Richtlinien zuhanden der Bundesverwaltung betreffend die Zusammenarbeit zwischen dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden vom 16. Oktober 2002

Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 182 Absatz 2 der Bundesverfassung1, in Anwendung von Artikel 50 Absatz 2 und 3 der Bundesverfassung, im Einvernehmen mit der Tripartiten Agglomerationskonferenz, erlässt die folgenden Richtlinien:

1

Stärkung der vertikalen Zusammenarbeit

Die vertikale Zusammenarbeit ist zu verstärken. Dies gilt sowohl für die Phase der Ausarbeitung von Massnahmen des Bundes als auch bei deren Umsetzung und Evaluation. Die partnerschaftlichen Beziehungen schliessen den Bund, die Kantone und die Gemeinden ein.

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Berücksichtigung der Gemeinden

Bei der Ausübung seiner Kompetenzen hat der Bund die möglichen Auswirkungen seiner Tätigkeit auf die Städte und Gemeinden systematisch zu berücksichtigen.

Dabei ist er insbesondere bestrebt, zur Lösung der besonderen Probleme der Städte und der Agglomerationen sowie der Berggebiete beizutragen.

3

Rolle der Kantone

Die Kantone wirken als Hauptpartner des Bundes bei der Ausarbeitung von Massnahmen des Bundes sowie bei deren Umsetzung und Evaluation mit.

4

Kompetenzen des Bundes

In Artikel 50 Absätze 2 und 3 BV werden keine neuen Bundeskompetenzen geschaffen. Insbesondere bilden diese Bestimmungen für sich alleine keine genügende Rechtsgrundlage für die Ausrichtung von Subventionen.

1

SR 101

2002-2390

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Unterstützung durch den Bund

Soweit er dafür zuständig ist und im betreffenden Bereich über eine gesetzliche Grundlage verfügt, kann der Bund die Bemühungen der Kantone und Gemeinden zur Lösung der Probleme der Städte, der Agglomerationen sowie der Berggebiete unterstützen.

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Politik des Bundes betreffend Städte, Agglomerationen und Berggebiete

1

Unter Agglomerationspolitik des Bundes wird ein auf die Städte und Agglomerationen ausgerichtetes, kohärentes und mit den Kantonen sowie interessierten Gemeinden koordiniertes Vorgehen des Bundes im Rahmen seiner Kompetenzen verstanden. Darüber hinaus beteiligt sich der Bund, zusammen mit diesen Partnern, an der Entwicklung und Umsetzung einer gemeinsamen Agglomerationspolitik, insbesondere im Rahmen der Tripartiten Agglomerationskonferenz (TAK).

2 Unter Politik betreffend die Berggebiete wird ein auf das Berggebiet ausgerichtetes, kohärentes und mit den Kantonen sowie interessierten Regionen koordiniertes Vorgehen des Bundes im Rahmen seiner Kompetenzen verstanden.

3 Die Inhalte der unter den Absätzen 1 und 2 aufgeführten Politikbereiche sind miteinander zu koordinieren.

7

Mitwirkung der Gemeinden an der Willensbildung des Bundes

1 Wenn vorhersehbar ist, dass sich geplante Bundesmassnahmen auf die Gemeinden auswirken werden, sollen sich diese in angemessener Form an der Arbeit von Expertenkommissionen oder Arbeitsgruppen des Bundes beteiligen und ihren Standpunkt im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens einbringen können. Soweit ihre Interessen betroffen sind, sollen die Gemeinden auch an der Arbeit ständiger beratender Kommissionen in bestimmten Aufgabenbereichen mitwirken können.

2 Diese Mitwirkung erfolgt innerhalb der Schranken der Bundeskompetenz und unter Wahrung der Subsidiarität und der Transparenz gegenüber den Kantonen.

3

Möchte der Bund eine Stellungnahme der Gemeinden oder sucht er ihre Zusammenarbeit, wendet er sich in der Regel an ihre Verbände, insbesondere den Schweizerischen Gemeindeverband (SGV), den Schweizerischen Städteverband (SSV) und die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB). Nötigenfalls koordiniert sich die letztgenannte mit der Konferenz der Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer der Schweizer Berggebiete (KOSEREG).

4 Im Vernehmlassungsverfahren werden die Stellungnahmen der erwähnten Verbände gegenüber Stellungnahmen anderer Organisationen besonders gewichtet, wenn es wahrscheinlich ist, dass die Gemeinden in die Umsetzung der geplanten Massnahmen einbezogen werden.

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Direktkontakte zwischen Bund und Gemeinden

1 Direktkontakte zwischen Bund und Gemeinden können angezeigt sein, wenn und soweit sie unmittelbar dazu beitragen, mögliche Auswirkungen von Massnahmen des Bundes auf die Gemeinden, inbesondere in den Städten, den Agglomerationen und den Berggebieten, zu erkennen.

2

Grundsätzlich finden Direktkontakte in einem tripartiten Rahmen ­ Bund, Kantone, Gemeinden ­ statt.

3

In erster Linie sind die bestehenden Gremien zu nutzen.

4

Die TAK stellt eine geeignete tripartite Plattform für die Agglomerationspolitik dar. Soweit sie eine angemessene Beteiligung der Gemeinden gewährleisten, können insbesondere auch kantonale Direktorenkonferenzen und andere ähnliche Institutionen geeignete Gremien sein.

5

Direktkontakte zwischen Bund und Gemeinden haben Ausnahmecharakter. Ausnahmen können insbesondere dann sinnvoll sein, wenn die Bundesgesetzgebung Gemeinden direkt mit Vollzugsaufgaben betraut oder wenn einzelne Gemeinden von Massnahmen des Bundes besonders betroffen sind. Die Kantone sind über die Direktkontakte zu informieren.

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Die Kantone sind auch über die Direktkontakte zwischen dem Bund und Dachorganisationen (gem. RL 7 Abs. 3) zu informieren.

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Anlaufstellen auf Bundesebene Anlaufstellen für die Agglomerationspolitik auf Bundesebene sind: ­

die Interdepartementale Koordinationsgruppe für Föderalismusfragen (IDEKOF; Sekretariat: Föderalismusdienst, BJ) für alle Querschnittsthemen, welche die gesamte Bundesverwaltung betreffen;

­

das Team ARE/seco, das mit der Umsetzung der im Rahmen der Raumordnungspolitik vorgesehenen Unterstützungsmassnahmen für die Agglomerationen beauftragt ist (Sekretariat: Strategiegruppe Agglomerationspolitik, ARE) für alle sektoriellen Fragen im Zusammenhang mit den Agglomerationen.

Anlaufstelle für die Politik betreffend die Berggebiete auf Bundesebene ist: ­

das Ressort Regional- und Raumordnungspolitik (Sekretariat: Ressort Regional- und Raumordnungspolitik, Standortförderung, seco).

3

Direkte Kontakte mit Ämtern, welche sich mit anderen für die Gemeinden wichtigen Materien befassen, bleiben vorbehalten.

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Anhörungsmöglichkeiten und Beschwerderechte der Gemeinden

Bei der Ausarbeitung von Bundeserlassen ist künftig vermehrt darauf zu achten, den Gemeinden Anhörungsmöglichkeiten im Verwaltungsverfahren und Beschwerderechte vor Verwaltungs- oder Verwaltungsgerichtsinstanzen einzuräumen, wenn dies sinnvoll ist.

Diese Richtlinien treten am 1. Dezember 2002 in Kraft.

16. Oktober 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates: Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

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