02.062 Botschaft über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Republik Usbekistan vom 4. September 2002

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über das am 3. April 2002 unterzeichnete Abkommen mit der Republik Usbekistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. September 2002

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Kaspar Villiger Die Bundeskanzlerin: Annemarie Huber-Hotz

2002-1835

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Übersicht Am 3. April 2002 wurde mit der Republik Usbekistan ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen unterzeichnet.

Das neue Abkommen bietet Personen mit steuerlichen Bezugspunkten zu beiden Staaten und speziell den investierenden Unternehmen neben der Beseitigung der Doppelbesteuerung auch einen gewissen institutionellen Schutz im Fiskalbereich.

Es begünstigt neue Investitionen und stellt zudem sicher, dass die schweizerischen Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten aus anderen Staaten keine steuerlich bedingten Wettbewerbsnachteile erleiden. Das Abkommen folgt im Wesentlichen dem Musterabkommen der OECD und der schweizerischen Abkommenspraxis.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss des Abkommens im Vernehmlassungsverfahren begrüsst.

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Botschaft 1

Vorgeschichte

Usbekistan erlangte nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 seine Unabhängigkeit als souveräner Staat und weist die Staatsform einer präsidialen Republik auf. Es handelt sich um die bevölkerungsreichste zentralasiatische Nachfolgerepublik der ehemaligen Sowjetunion, welche zudem über bedeutende Bodenschätze insbesondere in den Bereichen Gas, Öl und Gold verfügt. Wichtige Wirtschaftzweige sind die Landwirtschaft (v. a. Baumwolle), Industrie, Bau, Handel und Transport.

Der seit der Unabhägigkeit in Gang gesetzte Reformprozess stösst in jüngerer Zeit auf gewisse Hindernisse. Usbekistan bedarf tiefgreifender Strukturreformen, damit weitere ausländische Investitionen und Finanzhilfen ins Land fliessen können.

Zur Förderung von Handel und Direktinvestitionen schweizerischer Unternehmen im Verhältnis mit Usbekistan stehen bilateral u. a. bereits ein Wirtschafts- und ein Investitionsschutzabkommen in Kraft.

Das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und ein dazugehöriges Protokoll wurden in zwei Verhandlungsrunden ausgehandelt. Die Unterzeichnung des Abkommens erfolgte am 3. April 2002 in Taschkent.

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Bemerkungen zu den Bestimmungen des Abkommens

Das vorliegende Doppelbesteuerungsabkommen folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht weitgehend dem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeiteten Musterabkommen sowie der schweizerischen Vertragspraxis auf diesem Gebiet. Wir beschränken uns deshalb im Folgenden darauf, auf zentrale Merkmale des Abkommens und die wesentlichsten Abweichungen vom Musterabkommen bzw. von der schweizerischen Vertragspraxis hinzuweisen.

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Der sachliche Geltungsbereich des Abkommens umfasst die Steuern auf dem Einkommen und dem Vermögen.

Art. 5

Betriebstätten

In der Liste der Ausnahmen werden Werbung, Informationsverbreitung und Forschung ausdrücklich als Hilfstätigkeiten genannt.

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Art. 7

Unternehmensgewinne

Diese Bestimmung folgt dem im Musterabkommen der OECD festgelegten Grundsatz, dass eine Betriebstätte nur für diejenigen Gewinne besteuert werden darf, die ihr zugerechnet werden können.

In einer Protokollbestimmung wird für Betriebstätten die Abzugsfähigkeit auf jene Aufwendungen beschränkt, welche in einem direkten Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der Betriebstätte stehen.

Das Protokoll ordnet im Weiteren Leasinggebühren für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung von industriellen, kommerziellen oder wissenschaftlichen Ausrüstungsgegenständen ausdrücklich dem Abkommensartikel über die Unternehmensgewinne zu.

Art. 8

Internationaler Verkehr

Der Artikel sieht für Gewinne, welche im internationalen Verkehr mit Schiffen, Luft- oder Strassenfahrzeugen erzielt werden, das ausschliessliche Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates des Unternehmens vor.

Art. 9

Verbundene Unternehmen

Beide Seiten einigten sich darauf, in Absatz 3 die Befristung für die Vornahme von Gewinnberichtigungen auf fünf Jahre festzulegen, vorbehaltlich Fälle von Betrug oder vorsätzlicher Unterlassung.

Art. 10

Dividenden

Im Beteiligungsverhältnis wird die Steuer zugunsten des Quellenstaats auf 5 Prozent begrenzt, wenn die Beteiligung mindestens 20 Prozent des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft beträgt. In allen anderen Fällen beläuft sie sich auf höchstens 15 Prozent.

Art. 11

Zinsen

Die Quellensteuer auf Zinsen wird generell auf 5 Prozent begrenzt. Im Sinne einer Ausnahmeregelung gilt der Nullsatz für Zinsen auf Darlehen, welche durch Einrichtungen des anderen Staates finanziert, garantiert oder versichert sind, für Zinsen bei Kreditverkäufen von industriellen, kommerziellen oder wissenschaftlichen Ausrüstungen oder von Waren sowie für Zinsen bei Bankdarlehen.

Art. 12

Lizenzgebühren

Die Quellensteuer auf Lizenzgebühren beträgt generell 5 Prozent.

Soweit Lizenzgebühren von der in einem Vertragsstaat gelegenen Betriebsstätte eines Unternehmens getragen werden, gelten die Lizenzgebühren als aus diesem Vertragsstaat stammend.

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Art. 13

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Das Abkommen sieht ein Besteuerungsrecht des Belegenheitsstaates bei der Veräusserung von Beteiligungen an Immobiliengesellschaften vor.

Art. 14

Selbständige Arbeit

Steuerpflichtig für sein Einkommen aus selbständiger Arbeit wird auch, wer sich als ansässige Person des einen Staates im anderen Staat innerhalb eines Kalenderjahres länger als 183 Tage aufhält.

Art. 21

Übrige Einkünfte

Das Abkommen enthält für die übrigen Einkünfte eine Zuteilungsregel zugunsten des Ansässigkeitsstaates des Empfängers. Zusätzlich wird die Verrechnungssteuer auf Lotteriegewinnen der schweizerischen Abkommenspraxis entsprechend vom Anwendungsbereich dieses Artikels ausgeschlossen.

Art. 23

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Usbekistan vermeidet die Doppelbesteuerung mittels der Anrechnungsmethode.

Die Schweiz wendet wie üblich die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt an und gewährt für Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren die pauschale Steueranrechnung. Ferner wird festgehalten, dass Dividendeneinkünfte schweizerischer Unternehmen aus usbekischer Quelle dieselbe steuerliche Entlastung geniessen wie Dividendeneinkünfte aus schweizerischen Quellen.

Art. 24

Gleichbehandlung

Die Gleichbehandlungsklausel erstreckt sich auf sämtliche Steuern der Vertragsstaaten.

Informationsaustausch Auf die Aufnahme eines Artikels über den Informationsaustausch wurde verzichtet.

Art. 27

Inkrafttreten

Die Bestimmungen des Abkommens sind ab Anfang des Jahres anwendbar, welches dem Jahr nachfolgt, in dem das gegenseitige Notifikationsverfahren seinen Abschluss gefunden hat.

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Finanzielle Auswirkungen

In einem Doppelbesteuerungsabkommen verzichten beide Vertragsstaaten auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz ergeben sich Einbussen durch die teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer und durch die Anrechnung der in der Republik Usbekistan auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren gestützt auf die Artikel 10, 11 und 12 erhobenen Quellensteuern. Die Einbussen, die sich aus der teilweisen Rückerstattung der Verrechnungssteuer an in der Republik Usbekistan 6985

ansässige Personen ergeben, dürften nur leicht ins Gewicht fallen. Auch die in der bundesrätlichen Verordnung vom 22. August 1967 verankerte pauschale Steueranrechnung wird geringfügige Mindereinnahmen der schweizerischen Steuerhoheitsträger nach sich ziehen. Diese Einbussen, deren Ausmass mangels geeigneter Unterlagen nicht beziffert werden kann, werden aber teilweise aufgewogen durch den Umstand, dass inskünftig die aus der Republik Usbekistan stammenden Einkünfte in der Schweiz mit dem Bruttobetrag besteuert werden, während bisher die usbekische Quellensteuer zum Abzug von der Bemessungsgrundlage zugelassen werden musste.

Das neue Abkommen bringt wesentliche Verbesserungen und Erleichterungen gegenüber dem bisherigen vertragslosen Zustand. Es darf erwartet werden, dass der Staatsvertrag zur Förderung neuer schweizerischer Direktinvestitionen in der Republik Usbekistan beiträgt und sich positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes auswirken wird. Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben sich im Vernehmlassungsverfahren positiv geäussert. Es ist daran zu erinnern, dass die Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden und ganz allgemein zur Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beitragen, was einem Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik entspricht.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage dieses Abkommens bildet Artikel 54 der Bundesverfassung, der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 der Bundesverfassung zuständig für die Genehmigung des Abkommens. Das Abkommen ist zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht weder den Beitritt zu einer internationalen Organisation vor, noch führt es eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung herbei. Der Bundesbeschluss unterliegt daher nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d der Bundesverfassung.

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Schlussfolgerungen

Das vorliegende Abkommen folgt weitgehend dem OECD-Musterabkommen und entspricht der schweizerischen Abkommenspraxis. Es schafft Rechtssicherheit und bringt schweizerischen Investoren eine erhebliche Entlastung von den usbekischen Steuern. Das Abkommen dürfte sich allgemein günstig auf die weitere Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und der Republik Usbekistan auswirken.

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