Agrarzahlungen des Bundes ­ eine Analyse der Empfänger anhand der wichtigsten Zahlungsarten Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 3. Juli 2001

2001-1440

761

Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

Die Zielsetzungen der seit 1993 verfolgten neuen Agrarpolitik sind vielfältig und dienen z.T. unterschiedlichsten öffentlichen Interessen. So hat der Bund gemäss Artikel 104 der Bundesverfassung dafür zu sorgen, dass die Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur sicheren Versorgung der Bevölkerung, Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, Pflege der Kulturlandschaft und dezentralen Besiedelung des Landes leistet. Die Landwirtschaft hat dabei nachhaltig und soweit möglich marktorientiert zu arbeiten.

Diese Marktorientierung des landwirtschaftlichen Sektors scheint bisher aber zu keiner Entlastung der staatlichen Zahlungen an die Landwirtschaft geführt zu haben.

Die Ausgaben des Bundes für Landwirtschaft und Ernährung sind seit 1993 um 22,9% (1993: 3,416 Mrd. Fr.) gewachsen und betrugen für das für die Untersuchung relevante Jahr 1999 4,197 Milliarden Franken. Gleichzeitig kann für das letzte Jahrzehnt ein Trend zu einem fallenden Nettoeinkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit festgestellt werden. Während die Produzentenpreise seit Anfang der 90er-Jahre konstant gesunken sind, ist der Konsumentenpreisindex für Nahrungsmittel in der gleichen Zeitspanne leicht gestiegen.

Die Erhaltung des Bauernstands liegt insbesondere auch auf Grund der durch diesen Berufszweig erbrachten gemeinwirtschaftlichen Leistungen im öffentlichen Interesse. Dies bedingt aber, dass nachhaltig und ökonomisch effizient wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe ein Einkommen erzielen können, das mit dem der übrigen erwerbstätigen Bevölkerung vergleichbar ist. Teil dieses landwirtschaftlichen Einkommens sind die staatlichen Agrarzahlungen. Die Einkommenswirkung der staatlichen Agrarzahlungen ist aber nur ein Aspekt dieser staatlichen Beiträge. Primär dienen diese unterschiedlichen Zahlungsinstrumente anderen spezifischen Zielen. Man spricht von der Multifunktionalität der Landwirtschaft.

Die agrarpolitischen Massnahmen können in folgende drei Bereiche eingeteilt werden: Direktzahlungen, Produktion/Absatz und Grundlagenverbesserung. Die Direktzahlungen haben die Förderung von im Allgemeininteresse liegenden Leistungen zum Ziel, wie die Landschaftspflege, die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, die Besiedelung nichtzentraler oder wirtschaftlich sonst wenig interessanter Landesteile und besonderer ökologischer
Leistungen. Massnahmen im Bereich Produktion und Absatz bezwecken die Schaffung guter Rahmenbedingungen für die Produktion und den Absatz von Nahrungsmitteln. Die Grundlagenverbesserungsmassnahmen dienen ihrerseits einer umweltgerechten, sicheren und effizienten Nahrungsmittelproduktion. Innerhalb aller Agrarmassnahmen1 stellen die staatlichen Zahlungen einen zentralen Teil des staatlichen Instrumentariums zur Erreichung dieser Ziele dar. Jeder Bereich kennt eigene Zahlungsinstrumente, die z.T. wiederum spezifischen Unterzielen dienen. Auch die gesetzlich definierte Auszahlungsberech1

762

Die Agrarmassnahmen beinhalten nicht nur staatliche Zahlungen sondern auch Zollregelungen usw.

tigung variiert von Zahlungsinstrument zu Zahlungsinstrument. Dementsprechend ist das Profil des Zahlungsempfängers für die Überprüfung der Gesetzmässigkeit der Auszahlung von Bedeutung. Das Profil der Zahlungsempfänger ist darüber hinaus auch im Hinblick auf die Lenkungsfunktionen der diversen Zahlungsinstrumente äusserst wichtig. Der Empfänger soll mit der Zahlung zu einem bestimmten Verhalten animiert werden, das gemeinsam mit den anderen agrarpolitischen Massnahmen zur Erreichung oben erwähnter Ziele führen soll. Um die Wirkung einer Zahlungsart möglichst zuverlässig feststellen und verfolgen zu können, ist daher das Abstützen auf den Empfänger resp. Akteur logisch.

In der bisherigen Tätigkeit und Berichterstattung des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) fand die empfängerorientierte Sicht bezüglich der Agrarzahlungen wenig Beachtung. Die agrarpolitischen Massnahmen wurden vorwiegend ausgabenorientiert, d.h. nach Zahlungsart, begutachtet und auf ihre Zielerreichung evaluiert. Im Rahmen des Vollzugsföderalismus sind viele Aufgaben auch an die Kantone delegiert, sodass das BLW nur eine aggregierte Sicht besitzt.

Eine Ausnahme bilden im Bereich der Landwirtschaftsbetriebe die so genannten «Testbetriebe», bei denen die Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik in Tänikon (FAT) betriebsspezifische Daten aus der Buchhaltung der Zentralen Auswertung auswertete. Die Optik ist jedoch in erster Linie auf die Einkommenssituation dieser Betriebe beschränkt2. Des Weiteren erlaubte die im Zeitpunkt der Untersuchung gewählte Selektion der Betriebe keine uneingeschränkte Ausweitung der Gültigkeit der Aussagen auf die restlichen Landwirtschaftsbetriebe3.

Die Geschäftsprüfungskommission ist sich bewusst, dass sich die Landwirtschaft wie auch die dazugehörende Politik in einer Umbruchsphase befinden. Das neue Landwirtschaftsgesetz (LwG), das seit 1. Januar 1999 in Kraft ist, schlägt neue Wege ein und beinhaltet gleichzeitig Übergangsbestimmungen, die in den Zeitraum der nachfolgend beschriebenen Untersuchung wirken. Des Weiteren sieht das LwG die Überprüfung gewisser Massnahmen innerhalb von fünf Jahren vor4.

1.2

Frühere Arbeiten der Geschäftsprüfungskommissionen

In den 90er-Jahren haben sich die Geschäftsprüfungskommissionen nur punktuell näher mit der Agrarpolitik befasst. So erstellte eine gemeinsame Subkommission Käseverwertung der Finanz- und Geschäftsprüfungskommissionen 1996 einen Bericht zur Subventionspraxis der Schweizerischen Käseunion (96.029). Die dort thematisierte Problematik der Wirkung der Exportsubventionen für Hartkäse hat auf Grund der bilateralen Verträge an Bedeutung verloren, da die Exportsubventionen für Käseexporte in die EU stufenweise auf null abgebaut werden müssen. Die damalige Forderung nach grösserer Transparenz bei der Preisbildung im Käsebereich wird in den folgenden Ausführungen wieder aktualisiert.

2 3 4

Die aktuellen, auf den Einkommenseffekt der Direktzahlungen beschränkten Zahlen finden sich im Agrarbericht 2000, S. A40­A43.

Vgl. Agrarbericht 2000, S. 52. Unterdessen ist die Selektion verbessert worden.

Siehe Artikel 187 Absatz 13 LwG.

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Des Weiteren befasste sich die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats 1993/1994 im Rahmen einer Aufsichtseingabe der Bauern- und Konsumenteninitiative mit gewissen Direkt- und Milchzahlungen5. Dabei ging es u.a. um die gesetzliche Voraussetzung der Bodenbewirtschaftung bei Direktzahlungen und um die Wirkung der ökologischen Direktzahlungen. Zu letzterem Punkt konnte keine abschliessende Aussage gemacht werden, doch wurde schon zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung der Wirkungsanalyse agrarpolitischer Zahlungen durch den Bericht gewürdigt. Diese Bedeutung wird durch den hier vorliegenden Bericht erneut unterstrichen.

1.3

Auftrag und Ziel der Inspektion

Auf Grund der oben geschilderten Situation wie auch auf Grund der namhaften jährlichen agrarpolitisch motivierten Zahlungen des Bundes beschlossen die Geschäftsprüfungskommissionen anlässlich des Seminars vom 28./29. Januar 1999, eine Evaluation zum Thema «Geldflüsse in der Agrarpolitik» durchzuführen. Dafür wurde eine Arbeitsgruppe Agrarpolitik der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates geschaffen. Ihre Zusammensetzung unterlag während der Untersuchungsdauer ­ insbesondere wegen dem Legislaturwechsel ­ diversen Änderungen. Ursprünglich bestand sie aus den Herren Ständeräten Pierre Aeby (Mitglied und Vorsitz während der Legislaturperiode 1995­1999), Rolf Büttiker (Legislaturperiode 1995­1999), Peter Bieri (Vorsitz ab Legislaturperiode 2000­2003), Hans Hess, Peter-Josef Schallberger (Legislaturperiode 1995­1999) und Bernhard Seiler (Legislaturperiode 1995­1999). Ab der Legislaturperiode 2000­2003 waren neu als Mitglieder dabei: Ständerat Hans Hofmann, Ständerat Filippo Lombardi ­ abgelöst durch Ständerat Béguelin ­ und Ständerat Jean Studer.

Die Inspektion sollte der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Antworten auf folgende Fragen geben: ­

Wie erfolgen die staatlichen Agrarzahlungen des Bundes an die Empfänger?

­

Wer erhält die staatlichen Agrarzahlungen des Bundes?

­

In welchem Umfang erhalten die einzelnen Empfängerkategorien solche Zahlungen?

Die Untersuchung der ersten beiden Fragen ist im Sinne einer Vollzugskontrolle zu verstehen. Nur wenn der Empfänger gewisse Eigenschaften aufweist, ist er bezugsberechtigt. Nebst der Beantwortung der Gesetzmässigkeit ermöglichen die Antworten zu den drei Fragen im Rahmen des hier gewählten Ansatzes eine erste Beurteilung, ob die Agrarzahlungen des Bundes auch den politisch gewünschten Zielgruppen zugute kommen. Gegebenenfalls müsste anhand der derart gewonnenen Erkenntnisse die Anpassung der Agrarpolitik geprüft werden.

Nach der Identifizierung der Zahlungsempfänger sollte in einem zweiten Teil der Inspektion der Frage der Wirkungen der Agrarzahlungen des Bundes nachgegangen werden. Als erster Schritt sollte zuerst die Wirkung der einzelnen Zahlungsart und darauf basierend die Gesamtwirkung der Agrarzahlungen des Bundes auf die Zahlungsempfänger im Hinblick auf die Zielerreichung der Agrarpolitik analysiert wer5

764

Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats vom 28. Mai 1994.

den. Als weiterer Schritt war die Untersuchung indirekter Empfänger und Wirkungen der Agrarzahlungen, wie beispielsweise der Einfluss der flächenabhängigen Direktzahlungen auf die Pachtzinse geplant. Erst diese Wirkungsanalysen erlauben aus der empfängerorientierten Optik eine umfassende Beurteilung der Agrarzahlungen des Bundes im Hinblick auf die agrarpolitischen Zielvorgaben.

Aus Machbarkeitsgründen beschloss die Arbeitsgruppe, aus den drei Bereichen der Agrarmassnahmen je die bezüglich der Betragshöhe bedeutendste Zahlungsart in die Untersuchung einzubeziehen. Es handelt sich dabei aus dem Bereich der Direktzahlungen um die allgemeinen Direktzahlungen, aus dem Bereich Produktion und Absatz um die Milchwirtschaft und aus dem Bereich Grundlagenverbesserung um die nichtrückzahlbaren Beiträge für Strukturverbesserungen. Mit dieser Selektion sind für das Jahr 1999 ca. 75% der Agrarzahlungen des Bundes abgedeckt, also ein Betrag von 2518 Millionen Franken.6 Der Einbezug der restlichen Zahlungsarten hätte z.T. einen die zur Verfügung stehenden Ressourcen sprengenden Aufwand bedeutet. In einem zweiten Durchgang wurden zusätzlich noch die ökologischen Direktzahlungen mit berücksichtigt7. Des Weiteren wurde auf Grund der zur Verfügung stehenden Daten die Untersuchung auf das Jahr 1999 beschränkt8. Es handelt sich also um eine Momentaufnahme, die für sich betrachtet keine Aussage über Entwicklungen des Agrarsektors oder mit diesem in Bezug stehenden Sektoren erlaubt.

Dementsprechend konnte die Wirkungsanalyse aus Kapazitätsgründen nur in Ansätzen verfolgt werden. Als letzte Einschränkung konzentrierte sich die Geschäftsprüfungskommission ausschliesslich auf die Bundeszahlungen und schloss die Agrarzahlungen der Kantone aus der Untersuchung aus.

1.4

Vorgehen

Die Geschäftsprüfungskommission beauftragte Anfang Mai 1999 die Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle (PVK) mit der Erarbeitung des wissenschaftlichen Teils der Untersuchung. Die PVK wählte für den finanziellen Teil der Untersuchung die Methode der Geldflussrechnung. Sie hatte im Verlaufe ihrer Untersuchung Kontakte mit dem BLW, dem Bundesamt für Statistik (BFS), der FAT, dem Institut für Agrarwirtschaft der ETH Zürich (IAW) und diversen weiteren Stellen. Dabei stellte sich heraus, dass für die empfängerorientierte Sicht nicht auf eine bestehende Datenstruktur zurückgegriffen werden konnte. Die PVK sah sich in der Folge gezwungen, unter Beizug einer privaten Firma eine eigene Datenbank zu erstellen. Für die Speisung der Datenbank wurden Daten beim BLW, BFS, der Treuhandstelle Milch und der Administrationsstelle Milchkontingentierung bezogen. Die Datenbank enthält 61 084 landwirtschaftliche Betriebe und umfasst so ca. 83% der Betriebe. Auf Grund dieser aufwendigen Arbeit mussten die Inspektionsziele den noch zur Verfügung stehenden Ressourcen angepasst werden. In der Folge musste die Arbeits6

7 8

Berechnungsgrundlage: Voranschlag BLW 1999 gemäss Botschaft vom 18. November 1998 zu einem Bundesbeschluss über die finanziellen Mittel für die Landwirtschaft in den Jahren 2000­2003 (BBl 1999 1652).

Dadurch wurden ca. 86% der Agrarzahlungen erfasst. Die Resultate wurden dadurch nur geringfügig geändert (vgl. PVK-Schlussbericht S. 44 FN 65).

Bei den Milchzahlungen (Milchwirtschaft) stützte sich die Untersuchung auf das so genannte «Milchjahr» ab. Im konkreten Fall heisst dies auf die Zahlungen zwischen Mai 1999 und April 2000.

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gruppe auf die Wirkungsanalyse der staatlichen Agrarzahlungen praktisch ganz verzichten. Nachdem die erste Fassung des Schlussberichts der PVK noch z.T. auf Daten des Jahres 1998 abstützte, beschloss die Arbeitsgruppe, die Daten zu aktualisieren, sodass nun der Bericht sowohl auf der neuen Agrargesetzgebung wie auch auf den aktuellsten Zahlen beruht9. Die PVK lieferte ihren aktualisierten Schlussbericht am 26. Februar 2001 ab. Die Arbeitsgruppe Agrarpolitik des Ständerats hielt vom 4. Mai 1999 bis zum 29. Mai 2001 acht Sitzungen ab. Dabei wurde auch eine Aussprache mit Hrn. Hans Burger (damaligem Direktor des BLW) zu einer früheren Fassung der PVK-Studie geführt.

Vorwiegend auf Grund des Schlussberichts der PVK, aber auch unter Berücksichtigung des im Jahre 2000 erschienenen Agrarberichts 2000 und der Erkenntnisse aus der Anhörung mit Hrn. Burger, erarbeitete die Arbeitsgruppe ihren hier vorliegenden Bericht, den sie am 3. Juli 2001 der Geschäftsprüfungskommission vorlegte.

Der Departementsvorsteher des EVD sowie der Direktor des BLW erhielten am 29. Mai 2001 Gelegenheit, zum Berichtsentwurf Stellung zu nehmen. Am 3. Juli 2001 wurde der Bericht der Subkommission in der GPK-S behandelt und einstimmig genehmigt. Es wurde ebenfalls beschlossen, ihn zusammen mit dem PVKBericht zu veröffentlichen.

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats möchte an dieser Stelle allen Beteiligten für ihre Mitwirkung und ihren aktiven Beitrag zu den Arbeiten danken.

2

Ergebnisse des PVK-Schlussberichts

Im Folgenden sollen in zusammengefasster Form die wichtigsten Ergebnisse des PVK-Schlussberichts dargelegt werden.

2.1

Organisationsformen der Auszahlungen

Das Verfahren von der Gesuchsstellung bis zur Auszahlung einer agrarpolitisch motivierten Zahlung ist von Zahlungsart zu Zahlungsart unterschiedlich. Geprägt sind diese Verfahren durch eine dezentrale Organisation bzw. durch den Vollzugsföderalismus. Auf Grund der detaillierten Darstellung dieser Verfahren im Schlussbericht der PVK und im Hinblick auf die weiter unten Erwähnung findende Datenproblematik beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen vorwiegend auf die Darlegung der involvierten Stellen und, zusammenfassend, der durch sie erhobenen Daten.

Bei den allgemeinen Direktzahlungen sind nebst dem Gesuchsteller kommunale Erhebungsstellen, die zuständige kantonale Behörde und das BLW beteiligt. Die kantonale Behörde stellt die Beitragsberechtigung des Gesuchstellers fest. Die dabei erhobenen Strukturdaten des gesuchstellenden Betriebs werden in Form von Auszahlungs- und Sammellisten an das BLW weitergeleitet, das auf Grund Letzterer Plausibilitätstests durchführt. Das BLW veranlasst dann die Zahlung an die kantonalen Finanzverwaltungen, welche die entsprechenden Beträge an die Gesuchsteller weiterleiten.

9

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Die Aktualisierung führte nicht zu substanziell abweichenden Resultaten.

Beim Verfahren im Zusammenhang mit den Milchzahlungen nimmt die Treuhandstelle Milch eine zentrale Rolle ein. Sie ist mit dem Gesuchsteller in Kontakt und unterzieht das Gesuch einem Plausibilitätstest, bevor dann das BLW auf Grund ihrer Zahlungslisten über die Auszahlung entscheidet. Diese erfolgt bei Zulagen über den Milchverwerter an den Milchproduzenten. Weitere Vollzugs- und Kontrollaufgaben nehmen die Administrationsstelle Milchkontingentierung und zwölf regionale Rekurskommissionen wahr. Diese Institutionen werden durch Leistungsaufträge des BLW gesteuert und entsprechend finanziert. Sie sind in diesem Sinne eine eigene Gruppe agrarpolitischer Zahlungsempfänger und können als nichtstaatliche Vollzugsorganisationen bezeichnet werden.

Die nichtrückzahlbaren Strukturverbesserungsbeiträge werden ergänzend zu kantonalen Beiträgen ausbezahlt. Dementsprechend gelangt der Gesuchsteller an die zuständige kantonale Behörde, die teilweise eine Stellungnahme des BLW (bei Bundesbeiträgen über 100 000.­ Fr.) einholen muss. Nach der Publikation und dem kantonalen Entscheid, stellt die kantonale Behörde ein Gesuch an das BLW. Bei kleineren Beträgen sind die Kantone für die Prüfung abschliessend zuständig.

2.2

Empfänger der Zahlungsarten

2.2.1

Aus Sicht der Zahlungsart

Die PVK untersuchte als ersten Schritt, wer Empfänger der allgemeinen Direktzahlungen, der Milchzahlungen und der Beiträge für Strukturverbesserungen ist. Sie führte dabei eine erste grobe Kategorisierung der Empfänger durch und stellte die von diesen Kategorien erhaltene Höhe der Agrarzahlungen fest.

Die allgemeinen Direktzahlungen in der Höhe von 1776,5 Millionen Franken flossen ausschliesslich an bodenbewirtschaftende, bäuerliche Betriebe. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben des Artikels 70 Landwirtschaftsgesetz10.

Die untersuchten Milchzahlungen in der Höhe von 667,7 Millionen Franken teilen sich in zwei unterschiedliche Kategorien auf. Einerseits werden Zulagen an Milchproduzenten ausgerichtet, deren Milch zu Käse verwertet wird (hiernach als Milchzulagen bezeichnet). Sie stellen einen staatlichen Kostenbeitrag an die Produktionskosten dar und vermindern dadurch die vom Produzenten selbst zu deckenden Kosten. Die zweite Kategorie besteht aus so genannten Beihilfen (hiernach als Milchbeihilfen bezeichnet). Beihilfen haben zum Zweck, die Nachfrage nach Milch zu steigern, indem auf die Milchproduktion folgende Weiterverarbeitungsstufen oder der Verkauf von Milchprodukten verbilligt werden. Für das Jahr 1999 wurden gut 482 Millionen Franken Beihilfen ausbezahlt.

10

SR 910.1 ­ Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (Landwirtschaftsgesetz, LwG).

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Empfänger

Herstellung / Förderung:

1999 / Anteil an Beihilfen

Milchverwertungsbetriebe11

Vorzugsbutter und Buttermischungen (Herstellung und Verkauf im eigenen Betrieb)

30,38%

Exportunternehmen11

Lieferung von Käse in die EU-Länder

27,83%

Ausfuhrunternehmen11

Export von Käse in Nicht-EU-Länder

10,65%

Exportunternehmen11

bestimmte Käsereien

7,16%

Ausfuhrunternehmen12

Export von weiteren im Inland hergestellten Milchprodukten

7,95%

Milchverwertungsbetriebe12

industrieller Milchproteine und Milchersatzfuttermittel

5,92%

Exportunternehmen11

Veredelungsbetriebe (Schokolade und Ähnliches)

5,3%

Milchverwertungs- und Veredelungsbetriebe12

Speiseeis und entwässerter Butter im eigenen Betrieb

3,14%

landwirtschaftliche Mastbetriebe12

Frischverfütterung von Magermilch an Schweine und Kälber

1,04%

Käsereien in der Silozone11

die im Sommerhalbjahr Käse herstellen

0,41%

Käsereien11

Zusammenlegung der Käseproduktion

0,22%

Die Agrarzahlungen gemäss Übergangsverordnung Milch sind nur noch bis ins Jahr 2002 vorgesehen. (Ausnahme: Die Butterförderung dauert bis ins Jahr 2004 an.)

Nebst den schon erwähnten privaten Vollzugsorganisationen sind die Empfänger von Milchzahlungen Landwirtschaftsbetriebe, die Milch produzieren oder Magermilch an Masttiere verfüttern, Milchverwertungs- und Veredelungsbetriebe sowie Ausfuhrunternehmen. Von den 667,7 Millionen Franken Milchzahlungen im Jahr 1999 erhalten die landwirtschaftlichen Empfänger 35% (233,7 Mio. Fr.), die nichtlandwirtschaftlichen Empfänger 64,2% (428,5 Mio. Fr.: Exportunternehmungen 201 Mio. Fr., Milchverwertungsbetriebe 190,8 Mio. Fr., Veredelungsbetriebe 36,5 Mio.

Fr.) und die privaten Vollzugsorganisationen 0,82% (5,5 Mio. Fr.).

Die nichtrückzahlbaren Strukturverbesserungsbeiträge in der Höhe von 74 Millionen Franken teilen sich einerseits in einzelbetriebliche und gemeinschaftliche Massnahmen und andererseits in Zahlungen für landwirtschaftliche Gebäude und Bodenverbesserungen auf. Die Empfänger sind z.T. vielfältig: Landwirtschaftsbetriebe, politische Gemeinden, Zwangsgenossenschaften13, Korporationen, einfa11 12 13

768

SR 916.350.0 ­ Verordnung vom 7. Dezember 1998 für den Übergang zur neuen Milchmarktordnung (Übergangsverordnung Milch).

SR 916.350.2 ­ Verordnung vom 17. Dezember 1998 über Zielpreis, Zulagen und Beihilfen im Milchbereich (Milchpreisstützungsverordnung, MSV).

Zwangsgenossenschaften bestehen ausschliesslich aus Landeigentümern. Sie werden praktisch immer im Rahmen von Gesamtmeliorationen oder Güterzusammenlegungen zwecks Neuordnung des Grundeigentums oder der Pachtverhältnisse gebildet.

che Gesellschaften, Burgergemeinden, Forschungseinrichtungen und weitere. Grob können die Empfänger und Zahlungsströme in einzelbetriebliche landwirtschaftliche Empfänger (22 Mio. Fr. resp. 30%) und nichtlandwirtschaftliche und kollektive landwirtschaftliche Empfänger (52 Mio. Fr. resp. 70%) eingeteilt werden. In letzterer Kategorie kann der Anteil landwirtschaftlicher Empfänger auf Grund der noch zu betrachtenden Datenlage nicht genau bestimmt werden.

Die PVK stellte also fest, dass 81% der untersuchten Zahlungen an Landwirtschaftsbetriebe, 17% an nichtlandwirtschaftliche Empfänger gehen und die Zahlungen an private Vollzugsorganisationen kein Prozent erreichen. Auf Grund der ihr zur Verfügung stehenden Daten konnte sie 2% der Zahlungen nicht zuordnen.

2.2.2

Profil der landwirtschaftlichen Zahlungsempfänger und Höhe der erhaltenen Zahlungen

Das wichtigste Ziel der Untersuchung bestand darin, die Empfänger genauer zu bestimmen und aus Sicht des Empfängers die Höhe aller untersuchten Agrarzahlungen des Bundes festzustellen. Zu diesem Zweck wurden die landwirtschaftlichen Empfänger mit folgenden Merkmalen kategorisiert, die Agrarzahlungen zugeordnet und in der Datenbank erfasst: ­ Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb

­ Anzahl Arbeitskräfte

­ Betriebsfläche

­ Produktionsstruktur des Betriebs

­ Rechtsform des Betriebs

­ Produktionsgebiet

­ Alter des Bewirtschafters

­ Produktionsform

Die PVK traf eine Auswahl aus den durch die Datenbank ermöglichten Auswertungen. Im Sinne einer Vollzugskontrolle wurde im Rahmen einer ersten Reihe von Auswertungen eine im Verhältnis zur Gesamtzahl der erfolgten Zahlungen sehr kleine Zahl unklarer Fälle gefunden. Dies spricht zu Ggunsten der Qualität des Vollzugs. Diese unklaren Fälle können in vier Kategorien zusammengefasst werden:

14

1.

Es wurden 138 Fälle gefunden, in denen der Zahlungsempfänger der Direktzahlungen die gesetzlich vorgesehene Altersgrenze überschritten hatte. Dabei handelt es sich um Direktzahlungen im Umfang von 3,9 Millionen Franken (2,20/00 der untersuchten allgemeinen Direktzahlungen).

2.

In 189 Fällen wurden Betrieben Direktzahlungen ausgerichtet, die einen Arbeitsbedarf unter dem gesetzlichen Minimum von 0,3 Standardarbeitskräften (SAK) ausweisen. Hier beläuft sich der Zahlungsumfang auf 388 813.­ Franken (0,20/00 der untersuchten allgemeinen Direktzahlungen).

3.

In 380 Fällen wurde der gesetzliche Maximalbetrag an Direktzahlungen pro SAK überschritten14.

4.

In 756 Fällen überstieg der Flächenbeitrag den gesetzlich vorgesehenen Maximalwert. Des Weiteren wurden 36 Betriebe ohne Fläche gefunden. Diese sind gemäss Direktzahlungsverordnung (DZV) nicht auszahlungsberechtigt.

Aus datenbanktechnischen Gründen konnte die PVK den Zahlungsbetrag nicht bestimmen.

769

Diese Zahlungen belaufen sich auf 2,5 Millionen Franken (1,40/00 der untersuchten allgemeinen Direktzahlungen).

Diese Ergebnisse besagen nicht, dass diese Zahlungen unrechtmässig erfolgten.

Wie das BLW ausführte, können solche Fälle auf Grund diverser, rechtmässiger Ursachen auftreten. So kann bei Fällen der ersten Kategorie (Problem der Altersgrenze) ein Betriebsleiterwechsel erfolgt sein. Auch existieren Nachzahlungen für das Vorjahr. Da innerhalb des BLW die Auszahlung und die Sammlung/Plausibilisierung von Empfängerdaten getrennt erfolgt, kann das BLW diese Fälle nicht in eigener Regie klären. Unklare Fälle müssen durch das BLW im Rahmen eines Differenzbereinigungsverfahrens mit den Kantonen erhellt werden. Im Sommer 2000, Zeitpunkt der Datenerhebung durch die PVK, war das BLW noch nicht in der Lage, zu diesen Fällen konkrete Erklärungen zu liefern. Anlässlich der Sitzung vom 29. Mai 2001 konnte das BLW bestätigen, dass die aus ihren Kontrollen resultierenden, bezüglich den Alters- und den SAK-Anforderungen unklaren Fälle bereinigt werden konnten. Es wurden dabei keine Rechtsverletzungen festgestellt.

In einem zweiten Schritt wurde im Sinne einer genaueren Bestimmung der Zahlungsempfänger der Frage nachgegangen, welche Landwirtschaftsbetriebe über alle untersuchten Zahlungsarten wie viel staatliche Agrarzahlungen erhalten. Die Anzahl Betriebe wurde dazu zuerst im Verhältnis zu den erhaltenen Zahlungen in Drittel eingeteilt. Danach wurde einerseits untersucht, welche Strukturmerkmale im jeweiligen Drittel mit welcher Häufigkeit vorkommen. Andererseits erfolgte auch eine Auswertung, wie sich die Betriebe mit einem bestimmten Strukturmerkmal auf diese drei Drittel verteilen15.

In einem dritten Schritt wurde unter einer anderen Optik derselben Frage nachgegangen. Die Zahlungen pro Betrieb wurden durch seine Anzahl Hektaren geteilt. Die Höhe der erhaltenen Agrarzahlungen pro Hektar führte dann wiederum zur Einteilung der Betriebe in Drittel, wo sie gemäss denselben Kriterien wie im zweiten Schritt untersucht wurden16.

2.2.3

Identifizierung der nichtlandwirtschaftlichen Zahlungsempfänger und Höhe der erhaltenen Zahlungen

Im Bereich der Milchzahlungen: Die nichtlandwirtschaftlichen Zahlungsempfänger im Bereich der Milchzahlungen sind oft multifunktional organisiert und der Zahlungsempfänger erhält darum Milchzahlungen unterschiedlicher Natur. So beispielsweise, wenn ein Betrieb Milch zu Käse verarbeitet und diesen exportiert. Die Empfängerperspektive führte zur Identifizierung zehn grosser Unternehmungen, die sich 80% aller Zahlungen (343,9 Mio.

Fr.) im Verwertungsbereich teilen, während 409 Betriebe die restlichen 20% erhalten (84,5 Mio. Fr.). Es ist also eine starke Konzentration in der Branche feststellbar.

15 16

770

Die Resultate können dem Kapitel 6.2 des PVK-Schlussberichts entnommen werden.

Die Resultate können dem Kapitel 6.3 des PVK-Schlussberichts entnommen werden.

Die PVK stellte des Weiteren fest, dass bei den 409 Betrieben relativ viele Empfänger kleine bis ganz kleine Beträge erhalten17.

Im Bereich der Beiträge für Strukturverbesserungen: Die Vielfalt der mit diesen Beiträgen verfolgten agrarpolitischen Ziele und ihrer Empfänger verleiht der Empfängerperspektive in diesem Bereich eine unterschiedlich grosse Bedeutung. Auf Grund der zur Verfügung stehenden Daten konnte die PVK nur eine rudimentäre Einteilung der Empfänger vornehmen. Die unterschiedenen Kategorien schliessen z.T. nicht aus, dass ein Empfänger in zwei oder mehr Kategorien fallen kann. Insbesondere überschneiden sich die Kategorien der Landwirtschaftsbetriebe und der Zwangsgenossenschaften. Hauptempfänger der nichtrückzahlbaren Beiträge für Strukturverbesserungen sind Zwangsgenossenschaften mit 48,7% (35,8 Mio. Fr.), gefolgt von der Kategorie Landwirtschaftsbetriebe mit 30,4% (22,4 Mio. Fr.) und den politischen Gemeinden mit 14,2% (10,4 Mio. Fr.)

der gesamten Beitragszahlungen von 73,5 Millionen Franken. Die Korporationen, einfachen Gesellschaften, Bürgergemeinden und weitere Empfänger teilen sich die restlichen 6,7% (4,9 Mio. Fr.).

2.3

Datenstrukturen

Die vorwiegend ausgabenorientierte Sicht des BLW schlägt sich auf die Organisation des BLW nieder. Die Auszahlungsbereiche werden von verschiedenen Stellen verwaltet und dementsprechend sind die zur Verfügung stehenden Daten schon im BLW nur dezentral vorhanden. Wie der PVK-Schlussbericht aufzeigt, ist auch die Auszahlungsorganisation komplex und beinhaltet nebst den Bundesstellen auch kantonale und kommunale Stellen sowie nichtstaatliche Vollzugsorganisationen.

Dadurch wird die Schwierigkeit des Zusammenfügens der Detailinformationen eines Empfängers noch akzentuiert.

Die PVK stellte fest, dass die beim Vollzug der staatlichen Agrarzahlungen erfassten Daten auf Grund der vielen involvierten Stellen in unterschiedlichen, teilweise inkompatiblen Informatiksystemen gespeichert sind. Schon auf Bundesebene werden vier eigene Systeme verwendet (AGIS für die Direktzahlungen, MAPIS für die Strukturverbesserungszahlungen und zwei weitere für die Verwaltung der Milchkontingente und Milchpreisstützungen).

Im jeweiligen System wird der Zahlungsempfänger nur mit den jeweiligen zahlungsspezifischen Merkmalen erfasst. Diese Informationen reichen meistens nicht für eine bereichsübergreifende Beschreibung des Empfängers aus. Des Weiteren, wie weiter oben schon thematisiert wurde, besitzt das BLW im Bereich der Direktzahlungen nicht alle für die Überprüfung der Auszahlungsberechtigung unklarer Fälle relevanten Daten18. Die für den Vollzug zwar nicht notwendigen, aber für die Evaluierung der Agrarpolitik wichtigen Informationen über Haupt-/Nebenerwerbsbetrieb und die Produktionsstruktur eines Betriebs sind z.T. nur beim BFS erhältlich. Sie basieren auf einer Erhebung aus dem Jahre 1996. Für 3,6% der untersuchten Betriebe fehlte 17 18

116 Betriebe erhalten Zahlungen zwischen 1000 und 10 000 Franken. 72 Betriebe erhalten sogar nur Zahlungen unter 1000 Franken.

Vgl. Kapitel 2.2.2.

771

im Untersuchungsjahr die Information, ob es sich um einen Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb handelt. Bei 2,3% der Betriebe ist die Produktionsstruktur unbekannt.

Ein Zusammenzug der Daten zu einem bestimmten Empfänger aus den verschiedenen Systemen bedingt ein den Systemen gemeinsames, betriebsspezifisches Identifikationsmerkmal. Dieses existiert in Form der BUR-Nummer (Identifikationsnummer des Betriebs- und Unternehmensregister). Als nun die PVK die dezentral vorhandenen Daten anhand der BUR-Nummer zum ersten Mal miteinander verknüpfte, musste sie feststellen, dass die Nummer in der Praxis uneinheitlich angewandt und z.T.

nur lückenhaft vermerkt wird. Die Kantone verwenden eigene Identifikationsnummern. Im Bereich der Strukturverbesserungsbeiträge wird die Nummer überhaupt nicht verwendet. Die PVK sah sich deshalb in diesem Bereich gezwungen, ihre Untersuchung auf den durch das BLW verwendeten Bauherrencode abzustützen, der keine genaue Identifizierung der Empfänger erlaubt19. Bei den Zulagen für verkäste Milch und für silagefreie Fütterung kann der Endempfänger nicht festgestellt werden, falls die Milchverwerter die Milch untereinander weiterverkaufen. Obwohl bei der Aufdatierung der PVK-Studie Verbesserungen festgestellt werden konnten, teilen gewisse Kantone bei den Direktzahlungen an Betriebsgemeinschaften in ihren Statistiken immer noch die Zahlungen pro Gemeinschaftsbetrieb und nicht ­ wie vom BLW gefordert ­ pro Betriebsgemeinschaft als Ganzes zu.

Dementsprechend musste die PVK für die Verknüpfung und Analyse der Daten eine eigene Datenbank erstellen. Eine systematische Analyse der vorhandenen Daten aus der Empfängerperspektive wäre sonst nicht möglich gewesen.

3

Würdigung und Schlussfolgerung der Geschäftsprüfungskommission

3.1

Bedeutung der Empfängerperspektive

Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats wurde durch die vorliegende Studie der PVK in ihrer ursprünglichen Einstellung bestätigt, dass der Empfängerperspektive eine grosse Bedeutung bei der Beurteilung der agrarpolitischen Zahlungen des Bundes zukommt. Die agrarpolitischen Zahlungen haben spezifische Lenkungsfunktionen, die vielfältigen agrarpolitischen und z.T. weiteren, im öffentlichen Interesse liegenden Zielen dienen. Des Weiteren haben sie auch eine Einkommensfunktion für bodenbewirtschaftende landwirtschaftliche Betriebe. Auch die Zahlungen an nichtlandwirtschaftliche Empfänger und private Vollzugsorganisationen verfolgen agrarpolitische Ziele. Dieses Netzwerk unterschiedlichster Ziele, Massnahmen und beteiligter Akteure in einem dynamischen Umfeld ist in der Praxis äusserst komplex.

Die Herstellung eines Kausalzusammenhangs zwischen den Agrarzahlungen des Bundes und den Entwicklungen im Agrarsektor ist entsprechend schwierig. Die Geschäftsprüfungskommission ist jedoch überzeugt, dass die Wirkungsanalyse der Agrarzahlungen des Bundes aus der Empfängerperspektive in Ergänzung zu den

19

772

Um die diesbezüglichen Daten für die Investitionshilfen zu erhalten, musste das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) die Daten zuerst technisch zugänglich machen.

bisher angewandten Untersuchungsansätzen des BLW einen wesentlichen Beitrag zur Klärung dieses Sachverhalts leisten kann20.

3.2

Materielle Würdigung

Die Organisation der Gesuchsstellung, -prüfung und der Auszahlung ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Aus der Sicht möglichst effizienter und transparenter Organisationsformen stellt sich jedoch die Frage, ob diese Verfahren im Rahmen des Vollzugsföderalismus und Subsidiaritätsprinzips nicht vereinfacht werden könnten.

Empfehlung 1 Die Geschäftsprüfungskommission lädt den Bundesrat ein, die Verfahren der Gesuchsstellung, Gesuchsprüfung und Auszahlung bei den Agrarzahlungen des Bundes auf mögliche Vereinfachungen, Konzentrationen und Optimierungen zu untersuchen.

Die Geschäftsprüfungskommission stellt fest, dass der allergrösste Teil der Agrarzahlungen grundsätzlich an die vom Gesetz vorgesehenen Empfänger geht. 4/5 der untersuchten Agrarzahlungen kommen den Landwirtschaftsbetrieben zugute. Weniger als 1% des staatlichen Geldes fliesst in private Vollzugsorganisationen.

Die Ergebnisse des PVK-Schlussberichts zu den mit den Agrarzahlungen des Bundes unterstützten Strukturmerkmalen der Landwirtschaftsbetriebe sind auf Grund der nur einjährigen Momentaufnahme schwierig zu interpretieren. Zuverlässige Aussagen über die Wirkung der untersuchten Agrarzahlungen liessen sich erst auf der Basis wiederholter jährlicher Untersuchungen erstellen. Des Weiteren müssten die zu verfolgenden Fragestellungen von Agrarspezialisten verfeinert und die Ergebnisse unter diesen engeren Fragestellungen vertieft werden21. Aus dieser ersten und auf einen Zeitpunkt fixierten Analyse der finanziell geförderten Strukturmerkmale kann insofern die Aussage gemacht werden, dass keine Anzeichen gefunden wurden, die im Widerspruch zur Agrarpolitik des Bundes stehen würden. Als Hypothese legen diese Resultate des Weiteren nahe, dass die durch die Agrarzahlungen bewirkten finanziellen Anreize auf Grund der Multifunktionalität der Agrarpolitik z.T. widersprüchliche Anreize setzen könnten. Darauf wird im Kapitel 3.4 noch näher einzugehen sein.

20 21

Die Bundesverfassung und das LwG schreiben diesen Evaluationsansatz nicht explizit vor.

So wäre es z.B. interessant zu sehen, welche Strukturmerkmale die vorwiegend im oberen Drittel liegenden Biobetriebe (vgl. PVK-Schlussbericht, S. 48) aufweisen und wie sich die staatlichen Beiträge des Bundes bei diesen Betrieben zusammensetzen. In der Beantwortung solch spezifischer Fragestellungen liegt das grosse Potenzial empfängerorientierter Datenbanken.

773

3.3

Vollzugskontrolle

Auch wenn die Bewirtschaftung der Agrarzahlungen des Bundes dezentral organisiert ist und den Kantonen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Gesuche, der Auszahlung und insbesondere der Kontrolle der Rechtmässigkeit der Auszahlung zukommt, muss das BLW schlussendlich als verantwortliche Instanz eine effiziente Aufsicht über den Vollzug der agrarpolitischen Massnahmen jederzeit gewährleisten können22. Im aktuellen System werden unklare Fälle im Bereich der Direktzahlungen im Rahmen eines Differenzbereinigungsverfahrens mit den Kantonen erhellt.

Die bei der PVK-Untersuchung festgestellten, unklaren Fälle des Jahres 1999 konnte das BLW bis Mitte 2000 noch nicht klären. Einem konkreten Einzelfall kann natürlich nachgegangen werden, doch ist dies entsprechend aufwendig. Dieses aktuelle System vermag nicht zu befriedigen. Das BLW sollte alle für die Überprüfung des Vollzugs notwendigen Daten zur Verfügung haben und diese Daten systematisch analysieren können23. Bezüger von Direktzahlungen, die den allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen nicht genügen und dank Ausnahme- oder Übergangsregelungen bezugsberechtigt sind, müssen so erfasst werden, dass ihre Berechtigung jederzeit nachvollzogen werden kann. Beide Schritte sollten innert nützlicher Frist erfolgen, um gegebenenfalls schnell Massnahmen für die Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustands treffen zu können. Dies bedingt einerseits, dass die Vollzugsorganisationen diese Angaben vollständig, zeitgerecht und in homogener Form an das BLW weiterleiten. Andererseits müssen auch die Prozesse innerhalb des BLW vermehrt dem Controlling-Aspekt Rechnung tragen und deshalb auf diesen ausgerichtet sein, sodass ein systematischer zentraler Zugriff auf diese Daten möglich ist.

Empfehlung 2 Der Bundesrat wird eingeladen, die für den effizienten Vollzug der agrarpolitischen Massnahmen notwendigen Informatiksysteme zu koordinieren. Dabei ist einerseits eine enge Verknüpfung der bundeseigenen Informatiksysteme (innerhalb des BLW und zwischen BLW und BFS) und andererseits eine Homogenisierung der Datenstrukturen mit den Vollzugsorganen anzustreben. Dafür soll in Koordination mit den Kantonen ein einheitliches Identitätssystem für die landwirtschaftlichen Betriebe geschaffen werden, das bei allen öffentlichen Leistungen zur Anwendung kommt.

Postulat 1 Der
Bundesrat wird eingeladen, ein Datensystem zu schaffen, das dem Bund jederzeit ermöglicht, die Voraussetzungen und die Berechtigungen der Bezüger von Agrarzahlungen zu überprüfen.

22 23

774

Siehe Artikel 179 Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 1998.

Die diesbezügliche Rechtsgrundlage ist in Artikel 185 Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 1998 zu finden.

3.4

Wirkungsanalyse

3.4.1

Allgemein

Wie schon erwähnt, bestand das ursprüngliche Ziel dieser Untersuchung auch darin, die direkten Wirkungen auf die Geldempfänger festzustellen, um so die Eignung der untersuchten Agrarzahlungen für die Realisierung der mit ihnen verfolgten Ziele überprüfen zu können. Obwohl dieses Untersuchungsziel nicht erreicht wurde, können dennoch erste Aussagen über die Bedeutung und Voraussetzungen einer solchen Analyse gemacht werden.

3.4.2

Strukturwandel in der Landwirtschaft

Die Landwirtschaftsbetriebe sehen sich seit längerem einem wesentlichen Strukturwandel unterworfen. Entwicklungen wie beispielsweise die Globalisierung und insbesondere die Öffnung der Märkte, zunehmender Wettbewerbsdruck, verändertes Konsumverhalten, höhere Löhne in anderen Wirtschaftszweigen sind eine Auswahl an Ursachen dieses Strukturwandels. Gleichzeitig hat die Landwirtschaft unterschiedlichsten gesellschaftlichen Anforderungen zu genügen. In diesem Spannungsfeld zwischen Markt und öffentlicher Aufgabenerfüllung kommt dem Strukturwandel der Landwirtschaftsbetriebe, welche die Basis für diese öffentliche Aufgabenerfüllung darstellen, eine besondere Bedeutung zu. Die Agrarpolitik des Staates bezweckt in diesem Spannungsfeld, die Landwirtschaftsstrukturen so zu beeinflussen, dass die Landwirtschaftsbetriebe möglichst marktkonform wirtschaften und gleichzeitig optimal ausgerichtet sind, um die öffentlichen Ziele zu erfüllen. Solche Betriebe sollen auch ein mit dem Rest der Bevölkerung vergleichbares Einkommen aufweisen. Agrarzahlungen sind Instrumente, die einem oder mehreren dieser Ziele dienen sollen. Es drängt sich deshalb auf, die Wirkung staatlicher Zahlungen auf die Struktur eines Landwirtschaftsbetriebs näher zu untersuchen. Des Weiteren sind die Wirkungen ins Verhältnis zu setzen mit den spezifischen Zielsetzungen der Zahlungen wie auch mit den allgemeinen Zielen der Agrarpolitik. So wird auch eine Transparenz geschaffen, die eine Beurteilung des verwendeten Instrumentariums und gegebenenfalls notwendige Anpassungen der Instrumente erlaubt. Es wird dadurch auch eine verbesserte politische Pioritätensetzung zwischen den verschiedenen und teils gegensätzlichen Zielen der Agrarpolitik ermöglicht. Insbesondere dürfte diese Art der Wirkungsanalyse die Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe vereinfachen. Ein weiterer Vorteil wäre, dass dadurch Aussagen über die ökonomische Nachhaltigkeit der staatlichen Zahlungen verbessert werden könnten.

Empfehlung 3 Der Bundesrat wird eingeladen, die Wirkungen der staatlichen Leistungen auf die landwirtschaftliche Strukturentwicklung anhand des hier verfolgten Ansatzes zu überprüfen und darzulegen. Dabei sind die staatlichen Leistungen und ihre Wirkungen mit den verschiedenen Zielsetzungen zu vergleichen.

Um diese Analyse durchführen zu können, muss zuerst Einigkeit über die für die Analyse relevanten Strukturmerkmale eines Landwirtschaftsbetriebs herrschen. Das 775

BLW hat diverse wichtige Strukturmerkmale für seine Auswertungen festgelegt. Auf Grund der vom BLW erhaltenen Daten scheint jedoch das Merkmal, ob es sich um einen Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb handelt, zu wenig Gewicht zu haben. Beispielsweise wird es nur alle vier Jahre vom BFS erhoben. Nach Meinung der GPK handelt es sich um ein zentrales Strukturmerkmal, insbesondere auch um in der Agrarpolitik dem Erfordernis eines vergleichbaren Einkommens gebührend Rechnung tragen und langfristig die Professionalität des Sektors gewährleisten zu können24.

Empfehlung 4 Der Bundesrat wird eingeladen, eine einheitliche, von allen Bundesämtern gleich angewandte, Definition von Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben zu schaffen und diese in der Agrarstatistik anzuwenden.

3.4.3

Milchsektor

Der Einfluss staatlicher Agrarzahlungen auf den Milchpreis ist äusserst komplex und wenig transparent. Dies insbesondere auch, weil sich bisher noch nie ein freier Milchpreis bilden konnte und somit nicht bekannt ist, in welcher Höhe sich ein solcher Marktpreis bewegen würde. Auf Grund der Zulagen an die Milchproduzenten und der Milchbeihilfen an die milchverarbeitende Industrie oder den Handel (Abnehmer) existieren schon in dieser Phase drei Milchpreise. Der Produzent erhält den mit dem Abnehmer vereinbarten und relativ frei gebildeten Preis plus die Zulage.

Der Abnehmer erhält den mit dem Milchproduzenten vereinbarten Milchpreis plus die staatlichen Beihilfen. Der Milchproduzent versucht, mit dem vom Abnehmer und Staat erhaltenen Geld seine Produktionskosten zu decken und eine Rendite zu erzielen. Gleichzeitig ist sich der Milchabnehmer des staatlichen Kostendeckungszuschlags, den der Milchproduzent in Form der Zulage erhält, bewusst, und es resultiert dadurch potenziell ein Druck nach unten auf den zwischen Produzenten und Abnehmer zu vereinbarenden Milchpreis. Die Beihilfen an die genannten Abnehmer haben ihrerseits zum Zweck, die Kosten der weiteren Verarbeitung der Milch bzw.

des Verkaufs zu verringern und dadurch der milchverarbeitenden Industrie wie auch dem Handel einen renditebringenden Weiterverkauf zu ermöglichen und somit mittelbar die Nachfrage nach Milch zu stärken. Wie nun diese staatlichen Zulagen und Beihilfen auf den zwischen Abnehmer und Milchproduzenten vereinbarten Preis wirken, und welche Einkommenseffekte sie dabei bei den jeweiligen Empfängern zeitigen, ist einerseits abhängig von den Produktionskosten der Milchproduzenten und den Verarbeitungs- und Verkaufskosten der Abnehmer und andererseits von der jeweiligen Marktmacht der Beteiligten. Ein angemessenes Einkommen der Milchproduzenten und tiefe Konsumentenpreise sind keine zwingenden Folgen dieses Systems. Da die Milchzahlungen nur beim Eintreffen gewisser Annahmen die gewünschten Wirkungen aufweisen, sind ihre Wirkungen auf die Preisbildung zu untersuchen. Dies umso mehr, als die PVK eine sehr hohe Konzentration der Beihilfeempfänger in der milchverarbeitenden Industrie und im Handel feststellte. Es darf 24

776

Vgl. Botschaft vom 26. Juni 1996 zur Reform der Agrarpolitik: zweite Etappe (Agrarpolitik 2002) (BBl 1996 IV 61).

nicht vergessen werden, dass auf Grund von Skaleneffekten die Milchbeihilfen je nach Grösse des Empfängers nicht die gleiche Wirkung haben. Die hohe Konzentration wirft auch Fragen bezüglich des Wettbewerbsgrades in diesen Sektoren auf.

Diese Überlegungen führen die Geschäftsprüfungskommission zu folgenden Empfehlungen25: Empfehlung 5 Der Bundesrat wird eingeladen, in seiner agrarpolitischen Berichterstattung darzustellen, inwieweit die produktgebundenen Stützungen für die Milchprodukte die Marktpreise der Produzenten und die Konsumentenpreise beeinflussen. Dabei ist die Wirkung der Milchzahlungen an den mit ihnen verfolgten Zielen zu messen.

Empfehlung 6 Der Bundesrat wird eingeladen, den Einfluss der Milchbeihilfen des Bundes auf die Marktstruktur des milchverarbeitenden Sektors wie auch des Beihilfen erhaltenden Handels kontinuierlich zu überprüfen.

3.4.4

Nichtrückzahlbare Strukturverbesserungsbeiträge

Die untersuchten Zahlungen in diesem Bereich konzentrieren sich stark auf Beiträge für gemeinschaftliche Massnahmen, enthalten jedoch auch einzelbetriebliche Beiträge. Letztere wie auch Beiträge an Gemeinschaftsprojekte mehrerer Landwirtschaftsbetriebe und grösserer Sömmerungsbetriebe sollen die Produktionsgrundlagen durch Kostensenkungen verbessern. Diese Beiträge bezwecken zudem, die Konkurrenzfähigkeit der Landwirtschaftsbetriebe zu verbessern. Um die Wirkung solcher Beiträge feststellen zu können, muss die Kosten-/Ertrags-Struktur des Empfängers oder der Empfänger über die Zeit verfolgt werden, insbesondere auch unter der Berücksichtigung anderer Agrarzahlungen an die gleichen Empfänger.

Nebst dieser agrarpolitischen Zielsetzung identifizierte die PVK für die weiteren Beiträge im Bereich der gemeinschaftlichen Massnahmen die Verfolgung einer Vielfalt allgemeiner öffentlicher Interessen wie beispielsweise ökologische Pflegeleistungen oder der Heimat- und Landschaftsschutz. Da sich diese Zielsetzungen z.T.

widersprechen können, die einschlägigen Rechtsgrundlagen aber keine klaren Prioritäten zwischen den Zielsetzungen vorgeben, sollte zumindest Transparenz bezüglich des Mitteleinsatzes geschaffen werden.

25

Hier ist positiv zu würdigen, dass das BLW den Handlungsbedarf erkannt hat und dem IAW einen Forschungsauftrag erteilte, die Wirkungen der Milchzahlungen im Zeitverlauf zu eruieren.

777

Empfehlung 7 Der Bundesrat wird eingeladen, in der Berichterstattung zur Agrarpolitik darzulegen, welchem öffentlichen Interesse die jeweiligen gesprochenen Investitionshilfen dienen (z.B. agrarpolitische Interessen, Raumplanung, Ökologie, Kulturlandschaftspflege usw.).

3.4.5

Fazit

Die Wirkungsanalyse ist eine logische Folge des Instrumentariums der Agrarzahlungen und deshalb auch eine zwingende Aufgabe. Ohne die spezifischen Wirkungen möglichst genau zu kennen, kann keine exakte Steuerung erfolgen. Die Wirkungen einer Zahlung müssen auch in eine zeitliche Dimension gesetzt werden, denn viele Zahlungen beschränken sich nicht auf kurzfristige Wirkungen. Dementsprechend muss die Wirkungsanalyse auch kontinuierlich durchgeführt werden. Die Empfängerperspektive bietet hier einen zu den bisherigen Analysen des BLW komplementären Ansatz, indem sie erlaubt, die Wirkungen der Agrarzahlungen auf einen bestimmten Empfänger oder bestimmte Empfängerkategorien über die Jahre sichtbarer zu machen und gegebenenfalls das Zahlungsinstrumentarium basierend auf den agrarpolitischen Zielsetzungen zu optimieren. Verhaltensänderungen eines über die Jahre wohl oft gleich bleibenden Akteurs (Zahlungsempfängers) können so genauer auf ihre Ursachen untersucht werden. Dieser Ansatz ist auch im Sinn der eingangs erwähnten Evaluationsarbeiten von Nutzen.

Eine kontinuierliche Wirkungsanalyse aus Sicht des Empfängers der Agrarzahlungen bedingt aber, dass dem Datenaspekt ein besonderes Augenmerk gewidmet wird.

Zuerst muss der Empfänger genau identifiziert sein und etwaige Mutationen innert nützlicher Frist ihren Niederschlag in der Datenbank finden. Des Weiteren müssen die agrarpolitisch relevanten Daten zuverlässig den Empfängern zugeordnet werden können. Von grosser Bedeutung ist aber auch, dass diese Datenqualität über die Jahre konstant bleibt. Vollzugsmassnahmen, insbesondere organisatorischer Art, sind im Hinblick auf diesen Aspekt vor ihrer Inkraftsetzung zu prüfen.

Die Empfängerperspektive wurde hier nur für die bedeutendsten Agrarzahlungen des Bundes eingenommen. Sie ist jedoch auch für die nicht untersuchten Agrarzahlungen von grosser Bedeutung und sollte deshalb auch für diese restlichen Zahlungen angewandt werden, soweit der dabei entstehende Aufwand verhältnismässig ist. Ins Verhältnis gesetzt mit dem absoluten Betrag der Agrarzahlungen des Bundes erscheint der durch den Ansatz der Empfängerperspektive entstehende Aufwand aber grundsätzlich durchaus gerechtfertigt.

Postulat 2 Der Bundesrat wird eingeladen, den in dieser Inspektion angewandten Ansatz zur Bestimmung der Geldflüsse in der
Agrarpolitik so weiter zu verfolgen, dass der Einfluss der staatlichen Agrarzahlungen über die Jahre hinaus nachvollziehbar und die Transparenz gewahrt wird. Dabei sind die Ergebnisse kontinuierlich den Zielsetzungen der Agrarpolitik gegenüberzustellen.

778

Die Wirkungsanalyse von Agrarmassnahmen auf die direkten Effekte zu beschränken, würde zu kurz greifen. Indirekte Effekte, wie beispielsweise die mögliche Beeinflussung der Pachtzinsen, der Bodenpreise sowie der Strukturentwicklung auf Grund flächenbezogener Agrarzahlungen, können einen massgeblichen Einfluss auf den Agrarsektor haben. Einflüsse auf weitere Bereiche dürften vorhanden sein (z.B.

auf die Umwelt). Auch das Fehlen einer Wirkung auf einen bestimmten, ausserhalb eines im engen Sinn verstandenen Agrarsektors liegenden Bereich kann von Bedeutung sein (z.B. Einfluss der Zahlungen auf die Konsumentenpreise). Dies führt die Geschäftsprüfungskommission zu folgendem Postulat: Postulat 3 Der Bundesrat wird eingeladen, die indirekten Effekte der agrarpolitischen Massnahmen regelmässig zu analysieren und sie anhand der Zielsetzungen der Agrarpolitik zu beurteilen. Diese Beurteilung sollte auch das Verhältnis dieser Effekte zu weiteren öffentlichen Zielsetzungen berücksichtigen. Die Resultate sollten Eingang in die Berichterstattung über die schweizerische Landwirtschaft finden.

4

Weiteres Vorgehen

Die Geschäftsprüfungskommission bittet den Bundesrat, ihr bis Ende 2001 mitzuteilen, was er auf Grund dieses Berichts zu unternehmen und welche Massnahmen er vorzuschlagen gedenkt.

3. Juli 2001

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Die Präsidentin der Kommission: Helen Leumann, Ständerätin Der Präsident der Arbeitsgruppe: Peter Bieri, Ständerat

11586

Der Sekretär der Arbeitsgruppe: Christoph Albrecht

779

Abkürzungsverzeichnis AGIS

Agrarpolitisches Informationssystem

BBl

Bundesblatt

BFS

Bundesamt für Statistik

BIT

Bundesamt für Informatik und Telekommunikation

BLW

Bundesamt für Landwirtschaft

DZV

Direktzahlungsverordnung

EU

Europäische Union

EVD

Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement

FAT

Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft und Landtechnik in Tänikon

Fr.

Franken

GPK

Geschäftsprüfungskommission

GPK-S Geschäftsprüfungskommission des Ständerates IAW

Institut für Agrarwirtschaft der ETH Zürich

LwG

Landwirtschaftsgesetz

MAPIS Meliorationsamt-Projekte-Informationssystem Mio.

Millionen

Mrd.

Milliarden

PVK

Parlamentarische Verwaltungskontrollstelle

SAK

Standardarbeitskraft

SR

Systematische Sammlung des Bundesrechts

z.T.

zum Teil

11586

780