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Bundesblatt

105. Jahrgang

Bern, den 12. Februar 1953

Band I

Erscheint wöchntlich.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle (Vom 3. Februar 1953) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Am 26, September 1952 haben Sie einen Verfassungszusatz Über die befristete Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle beschlossen. Dieser Bundesbescbluss, der dem obligatorischen. Referendum unterstellt war, wurde in der Abstimmung vom 28. November 1952 von Volk und Ständen angenommen. Mit Bundesbeschluss vom 17. Dezember 1952 haben Sie daraufhin das Ergebnis der Volksabstimmung erwahrt.

Durch den Verfassungszusatz sind der Bundesratsbeschluss vom 15. Oktober 1941/8- Februar 1946 betreffend Massnahmen gegen die Wohnungsnot sowie die am 81. Dezember 1952 noch geltenden, auf diesen Bundesratsbeschluss oder auf den Bundesratsbeschluss vom 1. September 1939 betreffend die Kosten der Lebenshaltung und den Schutz der regulären Marktversorgung gestützten Vorschriften längstens bis zum 81. Dezember 1953 verlängert worden. Bis dahin muss für alle Gebiete, auf denen über den 31. Dezember 1953 hinaus Preiskontrollmassnahmen erforderlich sind, die Ausführungsgesetzgebung in Kraft treten. Wir beehren uns daher, Ihnen Bericht und Antrag zu einem Bundesbeschluss über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle zu unterbreiten.

I. Inhalt und Form der Ausführungsgesetzgebung Wir hatten Ihnen mit unserer Botschaft vom 2. Mai 1952 die befristete Weiterführung einer beschränkten Preiskontrolle beantragt, weil wir es anBundesblatt. 105. Jahrg. Bd. I.

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286 gesichts der damaligen Situation sowie der Ungewissen zukünftigen Entwicklung und ihrer Gefahren nicht verantworten konnten, mit Ablauf des Vollmachtenrechts auf Ende 1952 alle preiskontrollrechtlichen Befugnisse aus der Hand zu geben. Die politische und wirtschaftliche Situation hat sich seitdem nicht verändert und lässt für die Zukunft alle Möglichkeiten offen. Auch die in unserer Botschaft vom Mai 1952 gegebene wirtschaftliche Begründung für die Weiterführung einzelner Preiskontrollmassnahmen hat weiterhin Geltung.

Wir wiesen in unserer Botschaft vom 2. Mai 1952 ferner darauf hin, dass fast alle Waren in den Jahren 1950/51 von der Preiskontrolle befreit wurden, und dass die Wiedereinführung für den einen oder andern Sektor nur als äusserste Massnahme im Notfall in Frage kommen könnte. Der Verfassungszusatz sieht deshalb in Artikel l die Weiterführung der Preiskontrolle lediglich für Miet- und Pachtzinse sowie für sogenannte geschützte Waren vor und schafft für andere lebenswichtige Waren in Artikel 2 die Möglichkeit, in ausserordentlichen Fällen Preiskontrollvorschriften zu erlassen.

Zurzeit stellt sich die Notwendigkeit der Wiedereinführung der Preiskontrolle auf keinem Gebiet. Im Gegenteil werden aller Voraussicht nach im Laufe dieses Jahres verschiedene Massnahmen, die am 81. Dezember 1952 noch in Kraft waren und somit durch den erwähnten Verfassungszusatz um ein Jahr verlängert wurden, aufgehoben werden. Es handelt sich hierbei um die Preise für Elektrizität, Kohle sowie flüssige Treib- und Brennstoffe und die Pflicht zur Anschrift der Detailpreise.

Die vorliegende Ausführungsgesetzgebung bezieht sich lediglich auf Artikel l des Verfassungszusatzes, nämlich auf die Weiterführung der Preiskontrolle für die Miet- und Pachtzinse sowie für Waren, deren Preisbildung durch Schutz- oder Hilfsmassnahmen des Bundes beeinflusst wird. Es handelt sich also um jene Gebiete, auf denen bei Wegfall der Preisvorschriften mit erheblichen Preiserhöhungen zu rechnen wäre und welche die Kosten der Lebenshaltung unmittelbar beeinflussen.

Die Notwendigkeit, diese Gebiete weiterhin unter die Preiskontrolle zu stellen, wurde in unserer Botschaft vom Mai 1952 nachgewiesen. Nach der Annahme des Verfassungszusatzes hat sich die Ausführungsgesetzgebung seinem Sinn und Inhalt anzupassen. Es handelt sich um eine
Ubergangslösung, um das wirtschaftliche Gleichgewicht und den sozialen Frieden nicht plötzlichen Störungen auszusetzen. Es darf ferner nicht übersehen werden, dass der Verfassungszusatz auf den 81. Dezember 1956 befristet ist, und dass der Artikel l mit den Worten beginnt: «Der Bund kann Vorschriften erlassen».

Daraus ergibt sich, dass die Preisvorschriften für Miete, Pacht und einfuhrgeschützte Waren nur im nötigen Umfang erlassen werden sollen. Im übrigen wird die weitere Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse das Ausmass der materiellen Anwendung des Verfassungszusatzes bestimmen.

Die Ausführungsgesetzgebung bezieht sich auf verschiedene Materien. Es wäre denkbar, mehrere Bundesbeschlüsse zu erlassen. Immerhin handelt es sich

287 vom Gesichtspunkte der Preiskontrolle aus gesehen um verwandte Gebiete.

Vor allem sollten Miete und Pacht in einem Bundesbeschluss zusammengefasst werden. Nachdem es sich überdies urn Beschlüsse handelt, die nur für die kurze Frist von drei Jahren gelten sollen, kommt der Frage der Trennung in mehrere Erlasse keine grosse Bedeutung zu. Weil zudem der Erlass von zwei oder drei Bundesbeschlüssen die parlamentarische Arbeit erschweren könnte und um nicht mehr Gesetze zu schaffen als nötig, haben wir die gesamte Materie in einen Bundesbeschluss gekleidet. Dabei werden die Gebiete Miete, Kündigungsschutz, Pacht, einfuhrgeschützte Waren sowie die Preisausgleiohskasse für Müch je in einem besondern Kapitel geregelt, so dass es nicht schwer sein sollte, einzelne Abschnitte, wenn nötig auch nachträglich, herauszulösen. Diese Frage kann sich z. B. in bezug auf die Preiskontrolle für einfuhrgeschützte Waren stellen, wenn der auf Ende 1954 auslaufende Bundesbesohluss vom 14. Oktober 1983 über wirtschaftliche Massnahmen gegenüber dem Ausland zu revidieren sein wird.

Vorliegender Bundesbeschluss hat die verschiedenen Materien soweit möglich abschliessend zu regeln. So sehr es wünschbar wäre, alle Einzelheiten darin zu ordnen, muss doch berücksichtigt werden, dass es sich um Sachgebiete handelt, die nicht von vorneherein in jeder Hinsicht einer starren Regelung unterworfen werden können. Sie müssen den wandelbaren wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst werden.

Die Voraussetzungen und die allgemeine Richtung der Anpassung sowie das Ausmass der nötigen Kompetenzübertragung müssen aber im Bundesbeschluss festgelegt sein. Kantone und Wirtschaft werden übrigens zur Mitwirkung beim Vollzug der Ausführungsgesetzgebung herangezogen werden.

Ausserdem ist vorgesehen, dass der Bundesrat zur Begutachtung von Preisfragen eine aus Vertretern der verschiedenen Wirtschaftszweige und der Konsumenten zusammengesetzte Kommission bezeichnet. Es ist dabei an die Eidgenössische Preiskontrollkommission gedacht, die seit dem Jahre 1936 als beratendes Organ des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements in Preisfragen fungiert und ihm gute Dienste geleistet hat.

II. Stellungnahme der Kantone and Spitzenverbände Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartenient hatte den Kantonen sowie den Spitzenverbänden der Wirtschaft und den Interessenorganisationen am 20. Dezember 1952 einen Diskussionsentwurf der zuständigen Amtsstelle zu einem Bundesbesohluss über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle unterbreitet. Dieser Entwurf hatte folgenden Wortlaut :

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Durchführung einer beschränkten Preiskontrolle (Vom 3. Februar 1953)

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1953

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6371

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12.02.1953

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285-287

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