Bericht über die Förderung von Unternehmensgründungen vom 18. September 2000

Sehr geehrte Herren Präsidenten, Sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen einen Bericht über die Förderung von Unternehmensgründungen mit dem Antrag auf Zustimmung.

Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 1999 M 99.3460

Förderung von Unternehmensgründungen (I) (S 21.9.99, Kommission für Wirtschaft und Abgaben SR 97.400; N 23.9.99)

1999 P

Förderung von Unternehmensgründungen (II) (S 21.9.99, Kommission für Wirtschaft und Abgaben SR)

99.3461

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

18. September 2000

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

11210

Der Bundespräsident: Adolf Ogi Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2000-1661

5547

Übersicht Die Gründung neuer Unternehmen, insbesondere im Hochtechnologiebereich, spielt eine wichtige Rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Die Entwicklung dieser mit hohen Risiken verbundenen Tätigkeiten wird durch Risikokapital ermöglicht. Die jüngsten Statistiken zeigen eine deutliche Zunahme dieser Finanzierungsart in der Schweiz, welche durch die Schaffung eines speziellen Börsensegments noch verstärkt wurde. Trotz dieser erfreulichen Entwicklung befindet sich die Schweiz eher im Mittelfeld im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern. Es gilt also, unsere Anstrengungen zur Förderung dieser neuen Unternehmen zu verstärken und in erster Linie die Rahmenbedingungen zu verbessern.

Dieser Bericht beantwortet parlamentarische Vorstösse, mit denen im Herbst 1999 eine Ergänzung der im Rahmen des neuen Gesetzes über die Risikokapitalgesellschaften getroffenen Massnahmen verlangt wurde. Um der Motion 99.3460 und dem Postulat 99.3461 Folge zu leisten, hat der Bundesrat folgende Massnahmen eingeleitet: ­

Besteuerung von Optionen: Das EFD passt das Kreisschreiben der Steuerbehörden an, indem eine Besteuerung von gegen Null für neue, unabhängige Schweizer Unternehmen eingeführt wird. Mittelfristig prüft das EFD mögliche Gesetzesanpassungen (DBG, StHG).

­

Aktienmindestnennwert: Der Bundesrat hat dem Parlament im Rahmen des Fusionsgesetzes vorgeschlagen, diesen Minimalwert von 10 Franken auf 1 Rappen zu senken.

­

Steuerlicher Status von Risikokapital: Der Bundesrat ist der Meinung, dass nach Lösungen gesucht werden muss, die es erlauben, gewisse negative Auswirkungen der Doppelbesteuerung generell zu unterbinden. Es wird auch untersucht, ob die Anwendung vergleichbarer Grundsätze auf die Anlagefonds zur gewünschten fiskalischen Transparenz führen könnte.

­

Steuerliche Förderung von Business Angels: Dieses Element wurde in das Gesetz über die Risikokapitalgesellschaften aufgenommen. Es geht nun darum, die Kantone einzubinden und die Wirksamkeit dieser Mechanismen mit einem gewissen zeitlichen Abstand zu prüfen.

­

Investitionen der Pensionskassen in Risikokapital: Die am 1. April 2000 in Kraft getretene Änderung der Verordnung BVV 2 passt die Regeln für Investitionen im Bereich der beruflichen Vorsorge an und schafft eine grössere Flexibilität für solche Investitionen.

­

Erleichterung von Unternehmensgründungen: Auf Grund einer Umfrage unter den Unternehmensgründern liessen sich in verschiedenen Bereichen Verbesserungsmöglichkeiten identifizieren (gemeinsames Formular, Identifikationsnummer). Der Bundesrat will prioritär eine Informationsplattform im Internet einrichten, die im Sinne eines virtuellen Schalters den Unternehmensgründern die Aufgabe erleichtern soll.

5548

Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Der Auftrag des Parlaments

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) hat 1996 beschlossen, eine parlamentarische Initiative zu lancieren mit dem Ziel, Risikokapital in der Schweiz zu fördern. Der Bericht der WAK-N (97.400) wurde am 7. Januar 1997 veröffentlicht1 und schlug vor, Risikokapital durch Steuererleichterungen für Investoren zu fördern. Der Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Risikokapitalgesellschaften wurde im Juni 1997 vom Nationalrat angenommen und im Dezember 1998 vom Ständerat tiefgreifend verändert. Nach dem Ständerat sollten nur Risikokapitalgesellschaften in den Genuss von Steuererleichterungen kommen. Die Diskussionen wurden 1999 weitergeführt und mündeten in einem Kompromiss, der in der Herbstsession 1999 konkretisiert wurde. Das Parlament hat am 8. Oktober das Bundesgesetz über die Risikokapitalgesellschaften (BRKG, SR 642.15) verabschiedet. Dieses Gesetz ist am 1. Mai 2000 in Kraft getreten und sieht für Risikokapitalgesellschaften sowie für private Investoren (Business Angels) Steuererleichterungen vor.

Der ausgehandelte Kompromiss sah vor, dass das Parlament den Bundesrat beauftragt, rasch zusätzliche Massnahmen zur Förderung der Unternehmensgründung in der Schweiz vorzuschlagen. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) hat diesen Auftrag in einer Motion und in einem Postulat formuliert: 99.3460 Motion der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates: Förderung von Unternehmensgründungen (I) Der Bundesrat wird beauftragt, den eidgenössischen Räten bis Mitte des Jahres 2000 Bericht und Antrag zu unterbreiten zur Förderung der Gründung und Fortentwicklung von neuen Unternehmen. Insbesondere haben die Anträge zu beinhalten:

1

­

Optionsbesteuerung zum Zeitpunkt der Ausübung der Optionen oder äquivalente Lösungen,

­

Reduktion des Nennwerts von Aktien,

­

neue Rechtsform der «limited partnership».

BBl 1997 II 1008

5549

99.3461 Postulat der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates: Förderung von Unternehmensgründungen (II) Der Bundesrat wird eingeladen, bis Mitte des Jahres 2000 Massnahmen zu treffen zur Förderung der Gründung und Fortentwicklung von neuen Unternehmen. Insbesondere sollen dazu gehören: ­

steuerliche Entlastung der «business angels»,

­

Lockerung der Bestimmungen für Pensionskassen in der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV) bei der Anlage von Geldern in Risikokapitalgesellschaften im In- und Ausland,

­

Erleichterungen bei der Gründung von Unternehmen (u.a. Eintrag ins Handelsregister via Internet).

Der Bundesrat war im Grossen und Ganzen derselben Ansicht wie das Parlament, hielt es aber für schwierig, in all diesen Gebieten bis zum Ende des ersten Halbjahres 2000 Vorschläge zu erarbeiten. In der Herbstsession überwiesen schliesslich beide Räte die Motion unverändert und mit grossem Mehr; das Postulat wurde vom Ständerat ebenfalls fast ohne Gegenstimmen überwiesen.

Der vorliegende Bericht zuhanden des Parlaments beinhaltet eine Analyse der aktuellen Situation und betrachtet die Förderung neuer Unternehmen vor dem Hintergrund der Wirtschaftspolitik des Bundesrats.

1.1.2

Die Förderung der Unternehmensgründung: eine Priorität in der Schweiz und in den meisten anderen Ländern

Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Gründung neuer Unternehmen wird auf internationaler Ebene immer mehr als Priorität betrachtet. Anlässlich der Konferenz in Bologna (14./15. Juni 2000), an der sich die Minister zahlreicher Länder mit dem Thema der kleinen und mittleren Unternehmen befassten, hat die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) den Bericht «Perspectives de l'OCDE sur les PME» veröffentlicht, der die nationale Politik der verschiedenen Länder zusammenfasst und Vorschläge zur «best practice» formuliert.

Die Vorschläge zum Thema der neuen Unternehmen decken sich weitgehend mit denjenigen von Bundesrat und Parlament (S. 56­57): «Ein besonderes Augenmerk müssen die Behörden auf den anerkanntermassen bestehenden Zusammenhang zwischen Alter und Wachstumsphase der Unternehmen richten. Das heisst, es ist wichtig, dass die Behörden Massnahmen und Rahmenbedingungen prüfen, die einen Einfluss auf das Wachstum von Unternehmen in der Anfangsphase haben und die Massnahmen ergänzen, die von der Unternehmensgrösse abhängen. Hier einige Beispiele: i)

5550

Massnahmen, die die Finanzierung des Wachstums von Unternehmen erleichtern sollen, wie steuerliche Massnahmen, die Business Angels und Risikokapital fördern oder hemmen, oder Massnahmen, die es ermöglichen, Optionen zur Zeichnung von Aktien anzubieten;

ii)

die Regeln und Vorschriften, welche sich auf die Kosten bei der Einstellung des ersten Mitarbeiters auswirken;

iii) der Schutz der Urheberrechte junger, innovativer Unternehmen; und iv) die administrativen Hürden bei der Gründung eines Unternehmens (z.B. die Fristen und die Kosten für die Eintragung neuer Unternehmen) und andere wirtschaftliche Anreize wie etwa die Folgen eines Rücktritts oder das Scheitern eines Unternehmens.

Diese verschiedenen Elemente hat der Bundesrat im Übrigen in die Legislaturplanung 1999­2003 aufgenommen. Kapitel 2.2 über Wirtschaft und Konkurrenzfähigkeit hält Folgendes fest: Der Bundesrat will zudem die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz für kleine, rasch wachsende Unternehmen steigern und dadurch die Entwicklung dynamischer und zukunftsorientierter Wirtschaftsbranchen fördern.

Er wird in diesem Zusammenhang einen Bericht und eine Botschaft zu Förderungsmöglichkeiten in den Bereichen Gründungsfinanzierung, Optionsbesteuerung, Aktiennennwerte und der zur Prüfung vorgeschlagenen neuen Rechtsform «Limited Partnership» vorlegen. Er wird auch prüfen, inwiefern allenfalls flankierend eine künftige Verstärkung des KTI-Start-up!-Programms sinnvoll ist. Ferner können ­ obwohl die administrativen Belastungen bei der Gründung von Unternehmen in der Schweiz im internationalen Vergleich gering sind ­ einzelne Verfahrensabläufe verbessert und beschleunigt werden. (Bericht über die Legislaturplanung 1999­2000, S. 13.)

1.2

Unternehmensgründungen in der Schweiz

Die Unternehmensgründung ist ein zentraler Bestandteil der wirtschaftlichen Dynamik und erklärt offenbar zu einem guten Teil den Erfolg der amerikanischen Wirtschaft. Verschiedene Studien haben auch die Rolle der stark wachsenden Unternehmen beleuchtet, die für einen beträchtlichen Teil dieses Wirtschaftswachstums verantwortlich sein sollen. Die Beispiele von Informatik- und Telekommunikationsunternehmen, die in einer Garage gegründet und später zu globalen Giganten wurden, werden in der Presse breit diskutiert. In jüngster Zeit hat vor allem das Auftauchen neuer Unternehmen im Internetbereich wegen ihres rasanten Wachstums und der riesigen Börsengewinne für Schlagzeilen gesorgt.

Die Studien, die die OECD im Rahmen der Arbeitsgruppe KMU des Industriekomitees international durchgeführt hat, zeigen, dass diese Unternehmen mit starkem Wachstum tatsächlich zwischen 20 und 50 Prozent des Wirtschaftswachstums in den verschiedenen Ländern ausmachen. Es ist jedoch sehr schwierig, diese Art Unternehmen zu definieren. Die Studien belegen, dass Unternehmen nur in gewissen Phasen der Entwicklung stark wachsen, so auch in der Anfangsphase nach der Gründung. Starkes Wachstum kann zudem in allen Wirtschaftszweigen auftreten, auch in denjenigen, in denen Arbeitsplatzzahl und Markt stagnieren oder das technologische Niveau relativ gering ist. Aus den Studien geht überdies hervor, dass sich die neuen Unternehmen vor allem durch ein starkes internes Wachstum auszeichnen, während sich die grossen Konzerne auch über den Erwerb und die Integration bestehender Unternehmen entwickeln. Es sind also die neuen Unternehmen, die das Wirtschaftswachstum ankurbeln und die mit dem angelsächsischen Ausdruck «job machine» gemeint sind.

5551

Will man die Auswirkungen von Unternehmensgründungen ermitteln, so stellt sich ein Hauptproblem; es ist statistischer Art: Neue Unternehmen bis zu einer bestimmten Grösse werden von Betriebszählungen oft nicht erfasst. Die Unternehmen sind international noch nicht einheitlich definiert. Deshalb kann auch die Europäische Union trotz grosser Anstrengungen auf diesem Gebiet die Zahlen der Unternehmensgründungen nicht dazu nutzen, die Wirtschaftsleistung (Benchmarking) ihrer Mitgliedsländer untereinander zu vergleichen. In der Schweiz hat das Bundesamt für Statistik im Anschluss an die letzten beiden Betriebszählungen breit angelegte Umfragen durchgeführt mit dem Ziel, eine echte Unternehmensdemografie zu erstellen.

Die entsprechenden Zahlen für das Jahr 1999 liegen jedoch noch nicht vor; sie werden erst Ende 2000 veröffentlicht.

Die Resultate der letzten Betriebszählungen zeigen, dass die Zahl der Unternehmen in der Schweiz im Lauf der letzten Jahre leicht gestiegen ist, und dies trotz einer langen Phase wirtschaftlicher Stagnation. Diese Zunahme ist unter anderem auf die Entwicklung des Dienstleistungssektors zurückzuführen, dessen Unternehmen durchschnittlich relativ klein sind.

Unternehmensbestand Tabelle 1 Marktwirtschaftliche Unternehmen (September)

Handelsregister (Jahresende) (ohne Filialen, Verbände, Stiftungen und öffentlich-rechtliche Institutionen)

1985

234 628

256 454

1991

273 190

315 805

1995

279 576

343 997

1998

294 688

374 935

Quelle: BFS, SHAB; Berechnungen seco

Dank dem Handelsregister lässt sich die Anzahl der eingetragenen Betriebe feststellen. Das Handelsregister gründet auf einer spezifischen Definition der Betriebe, die nicht den Unternehmensgründungen ex nihilo entspricht. Es enthält u.a. nicht aktive Gesellschaften; dadurch wird der Bestand tendenziell aufgeblasen. Dennoch lässt sich klar feststellen, dass die Zahl der Einträge im Lauf der 80er-Jahre deutlich zugenommen hat, während Anfang der 90er-Jahre ein Rückgang zu beobachten ist. In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre kam es erneut zu einer Zunahme; allerdings wurde sie durch Unternehmensschliessungen (Löschungen) neutralisiert. Das heisst, die Volatilität wurde auf diesem Gebiet grösser.

Wichtig zu betrachten ist die Nettozunahme der eingetragenen Gesellschaften. Dieser interessante Aspekt löst sicherlich einen Teil der Definitionsprobleme. Im Rahmen der Arbeit der Europäischen Beobachtungsstelle für kleine und mittlere Unter-

5552

nehmen, an der sich die Schweiz beteiligt2, wurde anhand eines Vergleichs für das Jahr 1995 gezeigt, dass die Schweiz mit einer Nettozunahme von ca. 3 Prozent über dem Durchschnitt der europäischen Länder liegt.

Neueintragungen und Löschungen von Gesellschaften im Handelsregister in % Grafik 1 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

19 76 19 77 19 78 19 79 19 80 19 81 19 82 19 83 19 84 19 85 19 86 19 87 19 88 19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99

0

Eintragungsrate Löschungsrate netto Zunahme

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die Schweiz im Bereich der Unternehmensgründung im europäischen Durchschnitt befindet, und dies trotz einer relativ langen Periode wirtschaftlicher Stagnation. Genaueres wird man der Veröffentlichung der Zahlen der neuen Unternehmensdemografie entnehmen können.

Vermutlich werden auch diese Zahlen belegen, dass wirtschaftlicher Aufschwung mit einer Zunahme der Unternehmensgründungen einhergeht. Die Börsengänge der letzten Zeit (siehe nächsten Punkt) lassen tatsächlich auf eine Steigerung im Bereich der Hochtechnologien schliessen. Der Bundesrat ist jedoch der Meinung, dass diese positiven Signale die Anstrengungen, die zur Verbesserung des Umfelds neuer Unternehmen mit starkem Wachstum unternommen werden, nicht bremsen sollten.

2

Die Schweiz ist am Projekt einer Überwachungsstelle für kleine und mittlere Unternehmen durch die Forschungsgemeinschaft Observa vertreten (Schweiz. Institut für gewerbliche Wirtschaft IGW, Universität St. Gallen und Eco Diagnostic, Genf), die durch das seco beauftragt wurde. Ein Bericht wird demnächst in der Publikationsreihe des seco veröffentlicht. Siehe auch A. Schoenenberger und W. Weber, Die Beteiligung der Schweiz am europäischen Beobachtungsnetz für KMU, Die Volkswirtschaft, Juli 2000.

5553

Neueintragungen und Löschungen von Gesellschaften, Jahresdurchschnitt 1988­1994, ausgewählte Länder3 Tabelle 2 Länder

Definition

Deutschland (West)

Anzahl Neueintragungen

Rate der Neu- Anzahl eintragungen Löschungen

Löschungsrate

Nettorate

breit gefasst 387 100

17

300 100

13

4

Österreich

sehr breit gefasst

28 600

14

24 900

12

1

Belgien

sehr breit gefasst

49 300

10

38 000

8

2

Finnland (88­93)*

sehr breit gefasst

19 200

10

18 100

9

1

Italien*

sehr breit gefasst

289 000

7

228 600

6

1

Irland

mittelere Definition

14 400

12

10 400

9

3

Niederlande

mittlere Definition

47 000

9

24 600

5

4

Grossbritannien*

mittlere Definition

215 500

13

194 400

12

1

Norwegen (88­92)

mittlere Definition

17 700

9

18 600

9

­0

Schweiz

breit gefasst

22 200

8

13 400

5

3

* unsichere Daten infolge einer Diskontinuität in den Reihen Quelle: Observa 2000

1.3

Die jüngsten Entwicklungen des Investitionskapitals in der Schweiz

Die Finanzierung neuer Unternehmen, die im Bereich der Hochtechnologien tätig sind, sowie die Finanzierung eines sehr starken Wachstums bringen spezifische Probleme mit sich. Die mit diesen Aktivitäten verbundenen Risiken sind so hoch, dass die traditionellen Finanzierungswege nicht geeignet sind; daher müssen Eigenmittel direkt eingebracht werden. Diese Finanzierung, welche Risikokapital ­ oder in gewissen Fällen Investitionskapital ­ genannt wird, stellt also ein wichtiges

3

Die Rate der Einträge ist in Prozent berechnet: Die Zahl der neu eingetragenen Unternehmen wird durch den Bestand am Anfang der Periode geteilt. Die Spalte «Definition» gibt Auskunft darüber, wie die Länder die eingetragenen Unternehmen definieren. Die Schweizer Definition des Handelsregisters ist bspw. relativ breit gefasst, während das BFS mit einer strengeren Definition der Unternehmensgründung ex nihilo arbeitet.

5554

Instrument in der Entwicklung dieser neuen Unternehmen dar. Gleichzeitig kann die Bewegung auf dem Risikokapitalmarkt als Indikator der Entwicklung dieser neuen Unternehmen dienen.

Die von der SECA (Swiss Private Equity & Corporate Finance Association), der Wirtschaftsvereinigung des Risikokapitals in der Schweiz veröffentlichten Zahlen zeigen eine Aufsehen erregende Steigerung in den letzen zwei Jahren. 1999 brachten die in der Schweiz ansässigen Risikokapitalunternehmen 960 Millionen Franken auf, während es 1998 noch 360 Millionen waren. Von der aufgebrachten Summe wurden 1999 703 Millionen investiert, davon 351 Millionen in der Schweiz; dies entspricht ungefähr der Hälfte, während die Investitionen im Inland 1998 nur 90 Millionen betrugen.

Entwicklung von Private Equity in der Schweiz Grafik 2 80 0

B u y- o u t E x p a n sio n 60 0

S e e d + S t a rt -u p in d e r S ch w e iz in ve st ie rt

40 0

20 0

0 1 98 8

19 9 0

19 9 2

1 9 94

1 99 6

1 99 8

Eine andere erfreuliche Feststellung ergibt sich aus der Analyse der Zusammensetzung dieser Investitionen (siehe Grafik 2): Die Investitionen in Management buy-out stellten nur 15 Prozent der Gesamtsumme dar, während sie in den Jahren zuvor mehr als ein Drittel ausmachten. Diese Art von Investitionen ist im Allgemeinen weniger riskant und wird unter der Bezeichnung «private equity» erfasst; diese Investitionen werden in internationalen Vergleichen über Venture Capital im amerikanischen Stil nicht mehr einbezogen. Ein weiterer, sehr positiver Aspekt ist der Anteil der Investitionen, der Unternehmen zukommt, die in den ersten Stadien ihrer Entwicklung stehen, und der sich auf den Betrag von 325 Millionen verdreifachte.

Diese merkliche Steigerung verbessert die Stellung der Schweiz im europäischen Vergleich (Grafik 3). Die Schweiz bleibt jedoch mit 0,18 Prozent des BIP im Mittelfeld und liegt klar hinter dem Vereinigten Königreich, Schweden oder den Niederlanden.

5555

Private Equity in Prozent des BIP 1999 (evca4) Grafik 3 0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

Grossbritannien Schweden Niederlande Europa Belgien Island Frankreich Finnland Norwegen Schweiz Italien Deutschland Irland Spanien Portugal Dänemark Griechenland Österreich

Ein anderes wichtiges Ereignis der letzten Monate ist die Lancierung eines Segments für die neuen Unternehmen durch die Schweizer Börse im Sommer 1999.

Dieser «SWX New Market» kennt weniger strenge Regeln für die Kotierung der Unternehmen (Mindestkapital von 2,5 Millionen statt 25, Kapitalisierung von mindestens 8 Millionen Franken statt 25, Bestehen seit 12 Monaten statt 3 Jahren). Dieses Segment hat eine erfreuliche Entwicklung erfahren. Ende Juli 2000 waren 14 Gesellschaften kotiert ­ davon 9 Schweizer Unternehmen ­ und erreichten eine Börsenkapitalisierung von mehr als 13 Milliarden Franken. Damit ist die Anfang

4

Europäische Risikokapitalvereinigung

5556

1997 durch die WAK-N5 eingereichte Motion (97.3002), die in der Folge als Postulat überwiesen wurde, vollständig erfüllt. Zu den am SWX New Market kotierten neuen Unternehmen hinzu kommen die Investmentgesellschaften, die allerdings an der normalen Schweizer Börse kotiert sind: Fünf auf Risikokapital spezialisierte Gesellschaften6, die zumeist als Anlagefonds funktionieren und eine Börsenkapitalisierung von zirka 5 Milliarden Franken erreicht haben. Ein grosser Teil dieses Betrags ist offenbar im Ausland investiert.

In einer Umfrage, die Lauper7 im März 2000 durchgeführt hat, werden die Investitionen der Schweizer Risikokapitalgesellschaften mit denen amerikanischer Risikogesellschaften verglichen. Daraus geht hervor, dass diese Investitionen vergleichbare Eigenschaften haben (Beträge, Aufteilung, zeitliche Staffelung usw.). Die Schweizer Investoren scheinen jedoch gegenüber den amerikanischen weniger gut durch Spezialklauseln im Rahmen der Finanzierungsverträge geschützt zu sein. Deshalb ist ihre Situation im Fall von Schwierigkeiten der finanzierten Unternehmen heikler.

2

Massnahmen

2.1

Einleitung

Bevor die verschiedenen parlamentarischen Anträge behandelt werden, muss auf das neue Gesetz über die Risikokapitalgesellschaften (BRKG) verwiesen werden, das am 1. Mai 2000 in Kraft getreten ist. Nach diesem Gesetz sind die anerkannten Risikokapitalgesellschaften von der Emissionsabgabe befreit und profitieren von dem Abzug für Kapitalgewinnbeteiligung ab 5 statt ab 20 Prozent. Weiter wird der Abzug für die Gewinnverteilung ebenfalls ab einem Verkehrswert von 250 000 Franken (statt 2 Millionen) gewährt. Um anerkannt zu werden, müssen die Risikokapitalgesellschaften mindestens 50 Prozent ihrer finanziellen Mittel in neue, unabhängige Schweizer Gesellschaften investieren.

Dank dieser ­ zwar beschränkten ­ Vergünstigungen sollten mehr finanzielle Mittel in das Segment der neuen Schweizer Unternehmen fliessen. Die vom Parlament geforderten Massnahmen haben das gleiche Ziel, nämlich die Entwicklung dieser neuen Unternehmen zu fördern; sie ergänzen also das BRKG.

5

6

7

Die Motion 97.3002 der WAK-N hat folgenden Wortlaut: «Der Bundesrat wird beauftragt, die notwendigen Abklärungen zu treffen und Schritte einzuleiten, um Risikokapitalgesellschaften, Jungunternehmungen und weiteren kleineren Betrieben den Zugang zu einer geeigneten Börse oder börsenähnlichen Einrichtung zu erleichtern».

Die durch LAUPER 2000 in diese Kategorie eingeteilten Gesellschaften sind: HPI Holding, New Venturetec, Quadrant, Private Equity Holding, Castle Private Equity, AIG Private Equity.

Serge-Alexandre Lauper, Structuring and Monitoring Venture Capital Investments in Switzerland, Masters in Finance 2000, London Business School, Juni 2000.

5557

2.2

Optionsbesteuerung

2.2.1

Situation heute

Im amerikanischen Modell beteiligen die Unternehmen ­ und insbesondere die neuen Unternehmen ­ das Interesse ihrer Mitarbeiter und Partner, indem sie ihnen Optionen auf die Aktien der Gesellschaft anbieten (Employee Stock Option Plan, abgekürzt ESOP). Dies bedeutet, dass die Begünstigten zu einem bestimmten Zeitpunkt eine oder mehrere Aktien der Gesellschaft zu einem Preis kaufen, den das Unternehmen bei der Abgabe der Option festlegt. Im Allgemeinen liegt dieser Ausübungspreis nahe oder leicht über dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Abgabe. Falls der Aktienkurs der Gesellschaft stark steigt, beispielsweise nach einem Börsengang, kann der Inhaber einer Option sein Kaufrecht geltend machen und teilweise hohe Gewinne erzielen. Dieser Mechanismus stellt eine starke Motivation für die Mitarbeiter dar, insbesondere für die Unternehmenskader, die oft bereit sind, für relativ bescheidene Löhne zu arbeiten in der Hoffnung, dies über die Beteiligung am Börsenwachstum des Unternehmens kompensieren zu können.

Diese Optionen werden von Land zu Land unterschiedlich besteuert. Einige Länder, so die angelsächsischen, besteuern sie zum Zeitpunkt der Ausübung, indem sie den realisierten Börsengewinn ganz oder teilweise besteuern. Andere, darunter die Schweiz, besteuern sie zum Zeitpunkt der Abgabe der Option. Die Schweizer Lösung ist relativ «moderat», weil die Besteuerung die in Kauf genommenen Risiken in Betracht zieht ­ der Steuerwert nimmt insbesondere je nach Dauer der Sperrfrist der Option ab. Durch diese Formel ist die Steuer niedriger als im Fall einer Lohnprämie und ­ noch wichtiger ­ der beim Bezug realisierte Kapitalgewinn wird nicht besteuert. Dieses System ist für die Mitarbeiter grosser Unternehmen mit überschaubaren Risiken befriedigend; für neue Unternehmen ist es jedoch unvorteilhaft. Die Mitarbeiter, deren Lohn oft unter dem üblichen Niveau liegt, müssen die Steuer zahlen, obwohl das Risiko sehr gross ist, dass das Unternehmen verschwindet!

Die Besteuerung von Mitarbeiteraktien und -optionen wird nicht durch das Gesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) geregelt, sondern durch ein Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), dessen Inhalt an die verschiedenen Entscheide des Bundesgerichts und der kantonalen Gerichte angepasst wurde (Kreisschreiben Nr. 5 vom 30. April 1997,
«Besteuerung der Mitarbeiteraktien und -optionen»). Die Optionsbesteuerung kann also über eine Anpassung dieses Kreisschreibens geändert werden, dessen Grundsätze je nach Kanton mit gewissen Variationen angewandt werden. Wenn die Änderungen aber tiefgreifender Art sind und im Widerspruch zu der Gerichtspraxis stehen, würde sich eine Gesetzesänderung aufdrängen.

2.2.2

Drei Varianten

Die Bundesverwaltung hat drei Varianten im Detail geprüft: A. Die Mitarbeiteroptionen werden weiterhin zum Zeitpunkt der Abgabe besteuert; die Mitarbeiter neuer Unternehmen werden gleichzeitig von dieser Steuer befreit, Diese neuen Unternehmen müssen den Anforderungen des Bundesgesetzes über die Risikokapitalgesellschaften entsprechen (unabhängige Schweizer Unternehmen, die weniger als 5 Jahre alt und nicht an einer Hauptbörse kotiert sind, siehe letztes Kapitel). Die Organisationen der Schweizer Risiko5558

kapitalbranche haben im Übrigen vorgeschlagen, dieses Modell zu verallgemeinern. Die Optionen nicht kotierter Unternehmen sollen von der Steuer befreit werden, solange der Ausübungspreis nicht unter 85 Prozent des ihnen im Zeitpunkt der Abgabe zu Grunde liegenden Preises liegt; der Preis wird auf Grund einer Schätzung nach dem Grundsatz des «fair value» berechnet.

Diese Lösung hat den gewichtigen Nachteil, dass sie eine Ungleichheit in der Behandlung der verschiedenen Unternehmenstypen einführt und Abgrenzungsprobleme mit sich bringt. Am meisten stört die Fachleute, dass die steuerliche Behandlung der neuen Unternehmen unabhängig wäre von den Vorteilen, welche die Mitarbeiter durch die Ausgabe von Optionen tatsächlich haben: Ob der Vorteil mehrere Millionen Franken oder nur ein paar Franken ausmacht, würde keine Rolle spielen. Positiv an dieser Lösung wäre, dass Neugründungen in der Schweiz gegenüber dem steuerlichen Umfeld in den Nachbarländern einen klaren Vorteil hätten. Diese Ausnahme gegenüber dem aktuellen System müsste ohne Zweifel über eine Gesetzesänderung eingeführt werden, da eine Anpassung des Kreisschreibens in diesem Fall keine ausreichende Grundlage bieten würde.

B. Die Optionen werden weiterhin zum Zeitpunkt der Abgabe besteuert; das entsprechende Kreisschreiben wird so angepasst, dass Optionen neuer Schweizer Unternehmen nahe Null besteuert werden.. Diese Unternehmen müssten auch den Anforderungen des BRKG entsprechen: Sie dürften also höchstens seit 5 Jahren bestehen und weder abhängig noch an einer Hauptbörse kotiert sein.

Nach der in diesem Rahmen geprüften Formel würde der Steuerwert der Option angepasst, indem für neue Unternehmen Ausnahmen in der Berechnung zweier zentraler Parameter eingeführt werden. Einerseits würde bei der Berechnung des Wertes der zu Grunde liegenden Aktie nicht die erwartete Rendite8, sondern der verbuchte Substanzwert (Eigenmittel und stille Reserven) zum Zeitpunkt der Abgabe berücksichtigt; dieser Wert liegt im Allgemeinen nahe beim Nennwert. Andererseits würde die Referenzvolatilität auf höchstens 20 Prozent festgelegt, was relativ tief ist und somit den Steuerwert senkt. Das folgende Beispiel (Tab. 3) ist auf der Basis der Wahrscheinlichkeitsformel berechnet, die von den Experten verwendet wird (Black Scholes-Formel)9 und veranschaulicht diese Lösung:

8

9

Dabei müsste für die Vermögenssteuer eine Ausnahme gemacht werden gegenüber den Weisungen bezüglich der Schätzung der nicht kotierten Titel; diese Weisungen wurden durch die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren und der Eidgenössischen Steuerverwaltung erlassen.

Für die Berechnung des Steuerwerts, siehe unter anderem: John Hull, Introduction to futures and options markets, Prentice Hall International Editions, 1995 und Andreas Risi, Mitarbeiteroptionen und -aktien. Bewertung­Rechnungslegung­Besteuerung, TreuhandKammer, Zürich 1999.

5559

Optionsbesteuerung Tabelle 3 Berechnung des Steuerwertes einer europäischen Option mit einer Laufzeit von 5 Jahren, ohne Dividende

Marktwert

Wert der zu Grunde liegenden Aktie 100 Korrigierter Wert für eine Sperrfrist von 4 Jahren10 79,21 Ausübungspreis 10 Zinssatz ohne Risiken 3% Volatilität 32,6% Steuerwert (Black-Scholes-Formel) 70,61 Steuer (angenommener Satz 33%) 23,54

Vorgeschlagene Steuerberechnung

10,0 7,92 10 3% 20% 1,14 0,38

In diesem Beispiel, das sich auf einen konkreten Fall stützt, wird der Wert der zu Grunde liegenden Aktie zuerst nach der heute üblichen kommerziellen Methode berechnet. In diesem speziellen Fall wird der Preis berücksichtigt, den ein Aktionär zur Erhöhung seiner Beteiligung zu zahlen bereit wäre, was das erwartete Wachstum widerspiegelt. In der zweiten Spalte wird diese zukünftige Rendite nicht mehr berücksichtigt. Da die Gesellschaft Verluste gemacht hat, werden die Eigenmittel als Berechnungsgrundlage genommen und entsprechend der Nominalwert der Aktie eingesetzt. Die Annahme der Volatilität beruht auf der Beobachtung ähnlicher Unternehmen. Je höher die Volatilität, desto grösser sind die Chancen, einen Gewinn zu erzielen, und desto höher ist der Steuerwert. Daher reduziert eine obere Volatilitätsgrenze bei 20 Prozent den Steuerwert beträchtlich. Angesichts dieses geringen Werts könnte auch auf eine Besteuerung verzichtet werden, wenn die Erträge aus Optionen einen gewissen, in Zusammenarbeit mit den Kantonen festgelegten Betrag nicht übersteigen.

Eine solche Lösung könnte relativ schnell angewandt werden, da es ausreichen würde, dass die ESTV ihr Kreisschreiben im Einvernehmen mit der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren anpasst. Diese Variante hat jedoch den Nachteil, dass sie relativ komplex ist. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Kantone andere Systeme anwenden, wenn es keine klaren Gesetzesvorgaben gibt.

C. Die Optionen werden zum Zeitpunkt der Ausübung besteuert; die Kapitalgewinne sind steuerfrei. Mit einer Änderung des Besteuerungszeitpunkts käme es zu einer Besteuerung des Kapitalgewinns. Dies stünde im Widerspruch zu Artikel 16 Absatz 3 DBG. Die Besteuerung des Kapitalgewinns lässt sich vermeiden, wenn man wie Singapur annimmt, dessen Anteil an den realisierten Erträgen mache ungefähr 50 Prozent aus, und einen entsprechenden Abzug vom Steuerwert zulässt. Mit diesem einfachen Prinzip könnte man den neuen Unternehmen gerecht werden, ohne gleichzeitig die anderen Kategorien der durch 10

Die Dauer von 5 Jahren sollte als maximale Dauer festgelegt werden. Eine Minimaldauer (von zum Beispiel 3 Jahren) könnte ebenfalls in Betracht gezogen werden.

5560

Optionen Begünstigten zusätzlich mit Steuern zu belasten. Eine solche Systemänderung erfordert natürlich eine Anpassung des DBG, aber auch des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG). Diese Variante ist sicherlich mit Mehraufwand verbunden, würde aber ein klareres System einführen und den Wünschen des Parlaments nach einer «Optionsbesteuerung zum Zeitpunkt der Ausübung der Optionen oder äquivalente Lösungen» besser entsprechen.

2.2.3

Beispiele aus dem Ausland

Die Optionsbesteuerung wird gegenwärtig in zahlreichen Ländern diskutiert. In vielen Ländern kommt es zu Änderungen und Anpassungen des Systems. Im Folgenden sollen die wichtigsten Lösungsansätze in den verschiedenen Ländern betrachtet werden.11.

Grossbritannien: Bei einer Laufzeit von unter 10 Jahren werden die Optionen normalerweise zum Zeitpunkt der Ausübung besteuert. Der Steuerwert ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Ausübungspreis und dem Marktpreis. Im Falle eines Wiederverkaufs wird bei der Bemessung der Kapitalgewinnsteuer die zum Zeitpunkt der Ausübung bereits entrichtete Steuer berücksichtigt. Unter gewissen Bedingungen kann ein Unternehmen seine Optionspläne von der Finanzbehörde genehmigen lassen. Mit einer Genehmigung entfällt die Gewinnsteuer. Die Regierung prüft zurzeit weitere Möglichkeiten zu Steuererleichterungen, die in die gleiche Richtung zielen.

Frankreich: Die Optionsbesteuerung wird grundsätzlich wie die Lohnbesteuerung zum Zeitpunkt der Ausübung vorgenommen, wenn der Ausübungspreis weniger als 95 Prozent des Marktpreises beträgt. Die bei einem Wiederverkauf realisierten Gewinne sind zu einem Gesamtsteuersatz von 40 Prozent zu versteuern, sofern die Aktien länger als 5 Jahre die Hand nicht gewechselt haben. Sonst wird der realisierte Gewinn wie der Lohn besteuert, und es müssen entsprechende Sozialabgaben entrichtet werden. Im Mai 2000 hat die Nationalversammlung einer Revision zugestimmt, nach der der Steuersatz auf 26 Prozent gesenkt wird, falls der Mehrwert der erworbenen Anteile weniger als 1 Million FF beträgt und falls der Inhaber seine Titel mindestens 6 Monate lang hat. In Frankreich gibt es noch ein anderes Instrument: der Gutschein für Unternehmensgründer (BCE, bon pour les créateurs d'entreprises), der bis Ende 2001 gültig ist. Die Mitarbeiter und Kader neuer Unternehmen, die nicht an der Börse kotiert sind und deren Kapital zu mindestens 75 Prozent in den Händen von Einzelpersonen ist, können von Vergünstigungen profitieren: Die Gesamtbesteuerung beträgt 26 Prozent für Kapitalgewinne, falls die Aktie die Hand länger als drei Jahre nicht gewechselt hat; andernfalls beträgt der Steuersatz 40 Prozent.

Deutschland: Die Optionsbesteuerung ist ein umstrittenes Thema. In manchen Fällen werden die Optionen zum Zeitpunkt der Abgabe besteuert. Der Steuerwert
wird auf Grund eines ähnlichen Modells wie in der Schweiz berechnet. Ein beim Wiederverkauf realisierter Kapitalgewinn kann steuerfrei sein, wenn der Titel mehr als

11

Diese Ausführungen basieren im Wesentlichen auf den im Mai 1999 veröffentlichten Angaben der European Venture Capital Association (evca) (S J Berwin & Co, Stock Options, evca special paper, Zaventem 1999), ergänzt durch unterschiedliche Regierungsinformationen.

5561

6 Monate die Hand nicht gewechselt hat. Gewisse Optionen, deren Wert nicht berechnet werden kann, werden zum Zeitpunkt der Ausübung besteuert.

Belgien: Im Frühjahr 1999 wurde das System zur Besteuerung von Optionen grundlegend geändert. Nach den neuen Bestimmungen erfolgt die Besteuerung zum Zeitpunkt der Abgabe. Die Option wird zu einem festen Steuersatz von 7,5 Prozent besteuert, wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind (Laufzeit weniger als 10 Jahre, Sperre während 4 Jahren, nicht übertragbar), und sonst zu einem Satz von 15 Prozent. Der Optionswert wird nach dem Marktwert der zu Grunde liegenden Aktie berechnet (Börsenkurs oder Schätzung des «fair value»). Die realisierten Kapitalgewinne werden nicht besteuert, da es in Belgien die Kapitalgewinnsteuer nicht gibt.

Singapur: Besonders interessant ist, dass dieses Land sein System zur Besteuerung von Optionen ebenfalls tiefgreifend geändert hat. Nach den am 1. Juni 2000 in Kraft getretenen Bestimmungen werden die Mitarbeiteroptionen kleiner und mittlerer Unternehmen (die Bilanzlimite liegt etwa bei 100 Mio. Fr.) zum Zeitpunkt der Ausübung besteuert, jedoch zu einem Vorzugssteuersatz. 50 Prozent des erzielten Gewinns sind als Einkommen zu versteuern, wobei der maximale Einkommenssteuersatz in Singapur bei 28 Prozent liegt. Bei einem Wiederverkauf der Aktien wird der Kapitalgewinn nicht besteuert.

2.2.4

Die Wahl des Bundesrates

Nach Auffassung des Bundesrates ist etappenweise vorzugehen: Zuerst sollte die Lösung nach Variante B realisiert werden. Erweist sich dann die Änderung des Kreisschreibens der ESTV als ungenügend, muss auch die Steuergesetzgebung geändert werden (DBG und StHG). Der Bundesrat hat daher das EFD beauftragt, ­

das Kreisschreiben vom 30. April 1997 gemäss der oben beschriebenen Variante B anzupassen,

­

mit den Kantonen die Möglichkeit, die Gesetzgebung in diesem Bereich zu revidieren, zu prüfen und dabei gegebenenfalls Modelle A und C zu berücksichtigen.

2.3

Aktienmindestnennwert

Der Bundesrat hat am 13. Juni 2000 zuhanden des Parlaments einen Entwurf und eine Botschaft zu einem neuen Bundesgesetz über die Fusion, Ausgliederung, Umstrukturierung und Vermögensübertragung12 verabschiedet. Im Zusammenhang mit diesem Gesetz schlägt der Bundesrat vor, in Artikel 622 Absatz 4 des Obligationenrechts den Aktienmindestnennwert von aktuell 10 Franken auf 1 Rappen zu senken.

So sollte die Entwicklung neuer stark wachsender Unternehmen nicht mehr durch einen zu hohen Aktienwert gehemmt werden. Der zweite Punkt der Motion kann damit als behandelt gelten. Mittelfristig geht es darum, die Einführung einer Aktie ohne Nennwert zu prüfen. Die meisten europäischen Länder haben diese Lösung im Übrigen mit dem Übergang zum Euro eingeführt.

12

BBl 2000 4337

5562

2.4

Steuerlicher Status von Risikokapital

Die vom Parlament überwiesene Motion verlangt «die neue Rechtsform der ». Betrachtet man die Arbeiten der Kommission und die Debatten im Parlament, so wird deutlich, dass es nicht darum geht, das Gesellschaftsrecht zu ändern und eine neue Rechtsform einzuführen. Vielmehr soll ein neuer transparenter steuerlicher Status für Risikokapital gefunden werden (insbesondere Amtl. Bull.

NR 1999, S. 1784).

Heute muss eine Gesellschaft, die sich in der Schweiz niederlassen will und Risikokapitalinvestitionen tätigen möchte, die Form der Aktiengesellschaft wählen. Dank dieser Rechtsform lässt sich die Haftung der Gesellschafter beschränken. Hingegen zieht diese Rechtsform eine Doppelbesteuerung nach sich. Die über die Finanzierung neuer Unternehmen realisierten Erträge werden zuerst bei der Investmentgesellschaft besteuert und später noch einmal, wenn sie den Aktionären als Dividenden ausgeschüttet werden. Damit fällt der Vorteil des Schweizer Steuersystems, wonach die Kapitalgewinne natürlicher Personen nicht besteuert werden, vollständig weg, es sei denn, die Beteiligungen werden auf dem Börsenmarkt wieder veräussert.

Das amerikanische Modell der «Limited Partnership», das hier als Referenz dient, ist nicht ohne weiteres übertragbar, denn es beruht auf einem ganz anderen Rechtssystem. Dank dieser Rechtsform lässt sich die Haftung der Investoren ­ der «limited partners» ­ auf ihr eingebrachtes Kapital beschränken. Auch dem «general partner», der den Fonds verwaltet, stehen verschiedene Möglichkeiten offen, seine Haftung zu beschränken. Von besonderem Interesse ist die steuerliche Behandlung der realisierten Erträge: Der Anlagefonds, an den die verschiedenen Partner vertraglich gebunden sind, gilt als steuerlich transparent und wird deshalb nicht besteuert. Die «limited partners» werden besteuert, als ob sie direkt in neue Unternehmen investieren würden. Noch interessanter ist, dass die den Investoren ausgeschütteten Gewinne meistens Kapitalgewinne sind und darum zu einem speziellen Satz besteuert werden, der ungefähr die Hälfte des Einkommenssteuersatzes beträgt (ca. 20 Prozent statt 40 Prozent).

Ein grosser Teil der Investmentgesellschaften, die in der Schweiz bisher entstanden sind, haben sich mit der Gründung von Offshore-Gesellschaften internationale Rechtsstrukturen aufgebaut. Damit
vermeiden sie eine Doppelbesteuerung mindestens teilweise. Eine eingehende Analyse hat gezeigt, dass es nicht sinnvoll ist, das Gesellschaftsrecht zu ändern ­ zum Beispiel durch die Schaffung einer neuen Kategorie von Personengesellschaft mit beschränkter Haftung ­, weil die steuerliche Belastung in jedem Fall bestehen bleibt. Als Lösungen kommen in Frage einerseits die generelle Abschaffung der Doppelbesteuerung und andererseits die Schaffung eines speziellen steuerlichen Status für Risikokapital.

Zum speziellen steuerlichen Status ist zu sagen, dass das neue Bundesgesetz über die Risikokapitalgesellschaften ein Schritt in die richtige Richtung ist, da es die Abzugslimiten für die Beteiligungen von Risikokapitalgesellschaften erweitert. In Betracht zu ziehen ist ebenfalls, dass die Gesamtsteuerbelastung stark reduziert wird für den Fall, dass die Aktionäre von Risikokapitalgesellschaften ihre Aktien auf dem Börsenmarkt oder an einen Finanzintermediär wieder veräussern könnten. Natürlich handelt es sich hier nur um eine Lösung für die Risikokapitalgesellschaften, die die gesetzlichen Kriterien erfüllen, also mindestens 50 Prozent ihrer finanziellen Mittel in neue, unabhängige Schweizer Gesellschaften investieren, und nicht um eine Lö-

5563

sung, die alle Möglichkeiten von Risikokapitalinvestitionen abdeckt. Einige Vertreter der Risikokapitalbranche haben denn auch vorgeschlagen, weiterzugehen und Steuererleichterungen für Investoren einzuführen. Da dies genau der Punkt ist, in dem sich die beiden Räte nicht einigen konnten, ist der Bundesrat der Meinung, es sei noch zu früh, diese Frage erneut aufzugreifen. Erst wenn man ein klares Bild von der Wirksamkeit des neuen BRKG hat, sollte über das weitere Vorgehen entschieden werden.

In diesen Bereich sollten jedoch auch andere Möglichkeiten geprüft werden. Zurzeit bietet einzig das Bundesgesetz über die Anlagefonds (AFG; SR 951.31) ein steuerlich transparentes Mittel. Die Anlagefonds im Sinne des AFG werden als Rechtssubjekte ohne Rechtspersönlichkeit betrachtet und sind daher nicht steuerpflichtig.

Das AFG deckt die Kollektivanlageverträge ab (insbesondere Art. 3). E contrario fallen die Anlagefonds mit Rechtspersönlichkeit nicht unter dieses Gesetz. Für die direkte Bundessteuer ist eigentlich nur der Spezialfall der Anlagefonds mit direktem Grundbesitz geregelt (insbesondere Art. 20 Abs. 1 Bst. e, Art. 49 Abs. 2 DBG).

Grundsätzlich werden durch den Anlagefonds realisierte Kapitalgewinne nicht beim privaten Anleger besteuert, sofern sie über gesonderten Coupons ausgerichtet werden (Art. 5 Abs. 1 Bst. b VStG), während die anderen Erträge (Dividenden) von der Einkommenssteuer und der Verrechnungssteuer erfasst werden.

Das Anlagefondsgesetz hat als oberstes Ziel, die Anleger und generell die Öffentlichkeit zu schützen. Dies ist einer der Gründe, weshalb es den Investoren jederzeit möglich sein muss, sich auszahlen zu lassen, und weshalb geschlossene Anlagefonds grundsätzlich ausgeschlossen sind. Die Risikokapitalinvestitionen entsprechen den Anforderungen des Anlagefondsgesetzes in keiner Weise, da es sich um geschlossene Fonds handelt und die Investitionen für eine relativ lange Zeitspanne blockiert sind. Die Kontrolle unseres Finanzsystems muss sich jedoch regelmässig den Entwicklungen und dem Auftauchen neuer Produkte anpassen. Es ist also angezeigt zu prüfen, ob der Risikokapitalbereich nicht in der einen oder anderen Form durch die Regeln, die in anderen Segmenten des Finanzmarktes gelten, abgedeckt werden könnte. Man muss sich allerdings fragen, ob es wünschbar wäre, den
Risikokapitalsektor ganz von der Steuer zu befreien. Dies wäre aber der Fall, wenn für diesen Bereich die steuerliche Transparenz nach dem Modell der Anlagefonds eingeführt würde.

Der Bundesrat ist der Meinung, dass diese Frage in den grösseren Rahmen der Umsetzung der Leitlinien zu den Bundesfinanzen gestellt werden muss. Der Bundesrat hat sich bekanntlich gegen die Initiative zur Einführung einer Kapitalgewinnsteuer ausgesprochen; er hat sich aber bereit erklärt, die Besteuerung der Gewinne aus Beteiligungen zu prüfen. Die Steuer für Gewinne aus Beteiligungen soll eine generelle Besteuerung der Kapitalgewinne teilweise ersetzen. Bei der Einführung einer solchen Steuer soll das Problem der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung gelöst werden.

Dieses Problem, das insbesondere kleine und mittlere Unternehmen betrifft, verfälscht unter anderem die Finanzierungsentscheide und kompliziert die Nachfolgeregelungen. Um die Wettbewerbsvorteile der Schweiz zu erhalten, müsste die Einführung einer solchen Steuer so wenig Auswirkungen wie möglich auf den Bundeshaushalt haben. Die Steuererleichterungen auf Dividenden würden dadurch kompensiert, dass die Dividenden zum Zeitpunkt der Ausschüttung mit einer bisher nicht bestehenden Kapitalgewinnsteuer belegt werden.

5564

Im Zuge dieser Arbeiten hat der Chef des EFD eine Expertenkommission unter der Leitungvon Professor Oberson beauftragt, die Elemente einer vom rechtlichen Status unabhängigen Unternehmensbesteuerung zu prüfen. Der Auftrag dieser Kommission umfasst die gesamte steuerliche Behandlung des Risikokapitals; es geht darum, eine Behandlung der Gewinne und der verteilten Erträge vorzuschlagen, die unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens sein soll.

Zusammenfassend ist der Bundesrat der Meinung, die Instrumente zur Risikokapitalförderung, die in der letzten Zeit eingerichtet wurden, eröffneten eine Reihe von Möglichkeiten, deren Wirksamkeit erst in einigen Monaten zu beurteilen sei. Die Revision der steuerlichen Behandlung des Risikokapitals muss sich in den gesamtheitlichen Approach einfügen, der bei der Umsetzung der Leitlinien der Bundesfinanzen verfolgt wird. Parallel dazu gilt es zu prüfen, inwiefern das Risikokapital gleich behandelt werden könnte wie die Investitionen in Anlagefonds. Der Bundesrat hat dem EFD den Auftrag erteilt, diesen Sachverhalt zu prüfen.

2.5

Steuerliche Förderung der Business Angels

Die WAK-S verlangt in ihrem Postulat vom 9. September 1999 im Hinblick auf die Förderung der Gründung neuer Unternehmen als Erstes Steuervergünstigungen für Business Angels. Der Ständerat hat es am 21. September dem Bundesrat überwiesen. Nur zwei Tage später, am 23. September, hat der Nationalrat einen Artikel über die Business Angels in das Gesetz über die Risikokapitalgesellschaften aufgenommen; dieser Zusatz wurde in der Folge vom Ständerat angenommen. Es kann also festgehalten werden, dass dieser Punkt des Postulats schon ein paar Tage später, als die Bundesversammlung das neue Gesetz in der Schlussabstimmung annahm, (8. Okt. 1999) erfüllt wurde.

Im Grunde genommen gehören die Business Angels zum so genannten informellen Sektor; es ist daher schwierig, festzulegen, wer alles dazu gehört und wie viele es gibt. Ein Business Angel ist eine Person, die über relativ bedeutende finanzielle Mittel und grosse Erfahrung in der Geschäftswelt verfügt. Meist sind es pensionierte Unternehmer oder höhere Kader, welche die Startphase eines Unternehmensprojekts finanzieren und dabei ihren Rat und ihre Erfahrung einbringen. Business Angels haben oft einen Sitz im Verwaltungsrat des Unternehmens und sind am Kapital der neuen Gesellschaft beteiligt. Wie bereits gesagt, ist es nicht möglich, abzuschätzen, wie sich dieses Phänomen in der Schweiz entwickelt. Im Vergleich zu den angelsächsischen Ländern ist die Entwicklung sicher im Rückstand. In den letzten Monaten gab es allerdings positive Zeichen: Zwei private Business Angels-Clubs wurden in der Schweiz gegründet, und ein dritter ist in Zusammenhang mit der Initiative «Start up!» der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) am Entstehen.

Das Gesetz sieht die Möglichkeit eines Steueraufschubs für nachrangige Darlehen vor (Art. 5 Abs. 1 BRKG), die neuen, unabhängigen Schweizer Unternehmen von einem Business Angel zur Verfügung gestellt werden. Die Beteiligungen am Kapital dieser Gesellschaften fallen nicht unter diese Bestimmungen. Der private Investor kann von seinem Darlehen 50 Prozent abziehen, maximal 500 000 Franken für die Gesamtdauer des Gesetzes (Art. 5 Abs. 2 BRKG). Dies bedeutet, dass ein Darlehen von höchstens 1 Million Franken in Frage kommt. Die Steuer wird zum Zeitpunkt der Rückzahlung fällig (Art. 5 Abs. 3 BRKG). Bei Verlusten unter 50 Prozent, d.h.

bei einer partiellen Rückzahlung des Darlehens, wird die Steuer bis zum zurückge5565

zahlten Betrag erhoben. Ist der Verlust höher als 50 Prozent oder gar vollständig, so können 50 Prozent des zusätzlichen Verlusts von den steuerbaren Einkünften abgezogen werden. Das ergibt eine maximale Reduktion von 750 000 Franken (Art. 5 Abs. 4 BRKG).

Diese Steuererleichterungen gibt es heute nur bei der direkten Bundessteuer. Die Einsparungen für Business Angels sind deshalb zurzeit bescheiden. Beim maximalen Steuersatz der direkten Bundessteuer von 11,5 Prozent handelt es sich entweder um eine Zinseinsparung auf dem Steueraufschub von maximal 57 500 Franken (11,5% von 500 000 Fr.) während der Jahre bis zur Rückzahlung des Darlehens, oder um eine Steuereinsparung von maximal 86 250 Franken, falls die auf 1 Million limitierte Investition vollständig verloren ist.

Wegen der Besonderheiten unseres Steuersystems werden diese Bestimmungen nicht in allen Kantonen sofort in Kraft treten können. Nach dem Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) müssen die Kantone ihre Berechnungsgrundlage ändern und zur Jahresbesteuerung nach dem Postnumerandoverfahren übergehen. Dieser Übergang, der nicht überall gleichzeitig erfolgt, hat einen Bruch in der Steuerberechnungsperiode zur Folge: Eine Berechnungsperiode ­ in den meisten Kantonen das Jahr 2000 ­ wird nämlich nicht zur Steuerberechnung erfasst. In diesem Jahr können die ausserordentlichen Ausgaben und der Aufwand nicht berücksichtigt werden, wenn das Gesetz über die direkte Bundessteuer dies nicht explizit vorsieht.

Nach den Experten und den zuständigen Behörden gehören die Abzüge, die das BRKG vorsieht, zu den Elementen, die nicht in Betracht gezogen werden können.

Somit können erst ab 2001 Darlehen gewährt werden, die zu den vom Gesetz vorgesehenen Abzügen berechtigen. Auf der Ebene der Kantone sieht die Situation folgendermassen aus (die Kantone erheben bekanntlich die direkte Bundessteuer auf der Basis der kantonalen Steuererklärung): ­

3 Kantone (BS, TG, ZH) haben ihre Gesetzgebung schon angepasst: die Einwohner dieser Kantone können die Bestimmungen des BRKG ohne Unterbruch voll ausschöpfen.

­

3 Kantone (TI, VD, VS) haben ihre Gesetzgebung noch nicht angepasst und werden dies nach 2001 tun. Die in diesen Kantonen wohnhaften Investoren werden vom BRKG für die im Jahre 2000 gewährten Darlehen profitieren können. Die Bemessungslücke in der Berechnungsperiode wird später, ab 2001/2002, spürbar sein.

­

19 andere Kantone oder Halbkantone ändern ihr System im Jahr 2001, sodass das Jahr 2000 zu einer Bemessungslücke in der Berechnungsperiode führen wird. Wollen private Investoren das BRKG ausschöpfen, so müssen sie also bis 2001 warten, um Darlehen zu gewähren.

Am 22. Juni 2000 hat der Ständerat die Motion des Nationalrats (99.3472) überwiesen, die verlangt, dass die Bestimmungen über Risikokapital auf die Kantone ausgedehnt werden. Der Bundesrat wird rasch mit den Kantonen Kontakt aufnehmen. Ziel ist eine Anpassung des StHG, welches die Steuererleichterungen regelt, die die Kantone gewähren können. Diese Erweiterung auf die Kantone müsste die Attraktivität dieses Instruments merklich erhöhen. Der Bundesrat wird auch die Ausführungsbe-

5566

stimmungen (Verordnung vom 5. April 2000) anpassen13 und somit dem höheren steuerlichen Anreiz Rechnung tragen.

Da sich die Bestimmungen des BRKG auf nachrangige Darlehen beschränken, ist der Bundesrat der Meinung, dass die Aktivitäten der Business Angels in steuerlicher Hinsicht noch unter einem anderen Aspekt betrachtet werden sollten, nämlich unter dem Aspekt der Besteuerung ihrer Beteiligungen am Kapital neuer Unternehmen.

Der Investor kann beachtliche Gewinne erzielen, wenn das Unternehmen, das er unterstützt hat, sich entwickelt und er seine Beteiligung weiterverkaufen kann. In diesem Fall kann es sein, dass der Kapitalgewinn als Resultat einer gewerbsmässigen Anlagetätigkeit betrachtet und deshalb nicht wie die Kapitalgewinne natürlicher Personen von der Steuer befreit wird. Aus diesem Grund hat der Bundesrat das EFD beauftragt, diesen Aspekt in den zurzeit laufenden Revisionen zu berücksichtigen.

Falls nötig sollen Richtlinien zu einer steuerlichen Behandlung der Business Angels erlassen werden, die dem hohen wirtschaftlichen Nutzen ihrer Aktivitäten Rechnung tragen.

2.6

Berufliche Vorsorge und Risikokapital

Der zweite Punkt des Postulats der WAK-S verlangt die Lockerung der Bestimmungen der Verordnung zur beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV), die die Anlagen der Pensionskassen in Risikokapitalgesellschaften in der Schweiz und im Ausland regeln. Diese Forderung ist der Motion «Pensionskassen und Risikokapital» (97.3001) der WAK-N sehr ähnlich, die der Nationalrat 1997 angenommen und der Ständerat als Postulat überwiesen hat.

Die Eidgenössische Kommission für die berufliche Vorsorge hat schon 1997 ihre Arbeit in Richtung einer Revision der Bestimmungen zur Anlagetätigkeit ausgerichtet. Diese Bestimmungen stammten aus dem Jahr 1985 und waren zum Teil auf Grund der Entwicklung der Finanzmärkte überholt. Die von den Experten vorgeschlagenen Änderungen konnten letztlich in die Revision der Verordnung zur beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) aufgenommen werden, die der Bundesrat am 20. März 2000 verabschiedet hat. Die am 1. April 2000 in Kraft getretenen Änderungen betreffen vor allem drei Artikel der BVV 2: Art. 50

Sicherheit und Risikoverteilung

Art. 56

Indirekte Anlagen

Art. 59

Abweichungen

Art. 50 Nach dem alten Artikel 50 war die Sicherheit der Anlagen der Vorsorgeeinrichtungen vor allem über die Diversifizierung zwischen verschiedenen Anlagekategorien, Regionen und Wirtschaftszweigen definiert. Ziel war, die Anlagen auf öffentliche und private Debitoren und auf die Aktien namhafter Gesellschaften zu beschränken.

13

Die Vorprüfung könnte an die Kantone und/oder die Vereinigungen von Business Angels delegiert und die zur Zeit in der Verordnung vorgesehene untere Limite für Investitionen könnte gesenkt werden.

5567

Der neue Artikel 50 definiert Sicherheit als die Fähigkeit einer Vorsorgeeinrichtung, generelle Ziele zu verfolgen, statt eine Reihe von Regeln streng zu befolgen. Die Sicherheit muss demnach auf Grund der gesamten finanziellen Situation der Vorsorgeeinrichtung beurteilt werden, was deren Fähigkeit einschliesst, Risiken zu tragen und die eigene Anlagepolitik umzusetzen.

Art. 56 Der alte Artikel 56 bezog sich auf Anlagen in Anlagefonds und ähnlichen indirekten Anlageinstrumenten. Eigentlich bezeichnen indirekte Anlagen nur Anlagen in Schweizer Anlagefonds und Stiftungen. Weiter waren Anlagen in solche Anlagefonds nur erlaubt, wenn deren Anlagen den in Artikel 54 festgelegten Begrenzungen entsprachen. So konnte eine Vorsorgeeinrichtung nicht in einen Schweizer Anlagefonds oder in eine Stiftung investieren, wenn diese nicht erlaubte Anlagen tätigten, etwa in ausländische, nicht kotierte Aktiven. Dies hinderte die Schweizer Pensionskassen in der Tat daran, Venture-Capital-Investitionen zu tätigen, auch wenn es sich um Schweizer Kapitalanlagen handelte.

Der neue Artikel 56 spricht nun von kollektiven statt von indirekten Anlagen. Kollektive Anlagen sind gemeinschaftlich angelegte Vermögensteile verschiedener Anleger. Wo die kollektive Anlage ansässig ist und welche Rechtsform sie annimmt, spielt damit keine Rolle mehr. Die den kollektiven Anlagen zu Grunde liegenden Anlagen müssen jedoch immer noch den in Artikel 54 festgelegten Begrenzungen genügen und auf die Artikel 53 und 55 Bezug nehmen. Weiter zu berücksichtigen sind auch die Risikoeigenschaften der kollektiven Anlage, beispielsweise die Verwaltung des Anlagefonds, seine Anlagepolitik und seine Liquidität. Mit der Änderung von Artikel 56 erweitert sich die Palette der Anlagefonds, in die die Pensionskassen investieren können. Der neue Artikel 56 erlaubt jedoch weiterhin keine Venture-Capital-Investitionen in ausländische, nicht kotierte Unternehmen.

Art. 59 Der alte Artikel 59 behandelte alle Abweichungen gegenüber den Anlagebegrenzungen der BVV 2 als Verstoss gegen die Vorschriften. Dennoch müsste jede Abweichung im Jahresbericht der Pensionskassen aufgeführt und von einer qualifizierten Person begründet werden. Abweichungen waren nur unter besonderen Bedingungen erlaubt, die keine Gefährdung der Ziele der Vorsorgeeinrichtung mit sich brachten.
Der alte Artikel 59 war gleichzeitig zu ungenau und zu restriktiv. Zusammen mit dem neuen Artikel 50 schafft der neue Artikel 59 für die Ausnahmepolitik des alten Artikels 59 einen gesetzlichen Rahmen, der mit der «prudent man rule» der angelsächsischen Länder vergleichbar ist. Der neue Artikel 59 erlaubt einer Vorsorgeeinrichtung, ihre Anlagemöglichkeiten über die Begrenzungen der Artikel 53­55 hinaus zu erweitern, sofern sie im Einklang mit der ausreichend dokumentierten Anlagestrategie sind. Die Pensionskassen müssen jedes Jahr einen Bericht vorweisen, der von einem Experten verfasst wird und bestätigt, dass die Anlagestrategie angemessen ist. Dieser Experte kann eine beliebige, nicht unbedingt von der Pensionskasse unabhängige Person sein, die über das nötige Fachwissen bezüglich Anlagestrategien verfügt. Dies sind die Änderungen, die Artikel 59 einführt. Der Gesamtrahmen wird durch den neuen Artikel 50 definiert, der den Pensionskassen erlaubt, Venture-Capital-Investitionen zu tätigen, unabhängig davon, wo die Anlagefonds ansässig sind und investieren.

5568

Gemäss den Statistiken der SECA legen immer mehr Pensionskassen Gelder in privaten Anlagefonds an. 1999 waren es 13 Prozent der aufgebrachten Mittel. Dieser Anteil bleibt jedoch unterhalb demjenigen in Europa (18,7 % nach den Zahlen der evca für das Jahr 1999) und in den Vereinigten Staaten. Wie schon oft bemerkt worden ist, ist die Frage, ob die Pensionskassen in die Entwicklung neuer Unternehmen investieren sollen oder nicht, vor allem eine Frage der Kultur. Nach Auffassung des Bundesrats sind der Enthusiasmus, mit dem in jüngster Zeit solche Investitionen getätigt wurden, und die Anpassungen der BVV 2 gute Voraussetzungen dafür, dass sich die Haltung allmählich ändert. Es gilt jedoch, wachsam zu bleiben und nach einer gewissen Zeit zu prüfen, ob die erfolgte Revision genügt oder ob weitere Anpassungen nötig sind.

2.7

Administrative Erleichterungen bei der Gründung eines Unternehmens

2.7.1

Einleitung

Als Drittes verlangt das Postulat der WAK-S Erleichterungen bei der Gründung von Unternehmen und erwähnt in Klammern die Möglichkeit, sich via Internet im Handelsregister einzutragen. Diese Möglichkeit soll wahrscheinlich nicht nur den Neugründungen der New Economy offen stehen, sondern allen neuen Unternehmen. Ein Unternehmen des Hochtechnologiebereichs, das schnell an die Börse gelangen möchte, hat in der Tat spezifische Bedürfnisse. Das Unternehmen muss bereit sein, Rechnungslegungsvorschriften anzuwenden, die weit über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen; es muss eine Rechtsform (in der Schweiz die Form der Aktiengesellschaft) haben, die es ihm erlaubt, an die Börse zu gehen, und die den Geschäftspartnern genügend Garantien bietet. Eine solche Gesellschaft braucht spezialisierte juristische Beratung. Alle diese Probleme lassen sich nicht dadurch lösen, dass der Notar durch den Computer ersetzt wird. Es sind deshalb vor allem die anderen vom Parlament beantragten Massnahmen, die die Entwicklung solcher Unternehmen fördern können.

Unter der Leitung des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco) wurde eine interdepartementale Arbeitsgruppe gebildet, die abklären sollte, wie die administrativen Verfahren, die in den ersten Phasen der Unternehmensgründung eine Rolle spielen, verbessert werden können. Weil jede Verwaltung gute Gründe für die mehr oder weniger komplexen Regelungen hat, die im Lauf der Zeit entstanden sind, wurden externe Experten beauftragt, konkrete Vorschläge zu formulieren. Die Wahl des seco fiel auf Stephan Hügli vom Gründer-Zentrum Bern (GrüZe) und Beat Schillig vom Institut für Jungunternehmer/innen IFJ in St. Gallen. Um die Meinung der direkt betroffenen Personen ­ der Unternehmensgründer ­ zu erfassen, wurde auf der Internet-Seite der Task Force KMU des seco eine Umfrage durchgeführt. Das Bild, das sich aus der Umfrage ergab, wurde durch Gespräche mit Spezialisten der Unternehmensgründung (Anwälte, Unternehmensberater usw.) und mit Vertretern der wichtigsten beteiligten Bundesämter ergänzt. Der Bericht der Experten wurde in der Folge in der Arbeitsgruppe besprochen und die Ämter konnten dazu Stellung nehmen. Auf dieser Basis wurde der Schlussbericht zuhanden des seco erstellt. Dieser

5569

Bericht gibt vor allem die Meinung der Experten wieder und entspricht damit nicht zwingend der Auffassung der beteiligten Bundesämter.14 Es wurden 278 Fragebogen online auf der Homepage der Task Force KMU ausgefüllt und damit leicht weniger als erwartet. Es muss aber festgehalten werden, dass es in erster Linie darum ging, Probleme zu lokalisieren, und nicht darum, eine statistisch repräsentative Umfrage durchzuführen. Das dafür übliche Vorgehen mit einer zufällig ausgewählten Stichprobe wäre im Übrigen sehr schwer zu realisieren und vor allem sehr teuer gewesen. Weiter hätte eine klassische Umfrage nicht innerhalb der gesetzten Frist durchgeführt werden können. In der Tat ist es, wie im Abschnitt über die Unternehmensdemografie (Punkt 1.2) geschildert, sehr schwierig, die neuen Unternehmen zu identifizieren. Es müsste also eine sehr umfangreiche Stichprobe der Bevölkerung befragt werden, um die Unternehmensgründer erfassen zu können.

Bei der Analyse der Umfrageergebnisse müssen folgende Aspekte berücksichtigt werden: ­

Die Unternehmensgründer, die Probleme gehabt haben, sind wahrscheinlich übervertreten, da die Motivation, einen Fragebogen auszufüllen, niedriger ist, wenn es nichts Negatives zu bemerken gibt. Insofern ist die relativ tiefe Teilnehmerzahl der Umfrage ein erster positiver Punkt.

­

Um den Fragebogen auszufüllen, musste man über einen Internet-Zugang verfügen. Aus diesem Grund sind einige Dienstleistungsbranchen überrepräsentiert, während das Gewerbe weniger vertreten ist.

Aus der Umfrage, die wir hier nur kurz darstellen, geht hervor, dass die Probleme auf administrativer Ebene für die Unternehmensgründer gleich gross sind wie die Finanzierungsprobleme und die Probleme bei der Markterschliessung. Die Zahlen aus Grafik 4 machen Verschiedenes deutlich. Es kann insbesondere festgestellt werden, dass lediglich eine von drei Personen wirklich unzufrieden ist. Betrachtet man den Anteil, den laut Umfrage die Riesenprobleme ausmachen, so sieht man, dass die Mehrwertsteuer die Spitzenposition einnimmt, gefolgt von den Finanzierungsproblemen und den Schwierigkeiten mit den Sozialversicherungen.

14

Die Resultate der Umfrage sind auf der Homepage der Task Force KMU (http://www.kmuinfo.ch) zugänglich. Der vollständige Bericht mit der Meinung der Experten wird ebenfalls durch das seco veröffentlicht werden.

5570

Bereiche nach Gewichtung der Probleme (Total = 287) Grafik 4

Viele Probleme

0 Riesenprobleme

50

100

150

MWSt Mangel an Finanzen Umgang mit Ämtern Steuern allgemein Akquisition, Verkaufen Sozialversicherungen Finanzierungsfragen Marketing

Die Befragten konnten sich auch zu den Kontakten mit verschiedenen Verwaltungen äussern und den Schwierigkeits- oder Komplexitätsgrad ihrer Probleme angeben sowie den Aufwand (in Zeit oder Geld) schätzen, der mit den verschiedenen administrativen Verfahren verbunden war (Grafik 5). Auch hier liegt die Mehrwertsteuer an der Spitze, gefolgt von den anderen Steuern und den Sozialversicherungen (AHV). (NB: Probleme wie die Finanzierung, die ausschliesslich die Privatwirtschaft angehen, wurden in diesem Teil des Fragebogens nicht mehr aufgeführt.) Aus Grafik 5 zeigt sich auch deutlich, dass das Handelsregister nach Auffassung der Befragten einen hohen Komplexitäts-/Schwierigkeitsgrad aufweist (oft muss beispielsweise ein Notar hinzugezogen werden); die Anstrengungen, die der Unternehmer aber leisten muss, werden als sehr gering eingestuft.

5571

Schwierigkeit und Arbeitsaufwand nach Bereichen (Index) Grafik 5 0

0.1

0.2

0.3

0.4

MW St Steuern AHV BVG

Probleme Aufwand

Handelsregister SUVA IGE Gemeinde

Muss nun also die Mehrwertsteuer (MWST) tiefgreifend verändert werden? Diese Frage könnte man sich beim Lesen der Umfrageergebnisse stellen. Die Umfrageteilnehmer hatten die Möglichkeit, eigene Lösungen vorzuschlagen. So wurden auch punktuell Lösungen zur MWST vorgeschlagen. Die MWST-Bestimmungen sind jedoch oft sehr komplex: Lösungen, die auch die Interessen junger Unternehmen berücksichtigen, werden deshalb nur durch spezifische Projekte im Rahmen der administrativen Erleichterungen zu finden sein.

Generell lassen sich aber auf Grund der Diskussionen in der Arbeitsgruppe und der allgemeinen Erkenntnisse aus der Umfrage Vorschläge formulieren, die in drei Richtungen zielen:

2.7.2

Gemeinsames Formular

Jede Verwaltungsstelle hat ihre eigenen Informationsbedürfnisse. Die Basisdaten sind aber zu einem guten Teil für alle Stellen gleich; dennoch werden sie jedes Mal separat erfasst. Deshalb sollte ein Basisformular geschaffen werden, das alle beteiligten Verwaltungen gemeinsam verwenden. Auf dieser Grundlage könnte jedes Amt später seine Bedürfnisse präzisieren und gezielt weitere Informationen verlangen.

Bei der Mehrwertsteuer könnten beispielsweise auf Grund der Basisdaten ein branchenspezifisches Zusatzformular und zusätzliche, gezielte Informationen abgegeben werden. Dieser Austausch wird im Übrigen durch die neuen elektronischen Kommunikationsmittel vereinfacht (siehe Punkt 2.7.3).

Der Bundesrat hat das EVD beauftragt, in Zusammenarbeit mit den betroffenen Departementen und Ämtern ein Projekt zu lancieren. Dieses Projekt eines gemeinsamen Formulars ist in Abstimmung mit den anderen beteiligten Behörden (Kantone, Gemeinden) zu realisieren und muss mit dem Projekt der elektronischen Plattform koordiniert werden.

5572

2.7.3

Einheitliche Identfikationsnummer

Ein grosser Teil der Unternehmen ist mehrwertsteuerpflichtig und muss daher auf der Geschäftskorrespondenz eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aufführen.

Parallel dazu benutzt das Handelsregister eine andere Identifikationsnummer, die jedoch nur administrativen Zwecken dient. Das Bundesamt für Statistik benutzt im Rahmen des Unternehmensregisters seinerseits einen Identifikationscode. Und die Sozialversicherungen arbeiten mit der AHV-Nummer, deren Systematik jedoch mittelfristig überarbeitet werden wird.

Bei der Prüfung der Auswirkungen einer detaillierten Regelung der Unternehmensfusion stellte sich heraus, dass die aktuellen Nummern es nicht ermöglichen, ein Unternehmen in seinen verschiedenen Stadien zu verfolgen. Aus diesem Grund überträgt der Entwurf zum Fusionsgesetz (siehe Botschaft vom 13. Juni 2000) dem Bundesrat die Kompetenz, Ausführungsvorschriften für die Identifikationsnummer zu erlassen. «Dem Bundesrat soll weiter auch ermöglicht werden, gegebenenfalls die Angabe der Identifikationsnummer sowie der Firma auf Briefen, Bestellscheinen und Rechnungen zu verlangen. Diese Pflicht soll eine einfache Identifizierung der Rechtsträger sicherstellen und dadurch der Transparenz des Geschäftsverkehrs in der Wirtschaft dienlich sein. Da aber bereits heute eine Pflicht zur Angabe der Mehrwertsteuernummer besteht, wird vor einer allfälligen Einführung einer Pflicht zur Angabe der Identifikationsnummer nach Artikel 936a OR eingehend zu prüfen sein, ob nicht eine einheitliche Kennziffer für sämtliche administrativen Erfassungen von Unternehmen geschaffen werden kann. Es sei weiter darauf hingewiesen, dass Artikel 936a Absatz 2 in der vorgeschlagenen Formulierung den Bundesrat nicht anhält, sondern ihn lediglich ermächtigt, eine Angabe der Identifikationsnummer zu verlangen. Diese Lösung gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, vor Erlass entsprechender Bestimmungen geeignete Wege zur Sicherstellung der Identifikation der Wirtschaftssubjekte eingehend zu prüfen.» Aus diesen verschiedenen Gründen hat der Bundesrat die beteiligten Departemente beauftragt, unter der Leitung des EVD einen Entwurf zu erarbeiten, der es erlaubt, mittelfristig zu einer einheitlichen Identifikationsnummer überzugehen.

2.7.4

Informationsplattform

Eine von der Task Force KMU des seco im Juni 2000 durchgeführte Umfrage bei einer Stichprobe von Unternehmen hat gezeigt, dass 57 Prozent der Unternehmen mit 2 bis 250 Mitarbeitern Internet in der einen oder anderen Form nutzen. Dieser Anteil lag im Februar 1999 erst bei 30 Prozent, das heisst, der Anteil stieg innerhalb von 15 Monaten um knapp 100 Prozent. Man kann davon ausgehen, dass der Anteil der Unternehmensgründer, die den Zugang zum Internet nutzen, ungefähr gleich hoch ist und dass dieser Anteil sich in den nächsten Monaten noch erhöhen wird.

Internet ist also ein Weg, den Unternehmensgründern eine Art «virtuellen Einheitsschalter» anzubieten, denn die neuen Techniken ermöglichen es, ­

eine grosse Informationsmenge zu begrenzten Kosten zur Verfügung zu stellen,

­

auf einer einzigen Plattform Informationen ganz verschiedener und geografisch oft weit entfernter Informationsanbieter zu sammeln und 5573

­

diese Informationen den spezifischen Bedürfnissen der Benutzer anzupassen.

Dieser letzte Punkt ist besonders wichtig, denn ohne die Aufbereitung der Information sieht sich der Kunde mit einer solchen Informationsmenge konfrontiert, dass er die für ihn entscheidenden Elemente nicht mehr finden kann und das Angebot nutzlos wird. Diese «Kundenorientierung» ist ein zentrales Element, das eine Überarbeitung der Informationspolitik der verschiedenen Partner verlangt: Für den Unternehmer, den Kunden, ist es unwichtig zu wissen, von welchem Bundesamt die Informationen stammen. Entscheidend ist, dass die Antwort schnell erfolgt. Die Information muss also nach Bedürfnissen und Themen strukturiert sein und nicht nur nach den Departementsstrukturen und den Organigrammen der Verwaltung.

Dies sind die Grundsätze des Projekts eines KMU-Portals, das das seco mit verschiedenen Partnern aus der Privatwirtschaft lancieren will. Die verschiedenen beteiligten Ämter, die Kantone und die anderen an der Entwicklung der kleinen und mittleren Unternehmen interessierten Institutionen werden ihr Angebot einbringen können. Die Unternehmen werden insbesondere ihr Profil und ihre Bedürfnisse genauer umschreiben, sodass es möglich wird, vom Informationsangebot zu mehr Austausch zu kommen. Dieser Austausch zwischen den Unternehmen und der Verwaltung wird zuerst einfache Formen annehmen, wie das Bereitstellen von Formularen auf Internet, welche ausgedruckt, ausgefüllt und per Post zurückgeschickt werden können. Solche Möglichkeiten gibt es bereits: Das seco stellt eine grosse Datenbank zur Verfügung, in der Informationen zu allen von Bundesstellen durchgeführten Bewilligungsverfahren usw. vorhanden sind. Mehrere dieser Instanzen verfügen über eine sehr umgangreiche Homepage (z.B. der Bereich «Ausfuhrkontrollen und Sanktionen» des seco, das Bundesamt für Veterinärwesen, das BAKOM oder die Abteilung Mehrwertsteuer der Eidgenössischen Steuerverwaltung, die zahlreiche Informationen über Internet zur Verfügung stellt, einschliesslich der Einschreibeformulare). Das Handelsregister stellt auf Bundesebene und in gewissen Kantonen ebenfalls viele Informationen und Formulare bereit. Längerfristig wird man auch die Möglichkeiten des elektronischen Handels vermehrt nutzen und einen solchen Austausch online abwickeln können. Auf einer solchen Plattform wird insbesondere das Basisformular zur Unternehmensgründung zur
Verfügung gestellt werden können.

Dieses Projekt eines Internet-Portals, welches Bestandteil der E-Government-Projekte ist, stützt sich auf den Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1995 über die Teilnahme an internationalen Informations-, Vermittlungs- und Beratungsprogrammen zu Gunsten kleiner und mittlerer Unternehmen (SR 951.971). Es wird mit den anderen Informationsprojekten der Bundesverwaltung koordiniert werden. Übereinstimmend mit Ziffer 3 des BRB vom 30. August 2000 betreffend die materielle Prüfung des Budgets 2001 und des Finanzplans 2002­2004 werden die anfallenden Ausgaben, die auf 6 Millionen Franken geschätzt werden, einem Ad-hoc-Budgetposten (704.3600.123 «e-government») belastet, wo die nötigen Kredite im Budget und im Finanzplan vorgesehen sind.

5574

2.7.5

Andere Projekte im Bereich administrativer Pflichten

Die Umfrage und die Gespräche mit Experten haben gewisse spezifische Probleme gezeigt, insbesondere die Anerkennung des Status als SelbstständigerwerbendenStatus durch die Sozialversicherungen. Diese Probleme werfen äusserst komplizierte Fragen auf. Zur Veranschaulichung kann der Bericht zur Motion (99.3004) über die einheitliche und kohärente Behandlung des Selbstständigerwerbenden im Steuerund im Sozialversicherungsbereich hinzugezogen werden. Dieser Bericht macht deutlich, dass die Harmonisierung der Kriterien in diesem Bereich äusserst heikel ist.

Andere Elemente, wie die Anerkennung als Mehrwertsteuerpflichtiger, die zum Abzug der Vorsteuer berechtigt, werden im Rahmen der Anstrengungen im Bereich der administrativen Erleichterungen behandelt. In dieser Sache werden das seco und das EVD weiter mit den zuständigen Ämtern ­ vornehmlich mit dem BSV und der ESTV ­ zusammenarbeiten, um den Auftrag zu erfüllen, den der Bundesrat am 21. Oktober 1998 zu dieser Thematik umschrieben hat. Der Bericht des Bundesrats vom 3. November 1999 über Deregulierungsmassnahmen und administrative Erleichterungen gibt Auskunft über den Stand der Arbeiten (siehe BBl 2000 942). Die Verwaltung wird sich bei ihren Arbeiten insbesondere auf das KMU-Forum stützen können, eine ausserparlamentarische Kommission, in der sich Unternehmer als Vertreter der KMU treffen.

2.8

Initiative KTI Start-up

Ziel und Zweck der KTI Start-up-Initiative ist es, Start-up-Vorhaben im HightechBereich in der besonders heiklen Anfangsphase zu begleiten. Diese Begleitung reicht ­ fallspezifisch ­ von ersten Projektprüfungen über Machbarkeitsstudien bis hin zu Markt- und Patentabklärungen. Traditionellerweise entstehen Unternehmen durch Praktiker aus der Praxis heraus. Im Bereich der modernen Technologien jedoch springt der unternehmerische Funke eher an der Schnittstelle zwischen Hochschule und Privatwirtschaft. Die Initiative gründet auf der Idee des Netzwerks. In der Seedphase bietet die Initiative den neuen Unternehmen bedarfsgerechte Unterstützung in folgenden Bereichen an: Projektevaluierung, Machbarkeitsstudien, Markt-/Patentrecherchen, Beiträge für Forschung und Entwicklung, professioneller Businessplan, Vermittlung erfahrener Business Angels, Coaching, KompetenzNetzwerke, KTI-Start-up-Label.

Insgesamt können die Start-up-Unternehmen in der Seedphase auf drei sich ergänzende Kräfte zählen: die Privatwirtschaft, die Hochschulen und das BBT als Katalysator. Das KTI-Start-up-Label, verliehen durch ein industrielles Begleitgremium, führt weitgehend zur Sicherstellung der Anschlussfinanzierung in der Wachstumsphase der Jungunternehmen. Der Erfolg der Initiative KTI Start-up in Zahlen: bis heute sind 34 Jungunternehmen mit dem KTI-Start-up-Label ausgezeichnet worden. Dadurch sind direkt 350 und indirekt über 1500 Arbeitsplätze entstanden. Die Firmen erzielen im Jahr 2000 Umsätze von rund 40 Millionen Franken. Die Startup-Initiative hat damit schon einen beachtlichen Beitrag zum Entstehen einer Kultur der Unternehmensgründung in der Schweiz geleistet.

5575

Gegenwärtig wird geprüft, unter welchen Voraussetzungen die Initiative KTI Startup verselbstständigt werden kann. Die laufenden Abklärungen gehen in folgende Richtungen: ­

Ergänzung der heute bestehenden Netzwerke durch einen Risikokapitalfonds;

­

Ergänzung des bisher hauptsächlich auf Technologie und Management ausgerichteten Unterstützungsangebots durch eine marktseitige Due Diligence;

­

Schaffung einer rechtlich unabhängigen Einheit der Initiative KTI Start-up in der Rechtsform einer Stiftung oder einer Aktiengesellschaft.

Für die Netzwerkkosten stehen im Zeitraum von 2000­2003 der Initiative KTI Startup pro Jahr 2,5 Millionen Franken zur Verfügung. Ein Vorschlag zur unveränderten Weiterführung oder allenfalls zur Erhöhung dieser Finanzierung wird dem Eidgenössischen Parlament im Rahmen der BFT-Botschaft 2004­2007 unterbreitet werden.

3

Schlussfolgerungen und Aussichten

3.1

Eine erste Bilanz

Wie im ersten Kapitel dieses Berichts erwähnt, kann man klare Fortschritte bezüglich der Unternehmensgründung im Hochtechnologiebereich, dem Angebot an Risikokapital und dem Börsenmarkt für neue Unternehmen feststellen. Trotz dieser Fortschritte verbleibt die Schweiz im europäischen Durchschnitt. Deshalb sind die Anstrengungen in diesen verschiedenen Bereichen zu verstärken, denn wir wollen uns weiter mit den Besten messen.

Bevor wir auf die Massnahmen zurückkommen, die es zu treffen gilt, ist es nützlich, einige Elemente der Politik anderer Länder in diesem Bereich zu prüfen.

3.2

Beispiele aus dem Ausland

3.2.1

Die Projekte der Europäischen Union

Die europäische Kommission hat im April 1998 die Mitteilung «Risikokapital: Schlüssel zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Europäischen Union» verabschiedet. Damit hat sie die Rolle effizienter Risikokapitalmärkte für das Wirtschaftswachstum, für die Schaffung dauerhafter Arbeitsplätze sowie für die Förderung des Unternehmergeistes und der Innovation betont. Die Umsetzung des in dieser Mitteilung umschriebenen Aktionsplans wurde Ende 199915 ein erstes Mal bilanziert, und die nötigen Massnahmen wurden bei dieser Gelegenheit neu beurteilt16.

Folgende Prioritäten wurden festgelegt:

15

16

Europäische Kommission, Generaldirektion «Wirtschaft und Finanzen», «Risikokapital: Schlüssel zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Umsetzung des Aktionsplans», in Europäische Wirtschaft, Beiheft A, Nr. 12 ­ Dezember 1999.

Mitteilung der Europäischen Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament «Risikokapital: Umsetzung des Aktionsplans. Vorschläge für weitere Fortschritte», Brüssel, 20.10.99, COM(1999)493-DE.

5576

Auf der Ebene der Kommission: ­

Aufsichtsrechtliche Vorschriften sollen eingeführt werden, die institutionellen Anlegern Risikokapitalinvestitionen gestatten.

­

Die Prospektrichtlinien sollen so verbessert werden, dass sie dem Unternehmen die grenzüberschreitende Kapitalaufnahme (z.B. durch Börsengang) erleichtern.

­

Das europäische Patentsystems soll so reformiert werden, dass u.a. auch Patentinformationen für KMU verständlicher, leichter zugänglich und praxisnäher gestaltet werden können.

Auf der Ebene der Mitgliedsländer: ­

Die Besteuerung von jungen Unternehmen und Risikokapitalinvestitionen soll verbessert werden;

­

Das Insolvenz- und Konkursrecht soll revidiert werden;

­

Innovative Mitarbeiterbeteiligungssysteme einschliesslich Aktienoptionen sollen gefördert werden.

Um die Stellung Europas in der Informationsgesellschaft zu stärken, hat der europäische Gipfel in Lissabon im März 2000 eine Strategie zur «Schaffung eines günstigen Klimas für die Gründung und Entwicklung neuer Unternehmen, namentlich KMU» entworfen. Wesentliche Elemente dieser Strategie sind die folgenden vier: ­

Lancierung einer Evaluation (Benchmarking) der Unternehmensgründung, des investierten Risikokapitals, der Bildung und Forschung in den Mitgliedsländern;

­

Vorbereitung eines neuen Mehrjahresprogrammes zu Gunsten der KMU durch die Kommission;

­

Erarbeitung einer KMU-Charta auf Ebene des Rates;

­

Weiterführung der Neuausrichtung der europäischen Finanzierungsinstrumente (Europäische Investitionsbank und Europäischer Investitionsfonds) in Richtung Starthilfe für neue Unternehmen.

Die europäische Charta über kleine und mittlere Unternehmen, die vom Europäischen Rat von Feira im Juni 2000 angenommen worden ist, zeigt die wachsende Bedeutung der KMU für die Ausrichtung der europäischen Politik. Die von der Kommission formulierten Vorschläge von Ende April17 bedeuten auch eine Wende: Um den KMU den Zugang zum Binnenmarkt zu erleichtern, war die Unternehmenspolitik bisher vor allem auf Information ausgerichtet. Neu geht sie nur in Richtung Verbesserung der Rahmenbedingungen und Errichtung von Begleitmassnahmen zur Unterstützung der Unternehmensgründung, damit die «New Economy» sich auch in Europa entwickeln kann. Der Leistungsvergleich (Benchmarking) und die Untersuchung praktischer Beispiele, insbesondere in Bezug auf eine Reduktion der administrativen Belastungen, ist eine der Stärken des neuen Mehrjahresprogrammes, das noch vom Ministerrat verabschiedet werden muss. Was die Finanzhilfen betrifft, ist 17

Mitteilung der Kommission «Herausforderungen an die Unternehmenspolitik in der wissensbasierten Wirtschaft» und Vorschlag für einen Beschluss des Rates über ein Mehrjahresprogramm für Unternehmen und unternehmerische Initiative 2001­2005, KOM(2000) 256 endgültig/2.

5577

festzuhalten, dass das provisorische Budget für die Periode 2001­2005 einen Betrag von 50 Millionen Euro dafür vorsieht, den KMU die Anwendung der neuen Informationstechnologien zu erleichtern. Ein anderer wichtiger Budgetposten (24 Mio.

Euro) wird bereitgestellt für die eingegangenen Beteiligungen an regionalen SeedKapitalfonds.

3.2.2

Das amerikanische Beispiel der SBIC

Das SBIC-Programm («Small Business Investment Company») wurde 1958 geschaffen, um den Mangel an Eigenmitteln bei den kleinen Unternehmen zu beheben, die ein starkes Wachstum finanzieren möchten. Dieses Programm, das von der Small Business Administration (SBA) verwaltet wird, überlässt die Investitionsentscheide den Verwaltern von Risikokapital. Die SBA beschränkt sich darauf, die Risikokapitalfonds auszuwählen und ihnen eine Lizenz zu vergeben. Als Voraussetzungen für diese Lizenz müssen die Fonds insbesondere mindestens 5­10 Millionen USDollar vereinen und durch erfahrene Spezialisten verwaltet werden. Für jeden investierten privaten Dollar stellt die SBA 2­3 Dollar in Form von garantierten Sichteinlagen bei der Federal Reserve Bank zur Verfügung. Diese staatlichen Mittel werden bevorzugt behandelt und sind nur bei einem vollständigen Verlust der privaten Mittel verloren. Die Unternehmen, in die die SBIC investieren, müssen bestimmte Kriterien erfüllen. So dürfen sie weder eine gewisse, relativ grosszügig festgelegte Grösse überschreiten (18 Millionen US-Dollar Nettowert) noch gewissen Sektoren, etwa dem Immobilien- und Finanzmarkt, angehören. Der Fonds darf nicht mehr als 20 Prozent in ein einziges Projekt investieren. Diese Voraussetzungen sollen ermöglichen, dass das Programm die ersten Stadien des Risikokapitals finanziert, indem es eine Finanzierung zwischen 300 000 und 5 Millionen US-Dollar bereitstellt.

Diese Beträge übersteigen normalerweise die Möglichkeiten der Business Angels, sind aber für rein private Risikokapitalfonds wenig interessant. Die Kosten für die Analyse und die Betreuung der Dossiers sind zu einem grossen Teil unabhängig von der Grösse; die durchschnittliche Höhe der Investitionen privater Mittel ist allmählich auf 5­7 Millionen Dollar gestiegen (während sie bei den SBIC 1 Mio. beträgt).

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Verschiedene Quellen zur Finanzierung neuer Unternehmen in den USA Grafik 6

Das SBIC-Programm geriet in den 80er-Jahren in grosse Schwierigkeiten, da mehrere Risikokapitalfonds liquidiert werden mussten. Die SBA hat das System tiefgreifend verändert. Sie legte für die Auswahl der Fonds strengere Kriterien fest und führte eine neue Form von Risikokapitalfonds ein. Diese ist auf die direkte Beteiligung am Unternehmenskapital (Participating Security) und nicht mehr auf Langzeitdarlehen (Debenture) ausgerichtet. Das System der rückzahlbaren Darlehen erforderte regelmässige Zahlungen, die die Liquidität der Fonds belasteten. Diese Anpassungen fielen in eine Phase, in der sich die amerikanische Wirtschaft stark entwickelte, und führten zu einem markanten Zuwachs des mobilisierten privaten Kapitals. Ende des Finanzjahrs 1993 waren es noch 2,3 Milliarden US-Dollar, im Februar 1999 lagen sie bei 6,6 Milliarden .

Bei Participating Security erhält die SBA ebenfalls ca. 10 Prozent der durch die Venture Capital Fonds realisierten Gewinne. Diese Erträge kompensieren teilweise die Verluste aus anderen Fonds, sodass die Kosten für den Staat beschränkt sind.

Ende 1997 betrugen die effektiven Verluste 440 Millionen US- Dollar, zu denen 199 Millionen an budgetierten Verlusten kommen. Beide Beträge sind deutlich niedriger als die von der SBIC den Steuerbehörden abgelieferten Steuern (1,3 Mia. seit 1976). Anfang 1999 werden die Nettokosten, die gleichzeitig mit den plafonierten Garantien budgetiert werden müssen, auf 1 Prozent der engagierten Finanzmittel geschätzt.

3.3

Perspektiven

Die Liste der in diesem Bericht vorgestellten Massnahmen (siehe Kasten) zeigt, dass die Ziele des Bundesrats dem entsprechen, was auch unsere wichtigsten wirtschaftlichen Partner tun. Die positiven Zeichen der letzten Monate dürfen jedoch nicht dazu führen, dass die Anstrengungen nachlassen. Jedes Land versucht, die Rahmenbedin5579

gungen für neue Unternehmen zu verbessern, und die Wettbewerbssituation verändert sich täglich.

Zusammenfassung der vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen: Besteuerung von Optionen: Anpassung des Kreisschreibens der ESTV über die Besteuerung von Optionen mit dem Ziel, für neue, unabhängige Schweizer Unternehmen eine Besteuerung von gegen Null einzuführen. Auftrag an das EFD, wenn nötig Gesetzesanpassungen (DBG, StHG) vorzubereiten.

Aktienmindestnennwert: Die im Entwurf zum Fusionsgesetz vorgeschlagene Senkung von 10 Franken auf 1 Rappen.

Steuerlicher Status von Risikokapital: Mittelfristige Lösung im Rahmen der Abschaffung gewisser Auswirkungen von Doppelbesteuerung. Auftrag an das EFD, eine auf das System der Anlagefonds abgestützte Formel zu prüfen.

Steuerliche Förderung von Business Angels: Das Gesetz über die Risikokapitalgesellschaften (BRKG) hat entsprechende Bestimmungen eingeführt. Diese müssen auf die Kantone ausgedehnt werden. Spätere Bilanz dieser Erweiterung. Auftrag an das EFD, den steuerlichen Status von Business Angels genauer zu umschreiben, insbesondere im Bereich der Kapitalgewinne.

Investitionen der Pensionskassen in Risikokapital: Die seit dem 1. April 2000 geltende Änderung der Verordnung über Vorsorgeeinrichtungen (BVV 2) ändert die Handhabung der Investitionsregeln und ermöglicht die erwünschte Flexibilität.

Erleichterung der Gründung von Unternehmen: Eine Umfrage und ein Expertenbericht haben die Bedürfnisse der Unternehmensgründer dargelegt. Drei Projekte werden lanciert: ­ gemeinsames Basisformular aller Verwaltungsstellen ­ Einführung einer einheitliche Identifikationsnummer für Unternehmen ­ Schaffung eines virtuellen Schalters im Internet im Rahmen der Information für KMU und den Aktionen im Bereich E-Government.

Artikel 8 des Gesetzes über die Risikokapitalgesellschaften sieht vor, dass der Bundesrat nach fünf Jahren18 einen Evaluationsbericht präsentiert. Der Bundesrat ist der Meinung, dass je nach Nutzung der verschiedenen Instrumente eine Standortbestimmung zu einem früheren Zeitpunkt nötig ist. Die Förderung von Business Angels sollte nach der Einbindung der Kantone bilanziert werden. Für das BRKG wird eine Analyse früher möglich sein. Es wird untersucht werden müssen, ob dank diesem Instrument Investitionen wirklich in neue Schweizer Unternehmen fliessen. Die
Notwendigkeit einer staatlichen Massnahme in diesem Bereich wird erneut zu beurteilen sein. Je nach Antwort auf diese Fragen wird es eventuell nötig sein, eine gezieltere Förderung nach dem Modell des amerikanischen SBIC-Programms einzuführen.

18

Artikel 8 BRKG hat folgenden Inhalt: «Der Bundesrat erstattet der Bundesversammlung spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Bericht über die getroffenen Massnahmen und die festgelegten Ergebnisse.»

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