02.424 Parlamentarische Initiative Bundesnahe Unternehmungen.

Kaderlöhne und Verwaltungsratshonorare Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 25. April 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen gemäss Artikel 21quater Absatz 3 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) den vorliegenden Bericht. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt einstimmig, ihrem beiliegenden Gesetzesentwurf zuzustimmen.

25. April 2002

Im Namen der Kommission Der Präsident: Charles-Albert Antille

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2002-1082

Übersicht Anfang des Jahres 2001 führte das Bekanntwerden der Höhe der Entschädigungen des Kaders der SBB sowie der Mitglieder deren Verwaltungsrates zu einer öffentlichen Debatte über die angemessene Entlöhnung bzw. Honorierung von Leitungsfunktionen in Unternehmen des Bundes, bzw. in vom Bund dominierten Unternehmen. Durch das gesamte politische Spektrum hindurch wurde die Meinung vertreten, es sei das richtige Augenmass verloren gegangen. Dem Bundesrat wurde vorgeworfen, er habe seine Verantwortung als Eigner dieser Unternehmen nicht wahrgenommen. Der Bundesrat verwies auf den Markt, versprach jedoch, Grundsätze für die Entschädigungen festzulegen sowie für vermehrte Transparenz gegenüber der Finanzdelegation zu sorgen.

Ausgehend von der Auffassung, dass der Bundesrat einer gesetzlichen Grundlage für den Erlass rechtlich verbindlicher Grundsätze bedarf und Transparenz betreffend die Entschädigungen nicht nur gegenüber der Finanzdelegation, sondern auch gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit hergestellt werden muss, werden hier die entsprechenden Regelungen vorgeschlagen.

Das Bundespersonalgesetz (SR 172.220.1) wird um einen neuen Artikel 6a ergänzt.

Darin wird der Bundesrat verpflichtet, dass er Grundsätze und Eckwerte betreffend ­

den Lohn des Kaders (einschliesslich Nebenleistungen)

­

das Honorar (einschliesslich Nebenleistungen) der Mitglieder des Verwaltungsrates

­

weitere Vertragsbedingungen (z.B. berufliche Vorsorge und Abgangsentschädigungen)

­

Nebenbeschäftigungen

festlegt. Diese Grundsätze gelten zum einen für die Post, für die SBB und andere Unternehmen und Anstalten des Bundes, welche als dezentralisierte Verwaltungseinheiten dem Bundespersonalgesetz unterstehen. Indem in den entsprechenden Spezialgesetzen auf Artikel 6a des Bundespersonalgesetzes verwiesen wird, gelten sie auch für weitere öffentlich-rechtliche Unternehmen und Anstalten des Bundes.

Schliesslich hat der Bundesrat dafür zu sorgen, dass diese Grundsätze auch in privatrechtlichen Betrieben, welche der Bund kapital- und stimmenmässig beherrscht, sowie in der SRG Anwendung finden.

Ein weiteres Anliegen ist die Transparenz betreffend die Entschädigungen. In Artikel 6a des Bundespersonalgesetzes soll deshalb vorgesehen werden, dass die Löhne und Honorare der betroffenen Personen öffentlich zugänglich sind.

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Ziel der Vorlage ist es, dass bei der Festlegung von Entschädigungen von Leitungsfunktionen die politischen, sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden. Übermässige Lohnerhöhungen sollen so in Zukunft vermieden werden können. Der Bundesrat soll den Unternehmungen dazu verbindliche Kriterien vorlegen. Nur dadurch kann er seiner Verantwortung als Eigner der Betriebe gerecht werden. Dadurch kann auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Lohn- und Personalpolitik der betroffenen Unternehmungen wieder erhöht werden. Damit die Öffentlichkeit auch kontrollieren kann, ob die Massnahmen greifen, ist es wichtig, dass sie sich über die Höhe der Entschädigungen jederzeit informieren kann.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die Diskussion in den Medien im Frühjahr 2001

«SBB halten Cheflöhne unter Verschluss. Die SBB-Angestellten sollen nicht erfahren, dass ihre Chefs fast doppelt so viel verdienen wie die Bundesräte». Mit diesem Bericht der «Berner Zeitung» vom 17. Februar 2001 über die Saläre des Kaders bei den SBB begann eine lebhafte öffentliche Diskussion über die Entlöhnung des Managements von Bundesbetrieben bzw. bundesnahen Betrieben. Das SBB-Management rechtfertigte die massiven Lohnerhöhungen ­ zum Teil handelte es sich um eine Verdoppelung der Saläre ­ mit Anpassungen an die Erfordernisse des Marktes.

In der Folge gerieten jedoch auch die Entschädigungen der Mitglieder des SBB-Verwaltungsrates sowie die Löhne von Kaderangehörigen weiterer Betriebe wie der Post und der Swisscom unter Beschuss.

1.2

Parlamentarische Reaktionen

Verschiedene parlamentarische Organe haben die Diskussion über die Saläre der Kader von bundesnahen Betrieben aufgenommen. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) sowie die Finanzdelegation verlangten Auskunft vom Bundesrat. Für die Staatspolitische Kommission, in deren Verantwortlichkeitsbereich das Bundespersonalgesetz fällt, stellte sich die Frage, ob gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) befasste sich am 1. März 2001 zum ersten Mal mit der Frage der Kaderlöhne. Sie beschloss, sich vorerst durch den Bundesrat informieren zu lassen.

Inzwischen wurde die Frage aufgrund von zwei dringlichen Interpellationen (01.3019 Hassler und 01.3034 Leutenegger Oberholzer) auch Gegenstand einer eingehenden Debatte während der Frühjahrssession des Nationalrates in Lugano (Amtl.

Bull. N 2001 242 ff.). Der Bundesrat stellte sich in seiner Antwort auf die Interpellationen auf den Standpunkt, dass die SBB bei der Festsetzung von Löhnen auf den Arbeitsmarkt Rücksicht zu nehmen haben. In der Ratsdebatte dominierte jedoch die Auffassung, dass bei der Festsetzung der Kaderlöhne bei SBB, Post und Swisscom das richtige Augenmass verloren gegangen sei, und der Bundesrat seine Verantwortung als Vertreter der Eigner dieser Betriebe hätte wahrnehmen müssen. Der Interpellant und die Interpellantin zeigten sich denn auch nur teilweise bzw. nicht befriedigt von den Antworten des Bundesrates.

In der gleichen Session wurde in beiden Räten je eine parlamentarische Initiative deponiert (01.411 Pa.Iv. Leutenegger Oberholzer. Bundesgesetz über Kaderlöhne und Verwaltungsratsentschädigungen bei Unternehmen mit ausschliesslicher oder mehrheitlicher Bundesbeteiligung und 01.409 Pa.Iv. Brunner Christiane. Obere Lohnstufen des Bundes). Ziel beider Initiativen ist es, dem Bundesrat die bisher fehlende rechtliche Grundlage zu geben, damit er auf Kaderlöhne und Verwaltungsratsentschädigungen bundesnaher Betriebe verbindlich einwirken kann. Zudem wird

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Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit bezüglich dieser Entgelte verlangt. Im Weiteren wurden drei Motionen eingereicht, welche vom Bundesrat verlangen, dass er Maximalbeträge für die Entschädigung der Kader bzw. der Verwaltungsratsmitglieder von bundesnahen Betrieben festlege (01.3095 Mo. Teuscher. Bundesbetriebe. Beschränkung der Spitzenlöhne; 01. 3096 Mo. Teuscher. Bundesbetriebe.

Beschränkung der Verwaltungsratshonorare; 01.3102 Mo. Mugny. Bund und öffentliche Unternehmungen. Plafonierung der Löhne). Eine weitere Motion verlangte die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für eine volle Transparenz der Löhne der Geschäftsleitung und der Entschädigung von Verwaltungsräten privater und öffentlicher Betriebe (01.3153 Mo. Leutenegger Oberholzer. Transparenz der Kaderlöhne und Verwaltungsratsentschädigungen).

Am 26. April 2001 stand der Direktor des Personalamtes in Vertretung von Bundesrat Villiger der SPK-N Red und Antwort. Die Kommission beschloss darauf, den für Anfang Juni in Aussicht gestellten Bericht des Bundesrates abzuwarten, bevor sie über das weitere Vorgehen entscheiden werde. Am 14. Juni 2001 wurde dieser Bericht von Bundesrat Villiger an einer gemeinsamen Sitzung der Finanzdelegation, der KVF-N, einer Delegation der Geschäftsprüfungskommissionen sowie der SPKN präsentiert.

1.3

Der Bericht des Bundesrates vom 5. Juni 2001

In seinem Bericht «Löhne und weitere Anstellungsbedingungen der obersten Führungskräfte» vom 5. Juni 2001 legte der Bundesrat die rechtlichen Verhältnisse bei der Swisscom, der Post, den SBB, der RUAG, der Schweizerischen Nationalbank (SNB), der SUVA, der SRG und des Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) dar. Im Weiteren publizierte er die Ergebnisse einer Umfrage bei diesen Betrieben über die Entschädigungen der Leitungsgremien. Der Bundesrat hielt fest, dass die Löhne und Boni der obersten Führungskräfte nach den üblichen Massstäben der Bundesverwaltung zwar recht hoch erscheinen würden, die Kaderlöhne der SBB und der Post jedoch marktgerecht seien und eher im unteren Bereich der Bandbreite liegen würden. Dennoch präsentierte der Bundesrat ein Massnahmenpaket, um «das gegenseitige Vertrauen von Öffentlichkeit, Politik und Unternehmungen zu stärken». Konkret schlug der Bundesrat eine Erhöhung der Transparenz und eine Standardisierung und Konkretisierung der Berichterstattung zu Handen der Finanzdelegation der Eidgenössischen Räte vor. Ausserdem gab der Bundesrat die Absicht bekannt, für die Unternehmungen, welche der Bund alleine besitzt oder die auf andere Weise dem Bund besonders nahe stehen, Grundsätze für die Festsetzung von Kaderlöhnen und Verwaltungsratshonorare festzulegen. Gesetzgeberischen Handlungsbedarf sah der Bundesrat jedoch nicht, zumal sich seine Absicht auf den Erlass von Grundsätzen empfehlenden Charakters richtete. Er «erachtet die geltenden gesetzlichen Grundlagen als nach wie vor zweckmässig und den unterschiedlichen Verhältnissen angepasst».

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1.4

Ergreifen einer Kommissionsinitiative

Die Frage des gesetzgeberischen Handlungsbedarfs beschäftigte die SPK-N an ihrer Sitzung vom 16. August 2001. Sie kam zu einem anderen Schluss als der Bundesrat.

Der Bundesrat soll die rechtliche Grundlage erhalten, damit er auf die Kaderlöhne und Verwaltungsratsentschädigungen bundesnaher Unternehmungen verbindlich einwirken kann. Im Weiteren soll Transparenz über die Kaderlöhne und Verwaltungsratshonorare hergestellt werden, und zwar nicht nur für die Finanzdelegation, sondern für das Parlament und die Öffentlichkeit. Die Kommission hat ohne Gegenstimmen den Grundsatzbeschluss gefasst, eine eigene parlamentarische Initiative der Kommission auszuarbeiten, welche diese Anliegen umsetzt. Die ihr zur Vorprüfung vorliegende parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (01.411) jedoch erachtete die Kommission in einzelnen Punkten als zu weit gehend und beantragt deshalb mit 14:8 Stimmen, ihr keine Folge zu geben.

1.5

Ausarbeitung eines Vorentwurfs durch eine Subkommission

Am 6. September 2001 beschloss die SPK-N an ihrer Sitzung die Einsetzung einer Subkommission, welche die parlamentarische Initiative auszuarbeiten hat.1 Die Subkommission legte an einer ersten Sitzung die Grundzüge der zu treffenden Regelung fest. An der nächsten Sitzung lag ihr bereits ein vom Bundesamt für Justiz ausgearbeiteter Vorentwurf für eine Änderung des Bundespersonalgesetzes und der entsprechenden Anpassungen der betroffenen Spezialgesetze vor, den sie nach der Detailberatung verabschieden konnte.

Am 25. April 2002 stimmte die Staatspolitische Kommission des Nationalrates dem Vorentwurf ihrer Subkommission nach Vornahme einiger Modifikationen mit 17:0 Stimmen zu.

1.6

Ein positives Signal seitens des Ständerates

Am 11. Februar 2002 gab die SPK des Ständerates mit 8:0 Stimmen bei zwei Enthaltungen der parlamentarischen Initiative von Christiane Brunner (01.409) Folge.

Sie gab damit ihrer Meinung Ausdruck, dass sie im Bereich der Löhne der obersten Führungskräfte verschiedener bundesnaher Betriebe gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht. Die Kommission des Ständerates hat Kenntnis genommen von den bereits weit gediehenen Vorarbeiten der nationalrätlichen Kommission. Sie signalisierte mit ihrem Entscheid, dass eine entsprechende Vorlage des Nationalrates dereinst in der ständerätlichen Kommission positive Aufnahme finden werde.

Der Ständerat folgte seiner Kommission am 22. März 2002 einstimmig.

1

Mitglieder der Subkommission: Joder (Präsident), Eberhard, Engelberger, Leutenegger Oberholzer, Lustenberger, Tillmanns, Vallender, Vermot-Mangold, Weyeneth.

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2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Warum eine gesetzliche Regelung?

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass am eingeschlagenen Weg der Marktöffnung bundesnaher Betriebe festzuhalten ist. Die Betriebe sollen genügend Spielraum haben, um sich im Markt flexibel bewegen zu können. Es ist deshalb zu vermeiden, sie in ein rechtlich allzu enges Korsett zu drängen. Hingegen hat der Bund seine Verantwortung als Eigner dieser Betriebe wahrzunehmen. Es wird hier deshalb als Kompromisslösung vorgeschlagen, dass der Bundesrat zwar gesetzlich verpflichtet wird, verbindliche Grundsätze betreffend die Entschädigungen des Kaders und des Verwaltungsrates zu erlassen, ohne jedoch vorzusehen, dass Maximallöhne festgelegt werden müssen.

Eine gesetzliche Regelung im Bereich der Kaderlöhne drängt sich aus politischen, sozialen und ökonomischen Gründen auf.

Übermässige Kaderlöhne werden von einer breiten Öffentlichkeit sehr kritisch aufgenommen; dies zeigt auch die aktuelle Diskussion betreffend Löhne von Managern aus der Privatwirtschaft. Handelt es sich dabei jedoch um Unternehmen, welche im Besitz der öffentlichen Hand sind, dann sind allzu hohe Löhne der Kader besonders stossend. Für die Steuer- und Gebührenzahlenden ist verständlicherweise nicht einsehbar, warum das Management dermassen hohe Löhne beziehen kann, während sie auf der anderen Seite im Bereich der Dienstleistungen ebendieser Unternehmen immer wieder Abstriche ­ aus Spargründen! ­ in Kauf nehmen müssen, und zum Beispiel mit geschlossen Poststellen und Bahnhöfen konfrontiert werden. Peter Hasler, Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, äusserte sich in der NZZ vom 20. Februar 2002 hierzu: «Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass bei öffentlichen Unternehmen der Staat und damit die Steuerzahler Eigentümer sind und hier andere Massstäbe gelten. Millionensaläre werden hierzulande als übersetzt empfunden, wenn die höchsten Würdenträger des Landes ­ die Bundesräte ­ gut 400 000 Franken verdienen.» Wenn die Schere zwischen den höheren und niedrigeren Einkommen sich dermassen öffnet, ist jedoch auch der soziale Friede gefährdet. Ein Lokomotivführer zum Beispiel übernimmt täglich die Verantwortung für zahlreiche Menschenleben. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso diese anspruchsvolle Arbeit in einem derart hohen Ausmass weniger wert sein soll, als diejenige des Generaldirektors. Es kann hier eingewendet werden, dass
die Löhne im Bereich der Privatwirtschaft noch weiter auseinanderklaffen, und der soziale Friede dort eher gefährdet sein könnte. Allerdings kommt dem öffentlichen Bereich immer eine gewisse Vorbildfunktion zu. Die aktuelle Diskussion über die Entschädigung von Führungspersonal im Bereich der Privatwirtschaft zeigt, dass auch hier eine Trendwende stattfinden muss.

Der Bundesrat hat in seinen Antworten zu den verschiedenen Vorstössen sowie in seinem Bericht vom 5. Juni 2001 durchaus Verständnis für die politische und soziale Dimension der Problematik gezeigt. Allerdings vertrat er die Auffassung, dass die kritisierten Löhne marktgerecht seien, ja sogar noch im unteren Durchschnitt liegen würden. Er stellte also die ökonomische Argumentation über die politische und die soziale. Allein dies ist zu hinterfragen, gerade in einem öffentlichen Unternehmen sind aus den dargelegten Gründen die politischen und sozialen Faktoren gleich zu gewichten.

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Kommt hinzu, dass auch die ökonomische Argumentation des Bundesrates nicht ganz stichhaltig ist. Zum ersten stellt sich die Frage der Definition des Marktes.

Welches ist der Vergleichsmarkt bei Unternehmen, die in ihrem Bereich mehr oder weniger ein Monopol haben?

Zum zweiten ist die Frage zu stellen, welche Kriterien für die Attraktivität einer Stelle ausschlaggebend sind. Der Lohn ist sicher ein Kriterium, daneben kommen aber zahlreiche weitere Kriterien wie persönliche Herausforderung, Interessen, Gestaltungsmöglichkeiten, mit der Stelle verbundenes Ansehen usw. In der Wissenschaft wird zum Beispiel bezweifelt ob «Pay for Performance» (Entlöhnung nach der individuellen und spezifischen Leistung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen) tatsächlich in jedem Fall zu erhöhter Leistung führen. Bruno S. Frey und Margit Osterloh kommen aufgrund der Auswertung von theoretischen und empirischen Untersuchungen zu einem differenzierten Urteil. So würde «Pay for Performance» nur bei einfachen Tätigkeiten und für Personen, die ausschliesslich am Gelderwerb interessiert sind, zur erwarteten Leistungssteigerung führen: « eignet sich nur für wenige Tätigkeiten und Mitarbeiter. Bei komplexen Aufgaben innerhalb einer Unternehmung, sowie bei Mitarbeitern, die nicht allein am Einkommen interessiert sind, kann sich, als kontraproduktiv erweisen. Die Konditionierung der Beziehung zwischen Mitarbeitern und Firma auf einen Lohn, der sich ausschliesslich an leicht erfassbaren individuellen Leistungen orientiert, unterhöhlt die intrinsische Arbeitsmotivation. Die intrinsische Motivation entsteht aus der unmittelbaren Freude an der Arbeit selbst.»2 Paradoxerweise ist gemäss Frey und Osterloh gerade die «Pay for Performance»- Strategie dafür verantwortlich, dass die Managerlöhne dramatisch gestiegen sind. Der Anteil des fixen Gehalts bei Kadern würde immer geringer im Verhältnis zu den Boni und insbesondere Aktienoptionen.

Freude an der Arbeit, aber auch Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber sind gemäss Frey und Osterloh jedoch wichtige Voraussetzungen für eine hohe Arbeitsleistung von Kadermitarbeitern. Wer argumentiert, die Lohnspirale würde sich nach oben drehen, wenn Kaderlöhne transparent gemacht werden müssten, geht einseitig nur von der Lohnkomponente aus. Es ist aber zu
hoffen, dass die öffentlichen Unternehmen bei der Rekrutierung von Kadern auch auf die nichtlohnbezogene Leistungsmotivation der Kandidaten und Kandidatinnen achten. Gerade die Rekrutierung branchenfremder Personen, die bisher zum Unternehmen keinen Bezug hatten, wirft hier Fragen auf.

2.2

Verpflichtung des Bundesrates zum Erlass von Grundsätzen und Eckwerten

In seinem Bericht vom 5. Juni 2001 kündigt der Bundesrat an, dass er für Unternehmen im Besitze des Bundes und weitere bundesnahe Unternehmungen Grundsätze für die Festsetzung von Kaderlöhnen und Verwaltungsratshonoraren festlegen will. Mit der vorliegenden Revision des Bundespersonalgesetzes und der entsprechenden Spezialgesetze soll er explizit dazu verpflichtet werden und diese Grund-

2

Frey, Bruno S. und Osterloh Margit: Pay for Performance ­ immer empfehlenswert?.

Für Zeitschrift für Führung und Organisation. Zürich 1999.

7503

sätze sollen für die betroffenen Unternehmen rechtlich verbindlich festgelegt werden. Insbesondere kann so auch rechtlich festgehalten werden, worüber der Bundesrat genau Grundsätze zu erlassen hat. Dazu gehören: ­

der Lohn (einschliesslich Nebenleistungen, d.h. Boni usw.) des Kaders

­

das Honorar (einschliesslich Nebenleistungen) der Mitglieder des Verwaltungsrates

­

weitere Vertragsbedingungen (z.B. berufliche Vorsorge und Abgangsentschädigungen)

­

Nebenbeschäftigungen.

Es liegt in der Kompetenz des Bundesrates, diese Grundsätze für die Post, SBB und die dezentralisierten Verwaltungseinheiten festzulegen. Diese Grundsätze gelten sinngemäss auch für weitere öffentlich-rechtliche Unternehmen und Anstalten des Bundes, welche nicht im Bundespersonalgesetz geregelt sind. In den Spezialgesetzen ist der entsprechende Hinweis anzubringen. Im Weiteren hat der Bundesrat dafür zu sorgen, dass die Grundsätze auch in privatrechtlichen Unternehmen, die der Bund beherrscht, sowie der SRG Anwendung finden.

Der Bundesrat soll sich jedoch nicht auf den Erlass von Grundsätzen beschränken, sondern auch Eckwerte festlegen. Eine breite Öffentlichkeit ist der Ansicht, dass es eine obere Grenze für die Gehälter geben müsse. Es geht nicht darum, die Lohnhöhe absolut festzulegen, aber es muss einen oberen Grenzwert geben. Auch bezüglich der Vertragsbedingungen braucht es Eckwerte, vor allem bei den Abgangsentschädigungen und bei der beruflichen Vorsorge. Hier herrscht bei den einzelnen Unternehmen Wildwuchs und das Gesetz muss dem Bundesrat klare Vorgaben machen.

Die Minderheit ist jedoch der Meinung, dass die Verpflichtung auf den Erlass fixer Eckwerte den Handlungsspielraum des Bundesrates zu fest einengen würde. Der Bundesrat solle Grundsätze festlegen, die Gehälter nach diesen Grundsätzen kontrollieren und eingreifen, wenn sie nicht eingehalten werden.

2.3

Transparenz

Im Weiteren wird eine Bestimmung vorgesehen, wonach die Löhne bzw. Honorare (einschliesslich Nebenleistungen) derjenigen Personen, für deren Funktionen der Bundesrat Grundsätze festlegen muss, öffentlich zugänglich sein müssen. Es geht nicht an, dass nur die Finanzdelegation Einblick erhält. Es besteht hier ein öffentliches Interesse, geht es doch auch um Steuergelder. Dem Argument, dass dadurch die Löhne aufgrund der Vergleichbarkeit noch mehr steigen würden, ist entgegenzuhalten, dass die entsprechenden Zahlen unter Insidern sicher bekannt waren. Im Weiteren ist die hier auf die unter Ziffer 21 dargelegte Diskussion zu verweisen.

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3

Konzeption des Gesetzes und Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Zur Konzeption des Gesetzesentwurfs

Der Gesetzesentwurf beschränkt sich darauf, bestehende Bundesgesetze zu ergänzen bzw. zu ändern. Er stellt somit ein sogenanntes Sammelgesetz dar. Mit dem Verzicht auf ein selbstständiges Kaderlohngesetz kann vermieden werden, dass die neuen Vorschriften über die Kaderlöhne usw. gewissermassen neben die bestehenden sektoriellen Regelungen (über die Swisscom, die Suva usw.) treten und dann immer zusammen mit den sektoriellen Vorschriften interpretiert werden müssen. Vielmehr sollen die neuen Vorschriften direkt in die bestehenden Gesetze integriert werden.

Theoretisch wäre es denkbar, die neuen Vorschriften über Kaderlöhne, Verwaltungsratshonorare usw. in allen sektoriellen Gesetzen vollständig aufzuführen. Dies wäre dann sinnvoll, wenn man je nach Sektoren (Post, Swisscom, Suva usw.) je spezifische Lösungen vorsehen wollte. Dies ist jedoch nicht die Absicht der Kommission. Weil die sektoriellen Gesetze den Bundesrat lediglich beauftragen sollen, bestimmte Fragen zu regeln, soll dieser Auftrag für alle Unternehmen und Anstalten des Bundes gleich lauten. Unter dieser Voraussetzung war es das Bestreben der Kommission, eine möglichst schlanke Lösung zu finden, welche unnötige Wiederholungen vermeidet. Dies kann dadurch erreicht werden, dass die materiellen Bestimmungen über Kaderlöhne usw. in einem bestimmten Gesetz konzentriert werden und dass dann in den andern sektoriellen Gesetzen auf diese Bestimmungen verwiesen wird.

Als Zentrum der Regulierung bietet sich das Bundespersonalgesetz (BPG, SR 172.220.1) an. Dies vor allem deshalb, weil es nach seinem Geltungsbereich für zahlreiche Unternehmen bzw. Anstalten gilt (z.B. Post, SBB, ETH und Eidg. Alkoholverwaltung, vgl. Art. 2 Abs. 1 BPG). In den sektoriellen Gesetzen über die Swisscom, die Schweizerische Nationalbank usw. wird dann jeweils auf die Regelung des BPG verwiesen.

3.2

Zu den einzelnen Bestimmungen

1. Bundespersonalgesetz Art. 6a

Entlöhnung und weiteres Vertragsbedingungen von Kaderangehörigen und Mitgliedern leitender Organe von Unternehmen und Anstalten des Bundes

Abs. 1 Mit Absatz 1 soll der Bundesrat verpflichtet werden, bestimmte Grundsätze über Kaderlöhne und dgl. zu erlassen. Die Regelung soll bei Kaderangehörigen den Lohn und «Nebenleistungen» erfassen. Als Nebenleistungen sind insbesondere Boni und Naturalleistungen (Übernahme von Kosten für Automobile, Ferienreisen usw.) zu verstehen. Erfasst werden auch Löhne und Nebenleistungen von Angestellten, die zwar keine eigentliche Kaderfunktion wahrnehmen, aber wegen der Bedeutung ihrer Aufgaben für das Unternehmen in vergleichbarer Weise entlöhnt werden.

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Ferner soll der Bundesrat Grundsätze über die Honorare der Mitglieder von Verwaltungsräten oder gleichartigen Oberleitungsorganen festlegen. Auch dabei sollen Nebenleistungen miterfasst werden.

Abs. 2 In Absatz 2 wird der Bundesrat dazu verpflichtet, bezüglich der Löhne der Kader und der Honorare der Verwaltungsratsmitglieder nicht nur Grundsätze, sondern auch Eckwerte festzulegen.

Abs. 3 Der Bundesrat soll auch Grundsätze und Eckwerte über die berufliche Vorsorge, über Abgangsentschädigungen und weitere Vertragsbedingungen von Kaderangehörigen und Verwaltungsratsmitgliedern festlegen. Als weitere Vertragsbedingungen fallen namentlich asymmetrische Kündigungsfristen in Betracht (z.B. Kündigung durch das Kadermitglied mit Frist von 1 Monat, Kündigung durch das Unternehmen mit Frist von 1 Jahr).

Abs. 4 Bei Kaderangehörigen soll der Bundesrat auch Grundsätze darüber erlassen, ob und wie weit sie Nebenbeschäftigungen ausüben dürfen. Für Bundesangestellte gilt bereits aufgrund von Art. 91 der Bundespersonalverordnung (BPV, SR 172.220.111.3), dass Nebenbeschäftigungen einer Bewilligungspflicht unterliegen und dass die Bewilligung nur erteilt werden kann, wenn die Nebenbeschäftigung weder die Leistungsfähigkeit des Angestellten vermindern noch zu Interessenkonflikten mit dem Arbeitgeber führen kann. Diese Regelung soll neu für alle Kaderangehörigen von Bundesunternehmen und -anstalten gelten.

Abs. 5 Diese Vorschrift will gewährleisten, dass die Kaderlöhne bzw. Verwaltungsratshonorare (einschliesslich Nebenleistungen) sowie die weiteren mit diesen Personen vereinbarten Vertragsbedingungen öffentlich zugänglich sind. Eine offizielle Publikation dieser Angaben wird damit nicht vorgeschrieben, doch müssen die Angaben auf Nachfrage hin herausgegeben werden.

Abs. 6 In dieser Bestimmung wird festgelegt, dass die Grundsätze nach den Absätzen 1­5 auch für Tochter-Unternehmen von Unternehmen und Anstalten gelten, die dem BPG unterstellt sind (d.h. Tochter-Unternehmen der Post, der SBB, der ETH usw).

Weil in den sektoriellen Gesetzen (z.B. über die Swisscom) auch auf diese Bestimmung verwiesen wird, wird sie für die Tochter-Unternehmen jener Unternehmen ebenfalls anwendbar sein.

Abs. 7 In dieser Vorschrift wird der Bundesrat angewiesen, dafür zu sorgen, dass die Grundsätze nach den Absätzen 1­6 für alle
privatrechtlichen Unternehmen sinngemäss angewendet werden, die der Bund kapital- und stimmenmässig beherrscht. Mit dieser indirekten Erfassung der privatrechtlichen Unternehmen wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Festlegung von Löhnen und dgl. im Privatrecht der privatautonomen Gestaltung durch die zuständigen Gesellschaftsorgane obliegt und

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dass es einen Systembruch bedeuten würde, wenn der Bundesrat über solche Fragen Verordnungsrecht erlassen könnte. Der Bundesrat kann aber in seiner Eigenschaft als Vertreter des Mehrheitsaktionärs durch eine entsprechende Gestaltung der Statuten und allenfalls noch durch den Abschluss von Verträgen mit dem Unternehmen dafür sorgen, dass die Grundsätze über die Kaderlöhne bzw. Verwaltungsratshonorare usw. eingehalten werden. Sollte ein privatrechtliches Unternehmen diese Grundsätze dennoch missachten, bleibt dem Bundesrat als ultima ratio die Möglichkeit, den Verwaltungsrat abzuberufen.

Die indirekte Verpflichtung aller privatrechtlichen Unternehmen, die der Bund beherrscht, die Kaderlohn-Grundsätze usw. einzuhalten, überschreitet an sich den Geltungsbereich des BPG, denn dieses Gesetz gilt für die anvisierten Unternehmen gerade nicht. Man könnte diese Problematik auf zweierlei Art lösen: Entweder wird der Geltungsbereich des BPG (Art. 2) entsprechend ergänzt oder die indirekte Verpflichtung wird in jenen Gesetzen vorgeschrieben, welche die Beteiligung des Bundes an den privatrechtlichen Gesellschaften vorsehen. Die letzte Lösung hätte überdies den Vorteil höherer Transparenz; als Nachteil könnte das Risiko bewertet werden, dass eine Gesetzesergänzung für ein bestimmtes Unternehmen irrtümlich unterbleibt.

Art. 15 Abs. 6 Mit dieser Bestimmung wird die Transparenz über Kaderlöhne usw. auch für die obersten Kader der Bundesverwaltung festgelegt. Es wäre nicht einzusehen, weshalb diese Kaderangehörigen bezüglich Angaben über ihre Löhne usw. anders zu behandeln wären als die Kaderangehörigen der Bundes-Unternehmen.

2. Telekommunikationsunternehmungsgesetz Art. 9 Abs. 4 und Art. 16 Abs. 2 Mit diesen Vorschriften werden die Grundsätze nach Artikel 6a Absätze 1­6 BPG als sinngemäss anwendbar erklärt. Diese Verweisungsnorm bewirkt, dass die Grundsätze des Bundesrates für die Swisscom und ihre mehrheitlich beherrschten TochterUnternehmen im Inland ohne weiteres gelten werden. «Sinngemäss» ist die Anwendung nur insofern, als in Artikel 6a Absatz 1 BPG u.a. ausdrücklich von den Kaderangehörigen der Post und der SBB die Rede ist.

3. Nationalbankgesetz Art. 62a Die Ausführungen zu den Änderungen des TUG gelten sinngemäss.

4. Unfallversicherungsgesetz Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 Abs. 3 Die Ausführungen zu den Änderungen des TUG gelten sinngemäss.

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5. Radio- und Fernsehgesetz Art. 29 Abs. 4 Weil die SRG eine privatrechtliche Organisation ist, kann nur eine indirekte Verpflichtung zur Einhaltung der Grundsätze in Frage kommen. Für Einzelheiten vgl.

die Ausführungen zu Artikel 6a Absatz 7 BPG. Die besondere Erwähnung im Radio- nd Fernsehgesetz ist notwendig, weil die SRG kein vom Bund kapital- und stimmenmässig beherrschtes Unternehmen ist und somit nicht unter Artikel 6a Absatz 7 BPG fällt.

6. Bundesgesetz über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum Art. 4 Abs. 5 und Art. 8 Abs. 3 Die Ausführungen zu den Änderungen des TUG gelten sinngemäss.

7. Heilmittelgesetz Art. 71 Abs. 2 und Art. 75 Abs. 2 Die Ausführungen zu den Änderungen des TUG gelten sinngemäss.

4

Personelle und finanzielle Auswirkungen

Direkte finanzielle Auswirkungen auf die Ausgaben des Bundes sind von der Vorlage nicht zu erwarten. Wenn jedoch davon ausgegangen werden kann, dass die Festsetzung von Grundsätzen bezüglich der Kaderlöhne und die Schaffung von Transparenz zu einer Kostenminderung in den Unternehmen führt, dann kann auch ein tendenziell besseres Geschäftsergebnis der Unternehmen erwartet werden. Dies kommt dem Bund als Aktionär zugute und hat somit allenfalls indirekt positive Auswirkungen auf die Einnahmen des Bundes.

5

Verfassungsmässigkeit

Die verfassungsrechtliche Grundlage der Gesetzesänderungen ergibt sich aus den Verfassungsbestimmungen, die den jeweiligen Bundesgesetzen zugrunde liegen (Art. 92 Abs. 1, 93 Abs. 1, 95 Abs. 1, 99 Abs. 2, 117 Abs. 1, 118 Abs. 2, 122 Abs. 1 sowie 173 Abs. 2 BV).

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