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Zusatzbericht zur Botschaft vom 25. Juni 1980 betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer (Besteuerung der Zinsen von Treuhandguthaben) vom 3. September 1980

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Noch vor der auf den 25. September 1980 vorgesehenen ersten Sitzung der vorberatenden Kommission des Ständerates, dem die Priorität in der Behandlung der Vorlage über die Besteuerung der Zinsen von Treuhandguthaben zusteht, ist aus dem Kreise dieser Kommission der Wunsch geäussert worden, der Bundesrat möge sich zur Frage der Verfassungsmässigkeit der Vorlage sowie zur schweizerischen Quellensteuersystematik noch eingehender äussern als dies in der Botschaft geschehen ist. Der Präsident der vorberatenden Kommission des Ständerates stellt sodann den Verzicht auf die Besteuerung der Zinsen von Auslandanleihen in Schweizerfranken zur Diskussion. Alle diese Fragen sind von uns selbstverständlich bereits bei der Ausarbeitung der Vorlage geprüft worden.

Wir haben uns dazu geäussert, soweit es uns damals notwendig erschien. Da es sich aber um Schlüsselfragen handelt, legen wir Wert auf eine vertiefte Darlegung in Form eines Zusatzberichtes zur Botschaft. Dabei scheint es uns notwendig, auch auf das Verhältnis der Vorlage zum Völkerrecht und zu den bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen näher einzugehen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

3. September 1980

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Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Chevallaz Der Bundeskanzler: Huber

1980-653

Übersicht Am 25. Juni 1980 hat der Bundesrat eine Botschaft betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer verabschiedet, worin die Ausdehnung der Verrechnungssteuer auf die Zinsen von Treuhandguthaben bei inländischen Banken und Sparkassen vorgeschlagen wird (BBl 1980 H'927).

Der Zusatzbericht äussert sich eingehend zur Frage der Verfassungsmässigkeit und der Quellensteuersystematik, um anschliessend auf die damit zusammenhängende Frage des Verhältnisses der Vorlage zum Völkerrecht und zu den bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen einzugehen. Der Zusatzbericht gelangt dabei zum Schluss, dass die Ausdehnung der Verrechnungssteuer auf die Zinsen von Treuhandguthaben verfassungskonform ist. Auch das Völkerrecht und die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen stehen der Erfassung der Zinsen von Treuhandguthaben mit der Verrechnungssteuer nicht entgegen.

Schliesslich nimmt der Zusatzbericht nochmals Stellung zur Frage einer Verrechnungssteuer auf Zinsen von Auslandanleihen in Schweizerfranken, und er nennt die Bedenken, welche die Nationalbank zur Ablehnung dieser Steuer geführt haben. Angesichts dieser Bedenken hält der Bundesrat daran fest, dass die Ausdehnung der Verrechnungssteuer auf Zinsen von Auslandanleihen in Schweizerfranken nicht angezeigt wäre.

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Bericht l

Verfassungsmässigkeit der Besteuerung der Zinsen von Treuhandguthaben und Quellensteuersystematik

11 In unserer Botschaft vom 25. Juni 1980 (BB1 1980 II 927) haben wir zur Verfassungsmässigkeit der Vorlage ausgeführt (Ziff. 6): Die beantragte Gesetzesänderung stützt sich auf Artikel 41bls Absatz l Buchstabe b und Absatz 3 der Bundesverfassung. Auf Grund dieser Bestimmung kann der Bund ausser den bis anhin besteuerten Erträgnissen aus inländischen Quellen auch Erträgnisse aus ausländischen Quellen der Verrechnungssteuer unterwerfen.

Die bestehenden, von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen stehen der Erhebung der beantragten Steuer nicht im Wege.

Die Verrechnungssteuer ist seinerzeit durch Vollmachteiibeschluss des Bundesrates vom 1. September 1943 auf den 1. Januar 1944 eingeführt worden. Auf den 1. Januar 1945 sind der Steuersatz von vorerst 15 Prozent auf 25 Prozent erhöht, die damals noch gleichzeitig erhobene Quellenwehrsteuer aufgehoben und eine für Bund, Kantone und Gemeinden verbindliche Steueramnestie angeordnet worden. Am 13. Februar 1945 hat der Bundesrat ausserdem seinen Beschluss über die Sicherung der Steueransprüche bei Versicherungen erlassen, der den Verrechnungssteuerbeschluss ergänzte und fortan in seiner Geltungsdauer stets mit diesem verlängert wurde.

Durch den in der Volksabstimmung vom l I.Mai 1958 angenommenen Artikel 41bis BV ist die Verrechnungssteuer in Absatz l Buchstabe b wie folgt dauernd in der Verfassung verankert worden: Der Bund ist befugt, die folgenden Steuern zu erheben: b. eine Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens, auf Lotteriegewinnen und Versicherungsleistungen;

Gesetzliche Grundlage für die Verrechnungssteuer bildet heute das Bundesgesetz vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG), das am I.Januar 1967 in Kraft getreten ist (SR 642.21).

12 Die Verrechnungssteuer ist ihrer Natur nach eine an der Quelle erhobene Kapitelertragsteuer. Sie wird den im Inland wohnhaften Ertragsempfängern in der Regel auf die Kantons- und Gemeindesteuern angerechnet, allenfalls in bar zurückerstattet. Der im Ausland wohnhafte Besitzer von Vermögenswerten, deren Ertrag der Verrechnungssteuer unterliegt, hat, vorbehaltlich besonderer zwischenstaatlicher Vereinbarungen des Bundes mit einzelnen ausländischen Staaten zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung, keinen Rückerstattungsanspruch. Die bei der Sicherungssteuer auf Versicherungsleistungen getroffene Ordnung (Art. 7 und 19 VStG) weicht insofern von derjenigen für die 404

Verrechnungssteuer auf Kapitelerträgen ab, als primär eine Meldepflicht des Versicherers besteht und nur subsidiär eine Steuer zu entrichten ist, die der inländische Leistungsempfänger unter bestimmten Voraussetzungen tragen muss.

In seiner Botschaft vom 18. Oktober 1963 betreffend den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer (BEI 1963 II 953, 955) hat der Bundesrat über den Zweck von Verrechnungssteuer und Sicherungssteuer folgende Ausführungen gemacht : Verrechnungssteuer und Sicherungssteuer werden grundsätzlich nicht zu dem Zwecke erhoben, den Bürger mit ihnen zu belasten und unmittelbar den Finanzbedarf des: Bundes decken zu helfen; sie sind in erster Linie gedacht als steuertechnisches Mittel, um die Hinterziehung der Kantons- und Gemeindesteuern auf beweglichem Kapitalvermögen und seinem Ertrag, auf Lotteriegewinnen und auf Versicherungsleistungen durch die der schweizerischen Steuerhoheit unterworfenen Steuerpflichtigen einzudämmen. Die beiden Steuern erfüllen ihre Aufgabe um so besser, je geringer ihr Reinertrag ausfällt.

Deshalb wäre es verfehlt, die Aufhebung der Sicherungssteuer mit der Begründung zu postulieren, dass sie nur einen geringen Ertrag abwerfe. Anderseits soll nicht bestritten werden, dass die Verrechnungssteuer für den Bund immer mehr eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle geworden ist, wobei allerdings nicht genau ausgeschieden werden kann, welcher Betrag zu Lasten von inländischen (und ausländischen) Defraudanten und welcher Betrag zu Lasten von Ausländern erhoben wurde, denen nicht auf Grund eines Doppelbesteuefungsabkommens ein Rückforderungsanspruch zusteht.

13 Gegenstand der Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens sind gemäss Artikel 4 VStG die Zinsen und sonstigen Erträge von inländischen, das heisst von einem Inländer ausgegebenen Wertpapieren und von Kundenguthaben bei inländischen Banken und Sparkassen. Die auf Kapitalerträgen erhobene Queüensteuer ist nicht allein ein steuertechnisches Mittel, um die Hinterziehung durch Inländer einzudämmen. Sie ist zudem eine echte Ertragsteuer, die für Ausländer grundsätzlich eine definitive Belastung darstellt, und die, soweit sie zu Lasten von Ausländern erhoben wird, dem Bund Einnahmen verschaffen soll (vgl. Botschaft vom 1. Februar 1957 über die verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes [BB1 1957 l 505, 569, 616]; Bericht vom 25. Mai 1962 zur Motion Eggenberger betreffend wirksamere Bekämpfung der Steuerdefraudation [BB1 1962 I 1057, 1091]; Botschaft zum VStG [BEI 1963 II 953, 955]; W. R. Pfund, Die eidg. Verrechnungssteuer, I. Teil, Basel 1971, Einleitung zum VStG, N 32, S. 39 f.).

Die Verrechnungssteuer wird im Quellenabzugsverfahren beim Schuldner oder beim Vermittler der steuerbaren Leistung eingezogen, der die Steuer durch entsprechende Kürzung der Leistung auf deren Empfänger abzuwälzen hat (Art. 14 Abs. l VStG). Die Verrechnungssteuer kann vor allem dann ohne Schwierigkeiten erhoben werden, wenn der mit ihr erfasste Kapitalertrag im Inland ausgerichtet wird, das heisst, wenn der Schuldner oder der Vermittler der steuerbaren Leistung Inländer ist und wirksam zur Entrichtung der Steuer verhalten werden kann: Fehlt es an einem inländischem Schuldner, so ist die Erhebung der Ver405

rechnungssteuer mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Technische Probleme schliessen indessen die Steuererhebung nicht aus. Im bereits erwähnten Bericht zur Motion Eggenberger hat deshalb der Bundesrat die Ausdehnung der Verrechnungssteuer auf ausländische Wertpapiere in Erwägung gezogen, um eine Lücke im Kampf gegen die Steuerdefraudation durch inländische Steuerdefraudanten zu schliessen (BB1 1962 l 1057). Die gleiche Frage wurde auch in der bereits erwähnten Botschaft zum Verrechnungssteuergesetz geprüft (BB1 1963 II 953, 962).

Der Bund könnte demgemäss gestützt auf Artikel 41bis Absatz l Buchstabe b BV auch die Zinsen von Schweizerfrankenanleihen ausländischer Schuldner mit der Verrechnungssteuer erfassen, zumal dadurch die Hinterziehung des von Inländern in ausländischen Wertpapieren angelegten Vermögens und des daraus fliessenden Ertrages eingedämmt werden könnte.

14 Weder das System der Verrechnungssteuer noch Artikel 41bis Absatz l Buchstabe b BV verbieten es, auch ausländische Erträge, wie beispielsweise die Zinsen der im Ausland angelegten Treuhandgelder, der Verrechnungssteuer zu unterstellen. Die vorgeschlagene Steuer ist somit verfassungskonform und bedarf keiner neuen oder Artikel 41bis Absatz l Buchstabe b B V ergänzenden Verfassungsbestimmung. Treuhandguthaben gehören wie die sonstigen Bankguthaben zum beweglichen Kapitalvermögen, weshalb der den Bankkunden in Form des Zinses zufliessende Ertrag dieser Guthaben, gestützt auf Artikel 41bis Absatz l Buchstabe b BV, ebenfalls der Verrechnungssteuer unterworfen werden darf. Da die Verrechnungssteuer nicht bloss der Defraudationsbekämpfung dient, ist es ferner legitim, diese Steuer auch als Instrument zur Beschaffung zusätzlicher Einnahmen einzusetzen, zumal der vorgeschlagene Steuersatz von 5 Prozent relativ niedrig ist. Auch die Erhöhung des Verrechnungssteuersatzes von 30 auf 35 Prozent ist seinerzeit vorwiegend finanzpolitisch begründet worden (vgl. Botschaft vom 8. Januar 1975 über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushalts [BB1 1975 I 334, 354]). Die Besteuerung der Treuhandzinsen wird übrigens keine besonderen Schwierigkeiten bereiten, da es sich bei den Steuerpflichtigen um Inländer handelt, welche wirksam zum Quellenabzug angehalten werden können. Die von der Steuer betroffenen Bankkunden haben keine Möglichkeit, den Zins der treuhänderisch angelegten Gelder statt bei der inländischen Bank oder Sparkasse direkt beim ausländischen Schuldner zu beziehen, denn die Besonderheit der Treuhandanlage besteht darin, dass nicht der Kunde, sondern die inländische Bank oder Sparkasse gegenüber dem Schuldner als Gläubigerin auftritt.

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Verhältnis zu Völkerrecht und Doppelbesteuerungsabkommen

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Die Steuerhoheit ist Ausfluss der Gebietshoheit. Sie erstreckt sich grundsätzlich so weit, als die Gebietsherrschaft eines Staates reicht, Allgemein anerkannte Grundsätze des Völkerrechts über die Steuerhoheit bestehen nicht. Der einzelne 406

Staat ist frei, einerseits die subjektive Steuerpflicht so zu umschreiben, dass eine Person nicht nur kraft persönlicher Beziehungen (Staatsangehörigkeit, Wohnsitz, Aufenthalt), sondern auch bei wirtschaftlicher Zugehörigkeit (Belegenheit eines Wirtschaftsgutes, Quelle eines Einkommens) .seiner Steuerhoheit unterliegt. Anderseits kann der einzelne Staat auch die objektive Steuerpflicht auf die verschiedensten Arten von wirtschaftlichen Erscheinungen, die sich innerhalb seines Staatsgebietes manifestieren, ausdehnen (Grundstücke, Betriebsstätten, Dienstleistungen, usw.; vgl. E. Höhn, Doppelbesteuerungsrecht, 1973, S. 25).

Mit Bezug auf die Treuhandanlagen ist anerkannt, dass die Banken «lediglich» treuhänderische Dienstleistungen erbringen. Zwar stammen die Gelder dieser Treuhandanlagen überwiegend aus dem Ausland und werden auch mehrheitlich im Ausland angelegt. Der Funktion der schweizerischen Bank kommt aber im Rahmen des Treuhandgeschäftes eine ; entscheidende Rolle zu, womit die wirtschaftliche Verbindung und damit die Unterwerfung der Treuhandzinsen unter die schweizerische Steuerhoheit durchaus gerechtfertigt werden kann (vgl. Botschaft vom 25. Juni 1980, Ziff. 132.53 [BEI 198011960]). Nicht bestritten werden soll, dass mit der Besteuerung der Zinsen von Treuhandanlagen das bisherige Quellenbesteuerungssystem im Rahmen der Verrechnungssteuer erweitert wird.

Es darf immerhin daran erinnert werden, dass die Besteuerung ausländischer Einkünfte dem schweizerischen Steuersystem nicht fremd ist. So wurde die auf den I.Januar 1967 aufgehobene Couponabgäbe während mehr als 40Jahren auch auf den Erträgen von ausländischen Wertpapieren erhoben. Nach den Bestimmungen des geltenden Stempelgesetzes vom 27. Juni 1973 (SR 641.10) 'wird sodann die Umsatzabgabe auch auf im Ausland getätigten Wertpapiergeschäften erhoben, wenn ein abgabepflichtiger inländischer Effektenhändler (z. B.

eine inländische Bank) den Geschäftsabschluss vermittelt. Wie bereits erwähnt (vgl. Ziff. 13), ist ferner auch die Ausdehnung' der Verrechnungssteuer auf die Erträge ausländischer Wertpapiere wiederholt erörtert worden.

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Durch die von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen wird grundsätzlich ihr Recht, Zinsen mit der an der Quelle erhobenen Verrechnungssteuer zu erfassen, nicht berührt. Dagegen ist die von der Schweiz im Abzugswege einbehaltene Verrechnungssteuer dem im ausländischen Vertragsstaat ansässigen Zinsgläubiger auf Antrag zu erstatten, soweit ihre Erhebung durch die Abkommen eingeschränkt wird. Nach den meisten Abkommen ist dies dann der Fall, wenn die Steuer auf Zinsen erhoben wird, die von einem schweizerischen Schuldner ausgerichtet werden. Da die schweizerische Bank die Zinsen der im Ausland angelegten Treuhandgelder bloss als Beauftragte an den Kunden weiterleitet, handelt es sich bei den Treuhandzinsen jedoch nicht um von einem schweizerischen Schuldner stammende Zinsen. Mithin sind die in den Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz enthaltenen Bestimmungen über die Besteuerung von inländischen Zinsen nicht anwendbar. Dagegen ist zu prüfen, ob die ausländischen Zinsgläubiger aufgrund von sog. Generalklauseln, wonach sonstige (auch drittstaatliche) Einkünfte nur im Staat, in dem der Emp407

fänger ansässig ist, besteuert werden, die Erstattung der Verrechnungssteuer beantragen können.

Keine Generalklausel der erwähnten Art enthalten die Abkommen mit Australien (noch nicht in Kraft), Canada, Malaysia, Pakistan, Singapur, Trinidad/Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika. Somit besteht unter diesen sieben Abkommen für die Schweiz keine Verpflichtung, die auf Treuhandzinsen zu Lasten dort ansässiger Empfänger erhobene Verrechnungssteuer zurückzuerstatten.

Elf Abkommen enthalten demgegenüber eine Generalklausel gemäss dem OECD-Musterabkommen von 1963. Es handelt sich um die Abkommen mit Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Irland, Japan, Neuseeland (noch nicht in Kraft), Österreich, Portugal, Schweden, Spanien und Südafrika. Die in diesen Abkommen verwendete Generalklausel erwähnt zwar drittstaatliche Einkünfte nicht ausdrücklich; trotzdem gilt sie nach schweizerischer Auffassung auch für solche Einkünfte, so dass unter den erwähnten elf Abkommen die erhobene Verrechnungssteuer auf Antrag vollumfänglich zurückzuerstatten ist.

Um alle Zweifel zu beseitigen, wurden in .der revidierten Generalklausel gemäss dem OECD-Musterabkommen von 1977 drittstaatliche Einkünfte ausdrücklich dem Wohnsitzstaat des Empfängers zur Besteuerung zugewiesen. Vier Abkommen, nämlich die Abkommen mit Belgien, Grossbritannien, Italien und Südkorea (noch nicht in Kraft) enthalten diese Klausel. Nach den vier älteren Abkommen mit Finnland, Holland, Norwegen und Ungarn hat der Wohnsitzstaat des Gläubigers das ausschliessliche Besteuerungsrecht für alle Einkünfte, für die das Abkommen keine andere Zuordnung vorsieht. Auch nach diesen Abkommen ist die Verrechnungssteuer auf Antrag zurückzuerstatten.

Im Ausland ansässige Empfänger von Treuhandzinsen können somit die darauf erhobene Verrechnungssteuer dann nicht zurückverlangen, wenn - zwischen der Schweiz und ihrem Wohnsitzstaat kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, - das zwischen der Schweiz und ihrem Wohnsitzstaat bestehende Abkommen keine Generalklausel für drittstaatliche Einkünfte enthält (was wie erwähnt in sieben von 26 Abkommen der Fall ist), oder - wenn sie darauf verzichten, ihren unter einem Abkommen bestehenden Erstattungsanspruch geltend zu machen.

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Verrechnungssteuer auf Zinsen von Auslandanleihen in Schweizerfranken

Wie bereits in Ziffer 132.42 der Botschaft vom 25. Juni 1980 (BB1 1980 II 953) erwähnt und in Ziffer 13 hievor näher dargelegt, könnte die Verrechnungssteuer nach dem geltenden Artikel 41bis Absatz l Buchstabe b BV an sich auch auf die Zinsen von Schweizerfrankenanleihen ausländischer Schuldner ausgedehnt werden. Was das Verhältnis zu den Doppelbesteuerungsabkommen betrifft, so gälte auch hier das unter Ziffer 21 hievor Gesagte.

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Die Gründe, die gegen die Erhebung einer Verrechnungssteuer auf den Zinsen von Auslandanleihen sprechen, haben wir in Ziffer 132.43 der Botschaft vom 25. Juni 1980 (BB1 1980II 954) bereits dargelegt. Wir haben die Frage nochmals der Nationalbänk zur eingehenden Stellungnahme unterbreitet, welche uns mit Schreiben vom 11. August 1980, die folgende ausführliche Begründung übermittelt hat: -1. Die teilweise Abwanderung von Schweizerfrankengeschäften ins Ausland als Folge einer Verrechnungssteuer auf Auslandanleihen Bei der Analyse der möglichen Auswirkungen der vorgeschlagenen Verrechnungssteuer gilt es zu beachten, dass im Ausland Finanzmärkte existieren, auf denen im Prinzip alle Schweizerfrankengeschäfte abgewickelt werden können. Wenn es der Nationalbank bis heute gelang, öffentliche Anleihen, die auf Schweizerfranken lauten, im Ausland zu verhindern, ist dies hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass in der Schweiz die gleichen Voraussetzungen wie auf anderen Finanzplätzen für solche Emissionen bestanden.

Mit der Einführung einer Verrechnungssteuer, die ja nur von einem Teil der Anleihenszeichner zurückgefordert werden kann, würden Unterschiede geschaffen, die eine Plazierung einer Anleihe in der Schweiz im Vergleich zum Ausland erschweren würden. Dies heisst mit anderen Worten, dass künftig die Bedingungen im Inland - Zinserträge - vergleichsweise attraktiver gemacht werden müssten. Für den Anleihensnehmer bedeutet dies, dass ihm in der Schweiz aufgelegte Anleihen teurer zu stehen kommen als im Ausland.

Selbst wenn dieser Unterschied nur einen Zehntel-Prozentpunkt ausmachen würde, hätte dies doch beim heutigen Standardbetrag von 100 Millionen Franken jährliche Mehrkosten von 100000 Franken oder bei einer Laufzeit von 10 Jahren von insgesamt einer Million Franken zur Folge. Damit entstehen selbst bei vermeintlich geringen Unterschieden gewichtige Anreize zur Verlagerung ins Ausland.

Die Tendenz^weg von der Emission öffentlicher Anleihen im Inland wird demnach die Verschuldung in Schweizerfranken im Ausland attraktiver machen. Auf anderen Finanzplätzen wird der Schuldner nicht unbedingt die gleiche Finanzierungsart wie in der Schweiz wählen. In einem solchen Fall würde vermutlich vor allem die Organisation international syndizierter Bankkredite gefördert. Solche Transaktionen würden sich der
Kontrolle durch die Nationalbank grösstenteils entziehen.

Es wäre demnach unter den beschriebenen Umständen zu erwarten, dass in den nächsten Jahren eine ungewöhnliche Zunahme von SchweizerfrankenEurokrediten registriert würde. Diese Erfahrung haben auch schon andere Länder gemacht, allerdings wurden im allgemeinen die Ursachen eher im Ausland als im Inland gesucht.

2. Währungspolitische Konsequenzen einer teilweisen Verlagerung ins Ausland Die Abwicklung der Kapitalaufnahme in Schweizerfranken im teilweise steuerfreien Ausland hat eine zunehmende Internationalisierung des Schweizerfrankens zur Folge. Gegen die verstärkte und unkontrollierte Verwendung des Schweizerfrankens als internationale Transaktions- und Reservewährung wehrt sich die Nationalbank seit Jahren. Die Gründe, die gegen eine verstärkte Internationalisierung sprechen, sind in der Grosse der schweizerischen Volkswirtschaft zu suchen. Von der beschriebenen Entwicklung können Störungen auf den Wechselkurs ausgehen, die unter Umständen von der Nationalbank unliebsame Gegenmassnahmen erfordern können, die bei Beseitigung der Ursachen (bzw. .der Verhinderung ihrer Entstehung) möglicherweise nicht nötig wären.

Der verstärkten Verwendung des Schweizerfrankens im Ausland versucht die Nationalbank auch in der sich im Gange befindlichen Revision der Kapitalexportbestimmungen entgegenzutreten. Es geht dabei darum den Kapitalex-

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port noch in grösserem Umfang als bisher über die inländischen Banken abzuwickeln, was der Nationalbank eine gewisse Kontrolle über die Ereignisse ermöglicht.

Durch die Einführung einer Verrechnungssteuer auf Auslandanleihen würde demnach der Grundsatz verletzt, wonach mit einer Liberalisierung der Politik verstärkte Anreize zur Rückführung der Geschäfte ins Inland geschaffen werden sollten. Zweck einer solchen Politik ist nicht etwa das Bestreben, die Gewinnsituation der inländischen Banken zu verbessern, sondern der Versuch, bessere Grundlagen für die Währungspolitik zu schaffen.

Mit dem Rückgang der beschriebenen Geschäfte über die Schweizer Banken verliert die Nationalbank zudem ein wirksames Instrument für Devisenmarktoperationen. Die Nationalbank knüpfte zeitweise an den bewilligungspflichtigen Kapitalexport - Anleihen und Kredite von Ausländern von mindestens 10 Millionen sowie Notes von mindestens 3 Millionen Franken - die Konversionspflicht. Bei Kapitalexportgeschäften mussten, je nach Lage auf dem Devisenmarkt, bis zu 100 Prozent des Betrages bei der Nationalbank in Dollars konvertiert werden. Damit konnten die aus den Interventionen stammenden Dollars wieder an den Markt zurückgegeben werden, ohne dass der Kurs beeinträchtigt worden wäre. Ferner schuf sich die Nationalbank damit einen Interventionsspielraum, indem per Saldo Dollarkäufe und -verkaufe sich ausglichen und damit die Geldmenge nicht verändert wurde.

3. Schlussfolgerung Sowohl die zu erwartende verstärkte und unkontrollierte Internationalisierung des Frankens als auch die Beschränkung des Kapitalexportgeschäfts, das in weniger wirksamer Weise der Wechselkurspolitik dienen wird, stehen im Widerspruch zu den jahrelangen Bemühungen der Nationalbankpolitik.

Sie lehnt deshalb die Einführung der Verrechnungssteuer auf Auslandanleihen entschieden ab.

Angesichts dieser schwerwiegenden Bedenken halten wir daran fest, dass die Ausdehnung der Verrechnungssteuer auf Zinsen von Auslandanleihen in Schweizerfranken nicht angezeigt wäre.

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Zusatzbericht zur Botschaft vom 25. Juni 1980 betreffend Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer (Besteuerung der Zinsen von Treuhandguthaben) vom 3.

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