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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erstreckung der Rechtswirksamkeit der rechtlichen Schutzmassnahmen für die Hotelindustrie (Vom 20. Februar 1953)

Herr Präsident Hochgeehrte Herren Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf zu einein einfachen Bundesbeschluss über die Erstreckung der Kechts-wirksamkeit der rechtlichen Schutzmassnahmen für die Hotelindustrie zu unterbreiten.

I.

Die grossen Schwierigkeiten, mit welchen die schweizerische Hôtellerie in don letzten Jahrzehnten immer wieder zu kämpfen hatte, dürften Ihnen hinreichend bekannt sein. Die eidgenössischen Bäte und der Bundesrat haben schon seit 1915 mit zahlreichen Erlassen versucht, der für unsere Volkswirtschaft so bedeutenden Industrie mit rechtlichen und finanziellen Hilfsmassnahmen beizustehen und ihr den Existenzkampf zu erleichtern. Wir verweisen auf den geschichtlichen Überblick in unserer Botschaft vom 22. Oktober 1948 (BEI 1948, III, 461 ff.).

Das Bundesgesetz vom 28. September 1944 über rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotel- und die Stickereiindustrie (BS 10, 454), kurz Hotelschutzgesetz genannt, ist zwar in seiner Geltungsdauer nicht befristet, doch terminierte es die Stundung, die Herabsetzung des Zinsfusses für Kapitalforderungen, die variable Verzinsung sowie den Nachlass und die Stundung von Hotelpachtzinsen vorerst bis Ende 1947. Nachdem der Bundesrat die ihm in Artikel 91 des Hotelschutzgesetzes erteilte Ermächtigung erschöpft und den Termin für die erwähnten Massnahmen zuletzt bis Ende 1950 erstreckt hatte, erfolgte durch das Bundesgesetz vom 23. Juni 1950 betreffend Abänderung des Bundesgesetzes über rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotel- und die Stickereiindustrie (AS 1950 II 968) eine weitere Erstreckung um drei Jahre, somit bis 81. Dezember 1953.

508 IL Der Bundesrat musste in seiner Botschaft vom 13. März 1950 zum Abänderungsgesetz auf die Ungewisse Zukunft hinweisen, der unsere Hôtellerie entgegengeht und schlug daher vor, für eine allfällig nötig werdende Verlängerung der Eechtswirksamkeit einen einfachen Bundesbeschluss vorzubehalten (BEI 1950, I, 653 und 658/9). Die Bundesversammlung schloss sich diesem Antrag an. Demgemäss lautet nun Artikel 91, Absatz 2, des Hotelschutzgesetzes in der Fassung von Artikel 3 des Abänderungsgesetzes : «Wenn und soweit die Lage der Hotel- oder der Stickereündustrie es erforderlich macht, kann die Bundesversammlung durch einfachen Bundesbeschluss die Eechtswirksamkeit dieser Bestimmungen für die eine oder andere dieser Industrien um weitere zwei Jahre verlängern.» Die Bundesversammlung kann also durch einen dem Eeferendum nicht unterstehenden Beschluss die Eechtswirksamkeit der rechtlichen Schutzmassnahmen erstrecken. Die Bedingung, an welche diese Ermächtigung geknüpft worden ist, kann als erfüllt gelten, da die Lage der Hotelindustrie und namentlich der Saison- und Berghotellerie -- wie unsere nachfolgenden Ausführungen noch zeigen werden -- die Aufrechterhaltung rechtlicher Schutzmöglichkeiten noch immer erfordert.

Nachstehende Angaben des Eidgenössischen Statistischen Amtes vermitteln ein Bild über die Logiernachte und die Bettenbesetzung in den Hotels und Pensionen (vgl. die Beilagen zu den Oktoberheften 1951 und 1952 der «Volkswirtschaft»).

Fremdenverkehr 1947 lis 1952 Bcttenbesetzung in % der

Logiernächto

Jahr

1947 1948 1949 . , .

1950 1951 . . .

1952 !)

Schweizer

Ausländer

Total

12 325 807 11 179 515 10 108 232 9 227 472 9 439 346 9 715 412

6 962 806 6 712 201 6 589 119

19 288 613 17 891 716 16 697 351 15 132 008 16 805 224 18 077 570

5904536 7365878

8 362 158

vorhandenen verfügbaren Betten Betten

32,3 30,0 28,1 25,5 28,3 30,0

45,3 41,8 39,0 35,6 39,0 41,4

1

) Provisorische Ergebnisse.

Sowohl das Logiernächte-Total wie die prozentuale Bettenbesetzung blieben seit 1948 hinter den Zahlen von 1947 zurück. Diese Tatsache ist um so mehr zu beachten, als sich die schweizerische Hôtellerie in einer Preis- und Ertragskrise befindet. Diese macht sich vor allem in der Saisonhotellerie bemerkbar, bei der sich z. B. die Devisenrestriktionen und die allgemeine Knappheit an Eeisezahlungsmitteln der meisten ausländischen Besucher so-

509 wie der damit verbundene Preisdruck und die Verkürzung der Aufenthaltsdauer neben den gestiegenen Warenpreisen und den vermehrten Personalaufwendungen besonders fühlbar auswirken. Wir verweisen auf die Ausführungen des sogenannten Luzerner Berichts vom Mai 1952, S. 11-15. (Die schweizerische Hôtellerie. Ihre gegenwärtige Lage und die zu ihrer Stützung und Förderung notwendigen Massnahmen. Bericht der für die Untersuchung dieser Fragen einberufenen Konferenz an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement und an das Eidgenössische Post- und Eisenbahndepartement zu Händen des Bundesrates. Sonderheft 56 der «Volkswirtschaft».) Dieser Bericht wurde seinerzeit sämtlichen Mitgliedern der Bundesversammlung zugestellt. Wir glauben, uns hier weitere statistische Angaben ersparen zu dürfen. Wir möchten lediglich noch daran erinnern, wie sehr der Geschäftsgang unserer Hôtellerie von der politischen Lage, den Devisenvorschriften des Auslandes und der zum Teil mit Marsh allplan-Geldern oder durch andere Mittel unterstützten ausländischen Konkurrenz, aber auch von der ganzen Strukturwandlung des Fremdenverkehrs abhängig ist. Der Luzerner Bericht gelangt denn auch zum Schlüsse, dass die rechtlichen und finanziellen Schutzmassnahmen für die Hôtellerie weiterzuführen seien. Auch die Schweizerische Hotel-Treuhand-Gesellschaft erachtet in ihrer Vernehnüassung zum Luzerner Bericht eine Erstreckung der Eechtswirksamkeit der rechtlichen Schutzmassnahmen für die Hotelindustrie als notwendig. Die Schweizerische Hotel-Treuhand-Gesellschaft führt aus, .«dass ein Verzicht auf Schutzbestimmungen derzeit noch nicht in Betracht gezogen werden kann. Prinzipielle Voraussetzung für einen solchen Schritt wäre die Überzeugung, dass schon jetzt oder doch in kurzer Zeit die Ertragslage des Beherbergungsgewerbeg sich derart gebessert und gefestigt hätte, dass der Grossteil der Betriebe sich in gesunden, geordneten baulichen und finanziellen Verhältnissen befände, mit -andern Worten sicher auf eigenen Füssen zu stehen und beispielsweise seinen Erneuerungsbedarf selbst zu finanzieren vermöchte. Diese Bedingung ist aber keineswegs erfüllt».

Mit der Schweizerischen Hotel-Treuhand-Gesellschaft hält der Bundesrat dafür, dass bei einein Wegfall der Schutzbestimmungen mit schweren Existenzbedrohungen und Verlusten gerechnet werden müsste,
die wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen wären. Die Dauerwirkungen der bisherigen Hilfsmassnahmen würden illusorisch gemacht und ein grosser Teil der Bundesgelder, die in der Hôtellerie investiert wurden, gingen verloren.

III.

Durch den vorgeschlagenen Beschluss wird gleichzeitig einem schon wiederholt gestellten Begehren auf Koordinierung der Hilfsmassnahmen in zeitlicher Hinsicht entsprochen, indem eine Koordinierung mit dem Bundesbeschluss vom 26. Oktober 1950 über die Bereitstellung weiterer Mittel zur Fortsetzung der Hilfsmassnahmen für das Hotelgewerbe (AS 1951, 147) erreicht wird. Nach

510 Artikel l des letztgenannten Bundesbeschlusses ist der Bundesrat ermächtigt, der Schweizerischen Hotel-Treuhand-Gesellschaft bis zum Jahre 1955 Darlehen zur Durchführung des Hotelschutzgesetzes von 1944/1950 zu gewähren.

Dadurch, dass die Bundesversammlung zunächst von der ihr im revidierten Artikel 91 des Hotelschutzgesetze eingeräumten Ermächtigung Gebrauch macht, steht ihr und dem Bundesrat sowie seinen Departementen die nötige Zeit zur Verfügung, um die verschiedenen-Fragen, die durch den Luzerner Bericht aufgeworfen wurden, gründlich zu prüfen.

IV.

Beim Erlass des Abänderungsgesetzes vom 28. Juni 1950 wurde die Rechtewirksamkeit der Schutzmassnahmen nicht nur für die Hotel-, sondern auch für die Stickereiindustrie erstreckt. In den parlamentarischen Kommissionen war auf die hohe Krisenempfindlichkeit der Stickereiindustrie hingewiesen und geltend gemacht worden, dass schon das Vorhandensein von Schutzbestimmungen den Selbsthilfe- und den Durchhaltewillen fördern würde und dass noch nicht alle Existenzen derart gefestigt seien, dass sie ganz sicher keiner Hilfe von aussen mehr bedürften. Die Stickereiindustrie wurde als Rekonvaleszent bezeichnet, der entsprechend behandelt werden müsse. Die Bäte schlössen sich diesen mehr psychologischen Überlegungen an (vgl. die Voten der Berichterstatter Rüeggund Cottier-Genève, StenB NR 1950, S. 241 und 242/3; Schoch, StenB StB 1950, S. 145/6).

Dem Statistischen Jahrbuch, der Schweiz 1951 entnehmen wir folgende Zahlen über die Ausfuhr von Stickereien: Jahr

·

.

Tonnen

in

1939 1400 28 424 000 1945 , 510 48770000 1946 790 77569000 1947 740 86336000 1948 760 59966000 1949 820 61656 000 1950 820 64200000 1951 . . . . . . . . . . . 1060 93 188 000 Sowohl 1951 wie 1952 waren für die Stickereiindustrie ausgesprochen gute Jahre (Das Wirtschaftsjahr, herausgegeben von der Schweizerischen Bankgesellschaft, 1951, S. 66; 1952, S. 72).

Die Stickerei-Treuhand-Genossenschaft, welche zuvor die interessierten Verbände konsultiert hat, berichtet, dass die rechtlichen Schutzmassnahmen von der Stickereiindustrie seit 1950 überhaupt nicht mehr in Anspruch genommen wurden und dass auf eine Verlängerung der Rechtswirksamkeit verzichtet ·werden könne. Dieser erfreulichen Feststellung entsprechend, befasst sich der Entwurf nur noch mit der Hôtellerie.

511

V.

Im einzelnen sind zum Entwurf noch folgende Bemerkungen anzubringen.

Ingress, Hier wird auf die gesetzliche Grundlage verwiesen, aus der sich die Ermächtigung der Bundesversammlung ergibt, die Erstreckung durch einfachen Bundesbeschluss vorzunehmen.

Artikel 1. Der zweite Absatz will lediglieh verdeutlichen, dass die Prolongation für die Stickereiindustrie nicht gilt.

Artikel 2. Die betroffenen Artikel des Gesetzes werden der neuen zeitlichen Begrenzung angepasst.

Artikel 3. In Absatz l wird zunächst speziell wiederholt, was bereits in Artikel 5, Absatz l und 5, des Abänderungsgesetzes von 1950 vorgesehen ist : die Verlängerung von Gesetzes wegen, wie sie auch in den früheren Verlängerungserlassen enthalten war, Absatz 2 erinnert allgemein an die in Absatz 5 des Artikels 5 des Abänderungsgesetzes getroffene Ordnung, wonach die Bestimmungen dieses Gesetzesartikels entsprechende Anwendung finden, wenn die Bundesversammlung die Bechtswirksamkeit verlängert. Der Gläubiger hat also das Hecht, bei der Nachlassbehörde zu verlangen, dass die Lage des Schuldners überprüft und die Schutzinassnahmen allenfalls abgeändert oder sogar aufgehoben werden.

Artikel 4. Inkrafttreten und Befristung der Geltungsdauer des Beschlusses ergeben sich daraus, dass die Verlängerung auf Grund des Abänderungsgesetzes Ende 1958 abläuft und die Ermächtigung der Bundesversammlung auf eine Erstreckung um zwei Jahre lautet.

Wir empfehlen Ihnen den vorgelegten Beschlussesentwurf zur Annahme und versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20. Februar 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates: Der Bundespräsident: Etter Der Bundeskanzler : Ch. Oser

512 (Entwurf)

Beschluss der Bundesversammlung über

die Erstreckung des Rechtswirksamkeit der rechtlichen Schutzmassnahmen für die Hotelindustrie

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 91, Absatz 2, des Bundesgesetzes vom 28. September 1944 über rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotel- und die Stickereiindustrie in der Fassung von Artikel S des Abänderungsgesetzes vom 28. Juni 1950, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 20. Februar 1953, beschliesst:

Art. l Die im Bundesgesetz über rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotelund die Stickereiindustrie enthaltenen Bestimmungen, welche die Stundung, die Herabsetzung des Zinsfusses auf Kapitalforderungen, die vom Betriebsergebnis abhängige Verzinsung und den Nachlass oder die Stundung von Hotelpachtzinsen betreffen, bleiben für die Hotelindustrie bis Ende 1955 rechtswirksam.

2 Diese Verlängerung gilt nicht für die Stickereiindustrie.

1

Art. 2 In den Artikeln 5, 6, 7, 9, 10, 11, 17, 19, 79 und 80 des Gesetzes wird die Jahrzahl 1947 durch die Jahrzahl 1955 ersetzt.

Art. 3 Die auf Grund des Bundesgesetzes vom 28. September 19441) sowie der Bundesratsbeschlüsse vom 11. Dezember 19471) oder 9. Dezember 1942 ) ) oder 1

1) BS 10, 454 ) AS 1949,1665.

2

513 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 19501) erteilten oder erstreckten Stundungen und Bewilligungen für eine vom Betriebsergebnis abhängige Verzinsung verlängern sich von Gesetzes wegen bis Ende 1955.

2 Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1950 betreffend Abänderung des Bundesgesetzes über rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotel- und die Stickereiindustrie findet entsprechende Anwendung.

Art. 4 Dieser Bescbluss tritt am 1. Januar 1954 in Kraft und gilt bis 31. Dezember 1955.

1) AS 1950, 963.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erstreckung der Rechtswirksamkeit der rechtlichen Schutzmassnahmen für die Hotelindustrie (Vom 20.

Februar 1953)

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1953

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6409

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26.02.1953

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