02.031 Botschaft zur Verlängerung der dringlichen Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe vom 10. April 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit der vorliegenden Botschaft die Entwürfe für zwei Bundesgesetze zur Verlängerung der dringlichen Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

10. April 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2002-0647

3597

Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Dringlicher Bundesbeschluss vom 19. März 1999

Der am 19. März 1999 erlassene Bundesbeschluss über dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe (AS 1999 1287; BBl 1999 1025) enthält Entlastungen für den Handel mit Eurobonds: Um diese Geschäfte in die Schweiz zu holen, wurde die Umsatzabgabe in diesem Bereich abgeschafft, soweit sie auf ausländische Kunden entfällt. Entlastet wurden ferner die über die neue Derivatebörse Eurex abgeschlossenen Geschäfte. Ohne diese Änderung wären auf derselben Titellieferung nämlich nicht bloss maximal eine, sondern zwei ganze Umsatzabgaben angefallen.

Eine weitere Massnahme betraf die an die Schweizer Börse angeschlossenen ausländischen Effektenhändler: Diese «Remote Members» sind für die an der Schweizer Börse gehandelten inländischen Wertschriften umsatzabgabepflichtig, schulden für ihre Nostrogeschäfte indessen keine Abgabe. Mit dieser Massnahme wurde dafür gesorgt, dass die ausländischen Mitglieder der Schweizer Börse (SWX) gleich behandelt werden wie deren inländische Mitglieder. Zu den finanziellen Auswirkungen dieser Massnahmen hielt der Bundesrat in der Botschaft vom 14. Dezember 1998 fest, dass sich die Mindereinnahmen mit rund 20 Millionen Franken im Streubereich der aktuellen Erträge der Umsatzabgabe halten.

Der dringliche Bundesbeschluss vom 19. März 1999 ist zeitlich befristet. Er gilt bis zum Inkrafttreten einer ihn ersetzenden Bundesgesetzgebung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2002.

1.2

Dringliches Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000

Das am 15. Dezember 2000 verabschiedete Bundesgesetz über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe (AS 2000 2991; BBl 2000 5835) befreit die folgenden Anleger von der Umsatzabgabe: ­

inländische Anlagefonds nach Artikel 2 des Anlagefondsgesetzes,

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ausländische Anlagefonds nach Artikel 44 des Anlagefondsgesetzes,

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ausländische Staaten und Zentralbanken,

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ausländische Einrichtungen der Sozialversicherung,

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ausländische Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und

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ausländische Lebensversicherer.

Entlastet werden sodann Geschäfte an der neuen Londoner Börse virt-x. Damit soll verhindert werden, dass inländische Banken benachteiligt werden, wenn sie an einer ausländischen Börse mit inländischen Titeln handeln. Neben den inländischen Gesellschaften und Genossenschaften, welche in ihrer Bilanz für mehr als 10 Millionen Franken Wertschriften und Beteiligungen ausweisen, gelten nach dem dringlichen Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe ebenfalls als Effektenhändler: 3598

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die inländischen Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und der gebundenen Vorsorge, deren Aktiven nach Massgabe der letzten Bilanz zu mehr als 10 Millionen Franken aus steuerbaren Urkunden bestehen,

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der Bund, die Kantone und die politischen Gemeinden, sowie

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die inländischen Einrichtungen der Sozialvorsorge.

Die schon bisher zu den Effektenhändlern gehörenden inländischen Lebensversicherer sind für ihre Wertschriftengeschäfte weiterhin umsatzabgabepflichtig. Die mit diesen Massnahmen verbundenen jährlichen Mindereinnahmen belaufen sich auf der Grundlage des Jahres 1999 auf rund 220 Millionen Franken; auf der Basis des Jahres 2000 sind sie mit rund 310 Millionen Franken zu beziffern.

Auch das dringliche Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 ist zeitlich befristet und gilt längstens bis zum 31. Dezember 2002.

1.3

Parlamentarische Vorstösse

Bei der Verabschiedung des dringlichen Bundesbeschlusses vom 19. März 1999 stimmten die Räte auch zwei gleich lautenden Motionen der ständerätlichen und nationalrätlichen Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben zu: Der Bundesrat wird beauftragt, eine Anschlusslösung an die dringlichen Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe vorzubereiten, die mit einem möglichst geringen Einnahmenausfall die Wettbewerbsfähigkeit des schweizerischen Finanzplatzes (Börse und Banken) im Bereich des Umsatzstempels sicherstellt.

Die entsprechende Änderung des Stempelsteuergesetzes hat so rasch als möglich zu erfolgen mit dem Ziel, dass sie spätestens am 1. Januar 2003 in Kraft gesetzt werden kann.

Am 31. Januar 2000 reicht die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates die folgende Motion ein: Der Bundesrat wird ersucht, bis zum 30. September 2000 eine Botschaft betreffend das Bundesgesetz über die Stempelabgaben zwecks Abschaffung des Umsatzstempels auf Wertpapieren in jenen Bereichen vorzulegen, die durch eine Abwanderung ins Ausland gefährdet sind.

Diese Motion wurde von den Räten überwiesen.

1.4

Botschaft zum Steuerpaket 2001

Gegenstand der Botschaft vom 28. Februar 2001 zum Steuerpaket 2001 (BBl 2001 2983) bildet neben der Familienbesteuerung und der Besteuerung des Eigenmietwerts auch die Umsatzabgabe. Der Antrag des Bundesrates lautet, sowohl die am 19. März 1999 verabschiedeten dringlichen Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe als auch den Inhalt des dringlichen Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe ins ordentliche Recht überzuführen.

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2

Notwendigkeit einer Verlängerung

Der Nationalrat hat die Vorlage zur Änderung des Stempelgesetzes am 26. September 2001 behandelt. Die Überführung des dringlichen Bundesbeschlusses vom 19. März 1999 und des dringlichen Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe ins ordentliche Recht war an sich unbestritten. Die Differenz zum Vorschlag des Bundesrats besteht darin, dass sich der Nationalrat für zusätzliche Entlastungen aussprach. So sollen die inländischen Pensionskassen und die inländischen Lebensversicherer nach dem Beschluss des Nationalrats nicht mehr zu den abgabepflichtigen Effektenhändlern gehören. Die Pensionskassen und die Lebensversicherer sollen ferner als befreite Anleger gelten, für welche die inländischen Banken keine Umsatzabgabe abliefern müssen. Zudem hat sich der Nationalrat dafür ausgesprochen, dass neu auch Firmenkunden mit Domizil im Ausland von der Umsatzabgabe befreit werden sollen.

Im Oktober 2001 begann die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats mit den Beratungen des Steuerpakets 2001. Angesichts der Bedeutung der Vorlage wird die Vorberatung noch eine gewisse Zeit beanspruchen. Es wird daher nicht möglich sein, dass die eidg. Räte die Änderung des Stempelgesetzes in der kommenden Sommersession verabschieden. Als Folge der zeitlichen Verzögerung der parlamentarischen Beratungen und unter Berücksichtigung der Referendumsfrist sowie einer allfälligen Referendumsabstimmung kann der vorgesehene Zeitplan zur Inkraftsetzung des teilrevidierten Stempelgesetzes nicht eingehalten werden. Damit können der dringliche Bundesbeschluss vom 19. März 1999 und das dringliche Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 nicht wie ursprünglich vorgesehen auf den 1. Januar 2003 durch die Änderung des Stempelgesetzes abgelöst werden. Beide dringlichen Erlasse müssen daher verlängert werden, will man verhindern, dass die befristeten Erlasse am 31. Dezember 2002 ausser Kraft treten und das alte Recht wieder auflebt.

Mit den vorliegenden Gesetzen werden der dringliche Bundesbeschluss vom 19. März 1999 und das dringliche Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 ohne jede materielle Änderung um drei Jahre verlängert. Dies gibt dem Parlament genügend Zeit, die Teilrevision des Stempelgesetzes zu beraten. Die vorgeschlagene Verlängerung enthält eine gewisse Reserve, denn es bleibt
anzustreben, dass das neue ordentliche Recht bereits am 1. Januar 2004 in Kraft tritt. Mit der Verlängerung um drei Jahre soll aber vermieden werden, dass im Falle weiterer Verzögerungen beim Steuerpaket ein erneuter Antrag auf Verlängerung auf dem Dringlichkeitsweg gestellt werden muss. Da die beiden Gesetze zur Verlängerung der dringlichen Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe dem fakultativen Referendum unterstehen, hält der Bundesrat dafür, dass die Vorlage im Sonderverfahren nach Artikel 11 Absatz 2 des Geschäftsverkehrsgesetzes (SR 171.11) bereits in der Sommersession 2002 von beiden Räten verabschiedet werden sollte.

3600

3

Auswirkungen

3.1

Finanzielle Auswirkungen

3.1.1

Auf den Bund

Die mit dem dringlichen Bundesbeschluss vom 19. März 1999 verbundenen Mindereinnahmen bezifferte der Bundesrat in der Botschaft vom 14. Dezember 1998 (BBl 1999 1025) mit rund 20 Millionen Franken. Die mit dem Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe anfallenden Mindereinnahmen belaufen sich auf der Grundlage des Jahres 1999 auf rund 220 Millionen Franken; auf der Grundlage des Jahres 2000 sind sie mit rund 310 Millionen Franken zu beziffern. Die hier vorgeschlagene Verlängerung des dringlichen Rechts wird keine zusätzlichen Mindereinnahmen zur Folge haben.

3.1.2

Auf die Kantone

Für die Kantone, welche am Ertrag der Stempelabgaben nicht mehr beteiligt sind, ergeben sich keine Mindereinnahmen.

3.2

Personelle Auswirkungen

3.2.1

Auf den Bund

In personeller Hinsicht erfordert die vorgeschlagene Verlängerung des dringlichen Rechts keine Änderungen.

3.2.2

Auf die Kantone

Die Kantone wirken am Vollzug des Stempelgesetzes nicht mit. Für sie haben die vorgeschlagenen Massnahmen daher keine personellen Auswirkungen.

3.3

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Sowohl der dringliche Bundesbeschluss vom 19. März 1999 als auch das Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe bezwecken, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Banken und Finanzgesellschaften zu stärken. Wie schon bei der Gesetzesrevision vom 4. Oktober 1991 soll ihnen ermöglicht werden, gefährdete Geschäfte auf dem Heimmarkt zu halten und gewisse Transaktionen zurückzugewinnen. Gleichzeitig soll aber auch verhindert werden, dass die schweizerischen Banken sowohl das Vermögensverwaltungsgeschäft als auch die Arbeitsplätze der von ihnen beschäftigten Wertschriftenhändler vermehrt auf ihre ausländischen Niederlassungen auslagern und dass die ausländische Konkurrenz ihre Marktanteile wegen der Umsatzabgabe vergrössern kann.

3601

4

Legislaturplanung

Im Bericht über die Legislaturplanung 1999­2003 hat der Bundesrat angekündigt, dass er im Bereich der Umsatzabgabe eine Anschlusslösung vorlegen werde (BBl 2000 2276 ff., 2292). Diese Anschlusslösung bildet Teil der Botschaft vom 28. Februar 2001 zum Steuerpaket 2001.

5

Verhältnis zum internationalen Recht

5.1

Europäische Union

Zur Umsatzabgabe bestehen in der Europäischen Union keine Richtlinien.

5.2

GATS

Das im Dienstleistungsabkommen GATS der Welthandelsorganisation WTO verankerte Inländerprinzip erlaubt es nicht, ausländische Anbieter von Finanzdiensten durch höhere Steuern zu diskriminieren. Der dringliche Bundesbeschluss vom 19. März 1999 und das Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe führen zu keiner Diskriminierung dieser Art.

6

Verfassungsmässigkeit

Der dringliche Bundesbeschluss vom 19. März 1999 und das Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über neue dringliche Massnahmen im Bereich der Umsatzabgabe stützen sich auf die Artikel 132 Absatz 1 und 134 der Bundesverfassung. Einer befristeten Verlängerung von dringlichen Erlassen steht nichts entgegen.

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