02.423 Parlamentarische Initiative Vorsorgeregelung für die Ratsmitglieder Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 25. April 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen gemäss Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) den vorliegenden Bericht. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, ihrem beiliegenden Gesetzesentwurf und dem Entwurf für eine Verordnung der Bundesversammlung zuzustimmen.

25. April 2002

Im Namen der Kommission Der Präsident: Charles-Albert Antille

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2002-1084

Übersicht Ziel der Vorlage ist die Kompensation der finanziellen Nachteile, die ein berufstätiges Ratsmitglied aufgrund der durch das Mandat verursachten Reduktion seiner beruflichen Tätigkeit bei der beruflichen Vorsorge, im Falle von Alter, Krankheit, Unfall, Mutterschaft und beim unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Amt erleidet. Bei der beruflichen Vorsorge soll der heutige Vorsorgebeitrag zur Kapitalbildung erhöht und eine Beitragspflicht der Ratsmitglieder vorgesehen werden. Die Risiken Tod und Invalidität sollen neu miteinbezogen werden. Bei Krankheit und Unfall sollen die Ratsmitglieder Anspruch auf Ersatz der entgangenen Sitzungstaggelder haben. Eine Leistung an die Kosten bei Krankheit und Unfall ist nur noch bei entschädigungsberechtigten Auslandreisen vorgesehen. Schliesslich soll unter relativ restriktiven Auflagen eine Start- bzw. Nothilfe gewährt werden können.

Es ist gerechtfertigt, den Mitgliedern der Bundesversammlung einen Beitrag an die berufliche Vorsorge auszurichten, der vergleichbar ist mit demjenigen, den eine in einem Arbeitsverhältnis stehende Person beanspruchen kann. Ein massgebender Grund dafür ist die steigende zeitliche Belastung, die für die Ratsmitglieder mit der Ausübung des Mandats verbunden ist (Einführung der ständigen Kommissionen zu Beginn der neunziger Jahre, zunehmende Komplexität der Materie). Personen, die nicht über ein gesichertes Einkommen bzw. eine berufliche Vorsorge verfügen, müssen wegen der Ausübung ihres parlamentarischen Mandats mit erheblichen finanziellen Einbussen rechnen und können nach dem Ausscheiden aus dem Rat mit Problemen des beruflichen Wiedereinstiegs konfrontiert sein. Andererseits ist der Gedanke des Milizparlamentes in Parlament und Bevölkerung so stark verankert, dass der Vorsorgelösung des Parlamentes nur eine Ergänzungsfunktion zur ordentlichen beruflichen Vorsorge zukommen muss. Die Zeit im Parlament ist beschränkt. Es gilt, eine zeitlich und in der Höhe beschränkte Vorsorgelücke adäquat zu decken.

Die parlamentarische Tätigkeit stellt für viele Ratsmitglieder eine wichtige Einkommensquelle dar. Es ist daher auch gerechtfertigt, dass die Parlamentsmitglieder wie jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer, die aus gesundheitlichen Gründen an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert werden, ihre Taggelder zumindest in einem begrenzten Umfang bzw. für eine begrenzte Dauer weiter erhalten.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Bisherige Entwicklung

Die Frage der Verbesserung der Vorsorge für die Mitglieder der eidgenössischen Räte ist nicht neu. Sie wurde bei der Totalrevision des Taggeldergesetzes 1988 diskutiert und im neuen Entschädigungsgesetz mit der Einführung einer bescheidenen Vorsorgeentschädigung von 2500 Franken pro Jahr und einer Unfallversicherung erstmals angegangen. Seither gab es mehrere Ansätze zu einer angemesseneren Ausgestaltung des Vorsorgeschutzes. Sie konzentrierten sich auf die Problematik der Altersvorsorge und der Ausrichtung einer Abgangs- bzw. Übergangsentschädigung; die Frage der Notwendigkeit und einer möglichen Ausgestaltung einer Vorsorgeregelung bei Krankheit, Invalidität und Tod wurde nicht vertieft abgeklärt.

1991/92 wurde im Zusammenhang mit der Parlamentsreform die Einführung eines Ruhegehalts bzw. einer Übergangsentschädigung für ausscheidende Ratsmitglieder erwogen. In der Vorlage wurde dem Ruhegehalt jedoch der Ausbau der privaten Vorsorge vorgezogen und auf die Übergangsentschädigung verzichtet. Mit der Ablehnung der gesetzlichen Grundlagen für die Parlamentsreform in der Volksabstimmung fiel auch die Neugestaltung des Vorsorgeschutzes ins Wasser, obwohl in der ganzen Referendumsdiskussion dieser Teil der Vorlage unbestritten geblieben war.

Das Anliegen wurde deshalb zwischen 1992 und 1994 im Nationalrat wieder aufgegriffen und bildete Bestandteil bzw. Inhalt verschiedener Vorstösse. Insbesondere wurde eine Motion Schmid Peter überwiesen, die Vorsorgeentschädigung so anzuheben, dass den Mitgliedern des Parlaments vergleichbare Leistungen ausgerichtet werden, wie dies jede in einem Arbeitsverhältnis stehende Person beanspruchen kann. 1994 schlug eine parlamentarische Initiative des Büros des Nationalrates die Einführung einer Ruhegehaltsregelung für Parlamentsmitglieder vor. Der Ständerat ist jedoch auf die vom Nationalrat beschlossene Lösung nicht eingetreten. 1996 wird zur Verwirklichung der von beiden Räten überwiesenen Motion Schmid Peter auf dem Weg einer «kleinen» Revision des Entschädigungsgesetzes und des entsprechenden Bundesbeschlusses eine Erhöhung des Vorsorgebeitrages beschlossen mit dem Ziel, jedem Ratsmitglied auch im Falle einer Beschäftigungsreduktion im angestammten Beruf aufgrund der Übernahme des Parlamentsmandates die Aufrechterhaltung der beruflichen Vorsorge zu ermöglichen. Diese Regelung ist heute noch gültig.

1.2

Der Ist-Zustand bei der beruflichen Vorsorge

Den Mitgliedern der eidgenössischen Räte wird jährlich ein zweckgebundener Beitrag an die private Vorsorge ausgerichtet. Der Vorsorgebeitrag entspricht dem zulässigen Höchstbeitrag an anerkannte Formen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) für Vorsorgenehmer, die einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge angehören (Stand 2001: 5933 Franken pro Jahr).Den Ratsmitgliedern stehen für die Auszahlung folgende drei Vorsorgemöglichkeiten zur Verfügung:

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1.2.1

Gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a)

Der Beitrag kann zur Bildung einer anerkannten Vorsorgeform der gebundenen Selbstvorsorge verwendet werden, sofern das Ratsmitglied das ordentliche AHVRentenalter noch nicht erreicht hat. Dies gilt sowohl für selbstständig erwerbende als auch für unselbstständig erwerbende sowie neben ihrem parlamentarischen Mandat keiner zusätzlichen Erwerbstätigkeit nachgehende Ratsmitglieder. Der vom Bund bezahlte Beitrag wird bei Einzahlung in die Säule 3a steuerlich als Einkommen aufgerechnet; der Beitrag kann gegen Vorlegen einer Bescheinigung steuerwirksam in Abzug gebracht werden. Bei Auszahlung der Vorsorgeleistung wird diese besteuert.

1.2.2

Überweisung an die Vorsorgeeinrichtung, bei der das Ratsmitglied versichert ist (2. Säule)

Eine Einzahlung in die Vorsorgeeinrichtung, bei welcher das Ratsmitglied im Rahmen der beruflichen Vorsorge versichert ist, ist grundsätzlich nur zulässig, wenn der versicherte Verdienst infolge der parlamentarischen Tätigkeit reduziert wurde und dadurch eine Vorsorgelücke entstanden ist, und sofern die Statuten der Pensionskasse eine Kompensationszahlung zulassen. Der Beitrag kann im Ausmass der nachgewiesenen Vorsorgelücke steuerneutral in die Vorsorgeeinrichtung eingebracht werden; dabei wird der in die Vorsorgeeinrichtung überwiesene Betrag beim Ratsmitglied nicht als steuerbares Einkommen aufgerechnet. Die Besteuerung erfolgt bei Auszahlung der Leistung.

1.2.3

Errichtung eines Sperrkontos

Wenn ein Ratsmitglied seinen Vorsorgebeitrag nicht bei seiner beruflichen Vorsorgeeinrichtung oder Institution der Säule 3a einbringen kann, weil es das ordentliche AHV-Rentenalter bereits überschritten hat, ist der Beitrag auf ein Sperrkonto einer Bank zu überweisen; das Ratsmitglied darf darüber erst bei Aufgabe der parlamentarischen Tätigkeit frei verfügen. Eine solche Einzahlung entspricht somit eigentlich der Säule 3b. Die Anlage in Form eines Sperrkontos kann steuerlich nicht bevorzugt behandelt werden. Der Vorsorgebeitrag gilt für das Ratsmitglied als steuerbares Einkommen, das ­ einschliesslich der Zinsen ­ als Vermögen und Guthaben zu deklarieren ist und der Verrechnungssteuer unterliegt. Bei der Auflösung des Sperrkontos entfällt eine einkommenssteuerliche Erfassung des ausgerichteten Guthabens.

1.2.4

Beurteilung der heutigen Regelung

Die Stärken der heutigen Regelung lassen sich wie folgt zusammenfassen: ­

Es besteht ein Vorsorgeschutz, welcher eine gewisse Kapitalbildung für das Alter sicherstellt. Der ausgerichtete Betrag wird automatisch an die Entwicklung des Höchstbetrages bei der Säule 3a angepasst.

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­

Die Eigenverantwortlichkeit der Ratsmitglieder steht im Vordergrund.

­

Die Lösung trägt den verschiedensten persönlichen (Berufs-)Situationen flexibel Rechnung; sie geht nicht von einem «Normparlamentarier» aus.

­

Die Lösung schafft Rechtssicherheit bezüglich des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG): sie erfüllt sowohl die Beitragspflicht des Bundes als auch diejenige der Ratsmitglieder.

­

Sie ist mit tragbarem administrativem Aufwand verbunden.

Die wichtigsten Schwächen sind: ­

Es handelt sich nicht um eine echte, gesamtheitliche Vorsorgelösung, welche z.B. mit einer Pensionskasse vergleichbar wäre.

­

Die Vorsorgebeiträge sind relativ tief. Die Lösung deckt nicht einmal das BVG-Minimum.

­

Es sind keine Invaliditäts- und Hinterlassenenleistungen vorgesehen. Will ein Ratsmitglied trotzdem eine solche Deckung, so geht dies zu Lasten des Beitrages zur Kapitaläufnung.

­

Es handelt sich primär um eine reine Altersvorsorge; mögliche Härten beim beruflichen Wiedereinstieg ausscheidender Ratsmitglieder werden lediglich durch Auszahlungsmöglichkeiten bei der 2. und 3. Säule im Rahmen des BVG und des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (FZG) sowie der entsprechenden Verordnungen gemildert. Selbst die Möglichkeit einer Überbrückungshilfe bei Bedürftigkeit fehlt.

­

Schliesslich stellt sich die Frage, ob ein Beitrag an die Altersvorsorge für Ratsmitglieder im AHV-Alter im Sinne einer sozialen Massnahme überhaupt noch notwendig ist.

1.3

Der Ist-Zustand bei der Vorsorge für Krankheit und Unfall

1.3.1

Regelung gemäss Entschädigungsgesetz und Bundesbeschluss zum Entschädigungsgesetz

Gemäss Entschädigungsgesetz sind die Ratsmitglieder während ihrer parlamentarischen Tätigkeit gegen die Folgen eines Unfalls versichert. Der Bund hat zu diesem Zweck zugunsten der Ratsmitglieder eine Unfallversicherung abgeschlossen, welche neben der Übernahme der Heilungskosten subsidiär zur Krankenkasse die Ausrichtung eines Taggeldes in der Höhe eines Sitzungsgeldes während zwei Jahren und die Auszahlung von Kapitalleistungen im Invaliditäts- und Todesfall vorsieht. Gewisse Leistungen werden auch an ausländische Parlamentarierinnen und Parlamentarier ausgerichtet, wenn diese sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf Einladung und auf Kosten des Bundes in der Schweiz befanden. Im Krankheitsfall ist vorgesehen, dass ein Ratsmitglied, das während einer Sitzung erkrankt, für die Dauer eines möglichen Spitalaufenthaltes, jedoch höchstens während eines Monates, das Taggeld erhält.

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1.3.2

Beurteilung der heutigen Regelung

Die Stärken der heutigen Regelung lassen sich wie folgt zusammenfassen: ­

Im Unfallbereich besteht an Sitzungstagen grundsätzlich ein guter Versicherungsschutz.

­

Auch im Fall einer Erkrankung an einem Sitzungstag wird bei Spitalaufenthalt für eine beschränkte Zeit ein Taggeld ausgerichtet.

Die wichtigsten Schwächen sind: ­

Die Regelung im Bereich Krankheit und Unfall ist unausgewogen und unkoordiniert. Z. B. steht einer sehr guten Unfallabdeckung unter bestimmten Umständen das praktische Fehlen einer Einkommensausfallentschädigung bei Arbeitsunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen gegenüber, wie sie für jeden Arbeitnehmenden in der Schweiz selbstverständlich ist, und dies, obwohl für viele Ratsmitglieder die Sitzungsgelder einen wesentlichen Einkommensbestandteil bilden.

­

Unfälle am Wohn- oder Arbeitsort sind ausgeschlossen, auch wenn sie anlässlich einer entschädigungsberechtigten parlamentarischen Tätigkeit passieren.

­

Obwohl ca. 75 % aller langfristigen Absenzen auf Krankheit zurückzuführen sind, besteht dafür kein Versicherungsschutz.

­

Eine Koordination mit den übrigen bestehenden Sozial- und/oder Privatversicherungen eines Ratsmitglieds im Sinne eines gesamtheitlichen Lösungsansatzes ist nicht oder nur schlecht möglich.

1.4

Die parlamentarische Initiative Maury Pasquier (01.415)

Am 22.März 2001 reichte Frau Maury Pasquier mit 31 Mitunterzeichnern im Nationalrat eine parlamentarische Initiative ein, mit der sie in Form der allgemeinen Anregung verlangte, dass einem Parlamentsmitglied, welches erkrankt oder verunfallt, jene Taggelder zustünden, welche es ohne Arbeitsverhinderung aus gesundheitlichen Gründen durch seine Teilnahme an Sessions- und Kommissionssitzungen erhalten hätte. In der Begründung wies sie zu Recht darauf hin, dass die geltende Regelung Krankheiten und Unfälle nicht berücksichtigt, die ausserhalb einer Sitzung auftreten, Arbeitsunfähigkeit nach sich ziehen, ohne dass damit ein Spitalaufenthalt verbunden wäre, und schliesslich es einer Person während mehr als dreissig Tagen verunmöglichen zu arbeiten. Andererseits stellt die parlamentarische Tätigkeit für viele Ratsmitglieder eine wichtige Einkommensquelle dar. Es scheint also gerechtfertigt, dass auch die Parlamentsmitglieder wie jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer, die aus medizinischen Gründen an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert werden, ihre Taggelder zumindest in einem begrenzten Umfang bzw. für eine begrenzte Dauer weiter erhalten.

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1.5

Arbeiten in der Kommission

Im Rahmen der Ausarbeitung des neuen Parlamentsgesetzes (01.401) diskutierte die SPK am 30. März 2000 das Entschädigungssystem. Sie befand, dass eine vertiefte Auseinandersetzung nach neun Jahren angebracht sei und traktandierte für die Sitzung vom 31. August 2000 eine Grundsatzdiskussion.

An dieser Sitzung fasste die Kommission den Grundsatzentscheid, dass der Bereich der Infrastruktur ausgebaut werden sollte. Im Vordergrund stand dabei für die Kommission, den Ratsmitgliedern einen Betrag zur Verfügung zu stellen, mit dem sie persönliche Mitarbeitende anstellen können. Die Kommission lehnte es aber ab, die Einkommensjahrespauschale wesentlich zu erhöhen und Kinderzulagen einzuführen. In der gleichen Sitzung beschloss die Kommission, in einer zweiten separaten Vorlage dem Rat eine Revision der Bestimmungen über die berufliche Vorsorge der Ratsmitglieder zu unterbreiten.

Am 17. Mai 2001 fand eine Kommissionsaussprache zu einem Arbeitspapier der Parlamentsdienste betreffend die berufliche Vorsorge und zur Parlamentarischen Initiative Maury Pasquier statt. Die Kommission entschied, sich bei der beruflichen Vorsorge auf einen Ausbau des geltenden Systems zu konzentrieren und alternative Ansätze wie eine Ruhegehaltsregelung, eine reine Abgangs- bzw. Übergangsentschädigung oder die Aufnahme der Ratsmitglieder in die Pensionskasse des Bundes nicht weiter zu verfolgen. Nach Anhörung der Initiantin beschloss die Kommission ferner einstimmig, das Grundanliegen der Parlamentarischen Initiative Maury Pasquier zu unterstützen und sie in ein Gesamtpaket zu integrieren. Die Parlamentsdienste wurden beauftragt, eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten, und ermächtigt, sich bei den versicherungstechnischen Fragen durch die Firma Dr. Claude Chuard AG unterstützen zu lassen, welche 1994 das Büro des Nationalrates bei der damaligen Ruhegehaltsregelungsvorlage beraten hatte und mit den Verhältnissen bei den eidgenössischen Räten bereits vertraut war.

An ihren Sitzungen vom 8. November 2001, vom 14. Februar 2002 und vom 25. April 2002 beriet die SPK in der Folge die ausgearbeiteten Vorschläge. Bei der Diskussion über die Ausrichtung eines Taggeldersatzes an die Mitglieder der eidgenössischen Räte bei Krankheit oder Unfall war auch Frau Maury Pasquier anwesend. Sie zog am Ende der Debatte ihre parlamentarische Initiative 01.415 zurück, da die Vorschläge von der Kommission in ihrer Vorlage übernommen wurden.

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Ziel der Vorlage

Ziel der Vorlage ist die Kompensation der finanziellen Nachteile, die ein berufstätiges Ratsmitglied aufgrund der durch das Mandat verursachten Reduktion seiner beruflichen Tätigkeit bei der beruflichen Vorsorge, im Falle von Alter, Krankheit, Unfall, Mutterschaft und beim unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Amt erleidet.

Bei der beruflichen Vorsorge soll der heutige Vorsorgebeitrag zur Kapitalbildung erhöht und eine Beitragspflicht der Ratsmitglieder vorgesehen werden. Die Risiken Tod und Invalidität sollen in die künftige Lösung miteinbezogen werden. Die bei der Vorsorge für die Risiken Krankheit und Unfall vorzusehenden Leistungen sollen den Folgen adäquat sein und nicht aufgrund der Ursachen bestimmt werden. Die 7088

Leistungen sollen einen Ersatz des Ausfalls von Sitzungstaggeldern sowie Kostenübernahme bei Krankheit und Unfällen während entschädigungsberechtigten Auslandreisen vorsehen, soweit diese nicht durch das Krankenkassenobligatorium abgedeckt sind. Schliesslich soll unter relativ restriktiven Auflagen eine Start- bzw. Nothilfe gewährt werden können.

2.2

Rahmenbedingungen

Bei allen Lösungen zur Verbesserung der beruflichen Vorsorge der Ratsmitglieder ging man bisher immer von der These aus, dass ein Mitglied der Bundesversammlung nicht in einem Arbeitnehmerverhältnis zum Bund stehe. Trotzdem ist es an sich gerechtfertigt, den Mitgliedern der Bundesversammlung einen Beitrag an die berufliche Vorsorge auszurichten, der vergleichbar ist mit demjenigen, den eine in einem Arbeitsverhältnis stehende Person beanspruchen kann. Ein massgebender Grund dafür ist die steigende zeitliche Belastung, die für die Ratsmitglieder mit der Ausübung des Mandats verbunden ist (Einführung der ständigen Kommissionen zu Beginn der neunziger Jahre, zunehmende Komplexität der Materie). Personen, die nicht über ein gesichertes Einkommen bzw. eine berufliche Vorsorge verfügen, müssen wegen der Ausübung ihres parlamentarischen Mandats mit erheblichen finanziellen Einbussen rechnen und können nach dem Ausscheiden aus dem Rat mit Problemen des beruflichen Wiedereinstiegs konfrontiert sein. Andererseits ist der Gedanke des Milizparlamentes in Parlament und Bevölkerung so stark verankert, dass der Vorsorgelösung des Parlamentes nur eine Ergänzungsfunktion zur ordentlichen beruflichen Vorsorge zukommen muss. Die Zeit im Parlament ist beschränkt.

Es gilt, eine zeitlich und in der Höhe beschränkte Vorsorgelücke adäquat zu decken.

Damit ist der Spielraum für eine Verbesserung der Vorsorge der Ratsmitglieder relativ eng abgesteckt. Unter diesen Prämissen kommt eine Ruhegehaltsregelung nicht in Frage. Hingegen kann erwartet werden, dass bei einem Ausbau des heutigen Systems und bei verbesserten Leistungen neu jedes Ratsmitglied in Analogie zu Lohnabzügen bei Arbeitnehmenden zu Gunsten der 2. Säule persönlich einen Beitrag an die Vorsorgekosten leistet.

2.3

Lösungsvorschläge

2.3.1

Vorsorge für Alter, Invalidität und Tod

Die Leistungen im Bereich der beruflichen Vorsorge sollen zusammen mit der eidgenössischen Versicherung (AHV/IV) im Alter, im Todesfall und im Invaliditätsfall die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen.

Es geht darum, die sich ergebende Lücke in einem gewissen Mass und während einer bestimmten Zeit zu decken. Ziel ist die Realisierung einer möglichst umfassenden Vorsorgelösung für die drei Risiken Alter, Invalidität und Tod. Die heutige Situation soll qualitativ und quantitativ spürbar verbessert werden: ­

Qualitativ durch den systematischen Einbezug von neuen Leistungen im Todesfall und im Invaliditätsfall wie z.B. ein mit zunehmendem Alter linear fallendes Todesfallkapital und eine Invalidenrente in Prozenten des definierten versicherten Einkommens.

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­

Quantitativ durch eine spürbare Erhöhung der bisherigen Vorsorgebeiträge.

Für den zu versichernden Einkommensbestandteil soll im Vergleich zum gesetzlichen Minimum gemäss BVG eine gewisse Besserstellung erreicht werden.

Vorgeschlagen wird eine spürbare Aufstockung der Vorsorge durch eine Verdoppelung der bisherigen Ansätze unter Einbezug der Einführung einer Beitragspflicht durch das Ratsmitglied. Neu sollen die Risiken Tod und Invalidität vor dem Alter 65 ebenfalls abgedeckt werden; entsprechende Leistungen sind in der 2. Säule üblich.

2.3.2

Überbrückungshilfe

Aus zwei Gründen soll ein Ratsmitglied eine Überbrückungshilfe geltend machen können: Bei Bedürftigkeit oder für die Zeit nach der Ratstätigkeit als Starthilfe beim beruflichen Wiedereinstieg.

Ratsmitglieder, die zu Gunsten der Politik vorübergehend ihre Berufstätigkeit aufgeben oder reduzieren, sind dem Risiko ausgesetzt, beim Wiedereinstieg in ihren Beruf Schwierigkeiten zu haben. Um den beruflichen Wiedereinstieg nach Ausscheiden aus dem Parlament zu erleichtern, soll unter gewissen restriktiven Bedingungen eine Art «Überbrückungshilfe» angeboten werden können. Eine solche Zusatzleistung gehört eigentlich nicht zum üblichen Lösungspaket der beruflichen Vorsorge. Ein unfreiwilliges Ausscheiden aus dem Amt kann allerdings mit einer fristlosen Kündigung verglichen werden, die unter Umständen ebenfalls gewisse Entschädigungen nach sich zieht. Es geht darum, einem vor dem 65. Altersjahr ausscheidenden Ratsmitglied auf dessen Begehren eine Hilfe anbieten zu können, wenn es beim beruflichen Wiedereinstieg Schwierigkeiten hat und keinen gleichwertigen Ersatz für das bisherige Einkommen aus der parlamentarischen Tätigkeit erzielt. Die Leistung soll maximal der einfachen AHV-Rente entsprechen und längstens während zwei Jahren ausgerichtet werden.

Eine Unterstützung soll auch in den sehr seltenen Fällen angeboten werden können, in denen ein aktives Ratsmitglied in Not gerät. Bei der Definition der Bedürftigkeit könnte man sich an die Kriterien anlehnen, die von der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren aufgestellt worden sind. Es läge an der Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung, im einzelnen Fall eine Beurteilung vorzunehmen.

Die Überbrückungshilfe nimmt den Kerngedanken der so genannten Härtefallklausel wieder auf, die es früher gab und die bei der Revision des Entschädigungsgesetzes 1988 gestrichen wurde. Die Praxis der letzten zehn Jahre hat gezeigt, dass es einige wenige Fälle gab, bei denen Ratsmitglieder z.B. aus Krankheitsgründen oder weil sie nach der Wahl ihren Beruf aufgeben mussten, sowohl während ihrer aktiven Zeit als auch nach dem Ausscheiden aus dem Rat in Not gerieten. Die Möglichkeit, in diesen Fällen gezielt helfen zu können, wurde vermisst und soll deshalb wieder vorgesehen werden. Solche Lösungen sind auch auf kantonaler Ebene bekannt.

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2.3.3

Vorsorge bei Krankheit und Unfall (inkl. Schwangerschaft/Mutterschaft)

Die bisherige Unterscheidung bei der Vorsorge für die Risiken Krankheit und Unfall wird aufgegeben. Die Leistungen sollen den Folgen angemessen sein und nicht durch unterschiedliche Ursachen bestimmt werden. Die Leistungen orientieren sich daran, wie ein schweizerischer Arbeitnehmer oder eine schweizerische Arbeitnehmerin normalerweise versichert bzw. berechtigt sind: Bei Unfall und Krankheit besteht während einer bestimmten Zeit eine Lohnfortzahlung. Die obligatorische Kranken- und Unfallversicherung deckt die ambulanten Arztkosten und Arzneimittel und die Spitalbehandlung in der allgemeinen Abteilung. Schwangerschaft wird behandelt wie eine Krankheit; während des Mutterschaftsurlaubs besteht Lohnfortzahlung.

Mit dem vorgeschlagenen Konzept sollen in einer der durchschnittlichen Situation der Ratsmitglieder Rechnung tragenden Weise Lücken gedeckt und Doppelversicherungen vermieden werden. Neu soll primär der Einkommensverlust ersetzt werden, den ein Ratsmitglied erleidet, wenn es aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Mutterschaft an der Teilnahme an entschädigungsberechtigten Sitzungen verhindert ist. Das Sitzungstaggeld wird sonst durch niemanden ersetzt. Hingegen wird die Versicherung von Heilungskosten weitgehend Sache des einzelnen Ratsmitglieds; vorgesehen sind nur noch Leistungen an die Kosten von Krankheit und Unfall während entschädigungsberechtigten Auslandaufenthalten, soweit diese nicht durch die obligatorischen Versicherungen abgedeckt sind. Auf den Abschluss einer speziellen Unfallversicherung für die Ratsmitglieder wird künftig verzichtet, weil die Ratsmitglieder entweder als Arbeitnehmende oder als Privatpersonen mit Zusatz zur Krankenversicherung bereits obligatorisch unfallversichert sind. Für halbprivate oder private Leistungen sind private Zusatzversicherungen abzuschliessen, wie das allgemein üblich ist. Leistungen bei Invalidität und Tod sind speziell geregelt und nicht mehr nur bei Unfall als Ursache vorgesehen.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Änderung des Entschädigungsgesetzes

Art. 3 Absatz 2 von Artikel 3 führt neu den Anspruch eines Ratsmitglieds auf angemessenen Ersatz des entgangenen Taggeldes ein, wenn es aus gesundheitlichen Gründen an einer Sitzungsteilnahme verhindert war. «Angemessen» bedeutet, dass bei der Detailregelung eine gewisse Handlungsfreiheit besteht, um eine allfällige Karenzfrist oder Reduktion des Ansatzes bei langdauernder Abwesenheit festzulegen. Nicht betroffen ist die Jahresentschädigung, die auch im Fall von Krankheit oder Unfall unverändert ausbezahlt wird.

Der neue Absatz 3 legt fest, dass einer Parlamentarierin während eines Mutterschaftsurlaubes das entgangene Taggeld ausbezahlt wird. Die Bemessung des Mutterschaftsurlaubes orientiert sich an der entsprechenden gesetzlichen Grundlage.

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Art. 6a Eine Kommissionsminderheit möchte neu den Anspruch eines Ratsmitgliedes auf eine Betreuungszulage festlegen, wenn es oder der andere Elternteil nicht bereits volle Betreuungszulagen bezieht. Die Begründung folgt der Argumentationslinie, dass Betreuungszulagen zu den üblichen Sozialleistungen für Arbeitnehmer in der Schweiz gehören. Durch die Reduktion der beruflichen Tätigkeit können möglicherweise Ansprüche auf Betreuungszulagen nicht mehr in vollem Umfange geltend gemacht werden. Verlangt wird die Hälfte der Betreuungszulage gemäss der Gesetzgebung für das Bundespersonal. Dies entspräche einer jährlichen Zulage von 1975 Franken bei einem zulagenberechtigten Kind und von 1275 Franken für jedes weitere zulagenberechtigte Kind. Die Zulage würde für Kinder bis zum vollendeten 18. Altersjahr, für in Ausbildung stehende Kinder längstens bis zum vollendeten 25. Altersjahr ausgerichtet.

Eine knappe Kommissionsmehrheit entschied mit Stichentscheid des Präsidenten, die Forderung nach Ausrichtung einer Betreuungszulage nicht in die Vorlage aufzunehmen. Für sie sprengt eine Betreuungszulage den Rahmen einer parlamentarischen Vorsorgeregelung, deren Ziel es ist, die Nachteile einer mandatsbedingten Reduktion der beruflichen Tätigkeit bei der persönlichen Vorsorge zu kompensieren. Für sie geht es primär um Risikoabdeckung und weniger um Sozialleistungen.

Art. 7 Gegenüber der heutigen Regelung, die von «privater Vorsorge» spricht, wird auf Gesetzesstufe präzisiert, dass der Vorsorgebeitrag nicht nur die Altersvorsorge betrifft, sondern explizit auch die Risiken Invalidität und Tod umfasst. Dadurch wird der «Pensionskassen-Charakter» dieser Vorsorge unterstrichen. Die Beschränkung des Anspruchs bis Alter 65 entspricht dem Vorsorgesystem. Einzahlungen in die 2.

und 3. Säule sind nach diesem Alter nicht mehr möglich.

Art. 8 Artikel 8 stellte bisher die gesetzliche Grundlage für die Unfallversicherung der Ratsmitglieder dar. Gemäss neuem Konzept wird die Versicherung von Heilungskosten bei Krankheit und Unfall weitgehend Sache des einzelnen Ratsmitglieds. Auf den Abschluss einer speziellen Unfallversicherung für die Ratsmitglieder wird künftig verzichtet, weil die Ratsmitglieder entweder als Arbeitnehmende oder als Privatpersonen mit Zusatz zur Krankenversicherung bereits obligatorisch unfallversichert
sind. Vorgesehen sind hingegen neu Leistungen an die Kosten von Krankheit und Unfall während entschädigungsberechtigten Auslandaufenthalten, soweit diese nicht durch die obligatorischen Versicherungen abgedeckt sind. Im Rahmen von Auslandreisen kommt es immer wieder vor, dass Ratsmitglieder in Länder reisen, in welchen die Spital- und Arztkosten weit über den schweizerischen Ansätzen liegen.

Gerade im Krankheitsfall und bei Unfällen kann dies zu Komplikationen mit den bestehenden übrigen privaten oder betrieblichen Versicherungslösungen und dort zu nicht gedeckten Kosten führen. Zur Deckung dieses Risikos gibt es auf dem Markt Versicherungslösungen, welche kostengünstig auch zusätzliche Leistungen anbieten.

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Art. 8a Dieser Artikel bildet die gesetzliche Grundlage für die neu vorgesehene Überbrükkungshilfe. Absatz 1 definiert die Voraussetzungen, unter denen ein Ratsmitglied diese Unterstützung geltend machen kann. Absatz 2 limitiert die Bezugsdauer der Überbrückungshilfe beim beruflichen Wiedereinstieg auf maximal 2 Jahre. Die Bezugsdauer bei Bedürftigkeit ist automatisch begrenzt auf die Amtszeit, da sie an aktive Ratsmitglieder ausgerichtet wird. In Absatz 3 wird die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung als oberstes Organ für Verwaltungsangelegenheiten des Parlamentes als zuständig für die Prüfung der Gesuche bezeichnet.

3.2

Änderung des Bundesbeschlusses zum Entschädigungsgesetz

Art. 7 Gemäss geltender Regelung entspricht die Vorsorgeentschädigung dem zulässigen Höchstbeitrag an anerkannte Formen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) für Vorsorgenehmer, die einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge angehören. Dieser Betrag ist im Verhältnis zum BVG sehr gering. Gemäss Vorlage soll der Beitrag verdoppelt werden; das ist im Vergleich mit dem BVG eine vernünftige Grösse für eine nicht allzu grosszügige berufliche Vorsorge. Die Kosten für die Verdoppelung sollen vom Bund und dem Ratsmitglied je hälftig getragen werden. Eine Beteiligung der Vorsorgeberechtigten ist in der beruflichen Vorsorge üblich. Für die Ratsmitglieder bedeutet dies, dass beim Einkommensteil der Jahresentschädigung zu Gunsten der Ansprüche im Alter entsprechend weniger ausbezahlt werden wird.

Die Vorsorgeentschädigung wird wie bisher direkt an eine vom Ratsmitglied bezeichnete Vorsorgeeinrichtung ausbezahlt. Damit ist auch die Möglichkeit eines Anschlusses an eine Sammelstiftung der 2. Säule eingeschlossen. Für den Fall, dass ein Ratsmitglied im Rahmen von Absatz 2 seine Versicherungsleistung im bisherigen Umfang bei einer Vorsorgeeinrichtung der 2. Säule oder gebundenen Vorsorgeeinrichtung (Säule 3a) nicht oder nicht mehr vollständig versichern kann, wird die ganze oder teilweise Vorsorgeentschädigung wie bisher auf ein vom Ratsmitglied bezeichnetes Sperrkonto überwiesen. Das Ratsmitglied kann erst nach dem vollendeten 65. Altersjahr über dieses Konto frei verfügen, womit der Vorsorgecharakter sicher gestellt ist.

Art. 7a Der Rentenanspruch bei Invalidität ist neu. Die Anspruchsbedingungen richten sich nach dem eidgenössischen Invalidengesetz, wie dies in vielen autonomen Pensionskassen üblich ist. Eine Leistung wird nur gestützt auf einen IV-Entscheid gewährt.

Der IV-Entscheid definiert den Invaliditätsgrad und den Beginn des Rentenanspruchs. Der Rentenanspruch beginnt bei der IV bei einem Invaliditätsgrad von 40 %. Die vorgesehene Wartefrist gemäss IV wird durch die weiter laufende Jahresentschädigung und den Anspruch auf Taggeldersatz überbrückt. Sollte ein Ratsmitglied kurz vor Auslaufen des Mandates invalid werden, kommt während der Wartefrist nötigenfalls die Überbrückungshilfe zum Tragen. Die Höhe der Invali-

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denrente soll 150 % der maximalen einfachen AHV-Rente betragen, was im Vergleich mit dem BVG angebracht ist.

Art. 7b Die Kapitalleistung im Todesfall ist ebenfalls neu und ergänzt die Kapitalbildung für das Alter. Das vorgesehene Todesfallkapital soll 50 % der maximalen einfachen AHV-Rente multipliziert mit der Anzahl Jahre, die sich aus der Differenz zwischen dem 65. Altersjahr und dem Alter am Todestag ergibt, betragen. Dieses so genannte linear fallende Kapital ist demzufolge höher in jungen Jahren, wenn der Vorsorgebedarf für die Hinterbliebenen grösser ist. Es wird davon ausgegangen, dass ein Ratsmitglied kontinuierlich eine berufliche Vorsorge aufbaut, weshalb mit zunehmendem Alter die Kapitalleistung im Todesfall reduziert werden kann. Eine solche Art der Todesfallleistung ist in der beruflichen Vorsorge üblich. Die Begünstigtenordnung sieht eine deutlich flexiblere Lösung als die entsprechenden BVGVorschriften vor. Absatz 4 regelt das Vorgehen beim Fehlen einer Meldung durch das Ratsmitglied; in diesem Fall fällt das Todesfallkapital an die gesetzlichen Erben.

Art. 8 Artikel 8 definiert die Versicherungsleistungen, die bei Unfall und Krankheit während eines entschädigungsberechtigten Auslandaufenthaltes erbracht werden sollen.

Die Leistungen liegen im Rahmen von so genannten Geschäftsreiseversicherungen und umfassen Heilungskosten bei Unfall und Krankheit sowie den Versicherungsschutz von Assistance-Dienstleistungen.

Art. 8a Gemäss Gesetz hat ein Ratsmitglied bei Krankheit und Unfall einen Anspruch auf angemessenen Ersatz des entgangenen Taggeldes. Eine Karenzzeit ist der Arbeitsweise des Parlamentes nicht angepasst, weshalb darauf verzichtet werden soll. Hingegen soll der Taggeldersatz ab dem 31. Kalendertag auf 80 % reduziert werden, weil bei längerem gesundheitlich bedingtem Ausfall auch die Grundkosten für die Mandatsausübung zurückgehen. Da es unvernünftig wäre, bei jeder kurzen krankheitsbedingten Absenz gleich ein Arztzeugnis zu verlangen und damit unnötige Kosten zu verursachen, beschränkt sich die Pflicht, ein Arztzeugnis beizubringen, auf Ansprüche von mehr als fünf Taggeldersatzzahlungen. Die Bezugsberechtigung ist beschränkt auf maximal 730 Kalendertage und endet mit Beginn eines Anspruchs auf eine Invalidenrente und selbstverständlich bei einem Ausscheiden aus dem Rat.
Art. 8b Artikel 8b legt die Höhe der Überbrückungshilfe fest. Absatz 1 limitiert diese Unterstützung bei einer maximalen einfachen AHV-Rente. Absatz 2 definiert die Bemessungsgrundlage für das in diesem Zusammenhang anzunehmende Einkommen eines Ratsmitgliedes.

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Personelle und finanzielle Auswirkungen

Heute betragen die Ausgaben für die Eidgenössischen Räte ca. 59,3 Mio Franken pro Jahr, davon 33,1 Mio Franken für das Parlament und 26,2 Mio Franken für die Parlamentsdienste (Voranschlag 2002). Werden die Vorschläge der Kommission realisiert, so würden, bezogen auf den Voranschlag für das Jahr 2002, die Ausgaben für das Parlament um 1,85 Mio Franken pro Jahr auf 61,15 Mio Franken ansteigen, davon 34,88 Mio Franken für das Parlament und 26,27 Mio Franken für die Parlamentsdienste. Die Erhöhung macht 0.0035 % der Gesamtausgaben des Bundes von 51 249,2 Mio Franken (Voranschlag 2002) aus.

Die vorgeschlagenen Massnahmen führen im Einzelnen zu folgenden jährlichen Mehrausgaben für den Bund gegenüber dem geltenden Recht: Mehrkosten in Franken

­ ­ ­ ­ ­

Erhöhung Kapitalbildung für das Alter Risikoabdeckung Tod/Invalidität Taggeldersatz bei Krankheit/Unfall/Mutterschaft Auslandreisenversicherung Überbrückungshilfe

730 000 870 000 145 000 30 000 25 000

Den Mehrausgaben stehen Minderausgaben von 20 000 Franken für die heutige Unfall-Kollektivversicherung gegenüber, die aufgelöst wird.

Die Kosten für die Deckung der versicherungstechnischen Risiken Invalidität und Tod sind geschätzt und beruhen auf der Annahme, dass eine eigenständige Deckung durch die Eidgenossenschaft mit Stop-Loss-Rückdeckung ab einem gewissen globalen Selbstbehalt vorgesehen wird. Ist die jährliche Schadenbelastung grösser als ein im Voraus bestimmter Selbstbehalt, so muss der Rückversicherer die Differenz leisten. Nach Annahme dieser Vorlage wird die optimale Rückversicherungslösung aufgrund einer Risikoanalyse des Versichertenbestandes zu ermitteln und zu realisieren sein.

Die Kosten für den Taggeldersatz bei Krankheit, Unfall und Mutterschaft sind geschätzt, da keine konkreten Erfahrungszahlen bestehen. Die angenommenen Kosten entsprechen rund 1,5 % der total ausbezahlten Sitzungstaggelder bzw. bei Annahme von durchschnittlich rund 100 Sitzungstagen einer entschädigungsberechtigten Absenz jedes Ratsmitglieds von 1,5 Tagen. Gemäss bisherigem Recht wurden während krankheitsbedingten Spitalaufenthalten Taggelder von durchschnittlich rund 15 000 Franken pro Jahr ausgerichtet, was in den Mehrkosten berücksichtigt ist.

Den Ratsmitgliedern entstehen durch die neu vorgesehene Beitragspflicht an die Vorsorge für das Alter Mehrkosten von 730 000 Franken oder knapp 3000 Franken pro Person.

Der Aufwand für Abklärungen und Beratung der Ratsmitglieder im Vorsorgebereich, den Verkehr mit den Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungen und die Administration der Abrechnungen wird auf eine zusätzliche halbe Stelle im Dienst Personal und Finanzen geschätzt, was Kosten von 70 000 Franken entspricht.

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Rechtliche Grundlagen

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die gesetzliche Regelung der Entschädigung der Mitglieder der eidgenössischen Räte stützt sich auf Artikel 164 Absatz 1 Buchstabe g BV, wonach die grundlegenden Bestimmungen über die Organisation und das Verfahren der Bundesbehörden auf Gesetzesstufe zu erfolgen haben.

5.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Bundesversammlung soll ermächtigt werden, die Höhe des im Grundsatz im Gesetz vorgesehenen Vorsorgebeitrags und der Überbrückungshilfe mit einer nicht dem Referendum unterstellten Verordnung der Bundesversammlung im «Bundesbeschluss zum Entschädigungsgesetz» festzusetzen. Die Bundesversammlung darf gemäss Artikel 7 GVG Verordnungen erlassen, soweit sie durch Bundesverfassung oder Bundesgesetz dazu ermächtigt ist. Diese Ermächtigung erfolgt im vorliegenden Fall durch Artikel 14 Entschädigungsgesetz. Artikel 164 BV verlangt, dass die «grundlegenden Bestimmungen» im Gesetz enthalten sein müssen. Die Festsetzung der Höhe eines Betrages ist keine grundlegende Bestimmung. Diese Festsetzung kann in einer Verordnung auf der Grundlage einer gesetzlichen Bestimmung erfolgen, welche den Zweck des Beitrages und den Empfängerkreis festlegt.

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