02.061 Botschaft zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Singapur sowie zum Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Singapur vom 4. September 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Singapur und das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Singapur.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. September 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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Übersicht Die EFTA-Staaten haben am 26. Juni 2002 mit Singapur ein umfassendes Freihandelsabkommen unterzeichnet, welches vorbehältlich der Ratifikation am 1. Januar 2003 in Kraft treten soll. Das Abkommen sieht den Freihandel für Industrieprodukte vor, regelt den Handel mit Dienstleistungen, die Auslandinvestitionen, das Geistige Eigentum, den Wettbewerb und das Öffentliche Beschaffungswesen. Daraus resultiert eine erhebliche Verbesserung der Rechtssicherheit für die Schweizer Wirtschaftsbeziehungen mit der Handelsdrehscheibe Singapur. Gleichzeitig verbessert das Abkommen die Voraussetzungen dafür, dass die Schweizer Wirtschaft auf dem Markt Singapurs, welches eine aktive Freihandelspolitik betreibt, gegenüber wichtigen Konkurrenten nicht diskriminiert wird. Singapur hat kürzlich mit Japan ein Freihandelsabkommen abgeschlossen, mit den USA wird zurzeit ein solches ausgehandelt und die EU prüft gegenwärtig eine entsprechende Anfrage Singapurs.

Die vertragliche Absicherung des Freihandels für Industrieprodukte (Uhren, Maschinen und Geräte, Produkte der chemischen Industrie, Pharmazeutika, Textilien usw.) schützt die EFTA-Staaten präferenziell vor jeglicher Anhebung der zur Zeit auf autonomer Basis weitgehend auf null gesenkten Zölle Singapurs auf das in der WTO gebundene Niveau (10 % bis fallweise 30 %). Für Importe von Industrieprodukten der EFTA-Staaten aus Singapur fällt die Zollbelastung weg (Schweiz: unter 1 % des gesamten Importwerts). Für den Handel mit Dienstleistungen (Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Engineering, Spedition usw.) und für Investitionen wird der Schutz vor Diskriminierung verstärkt. Dies fällt in besonderem Mass für Dienstleistungsanbieter und Investoren aus der Schweiz und aus den anderen EFTA-Staaten ins Gewicht, da Singapur in der WTO bezüglich Marktzugangsverpflichtungen für Dienstleistungen gegenüber den EFTA-Staaten einen Nachholbedarf aufweist bzw. als Nicht-Mitglied der OECD deren Investitionsdisziplinen nicht unterworfen ist.

Das Freihandelsabkommen mit Singapur ist das erste, welches die EFTA-Staaten mit einem asiatischen Partner ausgehandelt haben und nach jenem mit Mexiko das zweite mit umfassendem, d.h. zusätzlich zum Warenverkehr u.a. auch Dienstleistungen und Investitionen einbeziehendem Geltungsbereich. Dabei ist es erstmals in einem Freihandelsabkommen
der EFTA gelungen, Marktzugang und Schutz von Investitionen umfassend zu regeln. Um den Besonderheiten der Landwirtschaftsmärkte und -politiken der verschiedenen EFTA-Staaten Rechnung zu tragen, wird der Handel mit unverarbeiteten Landwirtschaftserzeugnissen wie bei anderen EFTA-Freihandelsabkommen in bilateralen Vereinbarungen der einzelnen EFTAStaaten mit Singapur geregelt.

Singapur ist ein wichtiger Handels- und Investitionspartner der Schweiz. Die Schweizer Warenexporte betrugen im Jahr 2001 wertmässig gegen 1,6 Milliarden Schweizer Franken. Auch im Dienstleistungssektor sind zahlreiche Schweizer Unternehmen auf dem Markt Singapurs aktiv. Der Bestand an Schweizer Direktinvestitionen in Singapur belief sich Ende 2000 auf über 13 Milliarden Schweizer Franken.

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Botschaft 1

Ausgangslage und Würdigung der Abkommen

Das vorliegende Freihandelsabkommen verbessert in erheblichem Mass die Rechtssicherheit und die Vorhersehbarkeit der Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaftsbeziehungen mit Singapur: Die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft wird gestärkt, das Marktpotenzial für Schweizer Waren und Dienstleistungen vergrössert und der Weg zu einer beschleunigten Dynamik geöffnet. Gleichzeitig verbessert das Abkommen die Voraussetzungen dafür, dass die Schweizer Wirtschaft auf dem stark wachsenden Markt Singapurs, welches eine aktive Freihandelspolitik betreibt, gegenüber wichtigen Konkurrenten nicht diskriminiert wird. So hat Singapur kürzlich mit Japan ein Freihandelsabkommen abgeschlossen, mit den USA und anderen Partnern werden zurzeit weitere ausgehandelt, und die EU prüft gegenwärtig eine entsprechende Anfrage Singapurs.

Das Freihandelsabkommen mit Singapur enthält neben dem Freihandel für Industrieprodukte Regeln für die Liberalisierung des Dienstleistungshandels und der Auslandinvestitionen, Regeln zum Schutz des Geistigen Eigentums und des Wettbewerbs sowie für das Öffentliche Beschaffungswesen. Dabei ist es erstmals in einem Freihandelsabkommen der EFTA gelungen, Marktzugang und Schutz von Investitionen umfassend zu regeln. Der Handel mit unverarbeiteten Landwirtschaftserzeugnissen wird mit Blick auf die Besonderheiten der Landwirtschaftsmärkte und -politiken der verschiedenen EFTA-Staaten wie bei anderen EFTAFreihandelsabkommen in bilateralen Verträgen der einzelnen EFTA-Staaten mit Singapur geregelt.

Das Abkommen mit Singapur ist für die EFTA-Staaten nach demjenigen mit Mexiko (in Kraft seit 1. Juli 2001, BBl 2001 1850) das zweite Freihandelsabkommen mit einem Partner ausserhalb des euro-mediterranen Raums und zugleich das zweite mit umfassendem Geltungsbereich. Diese beiden Abkommen sind Ausfluss der von den EFTA-Staaten (Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein) seit kurzem verfolgten geografischen und inhaltlichen Ausweitung ihrer Freihandelspolitik.

Die EFTA hatte sich ursprünglich, d.h. seit Beginn der Neunzigerjahre, parallel zur EU vor allem darum bemüht, die nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Zerfall der Sowjetunion neu entstandenen bzw. unabhängig gewordenen Staaten Mittelund Osteuropas sowie ausgewählte Mittelmeerstaaten in das westeuropäische Freihandelssystem einzubinden. In
diesem Raum haben die EFTA-Staaten bisher mit siebzehn Partnern Freihandelsabkommen abgeschlossen (Bulgarien, Estland, Israel, Jordanien, Kroatien, Lettland, Litauen, Marokko, Mazedonien, Palästinensische Behörde/PLO, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Türkei und Ungarn). Diese Abkommen haben die Diskriminierung der Warenexporte der EFTA-Staaten in die Länder der genannten Region namentlich gegenüber der EU beseitigt bzw. verhindert.

In neuerer Zeit sah sich die EFTA veranlasst, ihr Netz von Freihandelsabkommen auch auf Partner in Übersee auszudehnen und in diese Abkommen zusätzlich zum Warenhandel auch Bereiche wie Dienstleistungen, Investitionen und Öffentliche Beschaffungen einzubeziehen. Grund dafür ist die seit eineigen Jahren zu beobach-

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tende weltweit zunehmende Tendenz zu umfassenden regionalen und überregionalen Präferenzabkommen, was zu verstärkten Diskriminierungsrisiken auch auf Drittmärkten in anderen Kontinenten geführt und die Gefahr der Erosion der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftsstandorte der EFTA-Staaten erhöht hat.

Der Abschluss von Freihandelsabkommen stellt neben der europäischen Integration und der WTO einen der drei Hauptpfeiler der Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz dar, welche als stark exportabhängiges und gleichzeitig keiner grösseren Einheit wie der EU angehörendes Land in besonderem Mass auf weltweiten Marktzugang angewiesen ist. Gleichzeitig ist die zunehmende potenzielle oder reale Diskriminierung auf Drittmärkten, die sich aus der wachsenden Zahl von präferenziellen Abkommen zwischen anderen Ländern und Ländergruppen ergibt, für ein Land mit kleinem Heimmarkt besonders gravierend. Die Schweiz nimmt deshalb bei den Anstrengungen zum weiteren Ausbau des Netzes von Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten eine aktive Rolle ein.

Freihandelsabkommen und der daraus resultierende präferenzielle Abbau von Handelsschranken einerseits und die multilaterale Handelsliberalisierung der WTO andererseits sind sich ergänzende Instrumente zur Erreichung eines möglichst hindernisfreien Zugangs zu ausländischen Märkten für unsere Wirtschaft. Bilaterale und plurilaterale Präferenzabkommen, welche sich im Rahmen der WTO-Regeln bewegen, stehen zu den Bemühungen für die schrittweise Liberalisierung im Rahmen der WTO und anderer multilateraler Organisationen nicht in Widerspruch (Ziff. 10). Ihnen kann vielmehr eine Vorreiterrolle für die Weiterentwicklung der Spielregeln und für weitere Liberalisierungsschritte auf multilateraler Ebene zukommen. Gleichzeitig bleibt richtig, dass den aussenwirtschaftspolitischen Interessen kleiner und mittelgrosser Volkswirtschaften grundsätzlich am besten mit einer multilateralen Liberalisierung und Verbesserung der multilateralen Rahmenbedingungen gedient ist. Deshalb unterstützt die Schweiz die entsprechenden Anstrengungen der einschlägigen Organisationen in unvermindertem Mass weiter.

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Wirtschaftslage und Aussenwirtschaftspolitik Singapurs, Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz mit Singapur

Singapur hat eine hoch entwickelte Wirtschaft, die stark vom Aussenhandel abhängig ist. Die Wirtschaft des Landes ist durch einen grossen Tertiärsektor geprägt (Handel, Finanzdienstleistungen, Transport, Kommunikation usw.). Im Sekundärsektor dominiert die Produktion elektronischer Waren (Halbleiter, Computer und Zubehör, Konsumgüter usw.). Der Primärsektor (Landwirtschaft und Fischerei) fehlt weitgehend. Über 70 % des Bruttoinlandprodukts des Landes stammt aus dem Dienstleistungssektor, 24 % aus dem industriellen Sektor. In den letzten Jahren lag das jährliche Wirtschaftswachstum, ausser während der Zeit der asiatischen Finanzkrise 1997/1998, bei nahezu 8 %, und die Inflation blieb sehr niedrig. Die aktuellen kurzfristigen Wirtschaftsaussichten haben sich allerdings etwas verdüstert, und zwar wegen der jüngsten konjunkturellen Abschwächung insbesondere in den USA und in Japan, zwei für den Stadtstaat entscheidenden Märkten, und weil sich die weltweite Nachfrage nach Gütern der Informations- und Kommunikationstechnologie,

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einem Bereich, in dem Singapur führend ist, abgeschwächt hat. Im Jahr 2001 musste das Land einen Rückgang seines BIP um 2 % hinnehmen.

Für Singapur sind neben der WTO auch regionale Organisationen wie die ASEAN und die APEC (deren Sekretariat in Singapur ansässig ist) ein wichtiges Instrument der Aussenwirtschaftspolitik. Die jüngsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Region haben allerdings den Enthusiasmus für diese Institutionen etwas abgeschwächt.

Durch den Abschluss bilateraler Abkommen sucht Singapur in neuerer Zeit offensichtlich ein zusätzliches aussenwirtschaftspolitisches Standbein. Vor dem Freihandelsabkommen mit den EFTA-Staaten hat Singapur im Jahr 2000 ein solches mit Neuseeland und im Januar 2002 ein weiteres mit Japan abgeschlossen. Formelle Verhandlungen mit dem gleichen Ziel sind namentlich mit Australien, Kanada und den USA aufgenommen worden. Singapur hat im Februar dieses Jahres auch der Europäischen Union offiziell die Aufnahme von Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen vorgeschlagen.

Singapur ist nach Japan und China/Hongkong der drittgrösste asiatische Handelspartner der Schweiz und bei weitem der wichtigste Exportmarkt unter den ASEANMitgliedländern. Die Schweiz hat 2001 Waren im Wert von ca. 1,6 Milliarden Franken exportiert. Die bis zur Finanzkrise in Asien eindrückliche Wachstumsrate der Exporte von Schweizer Gütern hatte sich kurz danach rasch erholt. Zurzeit hat sich die Dynamik wegen der erwähnten schwierigen internationalen Konjunkturlage allerdings wieder verlangsamt. Die Schweiz exportiert vor allem Produkte mit hoher Wertschöpfung der Maschinen- und Uhrenindustrie sowie der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Aus Singapur importiert sie vorwiegend elektronische und elektrische Erzeugnisse (Importwert total 2001: 316 Mio. CHF).

Auch für Schweizer Dienstleistungsanbieter, welche das Land oft als strategische Basis für den südostasiatischen Raum nutzen, ist Singapur ein sehr interessanter Markt. Die grössten Schweizer Anbieter von Finanzdienstleistungen (Banken und Versicherungen) sowie weitere Vertreter des Schweizer Tertiärsektors (Speditionsfirmen, Handelshäuser, Engineering usw.) sind in Singapur vertreten. Überdies ist Singapur ein wichtiges Zielland für Investitionen aus der Schweiz. Nach mehreren Jahren markanten Wachstums belief sich die
Summe der Schweizer Direktinvestitionen in Singapur im Jahr 2000 auf über 13 Milliarden Franken. Singapur steht heute bei den Schweizer Direktinvestitionen in Asien an erster Stelle. Zurzeit haben 260 Schweizer Unternehmen im Stadtstaat eine Niederlassung.

Bisher beruhten die bilateral vertraglich geregelten Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Singapur namentlich auf einem Doppelbesteuerungsabkommen (1976 in Kraft getreten), einem Investitionsschutzabkommen (1978) und einem Luftverkehrsabkommen (1971). Ausserdem wurden 2002 Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss eines Abkommens über Rechtshilfe in Strafsachen aufgenommen.

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Verhandlungsverlauf

Am 19. Juni 2000 beschlossen die Minister der EFTA-Staaten in Zürich, die Frage von Freihandelsabkommen mit Partnern im asiatischen Raum aktiv zu prüfen. Dies angesichts des wirtschaftlichen Gewichts und der bedeutenden Handelsbeziehungen der EFTA-Staaten mit verschiedenen Ländern der Region, darunter Singapur. Die 6705

Behörden von Singapur hatten ebenfalls ihr Interesse an einer Aufnahme von Freihandelsbeziehungen mit den EFTA-Staaten bekundet. Schweizerischerseits bestätigte eine Aussprache mit den Branchenverbänden am 3. Mai 2000 das Interesse der Wirtschaft an einem solchen Abkommen. An der EFTA-Ministerkonferenz vom 12. Dezember 2000 in Genf gaben die Minister der EFTA-Staaten offiziell grünes Licht für die Aufnahme von Verhandlungen mit Singapur.

Nach exploratorischen Gesprächen in Genf im März 2001 konnten die Verhandlungen in drei Runden (vom 2. bis 6. Juli in Oslo und vom 25. September bis 7. Oktober sowie vom 1. bis 8. November 2001 in Singapur) abgeschlossen werden. Zusätzlich kamen die Delegationschefs zweimal zu mehrtätigen Gesprächen zusammen (22.­24. August 2001 und 4.­7. März 2002). Das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Singapur sowie die bilateralen Landwirtschaftsabkommen der einzelnen EFTA-Staaten mit Singapur wurden am 11. April 2002 in Genf paraphiert und am 26. Juni 2002 an der EFTA-Ministerkonferenz in Egilsstadir (Island) unterzeichnet.

Eine besondere Herausforderung bei diesen Verhandlungen stellte die Überbrückung von Unterschieden der wirtschaftspolitischen Systeme und Praktiken der Parteien dar, welche auf die je verschiedenen regionalen Traditionen und Bedingungen zurückzuführen sind. Dies war namentlich in den Bereichen Dienstleistungen und Investitionen der Fall, wo erschwerend hinzukam, dass Singapur nicht der OECD angehört und demzufolge keine Erfahrung mit einschlägigen Disziplinen hat.

Trotz dieser Schwierigkeiten und der Vielfalt der abzudeckenden Bereiche konnten die Verhandlungen in weniger als einem Jahr abgeschlossen werden.

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Inhalt des Freihandelsabkommens

Das Freihandelsverhältnis zwischen der Schweiz und Singapur wird durch das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Singapur (Präambel und Art. 1­73) mit dazugehörigen Anhängen (I­XII) und Verständigungsprotokoll (Beilage 1 zu dieser Botschaft, vgl. auch Ziff. 12) sowie durch das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Singapur (Beilage 2 zu dieser Botschaft) begründet.

Das Freihandelsabkommen besteht aus zehn Kapiteln (Allgemeine Bestimmungen, Warenverkehr, Dienstleistungen, Investitionen, Wettbewerb, Öffentliches Beschaffungswesen, Schutz des Geistigen Eigentums, Institutionelle Bestimmungen, Streitbeilegung, Schlussbestimmungen). Das Verständigungsprotokoll enthält Präzisierungen und Auslegungshilfen zu einzelnen Abkommensbestimmungen. Die zwölf Anhänge sind integraler Bestandteil des Abkommens (Art. 68). Den Landwirtschaftsbereich haben die einzelnen EFTA-Staaten mit Singapur ­ wie im Falle der bisherigen Freihandelsabkommen mit Drittländern ­ in separaten bilateralen Abkommen geregelt. Gemäss Artikel 6 des Freihandelsabkommens (vgl. auch Art. 1 des Landwirtschaftsabkommens Schweiz-Singapur) sind die bilateralen Landwirtschaftsabkommen Teil der Instrumente, welche die Freihandelszone zwischen den EFTA-Staaten und Singapur errichten.

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4.1

Warenverkehr

4.1.1

Zollabbau und Handelsdisziplinen

Der Geltungsbereich des Kapitels II (Warenverkehr) umfasst die Industrieprodukte der Kapitel 25­97 des Harmonisierten Systems gemäss dem Internationalen Übereinkommen vom 14. Juni 1983 über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (SR 0.632.11), die Warengruppe Fisch und andere Meeresprodukte sowie die landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukte (Art. 6).

Für Fisch und Industrieprodukte sieht das Abkommen die sofortige vollständige Beseitigung der verbleibenden Zölle und anderer Abgaben auf Ein- und Ausfuhren vor (Art. 8). Für die Exporte der EFTA-Staaten nach Singapur bedeutet dies die vertragliche Festschreibung der durch diesen Staat zurzeit auf autonomer Basis praktizierten weitgehenden Zollfreiheit. Für Einfuhren aus Singapur in die Schweiz entfällt die bisherige Zollbelastung. Geht man vom Aussenhandelsvolumen im Jahre 2001 aus, so fallen dadurch Zölle in der Grössenordnung von 0,7 Millionen Franken weg, was einer durchschnittlichen Belastung von unter 0,4 % der bisher zollpflichtigen Einfuhren aus Singapur entspricht (deren Wert betrug 2001 183,4 Mio. Fr.). Auf einem namhaften Teil der Einfuhren aus Singapur wurden bereits vor Inkrafttreten des Abkommens keine Zölle erhoben (der Gesamtwert der zollfreien Einfuhren betrug 2001 129,2 Mio. Fr.). Dabei handelt es sich um Waren, deren Einfuhr in die Schweiz allgemein zollfrei ist. Gewisse Produkte, welche auch als Futtermittel verwendet werden könnten, sind für die Schweiz vom Zollabbau ausgenommen.

Auch für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte garantiert Singapur vertraglich Zollfreiheit, unabhängig davon, ob Exporterstattungen für solche Produkte ausgerichtet werden. Die Schweiz wird für diese Produkte auf die Erhebung der Industriekomponente der Zollbelastung verzichten. Die Zölle werden somit jenen entsprechen, die gegenüber anderen Freihandelspartnern der Schweiz angewendet werden, mit welchen im Rahmen von Freihandelsabkommen ein sog. Protokoll A über landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte vereinbart wurde.

Mengenmässige Beschränkungen im Handel mit vom Abkommen erfassten Produkten zwischen den EFTA-Staaten und Singapur müssen eliminiert werden (Art. 9).

Für eine Reihe weiterer handelsrelevanter Massnahmen wird im Freihandelsabkommen auf die einschlägigen Rechte und Pflichten im Rahmen des Allgemeinen
Zollund Handelsabkommens der WTO («General Agreement on Tariffs and Trade» ­ GATT, SR 0.632.20, Anhang II.1A) verwiesen. Dies ist der Fall für die Inländerbehandlung (Art. 11), für sanitäre und phytosanitäre Massnahmen (Art. 12), für technische Vorschriften (Art. 13), für staatliche Handelsunternehmen (Art. 14), für Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (Art. 15) und für Massnahmen bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten (Art. 18). Darüber hinaus verpflichten sich die Vertragsparteien im Bereich der technischen Vorschriften zur Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch. In Bezug auf Antidumping-Massnahmen haben die EFTAStaaten und Singapur vereinbart, gegenseitig keine solchen Massnahmen anzuwenden (Art. 16). Hingegen ist die Möglichkeit vorgesehen, im Fall von Marktstörungen zeitlich limitierte Schutzmassnahmen zu ergreifen (Art. 17). Weiter enthält das Abkommen Ausnahmebestimmungen analog zu denjenigen des GATT, u.a. zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der inneren und äusseren Sicherheit des Landes (Art. 19 und 20). Falls eine Vertragspartei mit einem anderen Handelspartner ein Präferenzabkommen gemäss GATT Artikel XXIV abschliesst, ist jene 6707

gehalten, den anderen Vertragsparteien auf deren Verlangen Gelegenheit zu Verhandlungen über allfällige darin enthaltene zusätzliche Vorteile zu bieten (Art. 10).

4.1.2

Ursprungsbestimmungen

Die Ursprungsregeln (Art. 7 und Anhang I des Freihandelsabkommens), deren Erfüllung Voraussetzung dafür ist, dass eine Ware unter die präferenziellen Regeln des Abkommens bezüglich Zölle, Antidumping und Schutzmassnahmen fällt, entsprechen weitgehend dem europäischen Modell. Allerdings sind sie, ähnlich wie im Abkommen der EFTA mit Mexiko, inhaltlich z.T. etwas liberaler ausgestaltet.

Zusätzlich ist für eine beschränkte Zahl von Produkten ein erweiterter Veredelungsverkehr vorgesehen: Nebst der auch in den europäischen Abkommen enthaltenen allgemeinen Toleranz von 10 % für die Verarbeitung in Drittstaaten ist für bestimmte Kunststoffprodukte, Maschinen und Apparate ein maximaler Drittlandanteil von 50 % zulässig. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in einer zunehmend globalisierten Welt Produktionsprozesse vermehrt auf Standorte in mehreren Ländern aufgeteilt werden, eine Entwicklung, der sich gerade Unternehmen aus kleineren Ländern mit beschränktem nationalem Wirtschaftsgebiet nicht entziehen können, wollen sie ihre Konkurrenzfähigkeit verbessern bzw. erhalten. Diese Regeln sollen in regelmässigen Abständen durch die Vertragsparteien im Hinblick auf die Anpassung an geänderte Bedürfnisse überprüft werden. Anders als in den meisten bisherigen Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten gilt kein Verbot von Zollrückerstattungen («drawback») auf importierten Vorprodukten. Als Vereinfachung für die Exportindustrie wurde beim Ursprungsnachweis auf das Formular «Warenverkehrsbescheinigung EUR.1» verzichtet. Die Ursprungserklärung auf der Rechnung in der Form, wie sie auch in den europäischen Abkommen verwendet wird, genügt als Nachweis.

Anhang I des Freihandelsabkommens setzt einen Unterausschuss des Gemischten Ausschusses (Ziff. 4.7.1) für Zoll- und Ursprungsfragen ein, welcher sich mit Fragen der Verwaltungszusammenarbeit und technischen Fragen im Bereich des Warenverkehrs befasst.

4.2

Dienstleistungen

Das Abkommen der EFTA-Staaten mit Singapur ist nach demjenigen mit Mexiko das zweite präferenzielle Abkommen, bei dem die Schweiz Vertragspartei ist, welches materielle Bestimmungen über den Handel mit Dienstleistungen enthält.

Kapitel III (Dienstleistungen) enthält die auf alle Dienstleistungssektoren anzuwendenden Regeln. Zwei sektorielle Anhänge präzisieren diese Regeln für die Finanzdienstleistungen (Anhang VIII des Freihandelsabkommens) und den Telekommunikationssektor (Anhang IX des Freihandelsabkommens). Ein weiterer Anhang enthält die nationalen Listen der spezifischen Verpflichtungen, in welchen die Sektoren festgehalten sind, in denen den Dienstleistungsanbietern der anderen Parteien Marktzugang und Inländerbehandlung eingeräumt werden, sowie allfällige diesbezügliche Vorbehalte.

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4.2.1

Horizontale Bestimmungen

Das Dienstleistungskapitel übernimmt mit einigen Änderungen den Geltungsbereich, die Definitionen und die wichtigsten Disziplinen des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen der WTO (General Agreement on Trade in Services ­ GATS, SR 0.632.20, Anhang II.1B). So gilt das Abkommen für alle Massnahmen, welche den Handel mit Dienstleistungen beeinflussen, und in allen Dienstleistungssektoren mit Ausnahme der Flugrechte im Luftverkehr (Art. 21). Das Abkommen verpflichtet die Staaten auf allen Ebenen (Zentralstaat, Gliedstaaten und Gemeinden). Nicht unter das Abkommen fallen Dienstleistungen, welche in Ausübung der öffentlichen Staatsgewalt erbracht werden, d.h. staatliche Dienstleistungen, welche nicht auf kommerzieller Basis oder in Konkurrenz zu einem oder mehreren Anbietern geleistet werden. Weiter übernimmt das Abkommen die vier Erbringungsarten des GATS (grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung, Konsum im Ausland, Erbringen von Dienstleistungen über eine geschäftliche Niederlassung und durch vorübergehenden Aufenthalt natürlicher Personen in einem anderen Vertragsstaat) sowie die übrigen Definitionen (Art. 22), mit Ausnahme gewisser kleinerer Änderungen, wie zum Beispiel die Definition des Dienstleistungserbringers, welche auf «Start-up»-Firmen ausgeweitet wird.

Die Meistbegünstigungspflicht (MFN) des GATS wurde dem präferenziellen Kontext angepasst (Art. 23), indem Vorteile, welche Drittländern im Rahmen anderer präferenzieller Abkommen der Parteien gewährt werden, nicht der Meistbegünstigungsklausel unterliegen. Solche Vorteile können aber unter den Parteien neu ausgehandelt werden. Ein Anhang bestimmt, dass die Parteien Massnahmen beibehalten können, welche mit den Befreiungen von der Meistbegünstigungspflicht vereinbar sind, die sich die Parteien im Rahmen des GATS vorbehalten haben.

Die substanziellen Bestimmungen über die innerstaatlichen Regulierungen (Art. 28) und über die Anerkennung von Qualifikationen und anderen nationalen Vorschriften zur Erteilung von Bewilligungen, Lizenzen oder Zertifikaten an Dienstleistungsanbieter (Art. 30) sind dieselben wie im GATS. Ferner sieht das Abkommen vor, dass die Parteien die Ergebnisse der Verhandlungen über detailliertere Disziplinen für die innerstaatlichen Regulierungen, welche zurzeit im Rahmen des GATS stattfinden,
nach deren Abschluss im Hinblick auf ihre Übernahme in das Freihandelsabkommen überprüfen. Für die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen und anderen von Dienstleistungsanbietern zu erfüllenden nationalen Bedingungen sieht das Abkommen künftige Verhandlungen vor. In einem Anhang vereinbaren die Parteien, ein vorgezogenes Arbeitsprogramm für die Anerkennung der Qualifikationen von Ingenieuren in Angriff zu nehmen, das innert drei Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens abzuschliessen ist.

Die Regeln in den Bereichen Marktzugang (Art. 24), Inländerbehandlung (Art. 25) und Zusätzliche Verpflichtungen (Art. 26) sind mit denjenigen des GATS identisch.

Allerdings unterstellen die Parteien diesen Disziplinen eine grössere Zahl von Sektoren (Kap. 4.2.4), was in Bezug auf den Handel mit Dienstleistungen den eigentlichen präferenziellen, über das GATS und damit die WTO hinausgehenden Gehalt des Freihandelsabkommens ausmacht. Das Abkommen enthält eine Revisionsklausel (Art. 27), damit spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten alle Parteien ein Liberalisierungsniveau erreichen, das Artikel V des GATS entspricht (Abdeckung einer wesentlichen Anzahl von Sektoren, Beseitigung fast aller Diskriminierungen).

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Ebenfalls gleich wie diejenigen des GATS sind die Bestimmungen über die Monopole und die Exklusivanbieter von Dienstleistungen (Art. 31), den Personenverkehr (Art. 32), den Schutz des Zahlungsbilanzgleichgewichts (Art. 35) sowie die Ausnahmeregeln, unter anderem für den Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit, der nationalen Sicherheit sowie zur Gewährleistung einer gerechten und effektiven direkten Besteuerung (Art. 33 und 34). Zur Berücksichtigung der Tatsache, dass gewisse Subventionstypen (z.B. Exportsubventionen) den Handel mit Dienstleistungen stören können, auch wenn sie nicht in Widerspruch zu den Disziplinen des Abkommens stehen, wird ein Konsultationsverfahren zur Verfügung gestellt, das eine Partei auslösen kann, die der Meinung ist, dass sie durch eine Subvention benachteiligt wird (Art. 29).

4.2.2

Finanzdienstleistungen

Um den Besonderheiten des Finanzsektors Rechnung zu tragen, werden die horizontalen Regeln des Dienstleistungskapitels (Ziff. 4.2.1) durch Anhang VIII des Freihandelsabkommens ergänzt. Dieser übernimmt verschiedene Elemente des entsprechenden GATS-Anhangs, so die Definition der Finanzaktivitäten (Bank-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen) und die Ausnahmen für die Geldpolitik und die Sozialversicherungssysteme. Ausserdem beinhaltet der Anhang mehrere Disziplinen, welche in der Vereinbarung über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen der WTO enthalten sind (Understanding on Commitments in Financial Services, RS 0.632.20, Anhang III.7.e), dem Singapur im Unterschied zur Schweiz und den anderen EFTA-Staaten nicht beigetreten ist. Damit hat Singapur zugestanden, sich im Rahmen des vorliegenden Präferenzabkommens diesen Disziplinen ebenfalls zu unterziehen. Somit verpflichtet die Inländerbehandlung auch Singapur, die Teilnahme ausländischer Finanzdienstleistungsanbieter an öffentlichen Zahlungs- und Clearingsystemen sowie an offiziellen Finanzierungsfazilitäten zu ermöglichen, ebenso wie die Teilnahme an Selbstregulierungsorganen und anderen Organisationen und Verbänden, welche für die Erbringung von Finanzdienstleistungen notwendig sind. Den Finanzdienstleistungsanbietern ist die Verarbeitung und Übertragung der für das Führen der laufenden Geschäfte nötigen Daten zu erlauben, allerdings unter Vorbehalt der durch die Parteien getroffenen Massnahmen zum Schutz von persönlichen Daten und der Privatsphäre sowie des vertraulichen Charakters individueller Daten und Konten. Der Anhang sieht weiter vor, dass eine Finanzinstitution einer Partei grenzüberschreitende Dienstleistungen (welche in der Liste der spezifischen Verpflichtungen aufgeführt sind, Ziff. 4.2.4) auch über eine in einem Drittland niedergelassene Zweigstelle anbieten kann.

Die im GATS enthaltene weite Ausnahme für aufsichtsrechtliche Massnahmen konnte im Rahmen des vorliegenden Abkommens ausgewogener gefasst werden, indem solche Massnahmen einem Verhältnismässigkeitstest unterworfen werden.

Die Finanzmarktbehörden dürfen somit keine Massnahmen ergreifen, welche in Bezug auf ihre Auswirkungen auf den Dienstleistungsverkehr einschränkender sind, als dies für die Erfüllung des Aufsichtszwecks nötig ist. Gleichzeitig sind
die Parteien gehalten, nach Möglichkeit die Prinzipien und Standards der wichtigsten einschlägigen internationalen Institutionen anzuwenden (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Vereinigung der Versicherungsaufseher und Internationale Organisation der Effektenhandelsaufseher).

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Schliesslich sieht der Anhang über Finanzdienstleistungen die Möglichkeit vor, unter restriktiven Bedingungen (keine Verringerung des Verpflichtungsniveaus sowie der Marktchancen der ausländischen Anbieter), spezifische Verpflichtungen (Ziff. 4.2.4) im Finanzsektor zu modifizieren. Das GATS enthält eine ähnliche Klausel, die dort auf alle Dienstleistungssektoren anwendbar ist, was die Parteien für das Freihandelsabkommen nicht für nötig befanden. Für den Finanzsektor war diese Klausel hingegen Voraussetzung dafür, dass Singapur ­ angesichts des Versuchscharakters verschiedener kürzlich getroffener Liberalisierungsmassnahmen ­ in diesem Bereich ein im Vergleich zum GATS höheres Verpflichtungsniveau eingehen konnte.

4.2.3

Telekommunikationsdienstleistungen

Anhang IX des Freihandelsabkommens enthält ergänzend zu den allgemeinen Regeln des Dienstleistungskapitels (Ziff. 4.2.1) besondere Bestimmungen für den Telekommunikationssektor, die sich auf die entsprechenden GATS-Regeln stützen.

Diese werden ­ unter Berücksichtigung der vorhandenen Unterschiede zwischen den Regulierungs- und Marktordnungssystemen der Parteien (z.B. in Bezug auf die Liberalisierung der lokalen Anschlüsse) ­ in verschiedener Hinsicht ergänzt und präzisiert.

Der Anhang verpflichtet die Parteien namentlich zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden von allen Basistelekommunikationsanbietern und zu Verfahren für die Gewährung von Fernmeldebewilligungen, welche eine willkürliche, intransparente und diskriminierende Bewilligungserteilung verhindern. Der Anhang enthält weiter gewisse Wettbewerbsgrundsätze sowie Minimalstandards für die Interkonnektion mit marktbeherrschenden Anbietern. Interkonnektion ist in nicht-diskriminierender Weise und auf der Basis von Preisen zu gewähren, welche den Zusatzkosten entsprechen. Falls sich die Betreiber nicht einigen können, müssen die Regulierungsbehörden den Abschluss von Interkonnektionsabkommen vermitteln, falls nötig durch Festlegen der Interkonnektionsbedingungen. Schliesslich übernimmt der Anhang die im GATS enthaltene Anerkennung des Universaldienstes.

4.2.4

Spezifische Verpflichtungen

Ähnlich wie beim GATS sind die Sektoren, für welche die Parteien Marktzugangsund Inländerbehandlungsverpflichtungen übernehmen, sowie allfällige diesbezügliche Einschränkungen in nationalen Listen der spezifischen (oder: besonderen) Verpflichtungen aufgeführt (Art. 27). Da die Sektoren nach der positiven Methode («bottom up») aufgelistet werden, bedeutet das Nicht-Aufführen eines Sektors, dass die entsprechende Partei in diesem Sektor keine Marktzugangs- und Inländerbehandlungsverpflichtungen übernimmt.

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Singapur hat seine spezifischen Verpflichtungen im Vergleich zum GATS beträchtlich ausgebaut, indem es den EFTA-Staaten das gegenwärtige Ausmass der Marktöffnung in wesentlich weiter gehendem Mass vertraglich garantiert, als dies unter dem GATS gegenüber den anderen WTO-Mitgliedstaaten der Fall ist. Überdies umfassen die Verpflichtungen Singapurs bestimmte künftige Liberalisierungselemente, welche vor kurzem durch die Gesetzgebung Singapurs eingeführt wurden, die aber noch nicht in Kraft getreten sind.

Im Vergleich zur Liste seiner GATS-Verpflichtungen hat Singapur zusätzlich folgende Dienstleistungen in die dem vorliegenden Abkommen beigefügte Liste aufgenommen: Beratung, Informatikdienstleistungen, Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, Immobiliendienstleistungen, Wartungs- und Reparaturdienstleistungen, bestimmte Dienstleistungen in den Bereichen Kurier, Basistelekommunikation und Transport, Vertrieb, Leasing, Franchising, Spedition, Umweltdienstleistungen usw. Weiter ist eine Verpflichtung für den vorübergehenden Aufenthalt bestimmter entsandter Spezialisten hinzugefügt worden. Bei den Dienstleistungen in den Bereichen Buchhaltung, Buchprüfung, Architektur und Ingenieurwesen sind Vorbehalte aufgehoben worden. Auch bei den Finanzdienstleistungen ist Singapur über seine Verpflichtungen im GATS hinausgegangen. Die Verpflichtungen für die Errichtung einer geschäftlichen Niederlassung im Finanzsektor beinhalten namentlich eine Anzahl neuer Lizenzen für bestimmte Banktypen («wholesale banking» einschliesslich Vermögensverwaltung), sie umfassen den gesamten Versicherungssektor (nun inklusive Lebensversicherungen) und ermöglichen es ausländischen Institutionen, Börsenmitglied zu werden. Andere Einschränkungen hat Singapur dagegen beibehalten, z.B. das Verbot für die Niederlassung von neuen Detailbanken und den Vorbehalt für elektronische Bankendienstleistungen. Singapur hat sich verpflichtet, diesen Vorbehalt bis Ende 2003 zu überprüfen.

Da das Niveau der spezifischen Verpflichtungen der Schweiz im GATS bereits relativ hoch ist, konnte sie sich darauf beschränken, nur eine limitierte Zahl von zusätzlichen Sektoren (namentlich Immobiliendienstleistungen, bestimmte Kurierdienstleistungen, Strassentransport von Waren durch in der Schweiz immatrikulierte Fahrzeuge) zu denjenigen hinzufügen, welche
in der entsprechenden GATS-Liste enthalten sind. Diese zusätzlichen Verpflichtungen erfordern keine Gesetzes- oder Verordnungsänderungen. Die anderen in der Schweizer Liste zum Freihandelsabkommen aufgeführten Sektoren sind bereits in der GATS-Liste der Schweiz enthalten, deren horizontale Vorbehalte (namentlich in Bezug auf das Gesellschaftsrecht, den Erwerb von Immobilien und den Personenverkehr) ebenfalls übernommen werden.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die Ausweitung der von den Parteien eingegangenen spezifischen Verpflichtungen im Rahmen ihrer bestehenden Gesetzgebung bewegt. Indem diese im vorliegenden Freihandelsabkommen (im Vergleich zum GATS) in erhöhtem Mass gebunden wird, verbessert sich die Rechtssicherheit für die Dienstleistungsanbieter, insbesondere in den zusätzlich zum GATS in die Verpflichtungslisten des Freihandelsabkommens aufgenommenen Sektoren.

Dank seinen bedeutenden Verbesserungen hat Singapur den Nachholbedarf aufgrund seines im Vergleich zu den EFTA-Staaten tieferen Verpflichtungsniveaus in der WTO verringert.

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4.3

Investitionen

Anders als für den internationalen Waren- und Dienstleistungsverkehr oder das Geistige Eigentum kennt die WTO noch keine umfassende Regelung für Auslandinvestitionen. Zwar wurden im Rahmen der OECD multilaterale Disziplinen für die grenzüberschreitende Investitionstätigkeit entwickelt, diesen hat sich Singapur jedoch noch nicht angeschlossen. Für die Verhandlungen über Investitionsdisziplinen bestand deshalb keine gemeinsame Ausgangs- und Referenzbasis. Auch machten sich in diesem Bereich, welcher insbesondere im Zusammenhang mit der Niederlassung die Souveränität des Staates stärker berührt als die reinen Handelsbeziehungen, Unterschiede in den Staats- und Rechtstraditionen beider Seiten in besonderem Mass bemerkbar. Dennoch gelang es ­ erstmals in einem Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten ­ Bestimmungen zu vereinbaren, welche den ganzen Investitionszyklus (von der Zulassung über die Behandlung und den Schutz bis zu einer Liquidation) abdecken. Für die Schweiz ist dies von besonderer Bedeutung, da Singapur gegenwärtig die wichtigste Destination für schweizerische Direktinvestitionen in Asien ist und nach den USA, dem Vereinigten Königreich, Deutschland, den Niederlanden und Frankreich die sechstwichtigste weltweit.

Ausgangspunkt des Kapitels IV (Investitionen) ist ein weiter Investitionsbegriff, welcher nicht nur die auf eine dauerhafte wirtschaftliche Beziehung vor Ort angelegten Direktinvestitionen durch substanzielle Beteiligungen am stimmberechtigten Kapital einer ausländischen Unternehmung oder die Gründung von Tochtergesellschaften, sondern auch Portfolioinvestitionen einschliesst (Art. 37). Die Anwendbarkeit des Abkommens erstreckt sich auf Investitionen, deren Eigentümerin eine natürliche oder juristische Person aus einem anderen Vertragsstaat ist oder wenn solche Personen einen kontrollierenden Einfluss auf sie ausüben.

Als wichtigste Neuerung gegenüber herkömmlichen bilateralen Investitionsschutzabkommen wird der Grundsatz des diskriminierungsfreien Marktzutritts für Investitionen statuiert (Art. 40). Privatpersonen und Unternehmen aus den Vertragsstaaten erhalten damit den Anspruch, zu den gleichen Bedingungen wie Inländer (Inländerbehandlung) oder, falls vorteilhafter, wie Marktteilnehmer aus Drittstaaten (Behandlung gemäss Meistbegünstigung, «most favoured nation treatment» ­ MFN)
investieren zu können. Analog zur Regelung für Dienstleistungen (Ziff. 4.2.1) ist die MFN-Pflicht auf allfällige Vorteile, die sich aus Abkommen mit Drittstaaten ergeben, welche eine substanzielle Liberalisierung der Investitionen zum Gegenstand haben, nicht anwendbar. Hingegen muss den anderen Vertragsparteien auf deren Verlangen Gelegenheit geboten werden, über derartige Vorteile zu verhandeln.

Für Investitionen im Dienstleistungssektor (Art. 38) gelten bezüglich Inländerbehandlung und MFN anstelle von Artikel 40 Absatz 1 die Bestimmungen der entsprechenden Artikel 23 bzw. 25 des Dienstleistungskapitels (Ziff. 4.2.1). Demzufolge ergibt sich für Investitionen im Dienstleistungssektor die Anwendbarkeit der Inländerbehandlung gemäss Artikel 25 aus den diesbezüglichen Listen, d.h. den in diesen aufgeführten sektorweisen Verpflichtungen (Positivlisten, Ziff. 4.2.4). Für Investitionen ausserhalb des Dienstleistungssektors gilt das Diskriminierungsverbot grundsätzlich flächendeckend. Die Vertragsstaaten haben in diesem Bereich die Möglichkeit, Vorbehalte zum Diskriminierungsverbot in Form einer Negativliste anzubringen (Art. 46). Solche Reservationen wurden von den Vertragsparteien in der einen oder anderen Form u.a. für den Energie- und den Immobilienbereich sowie

6713

in Bezug auf gesetzliche Staatsangehörigkeitserfordernisse im Gesellschaftsrecht beansprucht (Anhang XI des Freihandelsabkommens). Das Einbringen neuer Vorbehalte in die Negativliste aufgrund interner Gesetzesänderungen bleibt möglich, ist jedoch mit einer Konsultationspflicht verbunden. Die Vorbehalte sind mit Blick auf deren Verminderung oder Beseitigung durch die Parteien periodisch zu überprüfen.

Der Grundsatz der Inländerbehandlung gilt auch in Sachen Besteuerung, wobei davon abgewichen werden kann, wenn dies für die gerechte und effiziente Erhebung direkter Steuern erforderlich ist (Art. 41). Im Bereich Subventionen ist die Inländerbehandlung auf sozial- oder entwicklungspolitisch motivierte Beihilfen nicht anwendbar, hingegen besteht ein Recht auf Konsultation, wenn solche Subventionen eine erhebliche marktverzerrende Wirkung haben (Art. 40, Abs. 3).

In Bezug auf Enteignungen und auf den internationalen Zahlungs- und Kapitalverkehr gelten spezifische Schutzbestimmungen. Expropriationen sind danach nur zulässig, wenn sie einem öffentlichen Interesse entsprechen, Investoren aus anderen Vertragsstaaten nicht diskriminieren, im gesetzlichen Verfahren erfolgen und entschädigt werden (Art. 42). Eine ausführliche Bestimmung über Kapitaltransfers garantiert die unverzügliche Repatriierung etwa von Erträgen oder Liquidationserlösen, welche sich aus Investitionen ergeben (Art. 44). Ausserdem enthält das Investitionskapitel analog zu traditionellen Investitionsschutzabkommen eine generelle Investitionsschutzbestimmung (Art. 39), Bestimmungen über Schlüsselpersonal (Art. 45) sowie einen Subrogationsartikel (Art. 47).

Insbesondere auf dem Hintergrund des Enteignungsartikels behalten sich die Parteien ausdrücklich das Recht vor, nichtdiskriminierende Vorschriften im öffentlichen Interesse (namentlich zum Schutz von Gesundheit, Sicherheit und Umwelt) zu erlassen und anzuwenden (Art. 43). Ausserdem finden u. a. Ausnahmebestimmungen des Dienstleistungskapitels (Art. 33­35, Ziff. 4.2.1) sinngemäss auch auf das Investitionskapitel Anwendung (Art. 49).

Andere investitionsrelevante Abkommen, welche einzelne Vertragsstaaten unter sich abgeschlossen haben, behalten neben dem Freihandelsabkommen ihre Gültigkeit (Art. 38, Abs. 4). Dazu zählt namentlich das bilaterale Abkommen vom 6. März 1978 zwischen der Schweiz
und Singapur über den Schutz von Investitionen (SR 0.975.268.9).

Zusätzlich zum Streitbeilegungsmechanismus, welcher bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertragsstaaten über die Anwendung des Abkommens zur Verfügung steht (Ziff. 4.7.2), sieht das Investitionskapitel die Möglichkeit vor, dass ein betroffener Investor direkt beim Empfängerstaat Konsultationen einfordern kann (Art. 48). Führen diese nicht zum Ziel, so kann bei beiderseitigem Einverständnis ein Investor-Staats-Schiedsverfahren angerufen werden, wofür drei verschiedene Verfahrenswege zur Auswahl stehen.

6714

4.4

Wettbewerb

Die Liberalisierung des grenzüberschreitenden Verkehrs von Waren und Dienstleistungen und der Auslandinvestitionen kann durch wettbewerbsbeschränkende Praktiken von Unternehmen beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund enthalten die Freihandelsabkommen der EFTA regelmässig Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs. Diese bezwecken die Beseitigung von Störungen der Handelsbeziehungen durch wettbewerbsbehindernde Verhaltensweisen und nicht die gegenseitige Abstimmung der Wettbewerbspolitiken der Vertragsparteien.

Obwohl Singapur zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein umfassendes Wettbewerbsgesetz kennt und nur in einzelnen Bereichen (Telekommunikation, Elektrizitäts- und Gassektor) sowie bezüglich des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung über wettbewerbsrechtliche Vorschriften verfügt, konnten auch im vorliegenden Abkommen handelsbezogene Regeln zum Schutz des Wettbewerbs vereinbart werden.

Kapitel V (Wettbewerb) ist den Wettbewerbsbestimmungen des Allgemeinen Dienstleistungsabkommens GATS der WTO nachempfunden. Die Parteien anerkennen, dass bestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen den Handel beeinträchtigen können (Art. 50). Ausdrücklich genannt werden wettbewerbsbehindernde Abreden sowie der Missbrauch von Marktmacht ­ Praktiken, welche die Schweiz im Rahmen des Kartellgesetzes vom 6. Oktober 1995 (SR 251) ins Recht fasst. Auf Verlangen einer anderen Partei sind die Parteien verpflichtet, Konsultationen zur Beseitigung der angeführten Verhaltensweisen aufzunehmen, wobei sich der Informationsaustausch auf öffentlich verfügbare, nicht-vertrauliche Informationen beschränkt. Die Wettbewerbsbestimmungen sind vom Schiedsverfahren nach Kapitel IX (Ziff. 4.7.2) ausgenommen.

4.5

Öffentliches Beschaffungswesen

In Kapitel VI (Öffentliches Beschaffungswesen) wird festgelegt, dass im Verhältnis der Vertragsparteien untereinander die Bestimmungen des plurilateralen Übereinkommens über das Öffentliche Beschaffungswesen der WTO («Government Procurement Agreement», GPA, SR 0.632.231.422) anzuwenden sind (Art. 51). Alle Parteien des vorliegenden Freihandelsabkommens sind Mitglieder des GPA. Dieses enthält Verpflichtungen für die Zulassung von ausländischen Anbietern bezüglich Ausschreibung, Schwellenwerte, Verfahren sowie unterstellte Beschaffungsstellen und Sektoren. Damit ist das Öffentliche Beschaffungswesen zwischen den EFTAStaaten und Singapur bereits in beträchtlichem Mass liberalisiert. Darüber hinaus vereinbaren die Parteien, in Zukunft eine weitere Öffnung der Beschaffungsmärkte anzustreben und einen institutionalisierten Informationsaustausch zu pflegen. In Ergänzung zur Regelung im GPA ist die Bezeichnung von Kontaktstellen zur Erteilung von Auskünften über Belange des Öffentlichen Beschaffungswesens vorgesehen (Art. 52). Diese Massnahme, welche auch im bilateralen Abkommen der Schweiz mit der EU über das Öffentliche Beschaffungswesen enthalten ist (SR 0.172.052.68; AS 2002 1951), dient zur Erleichterung des Informationsaustauschs. Die Parteien erklären sich schliesslich bereit, mit den anderen Parteien über die Ausdehnung von Konzessionen zu verhandeln, welche sie nach Inkrafttreten des Abkommens anderen Staaten gewähren (Art. 53).

6715

4.6

Geistiges Eigentum

Kapitel VII (Schutz des Geistigen Eigentums) verpflichtet die Parteien, einen effektiven Immaterialgüterrechtsschutz in Übereinstimmung mit den spezifischen Vorschriften des Freihandelsabkommens zu gewährleisten (Art. 54). Die Durchsetzung der Rechte an Geistigem Eigentum ist zu gewährleisten; insbesondere sind geeignete Massnahmen gegen Fälschung und Piraterie vorzusehen. Die Prinzipien der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gelten gemäss den relevanten Bestimmungen des TRIPS-Abkommens der WTO (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an Geistigem Eigentum, SR 0.632.20, Anhang II.1C). Ausdrücklich festgehalten ist die Möglichkeit, dass die Vertragsparteien auf Verlangen einer anderen Vertragspartei Konsultationen zur Überprüfung der Abkommensbestimmungen über das Geistige Eigentum abhalten können, mit dem Ziel, das Schutzniveau zu verbessern und Handelsverzerrungen, die ihre Ursache im aktuellen Schutzregime für Geistiges Eigentum haben, zu vermeiden oder zu beseitigen. Damit verfügt die Schweiz zusätzlich zum Konsultationsmechanismus des multilateralen Streitbeilegungsverfahrens der WTO über ein zusätzliches Forum, um Probleme im Bereich des Geistigen Eigentums im direkten Kontakt mit Singapur zu diskutieren und nach adäquaten Lösungen zu suchen.

Die durch das Freihandelsabkommen geschützten Rechte an Geistigem Eigentum werden in einem Anhang präzisiert. Die Parteien bestätigen ihre Pflichten unter denjenigen internationalen Abkommen, welche die Grundpfeiler des heute international geltenden Immaterialgüterrechtsschutzes darstellen (TRIPS-Abkommen; Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert am 14. Juli 1997, SR 0.232.04; Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, revidiert am 24. Juli 1971, SR 0.231.15). Weiter verpflichten sie sich, bis am 1. Januar 2005 weiteren wichtigen internationalen Schutz- bzw. Harmonisierungsabkommen beizutreten: der Genfer Akte (1999) des Haager Abkommens betreffend die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle, dem «WIPO Copyright Treaty» (Genf, 1996) sowie dem «WIPO Performance and Phonograms Treaty» (Genf, 1996). Die Parteien erklären sich auf Verlangen einer Partei bereit, auf Expertenebene über ihre internationalen Aktivitäten, Beziehungen und Entwicklungen im Bereich
des Geistigen Eigentums Konsultationen abzuhalten.

Weiter sind im Anhang spezifische, materielle Schutzstandards bezüglich der einzelnen Immaterialgüterrechtsbereiche festgelegt. Besonders erwähnenswert sind diejenigen, die über das multilaterale Schutzniveau des TRIPS-Abkommens hinausgehen. Im Bereich Patentschutz wird das Europäische Patentübereinkommen vom 5. Oktober 1973 (EPÜ, SR 0.232.142.2) als Referenzgrösse beigezogen, welches die Ausschlussmöglichkeiten betreffend die Patentierbarkeit biotechnologischer Erfindungen enger fasst. Für Arzneimittel und Pflanzenschutzmittel, die einem amtlichen Markzulassungsverfahren unterliegen, ist ein ergänzendes Schutzzertifikat mit einer Lauffrist von bis zu fünf Jahren vorgesehen. Für Designs gilt eine fünfjährige Schutzdauer mit der Möglichkeit der zweimaligen Verlängerung um je fünf Jahre.

Der Schutz von geografischen Herkunftsangaben ist von den Vertragsparteien nicht nur für Waren, sondern auch für Dienstleistungen zu gewährleisten. Im Bereich Markenrecht verpflichten sich die Parteien, die gemeinsame Empfehlung der WIPO von 1999 zum Schutz notorischer und berühmter Marken vor dem 1. Januar 2005 umzusetzen.

6716

Die im Anhang enthaltenen Bestimmungen bezüglich der Verfahren zum Erwerb und zur Aufrechterhaltung der Rechte an Geistigem Eigentum sowie zu deren Durchsetzung orientieren sich grundsätzlich am TRIPS-Standard. Der Anhang enthält zudem eine Bestimmung über die technische Kooperation zwischen den Parteien.

Indem die Bestimmungen über den Schutz des Geistigen Eigentums im Freihandelsabkommen EFTA-Singapur in verschiedenen Punkten über den Schutzstandard des TRIPS-Abkommens und damit die WTO hinausgehen, beinhaltet das Freihandelsabkommen auch in diesem Bereich ein gegenüber dem multilateralen Regime erhöhtes Schutzniveau. Für die Schweiz, welche im internationalen Vergleich über ein sehr gut ausgebautes Schutzsystem für Geistiges Eigentum auf hohem Schutzniveau verfügt, verursachen die entsprechenden Bestimmungen des Freihandelsabkommens mit Singapur keinen Anpassungsbedarf; lediglich die Verpflichtung, dem «WIPO Copyright Treaty» (Genf, 1996) sowie dem «WIPO Performance and Phonograms Treaty» (Genf, 1996) beizutreten, muss noch umgesetzt werden. Die zur Ratifikation dieser beiden Abkommen notwendigen Gesetzgebungsarbeiten werden noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.

4.7

Weitere Bestimmungen

4.7.1

Institutionelle Bestimmungen

In Kapitel VIII (Institutionelle Bestimmungen) wird der Gemischte Ausschuss als Organ eingesetzt, welches die ordnungsgemässe Anwendung des Abkommens sicherzustellen hat (Art. 55). Nebst den Fällen, in denen das Abkommen dem Ausschuss ausdrückliche Entscheidbefugnis erteilt, hat dieser die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Vertragsparteien zu überwachen, Konsultationen zwischen den Parteien zu erleichtern (u.a. in Zusammenhang mit dem Streitbeilegungsverfahren, Ziff. 4.7.2) und die Möglichkeit von Erweiterungen und Vertiefungen der Verpflichtungen zu prüfen.

Als paritätisches Organ fasst der Ausschuss seine Beschlüsse im Konsensverfahren.

Das Einverständnis aller Parteien ist somit nötig, damit bindende Beschlüsse gefasst werden können. Weiter kann er Empfehlungen zuhanden der Vertragsparteien abgeben. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn er Abänderungen des Abkommens diskutiert, bevor diese den Vertragsparteien zur Genehmigung vorgelegt werden.

Das Abkommen gibt dem Ausschuss die Kompetenz, zusätzlich zum bereits durch das Abkommen eingesetzten Zoll-Unterausschuss (Ziff. 4.1.2) weitere Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen zu bilden, welche ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen. Die Unterausschüsse handeln aufgrund eines Mandats des gemischten Ausschusses (bzw. aufgrund des im Abkommen festgehaltenen Mandats für den erwähnten Zoll-Unterausschuss).

Die Entscheide des Ausschusses werden durch die Vertragsparteien vollzogen und müssen von diesen gemäss den jeweiligen innerstaatlichen Verfahren genehmigt werden, was auch für Abkommensänderungen gilt (Art. 69). Der Ausschuss kann jedoch selbständig Änderungen der Anhänge des Abkommens vornehmen (Art. 55, Abs. 8). Für die Schweiz folgt daraus, dass der Bundesrat zur Genehmigung von Änderungen der Anhänge befugt ist. Die Annahme dieses Abkommens durch die 6717

eidgenössischen Räte bewirkt die Einräumung einer entsprechenden Kompetenz an den Bundesrat (VPB 51/IV, S. 395 und 396). Für den Fall, dass es den Vertragsparteien nicht möglich ist, Beschlüsse des Gemischten Ausschusses unmittelbar in Kraft zu setzen, gilt ein besonderes Verfahren (Art. 55 Abs. 9).

4.7.2

Streitbeilegung

Kapitel IX (Streitbeilegung) sieht ein detailliertes Konsultations- und Streitbeilegungsverfahren vor (Art. 56­66), das ausgelöst werden kann, wenn eine Vertragspartei der Meinung ist, dass eine von einer anderen Partei ergriffene Massnahme die Verpflichtungen des Abkommens verletzt oder Vorteile beeinträchtigt, welche ihr aus der korrekten Umsetzung der Vertragsbestimmungen erwachsen würden (Art. 58 Abs. 2). Eine Meinungsverschiedenheit über eine im Abkommen geregelte Sache, die auch unter die Bestimmungen der im Rahmen der WTO abgeschlossenen Verträge fällt, darf nicht gleichzeitig dem Streitbeilegungsverfahren des Freihandelsabkommens und demjenigen der WTO unterbreitet werden. (Art. 56 Abs. 2). Das zuständige Forum muss gewählt werden, wenn das Streitbeilegungsverfahren eröffnet wird.

Die Parteien müssen formelle Konsultationen abhalten, bevor sie die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen können (Art. 58). Die Vertragsparteien, welche nicht am Streit beteiligt sind, müssen von der Partei, welche die Konsultationen verlangt, informiert werden. Diese Konsultationen werden im Gemischten Ausschuss abgehalten, ausser wenn eine Streitpartei damit nicht einverstanden ist. In diesem Fall finden die Konsultationen bilateral statt (zwischen Singapur einerseits und dem oder den betroffenen EFTA-Staaten andererseits).

Jede betroffene Partei kann die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen, wenn sie der Meinung ist, dass der Streit durch die Konsultationen nicht gelöst wurde (Art. 59). Im Unterschied zum Abkommen der EFTA-Staaten mit Mexiko ist nicht vorgesehen, dass am Streit nicht beteiligte Vertragsparteien als interessierte Parteien teilnehmen können; sie haben aber die Möglichkeit, sich einer Streitpartei anschliessen und dadurch vollberechtigt am Verfahren teilzunehmen (Art. 59 Abs. 1 und 2).

Wie bereits im Abkommen mit Mexiko wird die Wahl der Mitglieder des Schiedsgerichts dem Generaldirektor der WTO übertragen, wenn sich die Streitparteien nicht über die Zusammensetzung des Schiedsgerichts einigen können (Art. 60 Abs. 5).

Diese Aufgabe obliegt traditionellerweise dem Präsidenten des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag. Das Schiedsgericht ist gehalten, gemäss den in den Artikeln 61­63 festgehaltenen Verfahren und Fristen ein Urteil zu fällen. Dieses wird veröffentlicht, ausser wenn
die Streitparteien dies ablehnen. Das Urteil ist für die Streitparteien bindend und definitiv (Art. 65). Hält sich eine Partei nicht daran, so können ihr gegenüber im Abkommen eingeräumte Konzessionen suspendiert werden, welche den Vorteilen entsprechen, die durch die vom Schiedsgericht anerkannten abkommensverletzenden Massnahmen beeinträchtigt werden.

6718

4.7.3

Präambel, Allgemeine Bestimmungen und Schlussbestimmungen

Die Präambel hält die allgemeinen Ziele der Zusammenarbeit zwischen den Parteien in Bezug auf das Freihandelsverhältnis fest, indem dieses in den grösseren Rahmen der Beziehungen zwischen den Parteien gestellt wird. Die Parteien unterstreichen und bestätigen die Bedeutung, welche sie der Respektierung der Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und der Universellen Erklärung der Menschenrechte beimessen. Sie bekräftigen ihre Absicht, neue Arbeitsplätze zu schaffen, den Lebensstandard zu verbessern und die Umwelt gemäss den Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung zu schützen. Die Präambel übernimmt auch die in Artikel 1 des 1. Kapitels (Allgemeine Bestimmungen) festgehaltenen spezifischen Ziele, d.h. die WTO-konforme Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen, die Liberalisierung der Investitionstätigkeit und des Öffentlichen Beschaffungswesens, den angemessenen und effizienten Schutz des Geistigen Eigentums und die Förderung des Wettbewerbs.

Das Abkommen gilt im Staatsgebiet der Vertragsparteien sowie ausserhalb der Hoheitsgewässer, sofern eine Vertragspartei dort ihre Gerichtsbarkeit im Einklang mit dem internationalen Recht ausüben kann (Art. 2). Das Abkommen hat für die Rechte und Pflichten zwischen den EFTA-Staaten keine Wirkung (Art. 3).

In Bezug auf die Verpflichtung zur Transparenz müssen die Parteien einerseits ihre Gesetze, Regulierungen und allgemein anwendbaren Verwaltungs- und Gerichtsentscheide veröffentlichen oder zugänglich machen, ebenso internationale Abkommen, welche einen Einfluss auf die Umsetzung des Abkommens haben können (Art. 67).

Zu dieser allgemeinen Verpflichtung kommt die Pflicht hinzu, auf Verlangen punktuell Informationen zur Verfügung zu stellen und spezifische Fragen im Zusammenhang mit den genannten Erlassen zu beantworten. Von der Transparenz- und Informationspflicht ausgenommen sind vertrauliche Informationen.

Weitere Artikel des Kapitels X (Schlussbestimmungen) regeln Änderungen des Abkommens (Ziff. 4.7.1), die Aufnahme neuer Parteien (Art. 70), das Inkrafttreten (Ziff. 6) und die Kündigung (Ziff. 13). Depositarstaat für das Abkommen ist Norwegen (Art. 73).

5

Inhalt des bilateralen Landwirtschaftsabkommens Schweiz-Singapur

Das zwischen der Schweiz und Singapur abgeschlossene bilaterale Landwirtschaftsabkommen (Beilage 2 zu dieser Botschaft) erfasst den Handel mit bestimmten unverarbeiteten Agrarerzeugnissen. Das Abkommen ist rechtlich mit dem Freihandelsabkommen verbunden und kann keine eigenständige Rechtswirkung erlangen (Ziff. 6).

Im nichttarifären Bereich wird auf die relevanten Regeln der WTO verwiesen. Im tarifären Bereich gewährt Singapur der Schweiz vertraglich Zollfreiheit auf allen unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten (HS Kapitel 1­24, ohne diejenigen Waren, welche bereits durch das Freihandelsabkommen erfasst sind, d.h. verarbeitete Landwirtschaftsprodukte und Fisch, Ziff. 4.1). Dies entspricht auch in Bezug auf den Handel mit Agrarprodukten der vertraglichen Festschreibung des aktuell von 6719

Singapur praktizierten Regimes. Da Singapur im Agrarbereich nur sehr beschränkte Interessen hat, räumte es im Gegensatz zu anderen Verhandlungspartnern der EFTA (z.B. Mexiko) auch Zollkonzessionen für subventionierte Erzeugnisse ein und gab sich mit bescheidenen Gegenforderungen zufrieden. Die Schweiz gewährt Singapur vertraglich Zollfreiheit für Güter, bei denen der Zollansatz bereits in der WTO auf Null gebunden ist, sowie für gewisse Orchideenarten und für Kokospulver. Letztere beiden Produkte waren erstmals in den Verhandlungen mit Singapur Gegenstand von Begehren an die Schweiz. Angesichts der sehr schmalen Produktepalette Singapurs im Agrarsektor wäre ein Verhandlungsabschluss ohne diese Konzessionen nicht möglich gewesen. Bei Streitfällen kann entweder das Streitbeilegungsverfahren der WTO oder dasjenige des Freihandelsabkommens angerufen werden, welches dann rein bilateral anzuwenden ist. Das Agrarabkommen Schweiz-Singapur stellt die schweizerische Agrarpolitik nicht in Frage; auch ein allfälliger Streitbeilegungsentscheid kann die Autonomie der Agrarpolitik nicht über die geltenden multilateralen Verpflichtungen hinaus einschränken. Die für die Schweiz besonders sensiblen Bereiche Milchprodukte, Fleisch, Getreide, Futtermittel sowie pflanzliche und tierische Fette und Öle werden durch das Abkommen nicht berührt.

6

Inkrafttreten

Nach Artikel 72 des Freihandelsabkommens tritt dieses am 1. Januar 2003 für diejenigen Parteien in Kraft, welche die Ratifikationsinstrumente bis zu diesem Datum hinterlegt haben. Voraussetzung dafür ist die Annahme des Abkommens bis zu diesem Datum durch Singapur, was eine Formalität darstellt, da die Exekutive Singapurs, welche bereits der Unterzeichnung des Abkommens zugestimmt hat, auch die Ratifikation in eigener Kompetenz beschliessen kann. Ansonsten tritt das Abkommen am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Tag der Hinterlegung des Ratifikationsinstruments folgt. Soweit dies die nationalen Vorschriften zulassen, kann das Abkommen ab dem 1. Januar 2003 vorläufig angewendet werden. Das Landwirtschaftsabkommen wird gleichzeitig mit dem Freihandelsabkommen in Kraft treten und so lange wirksam bleiben, als die Schweiz und Singapur Parteien des Freihandelsabkommens sind.

7

Finanzielle und personelle Auswirkungen für den Staat

Bei gesamten Zolleinnahmen auf den Importen aus Singapur von ca. 1 Million Franken (2001) ist mit jährlichen Zollausfällen von rund 0,7 Millionen Franken zu rechnen (Ziff. 4.1.1). Diese fallen bei den Industrieprodukten und bei der Industriekomponente verarbeiteter Landwirtschaftsprodukte an. Die finanziellen Auswirkungen halten sich somit in engen Grenzen und sind in Beziehung zu den positiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen zu setzen (Ziff. 8).

Die Abkommen mit Singapur haben für die Kantone und Gemeinden keine finanziellen Auswirkungen. Personelle Auswirkungen und Auswirkungen auf die Informatik sind weder beim Bund noch bei den Kantonen und Gemeinden zu erwarten.

6720

8

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Die Bedeutung des Freihandelsabkommens mit Singapur besteht in erster Linie in der umfassenden vertraglichen Absicherung der Gesamtheit unserer Wirtschaftsbeziehungen mit Singapur und der sich daraus ergebenden Stabilität und Vorhersehbarkeit der Rahmenbedingungen für die Wirtschaftssubjekte. Die staatsvertragliche Garantie der Zollfreiheit für sämtliche Exporte nach Singapur (Industriewaren, verarbeitete und unverarbeitete Landwirtschaftsprodukte), des diskriminierungsfreien Marktzugangs zu einer breiten Palette von Dienstleistungssektoren sowie des Investitionsschutzes vor und nach der Niederlassung verstärkt die Rechtssicherheit für unsere Unternehmen im Verhältnis zu Singapur erheblich. Das Abkommen schafft zudem die Voraussetzungen dafür, dass die Schweizer Wirtschaft auf dem Markt Singapurs gegenüber anderen ­ auch künftigen ­ Freihandelspartnern dieses Staates nicht diskriminiert wird (Ziff. 2). Beides begünstigt den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit Singapur, welches wegen seiner Drehscheibenfunktion für ganz Südostasien und darüber hinaus ein besonders interessanter Markt ist. Auch wenn sich die entfallende Zollbelastung auf Einfuhren aus Singapur angesichts des schon heute tiefen Zollniveaus in Grenzen hält (Ziff. 7), werden die Konsumenten in der Schweiz sowie die Unternehmen unseres Landes, welche Vorprodukte aus Singapur einführen, entsprechend entlastet. Aus all diesen Elementen resultiert eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz.

9

Legislaturplanung

Die Abkommen mit Singapur entsprechen dem Inhalt von Ziel 3 «Einsatz zu Gunsten einer offenen und nachhaltigen Weltwirtschaftsordnung» des Berichtes über die Legislaturplanung 1999­2003 (BBl 2000 2276). Die Vorlagen konnten in der Legislaturplanung 1999­2003 nicht explizit angekündigt werden, weil die Minister der EFTA-Staaten erst nach Beginn der laufenden Legislatur beschlossen hatten, Freihandelsverhandlungen mit Singapur ins Auge zu fassen (Ziff. 3). Damit die Abkommen für die Schweiz am 1. Januar 2003, dem im Freihandelsabkommen vereinbarten Termin für die Inkraftsetzung (Ziff. 6), Gültigkeit erlangen können, unterbreitet der Bundesrat die im Juni 2002 unterzeichneten Abkommen noch im selben Jahr den eidgenössischen Räten zur Genehmigung.

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10

Bezug zur WTO und Verhältnis zum europäischen Recht

Sowohl die Schweiz als auch die übrigen EFTA-Staaten und Singapur gehören der Welthandelsorganisation (WTO) an und sind der Auffassung, dass die vorliegenden Abkommen in Einklang mit den WTO-Verpflichtungen stehen, welche für derartige präferenzielle Abkommen eine Derogation von der Meistbegünstigungspflicht vorsehen, d.h. die gegenseitig eingeräumten Handelsvorteile müssen nicht an die übrigen WTO-Mitglieder weitergegeben werden. Freihandelsabkommen unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe (Verfahren nach Art. XXIV GATT und Art. V GATS). Sie können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens der WTO sein, was bisher bei keinem Freihandelsabkommen der Fall war, welches die Schweiz abgeschlossen hat.

Der Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittstaaten steht mit dem europäischen Wirtschaftsrecht und mit den Zielen unserer europäischen Integrationspolitik nicht in Widerspruch. Namentlich tangiert das Abkommen mit Singapur weder Vorschriften des europäischen Rechts noch die bilateralen Verträge Schweiz-EU oder Rechte und Pflichten gegenüber den anderen EFTA-Staaten (Ziff. 4.7.3). Dies zeigt sich auch daran, dass die Mitgliedschaft unserer EFTA-Partner im EWR kein Hindernis für die Teilnahme an früheren und am vorliegenden Freihandelsabkommen darstellt. Das Abkommen reiht sich ein in den Kreis der nunmehr 19 Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten, die alle auf eine präferenzielle gegenseitige Marktöffnung (neuerdings auch in Bereichen ausserhalb des Warenverkehrs) im Rahmen des von der WTO vorgegebenen Spielraums abzielen. Auch die EU ist in ihren Abkommen mit zahlreichen Drittstaaten diesem Ansatz verpflichtet und baut ihr ausgedehntes Netz von Freihandelsabkommen inhaltlich und geografisch weiter aus.

11

Geltung für das Fürstentum Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Unterzeichnerstaat des Freihandelsabkommens mit Singapur. Auf Grund des Vertrags vom 29. März 1923 zwischen der Schweiz und Liechtenstein (SR 0.631.112.514) wendet die Schweiz die im Freihandelsabkommen enthaltenen Bestimmungen über den Warenverkehr auch auf Liechtenstein an. Auf Grund desselben Vertrags gilt das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Singapur auch für das Fürstentum Liechtenstein.

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Veröffentlichung der Anhänge zum Freihandelsabkommen EFTA-Singapur

Die Anhänge zum Freihandelsabkommen umfassen mehrere hundert Seiten. Es handelt sich zur Hauptsache um Bestimmungen technischer Natur. Sie können beim Bundesamt für Bauten und Logistik bezogen werden und sind auf der Internet-Seite des EFTA-Sekretariats verfügbar.1 Nach den Artikeln 4 Absatz 1 und 14 Absatz 4 des Publikationsgesetzes vom 21. März 1986 (SR 170.512) kann die Veröffentlichung auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Ausgenommen sind Anhang I über die Ursprungsregeln und die Methoden der Verwaltungszusammenarbeit, welcher die für die präferenzielle Zollbehandlung massgebenden Ursprungsregeln enthält, die Anhänge VIII und IX (Finanzdienstleistungen bzw.

Telekommunikationsdienstleistungen), welche spezielle Grundregeln und Ausnahmen für diese beiden Sektoren enthalten, sowie die für die Schweiz relevanten Negativlisten zur Nichtdiskriminierungspflicht des Investitionskapitels in Anhang XI.

Die genannten Anhänge werden zusammen mit dem Freihandelsabkommen im Bundesblatt und in der AS veröffentlicht.

13

Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV) sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Das vorliegende Freihandelsabkommen kann unter Einhaltung einer Vorankündigungsfrist von sechs Monaten jederzeit gekündigt werden (Art. 71). Das bilaterale Landwirtschaftsabkommen enthält zwar keine Kündigungsklausel, doch bildet es mit dem Freihandelsabkommen eine Einheit und ist somit mit diesem zusammen kündbar (vgl. hierzu auch Art. 56 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969; SR 0.111). Es liegt weder ein Beitritt zu einer internationalen Organisation noch eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung vor. Der dem Parlament zur Genehmigung unterbreitete Bundesbeschluss unterliegt somit nicht dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz1 Buchstabe d BV.

1

http://secretariat.efta.int/library/legal/fta/singapore/

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