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Bundesblatt 105. Jahrgang

Bern, den 20. August 1953

Band II

Erscheint wöchentlich. Preis SO Franken im Jahr, 16 Franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr: 60 Rappen die Petitzeile oder deren Kaum. -- Inserate franko an Stämpfli & Cie. in Bern

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Botschaft des

Bundegrates an die Bundesversammlung betreffend die Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung (Vom 15. August 1958) Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Mit Bundesbeschluss vom 19. Juni 1952 haben Sie uns ermächtigt, die am 15- Februar 1952 in Genf unterzeichnete «Vereinbarung über die Einsetzung eines Rates von Abgeordneten der europäischen Staaten zum Studium der Pläne für ein internationales Laboratorium und zur Organisation der weitern Zusammenarbeit auf dem Gebiete der kernphysikalischen Forschung» zu ratifizieren. Die Ratifikationsurkunde wurde am 30. Juli 1952 beim Generaldirektor der UNESCO hinterlegt. Der Bundesbeschluss setzte ferner den Beitrag der Schweiz mit 100 000 Franken fest, von denen 80 000 Franken zu Lasten der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft gehen.

Mit der vorliegenden Botschaft berichten wir Ihnen über die Tätigkeit des Rates der Abgeordneten und unterbreiten Ihnen das von ihm ausgearbeitete Abkommen zur Schaffung einer europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung, die ihren Sitz in Genf haben würde, zur Genehmigung.

Es ist vielleicht nicht ganz unangebracht, den Ursprung des Projektes für eine europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der kernphysikalischen Forschung in Erinnerung zu rufen. Hernach werden wir Ihn an einen Rechenschaftsbericht über die Arbeiten des Rates unterbreiten, der sich auf die von ihm yerfassten Rapporte für die Mitgliedstaaten stützt. Wir werden den Charakter der kernphysikalischen Forschung kurz umschreiben und alsdann die wichtigsten Bestimmungen des Abkommens behandeln. Am Schlüsse prüfen wir die Fragen, die sich im Hinblick auf die Beteiligung der Schweiz an der neuen Organisation stellen.

Bundesblatt. 105. Jahrg. Bd. II.

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822 L Anfänge nnd Entwicklung

Die Frage der Schaffung regionaler Institutionen zur Betreibung -wissenschaftlicher Forschungen in Spezialgebieten der Wissenschaft war im Laufe der vergangenen Jahre oft Gegenstand von Diskussionen in Kreisen der Wissenschafter. Dabei möchten wir besonders darauf hinweisen, dass die Idee zur Errichtung eines Europäischen Laboratoriums für kernphysikalische Forschung an einer europäischen Konferenz, die im Jahre 1949 in Lausanne stattfand, bekanntgegeben wurde. Im Frühling 1950 nahm die in Florenz tagende 5. Generalkonferenz der UNESCO eine Eesolution an, die den Generaldirektor der UNESCO beauftragte, «die Schaffung und Organisation von Laboratorien sowie regionalen Forschungszentren zu erleichtem und zu fördern, damit eine engere und fruchtbringende Zusammenarbeit zwischen den Wissenschaftern der verschiedenen Länder zustande komme, die sich die Aufgabe gestellt haben, das menschliche Wissen in den Gebieten zu mehren, wo die vereinzelt unternommenen Anstrengungen irgendeines Staates nicht zum Ziele führen würden».

Diese Eesolution erwähnte weder einen besondern Bereich der Wissenschaft noch ein bestimmtes geographisches Gebiet. Unter den in Betracht kommenden Projekten erwies sich eine internationale Zusammenarbeit auf europäischer Ebene im Hinblick auf grundlegende Forschungen über die Struktur der Materie als eine der interessantesten Zielsetzungen. In dieser Eichtung wurde die Arbeit aufgenommen.

Der Fortschritt in den Kenntnissen über die Struktur der Materie und insbesondere die Erzeugungsbedingungen und Eigenschaften der neuen Elementarteilchen ist gegenwärtig vorwiegend der reinen Wissenschaft zuzuschreiben.

Obschon es zurzeit schwer hält, die materiellen Vorteile abzuschätzen, die sich mit der Ausweitung dieser Kenntnisse ergeben, ist es wahrscheinlich, dass durch die Auswirkungen auf die angewandten Wissenschaften die Möglichkeit geschaffen wird, wichtige Fortschritte zu erzielen.

Eine Erhebung der UNESCO ergab indessen, dass die Zahl der in Betracht kommenden Spezialisten in den meisten europäischen Ländern zu klein ist, um diesen Staaten zu ermöglichen, Forschungen in wichtigen Gebieten unabhängig voneinander zu unternehmen. Ferner setzen kernphysikalische Forschungen kostspielige Einrichtungen voraus, bei deren Fehlen die europäischen Forscher versucht sind, von der Möglichkeit,
in amerikanischen Laboratorien zu arbeiten, Gebrauch zu machen und sich in den Vereinigten Staaten von Amerika niederzulassen; damit entziehen sie aber ihrem Heimatland die Vorteile ihrer Kenntnisse und Entdeckungen. Aus der Schweiz selbst sind unter den am meisten befähigten jungen Wissenschaftern etwa zwanzig bereits ausgewandert, und es macht nicht den Anschein, dass sie zurückkehren werden. Auf die Dauer würde dieser Zustand das wissenschaftliche Potential der europäischen Länder erheblich beeinträchtigen. Die Zusammenfassung der nationalen Anstrengungen auf diesem Gebiete wird deshalb von den wissenschaftlichen Kreisen der meisten.

Länder Europas als eine sehr dringende Notwendigkeit empfunden.

823 Angesichts dieser Erwägungen wurde daher im Jahre 1951 unter der Ägide der UNESCO ein Projekt für ein europäisches Laboratorium für kernphysikalische Forschung ausgearbeitet. Es war indessen offensichtlich, dass die Begierungen nicht in der Lage sein würden, einem Projekt von dieser Grössenordnung zuzustimmen, ohne vorher das Ergebnis eingehender Studien, besonders über den Sitz und die Einrichtungen des Laboratoriums, sowie über die in Aussicht zu nehmenden finanziellen Lasten zu kennen.

Aus finanziellen und administrativen Gründen konnte jedoch die UNESCO eine solche Aufgabe mit eigenen Mitteln nicht durchführen. Ihr Generaldirektor berief daher im Dezember 1951 eine Konferenz von Begierungsvertretern ein, zu der alle europäischen Mitgliedstaaten der UNESCO eingeladen wurden (Belgien, Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, Monaco, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, die Schweiz, die Tschechoslowakei und Ungarn.) Die Einladung zur Teilnahme an der Konferenz haben angenommen: Belgien, Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Italien, Jugoslawien, die Niederlande, Norwegen, Schweden und die Schweiz. Ferner wurden die europäischen Nichtmitgliedstaaten und die aussereuropäischen Mitgliedstaateu der UNESCO eingeladen, Beobachter zu entsenden. Der Zweck dieser Konferenz bestand darin, die Organisation und Finanzierung der erforderlichen Studien sicherzustellen, deren Kosten im Minimum auf 200 000 Dollars veranschlagt wurden.

Anlässhch der Konferenz wurde für das gemeinsame Unternehmen von allen Seiten ein grosses Interesse bekundet. Ferner zeigte es sich im Verlaufe der Diskussion, dass viele Teilnehmer ausser der Schaffung eines internationalen Laboratoriums eine weitergehende Aktion wünschten, die darauf abzielen sollte, sobald als möglich eine europäische Zusammenarbeit auf der Grundlage der bereits vorhandenen Mittel und Einrichtungen herbeizuführen.

Im Februar 1952 trat die Konferenz zu einer zweiten Session in Genf zusammen, die am 15. Februar 1952 zur Unterzeichnung einer «Vereinbarung über die Einsetzung eines Bates von Abgeordneten der europäischen Staaten zum Studium der Pläne für ein internationales Laboratorium und zur Organisation der weitern
Zusammenarbeit auf dem Gebiete der kernphysikalischenForschung» führte. Die Bezeichnung dieser Organisation wurde später in «Europäischer Bat für kernphysikaliBche Forschung» (CEBN) abgeändert.

u. Tätigkeit des Europäischen Rates für kernphysikalische Forschung Nach den Bestimmungen von Artikel III der Vereinbarung vom 15. Februar 1952 bestehen die Funktionen des Bates darin, die Zusammenarbeit im Bereiche der Forschungen, die sich auf Materieteilchen mit sehr hoher Energie beziehen, auf regionaler europäischer Ebene zu organisieren. Zu diesem Zwecke hatte ei die Pläne für ein internationales Laboratorium für kernphysikalische Forschung vorzubereiten und alle Massnahmen im Hinblick auf die Benützung bereits

824 bestehender Einrichtungen zu treffen, die ihin zur Verfügung gestellt würden.

Über die Ergebnisse seiner Arbeiten und Studien war ein Bericht auszuarbeiten und den Eegierungen der Mitgliedstaaten zu unterbreiten. Dieser Bericht sollte einen Abkommens entwurf für die Errichtung eines internationalen Laboratoriums und die Organisation der weitern Zusammenarbeit auf dem Gebiete der kernphysikarischen Forschung enthalten.

Der Bat hielt seine erste Sitzung vom 5. bis 8. Mai 1952 in Paris ab. Die schweizerische Delegation wurde schon zu Beginn eingeladen, an seinen Arbeiten teilzunehmen, da die Schweizerische Naturforschende Gesellschaft sich anerboten hatte, ihren Beitrag sofort zu entrichten. Der Bat tagte am 20. und 21. Juni 1952 in Kopenhagen, vom 4. bis 7. Oktober 1952 in Amsterdam, vom 12. bis 14. Januar 1958 in Brüssel, vom 30. März bis 2. April 1953 in Born und vom 29. Juni bis 1. Juli 1958 in Paris. Die ersten drei Sitzungen wurden von Herrn Prof. Dr. Paul Scherrer, Delegierter der Schweiz, die drei folgenden von Herrn J. H. Bannier, Delegierter der Niederlande, präsidiert, und an der letzten Sitzung ist Herrn Bobert Valeur, Delegierter von Frankreich, das Präsidium übertragen worden. Als Generalsekretär des Bates wurde Herr Edoardo Arnaldi, Professor an der Universität Born, gewählt.

Der Bat hat vier Studiengruppen gebildet : die Gruppe des Synchrocyclotrons, geleitet von Herrn C. J. Bakker (Niederlande), die Gruppe des Synchrotrons für Protonen, geleitet von Herrn 0. Dabi (Norwegen), die Gruppe des Laboratoriums, geleitet von Herrn L. Kowarski (Frankreich), und die Gruppe der theoretischen Studien, geleitet von Herrn Niels Bohr (Dänemark). Zum Vizepräsidenten der Studiengruppe des Laboratoriums ist Herr Dr. Peter Preiswerk, Professor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule, gewählt worden.

Durch einen der ersten Beschlüsse des Bates wurde eine internationale wissenschaftliche Konferenz im Juni 1952 nach Kopenhagen einberufen, um einen allgemeinen Meinungsaustausch zu pflegen und eine Erhebung über den gegenwärtigen Stand der kernphysikalischen Forschung durchzuführen und damit Kenntnis derjenigen Probleme zu erhalten, die am besten im Bahmen einer internationalen Zusammenarbeit geprüft werden könnten. Auf Grund der Ergebnisse dieser Konferenz wurde das Programm der Studiengruppen
angenommen. Die Art und die Energie der Beschleunigungsapparate für sogenannte Materieteilchen, deren Studium und Pläne allenfalls zur Durchführung gelangen, wurden auf Grund der sowohl in Europa als auch in Amerika mit gleichartigen Apparaten gemachten Erfahrungen sowie unter Berücksichtigung der Forschung und industriellen Möglichkeiten eingehend besprochen.

Gestützt auf die Arbeiten der Studiengruppen wurde beschlossen, das zu schaffende Laboratoium mit zwei Maschinen auszurüsten : mit einem Synchrotron, das Protonen bis zu Energien von 25 bis 30 Milliarden Elektronvolt beschleunigen wird, und mit einem Synchrocyclotron, das Protonen bis zu Energien von 600 Millionen Elektronvolt beschleunigen wird. Die erste Maschine wird in sieben Jahren und die zweite in vier Jahren vollendet sein.

825 Die Gruppe des Synchrocyclotrons hat die Pläne für die Maschine bereite angefertigt. Das Synchrocyclotron wird viele Neuerungen aufweisen, die in dafür besonders konstruierten Versuchsanlagen zum grossen Teil schon ausprobiert worden sind.

Die Konstruktion des Synchrotrons hat eingehende Studien vorbereitenden Charakters erfordert, die zurzeit noch fortgesetzt werden. Eine Maschine dieser Art bildet eine neue Etappe im Bau von Beschleunigungsapparaten. Es erwies sich deshalb als notwendig, zunächst einmal abzuklären, inwieweit ein solches Projekt ausführbar ist, sowie die grundlegenden Kenntnisse zu ermitteln, die zur Berechnung der wesentlichsten Charakteristiken des Synchrotrons erforderlich sind. Die besten Spezialisten für die Konstruktion von Beschleunigungsapparaten, wie die Mitglieder der Studiengruppe, die das grosse Cyclotron in Harwell .konstruierte, Dr. Wideroe der Brown-Boveri-Werke, Erfinder des Betatrons, Dr. Blewett, Konstrukteur des Cosmotrons von Brookhaven, haben an diese Arbeiten beigetragen. Heute scheint festzustehen, dass die Maschine gebaut werden kann. Die Studiengruppe befasst sich noch damit, einige Detailfragen zu lösen.

Die Gruppe für das Laboratorium hat die Pläne für den Bau der Gebäude mit den für die Experimente erforderlichen Einrichtungen erstellt. Sie hat dafür die Mitarbeit eines schweizerischen Architekturbüros in Anspruch genommen.

Gemäss den vom Eat gefassten Beschlüssen werden die Experimente im Laboratorium das Gebiet der Höchstenergien betreffen und sich im Eahmen der durch die beiden Beschleunigungsapparate gegebenen Möglichkeiten bewegen. Das Laboratorium wird die Mitarbeit lokaler Institutionen anfordern, besonders diejenige der Universität Genf, sofern es Gutachten von Experten aus andern Gebieten, zum Beispiel allgemeine Chemie, Optik oder Medizin, benötigt. Es wird ebenfalls mit andern, entfernteren Institutionen zusammenarbeiten, die sich mit Spezialgebieten der Technik, wie die Trennung von Isotopen oder die Technik der kernphysikahschen Emulsionen, befassen. Ganz allgemein wird es die Zusammenarbeit mit den nationalen Institutionen fördern.

Es wird mit diesen gemeinsame Forschungsprogramme ausarbeiten und einen Austausch von Personen vornehmen können.

Ausser einem ständigen und erfahrenen Personal wird das Laboratorium auch Forscher für
kurze Zeit (ein bis zwei Jahre) verpflichten, um den Austausch mit den nationalen Institutionen zu verstärken. Es wird ebenfalls Forschirugsmöglichkeiten bieten für eine gewisse Zahl von Wissenschaftern, die durch ihre nationalen Institutionen entlöhnt werden, sowie jungen, durch die Mitgliedstaaten, die UNESCO und andere Institutionen unterstützte Stipendiaten usw.

Es ist vorgesehen, dass das Laboratorium insgesamt 302 Personen beschäftigen wird, von denen 75 hochqualifizierte Wissenschafter, 131 Techniker und junge Forscher, 29 Büroangestellte und 67 halb- oder nicht spezialisierte Per-

826 sonen sind. Ferner werden Forschungsequipen gleichzeitig tätig sein, damit aus den Maschinen eine maximale Ausbeute erzielt wird.

Die Gruppe für theoretische Studien hat die Zusammenarbeit mit Hilfe der in verschiedenen Ländern bereits bestehenden Einrichtungen eingeleitet.

Sie stellte ein Programm auf, das insbesondere die Kontakte zwischen Forschern erleichtert und die Ausbildung von jungen Theoretikern der Physik sicherstellt.

Dieses Programm -wird im Bahmen der zukünftigen Organisation festgesetzt werden.

Bereits ist eine Equipe von jungen und sehr qualifizierten Physikern aus verschiedenen Teilnehmerländern gebildet worden. Die Arbeitsgruppe für theoretische Studien beabsichtigt ferner, Besuche von erfahrenen Physikern zu empfangen und qualifizierte Theoretiker in die verschiedenen Forschungsinstitute Europas zu entsenden, die den Wunsch bekundet haben, solche heranzuziehen.

Die Heranbildung junger Theoretiker der Physik ist ebenfalls unerlässlich im Hinblick auf die Verbreitung und Mehrung der erforderlichen Kenntnisse zur besten Ausnutzung der Einrichtungen, die im Laboratorium verfügbar sind. Das Programm sieht Kurse und Kolloquien in höhern Stoffgebieten der Kernphysik vor, sowie die Möglichkeit der Durchführung von Forschungsarbeiten unter Leitung erfahrener Theoretiker der Physik. Vom Institut für theoretische Physik in Kopenhagen sind der Gruppe für theoretische Studien Lokalitäten zur Verfügung gestellt worden.

Eine andere wichtige Aufgabe wird darin bestehen, die Zusammenarbeit mit den Institutionen zu sichern, die Installationen für gemeinsame kernphysikalische Forschungen auf europäischer Ebene zur Verfügung stellten oder noch stellen. Eine solche Zusammenarbeit ist bereits mit dem Cyclotron von Upsala eingeleitet worden, der es ermöglicht, Experimente zur Ermittlung wichtiger Einzelheiten über das Wesen und die Struktur von Atomkernen durchzuführen.

Eine ähnliche Zusammenarbeit wird gegenwärtig mit dem Cyclotron von Liverpool geprüft, der wahrscheinlich der erste Apparat in Europa zur Ermöglichung von Forschungen mittels künstlich erzeugter Mesonen sein wird.

Die Gruppe für theoretische Studien hat ausserdem die Forschung ermutigt, die sich auf das Gebiet der kosmischen Strahlen beziehen, wobei es ermöglicht wurde, photographische Platten in Ballonen, die in sehr grosse
Höhe steigen, zu belichten. Eine gleichartige Zusammenarbeit könnte auch zwischen den Gruppen organisiert werden, welche die kosmischen Strahlen mit Hilfe der sogenannten Wilson-Kammern untersuchen.

Die Forschungen auf dem Gebiete der kosmischen Strahlen haben zu grundlegenden Entdeckungen geführt mit Bezug auf die Schöpfung neuer Arten von Materieteilchen bei kernphysikalischen Kollisionen mit hoher Energie ; diese ermöglichen Angaben, die in sehr nützlicher Weise die Aufzeichnungen ergänzen, welche mittels grosser Apparate in Laboratorien ermittelt wurden.

827 Es dürfte interessant sein, an dieser Stelle unserer Ausführungen die Art der Forschungen über die Struktur der Materie kurz zu umschreiben. Wir haben Herrn Prof. Dr. Paul Bcherrer, Präsident der Schweizerischen Studienkommission für Atomenergie, gebeten, uns einige Angaben zu machen. Er hat uns die folgenden Einzelheiten bekanntgegeben: «Bis vor wenigen Jahren glaubte man, dass sich das Naturgeschehen, soweit es die leblose Materie betrifft, durch die Wechselwirkung weniger sogenannter Elementarteilchen und die zu diesen gehörigen Kraftfelder beschreiben lasse. Als solche Elementarteilchen betrachtete man die Lichtquanten, die Elektronen und die Partikel, welche die Atomkerne aufbauen, die Protonen und die Neutronen. Untersuchungen an der kosmischen Strahlung zeigten aber das Vorhandensein von sogenannten Mesonen, einer ganzen Reihe neuartiger Teilchen, deren Eigenschaften noch sehr wenig bekannt sind. Es ist heute als sicher zu betrachten, dass die Mesonen in beliebiger Menge erzeugt werden können, genau so wie man Licht oder Radiowellen in behebiger Menge erzeugen kann.

Maxwell hat 1864 auf Grund theoretischer Überlegungen über die Natur des elektromagnetischen Feldes die Radiowellen vorausgesagt; er hat erkannt, dass die oszillatorische Bewegung elektrischer Ladung zur Aussendung von elektromagnetischen Wellen führen muse. Je nach der Frequenz handelt es sich um Radiowellen, Licht oder Röntgenlioht, Erst 1879, also 15 Jahre später, gelang es H. Hertz, die Maxwellsche Theorie ins Experiment zu übersetzen und die Radiowellen, welche heute eine so grosse Rolle in der Übermittlungstechnik spielen, herzustellen. Heute ist die Maxwelsche Theorie durch die Plancksche Quantentheorie verfeinert: Die Physik hat erkannt, dass jedem Kraftfeld charakteristische Korpuskel zugeordnet sind. Im Fall des elektromagnetischen Feldes sind diese zugeordneten Korpuskel die Photonen oder Lichtquanten; diese können sich vom strahlenden Elektron ablösen und sich in ihren Wirkungen wie richtige kleine mit Masse begabte Teilchen benehmen.

Aus Versuchen mit Atomkernen wissen wir, dass zwischen den Bausteinen der Kerne, den Protonen und Nucleonen äusserst starke anziehende Kräfte vorhanden sind ; diese grossen Kräfte geben eben Anlass zu den enormen Energieumsetzungen, mit welchen wir es bei Kernreaktionen zu tun
haben. Die Kräfte zwischen den Kernbestandteilen, den Nucleonen, sind aber ganz anderer Art als die elektrischen Kräfte, die zwischen geladenen Teilchen auftreten; sie befolgen ein ganz anderes Kraftgesetz, namentlich wirken sie nur auf sehr kurze Distanzen. Zum Nucleonfeld gehören sicher Teilchen, die, wie im elektrischen Feld die Photonen, dem Kraftfelde zugeordnet sind.

Auf Grund quantentheoretischer Betrachtungen hat Yukawa vermutet, dass die dem Nucleon-Kraftfeld zugeordneten Partikel die Mesonen sein müssen. Tatsächlich gelingt es, Protonen oder Neutronen durch Energiezufuhr genau so zur Mesonenemission anzuregen, wie man das Elektron durch Energiezufuhr zur Ausstrahlung von Lichtquanten anregen kann. Diese Mesonstrahlung ist noch kaum untersucht, denn man kann mit den spärlich auftretenden Mesonen, welche man in der kosmischen Strahlung vorfindet, kaum experimentieren, und künstliche Mesonen werden erst seit kurzer Zeit an den grossen amerikanischen Maschinen hergestellt. Die wenigen Experimente, welche vorliegen, zeigen aber schon, dass die Mesonstrahlung sehr viel verwickelter ist als die elektromagnetische Strahlung; man kennt heute schon etwa 10 verschiedene Mesonarten, welche sich ganz verschieden verhalten.

Die Erzeugung von Mesonstrahlung führt uns in ein völlig neues Forschungsgebiet. Die Situation ist vergleichbar mit der Erzeugung der ersten Radiowellen. Wir erwarten von der Erforschung der Mesonstrahlung grundlegende Aufschlüsse über die Natur der noch fast unbekannten Kemkräfte, die für die spätere Anwendung der Atomenergie für zivile Zwecke fundamental sein werden. Ob diese Mesonstrahlung als solche direkte technische Anwendung finden wird, ist völlig ungewiss.

828 Es besteht nun zwischen der Erzeugung von Lichtquanten und der Erzeugung von Mesonen ein grundlegender Unterschied. Die Lichtquanten sind Teilchen ohne Euhemasse ; diese sind daher mit sehr kleinen Energiebeträgen leicht zu erzeugen. Die Buhemasse der am häufigsten anzutreffenden Mesonen beträgt aber zirka 300 Millionen Elektronvolt. Es ist also nicht möglich, solche Partikel zu produzieren, ohne dem Nucléon einen Energiebetrag von dieser Grosse zuzuführen. Um diese enormen Energiekonzentrationen herzustellen, sind eben die grossen Maschinen nötig, welche in Genf gebaut werden sollen.

Die Mesonen sind Partikel mit ausserordentlich bemerkenswerten Eigenschaften: sie sind alle unstabil und wandeln sich, nachdem sie zur Ruhe gekommen sind, in andere Teilchen um. Es scheint auch, dass alle diese Mesonen sowohl elektrisch geladen als auch neutral vorkommen. Viele Mesonen reagieren ausserordentlich stark mit Atomkernen; in die sie eindringen und die sie Kur Verdampfung bringen; andere Mesonen wieder haben praktisch keine Wechselwirkung mit Nticleonen.

Die Physiker, welche sich mit der Struktur der Materie befassen, stehen unter dem Eindruck, dass sich hier eine Welt von Erscheinungen auftut, die uns vor einigen Jahren noch völlig verschlossen war und die für das Verständnis der Materie fundamental ist.»

Dazu sind leistungsfähige Maschinen erforderlich, wie sie bis jetzt lediglich in den Vereinigten Staaten vorhanden sind, nämlich das sog. Cosmotron von Brookhaven (2,5 Milliarden Elektronvolt) und die Cyclotrons von Chicago und Berkeley (400 Millionen Elektronvolt) ; dazu kommt eine Eeihe weiterer Maschinen mit Energien in der Grössenordnung von 300 Millionen Elektronvolt. Alle diese Beschleuniger bestehen aus einem riesigen Elektromagneten, dessen Feld die Teilchen während der Beschleunigung auf einer Kreisbahn hält.

Der 'Weg, den die Teilchen im höchsten Vakuum bis zur Erreichung der vollen Energie zurücklegen, ist ausserordentlich lang (im Falle des Synchrotrons ca. zweimal Distanz Erde/Mond). Es ist klar, dass deshalb höchste Präzision verlangt werden muss, wenn das Teilchen auf diesem langen Weg in dem nur 8 cm weiten Beschleunigungsrohr nicht verloren gehen soll. Die Teilchen werden nach Erlangung der gewünschten Energie aus der Maschine ,in Form eines .Strahles herausgelenkt und ihre Wechselwirkung mit Materie kann auf mannigfache Weise untersucht werden.

Unabhängig von seinen wissenschaftlichen Studien hat der Rat gemäss Artikel III, Paragraph 2 der Vereinbarung vom 15. Februar 1952 ein Abkommen vorbereitet, das eine Verwirklichung der ausgearbeiteten Projekte ermöglicht.

Er hat das Studium des Abkommens seit dem Oktober 1952 an die Hand genommen und ihm den grössten Teil der darauffolgenden Sitzungen gewidmet.

Ferner rief er ein Bedaktions- und ein Finanzkomitee ins Leben, die in den Zwischenzeiten der Sessionen tätig gewesen sind und in denen wir vertreten waren.

Im Hinblick auf die endgültige Annahme des Abkommens berief der Eat eine Sonderkonferenz ein, die im Anschluss an die 6. Session am 1. Juli 1958 in Paris getagt hat. Das Abkommen und das ihm beigefügte Finanzprotokoll wurden am gleichen Tage von den Delegierten der folgenden neun Länder unterzeichnet : Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Italien, Jugoslawien, den Niederlanden und Schweden. Die Unterschrift der Schweiz wurde, am 17. Juli abgegeben, da wir vorgängig den

829 endgültigen Text des Abkommens prüfen wollten; der vom Bat erst am 80. Juni festgesetzt worden ist. Die dänische und norwegische Delegation haben ihrerseits durchblicken lassen, dass ihre Eegierungen die Unterschrift innerhalb der in Artikel XV vorgesehenen Frist von sechs Monaten abgeben würden. Die Verzögerung der Unterzeichnung durch Dänemark ist auf Schwierigkeiten im Zu^ sammenhang mit der Einführung der neuen dänischen Verfassung zurückzuführen. Die Konferenz hat ausserdem sechs Resolutionen angenommen, die in den Schlussakten wiedergegeben sind.

m. Analyse des Abkommens Artikel I. Wie wir in unserer Botschaft vom 4. April 1952 ausführten, haben wir Genf als Sitz der Organisation vorgeschlagen. Andere Angebote sind von Dänemark, Frankreich und den Niederlanden gemacht worden. Der Europäische Eat für kernphysikalische Forschung hat die verschiedenen Kandidaturen geprüft und im Oktober 1952 seine Wahl mit der Bezeichnung Genfs getroffen.

Unverzüglich darauf begann die von Herrn Kowarski geleitete Studiengruppe des Laboratoriums mit der konkreten Prüfung der allgemeinen Einrichtungen des Laboratoriums, sowie derjenigen seiner internen Struktur und des Betriebes.

Das Laboratorium kann auf dem Gebiete der Gemeinde Meyrin, in unmittelberer Nähe der Stadt Genf, errichtet werden.

Artikel II. l- Die Ziele der Organisation sind in Paragraph l aufgezählt.

Es handelt sich um die Gewährleistung der «Zusammenarbeit zwischen europäischen Staaten auf dem Gebiet der kernphysikalischen Forschung mit rein wissenschaftlichem und grundlegendem Charakter, sowie andern Forschungsgebieten mit wesentlichen Beziehungen zu diesen». Der Zweck der Organisation besteht somit ausschliesslich darin, an den Fortschritt der reinen Wissenschaft auf dem Gebiet der kernphysikalischen Forschung beizutragen. Die zu erstellenden Maschinen erlauben es übrigens nicht, zum Stadium der praktischen Anwendung hinüberzuwechseln, und die Erfahrung hat gezeigt, daes sich solche Anwendungen lediglich nach einem sehr kostspieligen Prozess verwirklichen lassen, der bedeutende industrielle Einrichtungen erfordert, die im Laboratorium nicht vorhanden sind.

\, 2. Zur Bestätigung des ausschliesslich wissenschaftlichen Charakters der auszuführenden Forschung ist in Paragraph l bestimmt worden, dass die Organisation sich jeder Tätigkeit
für militärische Zwecke zu enthalten habe und dass die Ergebnisse ihrer experimentellen und theoretischen Arbeiten zu veröffentlichen oder in irgendeiner Form zugänglich zu machen seien. Ausser der Veröffentlichung dieser Ergebnisse in wissenschaftlichen Zeitschriften kommen auch andere Verbreitungsmöglichkeiten in Frage: die Verteilung von vervielfältigten Vorberichten, an Konferenzen und Seminarien gemachte Exposés, mündliche und schriftliche Antworten auf Anfragen betreffend Auskunfterteilung, Besuche im Laboratorium usw.

3. Das Grundprogramm der Organisation ist in Paragraph 8 enthalten.

Es bezieht sich einerseits auf die Konstruktion und den Betrieb eines Labora-

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toriums, das mit zwei Hauptmaschinen some den erforderlichen Hilfsapparaten ausgerüstet ist, und anderseits auf die internationale Zusammenarbeit im Bereiche der kernphysikalischen Forschung. Dieses Grundprogramm kann nach dem in Artikel X vorgesehenen Verfahren für die Einführung von Zusätzen geändert werden. Dabei ist die Zxistirnmung aller Mitgliedstaaten erforderlich.

4. Gemäss Paragraph 4 können vom Eat der Organisation mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Mitgliedstaaten zusätzliche Programme beschlossen werden, die sich jedoch im Bahmen der allgemeinen Tätigkeit der Organisation, wie sie in Paragraph l umschrieben ist, zu bewegen haben. Im Falle von Meinungsverschiedenheiten über diesen Punkt kann die Streitfrage gemäss Artikel XI dem Internationalen Gerichtshof unterbreitet werden. Anderseits ist in Artikel III, Paragraph 8, vorgesehen, dass kein Mitgliedstaat verpflichtet ist, an die Durchführung zusätzlicher Programme, die vom Eat beschlossen werden, finanziell beizutragen.

Artikel III. Die Organisation wird den zwölf Staaten, die an den Arbeiten des Europäischen Eates für kernphysikalische Forschung teilgenommen haben, ohne besondere Formalitäten zugänglich sein, nämlich: Belgien, Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien, Italien, Jugoslawien, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und der Schweiz.

Andere Staaten können durch den Eat der Organisation bei Einstimmigkeit aller Mitgliedstaaten aufgenommen werden.

Die Frage der Aufnahme neuer Mitglieder war Gegenstand langer Diskussionen, Einzelne Eegierungen wünschten die Organisation auch aussereuropäischen Staaten zugänglich zu machen unter Beibehaltung des Namens «Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung». Sie machten geltend, diese würde dazu beitragen, die Bedeutung der Organisation zu erhöhen und die finanziellen Lasten auf eine grössere Zahl von Ländern «u verteilen. Andere Eegierungen neigten im Gegenteil wiederum dazu, den ausschliesslich europäischen Charakter der Organisation zu erhalten, um ihr mehr Homogenität zu verleihen und ihren regionalen Charakter zu bewahren, Meinungsverschiedenheiten haben sich auch mit Bezug auf das zu befolgende Aufnahmeverfahren ergeben. Während nach den Bestimmungen des ersten Projektes die Staaten, welche der Organisation beizutreten
wünschen, ihr ; ein Aufnahmegesuch zu unterbreiten gehabt hätten, dem vom Eat bei einer Mehrheit von zwei Dritteln entsprochen worden wäre, wurde später eine Änderung dieser Bestimmung vorgeschlagen, die dahin geht, dass neue Beitritte lediglich auf Einladung des Eates, der darüber mit einer Mehrheit von zwei Dritteln zu beschliessen hätte, möglich wären.

Wir haben der schweizerischen Delegation die Weisung erteilt, sich jeder Einladungsformel, die für Abkommen dieser Art ungewöhnlich ist, zu widersetzen und zu verlangen, dass jeder europäische Staat gemäss dem ursprünglichen Projekt ein Beitrittsgesuch stellen kann. Es entsprach dies der Lösung, die in Artikel II. Paragraph 2 der Vereinbarung vom 15. Februar 1952 für .die Organisation vorgesehen war, und sie schien uns auch für die endgültige Or-

831 ganisation angemessen. Auch haben wir uns dafür eingesetzt, dass jeder europäische Staat Mitglied der Organisation werden kann, sofern er dem Direktor ein Aufnahmegesuch unterbreitet und der Bat dieses mit Zweidrittelsmehrheit annimmt. Dieser Vorschlag ist jedoch von den andern Mitgliedstaaten des Europäischen Bats für kernphysikalische Forschung einstimmig abgelehnt worden.

Angesichts der Unmöglichkeit, die Ansichten der verschiedenen Begierungen auf einen Nenner zu bringen, musste ein Kompromiss in Aussicht genommen werden: Jeder Staat, der in die Organisation aufgenommen zu werden wünscht, wird dem Direktor ein Gesuch unterbreiten; dieses Gesuch bedarf aber der Zu! Stimmung aller Mitgliedstaaten, damit ihm entsprochen werden kann.

Artikel IV bis VI. Diese Artikel bezeichnen die verschiedenen Organe.

Die "Versammlung der Mitgliedstaaten nennt sich Bat (Conseil). Mit einer Mehrheit von zwei Dritteln (Artikel V, Paragraph 10) kann sie untergeordnete Organe ins Leben rufen. Das dem Direktor unterstehende Personal wird aus Wissenschaftern, Technikern und administrativem Personal bestehen. Ferner können auch Wissenschafter, die nicht dem ständigen Personal angehören, zur Durchführung von Forschungen im Laboratorium eingeladen werden (Artikel VI, Paragraph 3).

. Artikel VII. 1. Das Verfahren zur Berechnung der Beiträge der Mitgliedstaaten ist Gegenstand der Bestimmungen in Artikel VII des Abkommens, von Artikel 4 und der Zusatzvereinbarung zum Finanzprotokoll, sowie der Besolution Nr. 5 der Schlussakte. Die Grundlage für die Berechnung ist das Netto-Volkseinkommen zu Faktorenkosten eines jeden Mitgliedstaates, d. h.

das um die Abschreibungen verminderte Bruttoeinkommen. Um zu vermeiden, dass die Zahlen eines aussergewöhnlichen Jahres einen entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Beitragsleistung ausüben, ist vorgesehen worden, das mittlere Einkommen der vorangehenden drei Jahre als Grundlage zu nehmen.

Diese Berechnungsweise ist von der schweizerischen Delegation vorgeschlagen worden. Andere Delegationen hatten eine Lösung befürwortet, die auf das Volkseinkommen pro Kopf der Bevölkerung abstellte, doch hätte dies j^eine wesentliche Erhöhung unserer Beitragsleistung zur Folge gehabt. Auch ist der Vorschlag gemacht worden, den Ansatz der Schweiz höher festzusetzen als er der Berechnungsgrundlage
entspricht, wodurch den Vorteilen, die unser Land durch das Vorhandensein des Laboratoriums auf unserm Territorium zieht, Bechnung getragen wäre. Die schweizerische Delegation konnte es aber durchsetzen, dass kein mehr oder weniger willkürliches Berechnungselement im Beitragsschlüssel Eingang fand. Dagegen wies sie auf das Einverständnis der schweizerischen Behörden hin, gewisse Auslagen zu übernehmen.

Das zur Erstellung des Laboratoriums und der Nebengebäude erforderliche Gelände wird demzufolge vom Kanton Genf erworben und der Organisation zur Verfügung gestellt. Die Auslage wird auf 500 000 Franken geschätzt. Die Frage der Erstellung von Zuleitungen für Wasser und Elektrizität wird gegenwärtig

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mit den industriellen Betrieben der Stadt Genf geprüft. Es sind mehrere Lösungen möglich, doch ist noch kein Entscheid getroffen worden. Es ist anzunehmen, dass zum mindesten ein Teil der Installationskosten durch die Abonnementszahlungen der Organisation gedeckt werden. Pur die restüchen Ausgaben sollte zwischen der Eidgenossenschaft und dem Kanton Genf eine Einigung erzielt werden. Nach den ersten Schätzungen dürfte die Gesamtheit der Installationskosten für die Wasser- und Elektrizitätszuleitungen drei Millionen Franken betragen, doch müssen noch gewisse Lösungen geprüft werden, die vielleicht eine wesentliche Senkung der Kosten ermöglichen.

Zwei Einschränkungen sind mit Bezug auf den Beschluss, das Netto-Volkseinkommen als Berechnungsgrundlage zu benützen, angebracht worden: 4fe a. Der Höchstbeitrag eines Mitgliedstaatcs für das Grundprogramm ist auf ^B 25 Prozent festgesetzt worden. Unter den 12 an den Arbeiten des Europäischen Eates für kernphysikalische Forschung teünehmenden Staaten würde einzig Grossbritannien auf Grund seines Netto-Volkseinkommens einen Beitrag von etwas mehr als 25 Prozent zu leisten gehabt haben. Damit aber diese Grenze von Grossbritannien nicht überschritten werde, nahm es Frankreich auf sich, den Ansatz der Beiträge der beiden Länder auf der Grundlage des Mittels der entsprechenden Ansätze mit Bezug auf das Netto-Volkseinkommen zu errechnen.

Dadurch ist der Ansatz für Grossbritannien leicht ermässigt und derjenige Frankreichs leicht erhöht worden. Ferner erwähnen wir, dass die Vermehrung der Zahl der Mitgliedstaaten sich dahin auswirkt, den theoretischen Ansatz Grossbritanniens unter 25 Prozent zu senken. Anderseits ist in der Zusatzvereinbarung zum Finanzprotokoll die Möglichkeit vorgesehen worden (Ziff. l, Abs. V), während der Periode, die am 31. Dezember 1954 abläuft, den Plafond von 25 Prozent auf 80 Prozent zu erhöhen, falls die eine oder andere Ratifikation ausbleiben sollte.

o. Falls ein Mitgliedstaat sich in einer finanziell schwierigen Lage befindet, kann der Eat der Organisation den Ansatz des Beitrages, wie er sich mit Bezug auf das Netto-Volkseinkommen ergibt, mit Zweidrittelsmehrheit senken. Der dadurch entstehende Ausfall wird von den andern Mitgliedstaaten im Verhältnis ihrer Grundbeiträge aufgebracht. Diese Eegel ist schon im Eahmen des Schlüssels
-^^ angewendet worden, der in der Zusatzvereinbarung zum Finanzprotokoll für'^P die Zeit vom Inkraftreten des Abkommens bis zum 31. Dezember 1956 festgesetzt ist. In der Eesolution Nr. 5 ist nämlich bestimmt, dass die Grosszahl der in diesem Schlüssel bezeichneten Staaten damit einverstanden gewesen ist, die von Griechenland und Jugoslawien beantragten Ermässigungen zu übernehmen.

Der Beitrag der Schweiz ist dadurch von 3,71 Prozent auf 3,80 Prozent erhöht worden. Für die darauffolgenden Jahre haben die griechische und jugoslawische Delegation erklärt, ihre Länder seien wahrscheinlich in der Lage, die dem Nettonationaleinkommen entsprechenden Beiträge zu leisten.

2. Für die ersten sieben Jahre, während denen das Laboratorium erstellt wird, hat der Europäische Eat für kernphysikalische Forschung das folgende Budget vorgesehen:

833 In Schweizerfranken

1.

2.

3.

4.

Konstruktion des Synchrotrons (in 7 Jahren vollendet) . 55 Millionen Konstruktion des Synchrocyolotrons (in 4 Jahren vollendet) 17 » Konstruktion des Laboratoriums und der Hilfsapparate . 23 » Förderung der theoretischen Studien und der andern Formen der internationalen Zusammenarbeit 6,3 » 5. Leitung und Betrieb 18,7 » Total in Schweizerfranken 120 Millionen Auf sieben Jahre verteilt, ergibt diese Summe ein jährliches Mittel von 17143 000 Franken, beziehungsweise für die Schweiz eine jährliche Ausgabe von 650 000 Franken bei einem Ansatz von 8,80 Prozent und einem Total von 4550000 Franken für sieben Jahre.

Sobald die Konstruktion des Synchrocyclotrons beendet ist, wird das Laboratorium seine Arbeit in beschränktem Umfange aufnehmen können; es wird jedoch erst vom achten Jahre an vollständig benutzbar sein. Das jährliche Budget der Organisation wird sich dann auf ungefähr 8-9 Millionen Franken belaufen und der schweizerische Beitrag auf etwas über 300 000 Franken.

Ferner erwähnen wir, dass gemäss Artikel VII, Paragraph 3, des Abkommens jeder neue Mitgh'edstaat einen Teil der Konstruktionskosten zu übernehmen hat, wodurch sich der Anteil der ursprünglichen Mitglieder rückwirkend vermindern wird.

Artikel IX. Dieser Artikel sieht den Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Schweiz und der Organisation vor, welche unabhängig von den Bestimmungen betreffend die Vorrechte und Befreiungea die besondern Beziehungen regeln wird, die mit der Wahl von Genf als Sitz der Organisation im Zusammenhang stehen. Die Konferenz hat ferner zwei Entschliessungen mit folgendem Inhalt angenommen: Entschliessung Nr. 3 «Die Konferenz empfiehlt dem Kat der Europäischen Organisation für l kernphysikalische Forschung, wenn er mit dem Staate, auf dessen Gebiet sich sein Sitz befinden wird, die in Artikel IX des Abkommens vorgesehene Vereinbarung abschliesst, in diese Vereinbarung, entsprechend früheren Abmachungen für andere internationale Organisationen, Bestimmungen aufzunehmen, wonach im Falle einer internationalen Krise in Europa dem Staat, auf dessen Gebiet sich sein Sitz befinden wird, das Eecht gewahrt bleibt, alle im Interesse seiner Sicherheit gebotenen Massnahmen zu ergreifen. In diese Bestimmungen ist eine Einladung an den betreffenden Staat aufzunehmen, sich in diesem Falle und so rasch als es die Umstände erlauben mit der Organisation in Verbindung zu setzen, um gemeinsam die nötigen Massnahmen zum Schutze der Interessen der Organisation festzulegen.»

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Etitschliessung Nr. 4 «Die Konferenz bittet den Europäischen Eat für kernphysikalische Forschung, unverzüglich den Entwurf zu der in Artikel IX des Abkommens vorgesehenen Vereinbarung zwischen der Organisation und dem Staat, auf dessen Gebiet sich sein Sitz befinden wird, vorzubereiten und dabei der vorstehenden Entschliessung Nr. 8 Eechnung zu tragen, damit der Abschluss dieser Vereinbarung nach dem Inkrafttreten des Abkommens ohne Verzug erfolgen kann.» Die Konferenz hat damit den Grundsatz aufgestellt, dass die abzuschliessende Vereinbarung analoge Bestimmungen enthalten solle, wie diejenigen in Artikel 25 der Vereinbarungen, welche die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Internationalen Arbeitsorganisation einerseits und der Internationalen Jk Gesundheitsorganisation anderseits regeln. Der Artikel 25 lautet wie folgt ^7 (Übersetzung) : «1. In der vorliegenden Vereinbarung vermag nichts das Eeeht des schweizerischen Bundesrates zu berühren, zweckdienliche Vorsichtsmassnahmen im Interesse der Sicherheit der Schweiz zu treffen.

2. Falls er es für unumgänglich hält, den ersten Paragraph des vorliegenden Artikels zur Anwendung zu bringen, wird sich der schweizerische Bundesrat, sobald es die Verhältnisse gestatten, mit der Organisation (Internationale Arbeitsorganisation) im Hinblick auf die gemeinsame Festlegung der Massnahmen zum Schutze der Interessen der Organisation in Verbindung setzen.

3. Die Organisation (Internationale Arbeitsorganisation) wird mit den schweizerischen Behörden zusammenarbeiten, um jeden durch ihre Tätigkeit für die Schweiz sich ergebenden Nachteil in bezug auf ihre Sicherheit zu vermeiden.» Artikel X. Die Zusätze des Abkommens treten in Kraft, sobald sie von allen Mitgliedstaaten schriftlich angenommen worden sind. Dagegen können Zusätze zum Finanzprotokoll vom Eat mit Zweidrittelsmehrheit beschlossen werden, soweit sie mit den Bestimmungen des Abkommens nicht im Widerspruch stehen.

Artikel XI. Diese Bestimmung ermöglicht es, dem Internationalen Gerichtshof die Streitigkeiten betreffend die Auslegung oder die Anwendung des Abkommens zu unterbreiten, die auf andere Weise nicht haben beigelegt werden JB können.

Artikel XII und XIII. Falls sich ein Staat zurückzöge, bevor das Laboratorium erstellt sein wird, würde die Finanzierung der Bauten beträchtlich gestört. Aus
diesem Grunde können sich die Staaten nicht vor Ablauf einer Frist von sieben Jahren, d. h. während der Erstellungszeit, zurückziehen. Indessen kann ein Staat durch einen mit Zweidrittelsmehrheit gefassten Beschluss ausgeschlossen werden, sofern er die sich aus dem Abkommen ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt.

Artikel XIV bis XX. Diese Bestimmungen geben uns zu keinen besondern Bemerkungen Anlass. Wir weisen lediglich darauf hin, dass das Abkommen

835 gemäss Artikel XVIII nicht in Kraft treten wird, bevor die Schweiz und sechs weitere Staaten es ratifiziert haben. Ausserdem müssen die Beiträge dieser Staaten gemäss den in der Zusatzvereinbarung zum Finanzprotokoll erwähnten Ansätzen mindestens 75 Prozent des Totais erreichen.

Finanzprotokoll Gremäss Artikel XV des Abkommens bildet das Finanzprotokoll einen integrierenden Bestandteil dieses Abkommens, doch kann es mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitgliedstaaten geändert werden (Artikel X, Paragraph 8). Über die Bestimmungen des Protokolls betreffend die Beiträge der Mitgliedstaaten haben wir uns bei der Auslegung vom Artikel VII des Abkommens geäussert.

Aus Artikel 5 des Protokolls geht hervor, dass die Beiträge der Mitgliedstaaten gemäss den üblichen Modalitäten in Schweizerfranken zahlbar sind.

Diese Modalitäten können denen einer muUlateralen Abrede wie der · Europäischen Zahlungsunion oder denjenigen einer bilateralen Vereinbarung zwischen der Schweiz und dem interessierten Mitgliedstaat entsprechen. Die schweizerische Delegation hat diese Lösung unter dem Vorbehalt angenommen, dass die Organisation für Überweisungen von der Schweiz nach dem Ausland den gleichen Zahlungsmodus anwendet, beispielsweise für den Ankauf von Maschinen oder Eohstoffen.

Artikel 6 sieht die Schaffung eines Betriebsfonds vor. In diesem Fall hätte die Schweiz einen ihrem Beitrag entsprechenden Betrag zu zahlen, aber sie würde dessen Eigentümerin bleiben.

IV. Fragen im Zusammenhang mit der Beteiligung der Schweiz an der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung Am 5. November 1952 hat die Sektion Genf der «Partei der Arbeit» dem Staatsrat von Genf mitgeteilt, dass sie eine Volksinitiative einreichen werde, welche die Annahme eines kantonalen Gesetzes mit folgendem Wortlaut bezwecke : Ì «Die Errichtung eines internationalen Instituts oder eines Teils davon für Atomforschung oder andere Arbeiten auf dem Gebiet der kernphysikalischen Forschung ist im Kanton Genf verboten.

Jeder Organismus, der ganz oder teilweise mit Mitteln, deren Herkunft der Schweiz fremd sind, finanziert ist, gilt als international.

Jede Tätigkeit zur Vorbereitung eines solchen Instituts ist ebenfalls verboten.» Die Initiative hat 7634 Unterschriften auf sich vereinigt. Sie ist ebenfalls durch ein «
Groupement national genevois» unterstützt worden, dem Bürger verschiedener politischer Parteien und Kreise angehören. Das Genfer Volk hat sie jedoch am 28. Juni 1958 mit 16 538 Nein gegen 7882 Ja verworfen.

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Im Verlaufe der Kampagne, die der Abstimmung voranging, wurden verschiedene Einwände gegen das Projett der Errichtung des Sitzes der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung in Genf erhoben. Die Gegner des Projektes waren der Meinung, dass unsere Neutralität durch die Organisation beeinträchtigt werde; sie sind zu dieser Folgerung gelangt, indem sie sich insbesondere auf vier Argumente beriefen : a. es sei nicht ausgeschlossen, dass eine im Eahmen der Organisation gemachte Entdeckung für militärische Zwecke ausgewertet werde; b. es sei ungewiss, ob die Vorschriften betreffend die Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse der Organisation befolgt werden, so dass wichtige. Entdeckungen allenfalls nur einzelnen Ländern bekannt gegeben würden und somit nicht alle andern Länder daran teilhaben können; c) die beiden Blocks, die Europa scheiden, seien in der Organisation nicht vertreten; d. nach aller Wahrscheinlichkeit werde das Laboratorium ein militärisches Objekt in Kriegszeiten bilden.

Die Frage, ob der Beitritt der Schweiz zur Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung und die Errichtung des Sitzes der Organisation in der Schweiz mit unserer dauernden Neutralität vereinbar ist, muss mit der grössten Sorgfalt geprüft werden. "Wir werden uns zunächst mit den Argumenten der Gegner befassen und hernach zu einer generellen Prüfung der Probleme vom Standpunkt des Neutralitätsrechts und der Neutralitätspolitik übergehen.

Die Maschinen, mit denen das Laboratorium ausgestattet wird, werden -- wie bereits ausgeführt wurde -- dazu bestimmt sein, noch unerforschte Gebiete der Wissenschaft zu erfassen. Unter diesen Umständen ist es unmöglich, die Art der Entdeckungen im-voraus zu kennen. Um so weniger kann vorausgesehen werden, welches die praktischen Anwendungen dieser Entdeckungen sein werden.

Diese werden zweifellos zu Fortschritten der Technik führen. Dabei können wir allerdings nicht mit Gewissheit sagen, ob diese Fortschritte nicht eines Tages militärischen Zwecken dienen. Immerhin scheint die entscheidende Frage nicht hier zu liegen. Die gleiche Lage ergibt sich für jedes physikalische, chemische oder biologische Universitätslaboratorium. Wichtig ist vielmehr, zu wissen, ob die im Laboratorium durchzuführenden Untersuchungen direkt oder indirekt einen militärischen Charakter
haben können. In dieser Hinsicht bestehen aber keine Zweifel. Der Wortlaut des Abkommens bestimmt ausdrücklich, dass die Organisation sich jeder Tätigkeit für militärische Zwecke enthalte .

(Artikel II, Paragraph 1). Die Art der Maschinen lässt andere Forschungen als solche der reinen Wissenschaft nicht zu. Unsere Wissenschafter, die in genauer Kenntnis der Verhältnisse sprechen, haben uns dies in der bestimmtesten Form bestätigt.

Zur Frage einer missbräuchlichen Auswertung einer Entdeckung vor ihrer Veröffentlichung ist zu bemerken, dass eine solche Möglichkeit lediglich in Verletzung der im Abkommen enthaltenen Vorschriften möglich wäre (Artikel II, Paragraph 1). Der Eat wird in dieser Hinsicht die ihm zweckdienlich erscheinenden Kontrollmassnahmen treffen, insbesondere im Eahmen des aufzustellenden Personalstatuts. Die Arbeiten im Innern des Laboratoriums werden übrigens

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nicht individuell ausgeführt, sondern durch Equipen, denen Wissenschafter und Techniker verschiedener Nationalitäten angehören. Es ist deshalb kaum möglich, dass Entdeckungen geheim bleiben können oder ein Wissenschafter ohne das Mitwissen seiner Kollegen darüber verfügen kann.

Auf die Frage der Nicht-Beteiligung der europäischen Oststaaten werden wir noch zurückkommen.

Stellt das Laboratoriuni ein militärisches Objekt im Kriegsfall dar? Man kann diese Frage weder in bejahendem noch in verneinendem Sinn mit Bestimmtheit beantworten. Die gleiche Lage besteht übrigens auch für unsere Flugplätze, Fabriken, hydroelektrischen Anlagen und unsere transalpinen Verbindungswege. Immerhin möchten wir daran erinnern, dass die Maschinen des Laboratoriums ausschliesslich der reinen Forschung dienen werden und für militärische Zwecke nicht verwendbar sind.

Wie dem auch sei, sind wir darum bemüht gewesen, uns mit Bezug auf das Laboratorium die Möglichkeit zu verschaffen, jede zweckdienliche Massnahme im Interesse unserer Sicherheit zu ergreifen. Wie wir im Zusammenhang mit dem Artikel IX des Abkommens erwähnten, ist uns ein solches Eecht ausdrücklich zugestanden worden. Wir haben somit den Eindruck, dass alle Vorsichtsmassnahmen getroffen sind, damit wir in Krisenzeiten mit jeder den neutralen Staaten durch das internationale Eecht auferlegten Vorsicht handeln können.

Die Vereinbarung, über die wir gegenwärtig mit dem Europäischen Bat für kernphysikalische Forschung gemäss der Entschliessung Nr. 4 der Konferenz von Paris verhandeln, wird ferner eine Bestimmung enthalten, wonach der Schweiz aus dem Umstand, dass die Organisation auf ihrem Gebiet tätig ist, keine internationale Verantwortlichkeit, wie immer auch diese geartet wäre, für die Handlungen und Unterlassungen der Organisation und diejenigen ihrer Funktionäre -- soweit sie solche im Rahmen ihrer Funktionen ausüben oder sich deren enthalten -- erwächst.

Wir möchten nun ganz allgemein die Auswirkungen prüfen, die ein Beitritt der Schweiz zur Europäischen Organisation fürkernphysikahsche Forschung auf unser Statut als neutraler Staat und unsere Neutralitätspolitik hat. Zunächst erinnern wir daran, dass das Neutralitätsrecht nur in Kriegszeiten gilt und es dem neutralen Staat hauptsächlich vorschreibt, keinem der Kriegführenden weder direkt noch indirekt
beizustehen. Sofern es sich um eine immerwährende Neutralität wie diejenige der Schweiz handelt, schliesst das Neutralitätsrecht ausserdem die Verpflichtung in sich, jeder Allianz oder internationalen Organisation, deren Mitglieder zur militärischen Hilfeleistung gehalten sind, fernzubleiben.

Steht der Beitritt der Schweiz zur Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung mit dem Neutralitätsrecht im Widerspruch ? Wir haben diese Frage zwei Spezialisten des internationalen Hechts, den Herren Prof.

Sauser-Hall und Guggenheim gesteh11. Ihre Antwort ist sehr eindeutig: weder der Zweck der Organisation, noch die Tätigkeiten, wie sie in den Paragraphen 8, Bundesblatt. 105. Jahrg. Bd. IL

'

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4 und 5 von Artikel II des Abkommens (ursprüngliches Programm und zusätzliches Programm) umschrieben sind, oder der Umstand, dass der Sitz der Organisation und das Laboratorium sich in Genf befinden, noch die Bestimmungen des Abkommens über die Aufnahme neuer Mitglieder, stehen dem Neutralitätsrecht, wie dieses besteht und im positiven internationalen Becht anerkannt ist, entgegen.

Die Bechtsfrage scheint uns daher gelöst, aber es besteht auch ein Problem der politischen Einschätzung. Wir müssen deshalb prüfen, ob und inwieweit ein Beitritt zur Europäischen Organisation für kemphysikalische Forschung geeignet wäre, unsere Neutralitätspolitik zu beeinträchtigen. Der Zweck dieser Politik bestand immer darin, nichts zu unternehmen, was andere Staaten veranlassen könnte, an unserem Willen, die Verpflichtungen eines neutralen Staates in Kriegszeiten strikte zu befolgen, Zweifel zu hegen.

Von der Sorge um die Beibehaltung einer Neutralitätspolitik Hessen wir uns immer dann leiten, wenn es um die Entscheidung ging, ob wir einer neuen internationalen.Organisation beitreten sollen. So hat sie uns veranlasst, uns ausserhalb j eder Organisation politischen oder militärischen Charakters zu halten..

Dagegen haben wir grundsätzlich immer die Auffassung vertreten, dass durch unsern Beitritt zu Organisationen mit kulturellem wissenschaftlichem, humanitärem, wirtschaftlichem und technischem Charakter unsere Neutralitätspolitik nicht kompromittiert wird. Immerhin ist der Zweck der Organisation nicht der einzige Begriff, dem wir Bechnung tragen müssen. Es ist ebenfalls wichtig zu wissen, ob eine Organisation allen Staaten, die an ihre Arbeiten beitragen wollen, offen steht oder ob sie im Gegenteil auf eine mehr oder weniger ausgedehnte Gruppe von Staaten beschränkt ist. Im letztern Fall könnte die Gruppe der Mitgliedstaaten der Organisation nach Kriterien politischen Charakters abgegrenzt sein und beispielsweise mit einer Gruppe von Mitgliedstaaten einer politischen oder militärischen Allianz zusammenfallen. Durch ihren Beitritt zu einer solchen Organisation könnte die Schweiz bei den dieser Gruppe abseits stehenden Staaten über die Art und Weise, wie sie ihre Pflichten als neutraler Staat im Kriegsfall erfüllt, Zweifel erwecken.

Indessen wäre es nicht angebracht, die Eegel aufzustellen, dass sich die Schweiz
von jeder internationalen Organisation, die auf gewisse Staaten be- schränkt ist, fernhalten soll. Solche Organisationen können aus geographischen, oder technischen Gründen so geschaffen worden sein, dass unsere Neutralitätspolitik in keiner Weise betroffen wird. Auch können sie Zwecke verfolgen und.

den Mitgliedstaaten Verpflichtungen auferlegen,- die unsere Neutralitätspolitik weder im engern noch im weitern Sinn berühren würden.

Es kommt bisweilen vor, dass internationale Organisationen andern Staaten, weit offen stehen, aber aus verschiedenen Gründen nur Länder umfassen, di& einer bestimmten Begion angehören. Im Laufe der letzten Jahre hat man zum Beispiel die Feststellung gemacht, dass die Staaten im Osten von Europa an den Arbeiten gewisser internationaler Organisationen nicht interessiert sind. Sie-

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haben sich des Beitritts enthalten oder sich zurückgezogen. Dies hat keine Verwandlung dieser Organisationen in gegen die osteuropäischen Staaten gerichtete Unternehmen zur Folge. Wenn wir, wie bereits erwähnt, bei einer Organisation nicht mitmachen oder uns von ihr aus dem einzigen Grund zurückziehen würden, weil sie nicht alle europäischen Länder vereinigt, so würden wir unsere Handlungsfreiheit sehr einschränken und unsere Unabhängigkeit wäre dadurch nicht besser gewährleistet. Unsere Haltung wurde ausschliesslich von derjenigen anderer Länder abhängen und wir wären in unseren Handlungen nicht mehr so frei, wie unser Interesse dies gebietet. Wir würden gezwungen sein, uns mit allen sich daraus ergebenden Nachteilen auf uns selbst zurückzuziehen und wir müssten darauf verzichten, an Werken mit kollektivem Interesse teilzunehmen, die in keiner Weise die Verpflichtungen eines neutralen Staates berühren.

Eine solche Haltung hätte ausserdem in Krisenzeiten unangenehme Bückwirkungen, da dadurch unsere Handlungsfreiheit gegenüber den Kriegführenden zum mindesten de facto beschränkt würde.

Dies waren die Erwägungen genereller Art, denen wir i in Verlaufe der Diskussionen des Europäischen Bats für kernphysikalische Forschung Bechnung trugen, als es sich darum handelte, das Abkommen zur Schaffung der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung auszuarbeiten.

In unserer Botschaft vom 4. April 1952 betreffend die Beteiligung der Schweiz und der europäischen kernphysikalischen Forschimg schrieben -wir, dass die uns an der Konferenz von Paris vom Dezember 1951 vertretende Delegation ermächtigt worden war, die Mitarbeit der Schweiz in Aussicht zu stellen, sofern die zukünftige Institution allen europäischen Ländern offen stehe, ihre Arbeiten keinen geheimen Charakter aufweisen und nur wissenschaftliche und zivile Ziele verfolgt werden. Mit Bezug auf die zwei letzten Punkte sind unsere Erwartungen durch das Abkommen restlog erfüllt. Artikel II, Paragraph l, umschreibt die Ziele der Organisation sehr genau. Er schliesst ausdrücklich jede Tätigkeit zu militärischen Zwecken aus. Anderseits bestimmt er, dass die Ergebnisse der Arbeiten, die lediglich experimentellen und theoretischen Charakter haben können, zu veröffentlichen oder in der einen oder andern Form zugänglich zu machen seien.

Mit Bezug
auf den ersten Punkt entspricht hingegen der Wortlaut des Abkommens nicht ganz dem, was wir angestrebt hatten. Bei der Analyse von Artikel III des Abkommens haben wir darauf hingewiesen, dass die Frage der Aufnahme neuer Mitglieder nach unserer Auffassung eine analoge Begelung hätte erfahren sollen wie diejenige in Artikel II, Paragraph 2, der provisorischen Vereinbarung vom 15. Februar 1952, Es wurde deshalb unsererseits vorgeschlagen, den Beitritt der europäischen Staaten, die nicht zu den ursprünglichen Mitgliedern zählen, in der Weise zu regeln, dass diese ein Aufnahmegesuch stellen, dem vom Bat mit einer Mehrheit von zwei Drittem aller Mitgliedstaaten zu entsprechen wäre. Dieser Vorschlag ist jedoch nicht angenommen worden und der Artikel III, Paragraph 2, des Abkommens vomì. Juli 1953 ist deshalb nach langen Diskussionen wie folgt abgefasst worden:

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«a. Die Aufnahme anderer Staaten in die Organisation wird mit Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten durch den in Artikel IV erwähnten Rat beb. Jeder Staat, der gemäss dem vorangehenden Absatz in die Organisation aufgenommen zu werden wünscht, zeigt dies dem Direktor an. Dieser gibt den Mitgliedstaaten davon Kenntnis und zwar mindestens drei Monate vor der Prüfung durch den Eat. Jeder Staat, der so aufgenommen wurde, wird Mitglied der Organisation, indem er dem vorliegenden Abkommen beitritt, gemäss den Bestimmungen in Artikel XVII.» Obschon der Grundsatz der Aufnahme neuer Mitglieder in die neue Organisation beibehalten wurde, ist somit die Aufnahme faktisch erschwert worden, weil sie nur mit Zustimmung aller Mitgliedstaaten erfolgen kann. Bei fehlender Zustimmung bleibt somit die Organisation auf die Signatarstaaten, d. h. auf die 12 Staaten beschränkt, die wir bei der Analyse von Artikel III des Abkommens erwähnten. Diese 12 Staaten sind diejenigen, die im Jahre 1951 der Einladung der UNESCO, die an alle ihre europäischen Mitglieder ergangen ist, Folge gegeben haben. Jene Staaten hingegen, die von dieser Einladung keinen Gebrauch machten, haben dadurch eindeutig bekundet, dass sie sich an der Zusammenarbeit nicht zu beteiligen wünschen. Dies geht ebenfalls daraus hervor, dass sie auch kein Aufnahmegesuch gemäss Artikel II, Paragraph 2, der Vereinbarung vom 15. Februar 1952 gestellt haben. Die Vereinbarung stand übrigens nicht nur den europäischen Mitgliedstaaten der UNESCO offen, sondern auch denjenigen, die ihr nicht angehören.

Es darf deshalb angenommen werden, dass die 12 ursprünglichen Mitglieder der zukünftigen Organisation in der Tat diejenigen sind, die ein Interesse an der Zusammenarbeit im Bereiche der kernphysikalischen Forschung bekunden, und dass sie nicht nach politischen Gesichtspunkten ausgewählt sind. Hiefür kann ein Beweis darin erblickt werden, dass Schweden und Jugoslawien, die weder zur NATO noch zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft gehören, das Abkommen unterzeichnet haben, während Polen, die Tschechoslowakei" und Ungarn der Einladung kerne Folge und im übrigen auch keine Erklärung in dieser Hinsicht abgegeben haben.

Wir erwähnen noch, dass der Grundsatz der Einstimmigkeit ein Hinderungsgrund für die Aufnahme neuer Staaten sein kann, doch wird er anderseits auch zugunsten
derjenigen Staaten wirken, die -- wie der unsrige -- den Wunsch haben, dass die Organisation auf die europäischen Länder beschränkt bleibe.

Wir sind deshalb der Auffassung, dass die' Neutralitätspolitik uns nicht veranlassen darf, auf die Zusammenarbeit im Bereich eines besonders wichtigen und neuen Gebietes der wissenschaftlichen Forschung mit den europäischen Staaten, die diese Zusammenarbeit wünschen, zu verzichten und dies nur deshalb, weil andere europäische Staaten die Mitarbeit ablehnen oder etwa wegen der Möglichkeit, dass deren Aufnahme in die Organisation nicht mit Einstimmigkeit der Vertragsstaaten -- falls diese später ihre Haltung ändern -- erfolgen

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würde. Eine andere Haltung unsererseits könnte verdriessliche Polgen haben, da ein augenscheinliches Interesse daran besteht, dass unser Land an den Forschungen im dazu errichteten Laboratorium aktiv teilnimmt und die schweizerischen Wissenschafter und spezialisierten Ingenieure der kernphysikalischen Forschung in der Schweiz zurückbehalten werden. Im Spiele stehen somit nicht die unmittelbaren materiellen Interessen, die sich für den Kanton Genf durch das Vorhandensein des Laboratoriums auf seinem Territorium ergeben, sondern vielmehr die allgemeineren und entfernteren Interessen mit Bezug auf die schweizerische Wissenschaft und die Entwicklung der schweizerischen Industrie, Nachdem wir die generelle Frage eines Beitritts zur Organisation unter dem doppelten Gesichtspunkt des Neutralitätsrechts und der Neutralitätspolitik betrachtet haben, ist schliesslich abzuklären, ob sich besondere Probleme im Zusammenhang mit der Errichtung des Sitzes der Organisation in der Schweiz stellen.

Wir haben bereits erwähnt, dass nach Auffassung der Herren Prof. SauserHall und Guggenheim das internationale Eecht einem dauernd neutralen Staat nicht verbietet, auf seinem Territorium ein internationales Laboratorium für Forschungen der reinen Wissenschaft zu beherbergen. Der neutrale Staat ist somit keineswegs in seinen Befugnissen beschränkt, die Errichtung des Sitzes einer internationalen Organisation und ihrer wissenschaftlichen Einrichtungen auf seinem Territorium zuzulassen. Durch die Schaffung der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung wird indessen das Problem der besondern Gefahren aufgeworfen, die eich dadurch in Friedens- oder Kriegszeiten ergeben können. Hinsichtlich der von uns gehegten Befürchtungen mit Bezug auf die Eisiken im Kriegsfall haben wir unsere Auffassung bereits dargelegt; wir erwähnten die von uns ausbedungenen Vorsichtsmassnahmen, die wir im Interesse unserer Sicherheit treffen können. Es ist deshalb noch zu prüfen, ob die kernphysikalischen Forschungen an sich eine Gefahr für die umliegenden Gebiete bilden.

Die Gelehrten erklären einmütig, dass solche Gefahren nicht bestehen.

Das Eisiko einer Explosion ist ausgeschlossen, da die Maschinen Energie konsumieren und nicht erzeugen werden. Insbesondere könnten sie nicht zur Erzeugung von Atomenergie verwendet werden. Hingegen
geben sie radioaktive Strahlen ab, gegen die Vorsichtsmassnahmen zu treffen sind. Es ist deshalb vorgesehen, die Maschinen unter der Erdoberfläche aufzustellen und mit einer Schicht von Beton und Erde zuzudecken. Diese Massnahmen sind nach Ansicht der Wissenschafter wirksam genug, damit man die Gewissheit haben kann, dass die radioaktiven Strahlen sich in der Aussenwelt nicht fortplanzen können.

V. Vorteile aus einem Beitritt Seit dem Anbeginn der vorbereitenden Studien durch das Sekretariat der UNESCO hat die Schweizerische Physikalische Gesellschaft uns gegenüber das grosse Interesse bekundet, das sie an einer Beteiligung der Schweiz an der vor-

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gesehenen Organisation hege. An ihrer Generalversammlung vom Frühling 1958 hat sie ausserdem die folgende Eesolution angenommen : «Indem sie sich darüber glücklich schätzt, von Anfang an über die Schaffung eines europäischen Zentrums für kernphysikalische Forschung auf dem lauf enden gewesen zu sein, beglückwünscht die Schweizerische Physikalische Gesellschaft die Initianten dieses Unternehmens und dankt besonders den Staatsmännern sowie den ausländischen und schweizerischen Physikern, die an seine Gestaltung beigetragen haben oder mitwirken, und sie gibt ihrer grossen Genugtuung darüber Ausdruck, dass die Institution ihren Sitz auf dem Territorium von Genf, als idealem Zentrum der Kultur und der internationalen Zusammenarbeit, aufschlagen -wird.» Das zukünftige Laboratorium wird unsern Wissenschaftern und Technikern ermöglichen, Forschungen über Maschinen zu betreiben, die unvergleichbar stärker sind als diejenigen, die ihnen jetzt zur Verfügung stehen. In Genf werden sie nicht nur Forschungseinriohtungen vorfinden, sondern auch ein wissenschaftliches Milieu, dem die besten europäischen Spezialisten der kernphysikalischen Forschung angehören. Auch unsere Universitäten werden aus diesen Forschungsmöglichkeiten Nutzen ziehen, und aus ihrem Kontakt mit Wissenschaftern und unserer Industrie wird sich eine Bereicherung in Form von Meinungsaustauschen und wertvollen Batschlägen ergeben.

Ausserdem wird der Bau des Laboratoriums die Zuziehung einer Anzahl von in der Herstellung elektrischer Maschinen und Präzisionsinstrumente spezialisierter Unternehmen erfordern. Man darf annehmen, dass gewisse Aufträge durch namhafte schweizerische Firmen ausgeführt und unsere Techniker und Arbeiter sowie die eine oder andere schweizerische Bauunternehmung berücksichtigt werden.

Ganz allgemein wird die Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung den ersten Versuch einer sich auf ein internationales Abkommen stützenden Zusammenarbeit darstellen, in deren Mittelpunkt ein wissenschaftliches Forschungsinstitut steht. Durch diese Tatsache wird in eindringlicher Weise auf eine Idee hingewiesen, mit der sich die Gelehrten schon lange befreundet haben, nämlich, dass die Wissenschaft nur dann Fortschritte machen kann, wenn alle diejenigen, welche sich in den verschiedenen Ländern für diese Probleme interessieren,
zusammenarbeiten. Wir möchten hier den Wunsch aussprechen, dass die Zusammenarbeit im Bereiche der kernphysikalischen Forschung sich eines Tages auf alle Länder Europas erstrecken möge.

VI. Schlussfolgerungen Nachdem wir die Vorteile eines Beitritts der Schweiz zur Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung geprüft und gezeigt haben, dass keine aussenpolitischen Gründe vorliegen, die uns von der Mitarbeit oder vom Bau des Laboratoriums auf Schweizergebiet abhalten könnten, ersuchen wir Sie, uns zu ermächtigen, das Abkommen vom 1. Juli 1953 und das ihm angeheftete Finanzprotokoll zu ratifizieren.

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Laut Artikel XII des Abkommens kann sich jeder Mitgliedstaat vom achten Jahre an, gerechnet ab Inkrafttreten des Abkommens, von der Organisation zurückziehen. In dieser Hinsicht würde es sich also nicht um ehi Abkommen handeln, aus welchem der Schweiz länger als 15 Jahre dauernde Verpflichtungen erwachsen, so dass der von Ihnen anzunehmende Bundesbeschluss laut Artikel 89, Absatz 3, der Bundesverfassung nicht dem fakultativen Eeferendum unterstellt zu werden brauchte. Indessen erwachsen der Schweiz aus der Errichtung des Laboratoriums auf unserm Territorium besondere Verpflichtungen. Falls wir uns vor Ablauf der 15jährigen Frist von der Organisation zurückzuziehen wünschten, müsste die Verlegung des Laboratoriums in ein anderes Land ins Auge gefasst werden, doch könnte dies nicht schon von einem Tag auf den andern geschehen und das Liquidationsverfahren könnte sich über die Frist von 15 Jahren hinaus verlängern, so dass die Verpflichtungen der Schweiz im Zeitpunkt ihres Rückzuges von der Organisation noch nicht unbedingt erfüllt wären.

Dieser Umstand veranlasst uns, im Entwurf zum Bundesbeschluss eine Bestimmung aufzunehmen, wonach der Beschluss dem. fakultativen Referendum untersteht.

Wir haben bereits erwähnt, dass das Abkommen laut Artikel XVIII erst dann in Kraft tritt, wenn es von der Schweiz und sechs andern Staaten ratifiziert worden ist. Wir haben alles Intesesse daran, die Bauarbeiten des Laboratoriums, deren Beginn von der Annahme des Abkommens abhängig ist, nicht hinauszuschieben. Es wäre deshalb wünschenswert, dass Sie Ihren Entschluss im Laufe der Herbstsession fassen würden, damit wir die Ratifikationsurkunde nach Ablauf der Referendumsfrist, d. h. im Laufe des Januar 1954, hinterlegen können.

Das Abkommen wird somit auf jeden Fall erst nach dem 2. November 1953 in Kraft treten; an diesem Datum läuft die Gültigkeit der Vereinbarung vom 15, Februar 1952 ab. In Artikel VIII dieser Vereinbarung ist in der Tat vorgesehen, dass dieselbe eine Gültigkeitsdauer von 18 Monaten hat und zwar vom Tage ihres Inkrafttretens, am 2. Mai 1952, an gerechnet. Damit sich der durch die Vereinbarung vom 15. Februar 1952 eingesetzte Europäische Rat für kemphysikahsche Forschung auch noch nach dem 2. November 1953 mit der Ausarbeitung der Pläne für das zukünftige Laboratorium befassen kann, wurde am
30. Juni 1953 in Paris eine auf Grund von Artikel VIII der Vereinbarung ausgearbeitete Zusatzvereinbarung unterzeichnet. Diese verlängert die Gültigkeitsdauer der Vereinbarung bis zum Inkrafttreten des Abkommens vomì, Juli 1953, aber spätestens bis zum 1. November 1954, unter dem Vorbehalt der Annahme einer zweiten Zusatzvereinbarung, und dies im Hinblick auf den Fall, dass an diesem Datum das neue Abkommen noch nicht in Kraft getreten ist.

Die Zusatzvereinbarung bewilligt die zur Fortsetzung der Tätigkeit des Europäischen Rates für kernphysikalische Forschung erforderlichen Mittel. In der Beilage zur Zusatzvereinbarung wird der Beitrag der Schweiz gemäss der für die ersten Budgetjahre der zukünftigen Organisation angenommenen Schlüsselung auf 38 000 Franken festgesetzt. Der Beitrag von Grossbritannien

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ist darin nicht angegeben, weil dieses Land die Vereinbarung vom 15. Februar 1952 noch nicht ratifiziert hat. Dennoch hat es bereits zwei Beiträge einbezahlt und sich damit einverstanden erklärt, für die Periode der Gültigkeitsdauer der Zusatzvereinbarung einen neuen Beitrag, in der gleichen Höhe wie derjenige Frankreichs, das heisst 243 500 Franken, zu leisten, so dass sich die Beiträge der verschiedenen Staaten auf total eine Million Schweizerfranken belaufen werden.

Gemäss ihrem Artikel IV ist die Zusatzvereinbarung am Datum ihrer Unterzeichnung in Kraft getreten. Sie ist von der schweizerischen Delegation unterzeichnet worden, da bei der Genehmigung der Vereinbarung vom 15. Februar 1952 durch die Bundesversammlung der Bundesrat von dieser ausdrücklich ermächtigt worden ist, die Zusatzvereinbarung abzuschliessen, wie dies in Artikel VIII, Paragraph 2, der Vereinbarung vorgesehen ist. Der Wortlaut der Zusatzvereinbarung ist der vorhegenden Botschaft beigeheftet.

Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen bitten wir Sie, den beihegenden Entwurf zu einem Bundesbeschluss zu genehmigen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 15. August 1958.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bnndespräsident : Etter Der Bundeskanzler: Cb. Oser

Beilagen: Entwurf zu einem Bundesbeschluss, Abkommen über die Schaffung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung, Finanzprotokoll, Zusatzvereinbarung, Schlussakte.

^ JA ^^

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(Entwurf)

Bundesbeschluss - betreffend

die Genehmigung des Abkommens über die Schaffung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 15. August 1958, beschliesst :

Art. l Das Abkommen über die Schaffung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung und das beigeheftete Finanzprotokoll werden genehmigt.

Der Bundesrat ist ermächtigt, sie zu ratifizieren.

Art. 2 Der vorstehende Bundesbeschluss unterliegt dem fakultativen Referendum gemäss Artikel 89, Absatz 3, der Bundesverfassung.

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Abkommen über die Schaffung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung

Die am vorliegenden Abkommen beteiligten Staaten, in Berücksichtigung der Vereinbarung über die Einsetzung eines Rates von Abgeordneten der europäischen Staaten zum Studium der Pläne für ein Internationales Laboratorium und zur Organisation der weitem Zusammenarbeit ·auf dem Gebiete der kernphysikalischen Forschung) die in Genf am 15. Februar 1952 zur Unterzeichnung aufgelegt wurde; in Berücksichtigung der die genannte Vereinbarung verlängernden ZusatzVereinbarung, unterzeichnet in Paris, am 80. Juni 1958; vom Wunsche getragen, gemäss den Bestimmungen der Ziffer 2 von Artikel III der Vereinbarung vom 15. Februar 1952 ein Abkommen zur Schaffung einer Europäischen Organisation für kemphysikahsche Forschung abzuschliessen, umfassend die Gründung eines Internationalen Forgchungslaboratoriums für die Durchführung eines rein wissenschaftlichen und grundlegenden Forschungsprogramms,

^B

haben folgendes v e r e i n b a r t : Artikel I Schaffung der Organisation 1. Durch das vorliegende Abkommen wird eine Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung geschaffen (nachstehend «Organisation» ge- ^^ . nannt).

^^ 2. Der Sitz der Organisation ist Genf.

" ArtïkeT'ir Zweck 1. Die Organisation gewährleistet die Zusammenarbeit zwischen europäischen Staaten auf dem Gebiet der kernphysikahschen Forschung mit rein wissenschaftlichem und grundlegendem Charakter und auf anderen Forschungsgebieten, die mit wesentlichen Beziehungen zu diesen stehen. Die Organisation enthält sich jeder Tätigkeit für militärische Zwecke; die Ergebnisse

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2.

8.

·

4.

5.

ihrer experimentellen und theoretischen Arbeiten werden veröffentlicht oder in anderer Weise allgemein zugänglich gemacht.

In Sicherung der in § l des vorstehenden Artikels erwähnten Zusammenarbeit wird sich die Organisation auf die in den §§ 3, 4 und 5 dieses Artikels umschriebenen Tätigkeitsgebiete beschränken.

Das Grundprogramm der Organisation umfasst: o. Die Errichtung eines internationalen Laboratoriums (nachstehend «das Laboratorium» genannt) für die Forschungen, die sich auf Materieteilchen mit sehr hoher Energie beziehen, einschliesslich Arbeiten auf dem Gebiete der kosmischen Strahlen. Das Laboratorium wird bestehen aus : i. einem Synchrotron für Energien mit mehr als 10 Milliarden Elektronvolt (lö10 eV); .

ii. einem Synchrocyclotron, das Protonen bis etwa 600 Millionen Elektronvolt beschleunigen kann (6X108 eV); iii. den Hüfsmaschinen, die nötig sind zur Verwirklichung des gesamten Forschungsprogramms vermittels der unter i und ii umschriebenen Maschinen ; iv. der zur Unterbringung der unter i, ii und iii umschriebenen Einrichtungen sowie zur Verwaltung der Organisation und zur Erfüllung ihrer andern Punktionen notwendigen Gebäulichkeiten.

fr. Das Funktionieren des oben umschriebenen Laboratoriums.

c. Die Organisation und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit der kemphysikalischen Forschung, einschliesshch der Zusammenarbeit ausserhalb des Laboratoriums. Diese Zusammenarbeit kann im besondern umfassen : i. theoretische Studien auf dem Gebiete der Kernphysik; ii. Die Förderung der Kontakte zwischen den Forschern, den Austausch von Forschern, die Verbreitung von Informationen und Massnahmen, welche den Forschern ermöglichen, ihre Kenntnisse zu vertiefen und ihre berufliche Ausbildung zu ergänzen; iii. die Zusammenarbeit mit den nationalen Forschungsinstitutionen; diesen können Empfehlungen erteilt werden; iv. Forschungen auf dem Gebiete der kosmischen Strahlen.

Jedes zusätzliche Programm muss dem in Artikel IV erwähnten Eat vorgelegt und von diesem mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Mitgliedstaaten der Organisation genehmigt werden, Im Eahmen seines Grundprogrammes sowie jedes zusätzlichen Tätigkeitsprogrammes arbeitet das Laboratorium, soweit möglich, mit, den auf dem Gebiete der Mitgliedstaaten sich befindenden Laboratorien und Institutionen zusammen. Soweit es
mit dem Zweck der Organisation vereinbar ist, soll das Laboratorium darnach trachten, jede Doppelspurigkeit mit den erwähnten Laboratorien und Institutionen zu vermeiden.

848

Artikel HI Beitrittsbedingungen 1. Die Mitgliedstaaten der in der Präambel dieses Abkommens erwähnten Vereinbarung vom 15. Februar 1952 und diejenigen Staaten, die durch Geld oder Sachwertleistungen zu dem durch diese Vereinbarung errichteten Bat beigetragen und an seinen Arbeiten mitgewirkt haben, sind berechtigt, Mitglieder der Organisation zu werden, indem sie dem vorliegenden Abkommen gemäss den Bestimmungen der Artikel XV, XVI und XVII beitreten.

2. a. Über den Beitritt anderer Staaten wird durch einstimmigen Beschluss des in Artikel IV erwähnten Eates der Mitgliedstaaten entschieden, fc. Ein Staat, der gemäss den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes (B in die Organisation aufgenommen werden will, hat dies dem Direktor bekanntzugeben. Dieser bringt das Gesuch den Mitgliedstaaten mindestens 3 Monate vor dessen Prüfung durch den Bat zur Kenntnis. Der auf diese Weise zugelassene Staat wird Mitglied der Organisation, indem er dem vorstehenden Abkommen gemäss den Bestimmungen von Artikel XVII beitritt.

8. Die Mitgliedstaaten nehmen an der Tätigkeit der Organisation teil. Kein Mitglied ist jedoch gehalten, finanziell an andere Tätigkeitsgebiete beizutragen als zu den in § 3 von Artikel II umschriebenen. Ein Mitgliedstaat ist nicht berechtigt, in denjenigen Tätigkeitsgebieten mitzuwirken, zu denen er finanziell nicht beigetragen hat.

4. Die Mitgliedstaaten: erleichtern den Austausch von Personen sowie von wissenschaftlichen und technischen Informationen, die zur Verwirklichung des Grundprogrammes und jedes zusätzlichen Tätigkeitsprogrammes dienen. Dadurch werden indessen in keiner Weise a. die Anwendung von Gesetzen und Vorschriften eines Mitgliedstaatee über Einreise, Niederlassung oder Ausreise von Personen in, auf und aus seinem Gebiet, beeinträchtigt, b. noch wird ein Mitgliedstaat verpflichtet, in seinem Besitz befindliche Informationen weiterzugeben oder zu deren Weitergabe zu ermächtigen, ^^ wenn er dies mit den Erfordernissen für seine Sicherheit nicht für ver- ^J einbar hält.

Artikel IV Organe Die Organisation besteht aus einem Bat und einem Direktor, nebst dessen Mitarbeitern.

Artikel V Der Rat Ì. Der Bat setzt sich aus höchstens zwei Delegierten jedes Mitgliedstaates zusammen, die bei seinen Sitzungen von Beratern begleitet sein können.

849

2. Unter Vorbehalt der Bestimmungen dieses Abkommens hat der Eat folgende Befugnisse: a. er stellt die Vorschriften für das Verhalten der Organisation in -wissenschaftlicher, technischer und administrativer Hinsicht auf; b. er genehmigt den detaillierten Forschungsplan und entscheidet über jedes zusätzliche Tätigkeitsprogramm der Organisation; c. er genehmigt das Budget und erlässt die Vorschriften auf finanziellem Gebiete gemäss dem diesem Abkommen beigeschlossenen Finanzprotokoll; ä. er überprüft die Ausgaben, genehmigt und publiziert die geprüfte Jahresrechnung der Organisation; e. er entscheidet über die Anstellung des notwendigen Personals; /. er veröffentlicht einen Jahresbericht; g. er hat alle andern Kompetenzen und erfüllt alle andern Aufgaben, die zur Durchführung des Abkommens nötig sind.

8. Der Eat tritt mindestens einmal pro Jahr zusammen und bestimmt den Tagungsort.

4. Jeder Mitgliedstaat hat im Eat eine Stimme. Ein Mitgliedstaat kann jedoch über das Tätigkeitsgebiet eines zusätzlichen Programms nur abstimmen, wenn er sich bereit erklärt hat, finanziell zu diesem Zusatzprogranun beizutragen oder wenn die Abstimmung sich auf Einrichtungen bezieht, für deren Anschaffung er Beiträge entrichtet hat.

6. Ein Mitgliedstaat hat kein Stimmrecht, wenn seine rückständigen Beiträge grösser sind als die von ihm für die Bedürfnisse des laufenden und des vorhergegangenen Jahres geschuldeten Beiträge. Der Eat kann indessen mit Zweidrittelsmehrheit aller Mitgliedstaaten einen solchen Mitgliedstaat ermächtigen, an der Abstimmung teilzunehmen, wenn er der Auffassung ist, dass das Ausbleiben der Beitragszahlungen auf Umstände zurückzuführen ist, die vom Willen des betreffenden Staates nicht abhängen.

6. Gegenteiliger Bestimmungen dieses Abkommens vorbehalten trifft der Eat seine Entscheidungen mit der einfachen Mehrheit der vertretenen und stimmenden Mitgliedstaaten.

7. Der Eat erlässt sein Geschäftsreglement unter Vorbehalt der Bestimmungen dieses Abkommens.

8. Zur Verhandlungsfähigkeit des Eates ist die Anwesenheit der Mehrheit der Delegierten der Mitgliedstaaten erforderlich.

9. Der Eat wählt einen Präsidenten und 2 Vizepräsidenten für die Dauer eines Jahres. Sie können höchstens für zwei aufeinanderfolgende Jahre wieder gewählt werden.

10. Der Eat kann die zur Erfüllung des Zweckes der
Organisation nötigen untergeordneten Organe schaffen. Über die Schaffung solcher Organe und über die Umschreibung ihrer Aufgaben entscheidet der Rat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Mitgliedstaaten.

850

11. Bis zur Hinterlegung ihrer Urkunden über die Batifikation oder über den Beitritt können sich die in § l von Artikel III erwähnten Staaten an den Tagungen des Eates vertreten lassen und an dessen Arbeiten bis zum 31, Dezember 1954 teilnehmen. Dieses Eeoht umfasst nicht das Stimmrecht, es sei denn, dieser Staat hätte der Organisation die in § l von Artikel 4 des diesem Abkommen beigefügten Finanzprotokolls vorgesehenen Beiträge geleistet.

1,

2.

8.

4.

Artikel VI Direktor und Personal a. Der Bat ernennt mit Zweidrittelsmehrheit aller Mitgliedstaaten einen Direktor auf eine bestimmte Zeit; mit der gleichen Mehrheit.kann er ihn entlassen. Der Direktor ist das oberste vollziehende Organ der Organisation und vertritt diese nach aussen. Hinsichtlich der finanziellen Verwaltung richtet sich seine Tätigkeit nach den Bestimmungen des diesem Abkommen beigefügten Finanzprotokolls, Er legt dem Bat einen Jahresbericht vor und nimmt, ohne Stimmrecht, an allen seinen Tagungen teil.

1). Der Bat kann die Ernennung des Direktors, solange er dies für nötig erachtet, aussetzen, sowohl nach dem Inkrafttreten des Abkommens als auch bei einer spätem Vakanz. Der Bat bezeichnet in diesem Falle an Stelle des Direktors eine Person, deren Bechte und Verantwortlichkeit er bestimmt.

Dem Direktor wird das vom Eate als notwendig erachtete und genehmigte wissenschaftliche, technische und administrative Bersonal sowie ein Sekretariat beigegeben.

Das Personal wird vom Bat auf Empfehlung des Direktors angestellt und entlassen. Anstellung und Entlassung erfolgen mit Zweidrittelsmehrheit aller Mitgliedstaaten. Mit gleicher Mehrheit kann der Bat dem Direktor einen Teil seiner Befugnisse bezüglich Anstellung und Entlassung delegieren.

Inhalt und Ende des Anstellungsverhältnisses bestimmt ein vom Bat mit der gleichen Mehrheit zu genehmigendes Personalreglement. Forscher, die auf Einladung des Bates zur Mitarbeit im Laboratorium beigezogen werden, ohne dass sie dem regulären Personal angehören, sind der Leitung des Direktors und den allgemeinen vom Bat erlassenen Vorschriften unterstellt.

Die Verantwortlichkeit des Direktors und des Personals sind, soweit sie die Organisation betreffen, ausschliesslich internationalen Charakters. Bei der Erfüllung ihrer Pflichten dürfen sie von Begierungen oder Behörden, die mit der Organisation in keinem Zusammenhang stehen, Instruktionen weder verlangen noch annehmen. Die Mitghedstaaten sind gehalten, den internationalen Charakter der Verantwortlichkeit des Direktors und des Personals zu respektieren, sowie davon abzusehen, sie in der Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu beeinflussen.

851

Artikel VII Finanzielle Beiträge 1. Jeder Mitgliedstaat trägt zu den Auslagen für die Errichtung sowie zu denjenigen für die laufenden Bedürfnisse der Organisation bei: a. gemäss den Bestimmungen des diesem Abkommen beigefügten Finanzprotokolls für den am 81, Dezember 1956 ablaufenden Zeitraum und 6. gemäss einem Verteilungsschlüssel, der alle 3 Jahre vom Eat mit Zweidrittelsmehrheit aller Mitgliedstaaten aufgestellt wird und der auf dem Durchschnitt des Netto-Volkseinkommens zu Paktorenkosten jedes Mitghedstaates während der letzten 3 Jahre, für die statistische Unterlagen bestehen, beruht. Jedoch i. soll kein Mitgliedstaat gehalten sein, Beiträge für das Grundprogramm zu entrichten, die 25 Prozent der Gesamthöhe der vom Eat zur Bestreitung dieses Programms festgesetzten Summe übersteigen; ii. kann der Eat mit Zweidrittelsmehrheit aller Mitgliedstaaten beschliessen, den besondern Umständen eines Mitgliedstaates Bechnung zu tragen und seine Beiträge entsprechend zu ändern.

2. Die Beiträge, die ein Mitgliedstaat gestützt auf § l dieses Artikels zu entrichten hat, sind berechnet für diejenigen bestimmten Tätigkeitsgebiete, für die er sich verpflichtet hat, einen Beitrag zu entrichten; sie sind ausBchliesslich für dieses Tätigkeitsgebiet zu benützen. Sofern einzelne Mitgliedstaaten an einem zusätzlichen Programm nicht teilnehmen, stellt der Eat einen speziellen Verteilungsschlüssel für diejenigen Staaten auf, die an diesem Programm teilnehmen, wobei er den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes b folgt, aber die unter i aufgestellten Bedingungen nicht berücksichtigt.

8. a. Der Eat wird von den Staaten, die nach dem 81. Dezember 1954 Mitglied dieses Abkommens werden, ausser ihren zukünftigen Beiträgen für die Errichtung und die laufenden Ausgaben einen Sonderbeitrag an die Errichtungskosten verlangen, die die Organisation vorher auf §ich genommen hat. Die Höhe dieses Sonderbeitrages wird vom Bat mit Zweidrittelsmehrheit aller Mitgliedstaaten festgesetzt.

fe. Alle Beiträge, die gemäss den Bestimmungen des obenstehenden Absatzes a bezahlt werden, dienen dazu, die Beiträge der übrigen Mitgliedstaaten zu reduzieren.

4. Die auf Grund dieses Artikels geschuldeten Beiträge sind entsprechend den Bestimmungen des diesem Abkommen beigefügten Finanzprotokolls zu.

entrichten.

5. Der Direktor kann, auf Grund
eventueller Weisungen des Eates, Schenkungen und Legate, die der Organisation gemacht werden, annehmen, sofern an sie keine Bedingungen geknüpft sind, die mit dem Zweck der Organisation unvereinbar sind.

852 Artikel VIII Zusammenarbeit mit der UUESCO und mit andern Organisationen Die Organisation arbeitet mit der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zusammen. Sie kann auch auf Grund eines vom Eat mit Zweidrittelsmehrheit aller Mitgliedstaaten angenommenen Beschlusses mit andern Organisationen zusammenarbeiten.

Artikel IX Rechtliches Statut Die Organisation geniesst auf dem Gebiete des Mutterlandes aller Mitgliedstaaten die Eechtspersönlichkeit. Die Organisation, die Abgeordneten der Mitgliedstaaten im Eat, die Mitglieder aller auf Grund von § 10 des Artikels V geschaffener untergeordneter Organe, der Direktor und die Mitglieder des Personals der Organisation, gemessen im Mutterlande der Mitgliedstaaten und im Eahmen der Abkommen, die von der Organisation und jedem interessierten Mitgliedstaat abgeschlossen sind, diejenigen Vorrechte und Befreiungen, die zur Erfüllung der Aufgaben der Organisation als notwendig erachtet werden.

Die Vereinbarung, die zwischen der Organisation und dem Mitgliedstaat geschlossen wird, auf dessen Gebiet sie ihren Sitz hat, wird ausser den Bestimmungen über die Vorrechte und Befreiungen auch die nötigen Vorschriften zur Begelung der besondern Beziehungen zwischen der Organisation und diesem Mitgliedstaat enthalten.

Artikel X Zusätze 1. Der Eat kann den Mitgliedstaaten Zusätze zum vorliegenden Abkommen und dem beigefügten Finanzprotokoll empfehlen. Jeder Mitgliedstaat, der einen Zusatz vorzuschlagen wünscht, teilt diesen dem Direktor mit. Dieser bringt die so angemeldeten Zusätze den Mitgliedstaaten mindestens 3 Monate vor ihrer Prüfung durch den Eat zur Kenntnis.

2. Soweit es sich nicht um Zusätze zum beigefügten Finanzprotokoll handelt, müssen die vom Eat empfohlenen Zusätze von allen Mitgliedstaaten schriftlich angenommen werden. Sie treten 30 Tage nach Eingang der Zustimmungserklärungen aller Mitgliedstaaten beim Direktor in Kraft. Der Direktor gibt den Mitgliedstaaten das Datum, an dem die Zusätze in Kraft treten, bekannt.

8. Der Eat kann mit Zweidrittelsmehrheit aller Mitgliedstaaten das diesem Abkommen beigefügten Fmanzprotokoll abändern, vorausgesetzt, dass solche Änderungen nicht mit den Bestimmungen des Abkommens im Wderisprach stehen. Diese Änderungen treten an dem vom Eate mit gleicher Mehrheit bestimmten Tage in Kraft. Der Direktor gibt allen Mitgliedstaaten die auf diese Weise angenommenen Änderungen und das Datum ihres Inkrafttretens bekannt.

853 Artikel XI : Streitigkeiten Jede Streitigkeit zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten über die Auslegung oder die Anwendung des Abkommens, die nicht durch die Vermittlung des Eates beigelegt werden kann, wird dem Internationalen Gerichtshof vorgelegt, sofern sich die beteiligten Mitgliedstaaten nicht über eine andere Art der Regelung einigen.

Artikel XII Austritt Nach siebenjähriger Dauer dieses Abkommens kann jeder Mitgliedstaat dem Direktor seinen Austritt aus der Organisation schriftlich bekanntgeben.

Ein solcher Austritt wird wirksam mit dem Ende des Finanzjahres, während welchem er bekanntgegeben wurde, sofern die Mitteilung binnen der neun ersten Monate dieses Finanzjahres erfolgt. Ist die Mitteilung erst in den drei letzten Monaten eines Finanzjahres erfolgt, wird der Austritt auf das Ende des folgenden Finanzjahres wirksam.

Artikel XIII Nichterfüllung der Verpflichtungen Jeder Mitghedstaat, der seine aus dem Abkommen sich ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt, verliert seine Mitgliedschaft bei der Organisation auf Grund eines Beschlusses des Eates, der mit Zweidrittelmehrheit aller Mitgliedstaaten gefasst werden muss.

Artikel XIV Auflösung Die Organisation wird aufgelöst, wenn die Zahl der Mitgliedstaaten unter fünf sinkt. Sie kann durch Vereinbarung der Mitgliedstaaten jederzeit aufgelöst werden. Unter Vorbehalt aller bei der Auflösung zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Vereinbarungen ist der Staat, auf dessen Gebiet sich die Organisation befindet, für die Durchführung der Liquidation verantwortlich. Ein Aktivenüberschuss wird unter diejenigen Staaten verteilt, die im Zeitpunkt der Liquidation Mitglieder sind, im Verhältnis zu den Beiträgen, die sie effektiv seit ihrer Mitgliedschaft zum Abkommen geleistet haben. Ein allfälliger Passivenüberschuss wird von denselben Staaten übernommen, im Verhältnis zu ihren Beitragsleistungen, die für das laufende Finanzjahr festgesetzt worden sind.

Artikel XV Unterzeichnung Das vorhegende Abkommen und das beigefügte Finanzprotokoll, das einen integrierenden Bestandteil des ersteren bildet, stehen bis zum Sl.Dezember Bundesblatt. 105. Jahrg. Bd. II.

60

854 1953 zur Unterzeichnung für jeden Staat offen, der die Bedingungen von § l, Artikel III, erfüllt.

Artikel XVI Ratifikation 1. Das vorliegende Abkommen und das beigefügte Finanzprotokoll bedürfen der Eatifikation.

2. Die Ratifikationsurkunden werden beim Generaldirektor der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt.

Artikel XVII Beitritt 1. Jeder Staat, der das vorliegende Abkommen und das beigefügte Finanzprotokoll nicht unterzeichnet hat, kann ihr bis zum 1. Januar 1954 beitreten, wenn er die in § l und 2 des Artikels III stipuherten Bedingungen erfüllt.

2. Die Beitrittsurkunden werden beim Generaldirektor der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt.

Artikel XVIII Inkrafttreten 1. Das Abkommen und das beigefügte Finanzprotokoll treten in Kraft, nachdem sieben Staaten es ratifiziert oder ihren Beitritt dazu erklärt haben, unter der Bedingung, dass: a. die Gesamtsumme ihrer Beiträge gemäss dem im Finanzprotokoll festgesetzten Verteilungsschlüssel mindestens 75 Prozent ausmacht und b. die Schweiz, auf deren Gebiet sich der Sitz der Organisation befinden wird, unter diesen sieben Staaten figuriert.

2. Für jeden weitern Staat, der das Abkommen und das beigefügte Finanzprotokoll unterzeichnet hat oder ihm beitritt, tritt dieses mit dem Tage der Hinterlegung seiner Eatifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft..

Artikel XIX Bekanntmachungen 1. Die Hinterlegung jeder Urkunde über die Ratifikation oder den Beitritt und das Inkrafttreten des Abkommens werden vom Generaldirektor der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur den Staaten, die es unterzeichnet haben oder ihm beigetreten sind, wie auch den übrigen Staaten, die an der Konferenz zur Organisation der Studien für die Schaffung eines Europäischen Forschungslaboratoriums für Kernphysik in Paris vom Dezember 19S1 und in Genf vom Februar 1952 teilgenommen haben, bekanntgegeben.

855

2. Der Direktor der Organisation wird allen Mitgliedstaaten und dem Generaldirektor der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur jedesmal Mitteilung machen, wenn ein Mitgliedstaat aus der Organisation austritt oder aufhört, ihr Mitglied zu sein.

Artikel XX Eintragung Der Generaldirektor der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur wird das Abkommen nach dessen Inkrafttreten beim Generalsekretär der Vereinigten Nationen gemäss Artikel 102 der Charta der Vereinigten Nationen registrieren lassen.

Zu Urkund dessen haben die zu diesem Zwecke von ihren Kegierungen gehörig bevollmächtigten Vertreter dieses Abkommen unterzeichnet.

So geschehen in Paris, am 1. Juli 1958, in einem einzigen Exemplar in französischer und englischer Sprache, wobei beide Texte gleichermassen verbindlich sind. Der Originaltext wird im Archiv der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt. Der Generaldirektor dieser Organisation wird eine gleichlautende beglaubigte Abschrift den Staaten aushändigen, die das Abkommen unterzeichnet haben oder ihm beigetreten sind, sowie auch den andern Staaten, die an der Konferenz zur Organisation der Studien für die Schaffung eines europäischen Laboratoriums für kernphysikalische Forschung teilgenommen haben.

856

Finanzprotokoll zum Abkommen Über die Schaffung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung

Die Mitgliedstaaten des Abkommens für die Schaffung einer Europäischen Organisation für kernphysikaliscbe Forschung, nachstehend «Abkommen» genannt, vom Wunsche getragen, Bestimmungen über die finanzielle Verwaltung der Organisation zu erlassen, '

^^

haben folgendes vereinbart: Artikel l Budget 1. Das Finanzjahr der Organisation dauert vom 1. Januar bis 81. Dezember.

2. Der Direktor legt spätestens am 1. September jeden Jahres dem Eat detaillierte Voranschläge über die Einnahmen und Ausgaben für das folgende Finanzjahr zur Prüfung und Genehmigung vor.

8. Die Voranschläge der Einnahmen und Ausgaben sind in Kapitel gegliedert.

Überschreitungen innerhalb des Budgets sind, vorbehaltlich besonderer in Artikel 3 vorgesehener Ermächtigungen seitens des Finanzkomitees, untersagt. Die genaue Form der budgetierten Voranschläge wird durch das Finanzkomitee auf Antrag des Direktors bestimmt.

Artikel 2 Zusätzliches Budget Wenn die Umstände es erfordern, kann der Bat vom Direktor, die Vorlage eines zusätzlichen oder revidierten Budgets verlangen. Keine Entschliessung, ^^ deren Durchführung zusätzliche Ausgaben mit sich bringt, darf als durch den ^r Bat genehmigt betrachtet werden, sofern dieser nicht auf Antrag des Direktors die vorgesehenen Ausgaben ebenfalls genehmigt.

Artikel 3 Finanzkomitee Der Eat bildet ein Finanzkomitee aus Vertretern von fünf Mitgliedstaaten.

Beine Befugnisse sind durch ein Finanzreglement, das vom Bat zu genehmigen ist, umschrieben. Der Direktor legt dem Komitee die Vorschläge vor, die nachher mit einem Bericht des Komitees dem Eat überwiesen werden.

857 Artikel 4

Beiträge 1. Für die am 81. Dezember 1954 zu Ende gehende Periode -wird der Bat provisorische Voranschläge aufstellen. Die Ausgaben werden durch die Beiträge, die in § l der zu diesem Protokoll gehörenden Anlage festgesetzt sind, gedeckt.

2. Pur die Finanzjahre 1955 und 1956 werden die in dem vom Eat genehmigten Budget figurierenden Ausgaben durch die Beiträge der Mitgliedstaaten gedeckt, im Verhältnis zu den in § 2 der Anlage zu diesem Protokoll aufgeführten Prozentsätzen. Die Bestimmungen unter i und ii von Alinea b von § l von Artikel VII des Abkommens gelangen zur Anwendung. .

8. Vom 1. Januar 1957 an werden die in dem vom Eat genehmigten Budget figurierenden Ausgaben gedeckt durch die Beiträge der Mitgliedstaaten gemäss den Bestimmungen von § l von Artikel VII des Abkommens.

4. Wenn ein Staat nach dem 81, Dezember 1954 Mitglied der Organisation wird, werden die Beiträge aller Mitgliodstaaten revidiert. Der neue Verteilungsschlüssel gjlt vom Beginn des laufenden Finanzjahres an. Um die Beiträge aller Mitgliedstaaten dem neuen Verteilungsschlüssel anzupassen, werden nötigenfalls Eückzahlungen vorgenommen.

5. a. Nach Anhörung des Direktors wird das Finanzkomitee die Modalitäten für die Bezahlung der Beiträge festlegen, um eine einwandfreie Finanzierung der Organisation sicherzustellen.

b. Der Direktor gibt hernach den Mitgliedstaaten die Höhe ihrer Beiträge sowie die Zahlungstermine bekannt.

Artikel 5

Währung der zu entrichtenden Beiträge 1. Das Budget der Organisation wird in der Währung desjenigen Landes aufgestellt, in welchem die Organisation ihren Sitz hat. Die Beiträge der Mitgliedstaaten sind in dieser Währung zu bezahlen gemäss den geltenden Zahlungsmodalitäten.

2, Der Eat kann jedoch von den Mitgliedstaaten verlangen, dass sie einen Teil ihrer Beiträge in irgendeiner andern Währung entrichten, deren die Organisation zur Erfüllung ihrer Aufgaben bedarf.

Artikel 6 Betriebsmittel

Der Eat kann einen Betriebsmittelfonds schaffen.

858 Artikel 7 Rechnung und Rechnungsprüfung 1. Der Direktor lässt eine genaue Eechnung der Einnahmen und Ausgaben erstellen.

2. Der Bat bezeichnet Bechnungsrevisoren. Ihr Mandat gilt zunächst für drei Jahre und kann verlängert werden. Diese Bevisoren sind beauftragt, die Eechnung der Organisation zu prüfen, um festzustellen, ob die Ausgaben innerhalb der durch das in Artikel 3 vorgesehene Finanzreglement gesetzten Grenzen den budgetierten Voranschlägen entsprechen.

8. Der Direktor gewährt den Bechnungsrevisoren jede Auskunft und Unterstützung, derer sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben bedürfen.

Zu TJrkund dessen haben die zu diesem Zwecke von ihren Begierungen gehörig bevollmächtigten Vertreter dieses Protokoll unterzeichnet.

So geschehen in Paris am 1. Juli 1953, in einem einzigen Exemplar in französischer und englischer Sprache, wobei beide Texte gleichermassen verbindlich sind. Der Originaltext wird im Archiv der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt. Der Generaldirektor dieser Organisation wird eine gleichlautende beglaubigte Abschrift den Staaten aushändigen, die das Abkommen unterzeichnet haben oder ihm beigetreten sind, sowie auch den andern Staaten, die an der Konferenz zur Organisation der Studien für die Schaffung eines europäischen Laboratoriums für kernphysikalische Forschung teilgenommen haben.

Beilage Beiträge für die am 81. Dezember 1954 zu Ende gehende Periode.

ä. Die Staaten, die am Tage des Inkrafttretens des Abkommens Mitglieder sind und diejenigen, die während der am 31, Dezember 1954 ablaufenden Periode Mitglied der Organisation werden, übernehmen zusammen alle Ausgaben, die in den provisorischen budgetären Massnahmen, welche der Bat gemäss § l von Artikel 4 trifft, figurieren.

b. Die Beiträge der Staaten, die Mitglieder der Organisation sind, im Zeitpunkt, da der Bat erstmals solche provisorischen budgetären Massnahmen trifft, werden provisorisch festgelegt ; nach Massgabe von § 2 von Artikel 4 unter Berücksichtigung der unter i und ii von Alinea b von § l von Artikel VII des Abkommens aufgestellten Bedingungen; jedoch wird die unter i aufgeführte Zahl von 25% durch 30% ersetzt.

859 e. Die Beiträge derjenigen Staaten, die zwischen dem Erlass dieser ersten provisorischen budgetären Massnahmen und dem 31. Dezember 1954 Mitglieder der Organisation werden, werden provisorisch in der Weise festgesetzt, dass die Beiträge aller Mitgliedstaaten im Verhältnis zu den Prozentsätzen, wie sie in § 2 der vorliegenden Beilage enthalten sind, festgesetzt werden. Die Beiträge dieser neuen Mitglieder werden dazu benützt, um, wie in nachstehendem Alinea d vorgesehen, die von den andern Mitgliedstaaten früher provisorisch geleiteten Beiträge zurückzuzahlen oder um neue budgetare Geldbewilligungen, die vom Bat während dieser Periode genehmigt werden, zu decken.

d. Die endgültige Höhe der für die am 81. Dezember 1954 ablaufende Periode geschuldeten Beiträge aller Staaten, die zu diesem Zeitpunkt Mitglieder der Organisation sind, wird rückwirkend auf der Grundlage des Gesamtbudgets für die erwähnte Periode in der Weise bestimmt werden, wie sie sich ergeben hätte, wenn alle Staaten am Tage des Inkrafttretens des Abkommens deren Mitglieder gewesen wären. Jede Summe, die ein Mitgliedstaat über die für ihn rückwirkend festgelegte Höhe hinaus bezahlt hat, wird ihm gutgeschrieben.

e. Wenn alle Staaten, die auf dem in § 2 der .vorliegenden Beilage enthaltenen Verteilungsschlüssel figurieren, vor dem 81. Dezember 1954 Mitglieder der Organisation geworden sind, gelten für ihre Beiträge bezüglich des Gesamtbudgets dieses Zeitraumes die dort aufgeführten Ansätze.

2. Verteilungsschlüssel für die Berechnung der Beiträge während der am 81. Dezember 1956 zu Ende gehenden Periode.

Prozent

Belgien Dänemark Frankreich .

Bundesrepublik Deutschland Griechenland Italien . .

Jugoslawien Niederlande Norwegen Schweden Schweiz Vereinigtes Königreich von Grossbritannien und Nord-Irland Total

4,88 2,48 28,84 17,70 0,97 10,20 1,98 3,68 1,79 4,98 3,71 23,84 100,00

860 Übersetzung des englischen und französischen Originals Zusatzvereinbarung betreffend die Verlängerung der Vereinbarung über die Einsetzung eines Rates von Abgeordneten europäischer Staaten zum Studium der Pläne für ein internationales Laboratorium und zur Organisation der weiteren Zusammenarbeit auf dem Gebiete der kernphysikalischen Forschung

Die an der vorliegenden Zusatzvereinbanmg beteiligten Staaten, welche an der Vereinbarung über die Einsetzung eines Rates von Abgeordneten europäischer Staaten zum Studium der Pläne für ein internationales Laboratorium und zur Organisation der weiteren Zusammenarbeit auf dem Gebiete der kernphysikalischen Forschung (hiernach «Vereinbarung» genannt) beteiligt sind, die am 15. Februar 1952 in Genf zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, .

von dem Wunsche getragen, die Dauer des Vereinbarung zu verlängern und Bestimmungen für die Finanzierung der weitem Arbeiten des genannten Rates aufzustellen, sind wie folgt übereingekommen: Artikel I Die Vereinbarung wird hiermit vom S.November 1953 bis I.November 1954 verlängert. Ihre Geltung wird entweder an diesem letztgenannten Datum aufhören, sofern sie nicht durch eine neue, auf Grund von Absatz 2 des Art. VIII der Vereinbarung abgeschlossene Zusatzvereinbarung verlängert wird, oder sie ·wird im Zeitpunkt des Inkrafttretens des in Absatz 2 des Art. III der Vereinbarung vorgesehenen Abkommens aufhören, wenn dieser Zeitpunkt der frühere ist.

Artikel II 1. Um die Weiterführung der Tätigkeit des Eates in der Zeit von der Unterzeichnung dieser Zusatzvereinbarung an bis zum 31. Januar 1954 zu sichern, werden die Staaten, welche Mitglieder des Eates sind, aüssej- den im Anhang zur Vereinbarung erwähnten Beiträgen die im Anhang zur vorliegenden Zusatzvereinbarung genannten Summen leisten.

2. Für den Fall, dass der Rat nach dem 81. Januar 1954 seine Tätigkeit fortsetzt, kann er von Zeit zu Zeit weitere Finanzierungsmassnahmen empfehlen, die es ihm erlauben, seine Aufgabe vor Inkrafttreten der in Abs. 2 des Art. III der Vereinbarung erwähnten Übereinkunft zu erfüllen.

861 Artikel III Jeder Staat, der die Vereinbarung unterzeichnet hat, kann eich an der vorliegenden Zusatzvereinbarung beteiligen, sofern er einen finanziellen Beitrag an die Tätigkeit des durch die Vereinbarung geschaffenen Abgeordnetenrates geleistet hat.

Artikel IV Diese Zusatzvereinbarung tritt im Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung in Kraft.

Artikel V Der Generaldirektor der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur wird die vorliegende Zusatzvereinbarung, gestützt auf Art. 102 der Verfassung der Vereinigten Nationen, beim GeneralSekretariat der Vereinigten Nationen eintragen lassen.

Zu ürkund dessen haben die durch ihre ^Regierungen gehörig bevollmächtigten Vertreter diese Zusatzvereinbarung unterzeichnet.

Ausgefertigt in Paris, am 80. Juni 1958, in englischer und französischer Sprache, wobei beide Fassungen gleichwertig sind, in einem einzigen Exemplar, welches in. den Archiven der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt wird, deren Generaldirektor eine beglaubigte Abschrift an diejenigen Staaten senden wird, welche an der Konferenz zur Organisation der Studien für die Schaffung eines europäischen Laboratoriums für kernphysikalische Forschung teilgenommen haben.

Anhang Die in Ziffer l des Art.II erwähnten Summen sind die folgenden: Schweizerfranken oder deren Gegenwert

Belgien Dänemark Frankreich Bundesrepublik Deutschland Italien Jugoslawien Niederlande Norwegen Schweden.

Schweiz

.

Total

49900 25300 243500 180500 104000 8 500 37 600 18300 50900 38000 756 500

862

Übersetzung aus dem englischen und französischen Originaltext

Schlussakte der Konferenz zur Gründung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung

Auf Einladung des europäischen Eates für kernphysikalische Forschung, der durch die Vereinbarung vom 15. Februar 1952 über die Einsetzung eines Eates von Abgeordneten europäischer Staaten zum Studium der Pläne für ein internationales Laboratorium und zur Organisation der weiteren Zusammenarbeit auf dem Gebiete der kernphysikalischen Forschung geschaffen worden war, wurde am 1. Juli 1958 im Aussenministerium in Paris eine Konferenz abgehalten, an welcher die Vertreter der folgenden Staaten teilnahmen: Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Italien, Norwegen, Niederlande, Bundesrepublik Deutschland, Vereinigtes Königreich von Grossbritannien und Nordirland, Schweden, Schweiz, Jugoslawien.

Die Konferenz ernannte Herrn J. H. Bannier, Delegierter der Niederlande, zu ihrem Vorsitzenden.

Die Konferenz nahm von dem durch den Europäischen Bat für kernphysikalische Forschung gestützt auf Abs. 2 des Art. III der Vereinbarung vom 15. Februar 1952 unterbreiteten Berichte Kenntnis und genehmigte die Texte des Abkommens über die Schaffung einer Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung und des diesem Abkommen beiliegenden Finanzprotokolls.

Das Abkommen und das ihm beigefügte Finanzprotokoll, das einen integrierenden Bestandteil des Abkommens bildet, werden vom 1. Juli 1958 bis 81. Dezember 1953 am Sitze der Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur in Paris zur Unterzeichnung aufliegen.

Die Konferenz nahm ausserdem die folgenden Entschliessungen an: Entschliessung Nr. l Die Konferenz bittet das Generalsekretariat des Europäischen Bates für kernphysikahsche Forschung, innerhalb von höchstens drei Monaten vom Inkrafttreten des Abkommens an die erste Zusammenkunft des Bates der Euro~ päischen Organisation für kernphysikalische Forschung nach Genf einzuberufen.

Sie betraut es ferner mit der Aufgabe, die vorläufige Tagesordnung aufzustellen und die geeigneten Massnahmen für die Vorbereitung dieser Zusammenkunft zu treffen.

863

Entschliessung Nr. 2 Die Konferenz empfiehlt dem Eat der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung: 1. Die Übertragung der Vermögenswerte des Europäischen Eates für kernphysikalische Forschung und aller finanziellen Verpflichtungen anzunehmen, insbesondere den Saldo seiner finanziellen Mittel, sowie die durch den Europäischen Eat für kernphysikalische Forschung erworbenen Pläne, Akten und Materialien jeder Art.

2. Die Übertragung der vertraglichen Verpflichtungen des Europäischen Eates für kemphysikalische Forschung gegenüber den Mitgliedern seines Personals anzunehmen.

Entschliessung Nr. 3 Die Konferenz empfiehlt dem Eat der europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung, wenn er mit dem Staate, auf dessen Gebiet sich sein Sitz befinden wird, die in Art. IX des Abkommens vorgesehene Vereinbarung abschliesst, in diese Vereinbarung, entsprechend früheren Abmachungen für andere internationale Organisationen, Bestimmungen aufzunehmen, wonach im Falle einer internationalen Krise in Europa dem Staat, auf dessen Gebiet sich sein Sitz befinden wird, das Eecht gewahrt bleibt, alle im Interesse seiner Sicherheit gebotenen Massnahmen zu ergreifen. In diese Bestimmungen ist eine Einladung an den betreffenden Staat aufzunehmen, sich in diesem Falle und so rasch als es die Umstände erlauben mit der Organisation in Verbindung zu setzen, um gemeinsam die nötigen Massnahmen zum Schutze der Interessen der Organisation festzulegen.

Entschliessung Nr. 4 Die Konferenz bittet den Europäischen Eat für kernphysikalische Forschung, unverzüglich den Entwurf zu der in Artikel IX des Abkommens vorgesehenen Vereinbarung zwischen der Organisation und dem S.taat, auf dessen Gebiet sich sein Sitz befinden wird, vorzubereiten und dabei der vorstehenden Entschliessung Nr. 8 Eechnung zu tragen, damit d.er Abschluss dieser Vereinbarung nach dem Inkrafttreten des Abkommens ohne Verzug erfolgen kann.

Entschliessung Nr. 5 Die Konferenz nimmt zur Kenntnis, dass eine Staatengruppe, vom Wunsche getragen, Jugoslawien und Griechenland die Teilnahme an der Tätigkeit der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung in der Eigenschaft von tatsächlichen Mitgliedern zu ermöglichen, bereit ist, freiwillig vom Inkrafttreten des Abkommens an bis zum 31. Dezember 1956 einen Betrag zu zahlen, der die Differenz nicht übersteigen wird, welche zwischen der von Jugoslawion und Griechenland gemäss dem dem Abkommen beigefügten Finanzprotokoll

864

geschuldeten Summe und der einem für die beiden Länder auf 0,65 bzw. auf 0,85 Prozent herabgesetzten Prozentsatz entsprechenden Summe besteht.

Die Konferenz nimmt zur Kenntnis, dass diese Gruppe folgende Staaten -umfasst : Belgien, Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, .

Niederlande, Norwegen (Bestätigung vorbehalten), Schweiz, Vereinigtes Königreich von Grossbritannien und NordIrland, und dass die oben erwähnte Differenz auf diese Staaten im Verhältnis der in der Beilage zum Finanzprotokoll wiedergegebenen Prozentsätze verteilt wird.

Entschliessung Nr. 6 Die Konferenz empfiehlt dem Bat der Europäischen Organisation für kernphysikalische Forschung, dass die Mitgliedstaaten der Eeihe nach in dem in Art. 3 des Finanzprotokolls vorgesehenen Finanzkomitee in der Weise vertretenseinn sollen, dass alle Mitgliedstaaten nach einer gewissen Anzahl von Jahren dem Komitee angehört: haben.

: Der englische und der französische Text der obgenannten Entschliessungen besitzen die gleiche Rechtskraft.

,

Paris, den 1. Juli 1953.

.

.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Europäische Organisation für kernphysikalische Forschung (Vom 15. August 1958)

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1953

Année Anno Band

2

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33

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6502

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

20.08.1953

Date Data Seite

821-864

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