eine erfolgreiche Integration gegeben ist.

2839

1.2.5

Vereinfachungen bei Wiedereinbürgerungen

1.2.5.1

Voraussetzungen

Vergleichbar wie bei der Integrationsvoraussetzung für die erleichterte oder ordentliche Einbürgerung sind die Kriterien bei der Wiedereinbürgerung zu klären. Bei der erleichterten Einbürgerung wird grundsätzlich eine erfolgreiche Integration verlangt, wenn sich die einbürgerungswillige Person in der Schweiz aufhält; hält sich die einbürgerungswillige Person im Ausland auf, wird eine enge Verbundenheit mit der Schweiz verlangt. Dies soll neu auch für die Wiedereinbürgerung gelten, weshalb das bisherige allgemeine Erfordernis der «Verbundenheit» durch den Begriff der «engen Verbundenheit» ersetzt wird. Das Kriterium der engen Verbundenheit bei Auslandgesuchen entspricht den Integrationskriterien bei Inlandgesuchen, womit dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung getragen wird.

Ausserdem wird der Begriff der engen Verbundenheit schon nach heutigem Recht bei verschiedenen Bestimmungen über die erleichterte Einbürgerung und die Wiedereinbürgerung verwendet (Art. 21 Abs. 2, 23 Abs. 2, 28 Abs. 1 Bst. b, 31b Abs. 1, 58a Abs. 1 und 3, 58c Abs. 2 BüG). Die Verwendung eines einheitlichen Begriffs drängt sich auch aus Gründen der Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit auf. Im Rahmen der Ausführungsverordnung soll der Begriff präziser umschrieben und konkretisiert werden.

Im heutigen Bürgerrechtsgesetz gibt es drei verschiedene Arten der Wiedereinbürgerung, je nachdem ob die gesuchstellende Person das Bürgerrecht durch Verwirkung (Art. 21 BüG), durch Entlassung (Art. 23 BüG) oder durch die Heirat mit einem Ausländer nach dem bis Ende 1991 geltenden Recht (Art. 58 BüG) verloren hat. Die Voraussetzungen sind dabei teilweise unterschiedlich. Es rechtfertigt sich eine Vereinfachung dieser Regelungen. Eine einzige Bestimmung für Personen, welche das Schweizer Bürgerrecht verloren haben, genügt unabhängig davon, ob der Verlust des Bürgerrechts aufgrund Verwirkung, Entlassung oder Heirat erfolgte.

Ein Gesuch um Wiedereinbürgerung kann innerhalb von zehn Jahren gestellt werden. Wie bis anhin soll es auch unter neuem Recht möglich bleiben, das verlorene Bürgerrecht nach Ablauf der zehnjährigen Frist wiederzuerwerben. In diesen Fällen wird jedoch neu ein dreijähriger Aufenthalt in der Schweiz vorausgesetzt.

1.3

Weitere Bürgerrechtsthemen

1.3.1

Widerruf von Bewilligungen und anderen Verfügungen

Die Frage, welchen ausländerrechtlichen Status eine Person nach Nichtigerklärung ihrer Einbürgerung erhält, ist nach bisherigem Recht nicht geregelt. Das Bundesgericht hat in seinem Leitentscheid vom 12. November 2008 (BGE 135 II 1 ff.) diese Lücke dahingehend geschlossen, dass nach der Nichtigerklärung einer erleichterten Einbürgerung der betroffenen Person die Rechtsstellung aus einer vorher erteilten Bewilligung erhalten bleibt, sofern inzwischen keine Erlöschens- oder Widerrufsgründe eingetreten sind. Die vorgeschlagenen Bestimmungen (vgl. Art. 62 und 63 AuG) übernehmen diese vom Bundesgericht entwickelten Grundsätze. Mit der Regelung der Rechtsstellung wird dem Anliegen der abgeänderten Motion Müller

2840

vom 2. Juni 2009 (09.3489 Motion. Aufenthaltsstatus des Ausländers nach Nichtigerklärung des Bürgerrechts) entsprochen.

1.3.2

Beitritt zur europäischen Staatsangehörigkeitskonvention sowie zur Konvention zur Vermeidung von Staatenlosigkeit bei Staatennachfolge

Ausserhalb des eigentlichen Gesetzestextes zum BüG, thematisch aber damit zusammenhängend, stellt sich die Frage eines Beitritts zur europäischen Staatsangehörigkeitskonvention vom 6. November 1997 (STE 166) und zur Konvention zur Vermeidung von Staatenlosigkeit bei Staatennachfolge vom 19. Mai 2006 (STE 200). Die Schweiz ist dem Europarat 1963 beigetreten.

Die Staatsangehörigkeitskonvention stellt die erste internationale Kodifikation der wesentlichen Grundsätze im Bereich des Bürgerrechts dar. Eines ihrer Hauptziele ist das Verbot von Diskriminierungen bei der Einbürgerung. Da die Schweiz bis Ende 2008 kein bundesrechtlich verankertes Beschwerderecht gegen diskriminierende Einbürgerungsentscheide kannte und in diesem Bereich kein Vorbehalt gemacht werden kann, konnte die Schweiz dieser Konvention nicht beitreten. Mit dem Inkrafttreten der Revision des Bürgerrechts per 1. Januar 2009 (SR 141.0, Art. 15b i.V.m. Art. 51) wurde auf kantonaler Ebene ein Beschwerderecht gegen diskriminierende Einbürgerungsentscheide eingeführt.

Die Konvention zur Vermeidung von Staatenlosigkeit bei Staatennachfolge sieht vor, dass Personen, die zum Zeitpunkt der Staatennachfolge die Staatsangehörigkeit des Vorgängerstaates besassen und infolge der Staatennachfolge staatenlos geworden sind, das Recht auf Staatsangehörigkeit des Nachfolgestaates besitzen. Obwohl die Schweiz nicht unmittelbar betroffen ist ­ die Konvention ist vor allem bei der Übertragung eines Gebiets von einem Staat an einen anderen, der Vereinigung von Staaten, der Auflösung eines Staates oder der Abtrennung eines oder mehrerer Gebietsteile von Bedeutung ­ würde der Beitritt die Haltung der Schweiz im Kampf gegen die Staatenlosigkeit auf internationaler Ebene unterstreichen.

1.4

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens und die Haltung des Bundesrates

Über die Vorlage einer Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes wurde vom 16. Dezember 2009 bis 22. März 2010 ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt.

In der Folge sind 71 Vernehmlassungen eingegangen, darunter jene von allen 26 Kantonen sowie von 6 politischen Parteien, 7 Wirtschafts- und Berufsverbänden sowie von 32 weiteren Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern. Die Stellungnahmen betrafen insbesondere die folgenden Punkte:

2841

1.4.1

Zur Stossrichtung der Vorlage

Die Vernehmlassungsteilnehmerinnen und ­teilnehmer begrüssten mehrheitlich die Stossrichtung der Vorlage (22 Kantone, 3 Parteien, 4 Wirtschafts- und Berufsverbände, 15 weitere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer). Die ablehnenden Stellungnahmen erfolgten aus unterschiedlichen, kontroversen Gründen; eine gewisse Skepsis und Ablehnung richtete sich namentlich gegen die Niederlassungsbewilligung als Einbürgerungsvoraussetzung sowie gegen die Herabsetzung der Aufenthaltsdauer. Vereinzelt wurden auch die unklaren finanziellen Auswirkungen auf die Kantone und Gemeinden sowie ein zu starker Eingriff in die kantonale Autonomie kritisiert.

1.4.2

Zur Vereinheitlichung der Verfahren

Ein massgebendes Optimierungspotenzial strebt die Vorlage durch eine Vereinheitlichung der Verfahren an. Dies soll durch die Beseitigung vorhandener Doppelspurigkeiten und Leerläufe sowohl bei den ordentlichen Einbürgerungsverfahren als auch bei den erleichterten Einbürgerungsverfahren geschehen, indem festgelegt wird, dass die Gesuche der Einbürgerungswilligen grundsätzlich beim Kanton einzureichen sind (Art. 25) und der Bund erst am Schluss, d.h. nach Durchführung des kantonalen und kommunalen Verfahrens, die Gesuche prüft (Art. 13).

Bei den ordentlichen Einbürgerungsverfahren wurde der Regelungsvorschlag von Artikel 13 von 16 Kantonen und allen stellungnehmenden Parteien sowie 6 Wirtschafts- und Berufsverbänden befürwortet. Die ablehnenden Stimmen (10 Kantone) bemängelten, dass die Regelung einen allzu starken Eingriff in die kantonale Regelungshoheit mit sich bringe beziehungsweise mit dem kantonalen Recht nicht vereinbar sei.

Bei den erleichterten Einbürgerungverfahren (Verfahren in Bundeszuständigkeit) stiess die Regelung, dass der Verfahrensablauf gleich wie jener für die ordentlichen Verfahren gestaltet ist, ebenfalls auf überwiegende Zustimmung. Immerhin standen den 15 befürwortenden kantonalen Stimmen eine Gruppe aus 11 Kantonen mit ablehnender Haltung gegenüber. Gefordert wurde von beiden Gruppen, dass ein allfällig auftretender Mehraufwand bei den Kantonen vergütet werden müsse.

Zuweilen wurde es ausdrücklich abgelehnt, den Kantonen die Personal- und Infrastrukturkosten für sogenannt reine Bundesaufgaben zu übertragen; Gesuche für die Verfahren des Bundes seien weiterhin bei diesem einzureichen.

1.4.3

Zur Einführung von Fristen

Im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung soll der Bund gemäss Gesetzesentwurf ermächtigt werden, gegenüber den Kantonen für die Durchführung von Erhebungen Ordnungsfristen vorzusehen (Art. 34). 14 Kantone und 3 Parteien begrüssten den Vorschlag. Zuweilen wurde eine grosszügige Ordnungsfrist von einem Jahr beantragt, zuweilen auch nur eine von höchstens drei Monaten. 11 Kantone und 2 Parteien sprachen sich gegen Ordnungsfristen aus, da dies ein unverhältnismässiger Eingriff in die Verfahrens- und Organisationshoheit der Kantone sei. Zudem würden sich die zu bearbeitenden Dossiers eher beim Bund stauen als bei den Kantonen.

2842

In Artikel 14 wurde sodann eine Gültigkeitsfrist der Einbürgerungsbewilligung von 6 Monaten vorgeschlagen. 12 Kantone sowie 5 Parteien unterstützten diesen Vorschlag. 14 Kantone lehnten ihn ab, kritisierten den Eingriff in die kantonale Verfahrenshoheit oder stellten die Praxistauglichkeit der Bestimmung in Frage. Mehrere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer schlugen zudem längere Fristen sowie eine allfällige Verlängerungsmöglichkeit in besonderen Fällen vor.

1.4.4

Zur Berechnung und Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Aufenthaltsdauer

Zwecks Herstellung der Kohärenz mit dem AuG sowie einer verstärkten Harmonisierung der kantonalen Regelungen hat die Bürgerrechtsvorlage vorgeschlagen, nur noch Aufenthalte mit einer Niederlassungs-, Aufenthaltsbewilligung oder im Rahmen einer vorläufigen Aufnahme an die Aufenthaltsdauer anzurechnen (Art. 33).

Wenngleich 16 Kantone, 4 Parteien, 3 Wirtschafts- und Berufsverbände sowie 9 weitere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer die Regelung befürworteten, ging sie Einzelnen davon immer noch zu wenig weit. Nach ihnen sollten auch die Aufenthalte im Rahmen einer vorläufigen Aufnahme nicht mehr an die erforderliche Aufenthaltsdauer angerechnet werden. Ein Kanton verlangte einen Wechsel der Zulassungsbedingungen vom Aufenthaltsstatus zur tatsächlichen Wohnsitznahme. 7 Kantone, 2 Parteien, 2 Wirtschafts- und Berufsverbände sowie 11 weitere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer lehnten die Regelung ab, vornehmlich, weil die Regelung eine zu grosse Verschärfung der Zulassung zum Einbürgerungsverfahren mit sich bringe.

Sodann versuchte der Vorentwurf der heutigen Mobilität in Gesellschaft und Beruf Rechnung zu tragen und die Wohnsitzwechsel als Hürden auf dem Weg zur Einbürgerung weniger stark zu gewichten (Art. 18). Zu diesem Zweck stipulierte der Vorentwurf die Festlegung einer Obergrenze der Aufenthaltsdauer bei Wohnsitzwechseln von Einbürgerungswilligen in zwei Varianten. Die erste Variante beschränkte sich auf eine allgemeine Umschreibung (die Mindestaufenthaltsdauer soll die Dauer, welche für eine erfolgreiche Integration üblicherweise erforderlich ist, nicht übersteigen), während die zweite eine zeitlich verbindliche Obergrenze von höchstens drei Jahren beinhaltete. Im Rahmen der Vernehmlassung zeigte sich eine klare Ablehnung von Variante 1 (20 Kantone, 4 Parteien, 3 Wirtschafts- und Berufsverbände dagegen; 4 Kantone, 1 Partei, 2 Wirtschafts- und Berufsverbände dafür).

Demgegenüber wurde die Variante 2 deutlich befürwortet (16 Kantone, 4 Parteien, 4 Wirtschafts- und Berufsverbände dafür; 9 Kantone, 1 Partei, 2 Wirtschafts- und Berufsverbände dagegen).

Bei der Frage, ob die Aufenthaltsdauer bei einem Wohnsitzwechsel innerhalb oder ausserhalb des Kantons anzurechnen sei, wiederholte sich tendenziell das Resultat der Variantenabstimmung. Dem Vorschlag der Anrechnung gemäss
Variante 2 wurde der Vorzug gegeben, wobei der zustimmende Anteil nochmals grösser wurde (20 Kantone, 4 Parteien, 4 Wirtschafts- und Berufsverbände dafür; 4 Kantone, 1 Partei dagegen). Die Vernehmlassung hat gezeigt dass eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer zur Gewährleistung einer grösstmöglichen Mobilität die Anrechnung der Aufenthaltsdauer sowohl bei einem Wohnsitzwechsel innerhalb wie auch ausserhalb des Kantons begrüsst. Im Weiteren wurde angeregt, dass für den Wohnsitzwechsel innerhalb der Schweiz generell gelten soll, 2843

dass die Gemeinde bzw. der Kanton, in denen das Einbürgerungsgesuch gestellt worden ist, bis zum Abschluss des Einbürgerungsverfahrens zuständig bleiben.

1.4.5

Zu den materiellen Einbürgerungsvoraussetzungen

Die materiellen Voraussetzungen sind im neuen Artikel 11 enthalten. Namentlich die bisherige Anforderung des «Beachtens der schweizerischen Rechtsordnung» soll neu unter dem Begriff des «Beachtens der öffentlichen Sicherheit und Ordnung» geregelt werden. Sowohl die materiellen Einbürgerungsvoraussetzungen von Artikel 11 wie auch die in den Artikeln 12 und 20 enthaltenen Integrationskriterien (Beachten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Respektierung der Werte der Bundesverfassung, Landessprache, Wille zur Teilnahme am Wirtschaftsleben oder zum Erwerb von Bildung) wurden von den Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern mit überaus deutlicher Mehrheit befürwortet (zwischen 21­26 Kantone sowie 2­5 Parteien unterstützten jeweils die betreffenden Vorschläge zu den Integrationskriterien).

1.4.6

Zu den formellen Voraussetzungen (Niederlassungsbewilligung/ Verkürzung der Aufenthaltsdauer)

Den formellen Einbürgerungsvoraussetzungen kommt der Charakter von eigentlichen Zulassungsbedingungen zum Verfahren zu. Neu wird die vorgängige Erlangung der Niederlassungsbewilligung verlangt (Art. 9 Abs. 1 Bst. a), womit eine maximale Kohärenz mit dem Ausländerrecht hergestellt wird. Da für deren Erteilung die materiellen Voraussetzungen ­ eine erfolgreiche Integration ­ gegeben sein müssen, was den Einbürgerungswilligen eine aktive Integrationsleistung abverlangt, muss das Kriterium der blossen Anwesenheit in der Schweiz relativiert werden.

Kommt hinzu, dass der im Ausländerrecht enthaltene Anreiz zur raschen Integration auch im Bürgerrecht wirksam sein soll. Folgerichtig wurde daher das formelle Erfordernis einer bestimmten Aufenthaltsdauer von bisher 12 auf 8 Jahre herabgesetzt (Art. 9 Abs. 1 Bst. b).

Dem neuen Erfordernis einer Niederlassungsbewilligung stimmten 20 Kantone, 4 Parteien, 1 Wirtschafts- und Berufsverband sowie 9 weitere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer zu. Hingegen lehnten 6 Kantone, 2 Parteien und 5 Wirtschaft- und Berufsverbände sowie 18 weitere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer die Verschärfung ab. Kritisiert wurde insbesondere die einschränkende Verknüpfung mit dem Ausländerrecht, zumal dem ausländerrechtlichen Status nur begrenzte Aussagekraft über den Grad der Integration zukomme. Die kritischen Stimmen machten u.a. geltend, dass der Ausschluss von Personen ohne Niederlassungsbewilligung unverhältnismässig bzw. gegenüber Personen aus Drittstaaten oder auch gegenüber behinderten Personen diskriminierend sei und für Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen zu besonderer Härte führe. Der neu eingeführte Grundsatz, dass die ordentliche Einbürgerung eine Niederlassungsbewilligung voraussetze, würde insbesondere auch Kinder benachteiligen, die lediglich eine vorläufige Aufnahme (F-Ausweis) oder eine Jahresaufenthaltsbewilligung (B-Ausweis) haben.

2844

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Ausländergesetz im Hinblick auf die Erteilung von Niederlassungsbewilligungen ausdrückliche Erleichterungen für Kinder vorsieht. Ausländische Kinder unter 12 Jahren von Schweizerinnen und Schweizern (Art. 42 Abs. 4 AuG) sowie von Niedergelassenen (Art. 43 Abs. 3 AuG) haben direkt Anspruch auf die Erteilung der Niederlassungsbewilligung. Zudem wird mit der vorliegenden Revision bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer auch den Interessen der Jugendlichen Rechnung getragen. Für die Jahre, die ein Jugendlicher zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr in der Schweiz verbracht hat, erfolgt eine doppelte Anrechnung (Art. 9 Abs. 2 BüG). Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass das Ausländergesetz bei einer erfolgreichen Integration auch für Jugendliche vorsieht, dass diese nach fünf Jahren Aufenthalt mit einer Aufenthaltsbewilligung die Niederlassungsbewilligung erhalten können (Art. 34 Abs. 4 AuG).

Im Hinblick auf die Situation der vorläufig aufgenommenen Kinder ist schliesslich festzuhalten, dass hier regelmässig die Wegweisung verfügt und als Ersatzmassnahme die vorläufige Aufnahme angeordnet wurde (Art. 83 AuG). Das Ausländergesetz sieht jedoch die Möglichkeit vor, dass diese Personen grundsätzlich nach einem Aufenthalt von über fünf Jahren eine Aufenthaltsbewilligung erhalten können (Art. 84 Abs. 5 AuG), womit sie im Ergebnis über einen gesicherten Aufenthaltstitel verfügen. Tatsächlich stellt die vorgeschlagene Neuregelung der Niederlassungsbewilligung für die Einbürgerung für diese Personengruppe eine Verschärfung der bisherigen Regelung dar. Dennoch erweist sich diese als angezeigt und verhältnismässig, zumal der Aufenthalt in der Schweiz im Rahmen der vorläufigen Aufnahme eben gerade nicht auf einen Daueraufenthalt in der Schweiz abzielt.

Was die Situation der Flüchtlinge betrifft, ist festzuhalten, dass nach geltendem Recht anerkannte Flüchtlinge fünf Jahre nach der Einreise einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Niederlassungsbewilligung haben (Art. 60 Abs. 2 AsylG).

Die Verkürzung der Aufenthaltsdauer für die ordentliche Einbürgerung wurde von 16 Kantonen, 3 Parteien sowie 4 Wirtschafts- und Berufsverbänden begrüsst.

Namentlich die Möglichkeit zur Belohnung derjenigen Personen, die dank ihrer grossen Anstrengung nach kurzer Zeit einen hohen Integrationsgrad
erlangt haben, wurde gutgeheissen. Hingewiesen wurde dabei allerdings auf den Umstand, dass bei dieser Regelung auf die doppelte Anrechnung des Aufenthalts bei Jugendlichen zu verzichten sei. Abgelehnt wurde die Herabsetzung der Aufenthaltsdauer von 10 Kantonen, 3 Parteien sowie 2 Wirtschafts- und Berufsverbänden. Ihrer Auffassung nach sei nach acht Jahren weder eine erfolgreiche Integration gewährleistet, noch werde diese durch die Herabsetzung vorangetrieben. Vereinzelt wurde gefordert, dass eine fünfjährig bestehende Niederlassungsbewilligung vorauszusetzen sowie eine Wohnsitzpflicht einzuführen sei.

1.4.7

Zur Privilegierung für Kinder und Jugendliche

Wie schon unter geltendem Recht soll bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer für Kinder und Jugendliche zwischen dem 10. und 20. Altersjahr eine Doppelzählung möglich sein (Art. 9 Abs. 2). Diesem Vorschlag konnten sich 15 Kantone und 5 Parteien anschliessen, während 10 Kantone die vorgeschlagene Privilegierung ablehnten. Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass sich angesichts der Verkürzung der erforderlichen Aufenthaltsdauer eine Einschränkung der Privilegierung

2845

rechtfertige, z.B. durch die Auferlegung einer Mindestfrist oder der altersmässig restriktiveren Festlegung der Doppelzählung.

1.4.8

Zum Beitritt der Schweiz zu zwei Konventionen des Europarates

Der Beitritt der Schweiz zu den beiden Konventionen wurde mehrheitlich begrüsst (17 Kantone, 3 Parteien, 3 Wirtschafts- und Berufsverbände, 9 weitere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer dafür; 1 Kanton, 2 Parteien, 1 Wirtschaftsund Berufsverband, 2 weitere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer dagegen). 5 Kantone haben sich einer Stellungnahme dazu enthalten.

Eine Verknüpfung des Beitritts mit der Gesetzesrevision wurde jedoch deutlich abgelehnt (15 Kantone, 2 Parteien, 2 Wirtschafts- und Berufsverbände, 9 weitere Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmer dagegen; 7 Kantone, 3 Parteien, 3 Wirtschafts- und Berufsverbände, 5 weitere Vernehmlassungsteilnehmer dafür).

Folglich ist ein Beitritt der Schweiz zu diesen beiden Konventionen nach Abschluss der vorliegenden Totalrevision zu prüfen. Erst dann kann festgestellt werden, ob die Vorgaben der Konventionen eingehalten werden, beziehungsweise ob und allenfalls welche Vorbehalte anzubringen sind. Ein Beitritt zu den genannten Konventionen würde dabei ein politisches Bekenntnis der Kooperation mit dem Europarat beinhalten, ohne neue Verpflichtungen für die Schweiz zu schaffen.

1.4.9

Diverses

In weiteren Punkten wurde wiederholt angeregt, im Rahmen der Gesetzesrevision eine Erleichterung für Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation vorzusehen und die registrierte Partnerschaft einbürgerungsrechtlich der Ehe gleichzustellen. Nach geltendem Verfassungsrecht regelt der Bund umfassend und abschliessend den Erwerb und Verlust der Bürgerrechte durch Abstammung, Heirat und Adoption (Art. 38 Abs. 1 BV). Im Erwerb des Bürgerrechts durch Abstammung kommt das geltende Einbürgerungsprinzip des ius sanguinis zum Ausdruck. Einbürgerungserleichterungen für Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation gründen allerdings auf dem Prinzip des ius soli. Dieses Prinzip ist als solches bislang in der geltenden Bundesverfassung nicht vorgesehen, weshalb die Verfassung entsprechend erweitert und revidiert werden müsste. Die parlamentarische Initiative Marra vom 9. Juni 2008 (08.432 Parlamentarische Initiative. Die Schweiz muss ihre Kinder anerkennen), wonach Ausländerinnen und Ausländer der dritten Generation erleichtert einzubürgern sind, würde eine solche Verfassungsrevision vorsehen. Die Parlamentarische Initiative ist allerdings vorläufig sistiert worden (Entscheid SPK-N vom 10. September 2010).

Erleichterungen für die registrierten ausländischen Partnerinnen und Partner von Schweizer Bürgern setzen ebenfalls eine Verfassungsrevision voraus. Mit der Heirat wird nach heutiger Auffassung des Gesetzgebers eine Ehe im traditionellen Sinne geschlossen, das heisst, dass ausschliesslich die monogame Verbindung zwischen Mann und Frau gemeint ist (vgl. die Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 1).

2846

Eine solche Verfassungsrevision, die diesen Anliegen Rechnung trägt, kann unabhänig von der vorliegenden Gesetzesrevision geprüft werden.

1.5

Änderung der Vorlage gestützt auf die Vernehmlassung

Gestützt auf die Vernehmlassungsergebnisse wurde die Gesetzesvorlage in den folgenden Punkten angepasst:

1.5.1

Zur Vereinheitlichung der Verfahren

Auf eine neue Regelung, wonach die Gesuche um erleichterte Einbürgerung beim Wohnsitzkanton eingereicht werden müssen, wird verzichtet. Damit wird den Anliegen der Kantone Rechnung getragen.

1.5.2

Zur Einführung von Fristen

Die Gültigkeitsdauer der Einbürgerungsbewilligung wird von 6 Monaten auf 1 Jahr angehoben (Art. 14). Damit wird den Bedürfnissen der Praxis entsprochen.

Im Verfahren vor den Bundesbehörden werden ebenfalls neu Ordnungsfristen eingeführt (Art. 34), wobei die genaueren Regelungen im Rahmen der Ausführungsverordnung festzulegen sind.

1.5.3

Zur Berechnung und Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Aufenthaltsdauer

Die zulässige Obergrenze für die kantonale bzw. kommunale Mindestaufenthaltsdauer bei einem Gemeinde- oder Kantonswechsel wird auf drei Jahre festgelegt.

Zudem wird die in der Vernehmlassung vorgeschlagene Zuständigkeitsregelung eingeführt: Beim Wohnsitzwechsel innerhalb der Schweiz soll neu generell gelten, dass die Gemeinde, in welcher das Einbürgerungsgesuch eingereicht worden ist, bis zum Abschluss des Einbürgerungsverfahrens zuständig bleibt.

1.5.4

Zur Privilegierung für Kinder und Jugendliche

Auch bei Herabsetzung der Aufenthaltsdauer auf neu acht Jahre wird an der Doppelzählung bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer bei Kindern und Jugendlichen zwischen dem 10. und 20. Altersjahr festgehalten. Um den Anliegen von gewissen Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern Rechnung zu tragen, wird für diese Kinder und Jugendlichen neben der Niederlassungsbewilligung neu eine Mindestaufenthaltsdauer von sechs Jahren eingeführt (Art. 9 Abs. 2).

2847

1.5.5

Zum Beitritt der Schweiz zu zwei Konventionen des Europarates

Der Beitritt der Schweiz zur europäischen Staatsangehörigkeitskonvention sowie zur Konvention zur Vermeidung von Staatenlosigkeit bei Staatennachfolge soll unabhängig von der vorliegenden Gesetzesrevision geprüft werden. Erst nach Abschluss der vorliegenden Revision lässt sich feststellen, ob die Vorgaben der erwähnten Konventionen eingehalten werden bzw. wo allenfalls Vorbehalte anzubringen sind.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

1. Titel: Erwerb und Verlust von Gesetzes wegen 1. Kapitel: Erwerb von Gesetzes wegen Art. 1

Erwerb durch Abstammung

Diese Bestimmung entspricht Artikel 1 des heutigen Bürgerrechtsgesetzes. Zur Präzisierung sei hier festgehalten, dass Buchstabe a diejenigen Fälle regelt, in denen die Eltern bereits im Zeitpunkt der Geburt des Kindes miteinander verheiratet sind.

Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht verheiratet oder aber heiraten sie nachträglich, so kommt Absatz 2 zur Anwendung. Für das vor dem 1. Januar 2006 geborene ausländische Kind, dessen Vater Schweizer ist und nachträglich die Kindesmutter heiratet, ist die im Rahmen der vorliegenden Gesetzesrevision neu eingeführte Übergangsregelung nach Artikel 51 Absatz 3 massgebend (vgl. auch die Bemerkungen zu Art. 51 Abs. 3).

Art. 2

Kantons- und Gemeindebürgerrecht

Diese Bestimmung entspricht Artikel 4 des bisherigen BüG.

Art. 3

Findelkind

Diese Bestimmung entspricht Artikel 6 des heutigen Bürgerrechtsgesetzes, wobei für die Erteilung des Bürgerrechts neu auf den Fundort abgestellt wird, da dieser im Gegensatz zum Aussetzungsort immer sofort bestimmbar ist. In formaler Hinsicht wurde der Wortlaut von Absatz 1 an die Grundsätze einer geschlechtsneutralen Formulierung angepasst.

Art. 4

Adoption

Diese Bestimmung entspricht Artikel 7 des bisherigen BüG.

2. Kapitel: Verlust von Gesetzes wegen Art. 5

Verlust durch Aufhebung des Kindesverhältnisses

Diese Bestimmung entspricht Artikel 8 des bisherigen BüG.

2848

Art. 6

Verlust durch Adoption

Diese Bestimmung entspricht Artikel 8a des heutigen Bürgerrechtsgesetzes. Der bisherige Absatz 1 wurde neu an die Grundsätze einer geschlechtsneutralen Formulierung angepasst.

Art. 7

Verlust bei Geburt im Ausland

Diese Bestimmung entspricht Artikel 10 des bisherigen BüG.

Art. 8

Kantons- und Gemeindebürgerrecht

Diese Bestimmung entspricht Artikel 11 des bisherigen BüG.

2. Titel: Erwerb und Verlust durch behördlichen Beschluss 1. Kapitel: Erwerb durch behördlichen Beschluss 1. Abschnitt: Ordentliche Einbürgerung Art. 9

Formelle Voraussetzungen

Die Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes setzt voraus, dass die gesuchstellende Person eine Niederlassungsbewilligung besitzt und einen Aufenthalt von insgesamt acht Jahren in der Schweiz nachweisen kann, wovon ein Jahr unmittelbar vor Einreichung des Gesuches. Für zusätzliche, grundsätzliche Überlegungen zu dieser Bestimmung sei auf die Ziffern 1.2.3.1 und 1.4.6 verwiesen.

Eine Doppelzählung der Aufenthaltsdauer zwischen der Vollendung des 10. und des 20. Altersjahres für Jugendliche gibt es bereits unter heutigem Recht. Die Weiterführung dieser Regelung rechtfertigt sich auch unter neuem Recht, zumal künftig dem Integrationsgedanken eine grössere Bedeutung zukommen soll. Erfahrungsgemäss machen Jugendliche gerade beim zentralen Element des Spracherwerbs raschere Entwicklungsschritte als Erwachsene, und die Schul- oder Berufsbildung bietet Gelegenheit zu vielfältigen Einblicken in die schweizerischen Lebensverhältnisse, was in aller Regel zu einer vertieften Bindung mit der Schweiz führt. Allerdings soll neu eine Mindestaufenthaltsdauer von sechs Jahren sicherstellen, dass Jugendliche in Kombination mit der herabgesetzten Aufenthaltsdauer auf acht Jahre nicht schon nach vierjährigem Aufenthalt ein Einbürgerungsgesuch stellen können. Die neue Bestimmung einer Mindestaufenthaltsdauer von sechs Jahren gewährleistet letztlich die Fortführung der heute geltenden bewährten Regelung einer Privilegierung Jugendlicher im Bereich der formalen Zulassung zum Einbürgerungsverfahren.

Nach bisherigem Recht galten verkürzte Aufenthaltsfristen, wenn beide Ehepartner im Zeitpunkt der Eheschliessung ausländische Staatsangehörige waren und später einer von ihnen die Einbürgerung beantragte. Diese galten einerseits für die gemeinsame Gesuchstellung (Art. 15 Abs. 3 BüG), andererseits für die individuelle Gesuchstellung nach der Einbürgerung des einen Ehepartners (Art. 15 Abs. 4 BüG).

Eine Aufrechterhaltung dieser Regelung rechtfertigt sich nicht, da das neue Recht den Fokus vermehrt auf die Integration legt und gleichzeitig die Aufenthaltsdauer von zwölf auf acht Jahre verkürzt wird. Wollen Ehepartner gemeinsam ein Gesuch einreichen, ist es ihnen daher zumutbar, mit der Gesuchstellung so lange zuzuwarten, bis sich beide acht Jahre in der Schweiz aufgehalten haben. Dem einzelnen 2849

Ehepartner bleibt es jedoch unbenommen, wie bereits nach geltendem Recht bei Erfüllen der Einbürgerungsvoraussetzungen ein individuelles Gesuch zu stellen.

Art. 10

Spezielle Aufenthaltsdauer bei eingetragener Partnerschaft

Für die Partnerin oder den Partner, die oder der mit einer Schweizer Bürgerin oder einem Schweizer Bürger eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, genügt eine Aufenthaltsdauer von insgesamt fünf Jahren in der Schweiz, wovon ein Jahr unmittelbar vor der Gesuchstellung, sofern sie oder er seit drei Jahren in eingetragener Partnerschaft mit der Schweizer Bürgerin oder dem Schweizer Bürger lebt. Die Privilegierung, die bereits im geltenden Recht besteht, soll in das neue Recht übernommen werden. Grundsätzlich muss die eingetragene Partnerin bzw. der eingetragene Partner im Zeitpunkt der Eintragung im Besitz des Schweizer Bürgerrechts sein. Eine Ausnahme davon gilt nur dann, wenn sie oder er das Schweizer Bürgerrecht erst nach der Eintragung durch erleichterte Einbürgerung oder Wiedereinbürgerung aufgrund der Abstammung von einem schweizerischen Elternteil erworben hat (nicht jedoch durch ordentliche Einbürgerung oder erleichterte Einbürgerung, welche nicht auf der Abstammung von einem schweizerischen Elternteil beruht).

Massgebend für diese Interpretation ist die schweizerische Abstammung des schweizerischen Partners. Diesen Spezialfällen soll mit Absatz 2 Rechnung getragen werden.

Art. 11

Materielle Voraussetzungen

Materielle Voraussetzungen für die Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes sind eine erfolgreiche Integration (Bst. a), das Vertrautsein mit den schweizerischen Lebensverhältnissen (Bst. b) sowie die Tatsache, dass durch die Gesuchstellerin oder den Gesuchsteller keine Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz ausgeht (Bst. c). Zu den Eignungskriterien nach den Buchstaben a und b sei auf die Ausführungen in Ziffer 1.2.2 verwiesen.

Die Nichtgefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz (Bst. c) ist ein Erfordernis, das schon unter heutigem Recht gilt und wie bisher nicht durch die Kantone und Gemeinden, sondern durch den Bund überprüft werden soll. Trotzdem sind die Kantone verpflichtet, allfälligen Hinweisen in diesem Bereich nachzugehen, wenn sie überprüfen, inwiefern die Bewerberin oder der Bewerber die öffentliche Sicherheit und Ordnung beachtet.

Art. 12

Integrationskriterien

Die Terminologie des Bürgerrechts wird jener des Ausländerrechts angeglichen. So wird der Begriff der «Eingliederung» durch denjenigen der «erfolgreichen Integration» ersetzt und näher präzisiert. Eine erfolgreiche Integration zeigt sich gemäss Artikel 12 insbesondere im Beachten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, in der Respektierung der Werte der Bundesverfassung, in der Fähigkeit, sich in einer Landessprache zu verständigen und im Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben oder dem Erwerb von Bildung.

Für nähere Überlegungen sei auf Ziffer 1.2.2 verwiesen.

Eine körperliche, psychische oder geistige Behinderung, aber auch eine chronische Krankheit kann dazu führen, dass eine Person aus Gründen, die sie nicht zu verantworten hat, die Integrationskriterien, die in Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe c und d 2850

genannt werden, nicht oder nur teilweise erfüllen kann. Dies ist etwa der Fall bei kognitiven Beeinträchtigungen, die das Erlernen einer Landessprache und die Möglichkeit, sich in einer solchen zu verständigen, aber auch die Teilhabe am Wirtschaftsleben oder den Erwerb von Bildung im Allgemeinen erschweren oder verunmöglichen.

Liegt eine solche Einschränkung aufgrund einer Behinderung vor, kann das Einfordern der Integrationskriterien zu einer Benachteiligung von Personen mit Behinderungen beim Erwerb des Bürgerrechts führen; in einigen Fällen mag die Einschränkung Personen mit einer Behinderung gar vollständig von der Möglichkeit, das Bürgerrecht zu erwerben, ausschliessen. Sofern sich eine Benachteiligung nicht mit qualifizierten Gründen rechtfertigen lässt, stellt dies eine nach Artikel 8 Absatz 2 Bundesverfassung unzulässige (indirekte) Diskriminierung aufgrund einer Behinderung dar, wie das Bundesgericht im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Selbsterhaltungsfähigkeit als Voraussetzung einer Einbürgerung festgestellt hat (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 16. Dezember 2008, BGE 135 I 49 ff.). Zudem berücksichtigt diese Regelung das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen, welches am 3. Mai 2008 in Kraft getreten ist und welchem die Schweiz beizutreten beabsichtigt. Dieses universelle Vertragsinstrument konkretisiert die bestehenden Menschenrechte von Personen mit Behinderungen und bezweckt, ihre Chancengleichheit in der Gesellschaft zu fördern. Artikel 12 Absatz 2 verpflichtet daher dazu, bei der Anwendung der in Artikel 12 Absatz 1 Buchstaben c und d genannten Integrationskriterien der Situation dieser Personen angemessen Rechnung zu tragen und im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Mass auf diese Kriterien zurückgegriffen werden darf.

Für die Erteilung der Einbürgerungsbewilligung müssen zwar die Voraussetzungen der Artikel 11 und 12 BüG erfüllt sein. Diese werden aber von den zuständigen kantonalen und kommunalen Behörden geprüft. Das Bundesamt für Migration prüft im Normalfall nur das Beachten der schweizerischen Rechtsordnung, d.h. das Vorliegen von Vorstrafen oder hängigen Strafverfahren (neu im Oberbegriff der «öffentlichen Sicherheit und Ordnung» enthalten; vgl. auch die Bemerkungen zu Art. 12) sowie die Nichtgefährdung der inneren
oder äusseren Sicherheit. Dies entspricht weitgehend der aktuellen Praxis sowie den Überlegungen im bereits erwähnten Bürgerrechtsbericht.

Dass die Bewilligung für einen bestimmten Kanton erteilt wird, ergibt sich bereits aus dem neu formulierten Artikel 14.

Eine Befristung und Verlängerung der Bewilligung entfällt unter dem neuen System, da sie erst am Schluss des Verfahrens nach den Entscheiden von Gemeinde und Kanton erteilt wird und der Kanton anschliessend innert Jahresfrist den definitiven Einbürgerungsentscheid fällen muss.

Art. 13

Einbürgerungsverfahren

Das Gesuch für ein ordentliches Einbürgerungsverfahren ist beim Kanton oder bei der Gemeinde einzureichen. Dies wird bereits heute von nahezu allen Kantonen so gehandhabt. Nach Absatz 1 bezeichnet der Kanton die Behörde, bei welcher das Einbürgerungsgesuch einzureichen ist. Dies kann eine kantonale oder eine kommunale Behörde sein.

2851

Absatz 2 sieht vor, dass erst dann, wenn nach erfolgter kantonaler Prüfung (bzw. je nach kantonalem Recht nach erfolgten Abklärungen seitens der Gemeinden) nichts gegen eine Einbürgerung spricht wenn also die zuständigen kantonalen Behörden das Einbürgerungsgesuch in der jeweils kantonalrechtlich vorgesehenen Form (positiver Antrag, Zusicherung etc.) unterstützen das Einbürgerungsgesuch durch den Kanton oder die Gemeinde an das Bundesamt für Migration weitergeleitet wird.

Damit soll ausgeschlossen werden, dass Einbürgerungsgesuche, welchen der Kanton oder die Gemeinde ablehnend gegenüberstehen, dem Bund zur Bearbeitung unterbreitet werden.

Absatz 3 sieht schliesslich vor, dass das Bundesamt für Migration die Einbürgerungsbewilligung des Bundes erteilt, sofern alle formellen und materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Bewilligung wird der kantonalen Einbürgerungsbehörde zum Entscheid über die Einbürgerung zugestellt. Da der Einbürgerungsentscheid gemäss geltender Rollenteilung zum einen dem Kanton zukommt, zum andern aber erst nach Vorliegen der Einbürgerungsbewilligung des Bundes ergehen kann, muss sich die kantonale Instanz noch einmal mit dem Einbürgerungsdossier befassen, was eine gewisse Umständlichkeit bedeutet; würdigt man aber die im Rahmen der Gesetzesrevision erzielten Verfahrensvereinfachungen, rechtfertigt sich dieses Vorgehen.

In der Einbürgerungsbewilligung des Bundes wird vermerkt, dass während des Einbürgerungsverfahrens geborene und daher in der Bewilligung noch nicht erwähnte Kinder in die Einbürgerung ihrer Eltern einbezogen werden, ohne dass ein Nachtrag der Bewilligung nötig ist. Auf diese Weise wird ein zusätzlicher administrativer Aufwand vermieden.

Art. 14

Kantonaler Einbürgerungsentscheid

In Absatz 1 wird festgehalten, dass die zuständige kantonale Behörde den Einbürgerungsentscheid innert einem Jahr nach Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes treffen muss. Damit soll vermieden werden, dass nach Erteilung der Einbürgerungsbewilligung neue Umstände eintreten, bei deren Kenntnis der Bund die Bewilligung nicht erteilt hätte. Zur Erlangung einer letzten Sicherheit sind die Kantone hingegen gehalten, vor Erteilung der Einbürgerung die Datenbank (VOSTRA) über allfällige Vorstrafen zu konsultieren, was im Rahmen der Vollzugsverordnung konkret geregelt werden soll. Nach Ablauf der Frist verliert die Bewilligung ihre Gültigkeit. In der Praxis wird das Erlöschen der Einbürgerungsbewilligung ein Ausnahmefall bleiben, da die Einbürgerungsbewilligung erst nach der erfolgten kommunalen und kantonalen Zustimmung erteilt wird und der Kanton somit in der Regel rasch den Einbürgerungsentscheid fällen kann. Wird die Bewilligung ungültig und erfüllt die Bewerberin oder der Bewerber die Einbürgerungsvoraussetzungen nach wie vor, so ersucht der Kanton erneut beim Bund um eine Einbürgerungsbewilligung. Das bisherige Institut der Verlängerung der Einbürgerungsbewilligung ist nicht mehr sinnvoll, da es nach dem neuen Recht für den Kanton in der Regel kein Problem sein wird, innert eines Jahres definitiv über die Einbürgerung zu entscheiden. Erfolgt ein solcher Entscheid ausnahmsweise einmal nicht, rechtfertigt sich das Einholen einer neuen Einbürgerungsbewilligung statt deren Verlängerung. Unter dem bisherigen Recht musste auch bei einer Verlängerung jeweils vorgängig überprüft werden, ob die Voraussetzungen des Bundes ­ insbesondere was das Beachten der schweizerischen Rechtsordnung und die Nichtgefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz betrifft ­ erfüllt sind.

2852

Absatz 2 sieht vor, dass die zuständige kantonale Behörde die Einbürgerung ablehnt, wenn ihr nach Erteilung der Einbürgerungsbewilligung des Bundes nachträglich Tatsachen bekannt werden, aufgrund welcher die Einbürgerung aus Sicht des Kantons oder der Gemeinde abgelehnt worden wäre. Falls der Kanton aufgrund dieser neuen Erkenntnisse die Einbürgerung ablehnt, steht der kantonale Rechtsmittelweg offen. Im Hinblick auf die Einbürgerungsbewilligung des Bundes ergibt sich hier kein weiterer Handlungsbedarf, da deren Gültigkeit auf ein Jahr befristet ist. Sofern sich aufgrund des kantonalen Rechtsmittelwegs ergibt, dass die Einbürgerungsvoraussetzungen dennoch vorliegen, aber zwischenzeitlich die Einbürgerungsbewilligung des Bundes abgelaufen ist, wird das Bundesamt für Migration aufgrund der zur Verfügung stehenden Akten eine neue Einbürgerungsbewilligung erteilen.

Absatz 3 hält fest, dass das Gemeinde- und Kantonsbürgerrecht und somit das Schweizer Bürgerrecht erst nach Eintritt der Rechtskraft des kantonalen Einbürgerungsentscheides erworben wird.

Art. 15

Verfahren im Kanton

Der Wortlaut dieser Bestimmung entspricht jenem von Artikel 15a des bisherigen BüG.

Art. 16

Begründungspflicht

Der Wortlaut dieser Bestimmung entspricht jenem von Artikel 15b des bisherigen BüG.

Art. 17

Schutz der Privatsphäre

Der Wortlaut dieser Bestimmung entspricht jenem von Artikel 15c des bisherigen BüG. Der Begriff der «Wohnsitzdauer» in Absatz 2 Buchstabe b wurde dabei aus Gründen der Kohärenz mit dem AuG durch denjenigen der «Aufenthaltsdauer» ersetzt. Auch der Wortlaut von Absatz 2 Buchstabe c entspricht dem Ausländerrecht und wurde gegenüber der bisherigen Formulierung leicht verändert (Ersatz von «Integration in die schweizerischen Verhältnisse» durch «erfolgreiche Integration», vgl. auch die Bemerkungen zu Ziff. 1.2.2).

Nebst der Staatsangehörigkeit und der Aufenthaltsdauer sollen auch weitere Angaben, soweit sie für die Beurteilung der Einbürgerungsvoraussetzungen erforderlich sind, bekannt gemacht werden. Dabei sind je nach Situation allfällige Mitgliedschaften in lokalen Vereinen, Sprachkenntnisse oder klar definierte anderweitige Fähigkeiten zu verstehen, welche Auskunft über den Grad der Eingliederung in die schweizerischen Verhältnisse geben. Allerdings darf aus dieser Ermächtigung nicht die Weitergabe sämtlicher Angaben über die Person der Gesuchstellenden legitimiert sein (vgl. den Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerates vom 27. Oktober 2005 zur parlamentarischen Initiative Bürgerrechtsgesetz). Speziell sensible Daten, die nicht im Zusammenhang mit der Prüfung des Einbürgerungsgesuchs stehen, sind zum vornherein von einer zulässigen Weitergabe ausgenommen.

Dies betrifft beispielsweise die anerkanntermassen als besonders schützenswert bezeichneten Personendaten wie Daten über Gesundheit, ethnische Zugehörigkeit, religiöse, weltanschauliche, politische oder gewerkschaftliche Ansichten, etc. Je grösser der Empfängerkreis der persönlichen Daten ist, desto stärker sind die Schutzinteressen der betroffenen Person zu gewichten. Dementsprechend stellt 2853

Absatz 3 ­ wie nach bisherigem Recht klar, dass bei der Auswahl der bekanntzugebenden Daten der Adressatenkreis zu berücksichtigen ist.

Art. 18

Kantonale und kommunale Aufenthaltsdauer

Die neue Regelung anerkennt die heutigen Bedürfnisse des Einzelnen und der Wirtschaft nach Mobilität und nimmt ein Anliegen auf, welches bereits Gegenstand des Berichts des Bundesamtes für Migration über hängige Fragen des Bürgerrechts vom 20. Dezember 2005 war. Im Ausländergesetz ist dieses Anliegen im Übrigen ebenfalls berücksichtigt; für Personen mit Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligung wurde ein Anspruch auf Kantonswechsel geschaffen (Art. 37 AuG, unter Vorbehalt der gesetzlich vorgesehenen Widerrufsgründe).

Die überarbeiteten Bestimmungen verstehen sich als Kompromiss. Zum einen hat sich anlässlich der Vernehmlassung gezeigt, dass grundsätzlich nur eine Regelung mit einer fixen Obergrenze eine grosse Akzeptanz geniesst. Zum andern wurde jedoch die im Vorentwurf vorgeschlagene maximal einjährige Wartefrist auf Gemeindeebene, innert welcher eine Integration erfolgen und deren Vorhandensein mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden kann, von den Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern wiederholt als zu kurz bezeichnet. Diesen Wünschen wird insofern Rechnung getragen, als es den Gemeinden weiterhin obliegen soll, die Integrationsbemühungen von Einbürgerungswilligen während bis zu drei Jahren beobachten zu können. Infolge dieser neuen Regelung wurden weitere Bestimmungen betreffend die Anrechnung früherer Aufenthalte in anderen Gemeinden des Kantons obsolet, und eine Schutzbestimmung zugunsten der Gemeinden in Form einer minimalen Wartefrist, die im Vorentwurf noch enthalten war, konnte ersatzlos gestrichen werden. Gemäss der neu formulierten Bestimmung wird es letztlich den Kantonen bzw. Gemeinden überlassen, welche Dauer sie für die Integrationsprüfung benötigen. Immerhin darf diese kantonale bzw. kommunale Minimalfrist aufgrund der neuen Obergrenze drei Jahre nicht übersteigen.

Im Gegenzug musste aber gleichwohl eine Lösung gefunden werden, um die negativen Folgen einer an sich heute erwünschten beruflichen Mobilität für Einbürgerungswillige etwas zu mildern. Es soll verhindert werden, dass Fristen beim Wohnsitzwechsel immer wieder neu zu laufen beginnen, namentlich wenn das Einbürgerungsverfahren bereits anhängig gemacht worden ist. Zugleich soll dem Einbürgerungstourismus nicht Vorschub geleistet werden, indem durch Wohnsitzwechsel eine beliebige Entscheidbehörde
ausgewählt werden kann. Im Rahmen der Vernehmlassung wurde vor diesem Hintergrund eine Zuständigkeitsregelung vorgeschlagen, welche nun Eingang in den Entwurf gefunden hat. So soll für den Wohnsitzwechsel innerhalb der Schweiz generell gelten, dass die Gemeinde, in welcher das Einbürgerungsgesuch eingereicht worden ist, bis zum Abschluss des Einbürgerungsverfahrens zuständig bleibt. Weitere Wohnsitzwechsel über die Gemeindeoder Kantonsgrenze hinweg haben damit keine negativen Auswirkungen mehr auf ein einmal in Gang gesetztes Einbürgerungsverfahren. Je nach Ausgestaltung des kantonalen Rechts erlaubt die Kompromissformel den Wohnsitzgemeinden, die Einbürgerungswilligen während mindestens dreier Jahre näher kennenzulernen.

Bei einer Ausreise in das Ausland ist das Einbürgerungsgesuch abzuschreiben. In diesem Fall erlischt die Niederlassungsbewilligung, womit das formelle Kriterium von Artikel 9 nicht mehr gegeben ist.

2854

Art. 19

Ehrenbürgerrecht

Der Wortlaut dieser Bestimmung entspricht jenem von Artikel 16 des bisherigen BüG unter Berücksichtigung der Grundsätze einer geschlechtsneutralen Formulierung.

2. Abschnitt: Erleichterte Einbürgerung Art. 20

Materielle Voraussetzungen

Wie bei der ordentlichen Einbürgerung ist es auch bei der erleichterten Einbürgerung sinnvoll, eine «erfolgreiche Integration» zu verlangen. Es kann daher weitgehend auf die diesbezüglichen Ausführungen in Artikel 11 bzw. 12 BüG verwiesen werden.

In der Praxis ist zu berücksichtigen, dass der Grad der Integration in einem vernünftigen Verhältnis zur Anwesenheitsdauer in der Schweiz stehen muss. Für die ordentliche Einbürgerung wird im Normalfall eine wesentlich längere Aufenthaltsdauer in der Schweiz vorausgesetzt als für eine erleichterte Einbürgerung. Dies gilt es bei der Überprüfung der Integration zu berücksichtigen, wenn es um eine erleichterte Einbürgerung geht. So können insbesondere an die Sprachkenntnisse nicht die gleich hohen Anforderungen gestellt werden wie bei der ordentlichen Einbürgerung. Trotzdem sind Kenntnisse einer schweizerischen Landessprache grundsätzlich auch bei erleichterten Einbürgerungen zu verlangen. Details können auf Verordnungsstufe geregelt werden.

Die Sonderregelung von Artikel 12 Absatz 2 für Personen, welche die Integrationskriterien von Buchstabe c und d aus psychischen, geistigen oder physischen Gründen oder aufgrund einer chronischen Krankheit nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen erfüllen können, gilt nicht nur für die ordentliche, sondern auch für die erleichterte Einbürgerung.

Artikel 20 Absatz 2 sieht vor, dass die Bewerberin oder der Bewerber die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährden darf. Dieser Grundsatz gilt für alle Einbürgerungsarten in analoger Weise (vgl. Art. 11 Bst. c sowie 26 Abs. 1 Bst. e).

Artikel 20 Absatz 3 hält fest, dass für Bewerberinnen und Bewerber, die keinen Aufenthalt in der Schweiz haben, die Voraussetzungen von Absatz 1 und 2 sinngemäss gelten. Dies entspricht weitgehend dem bisherigen Artikel 26 Absatz 2. Die Details bedürfen noch der Konkretisierung in der neuen Verordnung zum Bürgerrechtsgesetz.

Art. 21

Ehefrau oder Ehemann eines Schweizers oder einer Schweizerin

Die bisherigen Artikel 27 und 28 BüG werden neu in einem Artikel zusammengefasst. Inhaltlich entspricht die neue Regelung dem bisherigen Recht.

Wer eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, kann nach der Eheschliessung mit einer Schweizerin oder einem Schweizer ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen. Besitzen die Ehegatten bei der Eheschliessung beide eine ausländische Staatsangehörigkeit und erwirbt einer der Ehegatten nach der Eheschliessung das Schweizer Bürgerrecht durch ordentliche Einbürgerung oder erleichterte Einbürge2855

rung, die nicht auf der Abstammung von einem schweizerischen Elternteil beruht, ist es für den anderen Ehegatten nicht möglich, ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung zu stellen. Hat der schweizerische Ehepartner jedoch das Schweizer Bürgerrecht erst nach der Heirat durch erleichterte Einbürgerung oder Wiedereinbürgerung aufgrund der Abstammung von einem schweizerischen Elternteil erworben, kann der ausländische Ehepartner trotzdem ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung stellen.

Diesen Spezialfällen soll mit Absatz 2 Rechnung getragen werden.

Die gesuchstellende Person muss seit drei Jahren mit dem gleichen Ehegatten in ehelicher Gemeinschaft leben und sich insgesamt fünf Jahre in der Schweiz aufgehalten haben, wovon ein Jahr unmittelbar vor Einreichung des Gesuchs. Das Bundesgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine eheliche Gemeinschaft im Sinne von Artikel 21 nicht nur das formelle Bestehen einer Ehe, sondern das Vorliegen einer tatsächlichen Lebensgemeinschaft voraussetzt. Eine solche Gemeinschaft kann nur bejaht werden, wenn der gemeinsame Wille zu einer stabilen ehelichen Gemeinschaft intakt ist. Sowohl im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung als auch im Zeitpunkt des Einbürgerungsentscheides muss eine tatsächliche Lebensgemeinschaft bestehen, die Gewähr für die Stabilität der Ehe bietet. Der Begriff der ehelichen Gemeinschaft kann in der Ausführungsverordnung präzisiert werden.

Wer im Ausland lebt oder gelebt hat, muss während sechs Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit dem gleichen Ehegatten leben und mit der Schweiz eng verbunden sein. Dies heisst nicht, dass der Ehegatte bereits seit sechs Jahren im Besitz des Schweizer Bürgerrechts sein muss; er kann es vielmehr auch erst vor kurzem durch erleichterte Einbürgerung oder Wiedereinbürgerung aufgrund der Abstammung von einem schweizerischen Elternteil erworben haben (nicht jedoch durch ordentliche Einbürgerung oder erleichterte Einbürgerung, die nicht auf der Abstammung von einem schweizerischen Elternteil beruht).

Für die Beurteilung der Frage, ob ein Gesuch nach Artikel 21 Absatz 1 oder 2 behandelt werden soll, ist der Aufenthaltsort im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung massgebend. Leben die Ehegatten im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung beispielsweise in der Schweiz, verlegen ihren Wohnsitz aber während des Verfahrens
ins Ausland, ist das Gesuch nach Absatz 1 zu beurteilen. Im umgekehrten Fall ist Absatz 2 anwendbar.

Auf Gesuche um erleichterte Einbürgerung nach Artikel 21 kann nicht eingetreten werden, wenn der schweizerische Ehegatte vor der Einreichung des Gesuchs gestorben ist. Stirbt der schweizerische Ehegatte während des Einbürgerungsverfahrens, kann das Gesuch weiterbehandelt werden, wenn nicht erhebliche Zweifel bestehen, dass vor dem Ableben des schweizerischen Ehegatten eine stabile eheliche Gemeinschaft bestanden hat. Zudem setzt die erleichterte Einbürgerung in diesen Fällen voraus, dass die gesuchstellende Person im Zeitpunkt des Todes ihres schweizerischen Ehegatten die entsprechenden Fristen (Aufenthaltsdauer und Dauer der ehelichen Gemeinschaft) erfüllt. Hat sich der ausländische Ehegatte in der Zwischenzeit wieder mit einer Ausländerin oder einem Ausländer verheiratet, ist eine erleichterte Einbürgerung nicht möglich.

Wie unter altem Recht erwirbt die eingebürgerte Person grundsätzlich sämtliche Kantons- und Gemeindebürgerrechte des schweizerischen Ehegatten, sofern sie nicht ausdrücklich erklärt, nur ein Kantons- und Gemeindebürgerrecht erwerben zu wollen. Dies wurde in der Praxis schon unter altem Recht so gehandhabt, führte 2856

jedoch zu einem komplizierten Verfahren (Verzichtserklärungen, die eingeholt und den betroffenen Kantonen zugestellt werden mussten). Die Gesetzesrevision sieht hierfür eine weitere Verfahrensvereinfachung vor (vgl. auch die Bemerkungen zu Art. 41).

Allerdings kann der ausländische Ehemann, welcher von der Möglichkeit Gebrauch macht, nur ein Kantons- und Gemeindebürgerrecht anstatt alle Kantons- und Gemeindebürgerrechte seiner schweizerischen Ehefrau zu erwerben, ungewollt auf die Bürgerrechte der gemeinsamen Kinder einwirken. Dies ist dort der Fall, wo die gemeinsamen, unmündigen Kinder vor der Einbürgerung ihres Vaters von ihrer schweizerischen Mutter mehrere Bürgerrechte von Gesetzes wegen erworben haben (Art. 1 Abs. 1 Bst. a und Art. 2 Abs. 1). Mit der Geburt haben die Kinder sämtliche Kantons- und Gemeindebürgerrechte, die ihre Mutter besessen hat, erhalten; erklärt nun der Vater anlässlich seiner Einbürgerung, nur eines von mehreren Kantons- und Gemeindebürgerrechten seiner schweizerischen Ehefrau erwerben zu wollen, verlieren die gemeinsamen, unmündigen Kinder ab dem Zeitpunkt der Einbürgerung des Vaters gemäss Artikel 2 Absatz 3 nachträglich alle Kantons- und Gemeindebürgerrechte, auf die ihr Vater verzichtet hat (vgl. Art. 271 Abs. 1 ZGB). Zudem entsteht durch die Einführung des Wahlrechts eine Ungleichheit zwischen dem eingebürgerten Ehepartner und dem schweizerischen Ehepartner, dem ein entsprechendes Wahlrecht nicht zusteht. Solche Ungleichheiten sind allerdings im Sinne der Praktikabilität sowie im Interesse einer verwaltungsökonomischen Praxis hinzunehmen.

Art. 22

Irrtümlich angenommenes Schweizer Bürgerrecht

Wie unter dem bisherigen Artikel 29 BüG soll unter dem neuen Artikel 22 jemand, der sich während fünf Jahren im guten Glauben für eine Schweizer Bürgerin oder einen Schweizer Bürger hielt und während dieser Zeit von kantonalen oder Gemeindebehörden tatsächlich als solche oder als solcher behandelt worden ist, erleichtert eingebürgert werden können. Die bisherigen Bestimmungen von Artikel 29 Absatz 3 BüG (Bewerber hat schon Militärdienst geleistet) und Absatz 4 (sinngemässe Anwendung der Bestimmung auf ausländische Personen, die das Bürgerrecht nach Art. 8 des bisherigen BüG verloren haben) können aufgehoben werden. Sie sind nicht nötig, da diese Fälle bereits weitgehend durch den neuen Artikel 22 Absatz 1 abgedeckt und zudem ausserordentlich selten sind. Nach Absatz 2 erhält die eingebürgerte Person das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des für den Irrtum verantwortlichen Kantons. Dieser bestimmt auch, welches Gemeindebürgerrecht erworben wird.

Art. 23

Staatenloses Kind

Die Bestimmung regelt Fälle nach Artikel 30 des bisherigen BüG. Staatenlose Kinder (blosse Schriftenlosigkeit genügt nicht) sind auch unter geltendem Recht unabhängig von ihrem ausländerrechtlichen Status nach einer rechtmässigen Aufenthaltsdauer von fünf Jahren zum Verfahren zugelassen. Aufgrund der Neuregelung in Artikel 23 ist eine entsprechende Anpassung erforderlich. In Absatz 2 wird neu festgehalten, dass jeder Aufenthalt in Übereinstimmung mit den ausländerrechtlichen Vorschriften an die Aufenthaltsdauer angerechnet wird. Darunter werden alle Aufenthaltstitel verstanden (z.B. auch eine N-Bewilligung und nicht nur die in Art.

33 Abs. 1 erwähnten Aufenthaltstitel).

2857

Ist es für ein unmündiges ausländisches Kind de jure zwar möglich, die Staatsangehörigkeit seines Heimatlandes zu erwerben, wird ihm dies aber in der Praxis faktisch verunmöglicht, kann es ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung nach Artikel 23 stellen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Recht des Heimatlandes vorsieht, dass das in der Schweiz geborene Kind, dessen Eltern den Flüchtlingsstatus besitzen, in das Heimatland einreisen und dort eine gewisse Zeit Wohnsitz nehmen muss, damit es die Staatsangehörigkeit des Heimatlandes erwerben kann. Da es den Eltern als anerkannte Flüchtlinge nicht gestattet ist, mit dem Heimatland in Kontakt zu treten, muss davon ausgegangen werden, dass das Kind faktisch keine Möglichkeit hat, die Staatsangehörigkeit seines Heimatlandes zu erwerben und somit de facto staatenlos ist. Es rechtfertigt sich daher, ihm die Möglichkeit zur erleichterten Einbürgerung nach Artikel 23 zu gewähren.

Art. 24

Kind eines eingebürgerten Elternteils

Die Bestimmung übernimmt die Regelung des bisherigen Artikels 31a BüG und beinhaltet keine materiellen Neuerungen.

Art. 25

Zuständigkeit und Verfahren

Absatz 1 regelt jene Fälle von Artikel 32 des bisherigen BüG. Neu wird ausdrücklich festgehalten, dass das Anhörungsrecht nur vor einer Gutheissung des Gesuches besteht. Damit wird die bereits heute übliche Praxis auf Gesetzesstufe verankert.

Fehlt es an den Einbürgerungsvoraussetzungen und ist ein Ablehnungsentscheid daher unumgänglich, wird im Interesse eines prozessökonomischen Vorgehens von der Anhörung des Kantons abgesehen.

Wie schon unter heutigem Recht kann im Interesse einer bundesweit einheitlichen Entscheidpraxis das kantonale Anhörungsrecht nicht in ein verbindliches Antragsrecht umgewandelt werden.

In Absatz 2 wird in allgemeiner Form festgehalten, dass der Bundesrat den Ablauf des Verfahrens regeln kann. Aufgrund der im Vernehmlassungsverfahren geäusserten Bedenken seitens der Mehrheit der Kantone wird allerdings von einer Neuregelung abgesehen, wonach Personen mit Aufenthalt in der Schweiz das Gesuch um erleichterte Einbürgerung einheitlich kraft Bundesrecht bei der Einbürgerungsbehörde des Wohnortes einreichen müssen.

3. Abschnitt: Wiedereinbürgerung Art. 26

Voraussetzungen

Die Bestimmung regelt Fälle nach Artikel 18 des bisherigen BüG, wobei neu eine erfolgreiche Integration bei Aufenthalt in der Schweiz (Abs. 1 Bst. a) und eine enge Verbundenheit mit der Schweiz bei Aufenthalt im Ausland (Abs. 1 Bst. b) verlangt wird. In den meisten Fällen wird das Wiedereinbürgerungsgesuch im Ausland gestellt. Wer die Schweiz nur vom Hörensagen her kennt und zu unserem Land nur oberflächliche Beziehungen unterhält, kann nicht wiedereingebürgert werden. Für den Nachweis einer engen Bindung zur Schweiz ist umso mehr zu verlangen, je länger ein Kontakt zu den Schweizer Behörden bzw. zur Schweiz unterblieben ist.

2858

Die Anforderungen an das Kriterium der engen Verbundenheit werden in der Verordnung zum Bürgerrechtsgesetz näher umschrieben werden müssen.

Art. 27

Nach Verwirkung, Entlassung und Verlust des Bürgerrechts

Die Bestimmung regelt als Sammelartikel jene Fälle von Artikel 21, 23 und 58 des bisherigen BüG. Es wird daher in Absatz 1 die allgemein gehaltene Formulierung «wer das Schweizer Bürgerrecht verloren hat» vorgeschlagen, zumal im Titel von Artikel 27 die Verwirkung des Schweizerischen Bürgerrechts, die Entlassung daraus sowie der Verlust des Bürgerrechts explizit genannt werden.

Wie bis anhin soll es auch unter neuem Recht möglich bleiben, das verlorene Bürgerrecht wiederzuerwerben. Ein Gesuch um Wiedereinbürgerung kann innerhalb von zehn Jahren gestellt werden. Nach Ablauf dieser Frist besteht immer noch die Möglichkeit zur Wiedereinbürgerung, doch ist in diesen Fällen neu ein dreijähriger Aufenthalt in der Schweiz erforderlich. Diese Verschärfung der heutigen Regelung ist berechtigt angesichts des Umstandes, dass die betroffenen Personen nach dem Verlust des Schweizer Bürgerrechts zehn Jahre Zeit gehabt haben, die Wiedereinbürgerung bei enger Verbundenheit mit der Schweiz auch bei Wohnsitz im Ausland zu beantragen.

Nicht unter diese Bestimmung fallen Personen, deren Einbürgerung nichtig erklärt (Art. 36) oder denen das Schweizer Bürgerrecht entzogen wurde (Art. 42).

Art. 28

Wirkung

Die Bestimmung regelt jene Fälle von Artikel 24 des bisherigen BüG.

Art. 29

Zuständigkeit und Verfahren

Die Bestimmung regelt jene Fälle von Artikel 25 des bisherigen BüG. Neu wird ausdrücklich festgehalten, dass das Anhörungsrecht nur vor einer Gutheissung des Gesuches besteht. Damit wird die bereits heute übliche Praxis auf Gesetzesstufe verankert. Fehlt es an den Wiedereinbürgerungsvoraussetzungen und ist ein Ablehnungsentscheid daher unumgänglich, wird im Interesse eines prozessökonomischen Vorgehens von der Anhörung des Kantons abgesehen.

In Absatz 2 wird in allgemeiner Form festgehalten, dass der Bundesrat den Ablauf des Verfahrens regelt

4. Abschnitt: Gemeinsame Bestimmungen Art. 30

Einbezug der Kinder

Die Bestimmung entspricht Artikel 33 des bisherigen BüG. Bei Kindern ab dem 12. Altersjahr sollen die Integrationskriterien nach Artikel 11 und 12 eigenständig geprüft werden. Dies ist angezeigt, um den verstärkt aufgetretenen Bedürfnissen im Bereich der Prävention der Jugendkriminalität Rechnung zu tragen (vgl. den Bericht des EJPD vom 11. April 2008 zur Jugendgewalt).

2859

Art. 31

Unmündige Kinder

Die Bestimmung entspricht Artikel 34 des bisherigen BüG unter Berücksichtigung der Grundsätze einer geschlechtsneutralen Formulierung.

Art. 32

Mündigkeit

Die Bestimmung entspricht Artikel 35 des bisherigen BüG.

Art. 33

Aufenthalt

Grundsätzlich wird festgehalten, dass folgende Aufenthalte an die erforderliche Aufenthaltsdauer für die Einbürgerung angerechnet werden: ­

Aufenthalte mit Aufenthalts- (Ausweis B) oder Niederlassungsbewilligung (Ausweis C);

­

Aufenthalte im Rahmen einer vorläufigen Aufnahme (Ausweis F);

­

Aufenthalte mit einer vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten ausgestellten Legitimationskarte oder einem vergleichbaren Aufenthaltstitel.

Nicht mehr angerechnet wird der Aufenthalt aufgrund eines Asylverfahrens (Ausweis N), dies in Anlehnung an die Regelung im Ausländergesetz, wonach Aufenthalte im Rahmen eines Asylverfahrens nicht an die Frist für die Erteilung der Niederlassungsbewilligung angerechnet werden (Art. 34 Abs. 2 Bst. a AuG). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach geltendem Recht anerkannte Flüchtlinge fünf Jahre nach der Einreise einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der Niederlassungsbewilligung haben (Art. 60 Abs. 2 AsylG).

An die erforderliche Aufenthaltsdauer angerechnet werden dagegen Aufenthalte im Rahmen einer vorläufigen Aufnahme. Dies rechtfertigt sich, da vorläufig aufgenommene Personen in der Regel schon vor der Erteilung der Niederlassungsbewilligung einen langen Voraufenthalt in der Schweiz hatten. Aufenthalte mit einer vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten ausgestellten Legitimationskarte oder einem vergleichbaren Aufenthaltstitel sollen ebenfalls angerechnet werden. In der Regel befinden sich diese Personen vorübergehend in der Schweiz. Nur ein kleiner Teil beabsichtigt einen dauerhaften Aufenthalt; bei dieser Personengruppe bestehen persönliche Bindungen zur Schweiz. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Nachbarstaaten der Schweiz (z.B. Deutschland, Österreich) diese Aufenthalte im Rahmen eines Einbürgerungsverfahrens mitberücksichtigen.

In Anbetracht der klaren und abschliessenden Regelung für die Art der anrechenbaren Aufenthalte an die erforderliche Aufenthaltsdauer kann der bisherige Artikel 36 Absatz 1 BüG gestrichen werden, zumal für das staatenlose unmündige Kind in Artikel 23 Absatz 2 auch ausdrücklich festgehalten wird, dass jeder Aufenthalt in der Schweiz in Übereinstimmung mit den ausländerrechtlichen Vorschriften anzurechnen ist.

In der Ausführungsverordnung wird die in Absatz 2 angesprochene Ausnahme ­ das kurzfristige Verlassen der Schweiz ­ konkretisiert werden müssen. Gemäss aktueller Praxis wird bei dieser Bestimmung in erster Linie an Ferienaufenthalte oder unterjährige Ausbildungsaufenthalte im Ausland gedacht.

2860

Art. 34

Kantonale Erhebungen

Die Bestimmung regelt Fälle nach Artikel 37 des bisherigen BüG.

Absatz 1 hält fest, dass ­ sofern die formellen Voraussetzungen von Artikel 9 gegeben sind ­ die zuständige kantonale Behörde die für die Beurteilung des Gesuchs gemäss Artikel 11 Buchstaben a und b (erfolgreiche Integration, Vertrautsein mit den schweizerischen Lebensverhältnissen) notwendigen Erhebungen durchführt. Der Kanton kann solche Erhebungen auch an eine kommunale Behörde delegieren, sofern diese aufgrund der Grösse der Gemeinde in der Lage ist, die Erhebungen im Detail durchzuführen. Die kommunalen Einbürgerungsbehörden verfügen allerdings in strafrechtlichen Belangen nur über eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeiten: Artikel 21 Absatz 3 der Verordnung vom 29. September 2006 über das Strafregister (VOSTRA-Verordnung; SR 331) ermächtigt einzig die für die Einbürgerung auf Stufe Kanton zuständigen kantonalen Behörden, in alle Strafregisterdaten Einsicht zu nehmen (Strafurteile und hängige Strafverfahren). Diese verfügen über ein Online-Zugriffsrecht auf die VOSTRA-Datenbank. Die auf Stufe Gemeinde zuständigen Einbürgerungsbehörden erhalten hingegen lediglich den Privatauszug gemäss Artikel 371 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0). Mit der Verweigerung eines Online-Zugriffsrechts auf VOSTRA-Daten auf Gemeindeebene soll verhindert werden, dass Strafregisterdaten (insbesondere diejenigen über hängige Strafverfahren) zu weit gestreut werden, was vor allem dann der Fall ist, wenn die Bevölkerung an Gemeindeversammlungen über die Einbürgerung befindet (vgl.

09.3460 Motion Baumann. VOSTRA-Einsichtsrecht durch Einbürgerungsbehörden).

Um den kommunalen Einbürgerungsbehörden den Aufwand unnötiger Abklärungen ersparen zu können, ist es verfahrensökonomisch sinnvoll, wenn die Kantone in einem frühen Verfahrensstadium eine «Vorprüfung» machen und gegebenenfalls das Einbürgerungsverfahren sistieren.

Gemäss Absatz 1 fällt die Integrationsprüfung in die Zuständigkeit der Kantone.

Danach hat der Kanton unter anderem auch das Beachten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu prüfen. Die zuständigen kantonalen Behörden haben folglich die Strafregisterdaten im VOSTRA zu prüfen sowie Erkundigungen bei Jugendstrafverfolgungsbehörden einzuziehen. Diese Abklärungen haben richtigerweise vor dem Einholen der Einbürgerungswilligung
des Bundes zu erfolgen, da der Kanton neu nur bei Zusicherung der Einbürgerung und nach Abschluss der kantonalen Prüfung das Einbürgerungsgesuch an das Bundesamt für Migration weiterleiten kann.

Obgleich dem Kanton die Abklärungen über Vorstrafen und hängige Strafverfahren zugewiesen werden und sich das Bundesamt für Migration bei seiner Beurteilung des Gesuchs um ordentliche Einbürgerung auf den Erhebungsbericht des Kantons stützt, wird das Bundesamt für Migration vor der Erteilung der Einbürgerungsbewilligung eine eigene Überprüfung der VOSTRA-Daten vornehmen. Eine solche ist angezeigt, weil das Bundesamt die Einbürgerungsbewilligung nur erteilt, wenn alle formellen und materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Es kann vorkommen, dass zwischen der kantonalen Zusicherung und dem Erteilen der Einbürgerungsbewilligung eine gewisse Zeit vergeht, in welcher unerwartet neue Elemente über die einbürgerungswillige Person bekannt werden. Sind diese neu bekannt gewordenen Elemente derart gewichtig, dass sie gegen eine Einbürgerung sprechen (z.B. ein neu eröffnetes Strafverfahren), so verweigert das Bundesamt für Migration die Einbürgerungsbewilligung. Die VOSTRA-Abfrage ist zentral bezüglich der Frage, welchen strafrechtlichen Leumund eine einbürgerungswillige Person hat; aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, dass die zuständigen kantonalen Behörden erneut 2861

eine VOSTRA-Abfrage vornehmen, bevor der definitive Einbürgerungsentscheid gefällt wird.

Die Qualität der heutigen Erhebungsberichte ist sehr unterschiedlich. Es ist daher eine verbesserte gesetzliche Grundlage für die Erstellung von Erhebungsberichten zu schaffen. Daraus soll einerseits hervorgehen, dass der Bund bei Bedarf und für Verfahren in seiner Zuständigkeit ergänzende oder detailliertere Berichte nachverlangen kann. Andererseits soll transparent gemacht werden, dass auch im Rahmen von Verfahren betreffend Nichtigerklärungen von Einbürgerungen kantonale Erhebungsberichte angefordert werden können. Bereits unter heutigem Recht werden die kantonalen Behörden in diesem Zusammenhang insbesondere um die Befragung von schweizerischen Ehepartnern von erleichtert eingebürgerten ausländischen Personen ersucht. Auch bei Nichtigkeitsverfahren geht es um die Beurteilung von Einbürgerungsvoraussetzungen, allerdings erst nach einer erfolgten Einbürgerung. Stellt sich aufgrund der Erhebungen heraus, dass die Voraussetzungen für die Einbürgerung im Zeitpunkt des Entscheides nicht gegeben waren, kann diese unter den Voraussetzungen von Artikel 36 nichtig erklärt werden. Bei Nichtigkeitsverfahren, für die der Bund zuständig ist, liegen die allgemeine Abklärung wie die Entscheidfindung selbst weiterhin in der Verantwortung des Bundes.

Es rechtfertigt sich, im Gesetz ausdrücklich festzuhalten, dass der Bund einheitliche Richtlinien für die Erstellung von Erhebungsberichten erlassen kann. Dadurch können die Einbürgerungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Dabei soll aber auch den Anliegen der Kantone Rechnung getragen werden, zumal in erster Linie diese für die Erarbeitung der Erhebungsberichte zuständig sind. Wichtig ist aber, dass aufgrund der Qualität der Erhebungsberichte das Bundesamt für Migration einen fundierten Entscheid über die Einbürgerungsbewilligung treffen kann.

Form und Inhalt der Erhebungsberichte können auf Verordnungsstufe näher umschrieben werden.

Der Bund soll zudem neu die Möglichkeit erhalten, Ordnungsvorschriften für die Erstellung von Erhebungsberichten für diejenigen Einbürgerungen vorzusehen, für die er zuständig ist. Diese Fristen können in der neu zu schaffenden Verordnung zum Bürgerrechtsgesetz festgelegt werden und sollen dazu beitragen, dass ein Einbürgerungsverfahren
nicht übermässig lange dauert. Es versteht sich von selbst, dass der Bundesrat auch für die Verfahrensbereiche in der Zuständigkeit des Bundes Ordnungsvorschriften vorsehen kann. Die Details, die zu einer zusätzlichen Beschleunigung des Verfahrens führen können, sind ebenfalls in der Ausführungsverordnung zu präzisieren.

Art. 35

Erhebung und Vorauszahlung der Gebühren

Die Bestimmung entspricht Artikel 38 des bisherigen BüG, wobei der bisherige Absatz 2, wonach mittellosen Bewerberinnen und Bewerbern die Gebühr erlassen wird, ersatzlos gestrichen wird. Die Streichung des Absatzes rechtfertigt sich aus mehreren Gründen: Die massgebenden Regelungen sind bereits in der Allgemeinen Gebührenverordnung vom 8. September 2004 (AllgGebV; SR 172.041.1) enthalten.

Einbürgerungsgebühren dürfen nach dem Kosten- und Äquivalenzprinzip nur kostendeckend sein.

Eine zusätzliche Vereinfachung kann erreicht werden, indem, gleich wie bei der heutigen Handhabung bei Auslandfällen, eine Vorauszahlung der Gebühren für erleichterte Einbürgerungen und Wiedereinbürgerungen eingeführt wird. Die Rege2862

lung nach Absatz 3 erlaubt es, auf Gesuche um erleichterte Einbürgerung oder Wiedereinbürgerung nur einzutreten, sofern die Bewerberin oder der Bewerber ihre oder seine geleistete Vorauszahlung mittels eines Einzahlungsbelegs nachweist.

Art. 36

Nichtigerklärung

Die Einbürgerung kann vom Bundesamt für Migration nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist. Dabei wird zwecks Verfahrensvereinfachung neu auf das bisherige Erfordernis der Zustimmung des Heimatkantons verzichtet.

Absatz 2 bestimmt, dass die Einbürgerung innert zwei Jahren, nachdem das Bundesamt für Migration vom rechtserheblichen Sachverhalt Kenntnis erhalten hat, spätestens aber innert acht Jahren nach dem Erwerb des Schweizer Bürgerrechts nichtig erklärt werden kann. Nach jeder Untersuchungshandlung, die der eingebürgerten Person mitgeteilt wird, beginnt eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen.

Die Fristen stehen während eines Beschwerdeverfahrens still. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die heutige fünfjährige Frist, innerhalb derer eine Nichtigkeit ausgesprochen werden kann, unter Umständen zu kurz ist. Mit der neuen Fristenregelung lassen sich Missbräuche besser bekämpfen, da in Fällen, die erst kurz vor Ablauf der heutigen fünfjährigen Verjährungsfrist bekannt werden und in denen somit die Zeit für die Durchführung eines Nichtigkeitsverfahrens nicht mehr ausreichen würde, trotzdem noch die Nichtigerklärung der Einbürgerung verfügt werden kann. Die neue Bestimmung entspricht auch dem Anliegen der Parlamentarischen Initiative Lustenberger vom 24. März 2006 (06.414 Parlamentarische Initiative. Änderung des Bürgerrechtsgesetzes. Fristausdehnung für die Nichtigerklärung; Inkraftsetzung per 1. März 2011, vgl. AS 2011 347) sowie den Empfehlungen zur Missbrauchsbekämpfung im Bericht vom 20. Dezember 2005 über hängige Fragen des Bürgerrechts.

Der Absatz 3 übernimmt die bisherige Regelung.

Absatz 4 übernimmt den bisherigen Grundsatz, wonach sich die Nichtigkeit auf alle Familienmitglieder erstreckt, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtig erklärten Einbürgerung beruht. Da nur Kinder in ein Einbürgerungsgesuch einbezogen werden können (Art. 30) wird neu dieser Begriff in Absatz 4 (wie auch Abs. 6) aufgenommen. In die Nichtigkeit einbezogen werden Kinder, die das 16. Altersjahr noch nicht vollendet haben. Dies rechtfertigt sich, da hier noch von einer vorrangigen Beziehung zu den Eltern auszugehen ist. Auch Kinder, die das 16. Altersjahr vollendet haben, werden grundsätzlich in die Nichtigerklärung
einbezogen. Ausnahmsweise soll hier jedoch auf die Erstreckung der Nichtigkeit verzichtet werden, wenn diese Kinder die Wohnsitzerfordernisse nach Artikel 9 und die Eignungsvoraussetzungen nach Artikel 11 f. erfüllen oder die Kinder durch die Nichtigerklärung staatenlos werden. Hier ist eine Erstreckung der Nichtigkeit unangemessen, was sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundes- und Bundesverwaltungsgerichts (BGE 135 II 161, BVGer C-1139/2006 und C-1683/2007) ergibt.

Absatz 5 regelt neu die Wartefrist für die Einreichung eines neuen Gesuchs, wenn die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller vorgängig eines Missbrauchs überführt werden konnte. Eine zweijährige Frist scheint angemessen, zumal die Person die Einbürgerung aufgrund von falschen Angaben oder durch Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen und danach langwierige und aufwendige Nichtigkeitsverfahren verursacht hat. Die Wartefrist beinhaltet auch eine gewisse präventive

2863

Wirkung, da im Fall einer Nichtigerklärung neben dem Verlust des Bürgerrechts eine neue Gesuchseinreichung um Einbürgerung vorerst ausgeschlossen ist.

Absatz 6 sieht vor, in welchen Fällen auf die Wartefrist bei einer Nichterklärung verzichtet werden soll. Die Wartefrist soll nur für eine Person eingeführt werden, die ihre Einbürgerung durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen hat. Es rechtfertigt sich daher nicht, die zweijährige Wartefrist auch auf Kinder anzuwenden, die grundsätzlich kein Verschulden an der Nichtigerklärung der Einbürgerung trifft. Dies betrifft einerseits Kinder, die aufgrund ihres Alters in die Nichtigkeit einbezogen wurden. Andererseits sind davon auch jene Kinder betroffen, die das 16. Altersjahr vollendet haben, aber die Wohnsitzerfordernisse nach Artikel 9 oder die Eignungsvoraussetzungen nach Artikel 11 f. nicht erfüllen ­ im Ergebnis können diese Personen nach der Nichtigerklärung allerdings nicht unmittelbar ein neues Einbürgerungsgesuch mit Aussicht auf Erfolg einreichen.

Im Weiteren soll mit Absatz 7 eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, wonach das Bundesamt für Migration ermächtigt wird, bei einer Nichtigerklärung der Einbürgerung den Entzug der Ausweise (Schweizer Pass bzw. Identitätskarte) zu verfügen. Die Kantone sind für den Vollzug zuständig. Die bisherige Regelung, wonach die Kantone nach dem Eintritt der Rechtskraft der Nichtigerklärung nochmals eine beschwerdefähige Verfügung betreffend Entzug der Ausweise erlassen müssen, verursacht einen hohen administrativen Aufwand und kann durch die Ergreifung von Rechtsmitteln ungebührlich in die Länge gezogen werden.

Die ausländerrechtlichen Folgen der Nichtigerklärung einer Einbürgerung werden in Artikel 62 und 63 des Ausländergesetzes geregelt.

2. Kapitel: Verlust durch behördlichen Beschluss 1. Abschnitt: Entlassung Art. 37

Entlassungsgesuch und -beschluss

Die Bestimmung entspricht inhaltlich Artikel 42 des bisherigen BüG.

Art. 38

Einbezug der Kinder

Die Bestimmung entspricht inhaltlich Artikel 44 des bisherigen BüG.

Art. 39

Entlassungsurkunde

Die Bestimmung entspricht Artikel 45 des bisherigen BüG unter Berücksichtigung der Grundsätze einer geschlechtsneutralen Formulierung in den Absätzen 3 und 4.

Zu Absatz 4 sei festgehalten, dass das Bundesamt für Migration die Veröffentlichung der Entlassung im Bundesblatt vornimmt.

Art. 40

Gebühren

Die Bestimmung entspricht Artikel 46 Absatz 1 des bisherigen BüG.

Die Zustellung der Entlassungsurkunde in Fällen von Nichteinbringlichkeit der Entlassungsgebühr gemäss bisherigem Artikel 46 Absatz 2 BüG erklärt sich durch historische Gründe. Der Regelungsbedarf im Sinne eines Schutzes der betroffenen 2864

Heimatgemeinden vor sozialhilfebedürftigen Rückwanderern besteht heute nicht mehr, womit der bisherige Artikel 46 Absatz 2 BüG ersatzlos gestrichen werden kann.

Auf die Einführung einer bundesrechtlichen Gebühr für die Zustellung der Entlassungsurkunde wird verzichtet, da der Bund lediglich eine Briefkastenfunktion innehat und deren Einführung in keinem Verhältnis zum Aufwand stehen würde. Der bisherige Artikel 46 Absatz 3 BüG wird daher ersatzlos gestrichen.

Art. 41

Mehrfaches kantonales Bürgerrecht

Nach dem bisherigen Artikel 47 BüG hat bei Bürgerinnen und Bürgern mehrerer Kantone jeder einzelne Heimatkanton über die Entlassung der betreffenden Person entschieden. Hingegen waren die Entlassungsurkunden gemeinsam zuzustellen. Die Zustellung einer einzigen Entlassungsurkunde bewirkte den Verlust des Schweizer Bürgerrechts und aller Kantons- und Gemeindebürgerrechte, selbst dann, wenn irrtümlicherweise ein anderer Heimatkanton nicht über die Entlassung entschieden hatte. Die Umsetzung dieser Regelung war sehr schwerfällig und führte zu einem unnötigen bürokratischen Aufwand. Eine zusätzliche Erschwernis bildete der Umstand, dass Entlassungsgesuche bei Wohnsitz im Ausland nur via eine schweizerische Vertretung gestellt werden konnten (Ausnahme: Liechtenstein).

Der neue Artikel 41 BüG sieht deshalb vor, dass Schweizerinnen und Schweizern mit dem Bürgerrecht mehrerer Kantone das Gesuch bei einem der Heimatkantone einreichen können. Entscheidet ein Heimatkanton über die Entlassung, bewirkt die Zustellung des Entscheides den Verlust des Schweizer Bürgerrechts sowie aller Kantons- und Gemeindebürgerrechte. Der Kanton, welcher über die Entlassung entschieden hat, informiert von Amtes wegen die übrigen Heimatkantone. Diese haben nach Artikel 47 Absatz 2 ein Beschwerderecht.

2. Abschnitt: Entzug Art. 42

Voraussetzungen

Die Bestimmung entspricht Artikel 48 des bisherigen BüG. Ein Entzug des Schweizer Bürgerrechts setzt ein Verhalten voraus, das den Interessen oder dem Ansehen der Schweiz erheblich nachteilig ist. Damit wird die Messlatte sehr hoch angesetzt; ein bloss nachteiliges Verhalten genügt nicht. Der Entzug des Bürgerrechts gelangt somit als ultima ratio zur Anwendung. Seit dem Inkrafttreten des Bürgerrechtsgesetzes im Jahre 1953 ist kein einziger Fall eines Entzugs des Schweizer Bürgerrechts bekannt. Die Bestimmung war vor allem für Kriegszeiten gedacht (z.B. Entzug des Schweizer Bürgerrechts für einen Doppelbürger, der Kriegsverbrechen oder Landesverrat begangen hat). Gleichwohl soll die Bestimmung beibehalten werden. Heutzutage könnte sie beispielsweise zur Anwendung gelangen, wenn ein Schweizer Bürger einen Terroranschlag verüben sollte.

2865

3. Titel: Feststellungsverfahren Art. 43

Zuständigkeit

Die Bestimmung entspricht Artikel 49 des bisherigen BüG.

4. Titel: Bearbeitung von Personendaten und Amtshilfe Art. 44

Datenbearbeitung

Die Bestimmung entspricht materiell Artikel 49a des bisherigen BüG. In Absatz 1 findet sich neu der ausdrückliche Verweis auf das Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich (BGIAA; SR 142.51). Das BGIAA sowie die dazugehörige Ausführungsverordnung (Verordnung über das Zentrale Migrationsinformationssystem, ZEMIS-Verordnung vom 12. April 2006; SR 142.513) regeln unter anderem die Bearbeitung und Bekanntgabe von Personendaten im Informationssystem in Erfüllung der Aufgaben nach dem Bürgerrechtsgesetz. Aufgrund der gesetzlichen Grundlagen können daher die bisherigen Artikel 49a Absatz 2 und 49b BüG ersatzlos gestrichen werden.

Art. 45

Amtshilfe

Die Bestimmung wird neu eingeführt. Die mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten Behörden sind in Einzelfällen und auf schriftliches und begründetes Gesuch hin verpflichtet, alle Angaben bekanntzugeben, die erforderlich sind im Zusammenhang mit der Einbürgerung (ordentliche Einbürgerung, erleichterte Einbürgerung und Wiedereinbürgerung), der Nichtigerklärung einer Einbürgerung, der Entlassung aus dem Bürgerrecht oder dessen Entzug sowie der Fällung eines Feststellungsentscheides über das Schweizer Bürgerrecht einer Person. Dies gilt nicht nur für die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden, sondern auch für andere Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden wie beispielsweise Schul-, Vormundschafts-, Sozialhilfe-, Strafuntersuchungs- und Zivilstandsbehörden. Liegt eine gesetzliche Grundlage zur Bekanntgabe vor, so ist keine formelle behördliche Entbindung von der Schweigepflicht notwendig. Bei der Gewährung der Amtshilfe ist auch den datenschutzrechtlichen Erfordernissen Rechnung zu tragen (vgl. auch die Bemerkungen zu Ziff. 1.2.4.1).

5. Titel: Rechtsschutz Art. 46

Beschwerde vor einem kantonalen Gericht

Die Bestimmung entspricht Artikel 50 des bisherigen BüG.

Art. 47

Beschwerde auf Bundesebene

Die Bestimmung entspricht Artikel 51 des bisherigen BüG.

2866

6. Titel: Schlussbestimmungen 1. Kapitel: Vollzug, Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts Art. 48

Vollzug

Die Bestimmung entspricht Artikel 54 des bisherigen BüG. Der bisherige Absatz 2 wird gestrichen, da das Ausweisgesetz vom 22. Juni 2001 (AwG; SR 143.1) bereits eine hinreichende gesetzliche Grundlage darstellt.

Art. 49

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

Die Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts werden im Anhang geregelt.

2. Kapitel: Übergangsbestimmungen Art. 50

Nichtrückwirkung

Die Bestimmung entspricht Artikel 57 des bisherigen BüG. Allerdings erfährt sie inhaltlich eine Änderung im Sinne einer Übergangsregelung. Vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingereichte Gesuche werden demnach bis zum Entscheid über das Gesuch nach den Bestimmungen des bisherigen Rechts behandelt. Wird beispielsweise noch unter altem Recht ein Gesuch nach Artikel 31b BüG (Kind eines Elternteils, der das Schweizer Bürgerrecht verloren hat) eingereicht, wird dies auch unter neuem Recht noch weiterbehandelt, obwohl dieses für diesen Personenkreis keine erleichterte Einbürgerung mehr vorsieht.

Art. 51

Erwerb des Schweizer Bürgerrechts nach dem Übergangsrecht

Die Bestimmung regelt Fälle von Artikel 58a und 58c des bisherigen BüG.

Eine erleichterte Einbürgerung des Enkelkindes aus der Ehe der schweizerischen Grossmutter und einem Ausländer, wie sie noch nach dem bisherigen Artikel 58a Absatz 3 BüG vorgesehen war, soll nicht mehr möglich sein. Eine Aufhebung dieser Regelung ist gerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass es sich bei Artikel 58a BüG ursprünglich um eine Übergangsbestimmung für vor dem 1. Juli 1985 geborene Kinder handelte. Der Bezug der betroffenen Personen zum Schweizer Bürgerrecht ist wie derjenige nach dem alten Artikel 31b BüG ­ Kinder eines Elternteils, der das Schweizer Bürgerrecht schon vor der Geburt des Kindes verloren hat ­ heute nicht mehr dermassen bedeutsam, als dass sich die Zulassung zur erleichterten Einbürgerung rechtfertigt.

Artikel 51 Absatz 1 ist immer dann anwendbar, wenn es sich bei der gesuchstellenden Person um ein ausländisches Kind aus der Ehe einer Schweizerin und einem Ausländer handelt, welches ­ wäre im Zeitpunkt der Geburt dieses Kindes bereits Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a BüG in Kraft gewesen ­ das Schweizer Bürgerrecht automatisch mit der Geburt erworben hätte. In der Praxis rechtfertigt sich die Anwendung der Übergangsbestimmung auch dann, wenn die Mutter eines solchen Kindes im Zeitpunkt von dessen Geburt zwar nicht mehr Schweizerin war, das Schweizer Bürgerrecht jedoch später selber aufgrund ihrer Abstammung durch erleichterte Einbürgerung oder Wiedereinbürgerung erworben hat.

2867

Absatz 2 regelt Fälle des bisherigen Artikels 58c BüG. Es soll neu jedoch gelten, dass das ausländische Kind unabhängig von seinem Alter eine enge Verbundenheit mit der Schweiz nachweisen muss.

Mit Absatz 3 wird eine neue Übergangsbestimmung eingeführt. Danach erwirbt das vor dem 1. Januar 2006 geborene ausländische Kind, dessen Vater Schweizer ist und der nachträglich die Kindesmutter heiratet, automatisch das Schweizer Bürgerrecht, wie wenn seine Eltern bereits im Zeitpunkt seiner Geburt verheiratet gewesen wären. In der Praxis hat sich gezeigt, dass das geltende Recht für diese Fälle keine geeignete Lösung vorsieht: Im Rahmen der letzten Teilrevision des BüG (BBl 2003 6743) wurde die altrechtliche Bestimmung, wonach das unmündige ausländische Kind das Schweizer Bürgerrecht automatisch erwarb, wenn sein Vater Schweizer Bürger war und nachträglich die Mutter heiratete, per 1. Januar 2006 aufgehoben und neu der geltende Artikel 1 Absatz 2 BüG sowie die geltende Übergangsregelung nach Artikel 58c BüG eingeführt. Eine entsprechende Übergangsbestimmung im Sinne der altrechtlichen Regelung sah das neue Recht jedoch nicht vor. Ein vom Bundesamt für Justiz erstelltes Rechtsgutachten zeigte auf, dass die Anwendung der Übergangsbestimmung 58c BüG auf das unmündige ausländische Kind, dessen Eltern sich nach der Geburt verheiraten, dem Gebot der Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) widerspricht (vgl. das Rundschreiben des Bundesamts für Migration vom 15. Juni 2007 betreffend Erwerb des Schweizer Bürgerrechts für unmündige, vor dem 1. Januar 2006 geborene ausländische Kinder eines schweizerischen Vaters bei nachträglicher Heirat der Eltern [Art. 1 Abs. 1 Bst. a BüG]). Gestützt auf diese verfassungsmässige Auslegung musste die Anwendbarkeit von Artikel 58c BüG auf das unmündige Kind eines schweizerischen Vaters, der sich nachträglich mit der Mutter verheiratet, verneint werden. Mittels einer extensiven Auslegung des bisherigen Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe a BüG in dem Sinne, als diese Bestimmung auf alle unmündigen, gemeinsamen Kinder von Ehegatten Anwendung findet, mit Einschluss derjenigen, die vor der Heirat geboren wurden, sind die oben genannten Fälle seit dem 1. Januar 2006 gelöst worden. Im Interesse der Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit soll diese bestehende Praxis mit der Einführung von Absatz 3 in das Gesetz überführt werden.

3. Kapitel: Referendum und Inkraftsetzung Art. 52 Das Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum, und der Bundesrat wird das Inkrafttreten festlegen.

Anhang: Aufhebung und Änderung des bisherigen Rechts Das Bürgerrechtsgesetz vom 29. September 1952 wird integral aufgehoben und durch das neue ersetzt.

Im Ausländergesetz werden zwei neue Bestimmungen eingeführt. Diese betreffen die Frage, welchen ausländerrechtlichen Status Personen nach Nichtigerklärung ihrer Einbürgerung erhalten. Nach bisherigem Recht war diese Frage nicht geregelt.

Das Bundesgericht hatte in einem Leitentscheid (BGE 135 II 1 ff.) festgehalten, dass 2868

mit der Nichtigerklärung der Einbürgerung die davon betroffene Person ausländerrechtlich in die gleiche Rechtsstellung wie vor der Einbürgerung versetzt wird.

Dieser Grundsatz wird mit dem Gesetzesentwurf übernommen.

Sodann muss auch das Ausweisgesetz, das den Entzug der Ausweise nach der Nichtigerklärung der Einbürgerung regelt, angepasst werden (Art. 7 AwG).

Eine bloss numerische Anpassung erfährt schliesslich das Bundesgesetz über das Informationssystem für den Ausländer- und Asylbereich (Art. 1 Abs. 2).

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Gesetzesänderungen haben keine finanziellen und personellen Auswirkungen auf den Bund. Insbesondere die Vereinheitlichung der ordentlichen Einbürgerungsverfahren wird auf Bundesebene zu einer Minderung des Gesamtaufwands führen.

Hingegen ist nicht auszuschliessen, dass für die Kantone ein Mehraufwand entstehen kann. Mit der Totalrevision ist vorgesehen, dass das Gesuch um ordentliche Einbürgerung im Gegensatz zu heute zwingend zuerst bei der zuständigen kantonalen Behörde einzureichen ist. Weiter werden die Kantone unter neuem Recht eine vertiefte Integrationsprüfung vornehmen müssen. Eine weitere Neuerung ist, dass der Bund für die Verfahren in seiner Zuständigkeit eine Vorauszahlung der Gebühren verlangen kann. Für das ordentliche Einbürgerungsverfahren bedeutet dies im Ergebnis, dass die Kantone vor der Weiterleitung des Einbürgerungsgesuchs an das Bundesamt für Migration die Vorauszahlung kontrollieren müssen.

Nicht alle Kantone werden von den vorgesehenen Neuerungen in gleichem Ausmass betroffen sein: So kennen gewisse Kantone bereits heute bei der ordentlichen Einbürgerung den im Rahmen der Revision vorgeschlagenen Verfahrensablauf oder eine vertiefte Integrationsprüfung.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 23. Januar 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011 (BBl 2008 753) noch im Bundesbeschluss vom 18. September 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011 (BBl 2008 8543) angekündigt.

Nach der Ablehnung der Gesetzes- und Verfassungsvorlage vom 26. September 2004 betreffend Erleichterung des Bürgerrechtserwerbs für ausländische Jugendliche der zweiten und der dritten Generation war eine Standortbestimmung notwendig, um die verschiedenen politischen Anliegen im Bürgerrechtsbereich zu evaluieren und die weiteren gesetzgeberischen Schritte in die Wege zu leiten. Der Bundesrat hat zu diesem Zweck das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beauftragt, bis Ende 2005 einen Bericht über hängige Fragen des Bürgerrechts zu verfassen. Am 9. März 2007 hat der Bundesrat vom Bericht einschliesslich der darin enthaltenen Empfehlungen Kenntnis genommen. Am 24. September 2006 hat sich das Volk mit grosser Mehrheit für das revidierte AuG sowie das AsylG ausgesprochen. Die beiden Erlasse führten dazu, dass an Ausländerinnen und Ausländer neue Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Integration und der Sprachkenntnisse, gestellt werden. Das Einbürgerungsverfahren, welches als letzter Schritt auf dem Weg zu einer gelungenen Integration angesehen werden kann, muss diese Entwicklung berücksichtigen. Schliesslich haben auch die Diskussionen über die Jugendgewalt, 2869

die in einen Bericht des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 11. April 2008 mündeten, sowie das Anliegen, dass die Verfahren in vernünftiger Weise vereinfacht und gestrafft werden, zu weiteren Änderungswünschen im Bereich des Bürgerrechts geführt.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Vorlage steht grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem europäischen Recht, insbesondere mit dem Europäischen Übereinkommen vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit (STE 166) und der Konvention zur Vermeidung von Staatenlosigkeit bei Staatennachfolge (STE 200) denen die Schweiz beizutreten beabsichtigt (vgl. auch die Bemerkungen zu Ziff. 1.3.2). Die bilateralen Abkommen vom 21. Juni 1999 mit der Europäischen Union werden durch die vorliegende Gesetzesrevision nicht tangiert.

6

Verfassungsmässigkeit

Die Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes stützt sich auf die Artikel 37 und 38 BV.

Nach Artikel 38 Absatz 2 BV erlässt der Bund Mindestvorschriften über die Einbürgerung von Ausländerinnen und Ausländern durch die Kantone und erteilt die Einbürgerungsbewilligung. Diese Kompetenz wurde lange im Gegensatz zur Kompetenz zum Erlass von Maximalvorschriften interpretiert. Dies aufgrund des ursprünglichen Zwecks der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, der darin bestand, einen Minimalstandard festzulegen, mit dem vermieden wird, dass das Schweizer Bürgerrecht in Fällen erteilt wird, in denen dies der Schweiz schaden könnte. In der Praxis wurde daraus namentlich abgeleitet, dass der Erlass von Bestimmungen über die Aufenthaltsdauer am Wohnsitz in den Kantonen und Gemeinden ausgeschlossen ist (Botschaft, BBl 1992 VI 551).

Seit der Annahme der neuen Verfassung ist Artikel 38 Absatz 2 BV so ausgelegt worden, dass die Begriffe «Mindestvorschriften» und «Grundsätze» in ähnlicher Weise zu verstehen sind (Botschaften: BBl 1997 I 228, 2002 1927). Danach berechtigt dieser Artikel dazu, Grundsätze zur ordentlichen Einbürgerung zu erlassen, so beispielsweise im Hinblick auf eine Vereinheitlichung bzw. Harmonisierung. Diese Auffassung wird von einem Teil der Lehre vertreten. Ein anderer Teil der Lehre legt den Begriff der Mindestvorschriften nach wie vor eng aus. Der Bundesrat teilt jedoch die Auffassung jener Lehrmeinung, wonach Artikel 38 Absatz 2 BV die Kompetenz zum Erlass von Grundsätzen einräumt.

So hat der Bundesgesetzgeber seit 2003 mehrere einheitliche Vorschriften im Bereich der ordentlichen Einbürgerung geschaffen: Artikel 38 BüG (Beschränkung der Gebühren von Bund, Kantonen und Gemeinden nach dem Kostendeckungsprinzip), Artikel 15 bis 15c BüG (Stimmverfahren auf kantonaler und kommunaler Ebene), Artikel 50 BüG (Rechtsmittel).

Damit stellt sich die Frage, ob Artikel 38 Absatz 2 BV dazu berechtigt, im Sinne eines Grundsatzes auch eine maximale kantonale und kommunale Mindestaufenthaltsdauer (Art. 18 Abs. 1) oder eine einheitliche Regelung der Zuständigkeit im Fall eines Wohnsitzwechsels während des Verfahrens (Art. 18 Abs. 2) einzuführen.

Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Wohnsitzerfordernisse in den Kantonen und 2870

Gemeinden neben den materiellen Eignungsbedingungen den harten Kern der kantonalen Regelungen im Bereich der Einbürgerungen darstellen und dass die Vereinheitlichung und Harmonisierung der kantonalen Vorschriften in Bezug auf die Aufenthaltsdauer einer Einschränkung des kantonalen Handlungsspielraums gleichkommen. Er ist jedoch der Ansicht, dass die Auslegung von Artikel 38 Absatz 2 BV im Sinne einer auf die Grundsätze beschränkten Kompetenz heute durch die neuere Praxis genügend konsolidiert ist. Der Bundesrat erachtet es daher im Rahmen der vorliegenden Totalrevision als verfassungsmässig, die vorgesehenen Regelungen zur Harmonisierung der kantonalen und kommunalen Wohnsitzerfordernisse einzuführen.

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