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Übereinkommen über Massnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut

Die Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, die vom 12. Oktober bis 14. November 1970 in Paris ihre 16. Tagung abhielt, im Hinblick auf die Bedeutung der Bestimmungen der von der Generalkonferenz auf ihrer 14. Tagung angenommenen Erklärung über die Grundsätze der internationalen kulturellen Zusammenarbeit, in der Erwägung, dass der Austausch von Kulturgut unter den Nationen zu wissenschaftlichen, kulturellen und erzieherischen Zwecken die Kenntnisse über die Zivilisation des Menschen vertieft, das kulturelle Leben aller Völker bereichert und die gegenseitige Achtung und das Verständnis unter den Nationen fördert, in der Erwägung, dass das Kulturgut zu den wesentlichen Elementen der Zivilisation und der Kultur der Völker gehört, und dass sein wahrer Wert nur im Zusammenhang mit möglichst weitreichenden Kenntnissen über seinen Ursprung, seine Geschichte und seinen traditionellen Hintergrund erfasst werden kann, in der Erwägung, dass es jedem Staat obliegt, das in seinem Hoheitsgebiet befindliche Kulturgut vor den Gefahren des Diebstahls, der unerlaubten Ausgrabung und der rechtswidrigen Ausfuhr zu schützen, in der Erwägung, dass zur Abwendung dieser Gefahren sich jeder Staat notwendigerweise in zunehmendem Masse der moralischen Verpflichtung bewusst werden muss, sein kulturelles Erbe und das aller Nationen zu achten, in der Erwägung, dass Museen, Bibliotheken und Archive als kulturelle Einrichtungen zu gewährleisten haben, dass ihre Bestände nach weltweit anerkannten moralischen Grundsätzen angelegt werden, in der Erwägung, dass die rechtswidrige Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut der Verständigung zwischen den Nationen im Wege steht, die zu fördern Aufgabe der UNESCO ist, unter anderem durch Empfehlung internationaler Übereinkünfte zu diesem Zweck an interessierte Staaten, in der Erwägung, dass der Schutz des kulturellen Erbes nur wirkungsvoll sein kann, wenn er sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene durch enge Zusammenarbeit der Staaten gestaltet wird, in der Erwägung, dass die Generalkonferenz der UNESCO zu diesem Zweck im Jahre 1964 eine Empfehlung angenommen hat,

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Übersetzung des französischen Originaltextes.

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Massnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut. Übereinkommen

angesichts weiterer Vorschläge über Massnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut, die als Punkt 19 auf der Tagesordnung der Tagung stehen, eingedenk des auf ihrer 15. Tagung gefassten Beschlusses, dieses Thema zum Inhalt eines internationalen Übereinkommens zu machen, nimmt dieses Übereinkommen am 14. November 1970 an.

Art. 1 Im Sinne dieses Übereinkommens gilt als Kulturgut das von jedem Staat aus religiösen oder weltlichen Gründen als für Archäologie, Vorgeschichte, Geschichte, Literatur, Kunst oder Wissenschaft bedeutungsvoll bezeichnete Gut, das folgenden Kategorien angehört: a)

seltene Sammlungen und Exemplare der Zoologie, Botanik, Mineralogie und Anatomie sowie Gegenstände vom paläontologischem Interesse;

b)

die Geschichte betreffendes Gut, einschliesslich der Geschichte von Wissenschaft und Technik, der Militär- und Gesellschaftsgeschichte sowie des Lebens der führenden Persönlichkeiten, Denker, Wissenschaftler und Künstler und der Ereignisse von nationaler Bedeutung;

c)

Ergebnisse archäologischer Ausgrabungen (sowohl vorschriftsmässiger als auch unerlaubter) oder archäologischer Entdeckungen;

d)

Teile künstlerischer oder geschichtlicher Denkmäler oder von Ausgrabungsstätten, die zerstückelt sind;

e)

Antiquitäten, die mehr als hundert Jahre alt sind, wie beispielsweise Inschriften, Münzen und gravierte Siegel;

f)

Gegenstände aus dem Gebiet der Ethnologie;

g)

Gut von künstlerischem Interesse wie i) Bilder, Gemälde und Zeichnungen, die ausschliesslich von Hand auf irgendeinem Träger und in irgendeinem Material angefertigt sind (ausgenommen industrielle Entwürfe und handverzierte Manufakturwaren); ii) Originalarbeiten der Bildhauerkunst und der Skulptur in irgendeinem Material; iii) Originalgravuren, -drucke und -lithografien; iv) Originale von künstlerischen Zusammenstellungen und Montagen in irgendeinem Material

h)

seltene Manuskripte und Inkunabeln, alte Bücher, Dokumente und Publikationen von besonderem Interesse (historisch, künstlerisch, wissenschaftlich, literarisch usw.), einzeln oder in Sammlungen;

i)

Briefmarken, Steuermarken und ähnliches, einzeln oder in Sammlungen;

j)

Archive einschliesslich Phono-, Foto- und Filmarchive;

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k)

Möbelstücke, die mehr als hundert Jahre alt sind, und alte Musikinstrumente.

Art. 2 1. Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens erkennen an, dass die rechtswidrige Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut eine der Hauptursachen für die Verarmung der Ursprungsländer an kulturellem Erbe darstellen, und dass die internationale Zusammenarbeit eines der wirksamsten Mittel zum Schutz des Kulturgutes jedes Landes gegen alle sich daraus ergebenden Gefahren ist.

2. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsstaaten, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln diese Praktiken zu bekämpfen, insbesondere ihre Ursachen zu beseitigen, ihre Anwendung zu beenden und die Entrichtung der erforderlichen Entschädigungen zu unterstützen.

Art. 3 Die Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut gelten als rechtswidrig, wenn sie im Widerspruch zu den Bestimmungen stehen, die von den Vertragsstaaten in diesem Übereinkommen angenommen worden sind.

Art. 4 Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens erkennen an, dass im Sinne dieses Übereinkommens das zu folgenden Kategorien gehörende Kulturgut Teil des kulturellen Erbes jedes Staates ist: a)

Kulturgut, das durch die individuelle oder kollektive Schöpferkraft von Angehörigen des betreffenden Staates entstanden ist, und für den betreffenden Staat bedeutsames Kulturgut, das in seinem Hoheitsgebiet von dort ansässigen Ausländern oder Staatenlosen geschaffen wurde;

b)

im Staatsgebiet gefundenes Kulturgut;

c)

durch archäologische, ethnologische oder naturwissenschaftliche Aufträge mit Billigung der zuständigen Behörden des Ursprungslandes erworbenes Kulturgut;

d)

Kulturgut, das auf Grund freier Vereinbarung ausgetauscht worden ist;

e)

Kulturgut, das unentgeltlich empfangen wurde oder rechtmässig mit Billigung der zuständigen Behörden des Ursprungslandes käuflich erworben wurde.

Art. 5 Zum Schutz ihres Kulturgutes vor rechtswidriger Einfuhr, Ausfuhr oder Übereignung verpflichten sich die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens, in der in jedem Land geeignetsten Weise in ihren Hoheitsgebieten eine oder mehrere staatliche Dienststellen einzusetzen, soweit solche nicht bereits vorhanden sind, die das kultu637

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relle Erbe schützen und mit qualifiziertem und zahlenmässig ausreichendem Personal ausgestattet sind, das in der Lage ist, folgende Aufgaben wirksam zu erfüllen: a)

Mitwirkung an der Ausarbeitung von Gesetzentwürfen und sonstigen Rechtsvorschriften zum Schutz des kulturellen Erbes und insbesondere zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung bedeutsamen Kulturgutes;

b)

Aufstellung und Führung eines Verzeichnisses des bedeutenden öffentlichen und privaten Kulturgutes auf der Grundlage eines nationalen Inventars des zu schützenden Gutes, dessen Ausfuhr für den Staat einen merklichen Verlust an seinem kulturellen Erbe darstellen würde;

c)

Förderung des Ausbaus oder der Errichtung wissenschaftlicher und technischer Einrichtungen (Museen, Bibliotheken, Archive, Laboratorien, Werkstätten usw.), die zur Erhaltung und Ausstellung von Kulturgut notwendig sind;

d)

Überwachung archäologischer Ausgrabungen, Gewährleistung der Konservierung bestimmten Kulturgutes «in situ» und Schutz bestimmter Gebiete, die zukünftigen archäologischen Forschungszwecken vorbehalten sind;

e)

Aufstellung von Vorschriften für die betroffenen Personen (Kuratoren, Konservatoren, Sammler, Antiquitätenhändler usw.) entsprechend den ethischen Grundsätzen dieses Übereinkommens und Überwachung der Einhaltung dieser Vorschriften;

f)

Durchführung von Bildungsmassnahmen, um die Achtung vor dem kulturellen Erbe aller Staaten zu wecken und zu entfalten, und weiter Verbreitung der Kenntnisse über die Bestimmungen dieses Übereinkommens;

g)

Gewährleistung einer ausreichenden Bekanntmachung in der Öffentlichkeit jedes Falles von Verschwinden von Kulturgut.

Art. 6 Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens übernehmen folgende Verpflichtungen: a)

Sie führen eine geeignete Bescheinigung ein, in welcher der ausführende Staat angibt, dass die Ausfuhr des fraglichen Kulturgutes bzw. der fraglichen Kulturgüter genehmigt ist. Jedes vorschriftsmässig ausgeführte Kulturgut muss von einer solchen Bescheinigung begleitet sein.

b)

Sie verbieten die Ausfuhr von Kulturgut aus ihrem Hoheitsgebiet, sofern die oben genannte Ausfuhrbescheinigung nicht beiliegt.

c)

Sie bringen dieses Verbot auf geeignete Weise der Öffentlichkeit zur Kenntnis und insbesondere den Personen, die für die Ausfuhr oder Einfuhr von Kulturgut in Frage kommen.

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Art. 7 Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens übernehmen folgende Verpflichtungen: a)

Sie ergreifen im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften alle erforderlichen Massnahmen, um Museen und ähnliche Einrichtungen in ihrem Hoheitsgebiet am Erwerb von Kulturgut zu hindern, das aus einem anderen Vertragsstaat stammt und nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens widerrechtlich aus dem betreffenden Staat ausgeführt worden ist. Soweit möglich teilen sie einem Ursprungsstaat, der Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, mit, wenn Kulturgut angeboten wird, das nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens für beide Staaten widerrechtlich aus jenem Staat entfernt worden ist.

b)

i)

ii)

Sie verbieten die Einfuhr von Kulturgut, das nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens für die betreffenden Staaten aus einem Museum oder einem öffentlichen weltlichen oder religiösen Bauwerk oder einer ähnlichen Einrichtung in einem anderen Vertragsstaat dieses Übereinkommens gestohlen worden ist, sofern nachgewiesen werden kann, dass dieses Gut zum Inventar jener Einrichtung gehört.

Auf Ersuchen des Ursprungsstaates, der Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, ergreifen sie geeignete Massnahmen zur Wiedererlangung und Rückgabe jedes Kulturguts, das nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens für beide betreffenden Staaten auf diese Weise gestohlen und eingeführt wurde, sofern der ersuchende Staat einem gutgläubigen Erwerber oder einer Person mit einem Rechtsanspruch an diesem Gut eine angemessene Entschädigung zahlt. Gesuche um Wiedererlangung und Rückgabe sind auf diplomatischem Wege an den ersuchten Staat zu übermitteln. Der ersuchende Staat stellt auf seine Kosten die Unterlagen und das übrige Beweismaterial zur Verfügung, das zur Feststellung seines Anspruchs auf Wiedererlangung und Rückgabe erforderlich sind.

Die Vertragsstaaten erheben auf dem nach diesem Artikel zurückgegebenen Gut weder Zölle noch sonstige Abgaben. Alle Kosten im Zusammenhang mit der Rückgabe und Zustellung des Kulturgutes werden von dem ersuchenden Staat getragen.

Art. 8 Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens verpflichten sich, gegen jeden, der für einen Verstoss gegen die in Artikel 6 Buchstabe b und Artikel 7 Buchstabe b genannten Verbote verantwortlich ist, Kriminal- oder Ordnungsstrafen zu verhängen.

Art. 9 Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens, dessen kulturelles Erbe durch archäologische oder ethnologische Ausbeutung gefährdet ist, kann sich an andere betroffene Vertragsstaaten wenden. Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens verpflichten sich, in diesen Fällen an jeder gemeinsamen internationalen Aktion teilzunehmen mit dem Ziel, erforderliche konkrete Massnahmen festzulegen und 639

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durchzuführen, einschliesslich der Überwachung der Ausfuhr, der Einfuhr und des internationalen Handels mit den fraglichen Kulturgütern. Bis zu einer Vereinbarung ergreift jeder betroffene Staat im Rahmen seiner Möglichkeiten einstweilige Massnahmen, um zu verhindern, dass dem kulturellen Erbe des ersuchenden Staates unersetzlicher Schaden zugefügt wird.

Art. 10 Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens übernehmen folgende Verpflichtungen: a)

Durch Erziehung, Information und aufmerksame Beobachtung schränken sie den Verkehr mit Kulturgut, das aus irgendeinem Vertragsstaat dieses Übereinkommens rechtswidrig entfernt worden ist, ein und verpflichten im Rahmen der in jedem Land gegebenen Möglichkeiten die Antiquitätenhändler unter Androhung von Strafen oder verwaltungsrechtlichen Massnahmen ein Verzeichnis zu führen, aus dem der Ursprung jedes einzelnen Kulturgutes, die Namen und Anschriften der Lieferanten, die Beschreibung und der Preis für jeden verkauften Gegenstand hervorgeht; ferner haben sie den Käufer eines Kulturgutes über das für den Gegenstand möglicherweise bestehende Ausfuhrverbot zu unterrichten.

b)

Durch Bildungsmassnahmen bemühen sie sich, in der Öffentlichkeit das Verständnis für den Wert des Kulturgutes sowie für die Gefahren zu wecken und zu entwickeln, die durch Diebstahl, unerlaubte Ausgrabungen und rechtswidrige Ausfuhr für das kulturelle Erbe entstehen.

Art. 11 Die erzwungene Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut, die sich unmittelbar oder mittelbar aus der Besetzung eines Landes durch eine fremde Macht ergeben, gelten als rechtswidrig.

Art. 12 Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens achten das kulturelle Erbe in den Hoheitsgebieten, für deren internationale Beziehungen sie verantwortlich sind; sie ergreifen alle geeigneten Massnahmen, um die rechtswidrige Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut in diesen Hoheitsgebieten zu verbieten und zu verhüten.

Art. 13 Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens übernehmen ferner im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung folgende Verpflichtungen: a)

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Sie verhindern mit allen geeigneten Mitteln Übereignungen von Kulturgut, durch die eine rechtswidrige Einfuhr oder Ausfuhr desselben begünstigt werden könnte.

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b)

Sie tragen für eine Zusammenarbeit zwischen ihren zuständigen Dienststellen Sorge, damit die schnellstmögliche Rückgabe des rechtswidrig ausgeführten Kulturgutes an den Berechtigten erleichtert wird.

c)

Sie lassen Verfahren zur Wiedererlangung verloren gegangenen oder gestohlenen Kulturgutes zu, die vom rechtmässigen Eigentümer oder in dessen Namen angestrengt werden.

d)

Sie erkennen das unverjährbare Recht jedes Vertragsstaates dieses Übereinkommens an, bestimmtes Kulturgut als unveräusserlich einzustufen und zu erklären, das deshalb ipso facto nicht ausgeführt werden darf, und sie erleichtern die Wiedererlangung solchen Gutes durch den betreffenden Staat, falls es ausgeführt worden ist.

Art. 14 Zur Verhinderung der rechtswidrigen Ausfuhr und zur Einhaltung der aus der Anwendung dieses Übereinkommens entstehenden Verpflichtungen wird jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens im Rahmen seiner Möglichkeiten seine innerstaatlichen Dienststellen, die mit dem Schutz seines kulturellen Erbes betraut sind, mit ausreichenden Mitteln ausstatten und, soweit erforderlich, zu diesem Zweck einen Fonds schaffen.

Art. 15 Dieses Übereinkommen hindert die Vertragsstaaten nicht, untereinander Sonderabkommen zu schliessen oder bereits geschlossene Abkommen weiter anzuwenden, welche die Rückgabe von Kulturgut zum Inhalt haben, das aus irgendwelchen Gründen vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens für die betreffenden Staaten aus dem Ursprungsland entfernt worden ist.

Art. 16 In ihren regelmässigen Berichten an die Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, welche die Vertragsstaaten zu den von der Generalkonferenz festzulegenden Zeitpunkten und in der von ihr anzugebenden Weise vorlegen, geben sie Auskunft über die von ihnen erlassenen Gesetzes- und Verwaltungsvorschriften sowie über sonstige von ihnen zur Durchführung dieses Übereinkommens ergriffene Massnahmen, und sie schildern ihre aus diesem Gebiet gewonnenen Erfahrungen.

Art. 17 1. Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens können die technische Hilfe der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur in Anspruch nehmen, insbesondere in folgenden Belangen:

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a)

Information und Erziehung;

b)

Beratung und Sachverständigengutachten;

c)

Koordinierung und gute Dienste.

2. Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur kann von sich aus über Fragen im Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Verkehr von Kulturgut Untersuchungen durchführen und Abhandlungen veröffentlichen.

3. Zu diesem Zweck kann sich die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur mit der Bitte um Zusammenarbeit auch an jede sachverständige nichtstaatliche Organisation wenden.

4. Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur kann von sich aus den Vertragsstaaten dieses Übereinkommens Vorschläge für dessen Durchführung unterbreiten.

5. Auf Ersuchen von wenigstens zwei Vertragsstaaten dieses Übereinkommens, zwischen denen eine Streitigkeit über dessen Durchführung entstanden ist, kann die UNESCO zur Schlichtung ihre guten Dienste anbieten.

Art. 18 Dieses Übereinkommen ist in englischer, spanischer, französischer und russischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.

Art. 19 1. Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifizierung oder Annahme durch die Mitgliedstaaten der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur nach Massgabe ihrer verfassungsrechtlichen Verfahren.

2. Die Ratifikations- oder Annahmeurkunden sind beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zu hinterlegen.

Art. 20 1. Dieses Übereinkommen steht allen Staaten, die nicht Mitglieder der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur sind und die vom Exekutivrat der Organisation zum Beitritt eingeladen werden, zum Beitritt offen.

2. Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur.

Art. 21 Dieses Übereinkommen tritt drei Monate nach Hinterlegung der dritten Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde für diejenigen Staaten in Kraft, die zu diesem Zeitpunkt oder vorher ihre Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunden 642

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hinterlegt haben. Für jeden weiteren Staat tritt es drei Monate nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde in Kraft.

Art. 22 Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens erkennen an, dass das Übereinkommen nicht nur in ihren Mutterländern anzuwenden ist, sondern ebenso in allen Hoheitsgebieten, für deren internationale Beziehungen sie verantwortlich sind; sie verpflichten sich, nötigenfalls die Regierungen oder sonstigen zuständigen Behörden jener Hoheitsgebiete im Zeitpunkt oder vor der Ratifikation, der Annahme oder dem Beitritt zu konsultieren, damit die Anwendung des Übereinkommens in diesen Gebieten gewährleistet ist, und dem Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur die Hoheitsgebiete zu notifizieren, in denen das Übereinkommen Anwendung findet; die Notifikation wird drei Monate nach ihrem Eingang wirksam.

Art. 23 1. Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens kann das Übereinkommen für sich selbst oder für ein Hoheitsgebiet, für dessen internationale Beziehungen er verantwortlich ist, kündigen.

2. Die Kündigung wird durch eine schriftliche, beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zu hinterlegende Urkunde notifiziert.

3. Die Kündigung wird zwölf Monate nach Eingang der Kündigungsurkunde wirksam.

Art. 24 Der Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur teilt den Mitgliedstaaten der Organisation, den in Artikel 20 erwähnten Staaten, die nicht Mitglieder der Organisation sind, sowie den Vereinten Nationen die Hinterlegung aller in den Artikeln 19 und 20 genannten Ratifikations-, Annahme- und Beitrittsurkunde mit, desgleichen die in den Artikeln 22 und 23 vorgesehenen Notifikationen und Kündigungen.

Art. 25 1. Dieses Übereinkommen kann durch die Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur revidiert werden. Die Revision bindet jedoch nur die Staaten, die Vertragsparteien des Revisionsübereinkommens werden.

2. Nimmt die Generalkonferenz ein neues Übereinkommen an, durch das dieses Übereinkommen ganz oder teilweise revidiert wird, so steht dieses Übereinkommen, sofern das neue Übereinkommen nichts anderes bestimmt, mit dem Inkrafttreten des

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neuen Revisionsübereinkommens nicht länger zur Ratifizierung, Annahme oder zum Beitritt offen.

Art. 26 In Übereinstimmung mit Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen wird dieses Übereinkommen auf Ersuchen des Generaldirektors der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur beim Sekretariat der Vereinten Nationen registriert.

Geschehen zu Paris am 17. November 1970 in zwei Originalausfertigungen, welche die Unterschrift des Präsidenten der 16. Tagung der Generalkonferenz und des Generaldirektors der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur tragen; diese Originalfassungen werden im Archiv der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt, und allen in den Artikeln 19 und 20 erwähnten Staaten sowie den Vereinten Nationen werden beglaubigte Abschriften übermittelt.

Dieses ist der verbindliche Wortlaut des Übereinkommens, das von der Generalkonferenz der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur auf ihrer in Paris abgehaltenen und am 14. November 1970 für beendet erklärten 16. Tagung ordnungsgemäss angenommen wurde.

Zu Urkund dessen haben wir am 17. November 1970 das Übereinkommen mit unseren Unterschriften versehen.

Der Präsident der Generalkonferenz:

Der Generaldirektor:

Attilio Dell'Oro Maini

René Maheu

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