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Botschaft über die Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Nidwaiden, Glarus, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, Graubünden, Aargau und Genf vom 22. Oktober 1980

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Mit dem Antrag auf Zustimmung unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Nidwaiden, Glarus, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, Graubünden, Aargau und Genf.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

22. Oktober 1980

56 Bundesblatt.132.Jahrg.Bd.il!

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Chevallaz Der Bundeskanzler: Huber

'

1137

Übersicht Nach Artikel 6 Absatz l der Bundesverfassung sind die Kantone verpflichtet, für ihre Verfassung die Gewährleistung des Bundes nachzusuchen. Nach Absatz 2 des gleichen Artikels gewährleistet der Bund kantonale Verfassungen, wenn sie weder die Bundesverfassung noch das übrige Bundesrecht verletzen, die Ausübung der politischen Rechte in republikanischen Formen sichern, vom Volk angenommen worden sind und revidiert werden können, sofern die absolute Mehrheit der Bürger es verlangt. Erfüllt eine kantonale Verfassungsnorm die Voraussetzungen, so muss sie gewährleistet werden; erfüllt eine kantonale Verfassungsnorm eine oder mehrere dieser Voraussetzungen nicht, so darf sie nicht gewährleistet werden. > Die vorliegenden Verfassungsänderungen haben zum Gegenstand: - im Kanton Nidwaiden die Einsetzung eines zweiten Kantonsgerichtspräsidenten; - im Kanton Glarus die Herabsetzung des Stimmrechtsalters und die Wahrung der Volksrechte beim Bau von Atomanlagen; - im Kanton Freiburg die Verantwortlichkeit öffentlicher Organe; - im Kanton Solothurn verschiedene Neuerungen im Bereich der politischen Rechte; - im Kanton Schaffhausen die Einführung des fakultativen Gesetzesreferendums und die Neuordnung des Finanzreferendums; - im Kanton Graubünden verschiedene Neuerungen im Bereich der politischen Rechte; - im Kanton Aargau die Neuordnung des Gemeinderechts; - im Kanton Genf , !

die Herabsetzung des Stimmrechtsaliers, den Ausschluss von den politischen Rechten und das öffentliche Fürsorgewesen.

Alle Änderungen entsprechen dem Artikel 6 Absatz 2 der Bundesverfassung; sie sind deshalb zu gewährleisten.

1138

Botschaft I

Die einzelnen Revisionen '

II

Verfassung des Kantons Nidwaiden

Die Nidwäldner Landsgemeinde vom ,27. April 1980 hat der Änderung von Artikel 51 Absatz l Ziffer 5 der Kantonsverfassung zugestimmt. Mit Brief vom 16. Mai 1980 ersucht der Landschreiber des Kantons Nidwaiden um die eidgenössische Gewährleistung.

: · ' · . ' i : III

Wahl des Kantonsgerichts

Bisheriger Text .

Art. 51 Abs. l Ziff. 5 ' ; 1 Die Landsgemeinde wählt:

, ' , , ,

,

5. das Kantonsgericht und aus dessen Mitte auf die Amtsdauer von zwei Jahren den Kantonsgerichtspräsidenten.

Neuer Text ' , ' Art. 51 Abs. l Ziff. 5 1 Die Laudsgemeinde wählt:

:

··'"', · · .

' ;

.

:

5. das Kantonsgericht und aus dessen Mjtte auf .die Amtsdauer von zwei Jahren den geschäftsführenden Kantonsgerichtspräsidenten und den zweiten Kantonsgerichtspräsidenten.

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Durch die Wahl eines zweiten Kantonsgerichtspräsidenten soll die, Arbeitslast des ersten vermindert werden; zusammen mit 'einigen Änderungen des Gerichtsgesetzes soll damit gewährleistet werden, dass die Prozesse vor dem Kantpnsgericht (1. Instanz) in einer für den.Rechtsuchenden zumutbaren Frist behandelt und erledigt werden. Der geschäftsführende Gerichtspräsident leitet nach dem geänderten Gerichtsgesetz mindestens drei Gerichtsabteilungen, besorgt die allgemeine Geschäftsführung und führt den Vorsitz im Gesamtgericht, während der zweite eine oder zwei Gerichtsabteiluhgen leitet und Vizepräsident des Gesamtgerichts ist.

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Bundesrechtsmässigkeit

Der geänderte Artikel 51 Absatz l Ziffer 5 der Verfassung des Kantons Nidwaiden bewegt sich im Rahmen der bundesrechtlich anerkannten kantonalen Organisationsautonomie und entspricht Artikel 64 Absatz 3 und Artikel 64bis Absatz 2 der Bundesverfassung.,Da er auch, sonst weder der Bundesverfassung noch dem übrigen Bundesrecht widerspricht, ist er zu gewährleisten.

1139

12

Verfassung des Kantons Glarus

Die Landsgemeinde vom 4. Mai 1980 hat in zwei getrennten Abstimmungen einerseits die Änderung von Artikel 22 Absatz l, anderseits von Artikel 36 und Artikel 44 Ziffer 3 der Kantons Verfassung beschlossen. Mit Brief vom 8. Juli 1980 ersucht der Glarner Regierungsrat um Erteilung der eidgenössischen Gewährleistung.

121

Stimm- und Wahlrechtsalter

Der bisherige und der neue Text lauten: Bisheriger Text Art. 22 Abs. l 1

Aktivbürger ist jeder im Kanton wohnhafte Kantons- und Schweizerbürger, sofern er das 20. Altersjahr zurückgelegt hat.

Neuer Text Art. 22 Abs. l 1 Aktivbürger ist jeder im Kanton wohnhafte Kantons- und Schweizerbürger, sofern er das 18. Altersjahr zurückgelegt hat.

Die Änderung betrifft einzig die Herabsetzung der Altersgrenze für das Stimmund Wahlrecht in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten von bisher 20 auf 18 Jahre. Dieser Entscheid liegt im Ermessen jedes einzelnen Kantons. So gewähren die Kantone Schwyz und Jura ihren Stimmberechtigten das Stimmund Wahlrecht ebenfalls vom 18. Altersjahr an, Obwalden und Zug setzen 19 Jahre als Grenze. Mit dem Entscheid zur Herabsetzung hat die Landsgemeinde der Tatsache Rechnung getragen, dass sich die glarnerischen Stimmberechtigten in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 18. Februar 1979 mehrheitlich zugunsten einer entsprechenden, auf eidgenössischer Ebene aber verworfenen Änderung der Bundesverfassung ausgesprochen hatten.

122

Stellungnahme zu Atomanlagen

Der bisherige und der neue Text lauten : Bisheriger Text Art. 36

(Aufgehoben an der Landsgemeinde vom 2. Mai 1976. Gewährleistungsbeschluss vom 17. Dez. 1976)

1140

Art. 44 Ziff. 3 In die Befugnisse des Landrates fallen: 3. die Vorberatung aller Verhandlungsgegenstände für die Landsgemeinde (Art. 33);

Neuer Text Art. 36

Der geheimen, Abstimmung unterliegen die Stellungnahmen des Kantons zuhanden des Bundes über die Errichtung von Atomanlagen auf dem Gebiete des Kantons Glarus und der angrenzenden Kantone.

Art. 44 Ziff. 3 In die Befugnisse des Landrates fallen: 3. die Vorberatung aller Verhandlungsgegenstände für die Landsgemeinde (Art. 33) sowie der Stellungnahmen des Kantons zuhanden des Bundes über die Errichtung von Atomanlagen (Art. 36).

In einem Memorialsantrag an die Landsgemeinde 1980 wurde vorgeschlagen, .Artikel 35 der Kantonsverfassung sei in dem Sinne zu ergänzen, dass die Landsgemeinde zuständig erklärt werden solle, über die Stellungnahme des Kantons zuhanden des Bundes bezüglich des Baus von Kernkraftwerken, Aufbereitungsanlagen für Kernbrennstoffe oder Lagerstätten für radioaktive Rückstände auf dem Gebiet des Kantons Glarus und der angrenzenden Kantone zu befinden.

Der Landrat seinerseits schlug der Landsgemeinde vor, mittels einer Abänderung von Artikel 52 Absatz 2 Ziffer 12 der Kantonsverfassung für diese Stellungnahmen den Landrat zuständig zu erklären. Die Landsgemeinde aber erhob einen Eventualantrag der vorberatenden Kommission zum Beschluss. Mit diesem wird die vom Landrat vorzuberatende Stellungnahme des Kantons zu solchen Anlagen mittels Urnenabstimmung dem Stimmbürger vorgelegt. Damit findet das Institut der Urnenabstimmung erstmals Eingang in das kantonale Recht von Glarus. Im übrigen lehnt sich 'die Abänderung in materieller Hinsicht an das Beispiel anderer Kantone an (Zürich, Schaffhausen, Neuenburg).

123

Bundesrechtmässigkeit

Die beiden Verfassungsänderungen bewegen sich im Bereich der kantonalen Organisationsautonomie. Sie entsprechen insbesondere dem Gebot von Artikel 6 Absatz l Buchstabe b der Bundesverfassung, wonach die Kantone «die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen (repräsentativen oder demokratischen) Formen sichern». Die Verfassungsänderungen verletzen weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht. Es ist ihnen daher die eidgenössische Gewährleistung zu erteilen.

1141

13

Verfassung des Kantons Freiburg

Die Stimmberechtigten des Kantons Freiburg haben der Streichung von Artikel 57 und der Änderung von Artikel 58 sowie der Ergänzung der Kantonsverfassung um Artikel 14bis am 24. September 1978 mit 23 087 Ja gegen 8810 Nein im Prinzip und am 2. März 1980 mit 22 650 Ja gegen 9001 Nein dem Text nach zugestimmt. Mit Brief vom 3. Juni 1980 ersucht der Freiburger Staatsrat um die eidgenössische Gewährleistung dieser Verfassungsänderungen.

131

Staats- und Beamtenhaftung

Bisheriger Text Art. 57 Der Staatsrat ist für seine Amtsverrichtungen verantwortlich. Das Gesetz bestimmt das Nähere hinsichtlich dieser Verantwortlichkeit.

Art. 58 1 Jeder öffentliche Beamte oder Angestellte der vollziehenden und verwaltenden Gewalt ist für seine Handlungen verantwortlich.

* Seine Abberufung oder Absetzung kann nur nach seiner Einvernahme und auf Grund eines motivierten Beschlusses derjenigen Behörde erfolgen, die ihn ernannt hat.

Neuer Text Art. l
2 Die Behördenmitglieder und Beamten haften gegenüber dem Gemeinwesen für den direkten oder indirekten Schaden, den sie ihm wegen absichtlicher oder grobfahrlässiger Verletzung ihrer Dienstpflichten zufügen.

3 Das Gesetz regelt die Anwendung dieser Bestimmungen.

Art. 57 Aufgehoben

.

·

Art. 58

Eine Abberufung oder Absetzung öffentlicher Beamter oder Angestellter der vollziehenden und verwaltenden Gewalt kann nur nach ihrer Einvernahme und auf Grund eines motivierten Beschlusses derjenigen Behörde erfolgen, die sie ernannt hat.

Mit dieser Änderung der Verfassung des Kantons Freiburg soll der Grundsatz der persönlichen Haftung der Behörden und Beamten durch denjenigen der ausschliesslichen Staatshaftung abgelöst werden. Der Bürger kann sich demnach, wenn er durch die Tätigkeit staatlicher Behörden oder anderer Personen, die im Dienst des Gemeinwesens stehen, einen Schaden erlitten hat, unmittelbar an den Staat halten; er soll keinen Verlust mehr erleiden, wenn der Grosse Rat der Verfolgung des fehlbaren Staatsrats nicht zustimmt oder der fehlbare Beamte oder öffentliche Angestellte zahlungsunfähig oder unbekannt ist. Nach 1142

dem neuen Verfassungsrecht haften die fehlbaren Behördenmitglieder und Beamten dem Gemeinwesen für den Schaden, den sie ihm direkt oder indirekt durch eine absichtliche oder grobfahrlässige Verletzung ihrer Dienstpflichten zugefügt haben; das^ Gemeinwesen kann somit gegebenenfalls auf sie Rückgriff nehmen; .

i Der, geänderte, Artikel 58 der Freiburger Verfassung entspricht dem bisherigen Artikel 58,Absatz2, der durch die Streichung des bisherigen Artikel 58 Absatz l !

redaktionell angepasst werden musste.

: ' i · 132

Bundesrechtmässigkeit

Mit der Einführung der ausschliesslichen Staatshaftung hat der Kanton Freiburg von der,Befugnis Gebrauch gemacht, die Artikel 61 Absatz l OR den Kantonen einräumt. Sie können danach vom Grundsatz, dass öffentliche Beamte und Angestellte den'Schaden, den sie bei ihrer .amtlichen Tätigkeit verursachen, ersetzen oder Genugtuung leisten müssen, abweichen und eigene gesetzliche Vorschriften aufstellen. Der neue Artikel 14bls der Freiburger Verfassung entspricht den bundesrechtlichen Anforderungen, insbesondere Artikel 61 OR.

Dem Wortlaut von Artikel 14bis könnte man zwar entnehmen, der Kanton Freiburg könne auch in Bereichen legiferieren, in denen der Bund bereits Regeln aufgestellt hat (z. B. Art. 61 Abs. 2 OR, Haftungsregeln im Grundbuchrecht, Vormundschaftsrecht, SchuldbetreibUngs- und Konkursrecht, Zivilschutz, Sozialversicherung usw,.). Dies allein begründete indes keine Bundesrechtswidrigkeit: solange mindestens ein Anwendungsfall des kantonalen Verfassungsrechts denkbar ist,, der bundesrechtmässig ist, muss die Verfassungsnorm gewährleistet werden (BEI 1977II 273).

14

Verfassung des Kantons Solothurn

In der Volksabstimmung vom 2. März ,1980 haben die Stimmbürger des Kantons Solothurn mit 32 690 Ja gegen 15 114;Neih der Änderung der Artikel 8, 9, 10bis und 60 sowie der .Aufhebung des Artikels 10, Absatz 2 der Kantonsverfassung zugestimmt. Mit Brief vom 2. April 1980 ersucht der Staatsschreiber des; Kantons, Solothurn um die eidgenössische Gewährleistung-.

141

Politische Rechte

Bisheriger Text Art. 8 , , : Bei den kantonalen Abstimmungen und Wahlen sind nach vollendetem 20. Altersjahr unter Vorbehalt der Bestimmungen des Artikel 9 stimmberechtigt: a. die männlichen und weiblichen im Staatsgebiete wohnhaften Kantons- und niedergelassenen Schweizerbürger, letztere sofort nach bewilligter Niederlassung; b. die schweizerischen Aufenthalter männlichen und weiblichen Geschlechts nach einem Aufenthalt von drei Monaten, vom Datum der Aufenthaltsbewilligung1 an ge!

rechnet.

' !

1143

Art. 9 Von der Stimmberechtigung sind ausgeschlossen: 1. diejenigen, welchen durch gerichtliches Urteil die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen sind; 2. diejenigen Personen, welche für sich oder ihre Angehörigen zufolge erheblichen Selbstverschulden (Liederlichkeit, Misswirtschaft, Verschwendung, Familienvernachlässigung, Nichterfüllung der Unterstützungspflicht usw.) dauernd aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden und welche aus diesen Gründen vom Regierungsrat im Stimmrecht eingestellt sind ; 3. die wegen Verschwendung, Blödsinn oder Geisteskrankheit Bevogteten; 4. die Vergeldstagten, unter folgenden Ausnahmsbestimmungen: a. solche, die während ihrer Minderjährigkeit vergeldstagt wurden, werden bei erreichter Volljährigkeit stimmberechtigt ; b. solche, welche infolge Übernahme einer Erbschaft vergeldstagt wurden, sind gerichtlich zu rehabilitieren ; c. Vergeldstagte, welche durch Unglück und ohne direktes eigenes Verschulden in Geldstag gefallen sind, können nach Verfluss von sechs .Jahren durch gerichtliches Urteil wieder in das Aktivbürgerrecht eingesetzt werden.

Das Verfahren für die unter Buchstaben b und c genannten Fälle bestimmt ein in Jahresfrist zu erlassendes Gesetz, welches auch die Bestimmungen enthalten soll, unter welchen die von Inkrafttreten dieses Gesetzes Vergeldstagten das Stimmrecht wieder erwerben.

Bis zum Erlass dieses Gesetzes wird das Urteil in den Fällen von Buchstaben b und c durch das Obergericht nach dem Polizeiverfahren ausgesprochen.

Art. 10 Abs. 2 2 Die Abstimmungen und Wahlen, mit Ausnahme derjenigen der Gemeinden, haben an einem Sonn- oder Feiertag stattzufinden, können jedoch auf den Tag vorher ausgedehnt werden.

Art. 10bis Unter Vorbehalt der Wählbarkeitsvoraussetzungen sind Männer und Frauen in alle Behörden, Ämter und Anstellungen des Staates wählbar. Im übrigen wird die Wählbarkeit soweit sie nicht in der Verfassung geregelt ist, durch die Gesetzgebung bestimmt.

Art. 60 1 Die Einwohner-, Bürger- und Kirchgemeinden können in ihren Gemeindeordnungen bestimmen, dass die Frauen bei den Gemeindeabstimmungen und -wählen wie die Männer stimmberechtigt und, unter Vorbehalt der Wählbarkeitsvoraussetzungen, in die Gemeindebehörden, -ämter und -anstellungen wählbar sind.

2 Im übrigen werden die Stimm- und Wahlberechtigung, unter Vorbehalt von Artikel 9, sowie die Wählbarkeit in den Gemeinden durch die Gesetzgebung geordnet.

Neuer Text Art. 8 Bei den kantonalen Wahlen und Abstimmungen sind nach vollendetem zwanzigsten Altersjahr, unter Vorbehalt der Bestimmung des Artikel 9 und unter der Voraussetzung, dass sie nicht anderswo im Stimmregister eingetragen sind, stimmberechtigt: a. die im Staatsgebiet wohnhaften Schweizerbttrger und Schweizerbürgerinnen, die als Niedergelassene oder Aufenthalter in einer solothurnischen Einwohnergemeinde ihre Schriften hinterlegt haben; b. die Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen, die nach der Bundesgesetzgebung befugt sind, die politischen Rechte in Bundesangelegenheiten auszuüben. Die

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Voraussetzungen i und das Verfahren richten sich nach dem Bundesrecht und nach dem kantonalen Wahlgesetz.

,

Art. 9 · , ' Von der Stimmberechtigüng sind ausgeschlossen die wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche Entmündigten (Art. 369 ZGB). ' .

Art. 10 Abs. 2 Aufgehoben (die bisherigen Abs. 3-5 werden zu Abs. 2-4)

:

Art. 70 bis , ' , , Unter Vorbehalt der Wählbarkeitsvoraussetzungen sind Männer und Frauen, ausgenommen die Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen, in alle Behörden, Ämter und Anstellungen des Staates wählbar. Im übrigen wird die Wählbarkeit, soweit sie nicht in der Verfassung geregelt ist, durch die Gesetzgebung bestimmt.

Art. 60 1 Bei den Wahlen und Abstimmungen der Einwohner-, Bürger- und Kirchgemeinden sind die Frauen wie die Männer stimmberechtigt.

' 2 Unter Vorbehalt der Wählbarkeitsvoraussetzungen sind Männer und Frauen in alle Behörden, Ämter und Anstellungen der Gemeinde wählbar.

3 Die Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen, die nach der Bundesgesetzgebung befugt sind, die politischen Rechte in Bundesangelegenheiten auszuüben, können diese, mit Ausnahme des passiven Wahlrechts, auch in Gemeindeangelegenheiten ausüben.

Die Voraussetzungen und das Verfahren richten sich nach dem Bundesrecht und dem : kantonalen Wahlgesetz.

4 Im übrigen werden die Wahl- und Stimmberechtigung, unter Vorbehalt von Artikel 9, sowie die Wählbarkeit in den Gemeinden durch die Gesetzgebung geordnet.

Die Solothurner Verfassungsänderung bringt verschiedene Neuerungen im Bereich der politischen Rechte. So erhalten nun auch die Aufenthalter nach Hinterlegung ihrer Schriften das Stimm- und Wahlrecht ohne Wartefrist wie die Niedergelassenen (Art. 8); der Ausschluss von den politischen Rechten entspricht der bundesrechtlichen Lösung (Art. 9); die Urnenöffnungszeiten werden nicht' mehr in der Verfassung, sondern im Gesetz geregelt (Aufhebung von Art. 10 Abs. 2); Artikel 10bis in der neuen Fassung schliesst die Wählbarkeit der Auslandschweizer und -Schweizerinnen in staatliche Behörden, Ämter und Anstellungen aus; schliesslich zwingt Artikel 60 die Gemeinden, das Frauenstimmund Wahlrecht in Gemeindesachen einzuführen.

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Bundesrechtmässigkeit

Nach Artikel 74 Absatz 4 BV können die Kantone das Stimm- und Wahlrecht für ihren Bereich selbständig regeln. Der Kanton Solothurn hat mit der rvorliegenden Verfassungsänderung von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Die Änderungen sichern «die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen (repräsentativen oder demokratischen) Formen» (Art. 6 Abs. 2 Bst. b BV). Auch den Grundsatz der Einheit der Materie, der in der Solothurner Verfassung ausdrücklich für das Initiativrecht verankert ist (Art. 80bis Abs. 3), erachten wir bei der vorliegenden Revision trotz mehrerer verschiedener Bestimmungen als ge1145

wahrt. Nach der bundesgerichtlichen Praxis dürfen keine allzuhohen Anforderungen daran gestellt werden; «es genügt, wenn zwischen den verschiedenen Vorschlägen im Falle von Neuerungen vor allem im Hinblick auf ihren Zweck, bei Änderungen auch im Hinblick auf die bisherige Regelung ein Zusammenhang besteht, der die Verbindung zu einer ... Abstimmungsfrage als sachlich gerechtfertigt erscheinen lässt» (BGE 99 la 645 und 96 I 653). Dieser Zusammenhang besteht hier im Stimm- und Wahlrecht, das nach verschiedenen Richtungen auf kantonaler Ebene und als Folge davon auch für die Gemeindestufe präzisiert wird. Die Änderungen widersprechen auch sonst weder der Bundesverfassung noch dem übrigen Bundesrecht. Sie sind deshalb zu gewährleisten.

15

Verfassung des Kantons Schaffhausen

In der Volksabstimmung vom 8. Juni 1980 haben die Schaffhauser Stimmberechtigten mit 13 135 Ja gegen 9033 Nein der Änderung von Artikel 42 Absatz l Ziffer l der Kantonsverfassung und der Ergänzung derselben um Artikel 42bis zugestimmt. Ebenfalls zugestimmt haben sie mit 13 133 Ja gegen 8942 Nein der Ergänzung der Kantonsverfassung um Artikel 33bls und der Änderung von Artikel 42 Absatz l Ziffer 2 der Kantonsverfassung. Mit Brief vom 10. Juni 1980 ersucht der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen um die eidgenössische Gewährleistung,

151

Beschränktes fakultatives Gesetzesreferendum

Bisheriger Text Art. 42 Abs. l Ziff. l 1 Der Volksabstimmung sind zu unterstellen: 1. alle Gesetze und vom Grossen Rate in Anwendung von Artikel 23 gefassten Beschlüsse.

Neuer Text Art. 42 Abs. l Ziff. l · .

Der Volksabstimmung sind unterstellt : 1. alle Gesetze, die nicht dem fakultativen Referendum unterstehen, und die vom Grossen Rat in Anwendung von Artikel 23 gefassten Beschlüsse; Art. 42b's (neu) Der Volksabstimmung sind fakultativ unterstellt: .

' ' Gesetze, die sich - auf die Verwaltungsstruktur oder - auf Ausführungs-, Vollzugs- oder Verfahrensbestimmungen beziehen und weder Mehrausgaben noch zusätzliche Abgaben bewirken und denen mindestens vier Fünftel der anwesenden Mitglieder des Grossen Rates zugestimmt haben.

1146

Die Abstimmung kann von mindestens 1000 Stimmberechtigten innert 90 Tagen seit der Veröffentlichung des Beschlusses im Amtsblatt verlangt oder vom Grossen Rat bei der Verabschiedung der Vorlage beschlossen werden.

Artikel 43 bleibt vorbehalten.

Die neuen Verfassungsbestimmungen unterstellen Vorlagen aus einem beschränkten Teilbereich der Gesetzgebung (Verwaltungsstruktur; Ausführungs-, Vollzugs- und Verfahrensvorschriften) dem fakultativen Referendum, wenn sie keine Kostenfolgen haben und im Grossen.Rat praktisch unbestritten geblieben sind. Verfassungsrevisionen (Art. 107bls Abs. l KV), Gesetzesinitiativen und ihre Gegenvorschläge (Art. 43 KV) bleiben weiterhin dem obligatorischen Referendum unterstellt. Zweck der Revision ist die Erleichterung der Anpassung von Bestimmungen eher nebensächlicher Natur an die Gegebenheiten der Gegenwart; insbesondere sollen dem Stimmbürger in Zukunft Routineabstimmungen erspart bleiben.

152

Finan/referendum

Bisheriger Text Art. 42 Abs. l, Ziff. 2 , ' ., 1 Der Volksabstimmung sind zu unterstellen:

,

2. alle Beschlüsse des Grossen Rates, welche für einen besonderen Zweck .eine neue einmalige Gesamtausgabe von mindestens 150 000 Franken oder eine neue jährlich wiederkehrende Ausgabe von mindestens 15 000 Franken zur Folge haben.

Neuer Text Art. 33b's (neu) ' Die verfassungsmässigen Ausgabenkompetenzen der Behörden gelten überall dort, wo nicht eine besondere Ausgabenkompetenz an eine andere Behörde übertragen worden ist.

, Die Übertragung, ist zulässig, sofern sie durch einen der obligatorischen Volksabstimmung unterliegenden Erlass erfolgt und sich auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt.

Art. 42 Abs. l Ziff. 2 1 Der Volksabstimmung sind unterstellt:

,

2. alle Beschlüsse des Grossen Rates, welche für einen besonderen Zweck eine neue einmalige Gesamtausgabe von mehr als 150000 Franken oder eine neue jährlich wiederkehrende Ausgabe von mehr als 15 000 Franken zur Folge haben. Eine Ausgabe gilt als neu, a. wenn sie nicht durch Volksabstimmung dem Umfange nach festgelegt ist und für die Verwendung dieser Ausgabe echte Wahlmöglichkeiten bestehen, oder < b. wenn sie für die Erfüllung der gesetzlich festgelegten Verwaltungsaufgaben nicht unbedingt notwendig ist.

Der neue Artikel 33bls und der geänderte Artikel 42 Absatz l Ziffer 2 der Schaffhauser Verfassung streben eine Präzisierung des kantonalen Finanzrechts an im Sinne einer klareren Beantwortung der Frage, welche Finanzbeschlüsse des

1147

Grossen Rates der Volksabstimmung zu unterstellen sind. Die Verfassungsänderung orientiert sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Begriff der «neuen Ausgabe» und zur Frage der Delegation der Ausgabenbewilligungskompetenz an eine Behörde (vgl. BGE 105 la 80).

153

Bundesrechtmässigkeit

Die Ausübung und der Umfang des Stimmrechts in kantonalen Angelegenheiten (Art. 42 Abs. l Ziff. l und Art. 42bis der KV) und die Ordnung des kantonalen Finanzwesens (Art. 33bis und Art. 42 Abs. l Ziff. 2) fallen in den Bereich der bundesrechtlich anerkannten kantonalen Organisationsautonomie. Diese besteht unter der Voraussetzung, dass die Kantone «die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen (repräsentativen oder demokratischen) Formen sichern» (Art. 6 Abs. l Bst. b BV). Die geänderten und neu eingefügten Bestimmungen der Verfassung des Kantons Schaffhausen tragen dieser Anforderung Rechnung.

Auch der Grundsatz der Einheit der Materie ist gewahrt, soweit er hier überhaupt in Frage stehen kann: Bei der Abstimmung über die in einer einzigen Vorlage zusammengefassten Artikel 33bis und 42 Absatz l Ziffer 2 der Kantonsverfassung ginge es lediglich um die Kodifizierung weitgehend bereits geltenden, aber nicht geschriebenen Verfassungsrechts ; an der materiellen Rechtslage hat der Volksentscheid nichts geändert. Der durch den Grundsatz der Einheit der Materie geforderte innere Zusammenhang zwischen den beiden Verfassungsbestimmungen liegt in der Regelung der Frage, welche Finanzbeschlüsse der Volksabstimmung zu unterstellen sind und welche nicht. Da zudem nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Unterscheidung zwischen «neuen» und «gebundenen» Ausgaben nur dann massgebend ist, wenn die Ausgabenbewilligungskompetenz vom Volk für den betreffenden Bereich nicht bereits an eine~Behörde delegiert worden ist (BGE 105 la 82), erscheint eine nähere Umschreibung der «neuen Ausgabe» in der Verfassung nur dann sinnvoll, wenn auch die Frage der Kompetenzdelegation klar geregelt ist.

Da die geänderten und neu hinzugefügten Bestimmungen der Verfassung des Kantons Schaffhausen auch sonst weder der Bundesverfassung noch dem übrigen Bundesrecht widersprechen, sind sie zu gewährleisten.

16

Verfassung des Kantons Graubünden

In der Volksabstimmung vom 2. März 1980 haben die Stimmbürger des Kantons Graubünden mit 22 392 Ja gegen 15 288 Nein der Änderung der Artikel 3 und 54 der Kantonsverfassung zugestimmt. Mit Brief vom 14. März 1980 ersucht die Staatskanzlei des Kantons Graubünden um die eidgenössische Gewährleistung.

1148

161

Politische Rechte

Bisheriger Text

Art. 3 ' 1 Ausserdem sind vpm-Grossen Rat auf Begehren von wenigstens 3000 stimmberechtigten Kantonseinwohnern der Volksabstimmung zu unterbreiten: .

; 1. Vorschläge zum Erlass neuer Gesetze, grossrätlicher Verordnungen und Beschlüsse; 2. Vorschläge zur Aufhebung oder Abänderung ivon Gesetzen, welche schon mindestens zwei Jahre in Kraft bestanden haben, sowie grossrätlicher Verordnungen und Beschlüsse, seien dieselben bereits in;Kraft getreten oder nicht. Ausgenommen sind grossrätliche Beschlüsse dringlicher Natur.

2 Der Grosse Rat hat solche Vorschläge zuhanden der Volksabstimmungen stets mit seinem Gutachten und gutfindenden Falles auch mit Gegenanträgen zu begleiten.

3 Dem Gesetze bleibt vorbehalten, das Nähere über die Ausübung des Vorschlagsrechtes zu bestimmen.

4 Überdies hat jeder stimmberechtigte Kantonseinwohner, sowie jeder auswärts wohnende Kantonsbürger, die übrigen Erfordernisse der Stimmberechtigung vorausgesetzt, das Recht, auf dem Wege der Petition Anträge an den Grossen Rat zu stellen.

Art. 54 1 Die Revision der Verfassungen! ganzen oder in einzelnen Bestimmungen kann jederzeit vorgenommen werden.

2 Der Grosse Rat kann eine Revision von sich aus vorschlagen und einen bezüglichen Entwurf zur Volksabstimmung bringen oder er kann, falls er seinerseits eine Revision als zeitgemäss erachtet, vorerst, unter Mitgabe eines bezüglichen Gutachtens, das Volk anfragen, ob eine solche stattfinden soll oder nicht; , 3 Die gleiche Frage muss, ebenfalls mit einem grpssrätlichen Gutachten begleitet, der Volksabstimmung unterstellt werden, wenn 5000 stimmberechtigte Kantonseinwohner es verlangen.

4 Mit der Frage, ob eine Verfassungsrevisipn stattfinden soll oder nicht, hat das Volk für den bejahenden Fall gleichzeitig zu entscheiden, ob die Ausarbeitung durch den bestehenden oder aber durch einen neu zu wählenden Grossen Rat zu geschehen habe.

5 Wenn 5000 stimmberechtigte Kantonseinwohner : die Abänderung einzelner Verfassungsbestimmungen verlangen, so soll der Grosse, Rat den betreffenden Vorschlag, .mit seinem Gutachten oder mit einem Gegenvorschlag begleitet, vor die Volksabstimmung bringen.

Neuer Text

Art. 3 1 Ausserdem sind vom Grossen Rat auf Begehren,von wenigstens 3000 stimmberechtigten Kantonseinwohnern der Volksabstimmung zu unterbreiten: 1. Vorschläge zum Erlass neuer Gesetze und grossrätlicher Verordnungen; 2. Vorschläge zur Aufhebung oder Änderung von Gesetzen und grossrätlichen Verordnungen, welche schon mindestens zwei Jahre in Kraft gestanden haben.

2 Der Grosse Rat hat solche Vorschläge zuhanden der Volksabstimmung stets mit seinem Gutachten und gut findenden Falles auch mit Gegenanträgen zu begleiten.

3 Das Gesetz bestimmt das Nähere über die Ausübung des Vorschlagsrechtes.

4 Überdies hat jeder stimmberechtigte Kantonseinwohner das Recht, Eingaben an den Grossen Rat zu richten. Dieser beschliesst, ob und gegebenenfalls wie er den Eingaben im Rahmen seiner Zuständigkeit Folge geben will: 1149

Art. 54 , : 1 Die.Revision der Verfassung im ganzen oder in einzelnen Bestimmungen kann jederzeit vorgenommen werden.

2 Der Grosse Rat kann eine Revision von sich aus vorschlagen und einen Entwurf zur Volksabstimmung bringen, oder er kann, falls er seinerseits eine Revision als zeitgemäss erachtet, vorerst, unter Mitgabe eines Gutachtens, das Volk anfragen, ob eine solche stattfinden soll oder nicht.

3 5000 stimmberechtigte Kantonseinwohner können in der Form der allgemeinen Anregung eine Gesamtrevision der Kantonsverfassung und in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs oder der allgemeinen Anregung eine Teilrevision der Kantonsverfassung verlangen.

, i 4 Das Gesetz bestimmt das Nähere über die Ausübung des Vörschlägsrechtes. '

Nach dem bisherigen Artikels der Kantonsverfassung konnten 3000 Stimmberechtigte mit einer Initiative u. a. verlangen, dass ein Beschluss des Grossen Rates oder die Änderung oder Aufhebung eines solchen dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werde (Abs. l Ziff. l und 2). Damit war auch die Möglichkeit gegeben, Beschlüsse zu verlangen, die über die verfassungs- und gesetzmässigen Grenzen hinausgegangen wären oder den Kanton in Schwierigkeiten bei der Einhaltung gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen gebracht hätten. Die praktische Bedeutung dieses Instruments war, wie der Regierungsrat hervorhebt, so gering^ dass seine Abschaffung, die nun klare Rechtsverhältnisse bringt, ohne Schwierigkeiten möglich war.

Artikel 3 Absatz 4 räumt den stimmberechtigten Kantonsbürgern das Recht, Petitionen an den Grossen Rat (Legislative) pi richten, ausdrücklich ein. Dieser muss beschliessen, ob und allenfalls wie er solchen Begehren Folge leisten will.

Die gegenüber dem bisherigen Text geänderte Ausdrucksweise («Eingaben an den Grossen Hat zu richten» statt bisher: «auf dem Wege der Petition Anträge an den Grossen Ratfzu stellen») soll verdeutlichen, dass nicht nur Anträge, sondern auch Anregungen und andere Probleme Gegenstand der Petition sein können.

Artikel 54 regelt das Initiativrecht zur Änderung der Kantonsverfassung. Die neue Fassung klärt das Problem (das die bisherige Bestimmung ungelöst liess), ob ein ausgearbeiteter Entwurf oder eine allgemeine Anregung für die Teiloder Gesamtrevision oder nur für die eine oder andere Form zulässig seien. So ist nun für Teilrevisionen sowohl die allgemeine Anregung als auch ein ausgearbeiteter Entwurf möglich, während Initiativen auf Gesamtrevision stets in der Form der allgemeinen Anregung einzureichen sind. Der bisherige Text schrieb ausserdem vor, dass mit der Frage, ob die Verfassung zu revidieren sei, das Volk auch zu entscheiden habe, ob für die Ausarbeitung der Revision ein neuer Grosser Rat zu wählen sei. Wegen der geringen praktischen Bedeutung dieser Bestimmung wurde im neuen Text darauf verzichtet.

162

Bundesrechtmässigkeit

Nach Artikel 74 Absatz 4 BV regeln die Kantone die Abstimmungen und Wahlen und damit die Ausübung der politischen Rechte in ihrem Zuständigkeitsbe1150

reich selbständig; sie müssen sich dabei an Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b BV halten, d.h. «die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen (repräsentativen oder demokratischen) Formen sichern.» Die neuen Artikel13 und : 54 der Bündner Verfassung bewegen sich innerhalb dieser Schranken.

Artikel 57 BV gewährleistet das Petitionsrecht, ohne dieses Recht näher' zu bestimmen öder bestimmten Schranken zu unterwerfen. Nach Lehre und Gerichtspraxis ist es eirr.verfassungsmässiges Recht der Bürger, ein sogenanntes Freiheitsrecht (BGE,'104 la 435; 98 la 437), das nicht nur auf die Stimmbürger beschränkt werden, kann. Artikel 3 Absatz 4 der Bündner Verfassung bestimmt, dass der Grosse Rat an ihn gerichtete «Eingaben» stimmberechtigter Kantonseinwohner behandeln, also darüber entscheiden muss, ob und wie er ihnen entsprechen will. Das kann nur so ausgelegt werden, dass mit dieser Bestimmung nur der besondere Fall der Eingaben an den Grossen Rat geregelt wird und daneben das bundesrechtlich garantierte Petitionsrecht nach Artikel 57 BV gilt, wonach jede Person an jede Behörde in Kanton und Gemeinden Petitionen richten kann. Eine besondere Erwähnung dieses Rechts in der Kantonsverfassung erübrigt sich. : ' " ,· · Mit diesem Vorbehalt entsprechen die beiden Bündner Verfassungsänderungen sowohl der Bundesverfassung als auch dem übrigen Bundesrecht; sie sind daher zu gewährleisten.

· , 17

Verfassung des Kantons Aargau

In der Volksabstimmung vom 2. März 1980 haben die Stimmberechtigten des Kantons Aargau mit 51 040 Ja gegen 29 479:Nein der Änderung der Artikel 39 Buchstabe l, 43 Buchstabe d, 45, 46 Absatz l und 49 der Staatsverfassung zugestimmt. Der Regierungsrat des Kantons Aargau ersucht mit Brief vom 31. März 1980 um die eidgenössische Gewährleistung.

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Gemeinderecht

Bisheriger Text Art.'39'Bst.'l . ' ' \ '· -, Dem Regierungsrat sind folgende Pflichten und Befugnisse übertragen: 1. Er, hat die Oberaufsicht über die gesamte Gemeindeverwaltung, die Gemeindeund die öffentlichen Stiftungsgüter; er entscheidet über streitige Steuer- und Finanzfragen des Gemeindehaushaltes.

' . ' Über Entscheide gegen Gemeindebeschlüsse, welche,die Steuerkraft für!Verpflichtungen beanspruchen, die nicht zum ordentlichen Haushalt eines Gemeindewesens gehören, ist der Rekurs an den Grossen Rat zulässig.

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Art. 4 3 Bst. d ' ' ' ' ' Dem Bezirksamt sind folgende Verrichtungen übertragen:

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d. Es ist die Obervormundschaftsbehörde des Bezirks und die Aufsichtsbehörde über das Verwaltungswesen der Gemeinden und deren Güter.

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Art. 45 Ein Gemeinderat, welcher aus einem Ammann und wenigstens zwei, höchstens acht Mitgliedern besteht und die erforderlichen Ersatzmänner hat, besorgt nach den Bestimmungen des Gesetzes die Verwaltung der Einwohner- und Ortsbürgergemeinde.

Art. 46 Abs. l 1 Die Mitglieder des Gemeinderates und ihre Ersatzmänner sowie der Gemeindeammann und der Vizeammann werden von der Einwohnergemeinde gewählt.

Art. 49 Die Organisation der Gemeinden und des Genieinderates, sowie die Beaufsichtigung der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderechnungswesens werden durch das Gesetz bestimmt.

Neuer Text Art. 39 Bst. l

Dem Regierungsrat sind folgende Pflichten und Befugnisse übertragen: 1. Er ist oberste Aufsichtsbehörde über die Gemeinden, die weiteren Körperschaften des öffentlichen Rechtes und die Stiftungen.

Art. 43 Bst. d

Dem Bezirksamt sind folgende Verrichtungen übertragen: d. Es ist vormundschaftliche Aufsichtsbehörde im Bezirk und erfüllt die ihm im Rahmen der staatlichen Aufsicht übertragenen Aufgaben.

Art. 45 1

Der Gemeinderat besorgt nach den Bestimmungen des Gesetzes die Verwaltung der Einwohner- und Ortsbürgergemeinde.

2 Von den Mitgliedern des Gemeinderates amtet eines als Gemeindeammann, ein weiteres als Vizeammann.

Art. 46 Abs. l 1 Die Mitglieder des Gemeinderates sowie der Gemeindeammann und der Vizeammann werden von der Einwohnergemeinde gewählt.

1

Die Organisation der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie ihrer Organe, die Beaufsichtigung ihrer Verwaltung und ihres Finanzhaushaltes werden durch das Gesetz bestimmt.

2 Die Gemeinden können zum Zwecke der Erfüllung eigener oder regionaler Aufgaben Gemeindeverbände bilden und Gemeindeverträge abschliessen.

3 Die Gemeindeverbände sind Körperschaften des öffentlichen Récites mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie treten im Umfang ihrer Aufgaben an die Stelle der ihnen angeschlossenen Gemeinden und können Réglemente mit Geltung in diesen erlassen.

Die Änderung der Aargauer Verfassung steht im Zusammenhang mit einer umfassenden Neuordnung des Gemeinderechts auf Gesetzesstufe. Verschiedene Regelungen, die bisher in der Verfassung enthalten waren, finden sich nun im

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Gesetz. Das gilt beispielsweise für die Rechtsmittel gegen Entscheide der Gemeinde, die im neuen Artikel 39 Buchstabe l nicht mehr enthalten sind; dort geht es nun nur noch um die Aufsicht des Regierungsrats. Im neuen Artikel 43 Buchstabe d sind die Aufsichtsrechte des Bezirksamts im Gemeindebereich nicht mehr einzeln umschrieben. Artikel 45 regelte bisher die Grosse des Gemeinderates; in der neuen Fassung ist nurmehr bestimmt, dass je ein Mitglied des Gemeinderates als1 Gemeinde- bzw. Vizeammann amte. Nach dem .neuen Artikel 46 Absatz l werden nur noch der Gemeinderat, der Gemeinde- und der Vizeammann von der Einwohnergemeinde gewählt (bisher auch noch die Ersatzmänner). Mit dem neuen Artikel 49 wird den Gemeinden ermöglicht,, Gemeindeverbände für die Erfüllung eigener oder regionaler Aufgaben zu bilden und Verträge mit ändern Gemeinden abzuschliessen (Abs. 2). Absatz 3 erklärt die Gemeindeverbände zu Körperschaften des öffentlichen Rechts, die im Rahmen ihrer Aufgaben anstelle der ihnen angeschlossenen Gemeinden auftreten und Réglemente erlassen können.

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Bundesrechtmässigkeit

Die Änderungen der Aargauer Kantonsverfassung bewegen sich im Rahmen der bundesrechtlich anerkannten Organisationsautonomie der Kantone. Sie entsprechen unter diesem Gesichtspunkt der Bundesverfassung und dem übrigen Bundesrecht. Die geänderten Verfassungsbestimmungen wurden dem Stimmbürger miteinander zur Abstimmung vorgelegt. Nach bundesgerichtlicher Praxis ist es zulässig, mehrere Bestimmungen zu einer Abstimmungsvorlage zu verbinden, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht (BGE 99 la 645 f.).

Dieser Zusammenhang besteht hier, denn in allen Artikeln geht es um die Rechtsordnung im Gemeindebereich. Das Gebot der Einheit der Materie ist damit erfüllt. Der Kanton Aargau hat diese Verfassungsänderungen ausserdem mit dem darauf gestützten Gemeindegesetz zu einer einzigen Abstimmungsvorlage verbunden. Der Stirnmbürger konnte somit nur mit einem Ja oder Nein über die Verfassungsgrundlagen und das Ausführungsgesetz zusammen entscheiden.

Bundesrat und Bundesversammlung haben eine solche Abstimmungspraxis, wie sie in einzelnen Kantonen gelegentlich geübt wird, wiederholt beanstandet, weil der Stimmbürger seinen Willen nicht differenziert ausdrücken könne. Den jeweiligen Verfassungsbestimmungen wurde die Gewährleistung indessen nie versagt. Diese Praxis ist jedoch zu überprüfen. Bei einer einheitlichen Abstimmung über Verfassung und ausführendes Gesetz zugleich stellt sich das Problem der Einheit der Materie in einer etwas abgewandelten Form: Es ist nicht nur zu fragen, ob ein genügender innerer Zusammenhang zwischen den zwei Erlassen vorhanden ist, sondern zusätzlich, ob mit .einer vernünftigen Begründung die grundsätzlichen Bestimmungen der Verfassung bejaht, die Ausführungsgesetzgebung dagegen verneint werden könnte. Eine unterschiedliche Stimmabgabe kann insbesondere dann erwünscht sein, wenn die Verfassung dem Gesetzgeber einen Auftrag erteilt, der nicht nach dem Willen der Stimmbürger erfüllt wird, ·oder wenn unbestrittene Grundsätze auf Verfassungsstufe im Gesetz auf unterschiedliche Weise ergänzt werden können.

Die Neuordnung des aargauischen Gemeindewesens ist genau besehen eine Totalrevision des Gemeindegesetzes von 1841, die einige kleinere Änderungen der 1153

Staatsverfassung nach sich zog; von einer gewissen Bedeutung ist nur Artikel 49, der in den Absätzen 2 und 3 die Gemeinden zum Abschluss von Verträgen und Bildung von Gemeindeverbänden ermächtigt. Dieselbe Materie ist in den §§ 72-83 des Gemeindegesetzes ebenfalls ausführlicher geregelt, und es würde wohl verfassungsrechtlich genügen, wenn diese wichtigen Fragen nur auf Gesetzesebene geregelt wären; insbesondere fällt auf, dass die Fragen der Gemeindeverbände, die zu Diskussionen Anlass geben könnten, z. B. der Zwangsbeitritt, nur auf Gesetzesebene erfasst werden. Dies ist bundesrechtlich sicher nicht zu beanstanden, behandelt doch das Bundesgericht bezüglich der Umschreibung und Begrenzung der Gemeindeautonomie Verfassungs- und Gesetzesstufe als gleichwertig. Sachlich kann demzufolge ohne weiteres der innere Zusammenhang der als Einheit vorgelegten Verfassungs- und Gesetzesänderung bejaht werden.

Allerdings fragt es sich, ob damit dem Anspruch des Stimmberechtigten auf unverfälschte Stimmabgabe genügend Rechnung getragen ist. Auch wenn im konkreten Fall sachlich die Verfassungsänderung nur einen untergeordneten Teil der Gesamtvorlage ausmacht, haben die geänderten Verfassungsbestimmungen erhöhte Geltungskraft: a. Sie gehen nicht nur späteren Änderungen des Gemeindegesetzes, sondern auch dem übrigen kantonalen Gesetzesrecht vor,.

b. Durch die eidgenössische Gewährleistung wird nach der Praxis des Bundesgerichts die Möglichkeit ausgeschaltet, in einem späteren Zeitpunkt die Bundesrechtmässigkeit der Verfassungsnormen zu überprüfen.

c. Die Verfassungsänderung ist gegenüber der Gesetzesänderung erschwert; dieses Element trifft für den Kanton Aargau allerdings nicht zu (Art. 26 und 101 ff. KV).

In Kantonen mit fakultativem Gesetzesreferendum ist es klar, dass Verfassungsund Gesetzesvorlagen getrennt unterbreitet werden. Es wirkt daneben etwas stossend, dass in einem Kanton, in dem durch das obligatorische Gesetzesreferendum ausgebautere Volksrechte bestehen, diese unter Umständen stärker eingeschränkt sind, als in einem Kanton mit fakultativem Referendum, in welchem bei Ergreifen des Referendums die Abstimmung über zwei Vorlägen garantiert ist.

Auch die Möglichkeit, dass vor der Abstimmung die Fragestellung durch Stimmrechtsbeschwerde beim Bundesgericht hätte angefochten werden können, ändert die
Sachlage für die Gewährleistung nicht. Auch wenn in einem solchen Fall keine Stimmrechtsbeschwerde erhoben wird, so wird das Abstimmungsverfahren dadurch nicht bundesrechtskonform.

Trotz dieser Bedenken empfehlen wir dem Parlament, die Gewährleistung zu erteilen; denn es ist immerhin zu bedenken, dass die Aargauer Kantonsregierung dem Volk eine Vorlage präsentiert hat, die nach dem Muster von Vorlagen gestaltet wurde, für die das Parlament die Gewährleistung bisher ausgesprochen hat. Die Regierung hat somit im guten Glauben gehandelt und dieser muss geschützt werden. Die Gewährleistung könnte nur dann verweigert werden, wenn die Aargauer Kantonsregierung trotz Kenntnis der schärferen Anforderungen dem Volk eine einzige statt zwei getrennte Vorlagen unterbreitet hätte. Dies trifft nicht zu. Der Regierungsrat des Kantons Aargau hat schon am 31. März

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1980 um die Gewährleistung ersucht, während die Räte erst in der Juni Session eine genauere Prüfung dieser Frage verlangt haben.

Wir beantragen Ihnen deshalb, den geänderten Verfassungsbestimnrungen die Gewährleistung zu erteilen.

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Verfassung des Kantons Genf

In der Volksabstimmung vom 15. Juni 1980 haben die Stimmbürger des Kantons Genf mit 34 047 Ja gegen 30 378,Nein der Änderung der Artikel 41 und 43 Randtitel und Buchstabe a sowie der Aufhebung der Artikel 42 und 44 ihrer Kantonsverfassung zugestimmt. Mit 55 815 Ja gegen 6029 Nein haben sie ferner der Abänderung der Artikel 168 bis und mit 173 ihrer Kantonsverfassung sowie der Einfügung der neuen Artikel 170 A und 170 B sowie eines Titels XIII A in die Kantonsverfassüng zugestimmt. Mit Schreiben vom 9. Juli 1980 ersucht der Staatsrat um Erteilung der eidgenössischen Gewährleistung.

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Politische Rechte der Bürger '

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Der bisherige und der neue Text lauten: Bisheriger Text Politische Rechte

Entzug Verurteilungen

Art. 41 Den Bürgern steht die Ausübung der politischen Rechte ohne Unterschied des Geschlechtes vom vollendeten 20. Lebensjahr an zu, sofern auf sie nicht einer der durch die Artikel 42, 43, und 44 vorgesehenen Fälle zutrifft.

Art. 42 · : ' 1 Jede Verurteilung zu einer entehrenden Strafe zieht den Entzug der politischen Rechte nach sich.

2 Das Gesetz kann als Straffolge weitere Fälle zeitlich beschränkten Ausschlusses vorsehen, politische Gründe ausgenommen.

Andere Fälle

Art. 43 ' Keine politischen Rechte kann im Kanton ausüben: a. Wer entmündigt oder unter Beiratschaft gestellt ist;

Konkurs

Art. 44!

Das Gesetz kann: den teilweisen oder vollständigen Verlust der politischen Rechte für Konkursiten während des Ablaufs des Konkursverfahrens anordnen.

;

Neuer Text Politische Rechte

Art. 41 " ' , ' " ' ' Den Bürgern steht die Ausübung der politischen Rechte ohne Unterschied1 des Geschlechtes vom vollendeten 18. Lebensjahr an zu, sofern auf sie nicht einer der durch den Artikel 43 vorgesehenen Fälle zutrifft.

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Art. 42 Aufgehoben

Entzug

Art. 43 Keine politischen Rechte kann im Kanton ausüben: a. Wer aufgrund von Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigt ist.

Art. 44 Aufgehoben

Die Änderung betrifft einerseits die Herabsetzung der Altersgrenze für das Stimm- und Wahlrecht in kantonalen Angelegenheiten, anderseits die Anpassung an das am 1. Juli 1978 in Kraft getretene Bundesgesetz über die politischen Rechte vom 17. Dezember 1978 (SR 161.1). Die Festlegung der Altersgrenze für die Ausübung der kantonalen politischen Rechte liegt im Ermessen jedes einzelnen Kantons. So gewähren die Kantone Schwyz und Jura ihren Stimmberechtigten die Ausübung der politischen Rechte ebenfalls vom 18. Altersjahr an, Obwalden und Zug setzen 19 Jahre als Grenze. Zur Änderung im Bereich der Ausschlussgründe von den politischen Rechten ist festzustellen, dass neben den beibehaltenen Gründen von Artikel 43 Buchstaben b und c (anderweitige Ausübung politischer Rechte ; Dienstleistung für eine fremde Macht) nur noch Geisteskrankheit und Geistesschwäche als Ausschlussgrund gelten. Damit wird den neuen Gegebenheiten des Bundesrechtes Rechnung getragen.

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öffentliche Fürsorge

Der bisherige und der neue Text lauten: Bisheriger Text Leitung

Art. 168 Die öffentliche Fürsorge steht unter der allgemeinen Leitung des Staatsrates und im besonderen unter der Kontrolle und Aufsicht der Departemente, die er damit betraut.

. · Art. 169 Institutionen Sie umfasst die öffentlichen Fürsorgeeinrichtungen, insbesondere: a. Das Hospice général und die davon abhängenden Einrichtungen; b. das Hôpital cantonal, die Maternité und die anderen, vom Spital abhängigen öffentlichen Dienste der medizinischen Fürsorge; c. das Maison de Loëx; d. das Maison des convalescents; e. die psychiatrische Klinik von Bel-Air.

Verwaltung

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Art. 170 ' Jede dieser Einrichtungen wird durch eine Spezialkommission verwaltet und bewahrt die ihr dienenden Vermögenswerte.

2 Dieses Vermögen darf seiner Zweckbestimmung nicht entzogen werden und muss dauernd von jenem des Staates getrennt bleiben.

Art. 171 Hospice général ' Das Hospice général wird durch eine Verwaltungskommission geführt.

Das Gesetz1 bestimmt die Zahl der Kommissionsmitglieder sowie die Art ihrer Ernennung.

2 Diese Mitglieder sind unmittelbar wiederwählbar.

3 Die Mittel des Hospice général sind bestimmt für die Unterstützung der Greise, der Waisen, der Behinderten und der bedürftigen Genfer im all!

gemeinen.

Kommissionen

Finanzierung

Art. 172 ' Die Spezialkommissionen ernennen und entlassen ihre Angestellten unter Vorbehalt der Zustimmung des Staatsrates.

2 Dieser Vorbehalt gilt nicht für die Verwaltungskommission des Hospice général.

Art. 173 Die für den Betrieb der öffentlichen Fürsorgeeinrichtungen notwendigen Mittel werden, mit Ausnahme des Hospice général, jedes Jahr im kantonalen Voranschlag ausgewiesen.

Neuer Text Grundsatz und verantwortliche Behörde

Organe

Hospice général

Deckung des Defizites

Ausführungsgesetzgebung

Art. 168 1 Die öffentliche Fürsorge ist dazu bestimmt. Personen zu unterstützen, die soziale Schwierigkeiten haben oder denen die notwendigen Mittel zur Befriedigung ihrer unentbehrlichen Bedürfnisse fehlen.

2 Sie ist subsidiär gegenüber anderen eidgenössischen, kantonalen oder kommunalen Sozialleistungen und gegenüber denen der Sozialversicherungen.

3 Die öffentliche Fürsorge steht unter der allgemeinen Leitung und der Aufsicht des Staatsrates und im besonderen unter der Kontrolle der Departemente, die er damit beauftragt.

Art. 169 Die mit der öffentlichen Fürsorge beauftragten Organe sind: a. Das Hospice général als genferisches Sozialhilfswerk; b. andere öffentliche oder private Organe, denen das Gesetz solche Aufgaben überträgt. , Art. 170 1 Das Hospice général wird durch eine Verwaltungskommission geführt.

2 Es bewahrt die ihm dienenden Vermögenswerte, die sein Gesamtvermögen ausmachen; diese dürfen ihrer Zweckbestimmung nicht entzogen werden und müssen von denen des Staates getrennt bleiben.

3 Die Einkünfte, welche aus diesem Vermögen herrühren sowie die ändern ihm anfallenden Mittel sind für die soziale Unterstützung und Hilfe bestimmt.

Art. 170 A (neu) Das Defizit der mit der öffentlichen Fürsorge beauftragten Organe wird durch einen jährlich im Staatsvoranschlag auszuweisenden Kredit gedeckt.

Art. 170B (neu) Das Gesetz regelt alles, was die Anwendung dieses Titels anbelangt.

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Titel XIIIA

Medizinische Versorgung und öffentliche medizinische Einrichtungen Grundsatz und verantwortliche Behörde

Art. 171 ' Die medizinische Versorgung wird durch die, öffentlichen medizinischen Einrichtungen und durch die Personen vermittelt, denen die Ausübung eings Medizinal- oder Pflegeberufes gestattet ist.

2 Die Tätigkeit jedes dieser medizinischen Bereiche und die Art ihrer Zusammenarbeit werden durch das Gesetz umschrieben.

3 Die öffentlichen medizinischen Einrichtungen stehen unter der allgemeinen Leitung und der Aufsicht des Staatsrates und im besonderen unter der Kontrolle der Departemente, die er damit beauftragt.

Institutionen

Verwaltung Deckung des e lzlts

Art. 172 Die öffentlichen medizinischen Einrichtungen werden durch das Gesetz umschrieben.

Art. 173 ' Jede öffentliche medizinische Einrichtung wird durch eine besondere Kommission verwaltet; sie ernennt und entlässt die Angestellten der Einrichtung, unter Vorbehalt der Zustimmung des Staatsrates, wenn es das Gesetz vorsieht.

2 Jede Einrichtung bewahrt die ihr dienenden Vermögenswerte ; diese dürfen ihrer Zweckbestimmung nicht entzogen werden und müssen von denen des Staates getrennt bleiben.

3 Das" Betriebsdefizit der öffentlichen medizinischen Einrichtungen wird durch eine jährlich im Staatsvoranschlag auszuweisende Subvention gedeckt.

Die Änderung revidiert die organisatorischen Grundlagen der kantonalen Fürsorge im Bereich des Sozialwesens und der medizinischen Versorgung. Es werden insbesondere die Aufgaben und Kompetenzen neu definiert und die Finanzierung der entsprechenden Einrichtungen geregelt. Die Änderung liegt vollständig im Bereich der kantonalen Organisationsautonomie.

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Bundesrechtmässigkeit

Die beschlossenen Änderungen der Bestimmungen über die politischen Rechte und die kantonale Fürsorge entsprechen dem Gebot von Artikel 6 Absatz l Buchstabe b der Bundesverfassung, wonach die Kantone «die Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen (repräsentativen oder demokratischen) Formen sichern». Da die Verfassungsänderungen weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzen, ist ihnen die eidgenössische Gewährleistung zu erteilen.

2

,

Verfassungsmässigkeit

Die Bundesversammlung ist nach den Artikeln 6 und 85 Ziffer 7 der Bundesverfassung zuständig, die Kantonsverfassungen zu gewährleisten.

1158

'

7410

Bundesbeschluss Entwurf über die Gewährleistung geänderter Kantonsverfassungen

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 6 der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 22. Oktober 1980 '), beschliesst:

Art. l Gewährleistet werden : 1. Nidwaiden der an der Landsgemeinde vom 27. April 1980 angenommene Artikel 51 Absatz l Ziffer 5 der Verfassung; 2. Glarus die an der Landsgemeinde vom 4. Mai 1980 angenommenen Artikel 22 Absatz l, 36 und 44 Ziffer 3 der Verfassung; 3. Freiburg die in der Volksabstimmung vom 2. März 1980 angenommenen Artikel 14bls und 58 sowie die Aufhebung des Artikels 57 der Verfassung; 4. Solothurn die in der Volksabstimmung vom 2. März 1980 angenommenen Artikel 8, 9, 10^s und 60 sowie die Aufhebung des Artikels 10 Absatz 2 der Verfassung; 5. Schaffhausen die in der Volksabstimmung vom 8. Juni 1980 angenommenen Artikel 33bis, 42 Absatz l Ziffern l und 2 sowie Artikel 42bis der Verfassung; 6. Graubünden die in der Volksabstimmung vom 2. März 1980 angenommenen Artikel 3 und 54 der Verfassung ;

» BB1 1980 III 1137

1159

Kantonsverfassungen

7. Aargau die in der Volksabstimmung vom 2. März 1980 angenommenen Artikel 39 Buchstabe l, 43 Buchstabe d, 45, 46 Absatz l und 49 der Verfassung; 8. Genf die in der Volksabstimmung vom 15. Juni 1980 angenommenen Artikel 41, 43 Randtitel und Buchstabe a, 168 bis und mit 173, 170 A und B sowie die Aufhebung der Artikel 42 und 44 der Kantonsverfassung.

Art. 2 Dieser Bundesbeschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum.

7410

1160

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft über die Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Nidwalden, Glarus, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, Graubünden, Aargau und Genf vom 22.

Oktober 1980

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1980

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

47

Cahier Numero Geschäftsnummer

80.069

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.11.1980

Date Data Seite

1137-1160

Page Pagina Ref. No

10 048 179

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