02.074 Botschaft zum Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (POPs-Konvention) vom 16. Oktober 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses zum Übereinkommen vom 22. Mai 2001 über persistente organische Schadstoffe (POPs-Konvention) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

16. Oktober 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2002-1058

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Übersicht Am 22. Mai 2001 hat die Schweiz zusammen mit 91 weiteren Staaten in Stockholm das Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe unterzeichnet. Dieses steht nun zur Ratifikation an.

Der dieser Botschaft beiliegende Konventionstext wurde an der fünften Verhandlungsrunde im Dezember 2000 nach zweijährigen Verhandlungen von 129 Ländern verabschiedet.

Die Konvention wurde im Rahmen des UN-Umweltprogramms erarbeitet und hat zum Ziel, die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor persistenten organischen Schadstoffen (Persistent Organic Pollutants, POPs) zu schützen. Bei den 12 POPs, welche zurzeit in den Geltungsbereich der Konvention fallen, handelt es sich um 8 Pestizide (darunter DDT), 2 Industriechemikalien und 2 Gruppen von unerwünschten Verbrennungs- und Nebenprodukten (polychlorierte Dibenzodioxine und ­furane). Die Konvention legt Kontrollmechanismen fest, welche die Produktion und die Verwendung, den Import und den Export, die Emissionen sowie die Entsorgung dieser POPs weltweit regeln.

Die POPs können sich nach der Freisetzung via Luft und Wasser, aber auch über die Nahrungskette global ausbreiten. Deshalb gilt es, sie nicht nur in den Industriestaaten zu kontrollieren; dort sind sie schon weitgehend eliminiert. Im Vordergrund steht vielmehr auch die Reduktion und Eliminierung ihrer Verwendung in den Entwicklungs- und Schwellenländern, wo sie mangels Alternativen ­ wie im Beispiel des DDT zur Malariabekämpfung ­ zum Teil noch heute eingesetzt werden. Dies erfordert technische und finanzielle Hilfe sowie die weltweite Solidarität zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungs- und Schwellenländern.

Für die Schweiz geht es also nicht in erster Linie um die Lösung interner Probleme, sondern um die konsequente Weiterführung ihres aussenpolitischen Engagements für eine generelle nachhaltige Entwicklung sowie für die Lösung von Umweltproblemen. Dieser Auffassung ist im Übrigen auch die schweizerische Wirtschaft.

Finanziell ist mit obligatorischen Beiträgen zu rechnen, um beispielsweise die periodisch stattfindenden Konferenzen der Vertragsparteien und des technischen Ausschusses zu ermöglichen und die Kosten für die administrativen Arbeiten zur Unterstützung des Vollzugs zu decken. Für die technische Unterstützung und den Kapazitätsaufbau der Entwicklungs- und Schwellenländer
ist als Finanzmechanismus der POPs-Konvention der Globale Umweltfonds (Global Environment Facility, GEF) vorgesehen. Diese Regelung entspricht dem schweizerischen Anliegen, den GEF zum zentralen globalen Umweltfinanzierungsmechanismus auszubauen. Dessen Wiederauffüllung («replenishment») ist zurzeit Gegenstand einer separaten Vorlage an das Parlament. Gleichzeitig soll im Umweltschutzgesetz eine formellgesetzliche Grundlage für Finanzbeiträge im Rahmen der internationalen Umweltpolitik geschaffen werden, die auch als Grundlage für die Beiträge an die POPsKonvention dienen wird.

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Anlässlich der dritten Verhandlungsrunde hat die Schweiz im September 1999 offiziell angeboten, das POPs-Sekretariat in Genf beim Regionalbüro der UNEP (United Nations Environment Program) im Internationalen Umwelthaus anzusiedeln. Neben der Schweiz bewirbt sich auch Deutschland mit einer Kandidatur für den Standort Bonn. Der Entscheid über den Sitz des Sekretariates fällt an der ersten Konferenz der Vertragsparteien, welche spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten der Konvention stattfinden wird.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Ausgangslage

Die so genannten POPs (Persistent Organic Pollutants) sind giftige organische Schadstoffe mit einer aussergewöhnlichen Persistenz. Dies bedeutet, dass sie ­ einmal in den Kreislauf der Natur gelangt ­ praktisch nicht abgebaut werden. Sie breiten sich via Luft, Wasser oder Nahrungskette aus und reichern sich dadurch teilweise weitab vom ursprünglichen Freisetzungsort in den biologischen Systemen an, wo sie als Schadstoffe wirken.

Die zur Ratifizierung anstehende POPs-Konvention will zwölf persistente organische Schadstoffe resp. Schadstoffklassen weltweit kontrollieren und verbieten, die in der Vergangenheit nachweislich Umweltprobleme verursachten und teilweise noch heute verursachen.

Viele POPs haben als Wirk- oder Begleitstoffe eine grosse Bedeutung für die zivilisatorische Entwicklung erhalten. Es handelt sich dabei nicht um eine homogene Gruppe von Produkten. Die zwölf POPs lassen sich im Hinblick auf ihre Entstehung oder Verwendung in drei Klassen einteilen: erstens chlorhaltige Substanzen, die bei der Verbrennung von organischem Material als unerwünschte Nebenprodukte anfallen (vor allem polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane); zweitens Produkte, die als Isolierflüssigkeiten in Transformatoren und Kondensatoren verwendet wurden resp. in verschiedenen Ländern noch immer verwendet werden (polychlorierte Biphenyle), drittens persistente Pestizide. Der prominenteste Vertreter unter den letzteren ist zweifelsohne DDT; ein Wirkstoff, der zu trauriger Berühmtheit gelangte. Zwar hat die Entdeckung von DDT weltweit wesentlich zur Eindämmung und Bekämpfung der Malaria beigetragen und dem Schweizer Chemiker Paul Hermann Müller im Jahre 1948 gar den Nobelpreis beschert. Dennoch bestehen heute aus wissenschaftlicher Sicht keine Zweifel mehr, dass die Risiko-NutzenAnalyse für DDT ­ wie für alle POPs ­ dermassen ungünstig ausfällt, dass der Stoff eliminiert oder zumindest im Gebrauch sehr stark eingeschränkt werden muss.

Die Erkenntnis, dass die Verwendung von Substanzen wie DDT schwer wiegende Nachteile hat, ist nicht neu. Die forschende chemische Industrie bemüht sich denn auch schon seit den 1960-er Jahren um bessere Alternativen. Zudem haben die wohlhabenderen Industriestaaten die Produktion und Verbreitung der POPs längst eingeschränkt oder verboten und die vorhandenen Restbestände weitgehend
entsorgt.

Dies gilt auch für die Schweiz, welche zusammen mit 35 weiteren Ländern bereits Mitgliedstaat eines internationalen POPs-Abkommens wurde, indem sie das von der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa ausgehandelte Protokoll vom 24. Juni 1998 zum Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung unterzeichnet und ratifiziert hat.

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Auch in den Entwicklungsländern kennt man die mit den POPs zusammenhängenden Gefahren längst. Die Möglichkeiten dieser Länder, vorhandene Altlasten zu eliminieren und an Stelle der noch im Gebrauch stehenden POPs die meist teureren Alternativen einzuführen bzw. selbst herzustellen, sind jedoch beschränkt. Angesichts der globalen Tragweite der POPs sind die Industriestaaten auch in ihrem eigenen Interesse aufgefordert, sich an der Lösung der Probleme in den Entwicklungsländern zu beteiligen.

In Anbetracht dieser Sachlage hat der Verwaltungsrat der UNEP (United Nations Environment Program) im Februar 1997 die Diskussion um die POPs auf das Ziel einer POPs-Konvention ausgerichtet. Er erteilte mit dem Entscheid 19/13C das Mandat, ein intergouvernementales Verhandlungskomitee (Intergovernmental Negotiation Committee, INC) zu bilden und einen Vertragstext auszuarbeiten.

1.2

Verlauf der Verhandlungen

Der Text der POPs-Konvention wurde an fünf Verhandlungsrunden des INC und einer diplomatischen Konferenz erarbeitet. Dabei wirkten sowohl Verhandlungsdelegationen von Entwicklungs- und Industrieländern als auch Nichtregierungsorganisationen mit, welche die Interessen der Wirtschaft und des Umweltschutzes vertraten. Für die Schweiz nahmen an den Verhandlungen Vertreterinnen und Vertreter des UVEK (BUWAL), des EDA (PA) und des EVD (seco) teil. In die Vorbereitungen der Verhandlungen wurden zudem weitere Stellen einbezogen, z.B. das BAG, das BLW, die DEZA und die SGCI (Schweizerische Gesellschaft für chemische Industrie). Anlässlich der fünften Verhandlungsrunde akzeptierten Ende 2000 in Johannesburg 129 Länder den POPs-Vertragstext. Dieser wurde sodann am 22. Mai 2001 in Stockholm ­ unter dem Vorbehalt der Ratifikation ­ zur Unterzeichnung vorgelegt und von 91 Ländern, darunter der Schweiz, sowie von der Europäischen Union unterzeichnet.

Heikle Verhandlungspunkte waren: ­

die Finanzierung und der Finanzierungsmechanismus. Das Prinzip der Unterstützungspflicht der entwickelten Geberländer wurde zwar nicht grundsätzlich in Frage gestellt; es galt aber, ausgewogene Prozeduren zu entwikkeln. Ausserdem erforderte die Einigung auf den GEF (Global Environment Facility; Globaler Umweltfonds) als von den Geberländern bevorzugten Träger des Finanzierungsmechanismus längere Verhandlungen.

­

die Aufnahme weiterer Stoffe in die Konvention. Dazu wurde eine separate Expertengruppe eingesetzt, welche in zwei Treffen Vorschläge zu POP-Kriterien und zum Verfahren für die Aufnahme neuer POPs in die Konvention ausarbeitete.

­

die Verankerung des Vorsorgeprinzips. Hier gingen die Meinungen insbesondere hinsichtlich der Frage auseinander, ob und in welcher Form das Vorsorgeprinzip in der Konvention verankert werden solle. Nach langen und zähen Verhandlungen wurde beschlossen, in der Präambel in allgemeiner Form auf die Vorsorge zu verweisen und im operativen Teil der Konvention eine pragmatische Beschreibung des Vorsorgeprinzips aufzunehmen.

Danach beschliesst die Konferenz der Vertragsparteien in vorsorgender 7255

Weise, ob eine Chemikalie in die Anlagen A, B oder C aufzunehmen ist.

Hingegen wird bei der Erarbeitung des Risikoprofils und der Bewertung des Risikomanagements einer Chemikalie das Vorsorgeprinzip nicht berücksichtigt.

2

Besonderer Teil: Inhalt der Konvention

2.1

Die wichtigsten Elemente der Konvention

2.1.1

Ziel und Geltungsbereich der Konvention

Artikel 1 der Konvention formuliert deren Ziel wie folgt: «Unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips nach Grundsatz 15 der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung ist es Ziel dieses Übereinkommens, die menschliche Gesundheit und die Umwelt vor persistenten organischen Schadstoffen zu schützen.» Die Notwendigkeit dieses Schutzes, die spezifische Gefährlichkeit der POPs und die Ausgangslage sind in der Präambel des Übereinkommens im Sinne des obigen Kapitels 1.1 zusammengefasst. Dabei wird das Gewicht insbesondere auf die Tatsache gelegt, dass die POPs toxisch und schwer abbaubar sind, sich in lebenden Organismen akkumulieren und über Luft, Wasser und wandernde Arten befördert werden, was weitab von ihrem Freisetzungsort zur Anreicherung in terrestrischen und aquatischen Ökosystemen führen kann.

Die Konvention gilt für Vertragsparteien, d.h. gemäss Artikel 2a entweder für Staaten oder für Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die durch das Übereinkommen gebunden sind. Materiell enthält sie Bestimmungen über Massnahmen zur Verringerung oder Verhinderung von Freisetzungen: ­

aus beabsichtigter Produktion und Verwendung (Art. 3),

­

von unerwünschten Nebenprodukten (Art. 5), und

­

aus Lagerbeständen und Abfällen (Art. 6).

Zurzeit gilt die Konvention für die zwölf in den Anlagen A­C aufgeführten Stoffe resp. Stoffklassen, nämlich: für folgende zu eliminierende Stoffe und Stoffklassen (Anlage A): ­

Aldrin, ein Insektizid

­

Chlordan, ein Insektizid ­ speziell für die Termitenvernichtung, z.T. auch in der Veterinärmedizin verwendet

­

Dieldrin, ein Insektizid, z.T. auch in der Veterinärmedizin verwendet

­

Endrin, ein Insektizid

­

Heptachlor, ein Insektizid ­ speziell gegen Baumwollschädlinge und Termiten

­

Hexachlorbenzol, ein Fungizid, auch als Zwischenprodukt und Lösungsvermittler in Pflanzenschutzmitteln verwendet

­

Mirex, ein Insektizid, u.a. auch als Flammschutzmittel verwendet

­

Toxaphen, ein Insektizid, auch gegen Würmer wirksam

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­

polychlorierte Biphenyle (PCB), eine Stoffklasse, in elektrischen Geräten zur Isolierung verwendet;

für folgende in der Anwendung zu beschränkende Stoffe (Anlage B): ­

DDT, ein Insektizid ­ speziell gegen Anopheles-Mücken;

für folgende Nebenprodukte, deren unbeabsichtigte Entstehung und Freisetzung verringert oder vermieden werden soll (Anlage C): ­

polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD), eine Stoffklasse, häufig Nebenprodukte thermischer Prozesse

­

polychlorierte Dibenzofurane (PCDF), eine Stoffklasse, häufig Nebenprodukte thermischer Prozesse

­

Hexachlorbenzol (vgl. Anlage A), auch Nebenprodukt thermischer Prozesse

­

polychlorierte Biphenyle (PCB ­ vgl. Anlage A), eine Stoffklasse, auch Nebenprodukte thermischer Prozesse.

2.1.2

Einschränkungen und Verbote für Handelsprodukte (einschliesslich Ausnahmen)

Als Handelsprodukte im eigentlichen Sinne kommen die in den Anlagen A und B erwähnten Substanzen in Frage. Der Handel mit Kleinmengen für die Analytik und die Forschung, welcher z.B. auch polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane umfasst, wird von der Konvention nicht beschränkt (Art. 3).

Artikel 3 verlangt, dass die Vertragsparteien die Produktion, die Verwendung und die Ein- und Ausfuhr der Stoffe nach Anlage A grundsätzlich verbieten und dieses Verbot durchsetzen. Für Stoffe nach Anlage B (DDT) wird die Reduktion der Produktion und der Verwendung vorgeschrieben. Vorbehalten bleiben in beiden Fällen die registrierten Ausnahmen.

Eine generelle Ausnahme im Hinblick auf die obigen Verbote und Beschränkungen besteht für die Einfuhr von Stoffen nach den Anlagen A oder B zum Zwecke der umweltgerechten Entsorgung. Im Übrigen sind die Vertragsparteien gehalten, im Hinblick auf die registrierten Ausnahmeregelungen sicherzustellen, dass die Ausfuhr von Stoffen nach den Anlagen A oder B nur unter Bedingungen erfolgt, welche dem Anliegen, die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu schützen, gerecht werden.

Die Konvention führt ein Register spezifischer Ausnahmeregelungen ein (Art. 4). Es wird vom Sekretariat geführt und umfasst die in den Anlagen A und B für bestimmte POPs vorgesehene weitere Produktion oder die vorgesehenen weiteren Verwendungszwecke sowie die Vertragsparteien (Staaten), welche entsprechend spezifische Notifikationen hinterlegt haben. Die Notifikationen sind spätestens zum Zeitpunkt zu hinterlegen, an welchem ein Staat Vertragspartei wird. Diese Registrierungen erlöschen grundsätzlich fünf Jahre nach Inkrafttreten der Konvention, können aber auf Antrag der betroffenen Vertragspartei verlängert werden. Die Konferenz der Vertragsparteien entscheidet anlässlich ihrer ersten Tagung über das Überprüfungsverfahren für die Registereinträge. Wenn für eine spezifische Art von Ausnahmeregelungen keine Vertragsparteien mehr registriert sind, können dazu auch keine neuen Registrierungen mehr erfolgen.

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2.1.3

Emissionsbeschränkungen für Verbrennungs- und Nebenprodukte

Die Konvention verpflichtet die Vertragsparteien, zur Verringerung der auf anthropogene Quellen zurückzuführenden Gesamtfreisetzungen unerwünschter Verbrennungs- und Nebenprodukte zumindest die folgenden Massnahmen zu ergreifen (Art. 5): ­

Erarbeitung eines Aktionsplans spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens (Bewertung der Freisetzungen, Quellenverzeichnis, Bewertung der Wirksamkeit der Rechtsvorschriften, Strategien zur Erfüllung der von der Konvention geforderten Verpflichtungen etc.);

­

Förderung von Massnahmen zur Verringerung der Freisetzung und zur Beseitigung der Quellen von POPs;

­

Förderung von Materialien, Produkten und Prozessen, welche POPs-Emissionen möglichst verhindern (speziell PCDD, PCDF, PCB und Hexachlorbenzol);

­

Förderung der Anwendung der besten verfügbaren Techniken und der besten Umweltschutzpraktiken für bestehende und neue Quellen unerwünschter Verbrennungs- und Nebenprodukte. Die entsprechenden Richtlinien werden später durch die Konferenz der Vertragsparteien zu beschliessen sein.

2.1.4

Entsorgung

Im Hinblick auf Massnahmen zur Verringerung oder Verhinderung von POPs-Freisetzungen aus Lagerbeständen und Abfällen verlangt Artikel 6 der Konvention, dass die Vertragsparteien Strategien zur Feststellung derartiger Bestände entwickeln und geeignete Massnahmen ergreifen, um diese umweltgerecht zu entsorgen. Die Rückgewinnung zur Wiederverwendung wird dabei nach Ablauf eventueller Ausnahmeregelungen ausdrücklich ausgeschlossen. Die Konferenz der Vertragsparteien wird zur engen Zusammenarbeit mit den Organen des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung verpflichtet.

2.1.5

Aufnahme weiterer Stoffe in die Konvention

Jede Vertragspartei kann dem Sekretariat den Vorschlag unterbreiten, einen zusätzlichen Stoff in die Anlage A, B oder C aufzunehmen (Art. 8). Dabei muss sie die in Anlage D der Konvention erwähnten Informationen zur Persistenz, Bioakkumulation usw. beibringen. Zur Bewertung der Anträge setzt die Konferenz der Vertragsparteien an ihrer ersten Tagung einen Überprüfungsausschuss ein. Dieser Ausschuss für persistente organische Schadstoffe prüft die Informationen. Je nachdem leitet er dann über das Sekretariat eine Vernehmlassung bei allen Vertragsparteien ein, oder er stellt den Vorschlag bei offensichtlichem Nichterfüllen der Prüfkriterien zurück.

Ziel dieser Vernehmlassung ist es, das Risikoprofil und die weiträumige Bedeutung des Stoffes im Lichte von Anlage E der Konvention zu stellen.

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Anhand der Bewertung des Risikoprofils entscheidet der Ausschuss erneut über Rückstellung oder Weiterbehandlung des Vorschlags. Dabei stützt er sich im Falle der Weiterbehandlung auf eine via Sekretariat einzuleitende, ergänzende Vernehmlassung. Ziel dieser ergänzenden Vernehmlassung ist es, Informationen zu sozioökonomischen Aspekten und möglichen Kontrollmechanismen zu erarbeiten. Schliesslich bewertet der Ausschuss die Lage unter Berücksichtigung aller Daten und empfiehlt der Konferenz der Vertragsparteien gegebenenfalls die Aufnahme des Stoffes in Anlage A, B oder C der Konvention. Diese entscheidet durch Konsens oder in Ausnahmefällen mit Dreiviertelmehrheit der anwesenden und abstimmenden Vertragsparteien über die Aufnahme. Die Änderung tritt ein Jahr nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem sie der Verwahrer den Vertragsparteien mitgeteilt hat. Die Aufnahme eines Stoffes in Anlage A, B oder C bedeutet, dass dieser Stoff verboten oder gewissen Beschränkungen unterworfen wird. Jede Vertragspartei, die eine solche Änderung nicht anzunehmen vermag, kann dies schriftlich dem Verwahrer innert Jahresfrist notifizieren. Die Vertragspartei kann diese Notifikation über die Nichtannahme jederzeit zurücknehmen.

Der Bundesrat entscheidet über das Verhandlungsmandat der Schweizer Delegation für die Konferenzen der Vertragsparteien, an welchen neue Herstellungs-, Verwendungs- oder Emissionsbeschränkungen beschlossen werden sollen. Ebenso liegt der Entscheid über eine allfällige Nichtannahme einer Änderung der Anlagen A, B oder C beim Bundesrat. Für die Umsetzung der Bestimmungen der Konvention in nationales Recht gelten die normalen Verfahren neuer Verbote und Einschränkungen von Stoffen: Vernehmlassung bei allen interessierten Kreisen, Mitberichtsverfahren, Bundesratsbeschluss. Eine entsprechende Verordnungsänderung tritt in der Regel erst in Kraft, wenn die internationale Regelung rechtskräftig ist, es sei denn, der Bundesrat beschliesst einen anderen Fahrplan für die entsprechenden Bestimmungen.

2.1.6

Technische Hilfe, Finanzierung und Finanzierungsmechanismen

Damit die Entwicklungs- und Schwellenländer die Anforderungen der Konvention überhaupt erfüllen können, sind sie auf rechtzeitige und angemessene technische Hilfe angewiesen. Die Vertragsparteien sind deshalb gehalten zusammenzuarbeiten, um die Entwicklungs- und Schwellenländer unter Berücksichtigung von deren besonderen Bedürfnissen zu unterstützen (Art. 12) und Hilfe beim Kapazitätsaufbau zu leisten. Die Konferenz der Vertragsparteien stellt dabei Leitlinien zur Verfügung, welche z.B. den Technologietransfer betreffen. Insbesondere soll den speziellen Bedürfnissen der am wenigsten entwickelten Länder und der kleinen Inselstaaten Rechnung getragen werden.

Ein zentraler Artikel der Konvention ist Artikel 13, der Bestimmungen über finanzielle Mittel und Finanzierungsmechanismen enthält. Danach muss jede Vertragspartei im Rahmen ihrer Möglichkeiten Mittel einsetzen und Anreize schaffen, um die Ziele der Konvention innerstaatlich zu verwirklichen. Zudem wird von den entwickelten Ländern, die Vertragsparteien sind, verlangt, dass sie neue und zusätzliche finanzielle Mittel bereitstellen, um es den Entwicklungs- und Schwellenländern zu ermöglichen, die vollen Mehrkosten zu tragen, welche ihnen aus der vereinbarten

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Erfüllung der Verpflichtungen der Konvention erwachsen. Diese Mittel müssen angemessen und vorhersehbar sein, rechtzeitig zur Verfügung stehen und auf dem Prinzip der Lastenteilung der den Beitrag leistenden Vertragsparteien basieren.

Im Hinblick auf die Finanzierungsmechanismen schliesst die Konvention andere, z.B. bilaterale Unterstützung zwar nicht aus, fordert aber doch, dass sich die Konferenz der Vertragsparteien auf einen spezifischen Mechanismus einigt und diesen auch kontrolliert. Die Konferenz wird dabei an ihrer ersten Tagung Leitlinien für diesen Mechanismus beschliessen. Zudem wird sie sich auf einen oder mehrere Rechtsträger einigen, den oder die sie unter gleichzeitiger Aushandlung der Modalitäten mit der Durchführung des Finanzierungsmechanismus betraut. Die erwähnten Leitlinien betreffen u.a. die Programmprioritäten, die Kriterien für den Zugang zu finanziellen Mitteln und die Berichterstattung des oder der Rechtsträger(s).

Bis zum erwähnten Beschluss der Konferenz der Vertragsparteien ist die institutionelle Struktur des GEF interimistisch wichtigster Rechtsträger, der mit der Erfüllung der Aufgaben des Finanzierungsmechanismus betraut wird (Art. 14). Es ist geplant, dass der GEF auch der definitive Finanzmechanismus der Konvention werden soll.

Dies entspricht den von der Schweiz unterstützten internationalen Bestrebungen, den GEF zum zentralen globalen Umweltfinanzierungsmechanismus auszugestalten.

2.2

Weitere Bestimmungen

Weitere wichtige Bestimmungen der Konvention sind: Durchführungspläne: Alle Vertragsparteien müssen Durchführungspläne zur Umsetzung der Konvention verfassen und sich um deren Implementierung bemühen (Art. 7).

Informationsaustausch: Die Vertragsparteien sollen Informationen über die Verringerung oder Verhinderung der Produktion, Verwendung und Freisetzung von POPs, über Alternativen sowie über einschlägige Befunde zur Sicherheit von Mensch und Umwelt möglichst offen austauschen (Art. 9).

Bewusstseinsbildung: Die Vertragsparteien sollen die Bewusstseinsbildung unter ihren politisch Verantwortlichen und Entscheidungsträgern, in der Öffentlichkeit und in der Wirtschaft in Bezug auf POPs fördern und erleichtern (Art. 10).

Berichterstattung: Die Vertragsparteien müssen der Konferenz der Vertragsparteien regelmässig über die Massnahmen, die sie zur Durchführung der Konvention ergriffen haben, und über deren Wirksamkeit berichten (Art. 15). Zudem müssen sie dem Sekretariat periodisch statistische Daten zu ihren gesamten Produktions-, Einfuhrund Ausfuhrmengen von POPs zur Verfügung stellen.

Bewertung der Wirksamkeit: Die Konferenz der Vertragsparteien wird die Wirksamkeit der Konvention erstmals vier Jahre nach dem Tag des Inkrafttretens und danach in regelmässigen Abständen bewerten (Art. 16).

Nichteinhaltung: Die Konferenz der Vertragsparteien wird so bald als möglich Verfahren zum Umgang mit Nichteinhaltung festlegen (Art. 17).

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Beilegung von Streitigkeiten: Streitigkeiten werden mit friedlichen Mitteln beigelegt. In Frage kommt in erster Linie ein Schiedsgerichtsverfahren, über welches die Konferenz der Vertragsparteien noch zu beschliessen hat, gegebenenfalls auch die Vorlage der Streitigkeit beim internationalen Gerichtshof (Art. 18).

Konferenz der Vertragsparteien: Die Konferenz tritt spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten der Konvention zum ersten Mal und danach periodisch zusammen (Art. 19).

Ausserordentliche Tagungen kommen mit der Unterstützung von wenigstens einem Drittel der Vertragsparteien zustande. Auf der ersten Tagung beschliesst die Konferenz durch Konsens über eine Geschäftsordnung und eine Finanzordnung für sich selbst, die Nebenorgane und das Sekretariat.

Sekretariat: Es wird ein Sekretariat eingerichtet, das u.a. für die notwendige Koordination mit Sekretariaten anderer einschlägiger internationaler Gremien sorgen soll (Art. 20).

Weitere Verfahrensfragen: Vorschläge zur Änderung der Konvention können von jeder Vertragspartei eingebracht werden; sie werden von der Konferenz der Vertragsparteien durch Konsens oder ­ sofern alle Bemühungen um einen Konsens scheitern ­ nötigenfalls mit Dreiviertelmehrheit der anwesenden und abstimmenden Mitglieder verabschiedet (Art. 21). Ähnlich wird bei Vorschlägen zur Änderung oder Neuaufnahme von Anlagen der Konvention vorgegangen (Art. 22). Bei Abstimmungen hat jede Vertragspartei eine Stimme (Art. 23).

Ratifikation, Inkrafttreten und Rücktrittsmöglichkeit: Die Konvention tritt am neunzigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der fünfzigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft (Art. 26). Eine Vertragspartei kann jederzeit nach Ablauf von drei Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem die Konvention für sie in Kraft getreten ist, durch eine an den Verwahrer gerichtete schriftliche Notifikation von der Konvention zurücktreten. Der Rücktritt wird nach Ablauf eines Jahres nach dem Eingang der Notifikation beim Verwahrer oder zu einem gegebenenfalls in der Notifikation genannten späteren Zeitpunkt wirksam (Art. 28).

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die POPs-Konvention wird für die Schweiz personelle und finanzielle Auswirkungen haben.

Personelle Auswirkungen: Der personelle Aufwand entspricht nebst einigen Anpassungen aktueller Verwaltungsaufgaben ungefähr einer zusätzlichen Stelle. Die erwähnten Anpassungen betreffen z.B. die Auswertung von Messungen und die Führung von Emissionsinventaren. Die Zusatzstelle ergibt sich im Zusammenhang mit den vom Übereinkommen geforderten Aktions- und Durchführungsplänen, mit deren Umsetzung, mit der Berichterstattung sowie mit der Teilnahme an Konferenzen und in technischen Komitees. Sie soll über eine departements- oder amtsinterne Kompensation sichergestellt werden.

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Finanzielle Auswirkungen: Die Schweiz kandidiert für den definitiven Sitz des heute interimistisch im Haus der Umwelt in Genf angesiedelten Sekretariates. Deutschland hat mit Bonn eine konkurrierende Offerte eingereicht und für den Fall, dass das Sekretariat nach Bonn zügeln würde, einen jährlichen Unterstützungsbeitrag von 1,1 Millionen Euro (1,7 Mio. Fr.) zusätzlich zu den obligatorischen Beiträgen zugesagt. Die Schweiz wird für Genf eine finanziell ebenbürtige Offerte machen müssen.

Sollte es gelingen, das Sekretariat der POPs-Konvention in Genf zu behalten, würden daher jährliche Gesamtkosten von rund 2,3 Millionen Franken anfallen, d.h.

1,7 Millionen Franken für das Sekretariat und 0,6 Millionen Franken für Beitragszahlungen, wobei der erstere der beiden Beträge sich in Abhängigkeit von der Kursentwicklung des Euro noch leicht verändern kann.

Der Exekutivdirektor der UNEP (United Nations Environment Program) nimmt interimistisch die Sekretariatsaufgaben wahr. Diese umfassen u.a. die Koordination mit den Sekretariaten anderer einschlägiger internationaler Gremien und Umweltkonventionen, was dem Sekretariat zusätzliches Gewicht und der Standortfrage Genf politische Bedeutung verleiht.

Der Finanzmechanismus der POPs-Konvention für die technische Hilfe und den Kapazitätsaufbau ist der GEF. Dies entspricht dem schweizerischen Anliegen, den GEF zum zentralen globalen Umweltfinanzierungsmechanismus auszubauen. Dessen Wiederauffüllung («replenishment») ist zurzeit Gegenstand einer separaten Vorlage an das Parlament. Gleichzeitig soll im Umweltschutzgesetz eine formellgesetzliche Grundlage für Finanzbeiträge im Rahmen der internationalen Umweltpolitik geschaffen werden, die auch als Grundlage für die Beiträge an die POPsKonvention dienen wird.

3.2

Auswirkungen auf die Wirtschaft

Die POPs-Konvention wird nur geringe Auswirkungen auf die Wirtschaft haben.

Der Grund liegt vor allem darin, dass in der Schweiz alle POPs mit Ausnahme von Mirex auf Grund der Bestimmungen der Verordnung über verbotene giftige Stoffe (SR 813.39) und der Stoffverordnung (SR 814.013) seit langem verboten sind. Auch Mirex wird nicht gehandelt. PCB-haltige Transformatoren und Kondensatoren wurden längst saniert, und die Verbrennungs- und Produktionsanlagen sind im Allgemeinen auf einem Stand, der keine Zusatzinvestitionen zur Verhinderung von PCDD- und PCDF-Emissionen mehr erfordert. Es bleiben die in der Konvention mehrfach verankerte Informationspflicht sowie die Verpflichtung der Vertragsparteien, im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine geeignete Forschung, Entwicklung, Überwachung und Zusammenarbeit in Bezug auf POPs und gegebenenfalls deren Alternativen zu fördern. Erstere betrifft im Wesentlichen den Bund, denn es wird in erster Linie darum gehen, Informationen von Gewerbe und Industrie, die bereits erhoben werden, gezielt zu ordnen und auszuwerten. Letztere kann Innovationsanreize schaffen, ohne neue Förderungsmechanismen notwendig zu machen.

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3.3

Auswirkungen auf die Umweltpolitik

Die Ratifikation der POPs-Konvention wird sich problemlos in die Umwelt- und Gesundheitspolitik der Schweiz einfügen. Sie entspricht dem Verfassungsgrundsatz der Nachhaltigkeit. Zudem stellt sie nach der Ratifikation des UNO/ECE-Protokolls vom 24. Juni 1998 im Rahmen des Übereinkommens über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung den logischen nächsten Schritt dar, denn die globalen Auswirkungen der Verwendung von POPs sind letztlich nur unter Kontrolle zu bringen, wenn das Problem auch in den Entwicklungsländern angegangen wird. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die Schweiz bereits andere Übereinkommen ratifiziert hat, welche sich mit dem grenzüberschreitenden Transport von Schadstoffen befassen. Zu denken ist hier insbesondere an das Basler Übereinkommen vom 22. März 1989 über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung sowie an das Rotterdamer Übereinkommen vom 10. September 1998 über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel im internationalen Handel (Prior Informed Consent ­ PIC-Konvention; von der Schweiz am 10. Januar 2002 ratifiziert).

Es ist zu erwarten, dass viele Staaten die Konvention rasch ratifizieren werden und dass die Konvention damit auch rasch in Kraft tritt. Eine baldige Ratifikation durch die Schweiz wäre im Hinblick auf die Teilnahme an der ersten Konferenz der Vertragsparteien, an welcher wesentliche erste Weichen gestellt werden, von Vorteil.

Zudem hätte sie eine nicht zu unterschätzende Signalwirkung und dürfte eine wichtige Voraussetzung dafür sein, dass der Sitz des Sekretariates auch längerfristig in Genf bleibt.

4

Legislaturplanung

Die Ratifikation der POPs-Konvention ist im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 vom 1. März 2000 (BBl 2000 2286) unter Ziel 3 «Einsatz zu Gunsten einer offenen und nachhaltigen Weltwirtschaftsordnung» unter R7 «Weiterentwicklung einer nachhaltigen Aussenwirtschaftspolitik und der internationalen Umweltpolitik» aufgeführt.

5

Verhältnis zu anderen internationalen Übereinkommen

Die POPs-Konvention steht im Einklang mit dem UNO/ECE-POP-Protokoll vom 24. Juni 1998, mit der PIC-Konvention und mit dem Basler Übereinkommen vom 22. März 1989. Es besteht auch kein Konflikt mit anderen internationalen Übereinkommen.

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6

Verhältnis zum europäischen Recht

Am 22. Mai 2001 haben in Stockholm die Europäische Kommission und alle EUStaaten den Konventionstext unterzeichnet. Ein Widerspruch zum EG-Recht besteht damit nicht.

7

Rechtliches

7.1

Verfassungsmässigkeit

Der Bund hat nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung die Kompetenz, völkerrechtliche Verträge abzuschliessen. Nach Artikel 166 Absatz 2 der Bundesverfassung sind völkerrechtliche Verträge von der Bundesversammlung zu genehmigen, sofern nicht durch Gesetz oder völkerrechtlichen Vertrag der Bundesrat zuständig ist. Eine solche Delegation der Kompetenz zur Genehmigung des nun zur Ratifikation anstehenden Übereinkommens an den Bundesrat besteht nicht; für die Genehmigung des Übereinkommens ist daher die Bundesversammlung zuständig.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d der Bundesverfassung unterliegen völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen oder eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbeiführen, dem fakultativen Referendum. Die Konvention über persistente organische Schadstoffe ist auf unbestimmte Dauer abgeschlossen, kann aber gemäss Artikel 28 Absatz 1 nach Ablauf von drei Jahren nach dem Inkrafttreten jederzeit gekündigt werden. Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang der Kündigung beim Depositar wirksam.

Die Konvention sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor.

Eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung wird durch die Konvention nicht herbeigeführt. Es wird kein bestimmter Rechtsbereich in detaillierter Weise und durch direkt anwendbare Normen geregelt, sondern die Wahl der Mittel zur Umsetzung der eingegangenen Verpflichtungen wird den Vertragsparteien überlassen.

Der Genehmigungsbeschluss der Bundesversammlung untersteht deshalb nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d der Bundesverfassung.

7.2

POPs-Konvention und schweizerische Ratifikationspraxis

Nach der schweizerischen Praxis der Ratifikation von internationalen Abkommen hält sich der Bundesrat «an den Grundsatz, Übereinkommen nur zu unterzeichnen, wenn in absehbarer Zeit mit einer Ratifikation gerechnet werden darf».1 «Für die Ratifikationspraxis des Bundesrates haben diese Grundsätze zur Konsequenz, dass 1

Bericht des Bundesrates über seine Geschäftsführung im Jahre 1988 vom 22. Februar 1989 [Geschäftsbericht], S. 47; bestätigt in: Sechster Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates vom 29. November 1995 [Bericht], in BBl 1996 I 433, 435 f..

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zwischen einem Übereinkommen und der innerstaatlichen Rechtsordnung keine erheblichen Unterschiede bestehen dürfen».2 Sind die Bestimmungen des völkerrechtlichen Vertrags nicht ganz deckungsgleich mit dem Landesrecht, so unterbreitet der Bundesrat den Vertrag dem Parlament nur dann zur Genehmigung, wenn die Lücken «durch gesetzgeberische Massnahmen innert nützlicher Frist geschlossen werden können».3 Die POPs-Konvention steht mit nationalem Recht im Einklang. So hält insbesondere Artikel 29 Absatz 2 Buchstabe b des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983 (SR 814.01) fest, dass der Bundesrat über Stoffe, die auf Grund ihrer Eigenschaften die Umwelt oder mittelbar den Menschen gefährden können, Vorschriften erlassen kann, welche namentlich «Stoffe, die oder deren Folgeprodukte sich in der Umwelt anreichern können, wie chlorhaltige organische Verbindungen und Schwermetalle» betreffen. In diesem Sinne sind alle von der POPs-Konvention erfassten Substanzen exklusive Mirex nach Anhang 3 der Stoffverordnung (SR 814.013) in der Schweiz bereits verboten. Ein Totalverbot für Mirex wird mit der Inkraftsetzung des Chemikaliengesetzes und der dazugehörenden Verordnungen erlassen. Darüber hinaus sind alle POPs inklusive Mirex Gegenstand des ratifizierten Protokolls vom 24. Juni 1998 zum Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung, betreffend persistente organische Schadstoffe.

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Geschäftsbericht, S. 47, Bericht, S. 436.

Geschäftsbericht, S. 47; Bericht, S. 436.

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