zu 01.3268 Bericht des Bundesrates über Möglichkeiten und Grenzen von freiwilligen Auslandeinsätzen im Rahmen der zivilen Friedensförderung (in Erfüllung des Postulats der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates «Ziviler Friedensdienst» vom 28. Mai 2001) vom 23. Oktober 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen den Bericht über Möglichkeiten und Grenzen von freiwilligen Auslandeinsätzen im Rahmen der zivilen Friedensförderung mit dem Antrag, davon Kenntnis zu nehmen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. Oktober 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2002-1691

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Übersicht Die zivile Friedensförderung hat sich im letzten Jahrzehnt beträchtlich weiter entwickelt. Friedensfördernde Akteure auf nationaler wie internationaler Ebene haben die konzeptionellen Grundlagen ihrer Arbeit, ihre Methoden und Instrumente den veränderten internationalen Rahmenbedingungen und den Herausforderungen heutiger Gewaltkonflikte angepasst. Auch die wichtigen multilateralen Akteure, etwa die United Nations Organisation (UNO) und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), haben ihr krisenpräventives Instrumentarium in den 90er Jahren stark erweitert. Dabei haben zivile Aspekte im Rahmen von umfassenden friedensfördernden Missionen stark an Bedeutung gewonnen. Partnerschaften mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sind zu einem zentralen Bestandteil derartiger Missionen geworden.

Auch der Bundesrat hat seine zivile Friedensförderung in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut. Im Dezember 2000 entschied er, den Schweizerischen Expertenpool für zivile Friedensförderung (SEF) ins Leben zu rufen. Er schuf damit eine solide Grundlage, die der Politischen Direktion des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ermöglicht, Entsendungen von Expertinnen und Experten weiter zu verbessern und den SEF schrittweise zu einem leistungsfähigen Instrument der zivilen Friedensförderung auszubauen.

Der SEF wurde aufgrund einer Analyse der Bedürfnisse wichtiger Partnerorganisationen wie der UNO oder der OSZE konzipiert. Die Erfahrungen, welche die Politische Direktion mit der Entsendung von Schweizerinnen und Schweizern in Missionen dieser Organisationen seit Bestehen des SEF gemacht hat, sind sehr positiv.

Trotzdem ist der Bundesrat weiterhin bemüht, die Vorbereitung, Begleitung und Auswertung seiner Personalentsendungen zu verbessern und dadurch die Qualität der Schweizer Expertinnen und Experten zu erhöhen. Wie bisher wird er sich dabei an der Maxime «Qualität vor Quantität» orientieren. Diese Maxime drängt sich auch deshalb auf, weil die Einsatzmöglichkeiten im Rahmen von multilateralen, zivilen Friedensmissionen zahlenmässig beschränkt sind.

Für Schweizerinnen und Schweizer, die sich im Rahmen eines zivilen, friedensfördernden Einsatzes engagieren wollen, steht nicht nur der SEF zur Verfügung.

Für Zivildienstleistende kommt zudem die
Möglichkeit eines Auslandeinsatzes im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe in Frage. 5­ 6 Prozent der jährlich absolvierten Zivildiensttage werden in diesem Bereich geleistet. Diese Einsätze stellen erhöhte Anforderungen an die Zivildienstleistenden.

Daran wird sich grundsätzlich auch in Zukunft nichts ändern, auch wenn die Rahmenbedingungen für Auslandeinsätze im Rahmen der Revision des Zivildienstgesetzes verbessert werden sollen.

Der Bundesrat beteiligt sich ausserdem aktiv an den Programmen für Junior Professional Officers (JPO) und United Nations Volunteers (UNV) der UNO. Diese Programme bieten relativ niederschwellige Einstiegsmöglichkeiten für junge Menschen, die sich für eine Laufbahn in der internationalen Zusammenarbeit interessieren.

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Die Bereitschaft junger Schweizerinnen und Schweizer, sich für den Frieden in der Welt einzusetzen, lässt sich nur annäherungsweise messen. Die verfügbaren Daten weisen darauf hin, dass zwischen ideeller Grundhaltung und tatsächlicher Bereitschaft zu einem Auslandeinsatz ein nicht unerheblicher Unterschied zu bestehen scheint. Aufgrund einer nichtrepräsentativen Umfrage lässt sich gleichwohl sagen, dass die Zahl derjenigen jungen Menschen, die sich bei Nichtregierungsorganisationen (NGOs) nach Arbeitseinsätzen im Ausland erkundigen, bedeutend höher ist als die Zahl der vorhandenen Einsatzmöglichkeiten.

Mit Ausnahme der Bundesrepublik Deutschland unterhält keines der im Rahmen dieses Berichts untersuchten Länder einen staatlich unterstützten, zivilen Friedensdienst. Das Ziel des deutschen Friedensdienstes besteht darin, die Entsendung von hoch qualifizierten und erfahrenen Friedensfachkräften, die mehrheitlich im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zum Einsatz gelangen, zu professionalisieren. Der zivile Friedensdienst wurde in Deutschland im Jahre 1999 eingeführt.

Es ist deshalb noch zu früh, um die Erfahrungen mit diesem Dienst zu beurteilen und Bilanz zu ziehen.

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Bericht 1

Einleitung

Anlässlich der Behandlung der Volksinitiative «Solidarität schafft Sicherheit. Für einen freiwilligen zivilen Friedensdienst (00.059)» formulierte die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates am 28. Mai 2001 das Postulat «ziviler Friedensdienst» (01.3268). Der Bundesrat wird darin aufgefordert, einen ausführlichen Bericht vorzulegen über: ­

den Zivildienst, wie er gegenwärtig funktioniert, namentlich über allfällige Einsätze im Ausland;

­

die Anzahl Friedensexperten, die Wählbarkeitskriterien wie auch über ihre Vorgehensweise und die von ihnen erzielten Ergebnisse;

­

die Bereitschaft der jungen Leute in der Schweiz, sich für den Frieden in der Welt einzusetzen;

­

die gegenwärtigen Möglichkeiten, eine allfällige Einsatzbereitschaft namentlich im Rahmen von Nichtregierungsorganisationen in die Tat umzusetzen;

­

die Koordination zwischen staatlich und privat organisierten Aktivitäten;

­

die mit den Instrumenten in ihrem Gesamtzusammenhang verfolgten politisch-strategischen Ziele und Schwergewichte;

­

Konzepte des zivilen Friedensdienstes in anderen Staaten, besonders in den Nachbarstaaten.

Der vorliegende Bericht wurde vom EDA, in enger Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Justiz und Polizeidepartement (EJPD), dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) und dem Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) erarbeitet. Miteinbezogen wurden auch verschiedene im Bereich der zivilen Friedensförderung engagierte NGOs. Der Bericht basiert auf Ergebnissen einer Umfrage, die mittels eines schriftlichen Fragebogens durchgeführt wurde, sowie auf ausführlichen Befragungen der beteiligten Akteure.

Der Bericht geht von folgenden Annahmen und Begriffsbestimmungen aus: ­

Der Ort der friedensfördernden Aktivitäten: Da das Postulat implizit auf Anstrengungen im Ausland abzielt, wird nur auf Personaleinsätze ausserhalb der Schweiz eingegangen.

­

Die Akteure: Im Postulat sind die zu untersuchenden Akteure nicht explizit definiert. Im Bericht wurde ein Schwergewicht auf Akteure des Bundes gelegt sowie auf wichtige NGOs, die sich im Bereich der zivilen Friedensförderung engagieren.

­

Ziviler Friedensdienst: Der Begriff und das Konzept eines zivilen Friedensdienstes wurde in Deutschland im Jahre 1991 von nichtstaatlicher Seite entworfen und zur Diskussion gestellt. Ähnliche Diskussionen wie in Deutschland wurden später auch in zahlreichen anderen Staaten geführt. Die Diskussionen in den verschiedenen Staaten unterschieden sich teilweise

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jedoch beträchtlich, was die Anliegen und Vorstellungen anbelangt, die mit dem Konzept eines zivilen Friedensdienstes in Verbindung gebracht werden.

Ein ziviler Friedensdienst im Sinne einer staatlich-nichtstaatlichen Partnerschaft gibt es bis heute nur in Deutschland. In verschiedenen anderen Staaten haben die einschlägigen Diskussionen jedoch dazu beigetragen, dass staatliche Entsendestrukturen weiterentwickelt und professionalisiert wurden.

In Anlehnung an die deutsche Praxis werden heute unter dem Begriff des zivilen Friedensdienstes meistens freiwillige, zivile Einsätze subsumiert, die mit oder ohne staatliche Unterstützung im In- oder Ausland geleistet und von NGOs betreut werden. Bei Auslandeinsätzen handelt es sich in der Regel um Einsätze in den Bereichen der zivilen Friedensförderung oder der Entwicklungszusammenarbeit. Häufig stehen diese Einsätze in einem engen Zusammenhang mit Ausbildungsangeboten. In gewissen Staaten ist der zivile Friedensdienst mit dem militärischen Ersatzdienst gekoppelt. Dadurch besteht die Möglichkeit, die militärische Dienstpflicht im Rahmen von Einsätzen in einem zivilen Friedensdienst als Ersatzdienstzeit anrechnen zu lassen.

Das internationale Umfeld, in dem sich die zivilen friedensfördernden Akteure bewegen, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Sowohl die multilateralen Akteure, insbesondere die UNO und die OSZE, aber auch die NGOs haben ihre operationellen Kapazitäten und damit auch ihre Strukturen für Personalentsendungen ins Ausland ausgebaut und professionalisiert. Diese Professionalisierung drängte sich angesichts der veränderten internationalen Rahmenbedingungen und der neuen Herausforderungen, die sich für zivile friedensfördernde Akteure dadurch stellen, gleichsam auf. Sie ging mit der Erkenntnis einher, dass es sinnvoll und manchmal auch notwendig sein kann, verschiedene ­ staatliche und nichtstaatliche Ansätze der zivilen Friedensförderung mit ihren jeweils unterschiedlichen Methoden und Instrumenten komplementär einzusetzen. Insbesondere die UNO und die OSZE haben sich in den letzten Jahren intensiv um einen stärkeren Einbezug nichtstaatlicher Organisationen in ihren Feldmissionen bemüht.

2

Ausführungen zu Punkt 1: «der Zivildienst, wie er gegenwärtig funktioniert, namentlich allfällige Einsätze im Ausland»

2.1

Die Zahl der Zivildienstleistenden im Auslandeinsatz und im Bereich der «Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe» im Allgemeinen

Wer zum Zivildienst zugelassen wurde, wird anlässlich eines Informationstages in diesen Dienst eingeführt und auf die Einsätze vorbereitet. Die Zivildienstpflichtigen wählen und planen ihre Einsätze selbst. Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben sind sie bezüglich Art, Dauer und Zeitpunkt des Einsatzes frei. Dadurch wird eine hohe Motivation der Zivildienstpflichtigen erreicht. Die Einsätze werden in anerkannten Einsatzbetrieben in acht Tätigkeitsbereichen geleistet, die vom Gesetz vorgegeben sind: Gesundheitswesen, Sozialwesen, Kulturgütererhaltung, Forschung, Umwelt-

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und Naturschutz, Landschaftspflege, Forstwesen, Landwirtschaft, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, Einsätze der Katastrophenhilfe.

Anzahl Diensttage nach Tätigkeitsgebieten (2001) Tätigkeitsbereich

Anzahl Diensttage

Gesundheitswesen Sozialwesen Kulturgütererhaltung/Forschung Umwelt/Naturschutz/Landschaftspflege Forstwesen Landwirtschaft Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe

20 024 127 252 20 802 28 308 1 158 6 969 12 319

Total

216 832

In den ersten fünf Jahren des Bestehens des zivilen Ersatzdienstes wurden im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe 225 Zivildiensteinsätze in 49 Betrieben absolviert und insgesamt 27 965 Diensttage geleistet.

Im vergangenen Jahr waren 118 derartige Einsätze zu verzeichnen, wovon 60 im Ausland geleistet wurden. Die Mehrzahl der Dienstleistenden, die sich im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit engagierten, arbeiteten in den Themenbereichen soziale Entwicklung, insbesondere Gesundheit und Bildung, sowie in den Bereichen der Arbeit und Entwicklung, insbesondere der Förderung von Handwerk und von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).

Anzahl Zivildiensteinsätze im In- und Ausland (2000 und 2001) Jahr

Anzahl Einsätze insgesamt

Anzahl Einsätze im Ausland

2000 2001

2466 2750

50 74

Anzahl Zivildiensteinsätze im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe im In- und Ausland (2000 und 2001) Jahr

Anzahl Einsätze im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe

Davon im Ausland

2000 2001

91 118

39 60

Die 9 bzw. 13 Zivildienstleistenden, die einen Auslandeinsatz ausserhalb des Bereichs der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe geleistet haben, wurden vor allem in den Bereichen Forschung, Umwelt und Soziales eingesetzt. Innerhalb der Auslandeinsätze entfielen damit in den Jahren 2000 und 2001 80 Prozent auf den Bereich Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe.

8132

2.2

Anforderungsprofil an Zivildienstleistende im Auslandeinsatz und bisherige Erfahrungen

Anforderungsprofil Auslandeinsätze stellen hohe Anforderungen an die im Einsatz stehenden Personen, und es muss sichergestellt sein, dass die Einsätze den Zielen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe tatsächlich entsprechen. Deshalb kann auch nur eine beschränkte Anzahl von zivildienstleistenden Personen in diesem Tätigkeitsbereich zum Einsatz kommen. In Artikel 7 des Bundesgesetzes über den zivilen Ersatzdienst und in Artikel 10­14 der Verordnung über den zivilen Ersatzdienst sind die Bedingungen für Auslandeinsätze festgelegt. Die Verordnung sieht einerseits vor, dass die zivildienstleistende Person bezüglich der geplanten Tätigkeit im Ausland über eine gewisse Vorbildung (mehrere Studienjahre, abgeschlossene Berufslehre oder langjährige praktische Erfahrung) oder über entsprechende Kenntnisse (vertiefte Kenntnisse des Ziellandes oder vergleichbarer Länder) verfügt (Art. 10 der Verordnung). Andererseits müssen die Projekte, in denen der Einsatz erfolgen soll, von fachkundigen Amtsstellen begutachtet werden. Im Falle der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe ist dies die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), die unter anderem prüft, ob die Einsätze mit den Zielen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe übereinstimmen, ob der Einsatzbetrieb die Zielerreichung gewährleisten kann, ob Kontrollen möglich sind und ob der Zivildienstleistende einem erhöhten Risiko ausgesetzt sein könnte (Art. 11 der Verordnung).

Auslandeinsätze sind in der Regel länger als Einsätze im Inland, was dem Bedürfnis der Einsatzbetriebe entspricht und die erhöhten Kosten für Vorbereitung und Reise aufwiegt. Im Jahre 2000 dauerte ein Einsatz im Inland im Mittel 100 Tage, im Ausland durchschnittlich rund 185 Tage.

Bisherige Erfahrungen Die Bilanz der Auslandeinsätze in den letzten fünf Jahren war überwiegend positiv, was auch die befragten NGOs mit Zivildiensteinsätzen bestätigen. Dies ist unter anderem auf die hohen Anforderungen an die Zivildienstleistenden und die Einsatzbetriebe zurückzuführen. Aufgrund dieser Anforderungen liegt auch der Alterdurchschnitt von im Ausland eingesetzten Zivildienstleistenden über dem Mittel aller Zivildienstleistenden.

Was die geografische Streuung der Auslandeinsätze anbelangt, so erfolgten die meisten
dieser Einsätze in Afrika, gefolgt von Lateinamerika und Südosteuropa. In den vergangenen Jahren haben Zivildienstleistende im Rahmen solcher Einsätze verantwortungsvolle Aufgaben wahrgenommen, beispielsweise als Projektmitarbeiter, Administratoren oder Logistiker. Mit der Entsendung in verantwortungsvolle Positionen wurde dem Kriterium «wirkungsorientierte Einsätze» bestmöglich Rechnung getragen.

Von den Organisationen, welche die DEZA gemäss der Verordnung über den zivilen Ersatzdienst in den letzten Jahren auf ihre Eignung als Einsatzbetriebe geprüft hat, entfielen rund 75 Prozent auf NGOs und 25 Prozent auf öffentliche Institutionen, einschliesslich der DEZA selbst.

8133

Zukunftsperspektiven Auch in Zukunft werden in der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe vor allem erfahrene Berufsleute benötigt, die für längere Einsätze verfügbar sind. Mit der Änderung des Bundesgesetzes über den zivilen Ersatzdienst gemäss der Botschaft des Bundesrates vom 21. September 2001 werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass solche Einsätze trotz der Herabsetzung der Altersgrenze der Dienstpflicht gewährleistet werden können. Bisherige einschränkende Formulierungen bezüglich Einsätze im Ausland sollen wegfallen. Zivildienstpflichtige Personen, welche Einsätze im Ausland leisten, können sich zu längeren Dienstleistungen verpflichten (Art. 8 Gesetzesentwurf), und bei Bedarf können zivildienstpflichtige Personen, insbesondere im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen, mit ihrer Einwilligung längstens zwölf Jahre nach dem Erreichen der ordentlichen Altersgrenze entlassen werden (Art. 11 Gesetzesentwurf). Die hohen Anforderungen an Zivildiensteinsätze im Ausland werden jedoch auch in Zukunft bestehen bleiben. Dies ist erforderlich, um dem gesetzlichen Auftrag nach einem im öffentlichen Interesse liegenden, wirkungsvollen und mit der schweizerischen Sicherheits-, Aussen- und Entwicklungspolitik im Einklang stehenden Vollzugs des Zivildienstes nachzukommen. Mit der Revision des Zivildienstgesetzes soll der Zivildienst künftig explizit auch Beiträge leisten, um friedensfähige Strukturen aufzubauen und Gewaltpotenziale zu reduzieren (Art. 3a Abs. 1a Gesetzesentwurf). Als Erweiterung des Einsatzangebotes sieht der Zivildienst auch die Möglichkeit von Einsätzen zivildienstleistender Personen im schweizerischen Expertenpool für zivile Friedensförderung vor.

3

Ausführungen zu Punkt 2: «die Anzahl Friedensexperten, die Wählbarkeitskriterien wie auch ihre Vorgehensweise und die von ihnen erzielten Ergebnisse»

Im Folgenden wird ausschliesslich auf staatliche Akteure eingegangen, welche Personen im Rahmen von zivilen, friedensfördernden Einsätzen ins Ausland entsenden.

Einsätze im Rahmen des Zivildienstes wurden bereits behandelt und sind deshalb ausgeklammert. Nichtstaatliche Entsendestrukturen werden in Ziffer 5 dargestellt.

3.1

Schweizerischer Expertenpool für zivile Friedensförderung (SEF)

3.1.1

Friedensexpertinnen und -experten des SEF

Die Politische Direktion hat mit der Schaffung des SEF einen wichtigen Schritt in Richtung einer effizienten Planung, Durchführung und Betreuung von Auslandeinsätzen und einer Ausbildung der Expertinnen und Experten getan. Der SEF trägt generell zu einer stärkeren Präsenz der Schweiz in der internationalen Friedensförderung bei. Während der vergangenen Jahre hat die Politische Direktion rund einen Drittel der Mittel, die ihr für die zivile Friedensförderung zur Verfügung standen, für Experteneinsätze aufgewendet. Im Jahre 2001 betrug dieser Anteil rund 13 Millionen Franken.

8134

Pool- und Entsendestatistik Von 473 Personen im Jahre 1998 stieg der Bestand des SEF Ende 2001 auf 582 Personen. Hiervon wurden 88 durch die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) und 59 durch das Bundesamt für Polizei (BAP) rekrutiert. Dabei handelt es sich in erster Linie um Zivilpolizeibeobachterinnen und -beobachter (CIVPOL), die von der EZV und vom BAP betreut werden. Die EZV rekrutiert und betreut darüber hinaus noch Zollexpertinnen und -experten. Kosten, welche im Zusammenhang mit der Entsendung von CIVPOL und Zollexpertinnen und -experten entstehen, werden von der Politischen Direktion getragen. Insgesamt gelangten im Jahr 2001 213 Mitglieder des SEF zum Einsatz.

Anzahl Einsätze von Mitgliedern des SEF (1994­2001) Jahr

Anzahl Experten im ständigen Einsatz

Anzahl Zielländer

1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001

40* 45* 60* 60* 50* 70* 75* 80*

10 13 9 9 11 19 20 23

* gerundete Werte

83 Prozent aller SEF-Angehörigen besitzen einen Hochschulabschluss, ausgeschlossen davon sind die von der EZV und vom BAP betreuten Expertinnen und Experten.

Die verbleibenden 17 Prozent verfügen über Erfahrungen, die für einen Einsatz im Bereich der zivilen Friedensförderung relevant sind. In der Praxis hat sich gezeigt, dass von den effektiv eingesetzten Expertinnen und Experten 95 Prozent einen Universitätsabschluss besitzen, ausgeschlossen von dieser Statistik sind wiederum die von der EZV und vom BAP betreuten Fachkräfte. Diese hohe Akademikerquote ergibt sich auf Grund der anspruchsvollen Anforderungsprofile, welche die Einsatzorganisationen verlangen.

Die durchschnittliche Einsatzdauer stieg zwischen 1998 und 2001 von anfänglich rund 90 Tagen auf 130 Tage, was zeigt, dass die Expertinnen und Experten zunehmend im Rahmen von langfristigen Projekten eingesetzt werden. Demgegenüber ging die Zahl der kurzfristigen Einsätze, beispielsweise im Rahmen von Wahlbeobachtungen, während der vergangenen Jahre eher zurück. Die Expertinnen und Experten der EZV und des BAP haben bezüglich ihrer durchschnittlichen Einsatzdauer leicht abweichende Kennzahlen: Ihre Einsatzdauer lag in der Vergangenheit bei durchschnittlich rund neun Monaten.

In diesem Zusammenhang ist auf eine Besonderheit hinsichtlich der Schweizer CIVPOL hinzuweisen. Diese Spezialisten, die in der Regel aus den kantonalen und städtischen Polizeikorps und dem Grenzwachtkorps rekrutiert werden, sind international sehr gefragt. Der grosse Bedarf an erfahrenen Polizistinnen und Polizisten sowie Polizeiinstruktoren und Angehörigen des Grenzwachtkorps dürfte in den

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kommenden Jahren noch zunehmen. Trotz dieses grossen Bedarfs konnte der Bundesrat bisher im günstigsten Fall jeweils zwanzig Schweizer CIVPOL gleichzeitig einsetzen. Der Grund für diese tiefe Zahl liegt darin, dass die kantonalen und städtischen Polizeikorps und das Grenzwachtkorps auf Grund ihrer Ressourcen nur beschränkt in der Lage oder bereit sind, erfahrenes Personal für einen Auslandeinsatz frei zu stellen.

In den vergangenen Jahren gelangten die meisten Expertinnen und Experten aus dem SEF im Rahmen von Friedensmissionen der OSZE zum Einsatz. Im Jahre 2000 hatte die OSZE gesamthaft rund 875 derartiger Stellen zu besetzen, im Jahre 2001 betrug diese Zahl 968. Diese Stellen werden nicht auf dem freien Arbeitsmarkt ausgeschrieben; die Aussenministerien der OSZE-Mitgliedstaaten werden vielmehr eingeladen, geeignete Kandidaturen zu unterbreiten.

Entsendemodalitäten und Einsatzorganisationen In der Regel werden die vom SEF betreuten Schweizer Friedensexpertinnen und -experten im Rahmen so genannter Sekundierungen («secondments») entsandt.

Dieser Anstellungsmodus sieht vor, dass die Fachleute der Einsatzorganisation zur Verfügung gestellt, aber vom EDA entlöhnt und logistisch betreut werden.

Im Gegensatz zur OSZE rekrutiert die UNO ihre Expertinnen und Experten im Rahmen von öffentlichen Ausschreibungen und auf Grund von individuellen Bewerbungen. Auch die Entlöhnung und Betreuung erfolgt gemäss den Richtlinien der UNO.

Sekundierungen sind im Rahmen der UNO in der Regel nicht möglich. Die Politische Direktion versucht nach Möglichkeit jedoch, Bewerbungen von Schweizerinnen und Schweizern für einen Posten bei den Vereinten Nationen mit politischen Mitteln zu unterstützen. Zur Zeit arbeiten rund 170 Schweizerinnen und Schweizer im UNO-System.

Rund die Hälfte aller im Jahre 2001 entsendeten Schweizer Expertinnen und Experten wurde der OSZE zur Verfügung gestellt. 21 Prozent wurden an die UNO vermittelt, wovon nahezu alle als CIVPOL oder Zollexpertinnen und ­experten zum Einsatz gelangten. 9 Prozent wurden zur Verstärkung der Temporary International Presence in the City of Hebron (TIPH) entsendet. Die verbleibenden 20 Prozent leisteten ihre Einsätze innerhalb anderer internationaler Organisationen oder Strukturen, beispielsweise des Stabilitätspakts für Südosteuropa, der Europäischen Union (EU),
des Europarats oder des Büros des Hohen Vertreters für Bosnien und Herzegowina (OHR).

Bei der Besetzung von Posten, welche einer zivilen Organisation dienen, aber auf Grund ihres besonderen Profils Personen mit militärischer Erfahrung ­ etwa Militärbeobachter ­ erfordern, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem EDA und dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) nötig.

8136

3.1.2

Auswahl, Ausbildung und Einsatz von Mitgliedern des SEF

Auswahl und Rekrutierung Seit der Schaffung des SEF ist die Zahl jener, die sich für eine Aufnahme in den Pool interessieren, gleichbleibend hoch. Aufgrund der geltenden Zulassungskriterien können nur rund 40 Prozent der eingehenden Bewerbungen berücksichtigt werden.

Von den Interessenten, die aufgrund der Bewerbungsunterlagen eingeladen und im Rahmen eines Rekrutierungsverfahrens umfassend geprüft und evaluiert werden, erfüllen durchschnittlich rund 60 Prozent die Aufnahmekriterien. Auch die Zahl derjenigen Interessenten, die sich direkt bei der EZV oder beim BAP nach der Möglichkeit von Auslandeinsätzen erkundigen, ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Bei den Interessenten handelt es sich mehrheitlich um junge Menschen unter 30 Jahren.

Das Anforderungsprofil für SEF-Mitglieder richtet sich weitgehend nach den Bedürfnissen der Einsatzorganisationen, d.h. vor allem der OSZE und der UNO. In den letzten Jahren sind die Anforderungen, die diese internationalen Organisationen an ihre Mitarbeitenden stellen, ständig gestiegen. Gesucht werden heute primär kompetente Berater, die in der Lage sind, lokale Kräfte im Einsatzgebiet auszubilden und zu beraten. In zahlreichen europäischen Staaten wurden in den letzten Jahren qualifizierte Personalpools aufgebaut, um die hierfür notwendigen Fachkräfte bereitstellen zu können. Das EDA hat sich vor dem Aufbau des SEF über die Poolmodelle in anderen Ländern informiert und im Gespräch mit den betreffenden Staaten und Einsatzorganisationen sichergestellt, dass die schweizerische Poollösung bestehende Strukturen ergänzt und den geforderten Standards entspricht.

Im Jahre 2001 entwickelte die Politische Direktion zusammen mit einer Personalberatungsfirma ein Konzept, das als Grundlage für das Rekrutierungsverfahren in den SEF dient. In diesem Konzept sind einerseits die beruflichen und persönlichen Eigenschaften definiert, die SEF-Mitglieder mitbringen müssen. Andererseits wurde ein methodologisches Vorgehen festgelegt, mit dem sich diese Eigenschaften ermitteln lassen. Gemäss diesem Konzept wird neben den Fachkenntnissen besonderes Gewicht auf relevante (Ausland-)Berufserfahrung und Sprachkenntnisse gelegt. Von grösster Bedeutung ist auch die Persönlichkeitsstruktur der Kandidatinnen und Kandidaten.

Die Hauptgründe für negative Aufnahmeentscheide lagen bisher
meistens darin, dass die Interessenten über keine ausreichende Berufserfahrung verfügten oder ungenügende Sprachkenntnisse oder Sozialkompetenzen auswiesen.

Mit dem SEF hat das EDA ein leistungsfähiges, bedarfsorientiertes Instrument geschaffen. Eine speziell konzipierte Datenbank ermöglicht es, eingehende Stellenprofile schnell und zuverlässig mit den Expertenprofilen im SEF abzugleichen. Im Vergleich zu früher ist das EDA heute in der Lage, auf die meisten der eingehenden Stellenausschreibungen zu reagieren und qualifizierte Dossiers von Schweizer Expertinnen und Experten einzureichen. Aufgrund der Qualität der Dossiers kommen Schweizerinnen und Schweizer im Gegensatz zu früher vermehrt auch für verantwortungsvolle Funktionen und Kaderpositionen in Frage, etwa in den Bereichen Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechtsbeobachtung, Medien oder im Management.

8137

Aus- und Weiterbildung der SEF-Mitglieder Im Jahre 2001 führte die Politische Direktion erstmals einen zweiwöchigen Einführungskurs für SEF-Angehörige durch, der in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Humanitäre Hilfe und Schweizerisches Korps für humanitäre Hilfe (SKH) der DEZA und der Abteilung Friedenserhaltende Operationen des VBS organisiert worden war. Unter der Leitung von erfahrenen in- und ausländischen Experten und Ausbildungsspezialisten konnten sich 24 Mitglieder des SEF in Bereichen wie Konfliktanalyse, Friedensförderung, Menschenrechten, Regeln und Prinzipien des humanitären Völkerrechts, Rechtsstaatlichkeit oder Demokratisierung weiterbilden, sich mit der Funktionsweise von internationalen Organisationen sowie Verhandlungs- und Mediationstechniken vertraut machen und sich mit Themen wie interkulturelle Kommunikation, Teamführung, Stressmanagement oder Minenschutz auseinandersetzen. Ein wichtiger Bestandteil des Kurses bestand darin, anhand realitätsnaher Rollenspiele oder nachgestellter Problemsituationen einzuüben, wie theoretische Kenntnisse in die Praxis umgesetzt werden können. Die Evaluationen des Kurses haben durchwegs positive Resultate ergeben. Im Juni und November 2002 wird dieser Kurs wiederholt werden. Für neue Mitglieder des SEF ist der Besuch des Kurses in der Regel Pflicht.

Die CIVPOL absolvieren zusätzlich einen Spezialkurs in Schweden. Das EDA trägt beim Zoll- und Polizeipersonal die Kosten für eine Basis-Sprachausbildung in der englischen Sprache, sofern sich die entsprechenden Kandidatinnen oder Kandidaten zu einem Langzeiteinsatz verpflichten.

Einsatzbetreuung Die Politische Direktion hat ein Einsatzkonzept erarbeitet, in dem sie näher definiert hat, nach welchen Kriterien die SEF-Angehörigen für einen Einsatz ausgewählt werden, welche Tätigkeitsgebiete für welche Expertenprofile geeignet sind und wie die Zusammenarbeit und der Informationstransfer mit den Einsatzorganisationen gehandhabt werden muss, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Das Einsatzkonzept ermöglicht einen noch gezielteren und effizienteren Einsatz der verfügbaren Expertise und trägt gleichzeitig zu einem besseren Informationsaustausch mit den Entsendeorganisationen bei.

3.1.3

Tätigkeitsbereiche und Einsatzgebiete der Expertinnen und Experten des SEF

Die Tätigkeitsbereiche der Expertinnen und Experten des SEF richten sich in erster Linie nach den Bedürfnissen der Einsatzorganisationen. Das EDA kann über die Bewerbungen und die Einsatzplanung jedoch mitbeeinflussen, in welchen Bereichen die Angehörigen des SEF zum Einsatz gelangen.

Die Politische Direktion orientiert sich im Rahmen dieser Steuerungsmöglichkeiten grundsätzlich an den aussen- und friedenspolitischen Zielen und Prioritäten der Schweiz. In gewissen Fällen setzt sie die Expertinnen und Experten gezielt in Regionen und Bereichen ein, in denen sich Synergieeffekte mit anderen friedenspolitischen Aktivitäten des EDA oder anderer Akteure des Bundes ergeben können.

In der Vergangenheit standen für die Politische Direktion folgende Tätigkeitsbereiche im Vordergrund: Stabs- und Überwachungsfunktionen, Demokratie und Rechts8138

staatlichkeit, insbesondere Justiz, Strafvollzug und Polizei sowie Menschenrechtsbeobachtung, Wahlbeobachtung, CIVPOL, gerichtsmedizinische Untersuchungen, Medien und Zivilverwaltungen. Die verschiedenen internationalen Entsendeorganisationen definieren die einzelnen Einsatzbereiche zum Teil uneinheitlich. Eine Zuordnung der Einsatztage nach Bereich ist deshalb nur annäherungsweise möglich.

Einsätze von SEF-Mitgliedern nach ausgesuchten Einsatzbereichen (2001) Einsatzbereich

Menschenrechte Polizeiaufgaben (CIVPOL) Rechtsstaatlichkeit Zollaufgaben Demokratisierung Gender und Massnahmen gegen den Menschenhandel Wahlbeobachtungen und -organisation Vermittlung Medien weitere bzw. bereichsübergreifende Einsätze Total

Einsatztage

Prozentualer Anteil aller Einsatztage

Entsendete Personen

6 700 6 700 2 400 1 800 1 800 1 600

22 Prozent 22 Prozent 8 Prozent 6 Prozent 6 Prozent 5 Prozent

37 34 12 13 9 6

1 200 900 800 6 073

4 Prozent 3 Prozent 3 Prozent 20 Prozent

50 10 4 25

30 273

100 Prozent

213

Auf Grund der statistischen Daten lässt sich sagen, dass die Expertinnen und Experten des SEF tendenziell immer länger im Einsatz bleiben und deshalb auch häufiger Kaderstellen übernehmen können.

Die Analyse der Einsatzgebiete zeigt, dass diese Gebiete weitgehend mit den übergeordneten aussen- und friedenspolitischen Schwerpunktregionen des Bundesrates übereinstimmen. Die überwiegende Mehrheit der Einsätze wurde in Süd- und Osteuropa geleistet (2000: 80 Prozent; 2001: 72 Prozent), gefolgt vom Nahen Osten (2000: 7 Prozent; 2001: 12,6 Prozent) und Asien/Zentralasien (2000: 8,4 Prozent; 2001: 5,7 Prozent).

Die für Entsendungen verfügbaren Mittel wurden 2001 zu rund 60 Prozent für Einsätze in Europa, vornehmlich in Südosteuropa, zu rund 16 Prozent für Einsätze in Asien und dem Nahen Osten, und zu rund 4 Prozent für Einsätze in Afrika und Lateinamerika eingesetzt. Rund 20 Prozent der Mittel flossen in Einsätze und begleitende Massnahmen, die sich nicht nach geographischen Gesichtspunkten aufschlüsseln lassen.

8139

3.1.4

Beurteilung der Einsätze der Expertinnen und Experten des SEF

Nach oder während eines Einsatzes orientieren die Expertinnen und Experten des SEF die Politische Direktion und andere interessierte Bundesstellen über den Verlauf ihrer Mission ­ im Rahmen einer Diskussionsrunde und in Form eines ausführlichen schriftlichen Berichts. Diese institutionalisierten Formen der Berichterstattung ermöglichen es der Politischen Direktion, positive Erfahrungen für künftige Entsendungen nutzbar zu machen und aus Fehlern zu lernen.

Die Expertinnen und Experten des SEF geniessen bei den Einsatzorganisationen und in den Einsatzgebieten in der Regel einen ausgezeichneten Ruf. Über formelle oder informelle Kanäle gehen bei der Politischen Direktion regelmässig Rückmeldungen ein, in denen die Qualität der Angehörigen des Expertenpools hervor gehoben wird.

3.2

Freiwilligeneinsätze im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit

Der Dachverband Unité, in dem über 30 schweizerische NGOs vertreten sind, hat bis anhin die von der DEZA zur Verfügung gestellten Mittel für freiwillige Fachleute (im Jahre 2001: 9,5 Mio.) verwaltet und an die NGOs weitergegeben. Gegenwärtig findet eine Neukonzeption in diesem Bereich statt, in deren Rahmen ein Beitrag von 28,5 Mio. Franken für die Periode 2002­2004 budgetiert wurde. Vorgesehen ist, dass die grösseren NGOs über institutionelle Programme direkt mit der DEZA über die Verteilung der Mittel verhandeln, während nur noch der kleinere Teil (zirka 30 Prozent) des Fonds über eine unabhängige Kommission an Einzeleinsätze von Freiwilligen fliesst. Diese Vorgehensweise würde insbesondere die Schwierigkeit von Unité lösen, gleichzeitig Mittelverteilerin und Lobbyistin für die NGOs zu sein, andererseits ermöglicht sie einen noch direkteren Dialog zwischen den NGOs und der DEZA.

Im Jahre 2000 wurden aus den Mitteln der DEZA von Unité 30 NGOs mit Beiträgen für rund 200 Freiwillige in 43 Ländern in Afrika, Lateinamerika und Asien unterstützt, die teilweise im Bereich der Friedensförderung aktiv waren.

3.3

Jugendfonds der DEZA/AZO

Der 1990 eingerichtete Jugendfonds der DEZA/AZO wird gemeinsam von der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV) und Intermundo verwaltet und von der Abteilung für die Zusammenarbeit mit Osteuropa und der GUS der DEZA (AZO) zur Verfügung gestellt. Die Beiträge belaufen sich auf 1 Million Franken pro zwei Jahre. Die Mittel fliessen in Kleinprojekte (Jugendaustausch, Jugendlager und Seminare) und in Programmbeiträge, oftmals verwendet für den längerfristigen Aufbau von Jugendstrukturen.

8140

3.4

Junior Professional Officers (JPO)

Die DEZA führt seit 1972 ein Nachwuchsprogramm für «Junior Professional Officers» (JPO) durch, in welchem jungen Hochschulabsolventen die Möglichkeit geboten wird, im Rahmen von Auslandeinsätzen bei internationalen Organisationen und NGOs in Projekten im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit Felderfahrungen zu erwerben. Diese Erfahrung bildet eine wichtige Voraussetzung für eine spätere Anstellung bei einer NGOs oder bei der DEZA.

Für die Aufnahme ins Nachwuchsprogramm wird neben einem Hochschulabschluss eine zweijährige Berufserfahrung sowie die persönliche Eignung vorausgesetzt. Die Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten wird in einem mehrtägigen SelektionsAssessment vorgenommen. Jährlich werden 8­10 Personen ins Nachwuchsprogramm aufgenommen. Ende 2001 waren mehr als 40 Personen bei internationalen Organisationen oder in Koordinationsbüros der DEZA im Einsatz. Es besteht die Absicht, in der Zukunft die Anzahl der Einsätze noch zu erhöhen.

Ein Einsatz im Rahmen des Nachwuchsprogramms dauert in der Regel 2­3 Jahre.

Drei Viertel der Absolventen finden jeweils eine Anstellung in einer Institution der internationalen Zusammenarbeit.

3.5

United Nations Volunteers (UNV)

Einsätze als «United Nations Volunteers» (UNV) bieten eine interessante Einstiegsmöglichkeit in die praktische internationale Friedensförderung für engagierte Menschen jüngeren und mittleren Alters, die bereits über eine gewisse Berufserfahrung verfügen. Das Durchschnittsalter der UNV liegt derzeit bei etwa 37 Jahren. Einsätze im Rahmen der UNV werden entlöhnt. Jährlich sind weltweit über 5000 qualifizierte Freiwillige mit unterschiedlichsten beruflichen Qualifikationen als UNV im Einsatz, sei es im Rahmen von friedensfördernden Aktivitäten oder von Projekten im Bereich der humanitären Hilfe, der Förderung der Menschenrechte oder der Unterstützung von Wahlen und Wahlbeobachtungen.

In der Schweiz wird die Vermittlung von UNV neu von der NGO Zentrum für Information, Beratung und Bildung für Berufe in der internationalen Zusammenarbeit (cinfo) in Biel koordiniert. Cinfo verfügt über alle Informationen, die für Interessenten relevant sind, publiziert regelmässig alle für UNV verfügbaren Stellen, unterzieht die Schweizer Kandidaten und Kandidatinnen einer Vorselektion und engagiert sich im Rahmen der Vor- und Nachbereitung von UNV-Einsätzen. Gegenwärtig sind weltweit rund ein Dutzend Schweizerinnen und Schweizer als UNV tätig.

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4

Ausführungen zu Punkt 3: «die Bereitschaft der jungen Leute in der Schweiz, sich für den Frieden in der Welt einzusetzen»

Die Bereitschaft der jungen Schweizerinnen und Schweizer, sich im Rahmen eines Auslandeinsatzes für den Frieden in der Welt einzusetzen, lässt sich nur annäherungsweise, unter Bezugnahme auf Umfrageergebnissen zu sachverwandten Themen, abschätzen. Methodisch besteht die Hauptschwierigkeit darin, dass von einer positiven Grundhaltung gegenüber der Friedensförderung nicht automatisch auf eine Bereitschaft zu einem tatsächlichen friedensfördernden Auslandeinsatz geschlossen werden kann. Auf Grund der verfügbaren Statistiken der letzten Jahre lässt sich zumindest feststellen, dass sich tendenziell immer mehr junge Schweizerinnen und Schweizer aktiv um Informationen im Hinblick auf einen allfälligen Einsatz bemühen. Dabei scheint diese Tendenz in keinem direkten Zusammenhang mit den konjunkturellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zu stehen, die bei der Analyse des statistischen Datenmaterials immer mit zu berücksichtigen sind.

4.1

Umfrageergebnisse

Eine Kategorie von Umfragen, die Hinweise auf die Weltoffenheit junger Schweizer und Schweizerinnen, deren internationales Solidaritätsverständnis und damit möglicherweise auch deren Bereitschaft zu einem friedensfördernden Auslandeinsatz geben können, sind die jährlichen Rekrutenbefragungen. Im Jahre 2000 wurden diese Befragungen erstmals auch auf nicht militärpflichtige junge Schweizerinnen und Schweizer ausgedehnt. Dadurch konnten insgesamt rund 20 000 Personen erfasst werden. Aufgrund dieser Befragung ergab sich folgendes Bild: ­

45 Prozent der Jugendlichen sahen sich als progressiv offen und aussenorientiert. Die Mehrheit dieser Jugendlichen verfügte über eine höhere Ausbildung.

­

27 Prozent der deutschsprachigen, 38 Prozent der französischsprachigen, 31 Prozent der italienischsprachigen und 18 Prozent der romanischsprachigen Jugendlichen fühlten sich «am ehesten in Europa und der Welt verwurzelt».

­

10 Prozent der befragten Jugendlichen könnten sich vorstellen, künftig in der Schweiz oder im Ausland Wohnsitz zu nehmen. 57 Prozent dieser Personen gaben an, dass das Überqueren der Schweizergrenze in Richtung Ausland für sie generell befreiend wirke; 18 Prozent tendierten eher zu einer Wohnsitznahme im Ausland.

­

60 Prozent der Jugendlichen befürworteten grundsätzlich intensive(re) Beziehungen mit den ärmsten oder instabilsten Ländern der Welt.

Im Jahre 1999 veröffentlichte die Schweizerische Gesellschaft für praktische Sozialforschung (GfS) eine auf mehrere Jahre angelegte Studie, mit der sie unter anderem in Erfahrung bringen wollte, welche persönlichen Beiträge die Befragten zu leisten bereit wären, um zur Lösung der heutigen Weltprobleme beizutragen. Die Studie ergab, dass der Anteil jener Personen, die sich einen persönlichen Beitrag in Form eines Freiwilligenarbeitseinsatzes vorstellen könnten, zwischen 1994 und 1999 von

8142

22 Prozent auf 36 Prozent angestiegen ist. Diese Zahlen sind für den vorliegenden Bericht zwar insofern zu relativieren, als die Studie nicht spezifisch auf junge Schweizerinnen und Schweizer abzielte und auch nicht explizit zwischen inländischer und ausländischer Freiwilligenarbeit unterschied. Trotzdem lassen sich aus dieser prozentualen Zunahme durchaus auch gewisse Rückschlüsse auf die Bereitschaft junger Menschen in der Schweiz für einen Auslandeinsatz ziehen.

4.2

Zentrum für Information, Beratung und Bildung für Berufe in der internationalen Zusammenarbeit (cinfo)

Die Tendenz, die auf Grund empirischer Umfragen sichtbar wird, wird von cinfo, dem schweizerischen Zentrum für Information zu Auslandeinsätzen im Bereich der internationalen Zusammenarbeit, bestätigt. Die Analyse von relevanten Daten von cinfo zeigt, dass das Informationsbedürfnis nach Einsatzmöglichkeiten oder Weiterbildungsangeboten im Ausland in den letzten Jahren gestiegen ist: ­

Während im Jahre 1999 lediglich 1300 Personen die Informationsbroschüre «Möglichkeiten und Alternativen für Jugendliche» von cinfo bestellten, stieg diese Zahl im Jahre 2000 auf über 1700 Personen. Im Jahre 2001 stieg die Nachfrage auf über 5000 Personen.

­

Von den Personen, die im Jahre 2000 Beratungsdienstleistungen von cinfo in Anspruch nahmen, waren 6 Prozent unter 25 Jahren, 25 Prozent zwischen 26 und 30 Jahren und 30 Prozent zwischen 31 und 35 Jahre alt. Bereits im Jahre 1999 waren über 60 Prozent der Beratungen für Personen unter 35 durchgeführt worden.

4.3

Erfahrungen anderer NGOs

Die Beobachtungen von cinfo werden von anderen befragten NGOs bestätigt: In den vergangenen Jahren übertraf die Zahl der Anfragen das Angebot an offenen Stellen bei weitem. Die befragten NGOs erhielten ungefähr dreimalmehr Anfragen, als Einsatzstellen zur Verfügung standen.

Hinsichtlich der Kategorien der Einsatzwilligen ist aus Sicht der NGOs eine Beobachtung deutlich hervorzuheben: Während sich überwiegend unerfahrene Jugendliche unter 30 Jahren für Auslandeinsätze interessieren, benötigen die lokalen Partnerorganisationen der NGOs immer häufiger qualifizierte und erfahrene Fachkräfte.

8143

5

Ausführungen zu Punkt 4: «die gegenwärtigen Möglichkeiten, eine allfällige Einsatzbereitschaft namentlich im Rahmen von Nichtregierungsorganisationen in die Tat umzusetzen»

Für die Evaluation der gegenwärtigen Einsatzmöglichkeiten wurden ausgesuchte NGOs im Rahmen einer nicht-repräsentativen Umfrage befragt. Für Informationen zu den staatlichen Entsendemöglichkeiten sei auf die Ziffern 2 und 3 verwiesen.

Im Jahre 2000 haben rund 150 qualifizierte Fachleute freiwillige Langzeiteinsätze in Projekten im Ausland geleistet, die von den befragten NGOs betreut wurden. Im Jahre 2001 nahm die Zahl der gesamthaft entsendeten Schweizerinnen und Schweizer leicht zu.

In diesen Zahlen nicht enthalten sind Arbeits-, Sozial- und Umwelteinsätze, zumeist von kurzer Dauer, von Jugendlichen, die im Rahmen von Jugendlagern oder Austauschprogrammen von NGOs durchgeführt werden.

Die Beobachtungen der NGOs hinsichtlich der gegenwärtigen Einsatzmöglichkeiten waren sehr homogen und decken sich weitgehend mit den Erfahrungen staatlicher Entsendeorgane: Der Bedarf an gut ausgebildeten Personen mit relevanter Auslanderfahrung nimmt laufend zu, während Personen mit fehlender Berufs- oder Lebenserfahrung oder mangelnden Sprachkenntnissen immer schwieriger vermittelbar sind.

Mehrere NGOs erwähnten, dass die lokalen Partner einerseits die Ressourcen nicht besitzen, die nötig wären, um unerfahrene Praktikantinnen und Praktikanten verantwortungsvoll einführen oder betreuen zu können; andererseits fehlt es den lokalen Partnern in den meisten Fällen auch nicht an Arbeitskraft, sondern an Expertenwissen.

Für unerfahrene Freiwillige, die im Rahmen von friedensfördernden Aktivitäten ins Ausland entsendet werden, erweisen sich derartige Einsätze häufig als bereichernde Lebenserfahrung und als wertvolle Zusatzqualifikation. Häufig stehen bei solchen Einsätzen denn auch nicht Effizienzüberlegungen und der Nutzen aus Sicht der lokalen Partner, sondern der individuelle Lerneffekt beim entsendeten Freiwilligen im Vordergrund. Diese Zielsetzung lässt sich mit den Erfordernissen, die an eine bedürfnis- und wirkungsorientierte und professionelle Friedensförderung heute gestellt werden, immer seltener vereinbaren.

6

Ausführungen zu Punkt 5: «die Koordination zwischen staatlich und privat organisierten Aktivitäten»

Seit den 70er Jahren hat die Zahl der weltweiten Gewaltkonflikte, insbesondere der innerstaatlichen und regionalen Konflikte, stark zugenommen. Entsprechend ist auch die Nachfrage nach friedensfördernden Beiträgen unterschiedlichster Art gestiegen. Die öffentlichen Instanzen wie auch die NGOs haben ihre Aktivitäten im Friedensförderungsbereich in den vergangenen Jahren ebenfalls kontinuierlich ausgebaut. Obwohl sich der Austausch zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteure dabei ständig intensivierte, ist es aufgrund des legitimen Bestrebens nichtsstaatlicher Akteure nach Unabhängigkeit und Autonomie nicht möglich und auch nicht wünschbar, eine umfassende Koordination anzustreben. Dies trifft für den 8144

Bereich der Entsendung von Freiwilligen im Rahmen von friedensfördernden Einsätzen ebenso zu wie für andere friedensfördernde Aktivitäten. In der Praxis erfolgt im Friedensförderungsbereich aber eine zusehends intensivere Zusammenarbeit zwischen Bund und NGOs, wie sie auch für die Süd- und Ostzusammenarbeit insgesamt schon langjährige Tradition hat.

Im Mai 2001 ist das Kompetenzzentrum Friedensförderung (KOFF) bei der Schweizerischen Friedensstiftung gegründet worden, das dazu beitragen soll, die Koordination zwischen den friedensfördernden Schweizer Akteuren zu stärken und Synergiepotenziale zu nutzen. Die Koordination von Personalentsendungen spielt im Rahmen des KOFF allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Bisher wurde weder von staatlicher noch von nichtstaatlicher Seite ein Bedürfnis nach zusätzlichen Koordinationsmechanismen in diesem Bereich artikuliert.

7

Ausführungen zu Punkt 6: «die mit den Instrumenten in ihrem Gesamtzusammenhang verfolgten politisch-strategischen Ziele und Schwergewichte»

Der Bundesrat hat seine inhaltlichen aussenpolitischen Ziele und Schwergewichte in verschiedenen Berichten ausführlich dargelegt, letztmals im aussenpolitischen Bericht 2000. Die Expertinnen und Experten, die von staatlicher Seite betreut und entsandt werden, leisten mit ihrem Einsatz einen Beitrag zur Umsetzung dieser aussenpolitischen Ziele. Im Bereich der zivilen Friedensförderung sind Experteneinsätze eines von verschiedenen Instrumenten zur Erreichung der gesteckten friedenspolitischen Ziele. Der Bundesrat hat den eidgenössischen Räten parallel zu diesem Bericht eine Botschaft für einen Rahmenkredit über Massnahmen zur zivilen Friedensförderung und zur Stärkung der Menschenrechte überwiesen. Darin hat er ausführlich dargelegt, welches die politisch-strategischen Ziele und Schwerpunkte sind, an denen er sich im besagten Politikbereich orientiert.

8

Ausführungen zu Punkt 7: «Konzepte des zivilen Friedensdienstes in anderen Staaten, besonders in den Nachbarstaaten»

Konzepte eines zivilen Friedensdienstes wurden in der jüngeren Vergangenheit in verschiedenen Staaten immer wieder diskutiert. Bis heute hat jedoch erst Deutschland einen staatlich unterstützten zivilen Friedensdienst geschaffen. Dabei handelt es sich um einen so genannten Friedensfachdienst, der eine professionelle Entsendung von freiwilligen, aber qualifizierten Friedensexperten sicherstellen soll. In Österreich und Schweden werden ähnliche Konzepte diskutiert.

In anderen Staaten, beispielsweise in Grossbritannien oder den Niederlanden, wird in den internen Diskussionen vor allem der Aspekt der Friedenserziehung und -ausbildung in den Vordergrund gerückt. Die Diskussionen in Frankreich und Italien zeigten, dass man dort den zivilen Friedensdienst hauptsächlich als ein Instrument wahrnimmt, um die Öffentlichkeit für gewaltfreie Formen der Konfliktaustragung zu sensibilisieren.

8145

Erfahrungen in der Bundesrepublik Deutschland In der Bundesrepublik Deutschland wurde der zivile Friedensdienst im Jahre 1999 eingeführt, nachdem zuvor über die konzeptuelle Ausgestaltung dieses Dienstes debattiert worden war.

Alle deutschen Expertinnen und Experten, die im Rahmen des zivilen Friedensdienstes entsendet werden, müssen ihre Fähigkeiten während eines Rekrutierungsverfahrens unter Beweis stellen. Die Anforderungen, die es für eine Zulassung zu erfüllen gilt, sind hoch: Neben einer abgeschlossenen Berufsausbildung, mehrjähriger relevanter Berufserfahrung und guten Sprachkenntnissen sind vor allem soziale Kompetenzen gefragt. Ausserdem müssen sich die Bewerberinnen und Bewerber bereit erklären, für eine Einsatzdauer von mindestens zwei Jahren zur Verfügung zu stehen. Auf Grund des anspruchsvollen Anforderungsprofils liegt das Durchschnittsalter der deutschen Friedensfachkräfte bei rund 40 Jahren.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ist als zentrale Koordinationsstelle dafür hauptverantwortlich, dass der zivile Friedensdienst korrekt funktioniert. Das BMZ hat jedoch einen grossen Teil der anfallenden Organisations- und Begleitarbeiten an nichtstaatliche Partnerorganisationen ausgelagert, hauptsächlich an den Deutschen Entwicklungsdienst (DED), der die Einsätze mit den fünf in Deutschland anerkannten Entwicklungsdiensten1 koordiniert und abstimmt. Das Auswärtige Amt (AA) definiert die aussenpolitischen Parameter, an die sich das BMZ und die Partnerorganisationen bei der Entsendung von Friedensfachkräften zu halten haben.

Die deutschen Friedensfachkräfte werden im Rahmen einer mehrwöchigen Ausbildung auf ihre Einsätze vorbereitet. Dabei werden nur Personen ausgebildet, die nachher auch tatsächlich eingesetzt werden. Seit der Schaffung des zivilen Friedensdienstes wurden insgesamt rund 120 Fachpersonen regulär ausgebildet und entsendet. 15­20 Personen wurden zusätzlich im Rahmen von NGO-Projekten über ein besonderes Verfahren zugelassen und als Friedensdienstleistende eingesetzt.

Parallel zum zivilen Friedensdienst unterhält das AA einen unabhängigen Personalpool, der dem schweizerischen SEF in vielerlei Hinsicht ähnlich ist. Der Personalpool des AA beinhaltet rund 500 hochqualifizierte Expertinnen und Experten.

Erfahrungen in anderen Staaten
In Österreich gibt es keinen staatlich unterstützten zivilen Friedensdienst, wobei im Rahmen des Zivildienstgesetzes eine gewisse finanzielle Unterstützung der Trägerorganisationen vorgesehen ist. Analog zum Zivildienst in der Schweiz können österreichische Militärdienstpflichtige aber ihre Dienstzeit im Rahmen von Ersatzdiensten im Ausland leisten. Das österreichische Zivildienstgesetz sieht Einsätze in drei Bereichen vor: «Gedenkdienst», «Sozialdienst» und «Friedensdienst». Die Mehrheit der Ersatzdiensteinsätze erfolgt im Rahmen des Sozialdienstes. Der Friedensdienst ist von untergeordneter Bedeutung.

1

Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH), Dienst in Übersee (DUE), Eirene, Weltfriedensrat und Christliche Fachkräfte International (CFI), Forum Ziviler Friedensdienst und Arbeitsgemeinschaft Dienst für den Frieden.

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In Frankreich gibt es keinen zivilen Friedensdienst, und die französischen Behörden haben derzeit auch nicht die Absicht, einen solchen Dienst zu schaffen. Sie unterhalten auch keinen staatlichen Expertenpool wie der Schweizerische Expertenpool für zivile Friedensförderung. Anfragen betreffend den Einsatz von Experten im Ausland werden von den inhaltlich zuständigen Dienststellen von Fall zu Fall geprüft und bearbeitet.

In Italien existiert ebenfalls kein staatlich unterstützter ziviler Friedensdienst. Auf nichtstaatlicher Ebene hat die nationale Rotkreuzgesellschaft (CRI, Croce Rossa Italiana) vor einiger Zeit eine Initiative zur Einführung eines zivilen Friedensdienstes lanciert. Daneben bemüht sich die Bewegung «Caschi Bianchi» um die Einführung eines zivilen Friedenskorps. Italienische Militärdienstpflichtigen können ihre Dienstzeit nur in Ausnahmefällen im Rahmen eines Ersatzdienstes im Ausland leisten. Bis zum Jahre 2007 sollen die italienischen Streitkräfte reorganisiert werden.

Im Rahmen dieses Prozesses wird sich die Frage neu stellen, ob und für welche Tätigkeiten den italienischen Dienstpflichtigen ein Ersatzdienst zur Verfügung steht.

Derzeit ist in Italien eine Gesetzesvorlage in Vorbereitung, die einen «Zivildienst» einführen möchte.

In den Niederlanden gibt es keinen staatlich unterstützten zivilen Friedensdienst. Im Moment gibt es auch keine konkreten Pläne, einen solchen Dienst einzuführen.

In Schweden gibt es keinen staatlich unterstützten zivilen Friedensdienst. Hingegen bemüht sich das «Swedish Peace Team Forum», ein Netzwerk von rund 50 NGOs, darum, neue Konzepte für die Ausbildung und den Einsatz von Personen im Bereich der zivilen Friedensförderung zu erarbeiten. Diese Bemühungen werden von Seiten der schwedischen Regierung unterstützt.

In Grossbritannien hat die NGO «Peace Workers UK» eine Initiative für einen zivilen Friedensdienst lanciert. Die britischen NGOs, die sich im Bereich der Personenentsendungen für friedensfördernde Aktivitäten engagieren, sind gegenwärtig daran, sich zu vernetzen und ihre Vorstellungen eines staatlich unterstützen Friedensdienstes zu klären.

In Kanada hat sich bis heute noch kein bestimmtes Konzept eines zivilen Friedensdienstes durchgesetzt, obwohl seit längerem diskutiert wird, wie die Entsendung von zivilem friedensförderndem Personal
unter den involvierten ­ staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren ­ besser koordiniert und organisiert werden könnte. Seit 1997 gibt es in Kanada hingegen ein Instrument zur effizienten Bereitstellung von Expertinnen und Experten für zivile friedensfördernde Auslandeinsätze, den so genannten «Canadem-Roster». Dabei handelt es sich um eine von nichtstaatlichen Organisationen getragene, aber staatlich finanzierte Personendatenbank, in der über 2800 Personen registriert sind. Bereits 1994 wurde das ebenfalls staatlich finanzierte «Lester B. Pearson Canadian International Peacekeeping Training Centre» gegründet, das sowohl militärische wie zivile Weiterbildung in Friedensförderung anbietet.

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Staatenübergreifende Initiativen Im Mai 1999 wurde das europäische Netzwerk für zivile Friedensdienste gegründet, über das der Informationsaustausch zwischen den einschlägigen Initiativen in den verschiedenen europäischen Ländern gefördert und gemeinsame Grundregeln für zivile Friedensdienste erarbeitet werden sollen. Die Akteure dieses Netzwerks versuchen auch auf die Diskussionen und Abklärungen Einfluss zu nehmen, die derzeit innerhalb der Europäischen Union stattfinden. Im Rahmen des Europäischen Parlaments wurden in der jüngeren Vergangenheit mehrere Vorstösse lanciert, die auf die Schaffung eines europäischen zivilen Friedenskorps abzielten.

Auf globaler Ebene unterstützt das Netzwerk die amerikanische Organisation Peaceworkers bei ihren Bemühungen, eine internationale gewaltfreie Friedenstruppe (Global Peace Force) aufzubauen.

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