Richtlinien für die Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen sowie für deren Vorbereitung und Folgearbeiten vom 24. November 1999

Der Schweizerische Bundesrat erlässt die folgenden Richtlinien:

1

Grundsätze

11

Internationale Konferenzen und andere multilaterale Treffen, Sitzungen und Versammlungen einschliesslich Tagungen internationaler Organisationen, nachfolgend «internationale Konferenzen» genannt, bilden ein wesentliches Element der Zusammenarbeit unter den Staaten. Der Entscheid, ob die Schweiz an einer internationalen Konferenz teilnimmt oder nicht, richtet sich vornehmlich nach folgenden Fragen: a. Werden schweizerische Interessen berührt?

b. Erweist sich eine Teilnahme für die Wahrung der Interessen unseres Landes als notwendig oder zumindest als nützlich?

c. Kann die Schweiz durch ihre Teilnahme einen spezifischen Beitrag im Interesse der internationalen Zusammenarbeit leisten?

12

Die Zusammenarbeit mit dem Parlament richtet sich nach Artikel 47bis a des Geschäftsverkehrsgesetzes1.

13

Die Zusammenarbeit mit den Kantonen richtet sich nach dem Bundesgesetz über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes2 (BGMK).

14

Der Bundesrat fördert den Einbezug von privaten schweizerischen Interessengruppen wie Verbänden und Nichtregierungsorganisationen an internationalen Konferenzen sowie an deren Vorbereitung und Folgearbeiten.

Er beteiligt sie in angemessenem Rahmen und kann ihre Vertreterinnen und Vertreter auch in die Delegation selbst aufnehmen.

Um zur Mitwirkung beigezogen zu werden, müssen die Interessengruppen zur Formulierung der schweizerischen Politik einen wesentlichen Beitrag leisten können und zur Verankerung des aussenpolitischen Geschäftes in der Innenpolitik beitragen.

1 2

222

SR 171.11 SR ... (BBl 2000 58; das Gesetz befindet sich in parlamentarischer Beratung, wird aber seit dem 1. 9. 1996 provisorisch angewendet).

1999-5647

Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen

15

Der Einbezug der eidgenössischen Kommissionen (Kommissionsverordnung vom 3. Juni 1996 3) erfolgt sinngemäss nach Ziffer 14.

16

Vom Einbezug der in den Ziffern 14 f. genannten Kreise ausserhalb der Bundesverwaltung in Vorbereitungs- und Folgearbeiten oder in die Delegation wird abgesehen, wo es die übergeordneten Interessen der Eidgenossenschaft gebieten. Diese können insbesondere angeführt werden bei internationalen Konferenzen, an denen bindende Vertragswerke beziehungsweise die Gründung internationaler Organisationen vorbereitet und verhandelt werden.

17

Auf Konferenzen und Tagungen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie deren Vorbereitungs- und Folgearbeiten sind diese Richtlinien auf Grund der dreigliedrigen Struktur der ILO nur sinngemäss anwendbar.

2

Vorbereitungs- und Folgearbeiten

21

Die interessierten Departemente oder Bundesämter informieren sich gegenseitig über ihnen zugestellte Einladungen für eine Teilnahme der Schweiz an internationalen Konferenzen. Das federführende Bundesamt bezieht die interessierten Bundesstellen, insbesondere die Politische Direktion des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und diejenigen Stellen, die für den Vollzug der an der internationalen Konferenz zu treffenden Beschlüsse zuständig sind, in die Vorbereitungsarbeiten ein. Das federführende Bundesamt konsultiert diese bei der Erarbeitung schweizerischer Positionen.

22

Das federführende Bundesamt kündigt internationale Konferenzen den zuständigen schweizerischen Vertretungen an und bezieht diese, wo es sinnvoll erscheint, in die Vorbereitungs- und Folgearbeiten ein. Es informiert darüber die Politische Direktion des EDA.

23

Eine Informations- und Einbezugspflicht gegenüber den in Ziffer 14 genannten privaten schweizerischen Interessengruppen gilt insbesondere dann, wenn diese von sich aus Interesse an der Konferenz bekundet haben.

Das federführende Bundesamt oder, in Absprache mit dem federführenden Amt, andere interessierte Ämter kommen dieser Pflicht durch das Zugänglichmachen von Dokumenten und Berichten oder das Einberufen von Informationsveranstaltungen nach.

24

3

Das federführende Bundesamt oder die schweizerischen Vertreterinnen und Vertreter an Vorbereitungstreffen setzen sich, wo dies angebracht, möglich und sinnvoll ist, bereits im Rahmen der Vorbereitung internationaler Konferenzen dafür ein, dass die Organisatoren ausreichende Mitwirkungsmöglichkeiten für private Interessengruppen vorsehen. Sofern die Veranstalter internationaler Konferenzen privaten Interessengruppen direkt SR 172.31

223

Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen

Möglichkeit zur Teilnahme eröffnen, erübrigt sich in der Regel deren Einbezug in die Delegation.

25

Die Einbezugspflicht gilt sinngemäss auch für die Folgearbeiten nach der Konferenz. Das federführende Bundesamt orientiert die interessierten Bundesstellen, insbesondere die Politische Direktion des EDA und die zuständigen schweizerischen Vertretungen sowie alle anderen in die Vorbereitung einbezogenen Kreise, mit einem Bericht über den Konferenzverlauf und das beabsichtigte weitere Vorgehen.

3

Zusammensetzung der Delegation

31

Grösse und Zusammensetzung der Delegation müssen den Erfordernissen der internationalen Konferenz angepasst sein. Bei der Auswahl der Delegierten stehen die fachspezifische Kompetenz sowie die Verhandlungserfahrung im Vordergrund. Die Delegierten sollen sich ergänzen und gemeinsam den Gesamtüberblick über die schweizerische Politik und die Rechtsordnung und insbesondere auch über den Vollzug allfälliger Beschlüsse der internationalen Konferenz mitbringen.

Im Sinne einer effizienten Vertretung ist die Zahl der Delegationsmitglieder so klein wie möglich zu halten. Dabei werden besondere Umstände wie die gleichzeitige Arbeit in verschiedenen Ausschüssen oder die Tatsache, dass die Schweiz spezielle Aufgaben (z. B. Vorsitz) wahrnimmt oder besondere Interessen zu vertreten hat, berücksichtigt.

Bei einer zahlenmässigen Beschränkung der Delegation steht die Optimierung der in der Delegation vertretenen Fachkompetenz unter Berücksichtigung der Dossierverantwortung und der Verhandlungserfahrung bei der Auswahl der Delegationsmitglieder im Vordergrund.

32

Die in den Ziffern 14 f. genannten Kreise können bei der Zusammenstellung einer Delegation berücksichtigt werden, wenn sie ihr ausdrückliches Interesse dafür bekundet haben und es sich nach den in Ziffern 14 und 31 genannten Kriterien rechtfertigt. Sie bestimmen ihre Delegierten im Einverständnis mit dem federführenden Amt.

33

Bei der Delegationszusammenstellung ist Personal der zuständigen schweizerischen Auslandsvertretungen mit nützlichem Fachwissen einzubeziehen.

Die Auslandsvertretungen sind bemüht, die Arbeit der Delegation in logistischer, fachlicher und personeller Hinsicht zu unterstützen. Ihr Personal kann auch in die Delegation aufgenommen werden, um allfällige nicht vorhersehbare Aufgaben zu übernehmen. In diesem Fall hat die Beteiligung der Vertretung keinen Einfluss auf die Grösse der anreisenden Delegation.

34

Bei der Bestellung der Delegation achtet das federführende Bundesamt auf eine angemessene Frauenvertretung. Ziel ist das paritätische Verhältnis von männlichen und weiblichen Mitgliedern.

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Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen

4

Entscheid über die Entsendung von Delegationen

41

Über die Entsendung von schweizerischen Delegationen an internationale Konferenzen mit Ausnahme der unter Ziffer 44 vorgesehenen Fälle, entscheidet der Bundesrat.

42

Zu diesem Zweck stellt das federführende Departement dem Bundesrat rechtzeitig einen Antrag, in dem die Position, welche die Delegation an der Konferenz zu vertreten beabsichtigt, beschrieben und nach Möglichkeit die Aufgabe jedes oder jeder Delegierten definiert wird. Teilen sich mehrere Departemente in die Federführung, so stellen sie den Antrag gemeinsam.

43

Andere mitinteressierte Departemente sowie im Ämterkonsultationsverfahren die mitinteressierten Ämter sind zu konsultieren.

44

In gewissen Fällen können Entsendung sowie Mandat und Zusammensetzung der Delegation auch auf Departements- oder Amtsebene beschlossen werden. Die Departemente regeln die Handhabung in ihrem Zuständigkeitsbereich.

441

Dies ist möglich, wenn die folgenden Bedingungen kumulativ erfüllt sind: a. für die Teilnahme der Schweizer Delegation sind keine bundesrätlichen Vollmachten notwendig4; b. die Konferenz findet regelmässig und in Abständen von höchstens fünf Jahren statt; c. aus der Konferenz ergeben sich keine neuen Verpflichtungen für die Schweiz, welche die Kompetenzen des federführenden Amtes übersteigen.

442

Falls der Entscheid über Mandat und Zusammensetzung einer Delegation auf Departements- oder Amtsebene gefällt werden kann, entbindet dies das federführende Amt nicht von der Pflicht, die mitinteressierten Bundesstellen zu konsultieren. Können dabei auftretende Differenzen nicht auf Stufe der betroffenen Ämter oder Departemente geregelt werden, so ist das Geschäft dem Bundesrat zu unterbreiten. Das federführende Departement erarbeitet einen entsprechenden Antrag.

443

Bestehen für eine Konferenz Differenzen darüber, auf welcher Stufe ein Entscheid gefällt werden kann, so entscheidet der Bundesrat.

45

Werden Delegationen vom Bundesrat ernannt, so bewilligt dieser die Aufnahme der in den Ziffern 13 ff. genannten Kreise in die Delegation. Bei nicht vom Bundesrat zu bestimmenden Delegationen entscheiden die Departemente oder die Ämter gemäss Ziffer 44. Bei Differenzen gelangt Ziffer 443 sinngemäss zur Anwendung.

4

Auch wenn eine bundesrätliche Vollmacht verlangt wird, kann diese auf Departementsstufe erteilt werden, wenn Angehörige der Bundesverwaltung und diplomatischer Vertretungen der Schweiz zur Vertretung in den regelmässigen Treffen von Vertragsorganen oder von Komitees ermächtigt werden müssen.

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Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen

5

Verhalten der Delegation

51

Alle Mitglieder der Delegation sind der Delegationsleitung unterstellt. Insbesondere diejenigen Mitglieder, die nicht der Bundesverwaltung angehören, sind vom federführenden Amt über ihre Pflichten zu informieren. Diese umfassen namentlich die allfällige Pflicht zur Geheimhaltung, die Pflicht, nur gemäss Instruktion der Delegationsleitung als Mitglieder der Delegation Verhandlungen zu führen oder Erklärungen abzugeben, die Pflicht, die Delegationsleitung über im eigenen Namen ausserhalb des Verhandlungskontexts abgegebene Erklärungen unverzüglich zu informieren sowie die Pflicht, sich an den Vorbereitungsarbeiten und an der Berichterstattung zu beteiligen.

52

Die schweizerische Delegation pflegt während der internationalen Konferenz auf bestmögliche Weise den Kontakt zu interessierten Vertreterinnen und Vertretern unabhängig teilnehmender schweizerischer Interessengruppen oder zu den schweizerische Interessengruppen mitvertretenden Delegierten internationaler Interessengruppen.

6

Administrative Bestimmungen

61

Für das Personal der Bundesverwaltung gelten die entsprechenden administrativen Bestimmungen, insbesondere was den Ersatz von Auslagen, Vergütungen, die Wahl des Transportmittels und die Anrechnung der Arbeitszeit betrifft.

611

Die Vergütungen sind im Einvernehmen mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement (Personalamt) festzusetzen.

612

Die Kosten des an internationalen Konferenzen teilnehmenden Bundespersonals gehen zu Lasten der Ämter, welche es vertritt (Rubrik «Übrige Sachausgaben»).

62

Die Kosten von Delegierten, die nicht der Bundesverwaltung angehören, können teilweise oder vollumfänglich vom Bund übernommen werden. Pro Konferenz übernimmt der Bund im Grundsatz die Kosten von höchstens drei solchen Delegierten.

Die Kosten kantonaler Delegierter werden in der Regel nicht, höchstens aber zur Hälfte vom Bund übernommen.

63

Die Kostenübernahme für Delegierte, die nicht der Bundesverwaltung angehören, wird folgenden Rubriken belastet:

631

Die Kostenübernahme wird der Unterrubrik «Vom Bundesrat bestellte Abordnungen» belastet, wenn die Delegation gemäss Ziffer 41 vom Bundesrat ernannt worden ist5. Die Kostenübernahme muss im Antrag an den Bundesrat erwähnt werden.

5

226

Ämter mit Führungs- und Leistungsauftrag und Globalbudget (FLAG-Ämter) können zusätzliche Delegierte aus eigenen Mitteln finanzieren.

Entsendung von Delegationen an internationale Konferenzen

632

Die Kostenübernahme wird der Rubrik «Dienstleistungen Dritter» (Unterrubrik «Kommissionen und Honorare») oder einer themenspezifischen Beitrags-Rubrik, in der Regel des federführenden Bundesamtes belastet, wenn die Delegation in Anwendung von Ziffer 44 ernannt worden ist.

64

Die Kosten für die Teilnahme an Konferenzen und Tagungen im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) werden für das Bundespersonal und die zugezogenen Dritten (insbesondere die Delegierten und technischen Beraterinnen und Berater der Arbeitgeber und Arbeitnehmer), einschliesslich allfälliger Sachausgaben, dem Sonderkredit des Staatssekretariats für Wirtschaft belastet. Diese Regelung gilt nicht für Vertreterinnen und Vertreter des EDA, deren Auslagen gemäss Ziffer 61 vergütet werden.

65

Sachausgaben für Einladungen, Miete von Büros und Automobilen sowie dergleichen werden der Rubrik «Übrige Sachausgaben» (Unterrubrik «Vom Bundesrat bestellte Abordnungen») belastet, sofern ein entsprechender Bundesratsbeschluss vorliegt (Ziff. 41). Andernfalls (Vorgehen nach Ziff. 44) sind diese Ausgaben der Rubrik «Übrige Sachausgaben» des federführenden Bundesamtes zu belasten.

66

Von der Bundesverwaltung bei weiteren interessierten Kreisen im Rahmen von Vorbereitungs- und Folgearbeiten internationaler Konferenzen bestellte Arbeiten, für die eine Entschädigung vorgesehen worden ist, sind grundsätzlich vom auftraggebenden Amt zu bezahlen. Auf Antrag können diese Arbeiten ausnahmsweise vom EDA teilweise oder ganz finanziert werden, wenn es darin einwilligt und über die entsprechenden Mittel verfügt.

7

Schlussbestimmungen

Die Richtlinien vom 2. Dezember 1985 für die Entsendung von Delegationen an multilaterale Tagungen werden aufgehoben.

Diese Richtlinien treten am 1. Dezember 1999 in Kraft.

24. November 1999

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

10653

Die Bundespräsidentin: Ruth Dreifuss Der Bundeskanzler: François Couchepin

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