zu 10.480 Parlamentarische Initiative Keine unnötige Bürokratie im Bereich der Stromnetze Bericht vom 21. Februar 2011 der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 20. April 2011

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 21. Februar 20111 der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates betreffend die Parlamentarische Initiative «Keine unnötige Bürokratie im Bereich der Stromnetze» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. April 2011

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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BBl 2011 2901

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Ausgangslage

Mit der im Rahmen der Parlamentarische Initiative ausgearbeiteten Vorlage soll im Stromversorgungsgesetz vom 23. März 2007 (StromVG; SR 734.7) explizit festgeschrieben werden, dass Kantone und Gemeinden Konzessionen im Zusammenhang mit dem Stromnetz, insbesondere das Recht zur Nutzung des öffentlichen Grund und Bodens, ohne Ausschreibung erteilen können. Zugleich soll im Wasserrechtsgesetz vom 22. Dezember 1916 (WRG; SR 721.80) explizit festgehalten werden, dass Wasserrechtskonzessionen ohne Ausschreibung verliehen werden können. Ebenfalls klargestellt wird, dass die Verleihungsverfahren transparent und diskriminierungsfrei sein müssen. Am 21. Februar 2011 hat die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) der Vorlage einstimmig zugestimmt.

Auslöser für die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen ist das Gutachten der Wettbewerbskommission (WEKO) vom 22. Februar 2010 betreffend «Erneuerung der Konzessionsverträge zwischen den Centralschweizerischen Kraftwerken AG und den Luzerner Gemeinden über die Nutzung von öffentlichem Grund und Boden sowie die Versorgung mit elektrischer Energie». Die WEKO hält im Gutachten fest, dass es sich bei einer Erneuerung einer Konzession zur Nutzung von öffentlichem Grund und Boden sowie der Versorgung mit elektrischer Energie um einen ausschreibungspflichtigen Tatbestand gemäss Binnenmarktgesetz vom 6. Oktober 1995 (BGBM, SR 943.02) handelt. In der dazu gehörigen Medienmitteilug führt die WEKO zudem aus, die Ausschreibungspflicht bestehe auch für die Nutzungsübertragung anderer faktischer Monopole an Private. Speziell erwähnt wird dabei die Vergabe von Wasserkraftnutzungsrechten.

Nach der Veröffentlichung des WEKO-Gutachtens wurden drei parlamentarische Vorstösse eingereicht, nämlich die Interpellation Lustenberger (10.3510), die Motion Freitag (10.3469) sowie die vorliegende Parlamentarische Initiative (10.480). Gemäss der Motion Freitag soll im WRG festgeschrieben werden, dass für die Kantone und Gemeinden keine Ausschreibungspflicht für Wasserrechtskonzessionen besteht. Der Bundesrat hat die Motion zur Annahme empfohlen, der Ständerat hat ihr am 28. September 2010 und der Nationalrat am 15. März 2011 zugestimmt. Die Parlamentarische Initiative nimmt das Anliegen der Motion Freitag auf.

Die Gesetzessänderungen werden im Bericht der UREK-N vom 21. Februar 2011 erläutert. Die UREK-N hat den Bundesrat zur Stellungnahme eingeladen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat hält eine Ausschreibungspflicht für Stromnetzkonzessionen nicht für sinnvoll, wie er dies bereits in seiner Antwort auf die Interpellation Lustenberger ausgedrückt hat. Die im Bericht der UREK-N angeführten Argumente überzeugen, namentlich dass Wettbewerb um die Netze nicht der Konzeption des StromVG entspricht und dass zwingende Ausschreibungen mit zusätzlichen Kosten, nicht aber unbedingt mit zusätzlichem Nutzen verbunden wären. Eine Ausschreibungspflicht bei den Wasserrechtskonzessionen lehnt der Bundesrat ebenfalls ab. Er teilt nament3908

lich die Sorge der UREK-N, dass eine Ausschreibungspflicht ein schon heute sehr komplexes Verfahren weiter belasten würde und negative Anreize für Investitionen in den Ausbau und die Erneuerung der Anlagen zur Wasserkraftnutzung resultieren könnten.

Der Bundesrat begrüsst die Absicht, über eine Klarstellung in den einschlägigen Spezialgesetzen, im WRG und im StromVG, rasch Rechtssicherheit zu schaffen. Er unterstützt ebenfalls das Anliegen, im Gesetz explizit festzuschreiben, dass die Vergabeverfahren transparent und diskriminierungsfrei sein müssen.

Die vorgeschlagene Gesetzesänderungen sind konform mit den Prinzipien der EU, wonach Konzessionen, wie die vorliegend interessierenden, in transparenten und nichtdiskriminierenden Verfahren vergeben werden müssen. Der Bundesrat hält es allerdings für denkbar, dass als Folge eines allfälligen Energieabkommens mit der EU in bestimmten Fällen noch Anpassungen bei den (eidgenössischen oder kantonalen) Vergabevorschriften vorgenommen werden müssen. Entscheidend ist aber, dass die generelle Stossrichtung der vorgeschlagenen Änderungen mit den EU-Bestimmungen im Einklang ist. Eine Übereinstimmung in allen Detailfragen würde auf eine im jetzigen Zeitpunkt nicht nötige Übernahme von EU-Recht hinauslaufen.

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Antrag des Bundesrates

Der Bundesrat empfiehlt die im Rahmen der Parlamentarische Initiative ausgearbeitete Vorlage zur Änderung des WRG und des StromVG zur Annahme.

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