02.015 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte vom 30. Januar 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen zusammen mit der vorliegenden Botschaft den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte mit Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

30. Januar 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

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Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2002-0176

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Übersicht Bereits während der sektoriellen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft (EG) hat der Bundesrat seiner Bereitschaft Ausdruck verliehen, nach abgeschlossenen Verhandlungen die ausgehandelten Ergebnisse im Sinne der Gleichbehandlung auch den EFTA-Staaten zukommen zu lassen. Diese Absicht wurde vom Bundesrat in seiner Botschaft zur Genehmigung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG bekräftigt.

Im Juni 1999 wurde von der EFTA entschieden, das Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) zu revidieren, um so die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den EFTA-Staaten intensivieren zu können.

Die sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG bildeten bei der Überarbeitung des EFTA-Übereinkommens den Referenzpunkt.

Das Abkommen zur Änderung des EFTA-Übereinkommens wurde in Vaduz am 21. Juni 2001 unterzeichnet. Der Bundesrat unterbreitete dem Parlament am 12. September 2001 seine Botschaft zur Genehmigung der Änderung des EFTAÜbereinkommens. Gleichzeitig unterbreitete er Erlasse zur Umsetzung des Abkommens. Das Parlament verabschiedete das Paket am 14. Dezember 2001.

Das Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA), das vom Parlament am 23. Juni 2000 verabschiedet worden ist und zusammen mit den sektoriellen Verträgen zwischen der Schweiz und der EG im Frühjahr 2002 in Kraft treten soll, bedarf ebenfalls der Anpassung an das EFTAÜbereinkommen.

Die Gleichbehandlung der Angehörigen der EFTA-Mitgliedstaaten und derjenigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) bedingt eine Erweiterung des persönlichen Geltungsbereichs des Anwaltsgesetzes. Anwältinnen und Anwälte, die Angehörige von EFTA-Mitgliedstaaten sind, sollen nach denselben Modalitäten ihren Beruf in der Schweiz ausüben können wie Anwältinnen und Anwälte, die Angehörige von Mitgliedstaaten der EU sind. Mit der vorliegenden Botschaft unterbreitet der Bundesrat dem Parlament diese Änderung des Anwaltsgesetzes.

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Botschaft 1

Allgemeiner Teil

1.1

Änderung des EFTA-Übereinkommens

Am 21. Juni 2001 wurde in Vaduz das Abkommen zur Änderung des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Übereinkommen) unterzeichnet. Der Bundesrat unterbreitete dem Parlament am 12. September 2001 seine Botschaft zur Genehmigung der Änderung des EFTA-Übereinkommens.1 Gleichzeitig unterbreitete er den Entwurf eines Bundesgesetzes bezüglich der Bestimmungen über die Personenfreizügigkeit im Abkommen vom 21. Juni 2001. In diesem Erlass sind die erforderlichen Änderungen von Bundesgesetzen enthalten.

Das Parlament verabschiedete das Paket am 14. Dezember 2001.2 Das Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA), das vom Parlament am 23. Juni 2000 verabschiedet worden ist3 und zusammen mit den sektoriellen Verträgen zwischen der Schweiz und der EG im Frühjahr 2002 in Kraft treten soll, bedarf ebenfalls der Anpassung an das EFTAÜbereinkommen.

1.2

Anpassung des Anwaltsgesetzes

Das Anwaltsgesetz verwirklicht die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte in der Schweiz. Gestützt auf das Abkommen zwischen der Schweiz und der EG sowie ihren Mitgliedstaaten über die Freizügigkeit regelt es auch die grundlegenden Modalitäten für die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte, die Angehörige von Mitgliedstaaten der EU sind.4 Da dieses Abkommen über die Freizügigkeit in das EFTA-Übereinkommen übernommen worden ist, muss das Anwaltsgesetz diesbezüglich angepasst werden. Der persönliche Geltungsbereich muss auf Anwältinnen und Anwälte, die Angehörige von EFTA-Staaten sind, ausgedehnt werden.

Diese Anpassung ist grundsätzlich unbestritten, da das Parlament dem geänderten EFTA-Übereinkommen bereits zugestimmt hat.

2

Besonderer Teil: Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

Bestimmungen, die angepasst werden müssen Die Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereichs auf Anwältinnen und Anwälte, die Angehörige von EFTA-Staaten sind, bedingt die Anpassung einer Reihe von Be1 2 3 4

BBl 2001 4963 BBl 2001 6516, 6538 BBl 2000 3594 Vgl. Botschaft vom 28. April 1999, BBl 1999 6013

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stimmungen des Anwaltsgesetzes. Da es sich dabei jedoch nur um die Einfügung der Worte «oder der EFTA» handelt, kann auf eine detaillierte Erläuterung dieser Bestimmungen verzichtet werden: Im Einzelnen betrifft dies Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe b (Einsicht in das Register) sowie die Abschnitte 4 (Ausübung des Anwaltsberufs im freien Dienstleistungsverkehr durch Anwältinnen und Anwälte aus Mitgliedstaaten der EU oder der EFTA), 5 (Ständige Ausübung des Anwaltsberufs durch Anwältinnen und Anwälte aus Mitgliedstaaten der EU oder der EFTA unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung) und 6 (Eintragung von Anwältinnen und Anwälten aus Mitgliedstaaten der EU oder der EFTA in ein kantonales Anwaltsregister).

Persönlicher Geltungsbereich (Art. 2 Abs. 2 und 3) Absatz 2: Das Anwaltsgesetz regelt die Modalitäten für die Vertretung von Parteien vor Gerichtsbehörden durch Anwältinnen und Anwälte, die Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der EU sind. Die in diesem Zusammenhang bedeutungsvollen Richtlinien5 sind in das geänderte EFTA-Übereinkommen integriert worden. Danach sollen auch Anwältinnen und Anwälte aus den EFTA-Staaten von der Personenfreizügigkeit profitieren können. Aus diesem Grunde wird in Absatz 2 der persönliche Geltungsbereich des Anwaltsgesetzes in dieser Hinsicht erweitert.

Nach Absatz 3 sollen dieselben Modalitäten auch für Schweizerinnen und Schweizer gelten, die zur Ausübung des Anwaltsberufs in einem Mitgliedstaat der EFTA berechtigt sind.

Inkrafttreten (Art. 37 Abs. 3) Wie bereits für das Abkommen zwischen der Schweiz und der EG über die Freizügigkeit (Art. 37 Abs. 2 Satz 2 BGFA) sollen die Artikel des Anwaltsgesetzes, welche auf dem Freizügigkeitsabkommen basieren, für Angehörige von EFTA-Staaten nur im Falle des Inkrafttretens des Bundesgesetzes bezüglich der Bestimmungen über die Personenfreizügigkeit im Abkommen vom 21. Juni 2001 zur Änderung des Übereinkommens zur Gründung der EFTA in Kraft treten (Art. 37 Abs. 3).

Liste der Berufsbezeichnungen in den Mitgliedstaaten der EFTA (Anhang) Der Anhang des Anwaltsgesetzes enthält eine Liste der Bezeichnungen des Anwaltsberufs in den Mitgliedstaaten der EU gemäss den Richtlinien 77/249/EWG und 98/5/EG. Er wird nun ergänzt durch die Auflistung der Berufsbezeichnungen in den Mitgliedstaaten der EFTA.

3

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Diese geringfügige Anpassung des Anwaltsgesetzes an das geänderte EFTA-Übereinkommen hat weder finanzielle noch personelle Auswirkungen.

5

Richtlinien 77/249/EWG, 89/48/EWG und 98/5/EG

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4

Legislaturplanung

Die Ausweitung der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG auf die EFTA-Staaten tritt im Rahmen von Ziel 1 des Legislaturplanes 1999­20036 (R2 Teilnahme der Schweiz am europäischen Integrationsprozess) in Erscheinung.7 Die Anpassung des Anwaltsgesetzes ist eine Begleitmassnahme zum geänderten EFTA-Übereinkommen und entspricht denjenigen, welche bezüglich des sektoriellen Abkommens zwischen der Schweiz und der EG über die Freizügigkeit beschlossen worden sind.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

Durch die Änderung des EFTA-Übereinkommens sind die EFTA-Regeln den Gemeinschaftsregeln angenähert worden. Island, Liechtenstein und Norwegen wenden in ihrem Verhältnis untereinander die Bestimmungen des EWR-Abkommens an, während die Schweiz in ihrem Verhältnis zu den anderen EFTA-Staaten die den Bestimmungen der sektoriellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG nachgebildeten Regeln anwendet. Im Bereich der Personenfreizügigkeit macht dies u.a. die vorliegende Anpassung des Anwaltsgesetzes erforderlich.

6

Verfassungsmässigkeit

Die Anpassung des Anwaltsgesetzes an das geänderte EFTA-Übereinkommen ist aus verfassungsrechtlicher Sicht unproblematisch. Die Bundesversammlung hat der Änderung des EFTA-Übereinkommens bereits zugestimmt.

6 7

BBl 2000 2282 BBl 2001 5005

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