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Botschaft über die Wetterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern vom 9. Juli 1980

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, einen Rahmenkredit von 1650 Millionen Franken vom 1. Januar 1981 an für mindestens drei Jahre zu bewilligen, damit wir entsprechend dem Bundesgesetz vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe die notwendigen Verpflichtungen zur Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern eingehen können. Die entsprechenden Ausgaben werden zu Lasten der Voranschläge und Rechnungen der Jahre 1981 bis voraussichtlich 1988 gehen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

9. Juli 1980

1980-262

60 Bunürablait. 32.Jahrg. Bd.ll

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Chevallaz Der Bundeskanzler: Huber

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Übersicht Der Rahmenkredit von 735 Millionen Franken ßir technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe, den Sie am 21. Juni Ì978 für die Dauer von 2'A Jahren bewilligt hatten, wird am 31. Dezember 1980 vollständig verpflichtet sein. Gestützt auf Artikel 9 des Bundesgesetzes vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe beantragen wir Ihnen, vom 1. Januar 1981 an für eine Mindestdauer von drei Jahren einen neuen Rahmenkredit zur Weiierführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zu bewilligen.

In unseren Berichten vorn 16. Januar 1980, über die Richtlinien der Regierungspolitik in der Legislaturperiode 1979-1983 und zum Finanzplan des Bundes für die Jahre 1981-1983 haben wir unsere Absicht bekundet, die öffentliche Entwicklungshilfe des Bundes den entsprechenden durchschnittlichen Aufwendungen der OECD-Länder (0,34% des BSP) anzunähern und bis 1982 auf 0,31 Prozent des BSP zu erhöhen. Die technische Zusammenarbeit und die Finanzhilfe, um die es in dieser Botschaft geht, sind quantiativ die beiden Hauptzweige unserer öffentlichen Entwicklungshilfe. Der Gesamtbetrag der Verpflichtungen zur Verwirklichung des Programms der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe, dessen Ausgaben im Finanzplan 1981-1983^ aufgeführt sind, beläuft sich auf 1,65 Milliarden Franken, Die damit verbundenen Zahlungen werden sich über ungefähr acht Jahre erstrecken.

Die Geltungsdauer des Rahmenkredits wird in dem Mass verlängert werden, wie die finanzielle Lage des Bundes uns zwingt, die Beträge, die wir Ihnen zur Aufnahme in das Bundesbudget empfehlen, gegenüber dem Finanzplan zu kürzen. Die technische Zusammenarbeit und die Finanzhilfe gehören im Prinzip zu jenen Leistungen des Bundes, die - gemäss Bundesbeschluss vom 20. Juni 1980 über die Herabsetzung der Bundesbeiträge in den Jahren 1981, 1982 und 1983 - einer zehnprozentigen Kürzung unterworfen sind. Wir haben bereits darauf verzichten müssen, die öffentliche Entwicklungshilfe für 1981 unter die Ausnahmen von der Ausgabenkürzung einzureihen.

Im ersten Kapitel dieser Botschaft werden wir die Lage in den Entwicklungsländern und die wichtigsten Bestimmungsfaktoren der Nord-Süd-Beziehungen in Erinnerung rufen. In Kapitel 2 werden wir auf die Hauptmerkmale der schweizerischen Politik der Entwicklungszusammenarbeit
eingehen und begründen, warum wir eine substantielle Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe unseres Landes im jetzigen Zeitpunkt als notwendig erachten. Diese Erhöhung steht im Einklang mit unserer Politik der Solidarität mit den am meisten benachteiligten Entwicklungsländern und Völkern. Wir werden uns dadurch aus einer internationalen Isolierung lösen, die sowohl unserer Aussenpolitik als auch unserer Aussenwirtschaft schadet. Es stehen dabei nicht nur unsere Beziehungen zu den Entwicklungsländern, sondern auch zu unseren industrialisierten Partnerstaaten auf dem Spiel.

In Kapitel 3 werden wir darstellen, wie im einzelnen unsere technische Zusammenarbeit und unsere bilaterale und multilaterale Finanzhilfe den benachteiligten Ländern hilft, ihre Existenzbedingungen zu verbessern und Schritt für Schritt ihr

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Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Anschliessend werden wir in Kapitel 4 über die Verwendung des vorangegangenen Rahmenkredits Rechenschaft ablegen.

Kapitel 5. legt dar, wie wir den künftigen Rahmenkredit zu verwenden gedenken.

Kapitel 6 und 7 behandeln die gesetzlichen Grundlagen und den Umfang des Rahmenkredits sowie die finanziellen und personellen Auswirkungen des Bundesbeschlusses, dessen Genehmigung wir Ihnen beantragen.

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Botschaft l

Die Entwicklungsländer und ihre Beziehungen zu den Industriestaaten

In diesem ersten Kapitel wollen wir zunächst die schwierige Lage der Entwicklungsländer in Erinnerung rufen. Anschliessend werden wir zeigen, inwiefern dennoch Fortschritte erzielt wurden. Schliesslich werden wir auf die Aufgabe der öffentlichen Entwicklungshilfe bei der Lösung dieser Probleme und auf ihre Stellung im Nord-Süd-Dialog eingehen.

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Die soziale und wirtschaftliche Lage der Entwicklungsländer

Gesamthaft gesehen ist die wirtschaftliche Lage der Entwicklungsländer wenig ermutigend und sie hat sich im Verlauf der letzten Jahre weiter verschlechtert; dies ist insbesondere auf die Preiserhöhungen im Energiesektor zurückzuführen, die ihrerseits gravierende Auswirkungen auf die Zahlungsbilanzen dieser Länder haben; Anhang 1.4 gibt darüber im einzelnen Auskunft. Die Lage und die Bedürfnisse der Entwicklungsländer lassen sich vielleicht am einfachsten und einleuchtendsten durch eine Bestandesaufnahme derjenigen Güter und Dienstleistungen beschreiben, die diesen Ländern fehlen, über die wir aber im Überfluss verfügen. Anhand der statistischen Jahrbücher lässt sich sehr leicht zeigen, dass jedem Bedürfnis, das ein Bürger in einem entwickelten Land als grundlegend betrachtet und dessen Befriedigung für ihn praktisch ausser Frage steht (Ernährung, Trinkwasser, Wohnung, Ausbildung, Gesundheitsversorgung usw.), bei einem Teil der Menschheit ein Mangel gegenübersteht. 800 Millionen Menschen leben in bitterster Armut; eine halbe Milliarde davon erhalten durch ihre Ernährung nicht die als minimal angesehene Kalorienzufuhr; 35 Prozent der im Erwerbsalter stehenden Bevölkerung in den Entwicklungsländern ist arbeitslos oder unterbeschäftigt; 820 Millionen Menschen können weder lesen noch schreiben; das Bevölkerungswachstum verstärkt mit seiner Rate von 2-3,5 Prozent noch den Druck auf die verfügbaren Ressourcen.

Die Beispiele und Zahlen Hessen sich beliebig vermehren. Es wäre eine niederschmetternde Rechnung, die einige der schreiendsten Phänomene der Unterentwicklung widerspiegeln würde. So augenfällig sie aber auch ausfiele, so wenig lassen sich damit die Wirklichkeit und die Ursachen des Problems voll erfassen, und auch Problemlösungen lassen sich daran nicht ablesen. Wie jede vielschichtigere wirtschaftliche oder soziale Tatsache ist auch das Phänomen der Unterentwicklung mehr als die Summe seiner Teile; Unterentwicklung lässt sich nicht auf eine Addition von Mangel erscheinungen reduzieren. Zudem könnte die isolierte Betrachtung einzelner Erscheinungen dazu verführen, vergleichende Parallelen zwischen der heutigen Situation der Entwicklungsländer und derjenigen der europäischen Staaten des 19. Jahrhunderts zu ziehen. Waren Fehlernährung, niedrige Lebenserwartung, Analphabetismus und Unterbeschäftigung, die heute für die Länder der Dritten Welt so bezeichnend sind, in der Vergangenheit nicht auch unser Los? Lässt sich nicht daraus schliessen, dass diese 1312

schmerzliche Situation unvermeidlich, aber vorübergehend ist und dass die Kräfte, die Europa Schritt für Schritt zum Wohlstand verhelfen haben, auch in der Dritten Welt bereits am Werk sind? Auch eine summarische Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in den Entwicklungsländern wird den eigenständigen Charakter der Probleme, mit denen sie konfrontiert sind, deutlich machen und zeigen, wie irreführend eine solche Analogie ist.

Um sich die nötigen Mittel für ihre Einfuhren zu verschaffen, sind die Entwicklungsländer im allgemeinen auf den Export einiger weniger Produkte angewiesen, deren Weltmarktpreise stark schwanken, deren Nachfrage aber kaum steigt.

Die Ausweitung des Binnenmarktes, der durch die niedrigen Einkommen der Bevölkerung Grenzen gesetzt sind, reicht für die Sicherung des Wirtschaftswachstums nicht aus. Zudem wirkt der Exportsektor in diesen Ländern oft wenig stimulierend auf die anderen Wirtschaftszweige.

Der Industrialisierungs-Prozess, den viele Entwicklungsländer im Hinblick auf eine Diversifizierung der Exporte und eine Substitution von Importen fördern, unterscheidet sich eindeutig von der industriellen Revolution in Europa. Auch wenn dieser Prozess eingeleitet wurde, um das betreffende Land vom Import gewisser Konsumgüter des täglichen Bedarfs unabhängig zu machen, führt er nicht notwendigerweise zu einer ausgeglicheneren Handelsbilanz: die Herstellung solcher Güter im Inland erfordert nämlich gleichzeitig Importe von Investitionsgütern. Die Industrialisierung gerät so häufig ins Stocken. Je weiter man den Produktionsprozess - von den Konsum- zu den Investitionsgütern - verfolgt, desto höher werden die erforderlichen Investitionen. Sehr schnell erreicht man auch die engen Grenzen des Binnenmarktes, verfügt doch die grosse Mehrheit dieser Länder nur über ein schwaches Geldeinkommen. Ist die Industrialisierung hingegen mehr auf den Export ausgerichtet, stösst sie rasch an gewisse Grenzen, und zwar namentlich wegen der internationalen Konkurrenz und dem wachsenden Protektionismus einiger Industriestaaten.

Die von den Entwicklungsländern verwendete Technologie wird meist aus den entwickelten Staaten importiert und ist von den dort herrschenden Bedingungen (kostspielige Arbeitskräfte, Kapitalüberfluss) geprägt. Obwohl in der Dritten Welt meist gegenteilige
Voraussetzungen herrschen, ist die Industrialisierung auch hier wegen eben dieser Technologie mit grossem Kapitalaufwand verbunden.

Aus all den genannten Gründen ist der industrielle Sektor unfähig, die verfügbaren Arbeitskräfte aufzunehmen, deren Zahl zudem in eindeutig rascherem Ausmass zunimmt als die europäische Bevölkerung zur Zeit der industriellen Revolution. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind keineswegs temporär, sondern den Wirtschaftsstrukturen dieser Länder inhärent.

Die Wirtschaft der Entwicklungsländer sieht sich aus verschiedensten Gründen häufig mit schwerwiegenden Zahlungsbilanz-Problemen konfrontiert. Es gibt dafür verschiedene Gründe. Auf der Import-Seite sind als Ursachen die Industrialisierungskosten zu nennen, von denen bereits die Rede war. Hinzu kommen die immer teurer werdenden Energieimporte sowie in gewissen Ländern der Kauf von Nahrungsmitteln zur Deckung des Defizits der eigenen Landwirtschaftsproduktion. Auf der Export-Seite können neben den klimatisch bedingten Produk-

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tionsschwankungen oder dem Rückgang der Rohstoffvorkommen der Zusammenbrach oder nur schon das zu langsame Ansteigen der Preise für Exportgüter, vor allem für Rohstoffe, eine wichtige Rolle spielen.

Kurz: die Wirtschaft ist in diesen Ländern noch schlecht strukturiert. Man hat in diesem Zusammenhang gelegentlich von dualistischer Wirtschaft gesprochen: zwischen dem modernen Industrie- und Handelssektor und den ändern Wirtschaftsbereichen liegt eine ganze Welt. Derselbe Kontrast findet sich im Primärsektor, wo die Ausdehnung des exportorientierten Plantagen-Anbaus zu Lasten des Anbaus von Nahrungsmitteln des täglichen Bedarfs geht, was schwere interne Versorgungsprobleme erzeugt. Die Aufblähung des Dienstleistungssektors ist im allgemeinen Zeichen einer erheblichen verdeckten Arbeitslosigkeit ebenso wie die wachsende Zahl der die Produzenten von den Konsumenten trennenden Zwischenhändler.

Diese hier nur in grossen Zügen angedeutete Situation trifft bei weitem nicht alle Bevölkerungsschichten der Entwicklungsländer im gleichen Masse. Die Armutsgrenze verläuft nicht nur zwischen den Nationen, sondern trennt im Innern auch die sozialen Gruppen voneinander. Die Entwicklungsbemühungen und ihre Früchte sind sehr ungleich verteilt. Besonders hängt das Funktionieren der Wirtschaft vom Druck ab, dem die Bauern ausgesetzt sind; von ihnen wird erwartet, dass sie: - zu möglichst niedrigen Preisen Landwirtschaftsprodukte für den Inlandmarkt anbieten, da diese sich direkt auf die Lebenshaltungskosten und damit auf die Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtwirtschaft auswirken ; - Landwirtschaftsprodukte für den Export zu günstigen Preisen liefern; - der Industrie billige Arbeitskräfte zur Verfügung stellen ; - durch Zahlung von direkten oder indirekten Steuern zu den Staatseinnahmen beitragen, welche der Staat allerdings nur zum Teil für die Förderung der Landwirtschaftsgebiete einsetzt.

Gelegentlich ist gesagt worden, die ländlichen Gebiete spielten im Innern der Entwicklungsländer die Rolle von Kolonien; so arm sie auch sein mögen, von ihnen kommt schliesslich ein Teil jener Mittel, die erst den Ausbau der modernen Gegenpole möglich machen. Die hergebrachte Dorfgemeinschaft und die hochtechnisierte Fabrik gehören also keineswegs zwei verschiedenen Welten an, sondern stehen in einer engen Beziehung zueinander. Zwischen
ihnen ist eine andere wichtige soziale Gruppierung angesiedelt: die Randbevölkerung der Städte. Es sind Menschen, die ihr Dorf verlassen haben, weil Felder oder Wasser zu knapp wurden; angezogen wurden sie von der Wünschvorstellung von einem besseren Leben, doch wiesen die Fabriken sie ab, da sie ihnen keine Arbeitsplätze anzubieten hatten; so fristen diese Menschen ihr Dasein in ständig sich ausdehnenden Slums am Rand der Städte. Ihre Zahl wächst unaufhörlich in einer Wirtschaft, in der die traditionellen Produktionsformen (Handwerk, landwirtschaftliche Selbstversorgung) im Kontakt mit dem Markt schneller verfallen, als die Aufnahmefähigkeit der modernen Wirtschaftsbereiche für Arbeitskräfte steigt.

Diese Gesellschaften müssen also mit enormen Widersprüchen fertig werden; die Regierungen sind daher versucht, straffe Verwaltungsapparate aufzubauen, deren Anliegen gelegentlich mehr zu sein scheint, die Bevölkerung zu kontrol-

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Heren, als deren Entwicklung oder deren Eigeninitiative zu fördern. Die Landbevölkerung ist nicht nur von der Aufteilung der Wirtschaftswachstumsgewinne ausgeschlossen, sondern spielt auch politisch eine Randrolle, hat sie doch praktisch keine Möglichkeit, ihrer Stimme bei der Ausarbeitung von Entwicklungsstrategien Geltung zu verschaffen. Die Bauern und die Slumbewohner der Städte tragen also voll die Last der Unterentwicklung.

Es liegt auf der Hand, dass dieses sehr skizzenhafte Bild nicht die ganze Vielfalt der konkreten Situation in den einzelnen Entwicklungsländern wiedergeben kann, die, ohne hier auf Einzelheiten der Unterschiede unter ihnen einzugehen, in zwei grosse Gruppen einzuteilen sind.

a. Armut herrscht zwar überall in der Dritten Welt, doch ist sie in etwa 40 Ländern, den am meisten benachteiligten, besonders besorgniserregend.

Dort ist das Durchschnittseinkommen am geringsten, die Sterblichkeit am höchsten, der Analphabetismus weit verbreitet und die Fehlernährung ein Dauerzustand. Die wirtschaftliche Lage dieser Länder ist im Verlauf der letzten zehn Jahre eher noch drückender geworden: das Pro-Kopf-Einkommen ist kaum gestiegen und die Existenzbedingungen der ärmsten Bevölkerungsschichten haben sich verschlechtert. Der starke Anstieg der Erdölpreise sowie der Import von Fertigwaren hatten direkte Auswirkungen auf die Bevölkerung, beeinträchtigten die Investitionsmöglichkeiten und brachten die Zahlungsbilanzen immer mehr ins Ungleichgewicht. Der internationale Konjunkturrückgang führte zu einer Verminderung der Exporte und drückte die Preise. Die Hoffnungen auf ein schnelleres Wirtschaftswachstum, auf eine Diversifikation der Produktion und eine Erhöhung des Beschäftigungs- und Einkommensniveaus, schwanden dahin. Jene Länder, die meist lediglich einen oder zwei Rohstoffe ausführen, können nur mit grösster Mühe ihre laufenden Importe finanzieren. Die Sparquote ist zu gering, ausländische Investitionen sind selten oder bleiben ganz aus, und der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten ist praktisch ausgeschlossen. Ungefähr 70 Prozent der aktiven Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft, während erst etwa 10 Prozent Arbeitsplätze in der Industrie finden.

In die Landwirtschaft muss daher vor allem zunächst investiert werden; die landwirtschaftliche Produktion muss gesteigert
und diversifiziert, das Handwerk und eine dezentralisierte Kleinindustrie aufgebaut sowie gewisse grundlegende Dienstleistungen - Gesundheitswesen, Ausbildung, Sozialdienste usw. - geschaffen werden. Solche Anstrengungen zugunsten der ländlichen Bevölkerung drängen sich um so mehr auf, als vorläufig noch lediglich 20 Prozent der Gesamtbevölkerung in den Städten wohnt, während die Stadtbevölkerung in den entwickelteren Ländern fast 50 Prozent ausmacht. Eine Hilfe von aussen ist also sowohl für die Förderung der Anstrengungen der ländlichen Bevölkerung und die Finanzierung von sozialen Investitionen notwendig als auch zur Stärkung der wirtschaftlichen Infrastrukturen und der direkten Investitionen in der Primär- und Sekundärproduktion.

b. Die übrigen Entwicklungsländer haben die Folgen des internationalen Konjunkturrückgangs, die allgemeine Inflation und insbesondere den enormen

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Anstieg der Energiekosten häufig besser verkraftet. Doch konnten die meisten von ihnen ihre Schwierigkeiten nur dadurch mildern, dass sie vermehrt Anleihen aufnahmen und ihre Importe einschränkten. Die wachsende Verschuldung dieser Länder könnte im kommenden Jahrzehnt zu einem Hauptproblem der Nord-Süd-Beziehungen werden. Kennzeichnend für die fortgeschritteneren Entwicklungsländer ist eine gewisse Diversifikation ihrer Wirtschaft: die landwirtschaftliche Produktion macht nur 10 bis 20 Prozent des Volkseinkommens aus, beschäftigt jedoch noch fast die Hälfte der Bevölkerung. Der Anteil des Industrie- und vor allem des Dienstleistungssektors am Einkommen und an der Beschäftigung wächst ständig. In die Weltwirtschaft sind diese Länder relativ integriert, gehen doch durchschnittlich ungefähr 20 Prozent der Produktion in den Export.

Die internationale Konjunktur und der Ausbau der Exportmöglichkeiten beeinflussen ihre wirtschaftliche Lage also entscheidend. Doch sollten die wenigen genannten Zahlen nicht darüber hinwegtäuschen, dass zwischen den Ländern dieser Gruppe eine grosse Heterogenität besteht.

Im übrigen ist ihre Entwicklung auch je nach Region sehr unterschiedlich.

Sie konzentriert sich vor allem auf einige städtische Gebiete und drängt weite Schichten der Bevölkerung an den Rand, da sie je länger, je mehr nur noch mit Mühe von der Landwirtschaft und dem traditionellen Handwerk leben kennen, die beide nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Die Industriestrukturen sind jedoch nach wie vor wenig integriert, die Sozialdienste äusserst rudimentär und die erhebliche - tatsächliche oder latente - Unterbeschäftigung ist bereits chronisch. Erfolg oder Misserfolg der nationalen Entwicklungspolitik hängen in diesen Ländern davon ab, ob die Einkommensverteilung alle Bevölkerungsschichten umfasst, das Beschäftigungsniveau gehoben, die öffentlichen Dienste allgemein zugänglich, die Wirtschaftstätigkeit geographisch gut verteilt und die Produktion so ausgerichtet werden, dass die Grundbedürfnisse einer möglichst grossen Zahl befriedigt werden können.

Eine ganze Reihe dieser Länder war in der Lage, eine relativ diversifizierte Wirtschaftsstruktur aufzubauen, die sich auf die Landwirtschaft, die Ausbeutung von Rohstoffvorkommen und eine gewisse industrielle Expansion stützt.

Einigen dieser neu industrialisierten
Staaten ist es auch gelungen, ihre Produkte auf westlichen Märkten abzusetzen. Doch sind sie nach wie vor sehr aussenabhängig und haben mit dem wachsenden Protektionismus bestimmter Industriestaaten zu kämpfen. Im übrigen sind auch bei ihnen Armut und Unterbeschäftigung noch lange nicht beseitigt.

Die erdölexportierenden Länder schliesslich haben meistens keine Zahlungsbilanzschwierigkeiten, Verschiedene können jedoch den Ausbau der wirtschaftlichen und sozialen Infrastruktur, die Entwicklung der Landwirtschaft und der Industrie sowie den Aufbau des Dienstleistungssektors nicht gleichzeitig organisieren: sie brauchen insbesondere wissenschaftliche, technische und administrative Unterstützung von aussen; die Kosten hiefür können sie allerdings selbst übernehmen.

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Ausblick

Situation und Bedürfnisse sind von Land zu Land, von Region zu Region verschieden. Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe sind nach wie vor notwendig und nützlich; sie haben zu den Fortschritten beigetragen, die, dies ist zu betonen, doch eindeutig in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Bereichen erzielt wurden und an denen weiter gearbeitet werden rnuss.

Unter diesen Fortschritten sind vor allem die Verbesserungen im Gesundheitswesen, in der Erziehung und Ausbildung, aber auch in der demografischen Entwicklung sowie in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu nennen. Angesichts der materiellen Not und der ausserordentlich grossen Bedürfnisse der Dritten Welt mögen diese Verbesserungen bescheiden erscheinen, doch darf man nicht vergessen, dass die enormen Unterschiede zwischen der industrialisierten Welt und den Entwicklungsländern das Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung sind; ihr Abbau wird daher ebenfalls viel Zeit brauchen. Allein für die Verbesserung der Ernährungslage beispielsweise sind in einigen Entwicklungsländern ein erheblicher materieller Aufwand und Anstrengungen über Jahrzehnte hinweg erforderlich. So betrachtet, sind die bereits erzielten Fortschritte ermutigend und beweisen, dass die gemeinsamen internationalen Bemühungen erste Früchte getragen haben.

Eindeutig sind die Fortschritte im Gesundheitswesen. Die Lebenserwartung steigt, die Kindersterblichkeit ist gesunken; auch wenn der Idealzustand noch lange nicht erreicht ist, auch wenn noch nicht jedermann Zugang zu einer umfassenden medizinischen Betreuung hat, so ist die Zahl derer, die bereits heute davon profitieren, doch grösser als je zuvor. Ein kritischer Punkt ist und bleibt aber die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser (vgl. Tabelle I), Eine weitere positive Entwicklung zeichnet sich im Bereich von Erziehung und Ausbildung ab (vgl. Tabelle II). Drei Viertel der Jugendlichen in den ärmeren Entwicklungsländern erhält heute Primarschulunterricht; vor 20 Jahren war es lediglich die Hälfte. Auch der Alphabetisierungsstand der Erwachsenen ist angestiegen.

Ein Vergleich der wichtigsten Bevölkerungszahlen von 1960 und von 1977 zeigt klar, dass die Grenzen der Bevölkerungsexplosion allmählich absehbar sind (Tabelle III). Die Geburtenrate sinkt, und die jährliche prozentuale Bevölkerungszunahme tendiert
zur Stagnation. Allerdings darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Bevölkerungswachstum noch auf Jahre hinaus ein Hauptproblem der Entwicklungsländer bleiben wird. Dennoch zeigen die vorhandenen, positiven Anzeichen, dass eine aktive Bevölkerungspolitik der Entwicklungsländer langfristig gewisse Erfolge zeitigt und deshalb auch internationale Unterstützung erfahren sollte. Das Schwergewicht der Bemühungen sollte hierbei auf der Erziehung, der Gesundheitsvorsorge für Frauen und der Ernährung liegen.

Ein weiterer erstaunlicher Fortschritt wurde mit der über Jahre zu verfolgenden Steigerung der Wirtschaftsproduktivität (Tabelle IV) erzielt.

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Tabelle I Gesundheit Lebenserwartung in Jahren

1960

Ärmere Entwicklungs42 länder 2 ' Entwicklungsländer mit 3 mittlerem Einkommen ' . . 53 Industrieländer 69

1977

Kindersterblichkeit ''

pro Arzt

1960

I960

1977

Personen

1977

Zugang zu sauberem Wasser, in Prozent der Bevölkerung 1975

50

30

19

18700

10300

28

60 74

19 1

11 1

6840 820

4470 630

59 100

Tabelle U Erziehung Alphabetisierungsstand der Erwachsenen in Prozenten

Zugang zur Primarschule in Prozenten I960

Ärmere Entwicklungs. 51 länder 3 ' Entwicklungsländer mit mittlerem Einkommen3' . . 79 . 99 Industrieländer

1976

I960

1975

73

29

36

92 99

51 99

69 99

Tabelle III Bevölkerungsfragen Jahrliche Bevölkerungszunahme in Prozenten

Jährliche Geburtenrate pro 1000 Einwohner

1960-1970

1960

Ärmere Entwicklungs2,4 länder2' . ..

Entwicklungsländer mit 3 mittlerem Einkommen ' . . 2,5 Industrieländer 1,0

1970-1977

1970

1960

1977

2,3

46

40' 23

15

2,6 0,8

42 20

35 14

11

Quelle: Weltentwicklungsbericht der Weltbank, August 1979 (alle Zahlen) ') Kinder von 1-4 Jahren, auf 1000 Geburten y Bruttosozialprodukt pro Kopf von weniger als "l 300 Dollar im Jahr Zahlen für 1977 3 ' Bruttosozialprodukt pro Kopf zwischen 300 und Zahlen rur i ? / / 3000 Dollar im Jahr J

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Jährliche Sterblichkeitsrate pro 1000 Einwohner

15 10

9

Tabelle IV Steigerung der wirtschaftlichen Produktion Durchschnittliche Zunähme des ßruttoinlandprodulctes pro Jahr in Prozenten 1961-1970

Ärmere Entwicklungsländer2^ 3,9 Entwicklungsländer mit 3 mittlerem Einkommen ' . . 6,2 Industrieländer 5,1

1971-1980''

4,6 -

8,7 4,4

'' Bei den Durchschnittswerten für 1971-1980 handelt es sich um Schätzungen aufgrund der im Weltbankbericht enthaltenen Angaben.

> Bruttosozialprodukt pro Kopf von weniger als "l 300 Dollar im Jahr [ 7 ., f.. 1077 3 > Bruttosozialprodukt pro Kopf zwischen 300 und ^ a n l e n l u r l ?"

3000 Dollar im Jahr J 2

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Der Stellenwert der öffentlichen Entwicklungshilfe im Nord-Süd-Dialog

Vor mehr als 20 Jahren, im April 1955, wurde der Nord-Süd-Dialog an der Konferenz von Bandung erstmals in Angriff genommen und mit der ersten Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung im Jahr 1964 eröffnet. Seither ist er teils in spezialisierten Gremien, die sich mit Einzelproblemen befassen, teils auf Weltkonferenzen fortgesetzt worden, von denen man politische Entscheide erhoffte,. welche die ins Stocken geratenen sektoriellen Verhandlungen vorwärts bringen würden. ') 1974 proklamierte die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Errichtung einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung; darin wurde präzisiert, welche Fortschritte von den verschiedenen Bereichen angestrebt werden sollten.

Seither werden die Nord-Süd-Verhandlungen über die neue internationale Wirtschaftsordnung sowohl global als auch sektoriell fortgesetzt.

Im Nord-Süd-Dialog geht es immer wieder um die gleichen Themen: internationale Hilfe, Regelung der Finanz-, Handels- und Währungsbeziehungen zwischen entwickelten Staaten und Entwicklungsländern sowie Verbesserung der Produktionsstrukturen in Landwirtschaft, Handwerk und Industrie. Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, die Verbesserung des Loses der benachteiligten Bevölkerung, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Mittel zur Befriedigung der Grundbedürfnisse hängen sowohl von der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Entwicklungsländer als auch von der Gestaltung der Nord-Süd-Beziehungen ab. Doch ist zuzugeben, dass der Handlungsspielraum dieser Länder, ihre Möglichkeiten, überhaupt eine ihrer Situation und ihren Bedürfnissen an"> Vgl. insbesondere die Botschaft vom 23. November 1977 über die Weiterführung dertechnischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern (BB1 1978 I 69 Ziff. 2).

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gepasste Entwicklungspolitik zu verfolgen, durch erhebliche Engpässe eingeschränkt sind. Zu deren Überwindung bedürfen sie der Hilfe der entwickelten Länder.

Die öffentliche Entwicklungshilfe ist aus mehreren Gründen ein Hauptgegenstand des Nord-Süd-Dialogs: - Das Ungleichgewicht der Zahlungsbilanzen und der Mangel an Devisenquellen sind zwei der grössten Hindernisse für eine dynamische wirtschaftliche und soziale Entwicklungspolitik. Die Steigerung von Produktion und Einkommen in einem Land führt zu einer Erhöhung der Impone (Energie, Rohstoffe, Investitions- und Konsunigüter), die bald einmal nicht mehr mit den Einnahmen aus dem Export bezahlt werden können. Dieses Phänomen hat sich in den letzten Jahren noch verstärkt durch das Emporschnellen der Erdölpreise und des Preises für Industriegüter aus Ländern mit grosser Inflationsrate oder mit starken Währungen. Die meisten Entwicklungsländer waren daher gezwungen, ihre Importe durch eine Einschränkung des Einkommenszuwachses und der Investitionsprogramme zu bremsen. Soweit sie dazu in der Lage waren, nahmen sie Darlehen auf den Kapitalmärkten auf, doch belasten die Schuldendienste immer mehr ihre Zahlungsbilanzen und verschlingen einen wachsenden Anteil der Deviseneinnahmen.

- In den ärmeren Ländern hängen nicht nur die externen Einnahmequellen, sondern auch die Budgetmittel des Staates fast ausschliesslich vom Export von einem oder zwei Rohstoffen ab. Eine Hilfe von aussen ist unbedingt notwendig, damit der grösste Teil der Infrastrukturen und die Programme für landwirtschaftliche Entwicklung, für das Gesundheits- und Erziehungswesen, die Trinkwasserversorgung, den Schutz des Bodens sowie für die Lagerung von Nahrungsmitteln finanziert werden können.

- Seit mehr als 20 Jahren besteht die Bereitschaft der Industriestaaten, den Entwicklungsländern technische und finanzielle Hilfe zur Ergänzung der Exporterlöse und zur Unterstützung der Entwicklungsanstrengungen zu gewähren; sie wissen, dass ein grosser Teil der Entwicklungsländer ihre Lage ohne diese Hilfe nicht verbessern kann. Sie haben sich dazu auch entschlossen, weil die öffentliche Hilfe im Gegensatz zu anderen, von den Ländern der Dritten Welt geforderten Massnahmen, die internationalen Wirtschaftsstrukturen nicht in Frage stellt. Die öffentliche Hilfe ähnelt nämlich einer gewissen
Umverteilung der Einkommen, wie sie seit dem letzten Jahrhundert in den Industriestaaten selbst zu Gunsten von benachteiligten Regionen oder Bevölkerungsgruppen - Alte, Invalide, Kranke und Arbeitslose zum Beispiel - nach und nach eingeführt wurde. Diese für die Ärmeren bestimmte Hilfe, gleich ob sie von privaten oder staatlichen Organisationen kommt, wird, je länger, je mehr von weiten Kreisen der Bevölkerung in den Industriestaaten als eine eigentliche Pflicht angesehen. Es hat sich daher eingebürgert, den Aufwand jedes Landes im Verhältnis zu seinem Volkseinkommen zu messen. Es bestehen heute sogar Vorschläge, die öffentliche Entwicklungshilfe aus einer einkommensbezogenen Steuer zu bestreiten, deren Ertrag jede Regierung für die Dritte Welt aufzuwenden sich verpflichten soll. Ohne so weit zu gehen, sind sich aber die westlichen Staaten, die bereits eine relativ bedeutende Leistung erbringen, darin einig, dass die öffentliche Entwicklungshilfe heute eine gemeinsame Aufgabe ist, der sich niemand entziehen darf.

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Als die Generalversammlung der Vereinten Nationen 1970 die internationale Strategie für das zweite Entwicklungsjahrzehnt beschloss, setzte sie den Betrag der öffentlichen Entwicklungshilfe zugunsten der Entwicklungsländer auf 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes fest Diese Zahl stützte sie auf eine Analyse der Bedürfnisse der verschiedenen Länder und Ländergruppen sowie auf eine Evaluation ihrer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsaussichten.

Vier Länder') haben seit einigen Jahren diese Zahl erreicht beziehungsweise überschritten; hingegen beträgt die gesamte öffentliche Entwicklungshilfe der Mitgliedstaaten, des Entwicklungsausschusses der OECD bisher lediglich etwa die Hälfte des geforderten Betrags (1979: 0,34% des BSP), was 37,1 Milliarden Franken entspricht. 2> Die Mehrheit der Mitglieder des Entwicklungsausschusses hat sich jedoch verpflichtet, ihre öffentliche Hilfe in mehr oder weniger kurzer Frist auf 0,7 Prozent des Bruttosozialproduktes zu steigern. Um eine solche Zusage sowie um die entsprechenden konkreten Realisierungsmassnahmen ging es in den letzten Jahren in fast allen Nord-Süd-Verhandlungen. Parallel dazu wird in jeder - globalen oder sektoriell beschränkten - Verhandlung von den Industriestaaten sowie von den OPEC-Staaten-1) eine Steigerung ihrer öffentlichen Hilfe verlangt, und zwar zugunsten von bestimmten Ländergruppen, eines bestimmten Sektors, zugunsten eines spezifischen nationalen, regionalen oder weltweiten Programmes oder von Programmen multilateraler Organisationen.

2

Die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit

Das Endziel aller Entwicklungsbemühungen liegt deutlich und herausfordernd vor uns. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass auch bezüglich der Wege, die zu diesem Ziel führen können, völlige Klarheit und Einmütigkeit herrscht. Die soziale, wirtschaftliche und politische Realität der Dritten Welt ist so facettenreich, vielschichtig und oft auch widersprüchlich, dass es unmöglich ist, ihr mit «ein für alle mal»-fertigen Antworten zu begegnen. Die gegenwärtige Situation ist im wesentlichen durch die Vielgestaltigkeit und Gegenläufigkeit der Kräfte und Bedürfnisse gekennzeichnet.

Dieser Umstand spiegelt sich notwendigerweise auch in der Entwicklungspolitik einzelner Staaten und der internationalen staatlichen Zusammenarbeit. Die Entwicklungszusammenarbeit hat viele, ganz unterschiedliche Formen, deren jede für sich betrachtet durchaus stimmig ist; als Ganzes stehen sie untereinander aber in einem ausgeprägten Spannungsverhältnis. Ein Blick auf jene Formen und Modalitäten der Hilfe, die im Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe aufgeführt sind, zeigt deutlich, dass die technische Zusammenarbeit, die Finanzhilfe, die bilateralen und multilateralen Aktionen, die handelspolitischen Massnahmen und die Förderung des Einsatzes privatwirtschaftlicher Organisationen ohne Zweifel dazu beitragen können, die notwendigen Voraussetzungen für einen wirkungsvollen Kampf gegen die bittere Not in der Dritten Welt zu schaffen. Doch lässt sich nicht übersehen, dass in der Unterschiedlichkeit der angewandten Methoden ein Keim für '> Schweden, Norwegen, Niederlande und Dänemark > Vgl. Anhang 1.2 3 > Siehe dazu Anhang 1.3 über die öffentliche Entwicklungshilfe der OPEC-Staaten 2

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Widersprüche und Konflikte liegt und dass diese nicht mit Rhetorik, sondern nur durch sorgfältige und praktische Arbeit überwunden werden können.

Wir werden im folgenden auf die Stellung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe, für die wir Sie um die Bewilligung eines neuen Rahmenkredites ersuchen, im Gesamtzusammenhang der Entwicklungszusammenarbeit unseres Landes eingehen. Unter Ziffer 22 werden wir dann begründen, warum wir für die nächsten Jahre eine substantielle Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfebeträge vorsehen, eine Steigerung, die einen im Vergleich zum vorangegangenen deutlich höheren Rahmenkredit für die technische Zusammenarbeit und die Finanzhilfe einschliesst; wir werden darauf in Kapitel 5 zurückkommen.

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Die wichtigsten Bereiche der schweizerischen Politik der internationalen Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe

Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zählt die verschiedenen Formen der Entwicklungszusammenarbeit auf. '> Ein grosser Teil der dort genannten Massnahmen hat Ausgaben des Bundes zugunsten der Entwicklungsländer und ihrer Bevölkerung zur Folge. Zusammen mit der humanitären Hilfe bilden sie die sogenannte öffentliche Entwicklungshilfe. In diesem Kapitel werden wir kurz auf die Hauptbereiche und die Merkmale der bilateralen und multilateralen technischen Zusammenarbeit und Finanzhilfe eingehen, für die der beantragte Rahmenkredit bestimmt ist.

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Die technische Zusammenarbeit und die Finanzhilfe

Technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe - zwei Hauptbereiche der öffentlichen Entwicklungshilfe - gestatten uns, den ärmeren Ländern und benachteiligten Bevölkerungsgruppen direkt zur Seite zu stehen. Sie unterstützen die Bemühungen von Bevölkerung und Behörden, Schritt für Schritt die für den Lebensunterhalt notwendigen wirtschaftlichen und sozialen Strukturen zu verbessern.

Die Aktivitäten im Rahmen der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe können von der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, durch Einschaltung privater schweizerischer Organisationen oder internationaler Organisationen direkt wahrgenommen beziehungsweise kontrolliert werden.

Technische Zusammenarbeit bedeutet im engeren Sinn die Bereitstellung von qualifiziertem Personal. Dabei kann es sich um Spezialisten auf wissenschaftlichem oder technischem Gebiet handeln oder um Personal, das an der Organisation und Durchführung bestimmter Aktivitäten beteiligt wird. Diese Personen müssen gute Berufskenntnisse nachweisen und möglichst einschlägige Erfahrung in vergleichbaren Funktionen haben. Ferner müssen sie die Lage und be') a. technische Zusammenarbeit; b. Finanzhilfe; c. handelspolitische Massnahmen; d.

Massnahmen zur Förderung privatwirtschaftlicher Mittel; e. jede andere Form, die den in Artikel 5 genannten Zielen dient.

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sonderen Probleme der Entwicklungsländer gut kennen und fähig sein, sich an veränderte wirtschaftliche und soziale Gegebenheiten sowie an andere Mentalitäten anzupassen. Insbesondere müssen sie sich darüber klar sein, dass man von ihnen nicht nur erwartet, dass sie gewisse Probleme selbständig lösen, sondern vor allem auch, dass sie die lokalen Initiativen und die einheimische Bevölkerung, die eigentlichen Verantwortlichen der betreffenden Entwicklungsvorhaben, unterstützen. Da das Ziel letztlich die Übernahme der Projekte durch die Einheimischen selber ist, wird die Entsendung von Entwicklungshelfern häufig durch die Ausbildung einheimischer Kader ergänzt oder ersetzt. Gelegentlich bildet der Entwicklungshelfer seine Nachfolger aus; häufig erhalten diese jedoch eine Ausbildung in den Schulen, Berufsschulen oder Universitäten des eigenen Landes, eines anderen Entwicklungslandes oder in einem Industriestaat.

Zu diesem Zweck werden Studien- oder Praktikumsstipendien ausgerichtet; dies ist eine weitere Form der technischen Zusammenarbeit. Zu Beginn der sechziger Jahre wurden den Entwicklungsländern sporadisch einzelne Entwicklungshelfer zur Verfügung gestellt. Heute bestimmen die Hilfsorganisationen gemeinsam mit ihren Partnern in der Dritten Welt, in welchem Rahmen die Entwicklungshelfer eingesetzt werden. Diesen Rahmen bezeichnen wir als ein Projekt der technischen Zusammenarbeit. Dabei ist nicht nur festzulegen, welche Arbeit die ausländischen Entwicklungshelfer und ihre einheimischen Kollegen zu übernehmen haben, sondern es werden auch die Ziele und der Projektablauf bestimmt sowie die beiderseits einzusetzenden materiellen Mittel. Meist ist die technische Zusammenarbeit mit zum Teil erheblichen Investitionen verbunden. Im Projekt ist in diesem Fall auch ein Stück Finanzhilfe mit inbegriffen.

Die Finanzhilfe übernimmt genau umschriebene Investitionen; sie ist ein wichtiger Bestandteil unserer Entwicklungszusammenarbeitsprogramme. Wir stellen den Entwicklungsländern die erforderlichen Mittel für die Investitionen zur Verfügung, wenn ein Land diese nicht selbst finanzieren kann, sie zu seiner Entwicklung aber unbedingt braucht. Die Finanzhilfe besteht in Geschenken oder in Darlehen zu sehr günstigen Bedingungen. Grundlage hierfür sind detaillierte Operationspläne, welche von unabhängigen Experten
oder von Spezialisten der Hilfswerke erstellt werden. Diese prüfen systematisch bis in alle Einzelheiten die Art des Investitionsvorhabens sowie den Nutzen des geplanten Projekts für das betreffende Land und seine Bevölkerung. Die Regierung des Empfängerlandes führt die Investition selber durch oder überträgt die Durchführung öffentlichen Trägern oder privaten Unternehmen. Wenn die Finanzmittel von internationalen Organisationen oder, was auch oft vorkommt, von einer bestimmten Regierung (z. B. von der Schweiz) zur Verfügung gestellt werden, erfolgt der Kauf von Investitionsgütern durch internationale Ausschreibungen. In diesem Fall spricht man von ungebundener Finanzhilfe. Die Hilfswerke kontrollieren anschliessend die Durchführung des Projekts, die Ergebnisse sowie die entsprechenden Abrechnungen.

Schliesslich gewähren einige Länder und Organisationen ebenfalls Finanzhilfe für den Kauf von Importgütern, die für die Entwicklung und den Wirtschaftsablauf eines Entwicklungslandes vorrangige Bedeutung haben. In diesem Fall wird festgelegt, für welche Art von Gütern die Mittel verwendet werden können.

Wir sind beispielsweise in Bangladesh und in Tansania so verfahren.

1323

Der Rahmenkredit, dessen Bewilligung wir Ihnen beantragen, ist für diese beiden Formen der Entwicklungszusammenarbeit - technische und Finanzhilfe bestimmt.

212

Weitere Massnahmen der Finanzhilfe

Der Bund führt noch weitere Massnahmen multilateraler Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern durch. Es handelt sich dabei um Beteiligungen am Kapital von regionalen Entwicklungsbanken,- es sind dies die interamerikanische Entwicklungsbank, die asiatische Entwicklungsbank und möglicherweise bald die afrikanische Entwicklungsbank. Das Kapital dient der Garantie von Darlehen dieser Banken zur Finanzierung von Entwicklungsprojekten und -programmer». Unsere Beteiligungen sind Gegenstand eines gesonderten Rahmenkredits, den Sie am 26. September 1979 (BEI 1978 II 777) bewilligt haben und der erst 1983 vollständig verpflichtet sein wird.

Hingegen sind wir weder Mitglied der Weltbank noch ihrer Tochter, der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA), die Entwicklungsprojekte und -programme in den ärmeren Entwicklungsländern finanziert und durchführt.

Die sechste Wiederaufstockung des IDA-Kapitals in Höhe von 12 Milliarden Dollar für die Jahre 1980-1983 wurde kürzlich beschlossen. Die Schweiz hat sich nach dem negativen Ausgang der Volksabstimmung vom 13. Juni 1976 weder an der vierten,noch an der fünften Wiederaufstockung des IDA-Kapitals beteiligt und wird darauf auch bei der sechsten Wiederaufstockung verzichten.

Dies trägt uns Vorwürfe der Entwicklungsländer und noch mehr der Industriestaaten ein, die der Meinung sind, dass wir uns damit auf ihrem Rücken von einer kollektiven Pflicht gegenüber den am meisten benachteiligten Ländern und Völkern dieser Welt entlasten. Wir haben Ihnen jedoch mit der Botschaft vom 26. Februar 1980 (BEI 1980 II 24) beantragt, die beiden Darlehen in Höhe von 181,5 Millionen Franken, die der IDA 1967 und 1971 gewährt wurden und die bis zum Jahr 2022 zurückzuzahlen wären, in Geschenke umzuwandeln.

213

Wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit

Der Bund gewährt einer gewissen Anzahl von Entwicklungsländern Kredite zu günstigen Bedingungen; sie werden zusammen mit Krediten eines schweizerischen Bankenkonsortiums ausgerichtet. Das jeweilige Empfängerland verwendet diese Mittel für den Import von schweizerischen Investitionsgütern, die im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit benötigt werden.

Diese sogenannten Mischkredite gehen zu Lasten des Rahmenkredits von 200 Millionen Franken, der für die Finanzierung von wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit bestimmt ist.

Sie haben diese Kredite am 28. November 1978 bewilligt.1) ·' Bundesbeschluss vom 28. November 1978 über die Finanzierung von wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (BEI 1978 II 1765).

1324

Aus demselben Rahmenkredit werden auch Massnahmen zur Förderung der Exporte der Entwicklungsländer finanziert. Trotz des Gewichts der öffentlichen Entwicklungshilfe beziehen die Entwicklungsländer doch den Hauptteil ihrer von aussen kommenden Mittel aus ihren Exporteinnahmen. Es scheint uns daher notwendig, diese Exporte in Industriestaaten, vor allem in die Schweiz, sowie auch in andere Entwicklungsländer zu fördern. Dies geschieht durch die Gewährung von Zollpräferenzen an die Entwicklungsländer für deren Industrieprodukte und eine gewisse Anzahl von tropischen Landwirtschaftsprodukten.

Wir beabsichtigen ferner die Finanzierung gewisser direkter Förderungsmassnahmen (Teilnahme an Messen und Ausstellungen, Marketing-Studien usw.), Der Export von Rohstoffen ist und bleibt für viele Länder die Hauptdevisenquelle, doch gefährden die ausserordentlich starken Preisschwankungen die daraus finanzierten Entwicklungsanstrengungen. Die Schweiz befürwortet daher die Verhandlungen im Rahmen der UNCTAD über eine Stabilisierung der Rohstoffpreise. Dabei geht es darum, für eine ganze Reihe von Produkten Ausgleichslager zu schaffen, welche die Überschüsse aufnehmen können, wenn die Preise sinken, und diese, wenn Mangel herrscht, wieder auf den Markt bringen.

In anderen Fällen wäre die Produktion zu diversifizieren und die Weiterverarbeitung der Rohstoffe zu verbessern. Der Bundesrat ist bereit, an der Finanzierung dieser verschiedenen Massnahmen im Rahmen von Abkommen über einzelne Rohstoffe oder auch eines gemeinsamen Fonds zur Stabilisierung der Rohstoffe mitzuwirken; über diesen Fonds könnten die einzelnen Rohstoffabkommen finanziert werden. Auch diese Ausgaben würden aus dem bereits bewilligten Rahmenkredit von 200 Millionen Franken '> bestritten. Ausserdem sehen wir vor, aus demselben Rahmenkredit eine Reihe von Massnahmen zur Förderung der Industrialisierung der Dritten Welt zu finanzieren. Es sind dies Industrieinvestitionen in Entwicklungsländern im Rahmen der UNIDO; diese werden in engem Kontakt mit den Industrien unseres Landes getätigt. Schliesslich beabsichtigen wir, soweit erforderlich, bestimmten Ländern eine vorübergehende Unterstützung zum Ausgleich ihrer Zahlungsbilanzen zu gewähren.

214

Humanitäre Hilfe

Die humanitäre Hilfe, zu der auch die Nahrangsmittelhilfe gehört, ist der letzte Teilbereich der öffentlichen Entwicklungshilfe. Sie ist Gegenstand eines besonderen Rahmenkredits2\ Durch unsere humanitären Hilfsaktionen können wir direkt und unverzüglich zugunsten der Opfer von Naturkatastrophen oder bewaffneten Konflikten eingreifen; die Flüchtlingshilfe spielt dabei eine besonders wichtige Rolle.

Die dramatische Situation von Hunderten von Millionen Menschen in der Dritten Welt brachte zwangsläufig mit sich, dass die humanitäre Hilfe zur Linde·> Botschaft vom 9. August 1978 über die Finanzierung von wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (BB1 1978 II 385); Bundesbeschluss vom 28. November 1978 (BB1 1978 II 1765).

2 > Botschaft vom 9. August 1978 über die Weiterführung der internationalen humanitären Hilfe der Eidgenossenschaft (BB1 1978 II 777); Bundesbeschluss vom 14. März 1979 (BEI 1979 I 663).

1325

rung von Leiden, was immer auch ihre Ursache sein mag, heute fast ausschliesslich Angehörigen von Entwicklungsländern zuteil wird. Angesichts der ungeheuren Bedürfnisse dieser Länder, der praktisch chronischen Unterernährung und Krankheit, um nur diese beiden Beispiele zu nennen, drängt es sich auf, über die unmittelbaren Nothilfemassnahmen hinaus einen Teil der verfügbaren Mittel für die Schaffung von Lebensbedingungen zu verwenden, die mit der Zeit eine rein humanitäre Hilfe weniger dringend machen. Durch die technische Zusammenarbeit und die Finanzhilfe kann nach und nach die Zahl derer verringert werden, die heute noch auf eine langfristige humanitäre Hilfe und auf NahrungsmittelhÜfe angewiesen sind. Eine solche Unterstützung der Eigeninitiative der Bevölkerung ist vor allem im Bereich der Ernährung wichtig: es ist wirtschaftlich viel zu kostspielig und materiell auch unmöglich, die Bedürfnisse der Menschen in der Dritten Welt mit dem Überfluss einiger westlicher Staaten zu decken. Die Nahrungsmittelhilfe kann also immer nur ein Notbehelf sein, eine Überbrückung von Mängeln einer Landwirtschaftsproduktion, die auf jeden Fall gesteigert werden muss. Nahrungsmittelhilfe kann unter Umständen sogar kontraproduktiv wirken, wenn sie dazu führt, dass einheimische Überschüsse nicht abgesetzt und die betreffenden Bauern damit entmutigt werden, oder wenn sie Ernährungsgewohnheiten schafft, die nicht im Einklang mit den Produktionsmöglichkeiten des Landes stehen.

Mit der Zeit kann die humanitäre Hilfe und die Nahrungsmittelhilfe hoffentlich auf Katastrophenfälle, schwere politische Krisen oder Kriege beschränkt werden, also auf jene Fälle, die Sofortmassnahmen erfordern. Auch mit Geld und Gütern, die durch private oder internationale Organisationen verteilt werden, kann bei dringendem Bedarf schnell eingegriffen werden. Schliesslich wirkt unser Land auch durch den Einsatz des Katastrophenhilfskorps bei Hilfs- und Wiederaufbauoperationen mit. Diese Aktionen sind zwar der technischen Zusammenarbeit und der, Finanzhilfe eng verwandt. Sie haben aber einen rein punktuellen Charakter, indem sie ausschliesslich im Hinblick auf eine einzelne Katastrophe durchgeführt werden.

215

Entwicklungszusammenarbeit und Privatsektor

Andere Bereiche unserer Politik der Entwicklungszusammenarbeit, die eng mit unserer Aussenwirtschaftspolitik verknüpft sind, benötigen hingegen keine öffentlichen Mittel. Es handelt sich, wie bereits erwähnt, um die Öffnung unserer Grenzen für Produkte aus den Entwicklungsländern im Rahmen eines allgemeinen Präferenzsystems und aufgrund der Beschlüsse der multilateralen Handelskonferenzen des GA TT, bei denen bereits einige spezifische Massnahmen zugunsten der Entwicklungsländer ausgehandelt wurden, aber noch weitere Fortschritte erzielt werden müssen, um der besonderen Situation dieser Länder im internationalen Handel besser Rechnung zu tragen. Dies gilt auch für die Förderung der privaten Investitionen vor allem im Industriesektor sowie für die Erleichterung des Zugangs zu unseren Kapitalmärkten und den Transfer von Industrietechnologien. Dies sind heute drei wichtige Themen der Nord-Süd-Verhandlungen; für unser Land geht es dabei darum, sich an einer gewissen Entwicklung der internationalen Wirtschaftsstrukturen zugunsten der Entwick-

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lungsländer zu beteiligen, ohne jedoch langfristig wichtige privatwirtschaftliche Interessen in Frage zu stellen. Der Bund kann Investitionen namentlich durch die Investitions-Risikogarantie fördern. Ausserdem kann er, wie er dies mit einer Reihe von Ländern bereits getan hat, Investitionsschutzabkommen schliessen. Entscheidend für eine Investition ist in erster Linie aber jeweils, ob die Voraussetzungen, auf einem Markt FUSS zu fassen, sowie die Aussichten auf ausreichende Gewinne aus diesen Investitionen gegeben sind, 22

Die Verstärkung der öffentlichen Entwicklungshilfe der Schweiz

Wie wir bereits in unserem Bericht über die Richtlinien der Regierungspolitik in der laufenden Legislaturperiode dargelegt haben, sind wir der Ansicht, dass unser Land seine öffentliche Entwicklungshilfe erhöhen und sie kurzfristig dem Durchschnitt der Leistungen der übrigen westlichen Industriestaaten annähern sollte. Wir hatten dies bereits für die beiden vorangegangenen Legislaturperioden in Aussicht genommen, doch hinderten uns die Umstände an der Verwirklichung dieses Vorhabens. Wir befinden uns daher heute in einer heiklen Situation, der abgeholfen werden muss.

(

In Kapitel 13 haben wir ausgeführt, dass die Staatengemeinschaft nach wie vor die Auffassung vertritt, die Industriestaaten sollten 0,7 Prozent ihres Bruttosozialprodukts (BSP) für die öffentliche Entwicklungshilfe aufwenden. Schweden, Norwegen, die Niederlande und Dänemark liegen mit ihren Leistungen bereits über dieser Zielsetzung (die drei ersteren schon seit mehreren Jahren); die meisten anderen Industrieländer haben sich verpflichtet, diese ebenfalls zu erreichen. Aus Gründen, auf die wir noch eingehen werden, sollten wir ebenfalls von uns aus ein ehrgeizigeres Ziel als bisher anstreben, wobei entsprechend Artikel 9 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe die wirtschaftliche und finanzielle Lage unseres Landes zu berücksichtigen ist.') Trotz der Finanzschwierigkeiten des Bundes sollte unsere öffentliche Entwicklungshilfe aber gegen Mitte des laufenden Jahrzehnts 0,35 Prozent des BSP erreichen können (Tabelle V).

Dieser Prozentsatz stellt zwar die Hälfte dessen dar, was von jedem Industriestaat erwartet wird, entspricht jedoch dem Anteil des BSP, den die Mitglieder des Entwicklungsausschusses der OECD in den letzten Jahren im Durchschnitt für die öffentliche Entwicklungshilfe aufgewendet haben. Um unser Ziel Schritt für Schritt zu erreichen, haben wir im Finanzplan für die laufende Legislaturperiode Beträge vorgesehen, mit denen unsere öffentliche Entwicklungshilfe ab 1982 0,31 Prozent des Bruttosozialproduktes erreichen sollte. Tabelle V enthält die verschiedenen Rubriken des Finanzplans, geordnet nach den Hauptformen unserer öffentlichen Entwicklungshilfe. Sie werden jedes Jahr über diese Zahlen im Rahmen der Behandlung des Staatsvoranschlags befinden. Ebenso werden Sie über die Bewilligung von Rahmenkrediten zu entscheiden haben, mit denen Sie uns ermächtigen, entsprechende Ausgaben zu Lasten des Voranschlags zu tätigen.

?) 1980 werden für die öffentliche Entwicklungshilfe 2,3 Prozent der Ausgaben des Bundes zur Verfügung stehen.

1327

Die öffentliche Entwicklungshilfe gehört zu jenen Leistungen des Bundes, die dem Bundesbeschluss vom 20. Juni 1980 über die Herabsetzung der Bundessubventionen und einer Anzahl anderer Leistungen unterworfen sind. Aufgrund der Verpflichtung, mindestens 360 Millionen Franken jährlich einzusparen, und unter Berücksichtigung der Regelungen für ausserordentliche Härtefälle, die zugunsten der Krankenkassen, der Bergbauernhilfe und der Unterstützung der benachteiligten Kantone getroffen wurden, waren wir nicht in der Lage, für die öffentliche Entwicklungshilfe im Jahr 1981 eine Ausnahme zu machen. In Anbetracht jener Budgetrubriken, für welche bereits internationale Verpflichtungen eingegangen wurden (Getreidehilfe: 15 Mio. Fr.; Kapitalbeteiligung an regionalen Entwicklungsbanken: 3 Mio. Fr.), wird die gemäss Bundesbeschluss über die Herabsetzung der Bundesbeiträge vorgenommene Kürzung gegenüber dem Finanzplan vom Januar 1980 - zusammengefasst in Tabelle V - für 1981 47 Millionen Franken betragen, wovon 33,5 Millionen zu Lasten der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe gehen, 6,2 Millionen zu Lasten der wirtschaftlichen Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, 4,3 Millionen zu Lasten der humanitären Hilfe und 3,0 Millionen zu Lasten der Hilfe in Form von Milchprodukten.

1328

Tabelle V

Finanzplan des Bundes Zahlungen im Rahmen der öffentlichen Entwicklungshilfe

(in Millionen Franken) Voranschlaig Finanzplan des Bundes 1980

Technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe" Humanitäre Hilfe und Nahrungsmittelhilfe2) .

Wirtschaftliche Massnahmen 3 ) Kapitalbeteiligungen an regionalen EntwickUniversitätsstipendien5) Total Total in Prozenten des BSP 6 >

%'

1981

1982

1983

Total 1981-1983

278,2

335,3

401,3

416,3

1152,9

67,7

89,5

95,5

98,5

101,5

295,5

173

32,0

51,0

86,0

88,0

255,0

13,2

10,0

10,0

23,0

1,3

3,0

3,0

2,8

3,0

3,0

3,0

9,0

0,5

487,8

598,8

618,8

1705,4

100,0

405,5 0,23

0,27

0,31

0,31

'> Die entsprechenden Verpflichtungen gehen zu Lasten des Rahmenkredits von 735 Millionen Franken, der am 21. Juni 1978 zur Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern bewilligt wurde, sowie zu Lasten des neuen Rahmenkredits, dessen Bewilligung wir Ihnen mit dieser Botschaft beantragen.

2 > Die entsprechenden Verpflichtungen gehen zu Lasten des Rahmenkredits von 270 Millionen Franken zur Weiterführung der internationalen humanitären Hilfe des Bundes für die Zeit vom I.April 1979 bis mindestens 30. März 1982 (BB vom 14. 3. 79).

3 > Die entsprechenden Verpflichtungen gehen zu Lasten des Rahmenkredits von 200 Millionen Franken zur Finanzierung von wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit für die Zeit vom 1. Januar 1979 bis 30. Juni 1981 (BB vom 28. 11. 78).

"' Die entsprechenden Verpflichtungen gehen zu Lasten des Rahmenkredits für die Beteiligung am Kapital der Interamerikanischen Entwicklungsbank, der Asiatischen Entwicklungsbank sowie der Afrikanischen Entwicklungsbank für die Zeit vom 1. Oktober 1979 bis mindestens 30. September 1983 (BB vom 26. 9.79).

5 > Die Verpflichtungen betreffend die Stipendien an Studenten aus Entwicklungsländern gehen zu Lasten des Rahmenkredits von 20 Millionen Franken für die Ausrichtung von Stipendien an ausländische Studierende in der Schweiz für die Zeit vom 21. März 1976 bis 20. März 1981 (BB vom 3. 12. 75).

') Erwartetes Bruttosozialprodukt: 1980: 171 Milliarden Franken, anschliessend eine jährliche nominale Steigerung von 5 Prozent.

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Drei Gründe veranlassen uns, Ihnen eine substantielle Erhöhung unserer öffentlichen Entwicklungshilfe in den kommenden drei Jahren und heute die Annahme eines Rahmenkredits für die technische .Zusammenarbeit und Finanzhilfe zu beantragen, der erheblich über dem vorangegangenen liegt: a. Moralisch, humanitär gesehen, sind wir heute mit dem Schicksal von Hunderten von Millionen Menschen konfrontiert, deren Lebensbedingungen wir durch die täglichen Berichte des Fernsehens, des Radios und der Zeitungen kennen. Hunderte von Millionen Männern, Frauen und Kindern leiden fast ständig Hunger, ihr Leben ist dauernd bedroht und vor allem haben sie die Hoffnung auf ein besseres Schicksal aufgegeben. Wir können die Augen vor dieser Situation nicht verschliessen. Die Erfahrung hat uns immer wieder gelehn, dass es eine Verantwortung gegenüber dem Elend und dem Leid gibt, der sich niemand entziehen darf. Eine sehr grosse Zahl unserer Mitbürger ist sich - wie die grosszügige Unterstützung unserer Hilfswerke beweist - dieser Verantwortung bewusst und bereit, Opfer zugunsten der Ärmsten zu bringen.

Wir müssen denen, die sich vom Joch der Armut zu befreien suchen, helfen, wenn wir unserer Tradition der Wohltätigkeit und im weiteren Sinn unserer Pflicht als Mitmenschen treu bleiben wollen. Dank der gemeinsamen Anstrengungen von Entwicklungsländern und Industriestaaten, dank also auch unseres Einsatzes, sind bis heute bereits bedeutende Fortschritte erzielt worden. Erfolge sind also möglich; dies darf über der Fülle der noch ungelösten Aufgaben nicht vergessen werden.

b. Unsere Aussenpolitik, unsere Beziehungen sowohl zu den Entwicklungsländern als auch zu unseren industrialisierten Partnerstaaten könnten in Zukunft durch mangelnde Hilfsbereitschaft Schaden nehmen. Dass unsere Bundesfinanzen nicht ausgeglichen sind, ist wohl Anlass zur Sorge, doch unterscheiden sich diese Schwierigkeiten kaum von denjenigen, mit denen die meisten nicht-erdolproduzierenden Entwicklungsländer und auch eine Anzahl von Industriestaaten konfrontiert sind. Die öffentliche Entwicklungshilfe wird aber von allen Ländern mehr und mehr als ein Beitrag verstanden, dem sich kein Land entziehen darf. Unsere öffentliche Entwicklungshilfe ist in unseren bilateralen Beziehungen mit den Entwicklungsländern, in den meisten internationalen Organisationen
und allmählich auch in unseren Beziehungen zu den Industriestaaten ein Kriterium, an dem unser Wille zur Zusammenarbeit mit der übrigen Welt und zur Übernahme der Verantwortung gemessen wird, die uns aufgrund unseres Platzes in der Staatengemeinschaft zukommt. Schon lange haben die Entwicklungsländer den Wunsch an uns herangetragen, mehr für sie zu tun; heute bedeuten uns auch unsere Partner unter den Industriestaaten in unmissverständlicher Weise, dass sie unser Verhalten, unsere Weigerung, unseren Teil der gemeinsam beschlossenen Anstrengungen zugunsten der Entwicklungsländer zu übernehmen, nicht verstehen. Gelegentlich haben sie sogar den Eindruck, wie dies besonders in den Verhandlungen über die sechste Wiederaufstockung des IDA-Kapitals deutlich wurde, dass sie an unserer Stelle mehr leisten müssen. Diese Vorwürfe sind um so schwerwiegender, als sie ein verfärbtes Bild der Schweiz geben; wir erscheinen als ein Land, das

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sich auf sich selbst zurückzieht, das im Grunde die Öffnung zur übrigen Welt, die ihm durch die geographischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten aufgezwungen ist, ablehnt und versucht, um jeden Preis nur seinen eigenen Wohlstand zu erhalten.

Seit vielen Jahren ist die öffentliche Entwicklungshilfe der Schweiz eine der niedrigsten. Von allen Geberländern der OECD war nur noch diejenige Österreichs, Finnlands und Italiens geringer. Nach einer substantiellen Erhöhung in den Jahren 1977 und 1978 ist die öffentliche Entwicklungshilfe Österreichs 1979 erneut niedriger als unsere eigene. Finnland hat 1979 seine Hilfeleistungen erhöht und hat, wie auch Italien, die Absicht verlauten lassen, seine öffentliche Hilfe zu verdoppeln. Dagegen ist für das Jahr 1979 eine starke Verminderung der öffentlichen Hilfe der Vereinigten Staaten - von 0,27 Prozent des BSP im Jahr 1978 auf 0,19 Prozent im Jahr 1979 - festzustellen. Selbst wenn wir zu unserer öffentlichen Entwicklungshilfe jene Beiträge der privaten Hilfsorganisationen hinzurechnen, die dieselben Ziele verfolgen und sehr bedeutend sind, bleiben wir immer noch, wie Anhang l .2 zeigt, mit einer Gesamthilfe von 0,27 Prozent unseres Bruttosozialproduktes in den unteren Rängen der Liste.

c. Die Notwendigkeiten unserer Außenwirtschaftspolitik führen zu denselben Schlüssen. Unsere Wirtschaft ist stark nach aussen orientiert und daher in hohem Mass von der Weltwirtschaftslage abhängig. Für die Weltwirtschaft sind die Länder der Dritten Welt von grossier Bedeutung. Sie sind die Hauptexporteure sehr vieler Rohstoffe, nicht nur von Erdöl. Sie haben sich allmählich in einigen industriellen Bereichen einen nicht zu unterschätzenden Platz erobert und werden immer mehr zu wichtigen Kunden für die Exportindustrie der entwickelten Länder. Wie wir in Kapitel l bereits gezeigt haben, können viele Wirtschaftsprobleme der Industriestaaten heute nur gelöst werden, wenn die Lage und die spezifischen · Bedürfnisse der Entwicklungsländer mitberücksichtigt werden.

Die Beziehungen mit den Ländern der Dritten Welt sind auch für die Schweiz von grösster Bedeutung, und zwar sowohl im Bereich der Energieund Rohstoffversorgung als auch für einen Teil unserer Industrieexporte, für ihre direkten Investitionen und für Finanz- und Währungsfragen. Wir haben alles Interesse daran, dass sich
die wirtschaftliche Lage der Länder . der Dritten Welt nicht verschlechtert und vor allem dass wirtschaftliche und politische Krisen nicht dazu führen, dass sie den Handelsaustausch mit uns immer mehr einschränken, ihre Schulden nicht zurückzahlen können, auf unsere Investitionen und unsere Technologie verzichten und sich von den Industriestaaten abkoppeln. Indem wir den Ländern der Dritten Welt helfen, ihre Wirtschaftskraft zu verbessern und ausgeglichenere und damit stabilere politische und soziale Strukturen zu entwickeln, tragen wir zur Stärkung und zur Integration von Wirtschaftspartnern in die Weltwirtschaft, zu deren Wohlstand und damit indirekt zu unserem eigenen bei.

Einige unserer Aktivitäten im Rahmen der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe dürften unserer Wirtschaft auch direkt nützen. Zum Beispiel dann, wenn im Zusammenhang mit unseren Zusammenarbeitsoder Finanzhilfeprojekten schweizerisches Material und schweizerische

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Ausrüstungen gekauft werden. Ganz allgemein profitiert unsere Wirtschaft von der Finanzhilfe aller Industriestaaten, der OPEC-Länder sowie der internationalen Organisationen an die Entwicklungsländer. Dadurch, dass durch die öffentliche Hilfe die Finanzkraft der Entwicklungsländer erhöht und der Druck auf ihre Zahlungsbilanzen abgeschwächt wird, können diese mehr investieren und weiterhin in den entwickelten Staaten Käufe tätigen, was unserer Industrie wiederum zugute kommt. Diese unmittelbaren Vorteile sind jedoch nicht der Hauptgrund für unsere Hilfe; insbesondere beeinflussen sie in keiner Weise die Art der Hilfevergabe oder die Vorbereitung unserer Projekte der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe, deren alleinige Ziele das Gesetz umschreibt. Dennoch handelt es sich um Vorteile, die in gewissem Mass einen unmittelbaren Ausgleich für unsere Anstrengung darstellen.

Ob wir das Problem also unter dem Gesichtspunkt unserer moralischen Verpflichtung als reiches Land, der Erfordernisse unserer Aussenpolitik oder der Ziele unserer Aussenwirtschaftspolitik betrachten, immer gelangen wir zum selben Schluss: wir müssen unsere öffentliche Entwicklungshilfe erhöhen und wir haben alles Interesse daran.

Im weitesten Sinn soll unsere Unterstützung der Dritten Welt helfen, ihre immensen wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu lösen und die Hindernisse für ihr Wirtschaftswachstum zu beseitigen.

Wir alle wissen, wir alle stimmen darin überein, dass sich heute niemand den Auswirkungen grosser Ereignisse in der Welt, wo immer sie geschehen mögen, entziehen kann. Die Entwicklung unserer schweizerischen Gemeinschaft und ihr Wohlstand sind, ob wir wollen oder nicht, eng mit dem verbunden, was in der Welt vor sich geht. Einige halten das für einen Grund, uns auf uns selbst zurückzuziehen. Eine solche Angstreaktion wäre selbstzerstörerisch. Wir leben in einer Welt wechselseitiger Abhängigkeiten: was aus den anderen wird, betrifft uns sehr direkt. Gewisse Ereignisse der jüngsten Zeit haben dies eindeutig gezeigt. Wenn wir dazu beitragen, das Existenzniveau der Dritten Welt zu heben, die Ungleichheiten zu mildern und jedem genug Arbeit zu geben, damit er leben kann, helfen wir auch, für unsere Kinder eine gerechtere Welt und damit eine bessere Zukunft zu schaffen. Die Aufgabe ist gewaltig, die Hindernisse
zahlreich, doch steht dabei sehr viel auf dem Spiel : Friede und Wohlstand hängen heute und noch mehr morgen vom Schicksal der Völker der Dritten Welt ab. Mit unserer Politik der Zusammenarbeit, mit unserer Beteiligung an den gemeinsamen Anstrengungen aller Staaten zugunsten der Dritten Welt im Interesse aller bezeugen wir unseren Willen, an einer besseren Welt mitzubauen.

3

Die bilaterale und multilaterale technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe

Im folgenden werden zunächst die Schwerpunkte unserer im Gesetz umschriebenen Politik in Erinnerung gerufen; anschliessend wird dargelegt, wie unser Land im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit (Kap. 32) mit unseren Partnern in der Dritten Welt vorgeht, wie entsprechende Projekte und Programme 1332

bestimmt, vorbereitet, analysiert und anschliessend in Bern überprüft werden, bevor sie den zuständigen Bundesbehörden und dem ßundesrat zur Genehmigung unterbreitet werden. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang jeweils zu zeigen, wie sich die von uns unterstützten Aktionen in die gesamten Entwicklungsaktivitäten eines Landes einfügen, ob und wieweit sie bestimmte Schwierigkeiten des betreffenden Landes lösen können und den Wünschen und Bedürfnissen der dortigen Bevölkerung entsprechen. In Kapitel 33 schliesslich werden wir auf die Hauptmerkmale unserer multilateralen Zusammenarbeit eingehen.

31

Die Schwerpunkte unserer Politik

311

Die Grundsätze des Gesetzes und ihre Anwendung

Der Rahmen unserer Politik der Entwicklungszusammenarbeit ist durch das Bundesgesetz vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe sowie durch die Meinungsäusserung des Parlaments vor und seit seiner Annahme festgelegt. Die Ziele dieser Zusammenarbeit sind eindeutig: die Anstrengungen der Entwicklungsländer zur Verbesserung der Lebensbedingungen ihrer Bevölkerungen sollen unterstützt werden, damit diese Länder ihre Entwicklung aus eigenen Kräften vorantreiben können; langfristig wird dadurch ein grösseres Gleichgewicht der Staaten untereinander angestrebt. Zu fördern sind in erster Linie die Anstrengungen der ärmeren Entwicklungsländer, Regionen und Bevölkerungsgruppen (Art. 5).

Das Gesetz und unsere Politik der Entwicklungszusammenarbeit stehen im Zusammenhang mit Überlegungen allgemeinerer Art. In der Schweiz wie in anderen Ländern sowie in den internationalen Organisationen bemüht man sich darum, sich präziser als noch vor zehn Jahren auf die Leitlinien der gemeinsamen Entwicklungspolitik der Entwicklungsländer und der Länder, die ihnen technische und finanzielle Unterstützung gewähren, zu einigen, damit die echten Anliegen der Entwicklungszusammenarbeit - vor allem die Verbesserung des Loses der Ärmsten - tatsächlich verwirklicht werden können. Man ist heute nicht mehr der Meinung, dass Wirtschaftswachstum, so notwendig es auch ist, allein für eine Lösung der Probleme eines Landes und vor allem für eine automatische Verbesserung des Loses der Ärmsten ausreicht. Die Erfahrung hat gezeigt, dass auch die starke wirtschaftliche Wachstumsrate einiger Länder eine Verschlechterung der Lage der Bevölkerungsmehrheit nicht verhindern konnte.

Schlimmer noch: ein falsch ausgerichtetes Wirtschaftswachstum, bei dem die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung nicht im Vordergrund steht, kann mit der Zeit sogar jede Möglichkeit für eine Entwicklung, die wirklich auf die Bedürfnisse der Bevölkerung abgestimmt ist, blockieren.

Legen die Regierungen der Entwicklungsländer zu grosses Gewicht auf die quantitativen Aspekte des Wachstums, wollen sie vor allem einen modernen Sektor aufbauen und lassen sie dabei ausser acht, dass die Entwicklung allen, in erster Linie den Ärmeren zugute kommen sollte, dann müssen unsere technische Zusammenarbeit und unsere
Finanzhilfe unbedingt direkt zugunsten der Regionen und Bevölkerungsschichten eingesetzt werden, die von den Entwicklungsanstrengungen der Regierung nicht oder nur am Rande erreicht werden.

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Allerdings gibt es zahlreiche Regierungen in der Dritten Welt, welche ihre Entwicklungspolitik der Struktur und den aktuellen Möglichkeiten ihrer Wirtschaft anpassen. Sie anerkennen die Bedeutung des landwirtschaftlichen Sektors und die Notwendigkeit, ihm einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung dadurch zu erhalten, dass Arbeitsplätze geschaffen und nicht nur die Land- und Forstwirtschaft, sondern auch die Kleinindustrie, das Handwerk und die Dienstleistungen ausgebaut werden. Sie investieren also zugunsten der ärmeren Bevölkerung.

Vor allem in diesen Fällen ist eine Unterstützung und Stärkung der Wirtschaftsund Sozialpolitik des betreffenden Landes durch unseren Beitrag wesentlich.

Allgemein bestehen verschiedene Möglichkeiten, mit unserer Entwicklungshilfe die ärmeren Bevölkerungsschichten eines Landes zu erreichen: - Man kann Investitionen der Regierungen oder der örtlichen Behörden in armen Regionen des Landes unterstützen oder unter Umständen sogar anregen, damit dort die Voraussetzungen für ein ausgeglicheneres Wirtschaftswachstum geschaffen, die Ansiedlung neuer Produktionszweige und die Schaffung von Arbeitsplätzen gefördert oder auch mangelhafte soziale Infrastrukturen verbessert werden.

- Man kann, auch in fortgeschritteneren Regionen, direkte Unterstützungsmassnahmen für besonders benachteiligte Bevölkerungsgruppen organisieren.

Wir tun dies selbstverständlich mit unserer humanitären Hilfe, doch können dabei auch die technische Zusammenarbeit und die Finanzhilfe auf verschiedene Art eingesetzt werden: beispielsweise können Arbeitsplätze als Verdienstmöglichkeiten für einkommenslose Familien geschaffen werden; entwurzelten Bauern oder arbeitslosen Landarbeitern können Produktionsmittel, z. B. Land, Vieh oder Geräte zur Verfügung gestellt werden. Ferner kann die Entwicklung von handwerklichen Tätigkeiten und von Dienstleistungen dadurch gefördert werden, dass die Interessierten eine Ausbildung erhalten und ihnen die Möglichkeit zur Aufnahme von Krediten sowie technische Hilfe gegeben wird. Diese Art von Unterstützung erfordert ein Eingreifen örtlicher Organe, die fähig sein müssen, solche Initiativen finanziell, technisch und administrativ zu unterstützen.

- Investitionen im sozialen Bereich, der Aufbau von Gesundheitsdiensten, die Versorgung ländlicher Regionen und städtischer
Erschliessungsgebiete mit Trinkwasser sowie das Angebot von elementaren Ausbildungsmöglichkeiten, . vor allem für Frauen, sind weitere Mittel im Kampf gegen das Elend und einige seiner schlimmsten Folgen.

- Die Schaffung von Arbeitsplätzen ist ein ganz wichtiges Ziel unserer Entwicklungszusammenarbeit. Insbesondere geht es bei unserer Strategie einer Befriedigung der Grundbedürfnisse darum, die Produktion solcher Güter und Dienstleistungen auszubauen, deren die grosse Masse der Bevölkerung unmittelbar bedarf, die aber nur in völlig ungenügendem Mass zur Verfügung stehen: Nahrung, Kleidung, Wohnung, Gesundheitsdienste, Ausbildung, Wasserversorgung, Küchengeräte, einfache Möbel. Die Produktion der grundlegenden Güter und Dienstleistungen lässt sich weitgehend mit Hilfe einfacher, meist handwerklicher und arbeitsintensiver Techniken verwirklichen. Die zahlreichen Klein- und Einmannbetriebe, die mit einfachen Mitteln Güter des täglichen Bedarfs herstellen oder reparieren, könnten unter diesen

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Voraussetzungen viel leichter in den Wirtschaftskreislauf einbezogen werden und wettbewerbsfähig produzieren. Dies käme unmittelbar der breiten Bevölkerung und der Verbesserung ihrer Existenzbedingungen zugute. Wir bemü-hen uns, diese Strategien bei unseren Aktivitäten im Rahmen der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe einzuhalten und so in erster Linie die Wirtschaftssektoren zu unterstützen, die für die Masse der Bevölkerung produzieren, wodurch direkt oder indirekt besonders den ländlichen Kreisen, den Handwerkern und den kleinen Unternehmern geholfen wird.

Wie immer die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Strukturen der verschiedenen Entwicklungsländer beschaffen sein mögen, die bilateralen und multilateralen Entwicklungsorganisationen sind sich alle bewusst, dass nicht nur ausschliesslich die Tätigkeiten der Regierungen, sondern in der einen oder anderen Form alle Initiativen, woher sie auch kommen mögen, unterstützt werden müssen. Von den Behörden wird ein Entgegenkommen zur Erleichterung dieser Art der Intervention erwartet. Gewünscht wird ausserdem überall eine dynamischere Politik zugunsten der am meisten Benachteiligten, zugunsten der Arbeits- und Einkommenslosen; diese sind für die Entwicklung des Landes zu mobilisieren. Doch ist es nicht immer einfach, für Initiativen offen und zur Hilfe bereit zu sein, ohne deren Ziele zu verfälschen, die Erwartungen derjenigen tatsächlich zu erfüllen, die an der Verbesserung ihres Loses arbeiten wollen, ohne ihnen durch allzu massive Unterstützung jeden Eigenantrieb zu nehmen.

Von Nutzen ist der Aufbau von dezentralisierten Strukturen parallel zu den Entwicklungsanstrengungen der nationalen Behörden; solche Strukturen sollten in der Lage sein, die nach und nach aufkommenden Initiativen eines Landes aktiv zu fördern. Unsere Entwicklungszusammenarbeit kann auch hier einen Beitrag leisten.

Hand in Hand mit dem Abbau der Ungleichheiten zwischen den Staaten sollte das Bemühen um grössere Gleichheit im Innern jedes Landes gehen. Dies ist selbstverständlich zuerst Sache der staatlichen Behörden und der Bürger: die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Strukturen sind so zu gestalten, dass die elementarsten Rechte der Menschen geachtet werden: Freiheit der Meinung und der Meinungsäusserung, Religionsfreiheit, aber auch die Möglichkeit,
sich und seine Familie zu ernähren, ein Dach über dem Kopf zu haben, sich zu kleiden, sich bei Krankheit zu pflegen und sich auszubilden. Die meisten Entwicklungsländer unternehmen - mehr oder weniger grosse und vor allem mehr oder weniger erfolgreiche - Anstrengungen in dieser Richtung. Nur allzu häufig fehlen jedoch die finanziellen und personellen Mittel. Eine der Hauptaufgaben unserer technischen Zusammenarbeit und unserer Finanzhilfe ist es aber gerade, die Bevölkerung und die Behörden in ihrem Bemühen um das Überleben und vor allem ein allmählich besseres Leben jedes Einzelnen im Land zu unterstützen. Diese Ziele sind uns vom Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe gesteckt. Diese Aufgabe verfolgen wir tagtäglich bei der Vorbereitung und Durchführung unserer Projekte der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe und bei unserer Zusammenarbeit mit den internationalen Organisationen.

1335

312

Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit

Die flagrante Nichtbeachtung der Menschenrechte kann die Fortführung eines Entwicklungszusammenarbeitsprogramms in Frage stellen. Die Situation muss aber von Fall zu Fall untersucht werden und erfordert ein differenziertes Vorgehen. Sehr breite Bevölkerungsschichten der Länder, in denen Verletzungen der Menschenrechte vorkommen, leben oft in sehr schwierigen Verhältnissen und leiden unter diesen Verletzungen. Wir sind zum Schluss gekommen, dass es daher ausser in extremen Situationen angezeigt ist, unsere Zusammenarbeitsanstrengungen zugunsten der Ärmsten nicht aufzugeben. Wegen der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, einer verminderten Nahrungsmittelproduktion, der Schliessung der Spitäler und Pflegestationen, der Unmöglichkeit, weiterhin wesentliche Güter einzuführen und weil ein bedeutender Teil der Bevölkerung keine Beschäftigung mehr hat, können Leben in Gefahr sein. Unter solchen Umständen können die Projekte der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe, die direkt den am meisten benachteiligten Bevölkerungsgruppen zugute kommen, zwar nicht die Achtung aller Rechte der menschlichen Person gewährleisten, aber doch wenigstens zum Überleben von Leuten beitragen, die für das Verhalten ihrer Behörden nicht verantwortlich, aber dessen Opfer sind. Im Rahmen unserer bilateralen Zusammenarbeit untersuchen wir deshalb von Fall zu Fall nicht nur die Politik des Landes in bezug auf die Menschenrechte, sondern auch die vorhandenen praktischen Möglichkeiten, die Folgen dieser Politik abzuschwächen. In den internationalen Organisationen, deren Mitglied wir sind, unternehmen wir dieselbe Anstrengung. Wir greifen immer zugunsten der Achtung der Menschenrechte ein, wenn dies nützlich sein kann. Wir sind aber gleichzeitig der Ansicht, dass der Bevölkerung weiterhin Hilfe in bestimmten Formen gewährt werden kann, wenn diese Hilfe dazu beiträgt, die Folgen der Nichtbeachtung der Menschenrechte abzuschwächen, und nicht dazu, diese Politik zu stärken.

32

Die bilaterale technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe

Wir werden in Kapitel 324 sehen, wie die Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (DEH) - manchmal mit Hilfe oder durch Vermittlung anderer Organisationen - auf den Gebieten der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe tätig ist. In Kapitel 325 wird dargelegt, wie sie bei der Evaluation der Projekte verfährt. Es scheint uns aber angezeigt, erst zu erklären, wie die Projekte für technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe identifiziert und vorbereitet werden (Kapitel 321 und 322), bevor in Bern ein Entscheid gefällt und ein Vertrag mit unseren Partnern der Dritten Welt abgeschlossen wird (Kapitel 323).

321

Projektauswahl; länderspezifisches Vorgehen

Die Entwicklungsländer bemühen sich, ihre notwendigen Investitionen zu bestimmen, neue produktive Tätigkeiten vorzusehen und die Entwicklung der sozialen Infrastruktur zu planen. Sie legen die vordringlichen Sektoren ihrer künf1336

tigen Anstrengungen und die optimale Zuteilung der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel fest. Die nationalen oder lokalen Behörden, andere öffentliche oder halböffentliche Organe oder auch private Organisationen nehmen Kontakt mit Hilfsorganisationen auf, wenn sie glauben, dass eine technische Beratung oder eine Finanzhilfe die Verwirklichung ihrer Projekte ermöglichen würde. Sie müssen die Umrisse dieser Projekte einigermassen genau festlegen, damit jene, an die sie sich um Unterstützung wenden, die Berechtigung der Projekte beurteilen können. Es kommt deshalb bereits in diesem Stadium zu einem Dialog zwischen den Vertretern der Hilfsorganisationen und den Initianten dieser Projekte. Im Falle der Schweiz sind es die Vertreter der DEH in unseren Schwerpunktländern - die Koordinatoren - und die Beamten auf Mission in den Entwicklungsländern, mit denen diese Diskussionen meistens beginnen. Auch Vertretern privater schweizerischer Organisationen, unseren diplomatischen Missionen wie auch unseren Experten fällt diese Rolle manchmal zu.

In diesen Gesprächen legen wir unseren Gesprächspartnern erst die Ziele und Grundsätze unserer Zusammenarbeit sowie die Kriterien dar, denen wir unsere Hilfe unterordnen. Anschliessend geht es darum, in jeder Region und jedem Land die besonderen Kriterien unserer Politik zu bestimmen, um sie an die gegebene wirtschaftliche und soziale Lage anzupassen. Dies führt uns dazu, schrittweise zu Länderprogrammen überzugehen, für die wir sektorielle Schwerpunkte und den erwünschten Rahmen unserer Arbeit festlegen. Anhang 2 zeigt am Beispiel Obervolta, wie wir unsere Beziehungen mit einem Schwerpunktland aufgefasst haben.

322

Projektvorbereitung

Nach diesen ersten Kontakten und unter Berücksichtigung unserer Prioritäten, der Ziele der Empfänger und unseres Programmes für das betreffende Land entscheiden wir, ob wir ein bestimmtes Projekt weiterverfolgen wollen. Fällt der Entscheid positiv aus, so ersuchen wir unsere Partner, ihre Erwartungen uns gegenüber genauer zu umschreiben. Diese Vorbereitungs- und Planungsarbeit ist für den guten Ablauf des künftigen Projekts wesentlich. Sie vollzieht sich im allgemeinen in enger Zusammenarbeit mit unseren Vertretern an Ort oder solchen, die aus Bern kommen.

In einigen weniger fortgeschrittenen Ländern ist die Verwaltung nicht in der Lage, alle Projekte und Programme, die Unterstützung von aussen benötigen, allein vorzubereiten oder sie zu leiten. Ausländische Spezialisten können in diesem Fall den nationalen Equipen zur Verfügung gestellt werden, die mit der Entwicklungsplanung und -organisation beauftragt sind. Gleichzeitig bemühen sich die ausländischen Hilfsorganisationen, ihre verwaltungsmässigen Anforderungen herabzusetzen und, vor allem, zu harmonisieren. Die meisten von ihnen bemühen sich um Rationalisierung; sie planen die Hilfe für ein Land besser, sie bemühen sich, wie wir es mit unseren Koordinatoren tun, ständige Equipen an Ort und Stelle abzuordnen mit dem Auftrag, die nationalen Behörden bei der Vorbereitung von Entwicklungsprojekten und -Programmen zu unterstützen.

Schliesslich dezentralisieren die Hilfsorganisationen ihre Aktionen durch vermehrte Abstützung auf lokale Behörden, halbstaatliche Körperschaften und private Organisationen.

1337

Der Umfang der Bedürfnisse, die Zahl der Leute, denen wir helfen wollen und müssen, zwingt uns, nach und nach neue Vorgehensarten zu suchen, grössere Projekte vorzubereiten, die mehr Mittel und folglich auch eine bessere Vorbereitung verlangen.

Noch vor einigen Jahren bemühte man sich, kleine Projekte vorzubereiten, insbesondere wenn es sich um die Tätigkeiten zugunsten der ländlichen Bevölkerung handelte. Es waren dies oft Versuchsprojekte mit dem Ziel, neue Formen der Hilfe zu erproben: Diversifizierung der Bodenkulturen, Bewässerung, Organisation des Handels, soziale Dienste. Diese Projekte erlaubten, das Los der Bewohner eines Dorfes, einer Gemeinschaft oder einer kleinen Region wesentlich zu verbessern. Man hoffte, andere würden sich daran ein Beispiel nehmen und zur Ausbreitung der neuen Entwicklungsformen beitragen. In dieser Beziehung trat für uns eine grosse Ernüchterung ein: weder die benachbarten Bevölkerungsgruppen noch die lokalen, regionalen oder nationalen Behörden sind in der Lage, denselben Weg allein zu verfolgen. Deshalb bemühen sich die Entwicklungsländer heute, Hilfe von aussen zu erhalten, um dieselben Formen der Hilfe auf grössere Gebiete und weitere Bevölkerungsteile auszudehnen.

323

Prüfung der Projekte; Vertrag mit unseren Partnern

Wenn wir zusammen mit unseren Partnern den Rahmen unserer Zusammenarbeit und die beiderseits einzusetzenden Mittel (Personen, Geldmittel, Material) festgelegt haben, so bereiten die Koordinationsbüros und die geografischen Sektionen der DEH ein Dokument - den Kreditantrag - vor, der von den verantwortlichen Organen der DEH geprüft wird. Der Kreditantrag enthält ausführliche Angaben über die Natur und die Zielsetzungen unserer Hilfe, über unsere Partner, die Bedingungen unserer Unterstützung und die Nutzniesser unserer Aktion. Es wird auch geprüft, ob die Grundsätze des Gesetzes und die Ziele unserer Zusammenarbeitspolitik eingehalten werden, Schliesslich sind darin die verschiedenen Arten von Ausgaben zulasten des verlangten Kredits vorgesehen.

Der Bundesrat oder die zuständigen Departemente1) entscheiden auf dieser Grundlage, einen - im allgemeinen mehrjährigen - Verpflichtungskredit zulasten des Rahmenkredits zu eröffnen,2* Anschliessend wird vor Beginn der eigentlichen Projektausführung ein Vertrag über die gegenseitigen Verpflichtungen der Partner abgeschlossen. Formelle Vertragspartner sind fast in jedem Fall die Behörden des Empfängerlandes. Unsere eigentlichen Gesprächspartner sind jedoch diejenigen, mit welchen wir im Feld zusammenarbeiten. Es können dies nationale oder lokale Verwaltungen, halbstaatliche Körperschaften, Entwicklungsbanken, Forschungszentren, Handwerks-, Handels- oder Industriebetriebe sein. Oft sind es auch Genossenschaften, Produzenten-, Bauern- oder Handwerkervereinigungen, dörfliche Gemeinschaften und religiöse oder weltliche Vereinigungen ohne Erwerbscharakter.

')'Vgl. Verordnung vom 12, Dezember 1977 über die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe, Art. 15 (SR 974.01).

> In Anhang? findet sich die Liste der Projekte und Programme, für die bis zum 31. Dezember 1979 zu Lasten des Rahmenkredits von 735 Millionen Franken vom 21. Juni 1978 neue Verpflichtungen von Über 500 000 Franken eingegangen wurden.

2

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Wir müssen eng mit ihnen zusammenarbeiten und versuchen, ihnen nicht unsere eigenen Massstäbe und Entscheidungen aufdrängen zu wollen. Griffen wir allzu stark ein, so würden wir Gefahr laufen, die Besonderheiten des betreffenden Landes, seine Traditionen, seine Gebräuche und seine sozialen Strukturen zu vergessen. Wir würden also in jeder Beziehung etwas Unangepasstes schaffen, das nach unserem Weggang sogleich wieder verschwinden würde. Unser Anliegen muss es deshalb vor allem sein, dann verfügbar zu sein, wenn sich eine vielversprechende Initiative abzeichnet und wenn äussere Unterstützung sich als notwendig erweist.

In gewissen Sektoren - dies trifft vor allem im ländlichen Bereich zu - sollten wir Dutzende, ja Hunderte von Einzel- und Gemeinschaftsinitiativen unterstützen können, die jeweils nur einen geringen, den Umständen angepassten Aufwand erfordern. Aus diesem Grund greifen wir mehr und mehr auf öffentliche oder private Institutionen, insbesondere auf karitative Organisationen, zurück, die nach genauen, mit ihnen vereinbarten Regeln die Unterstützung individueller Initiativen selber organisieren dank Geld oder Material, das wir ihnen zur Verfügung stellen. Diese Hilfswerke verfügen über Experten, die ihre einheimischen Arbeitspartner technisch und verwaltungsmässig unterstützen können und die Kontrolle der zur Verfügung gestellten Mittel an Ort und Stelle sicherstellen.

324

Die Durchführung von Projekten der bilateralen technischen Zusammenarbeit und Finanzhilfe

Nachdem wir zusammen mit unseren Partnern die Ziele, die Aufgaben und den finanziellen Rahmen einer gemeinsamen Aktion festgelegt haben, kann die Durchführung in Angriff genommen werden. Dabei ist eine ganze Reihe von Problemen zu lösen: - Einsatz von Projeklmitarbeitern : Ob in Projekten der Entwicklungszusammenarbeit schweizerische Experten eingesetzt werden, hängt in erster Linie von den spezifischen Bedürfnissen des jeweiligen Projektes ab. Heutzutage wird die Verantwortung in zunehmendem Masse lokalen Fachleuten übertragen.

Schweizerische Experten, die in einem Projekt eingesetzt werden, stellt die DEH privatrechtlich an. Dies trifft vor allem für Projekte der technischen Zusammenarbeit zu. In der Finanzhilfe sind es meist die Behörden des Partnerlandes, welche einheimisches oder ausländisches Personal unter Vertrag nehmen.

- Beschaffung von Projektmaterial: Wie beim Projektpersonal, hängt es auch für die Beschaffung von Geräten, Maschinen, Fahrzeugen, Tieren, Sämereien zur Durchführung der Projekte in erster Linie von den vorhandenen Bedürfnissen und der jeweiligen Situation ab, wo das Material eingekauft wird. Ausschlaggebend muss vor allem sein, das am besten geeignete, den lokalen Verhältnissen angepasste Material so günstig wie möglich zu beschaffen und durch den Einkauf selber womöglich noch zusätzliche Entwicklungseffekte im Partnerland zu erzielen. Bei Projekten der technischen Zusammenarbeit geschieht der Einkauf des Materials auf Veranlassung des Projektpersonals, 1339

jedoch unter schweizerischer Kontrolle. Bei der Finanzhilfe beschaffen die Behörden des Partnerlandes das notwendige Material direkt, halten sich dabei aber an vertraglich vereinbarte Regelungen.

- Bau von Nutz- und Wohngebäuden: Es ist selbstverständlich, dass auch Projektbauten wie Schulgebäude, Krankenstationen, Ställe, Lagerhäuser oder Wohnungen für Projektmitarbeiter den lokalen Gegebenheiten so weit wie möglich angepasst werden müssen. Wir wenden daher möglichst die lokale, meist traditionelle Bauweise an und benützen in erster Linie einheimische Materialien. Geführt werden solche Baustellen in der Regel von einheimischen Baumeistern.

Die laufende Verwaltung und Leitung eines Projekts geschieht an Ort und Stelle. Verantwortlich dafür ist der jeweilige Projektleiter, der von verschiedenen Mitarbeitern unterstützt wird. Gemeinsam mit den Behörden des Partnerlandes üben unsere Koordinatoren die Oberaufsicht und gewisse Kontrollen über die Projektführung aus. Die Projektbuchhaltung wird anschliessend von der DEH, dann von der Eidgenössischen Finanzkontrolle überprüft.

Die Durchführung von Projekten der bilateralen technischen Zusammenarbeit und Finanzhilfe ist in den vergangenen Jahren immer anspruchsvoller und damit arbeitsintensiver geworden. Eine Vielfalt technischer und fachlicher Erfahrung ist dazu nötig. Wir übertragen deshalb einen Teil solcher Durchführungsaufgaben auch schweizerischen öffentlichen oder privaten Institutionen sowie bestimmten internationalen Organisationen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Partnerorganisationen aufgrund ihrer besonderen Erfahrung besser als die DEH in der Lage sind, ein bestimmtes Projekt zum erwünschten Ziel zu führen. In den folgenden Unterabschnitten beleuchten wir diese Formen der Aufgabenteilung etwas näher.

324.1

Die Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Institutionen der Schweiz

In dieser Zusammenarbeit unterscheiden wir zwei Hauptformen: - Aufträge zur Durchführung von Regieprojekten Für Regieprojekte trägt der Bund die Hauptverantwortung. Er ist es, der meist in direkter Absprache mit den Partnern in der Dritten Welt - die Ziele und die Mittel des Projekts festlegt. Mit der Durchführung jedoch betraut er einen Regieträger. Im Regievertrag wird festgelegt, welche Verantwortungen der Bund dabei der schweizerischen Partnerinstitution überträgt. In gewissen Fällen wird die Regie auf rein technische Aspekte beschränkt. In ändern Fällen übernimmt der Regieträger auch die Verantwortung für die Anstellung des schweizerischen Projektpersonals und für die Beschaffung des Materials.

In jedem Fall aber ist der Regieträger dem Bund und seinen Kontrollorganen Rechenschaft über seine Tätigkeit schuldig. Die Koordinatoren der DEH verfolgen den Projektablauf an Ort und Stelle.

Die wichtigsten Regieträger der vergangenen Jahre waren die beiden Hilfswerke Swisscontact und Helvetas sowie die Eidgenössische Technische Hoch1340

schule Lausanne. Daneben waren aber auch andere Hilfswerke, Universitätsinstitute und Finnen für die DEH tätig. Insgesamt hat der Bund für Regieprojekte im Jahre 1979 20 Millionen Franken aufgewendet.

Beiträge an Aktionen privater Hilfswerke Einige schweizerische Hilfswerke sind schon wesentlich länger als die DEH in der Entwicklungszusammenarbeit engagiert; sie haben schon zahlreiche Projekte durchgeführt und viel wertvolle Arbeit in Entwicklungsländern geleistet. Als private Organisationen sind sie häufig sogar eher als öffentliche Instanzen in der Lage, die Randschichten der Bevölkerung zu erreichen. Der Bund hat deshalb diese Hilfswerke unterstützt und finanziell an die Realisierung bestimmter Projekte beigetragen. Artikel 11 des Bundesgesetzes über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe hält denn auch fest: Der Bundesrat kann Bestrebungen privater Institutionen, die den Grundsätzen und Zielen dieses Gesetzes entsprechen, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen. Die Institutionen haben eine angemessene Eigenleistung zu erbringen.

Besonders erwähnt sei auch die finanzielle Unterstützung, die der Bund jenen privaten Organisationen gewährt, die Freiwillige in Entwicklungsländer entsenden. Obwohl der Bund selber kein Freiwilligenprogramm mehr unterhält, hat diese Art der Entwicklungszusammenarbeit auch in der kommenden dritten Entwicklungsdekade nach wie vor ihre positive Bedeutung.

1979 hat der Bund private schweizerische Hilfswerke mit insgesamt 17 Millionen Franken unterstüzt. Das enge Zusammenwirken von Bund und privaten Organisationen ist eine Besonderheit der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit. Es ist dies eine Möglichkeit, das grosse Erfahrungskapital beider Seiten optimal zu nutzen. Für die ständige Verbesserung des schweizerischen Beitrags an die internationale Entwicklungszusammenarbeit ist dieses Zusammenwirken somit eine wichtige Grundlage. Zwischen der DEH und schweizerischen Hilfswerken sind deshalb neuerdings wieder Gespräche darüber aufgenommen worden, wie die Zusammenarbeit weiter ausgedehnt werden kann.

324.2

Assoziierte Hilfe und Mitfinanzierung von Projekten internationaler Organisationen

Wie in Kapitel 33 beschrieben, zahlt die Schweiz im Rahmen ihrer technischen Zusammenarbeit an SpezialOrganisationen der UNO 1 ) keine allgemeinen Beiträge für technische Hilfe; diese wird durch das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) finanziert, zu dem wir beitragen. Hingegen arbeitet die DEH in zunehmendem Mass mit diesen Organisationen in der Weise zusammen, dass sie einzelne ihrer Projekte in der Form «assoziierter Hilfe» finanziert. Es handelt sich dabei um die Finanzierung von spezifischen Projekten, die durch eine SpezialOrganisation vorbereitet und auch selber ausgeführt werden.

» Vgl. Fussnote-> in Ziff. 332.1.

6l Bundcsblau. 132,Jahrg. Bd. II

1341

Die DEH wählt bei diesem Verfahren Projekte, die mit den Zielsetzungen der schweizerischen Hilfe übereinstimmen und die üblicherweise in einem ihrer Prioritätsländer liegen, autonom aus und legt gemeinsam mit der betreffenden Organisation die Projektbedingungen fest. Diese Art von Zusammenarbeit besteht gegenwärtig mit der FAO, der WHO, der UNESCO, der ILO und dem UNICEF.

Ähnlich arbeiten wir mit den Institutionen der multilateralen Finanzhilfe zusammen. Auch hier tritt die Schweiz als Geldgeber auf, der bei einem bestimmten Projekt eines Entwicklungsfonds oder einer Entwicklungsbank einen Teil der Finanzierung übernimmt. Bei diesen sogenannten «Mitfinanzierungen» kann die Schweiz wie bei der assoziierten Hilfe ein Vorhaben zur Beteiligung auswählen, das hinsichtlich der Zielsetzung sowie des begünstigten Entwicklungslandes mit ihren eigenen Prioritäten übereinstimmt. An solchen Mitfinanzierungen beteiligen sich oft nicht nur einer, sondern mehrere Staaten, wodurch die Verantwortung für Vorhaben grossen Ausmasses besser verteilt wird. Wir haben zwei solche Finanzhilfeprojekte mitfinanziert: zusammen mit der IDA, dem Asiatischen Entwicklungsfonds und vier ändern Ländern den Bau einer Düngemittelfabrik in Bangladesh * sowie zusammen mit der IDA, dem Afrikanischen Entwicklungsfonds und Kanada ein landwirtschaftliches Entwicklungsprojekt im Westen von Obervolta.

Beide Arten dieser multi-bilateralen Hilfe, die Mitfinanzierung und die assoziierte Hilfe, ermöglichen es einem kleinen Land wie dem unsrigen, von der technischen und administrativen Erfahrung der internationalen Hilfsorganisationen zu profitieren und gleichzeitig sein eigenes, bilaterales Programm in bestimmten Ländern unter Wahrung eigener entwicklungspolitischer Prioritäten zu ergänzen.

325

Projekt-Evaluation

Die klassische Aufgabe der Evaluation besteht in erster Linie darin, die erzielten Resultate mit den dem jeweiligen Projekt gesetzten Zielen und den Anstrengungen, die im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit unternommen werden, zu vergleichen und dadurch Aussagen über die Wirksamkeit der Hilfe zu ermöglichen. Solche Aussagen sollen sodann zu Empfehlungen darüber führen, wie diese Wirksamkeit verbessert werden kann.

Die weitherum anerkannte Grundaufgabe der Evaluation kann in der Praxis jedoch sehr unterschiedlich ausgestaltet werden. Das wird deutlich, wenn wir uns z.B. vergegenwärtigen, auf welche verschiedenen Aspekte eines Projekts sich das Interesse der Evaluation richten kann. Es seien nur vier davon genannt: 1. Die materielle Leistung und der menschliche Einsatz, die im Rahmen eines Projekts erbracht werden; 2. die messbaren Ergebnisse der getroffenen Massnahmen; 3. der unmittelbare Zweck oder Nutzen, der mit den Ergebnissen oder Produkten von Entwicklungsmassnahmen erreicht wird; 4. die umfassenden gesellschaftlichen Ziele, in deren Dienst das Projekt steht.

» Bundesbeschluss vom 3. Oktober 1975 (AS 1976 2344), 1342

Was mit diesen Begriffen praktisch gemeint ist, zeigen wir im Anhang am konkreten Beispiel der Evaluation der Ingenieur-Fakultät von Dar-es-Salaam auf (Anhang 2).

Mit den Fragen nach «input», «output» und erhöhter Effizienz richtet sich die Evaluation weitgehend auf quantitative, organisatorische und administrative Probleme. Ihre Lösungen liegen oft im Verantwortungsbereich unserer eigenen Experten, sind planbar und auch durchsetzbar. Die Evaluation erweist sich damit als Instrument eines erfolgsorientierten Projektmanagements.

Die Fragen nach Zielkonformität und Zweckerfüllung eines Projekts führen dagegen auch in Zusammenhänge, die oft ausserhalb des Wirkungsbereichs eines effizienten Projekt-Managements liegen. Lösungen sind hier unter Umständen aller Tüchtigkeit der Planer und Experten zum Trotz nicht oder nur noch bruchstückhaft machbar. Aus der Evaluation ergeben sich somit nebst praktischen Anweisungen zur Verbesserung der Effizienz eines Projekts auch Anstösse zur vertieften Reflexion über seine längerfristige Zielkonformität. Aus solchen Überlegungen können dann Empfehlungen zur Veränderung, Ergänzung, Ausdehnung oder gar zum Abbruch einer Aktion entstehen.

33

Die multilaterale technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe

Die Staatengemeinschaft erbringt gemeinsam im Rahmen einer Anzahl multilateraler Organisationen eine allgemeine oder spezifische Hilfe zugunsten der Dritten Welt. Alle Länder beteiligen sich an diesem Aufbauwerk, dem sich auch die Schweiz aus Gründen, auf die wir in Kapitel 331 eingehen werden, nicht entziehen kann. Unter Kapitel 332 werden wir diese Organisationen beschreiben und in Kapitel 333 über unsere Zusammenarbeit mit ihnen Auskunft geben.

331

Die Gründe für die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit

Aus dem Willen aller Staaten zur gemeinsamen Anstrengung und gemeinsamen Lösung von grenzüberschreitenden Problemen haben sich die internationalen Organisationen und ihre Programme zugunsten der Länder der Dritten Welt entwickelt. Im gleichen Geist internationaler Solidarität hatten verschiedene Organisationen schon in der Nachkriegszeit Aktionen zugunsten der kriegsgeschädigten Länder Europas durchgeführt, namentlich der UNICEF mit seiner Hilfe für Kinder und die Weltbank mit ihrem Wiederaufbauprogramm. Heute unternimmt die Staatengemeinschaft gemeinsame Anstrengungen, um die wirtschaftliche und soziale UnterentwickJung der Dritten Welt zu überwinden. Diese Solidarität kommt besonders in der multilateralen Hilfe zum Ausdruck: Die Industriestaaten erbringen einerseits ihre Leistungen gemeinsam, und anderseits werden Politik und Tätigkeit der internationalen Organisationen durch Industrieund Entwicklungsländer gemeinsam mitbestimmt.

Die multilaterale Hilfe ergänzt die bilaterale in vielen Gebieten, sie erlaubt eine gewisse Koordination der weltweiten Entwicklungszusammenarbeit, sie fördert die Zusammenarbeit der einzelnen Geber- und Empfängerstaaten untereinander. In immer mehr Bereichen wird nach multilateralen Lösungen gesucht, und

die Schweiz kann sich dieser Tendenz nicht verschliessen, wenn sie nicht von aller Welt abseits stehen und sich international immer mehr isolieren will. Sie hat sich deshalb an der Arbeit und dem Wandel der meisten Organisationen von Anfang an beteiligt. Heute ist unser Land Mitglied bei fast allen Sonderorganisationen der UNO.

Die multilaterale Hilfe ist ein fester Bestandteil unserer gesamten öffentlichen Entwicklungshilfe. Es gibt keine getrennten Zielsetzungen für unsere bilaterale und multilaterale Entwicklungszusammenarbeit. Auch die multilaterale Hilfe unterliegt dem Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, und ihre Grundsätze entsprechen den darin festgelegten Zielsetzungen. Dabei sind die Tätigkeit der internationalen Organisationen ebenso wie unsere bilateralen Hilfeleistungen stets verbesserungsfähig.

Durch eine aktive Mitwirkung in den verschiedenen Organisationen bemühen sich die schweizerischen Vertreter nicht nur um die Kontrolle der Tätigkeit, sondern, wenn nötig, auch um Reformen von innen heraus.

Wenn deshalb in diesem Kapitel die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit getrennt behandelt wird, so geschieht dies nicht darum, weil es sich um eine andere Art der Hilfe handelte. Vielmehr erfolgt die getrennte Darstellung aus dem Bestreben, die besonderen Merkmale und Gründe aufzuzeigen, durch die sich die multilaterale von der bilateralen Hilfe abhebt. Diese lassen sich im einzelnen wie folgt umschreiben : - Für die Tätigkeiten der multilateralen Organisationen gilt der Grundsatz der Universalität. Damit erreichen sie auch solche Länder, die nicht in den Genuss schweizerischer bilateraler Hilfe gelangen, weil sich diese notwendigerweise auf relativ wenige Länder konzentrieren muss. Die multilaterale Hilfe bedeutet eine Ausweitung des Geberkreises und damit die Entpolitisierung der internationalen Unterstützung. Deshalb erachten viele Entwicklungsländer die multilaterale Hilfe als besonders wichtig.

- Als Mitglieder der Institutionen multilateraler Zusammenarbeit können die Länder der Dritten Welt bei deren Politik, der Festsetzung der Ziele und Durchführung der Programme mitwirken.

- Durch ihre Spezialisierung auf bestimmte Gebiete wie Gesundheit, Ernährung, Landwirtschaft haben sich die internationalen Organisationen Sachwissen und
Erfahrungen angeeignet, welche innerhalb der verhältnismässig kleinen Verwaltung eines einzelnen Landes nur beschränkt oder überhaupt nicht vorhanden sind. Es ist auffallend, dass die Verantwortlichen für bilaterale Hilfsprogramme sich für die endgültige Ausarbeitung oder gar Durchführung ihrer Projekte zunehmend an die Spezialisten der internationalen Organisationen wenden und die eigene Mitwirkung auf die Finanzierung beschränken.

Die Konzentration von Fachwissen und Erfahrung in einer einzelnen Organisation auf einem bestimmten Gebiet trägt dazu bei, Doppelspurigkeiten in der Tätigkeit der internationalen Institutionen einzuschränken oder zu vermeiden.

- Die Vertreter der internationalen Organisationen sind oft eng in die Entwicklungsplanung einzelner Länder miteinbezogen. Die Beschäftigung mit Planungsaufgaben sowie die Operationelle Erfahrung führen immer wieder zu neuen entwicklungspolitischen Anregungen, die nicht nur für andere Organi-

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sationen, sondern auch für die bilaterale Hilfe fruchtbar sind. Auch die Schweiz erhält durch die internationalen Organisationen neue Anstösse für ihre eigene Entwicklungszusammenarbeit. Die Projekte dieser internationalen Organisationen tragen zu neuen entwicklungspolitischen Ansätzen bei, namentlich im Bereich der «integrierten» ländlichen Entwicklung, zur Gestaltung von Projekten zugunsten der ärmsten Bevölkerungsschichten usw.

Internationale Organisationen verwirklichen mit ihren Spezialisten und den im Vergleich zu bilateralen Programmen beträchtlichen finanziellen Mitteln umfassende Vorhaben, welche die Möglichkeiten bilateraler Hilfe übersteigen. Es gibt grosse Investitionsvorhaben auf technischem und finanziellem Gebiet, die nötig sind, die aber für ein kleines Land ausserhalb des Möglichen liegen. Dazu gehören namentlich auch regionale Vorhaben, deren Nützlichkeit für bestimmte Aufgaben in jüngster Zeit immer mehr erkannt wird.

Ein Beispiel dafür ist der Kampf gegen die Onchozerkose, eine Krankheit, die durch Insekten übertragen wird und die mit der Zeit zur Blindheit führt.

Sie kommt vor allem in den afrikanischen Ländern Elfenbeinküste, Ghana, Togo, Benin, Niger, Obervolta und Mali vor, also in einer ganzen, zusammenhängenden Region. Da die Seuche überall dieselbe Ursache hat, haben sich die betroffenen Entwicklungsländer entschlossen, regional gegen die Krankheit vorzugehen. Die durch diese regionale Lösung bedingten Kosten sind so hoch, dass ein einzelnes Land sie nicht allein hätte tragen können.

Die Aufgaben wurden deshalb mehreren internationalen Organisationen zur Ausführung übertragen, namentlich der Weltbank, der Weltgesundheitsorganisation sowie dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen.

Die multilaterale Hilfe ist ungebunden, d.h. sie wird nicht mit der Auflage versehen, Ausrüstungsgegenstände in einem bestimmten Land zu kaufen. Die Ausschreibungen erfolgen international, Entwicklungsländer können sich an Materiallieferungen beteiligen, die Güter werden dort eingekauft, wo das Preis- und Qualitätsangebot am günstigsten ist. Die Mitwirkung der Schweiz bei internationalen Organisationen ermöglicht überdies der Wirtschaft unseres Landes, sich an Ausschreibungen zu beteiligen und Güter und Dienstleistungen zu liefern.

Mit der Mitwirkung in internationalen Gremien sind
auch Kontrollrechte verbunden. Sie sind von Organisation zu Organisation verschieden ausgebaut, doch hat ein Mitgliedstaat überall die Möglichkeit, die Politik der Organisation zu beeinflussen, die Verwendung der Mittel zu überwachen und die konkreten Resultate der Projekttätigkeit zu kontrollieren.

Als nützlich für die Koordination der internationalen Hilfe haben sich die internationalen Konsultativgruppen erwiesen, in denen bilaterale und multilaterale Geber zusammen mit den Empfängerländern die verschiedenen Hilfsprogramme besprechen und nach Möglichkeiten suchen, diese im Hinblick auf die nationalen Entwicklungspläne aufeinander abzustimmen.

332

Die Institutionen der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit

Praktisch alle internationalen Organisationen, die in einem bestimmten Bereich tätig sind, befassen sich im Rahmen ihrer Programme auch, zum Teil sogar 1345

hauptsächlich mit Entwicklungszusammenarbeit. Sie versuchen auf ihrem Gebiet mit Spezialprogrammen den spezifischen Anliegen und Problemen der Entwicklungsländer gerecht zu werden. Diese Entwicklungszusammenarbeit der internationalen Organisationen umfasst sowohl bilaterale technische wie auch finanzielle Hilfe. Die meisten Entwicklungsprojekte, ob bi- oder multilateral, weisen technische und finanzielle Komponenten auf, wobei die Hilfeleistung in verschiedenen Formen erfolgt: Entsendung von Entwicklungsexperten, Finanzierung von Projektausrüstungen, technische Dienstleistungen. An zahlreichen Projekten sind deshalb oft mehrere internationale Organisationen beteiligt, einerseits solche, die sich vor allem auf technische Hilfe spezialisiert haben (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), UN-Spezialorganisationen), anderseits jene, die sich hauptsächlich mit Finanzierungen befassen (Entwicklungsbanken und -fonds).

332.1

Multilaterale technische Hilfe

Der wesentliche Teil der multilateralen technischen Hilfe, die den Entwicklungsländern zugutekommt, wird von zahlreichen internationalen Institutionen erbracht, die alle dem System der Vereinten Nationen angehören. ') Zur Hauptsache wird sie durch das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) finanziert und umfasst zahlreiche wirtschaftliche und soziale Bereiche.

Die Zusammenarbeit zwischen UNDP, den SpezialOrganisationen und den Entwicklungsländern geht so vor sich: - Das UNDP legt, ausgehend von einem auf fünf Jahre geplanten Budget (sogenannter «Programmzyklus»), für jedes Entwicklungsland den Betrag fest die indikative Planungsziffer -, den dieses vom Programm erwarten kann.

- Aufgrund dieser «mdikativen Planungsziffern» erstellt das Land, oft in enger Zusammenarbeit mit Vertretern des UNDP, sein Landesprogramm, worin es die Vorhaben beschreibt, die es mit den Mitteln des UNDP zu finanzieren gedenkt. Die Entscheidung, welcher internationalen Organisation (FAO, WHO, UNESCO usw.) die Ausführung anvertraut werden soll, ergibt sich weitgehend aus der Natur der Projekte und obliegt dem Entwicklungsland.

- Das UNDP genehmigt die Länderprogramme und bezahlt die ausführenden Organisationen für die Durchführung der Projekte.

- In jedem Entwicklungsland hat das UNDP einen ständigen Vertreter, welcher die Arbeit der ausführenden SpezialOrganisationen koordiniert.

') Dazu gehören u., a.

- FAO Organisation für Ernährung und Landwirtschaft

- ILO - ITU - UNESCO -

UNICEF UNIDO WHO WMO

Internationale Arbeitsorganisation Internationaler Fernmeldeverein Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung Weltgesundheitsorganisation Weltorganisation für Meteorologie

Der Vorteil dieser Zusammenarbeit zwischen UNDP, SpezialOrganisationen und Entwicklungsländern besteht darin, dass sie den Ländern der Dritten Welt ein grosses Mass an Mitbestimmung in bezug auf Planung und Ausführung der Vorhaben überlässt, für welche sie Mittel des UNDP einsetzen wollen. Sie erlaubt ihnen, die Länderprogramme des UNDP auf ihre nationalen Entwicklungspläne abzustimmen. Zudem unterstreicht sie die Tatsache, dass es letztlich die Entwicklungsländer sind, welche die umfassende Verantwortung für Wahl und Ausführung von Entwicklungsprojekten tragen, und zwar auch gegenüber den SpezialOrganisationen. Dies ist insofern von besonderer Bedeutung, als heute die Wichtigkeit eines auf Förderung der Eigenständigkeit ausgerichteten Entwicklungsprozesses («self-reliance») betont wird. Das UNDP hilft in erster Linie den ärmeren Entwicklungsländern, obwohl es an sich eine universal tätige Organisation ist und grundsätzlich allen Entwicklungsländern mit technischer Hilfe beisteht. Zur zusätzlichen Förderung der 31 ärmsten Länder wurde im Rahmen des UNDP der Fonds geschaffen, an welchen jene Mitglieder beitragen, die den Einsatz des UNDP zugunsten dieser am wenigsten entwickelten Länder noch mehr verstärken wollen.

332.2

Multilaterale Finanzhilfe

Neben den internationalen Organisationen, die sich mit der Vermittlung der technischen Hilfe befassen, gibt es jene, die sich auf die Finanzhilfe an Entwicklungsländer spezialisiert haben. Es handelt sich meistens um Projekte im Bereich der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, die sehr viel kosten und oft die Möglichkeiten eines einzelnen Landes übersteigen. Vor allem auch im Zusammenhang mit der zunehmenden Konzentration auf Vorhaben der ländlichen Entwicklung wird in den letzten Jahren immer mehr Finanzhilfe unter dem Gesichtspunkt der sozialen Rentabilität gewährt.

Weltweit zu den wichtigsten Finanzhilfe-Organisationen gehören die Weltbank, die regionalen Entwicklungsbanken sowie eine Reihe von Entwicklungsfonds, die institutionell meistens mit einer der Banken verbunden sind. Die Schweiz ist weder Mitglied der Weltbank noch des damit verbundenen Entwicklungsfonds IDA. Unsere Beteiligung am Kapital der regionalen Entwicklungsbanken geht zu Lasten eines besonderen Rahmenkredits. '> Die Mittel des hier beantragten Rahmenkredits hingegen werden uns eine Beteiligung der Wiederauffüllung folgender Entwicklungsfonds ermöglichen2); - Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (FIDA); - Asiatischer Entwicklungsfonds (ADF), mit der Asiatischen Entwicklungsbank verbunden; - Afrikanischer Entwicklungsfonds (FAD), zur Afrikanischen Entwicklungsbank gehörig; - Fonds für SpezialOperationen (FSO), der von der Interamerikanischen Entwicklungsbank verwaltet wird; - Ausrüstungsfonds der Vereinten Nationen; - Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA).

') Vgl. Kapitel 212 > Vgl. Anhang 8

2

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Die Entwicklungsfonds werden hauptsächlich von den finanziell stärkeren Mitgliedern aus öffentlichen Mitteln gespeist, und zwar «à fonds perdu». Sie finanzieren Darlehen zu sehr günstigen Bedingungen, d. h. mit einer Laufzeit von bis zu 50 Jahren und mit einem Zinssatz von durchschnittlich l Prozent. Die Mittel der Fonds werden regelmässig wieder aufgefüllt, wobei sich eine Wiederauffüllung jeweils auf mehrere Jahre erstreckt. Zu den Empfängern der Fondsmittel gehören ausschliesslich die ärmeren Länder.

Die Entwicklungsfonds - wie auch die Entwicklungsbanken - beschränken ihre Mitwirkung nicht auf die Finanzierung eines Projektes. Sie erbringen eine ganze Reihe von Dienstleistungen während der verschiedenen Projektphasen. ') 333

Wie arbeitet die Schweiz mit diesen Organisationen zusammen?

Unser Land wirkt in den Organisationen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit aktiv mit und ist in deren leitenden Organen direkt oder indirekt vertreten. Seine Mitwirkung ermöglicht ihm, seine eigene Auffassung über entwicklungspolitische Zusammenarbeit zu Gehör zu bringen, die Politik der Organisationen mitzubeeinflussen sowie deren Finanzgebaren zu kontrollieren.

Die bisher gemachten Erfahrungen in den Aufsichtsorganen bestätigen, dass es uns in der Tat möglich ist, durch Mitgliedschaft in diesen Gremien die Politik der Organisationen zu beeinflussen und damit indirekt die Verwendung unserer eigenen Beiträge zu kontrollieren.

333.1

Die multilaterale technische Hilfe

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) ist zurzeit der grösste Nutzniesser unserer multilateralen technischen Hilfe.2) Die Höhe unserer Beteiligung entspricht der Bedeutung des UNDP, dessen Zielsetzungen mit den schweizerischen entwicklungspolitischen Vorstellungen übereinstimmen und das heute eine zentrale Stelle innerhalb der internationalen technischen Hilfe einnimmt. Führungsorgan des UNDP ist ein 48köpfiger Verwaltungsrat, der mindestens einmal im Jahr zusammentrifft. Die Schweiz ist seit der Gründung der Organisation ständig Mitglied des Verwaltungsrats gewesen. Jeder Entscheid des Verwaltungsrats bedarf des allgemeinen Konsenses. Die Kontrollmöglichkeiten gegenüber dem UNDP erschöpfen sich aber nicht in der Mitwirkung im Verwaltungsrat. Durch die Koordinatoren der DEH in den einzelnen Entwicklungsländern ergeben sich ständige Kontakte mit den Vertretern des UNDP. Die Koordinatoren kennen viele Projekte des UNDP und sind in der Lage, diese aus eigener Anschauung zu beurteilen.

") Vgl. die Botschaft des Bundesrates vom 12. März 1979 über die Beteiligung der Schweiz an der Kapitalerhöhung der Asiatischen, der Interamerikanischen sowie der Afrikanischen Entwicklungsbank (BEI 1979 I 873).

2 > Vgl. Anhang 8.1.

1348

Was hier über den UNDP-Verwaltungsrat gesagt wurde, lässt sich mutatis mu^ tandis auch von den leitenden Organen anderer Organisationen sagen, in denen wir Mitglied sind.

Von wachsender Bedeutung ist der Kontakt und die Koordination zwischen unseren Mitarbeitern in eigenen bilateralen Projekten und den Vertretern internationaler Organisationen in den Entwicklungsländern selbst. Dies gilt vor allem für die umfangreichen, oft über die Grenzen eines einzelnen Entwicklungslandes hinausführenden Vorhaben der Organisationen, die sich manchmal auf ganze Regionen auswirken. Gelegentlich arbeiten wir sogar mit internationalen Organisationen an ein und demselben grossen Projekt direkt zusammen.

333.2

Die multilaterale Finanzhilfe

Die multilaterale Finanzhilfe der Schweiz konzentriert sich im wesentlichen auf die drei regionalen Entwicklungsbanken, die von ihnen abhängigen Fonds sowie auf den FIDA. Der vorliegende Rahmenkredit wird, wie gesagt, ausschliesslich für Beiträge an Entwicklungsfonds dienen, nicht aber für Kapitalbeteiligungen an Entwicklungsbanken. Wir haben uns wie folgt beteiligt: Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (FIDA): Mit ihrem Beitritt zum FIDA im Jahr 1977 hatte sich die Schweiz verpflichtet, einen ersten Beitrag von 22 Millionen Franken zu leisten, der in drei jährlichen Zahlungen zu entrichten war. Im Laufe des Jahres 1980 werden sich die Mitgliedstaaten über die Wiederauffüllung (1981-1983) ins Einvernehmen setzen.

Asiatischer Entwicklungsfonds (ADF): Der ADF steht zurzeit in der Periode der zweiten Wiederauffüllung (1979-1982), an welcher unser Land mit 45 Millionen beteiligt ist.

Afrikanischer Entwicklungsfonds (FAD): Am FAD beteiligt sich unser Land verhältnismässig stark, nämlich mit 68,9 Millionen Franken für die von 1979 bis 1981 laufende zweite Wiederauffüllung.

Damit steuert die Schweiz rund 4,5 Prozent der Mittel des Fonds bei. Dieses starke Engagement erklärt sich durch die vorrangige Stellung des afrikanischen Kontinents in unserem bilateralen Programm.

Fonds für SpezialOperationen (FSO) der Interamerikanischen Entwicklungsbank: An die Finanzierung des FSO leistet die Schweiz im Rahmen der fünften Wiederauffüllung (1979-1982) rund 25,6 Millionen Franken.

Die Schweiz beabsichtigt, sich auch an den kommenden Wiederauffüllungen dieser Fonds mindestens im bisherigen Ausmass zu beteiligen.

Wie bei den Organisationen der technischen Hilfe bemüht sich die Schweiz auch bei den Finanzhilfe-Organisationen darum, in den leitenden Organen der Institutionen für Finanzhilfe vertreten zu sein, die Politik der Organisationen mitzubestimmen und über die sinnvolle Verwendung ihrer Mittel zu wachen.

1349

Oberstes Organ der Entwicklungsfonds ist ein Gouverneursrat, in welchem jeder Mitgliedstaat vertreten ist. Dieser Gouveraeursrat trifft einmal im Jahr zusammen und entscheidet die grundsätzlichen Fragen der Geschäftspolitik.

Wichtige Entscheidungen, die während des übrigen Jahres zu treffen sind, gelangen über den Kouespondenzweg zur Abstimmung. Die tägliche Geschäftsführung der Fonds, insbesondere die Auswahl der Projekte, ist einem Verwaltungsrat anvertraut, in welchem die Schweiz über ihre Stimmrechtsgruppe vertreten ist. Die Stimmrechtsgruppe bezeichnet ihren Repräsentanten nach einem Rotationssystem; so konnte unser Land bis Herbst 1979 beim FAD die Stelle eines Direktors des Verwaltungsrates besetzen; beim FSO der Interamerikanischen Entwicklungsbank hat es zurzeit den Posten eines stellvertretenden Verwaltungsrates inné. In diesem Jahr wird es auch erneut den Posten eines stellvertretenden Direktors bei der Asiatischen Entwicklungsbank einnehmen. Der Ausrüstungsfonds der Vereinten Nationen (FENU) und der Bevölkerungsfonds (UNFPA) sind dem Verwaltungsrat des UNDP verantwortlich (vgl. Kap. 333.1).

Es versteht sich von selbst, dass die Schweiz durch ihre Vertreter in den Aufsichtsorganen ihre eigenen Auffassungen Über Entwicklungszusammenarbeit so wirksam als möglich zur Geltung zu bringen versucht. Man kann sagen, dass sich die Industriestaaten heute weitgehend darüber einig sind, welches die Aufgaben der Entwicklungsfonds sein sollen. Insbesondere wird unsere Auffassung, wonach das Ziel der Fondstätigkeit die Verbesserung der Lebensbedingungen der ärmsten Bevölkerungsschichten und namentlich die Befriedigung der Grundbedürfnisse sein muss, von den meisten anderen Industriestaaten geteilt.

4

Verwendung des Rahmenkredits von 735 Millionen Franken

Am I.Januar 1980 beliefen sich die Verpflichtungen zulasten des durch Bundesbeschluss vom 21. Juni 1978 (BEI 1978 I 1597) eröffneten Rahmenkredits von 735 Millionen Franken auf 559 Millionen Franken. Unter Berücksichtigung der im Budget 1980 vorgesehenen Auszahlungen hat die Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (DEH) vorgesehen, 1980 für die Fortführung von laufenden Projekten der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe und für neue Projekte Beträge von insgesamt 176 Millionen Franken zu verpflichten. Es ist also bereits abzusehen, dass der gegenwärtige Rahmenkredit für technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe am 3I.Dezember 1980 vollumfänglich verpflichtet sein wird.

Im gegenwärtigen Zeitpunkt ist die endgültige Verteilung aller Verpflichtungen zu Lasten des Kredits von 735 Millionen Franken noch nicht bekannt, da einige Verpflichtungen erst 1980 eingegangen werden. Einige Angaben über die Verteilung nach Kontinenten, nach Ländern, Ländergruppen und nach verschiedenen Projektkategorien können aber bereits gemacht werden. Die ausführliche Liste der Projekte von über 500000 Franken, für die bis zum I.Januar 1980 zu Lasten dieses Rahmenkredits Verpflichtungen eingegangen wurden, findet sich in Anhang 7.

Die Kapitel 2 und 3 erläutern die bei der Auswahl und Verwirklichung unserer Projekte verfolgte Politik. Die Kapitel 333 und der Anhang 8 enthalten eine ausführliche Übersicht über unsere Beiträge an die internationalen Organisationen.

1350

Verpflichtungen zulasten des Rahmenkredits von 735 Millionen Franken für die technische Zusammenarbeit und die Finanzhilfe vom 21. Juni 1978 und Budgetausgaben zu Lasten dieses Rahmenkredits und früherer Rahmenkredite

Tabelle VI Verpflichtungen

Ausgaben aufgrund von Verpflichtungen zu Lasten des Rahmenkredits VQTI 735 Mio. Fr.

1978(1.7.-31. 12.)

1979 1980 (vorgesehen)

172422610 384484198 178093191')

Total2)

735 000 000

früherer Rahmenkredite

50971243.-- 63132017.65 187022622.02 63418651.64 278300000

'> Verfügbarer Saldo.

> Die meisten Verpflichtungen zu Lasten eines Rahmenkredits erstrecken sich über mehrere Jahre. Ein Teil der Ausgaben aufgrund der vom I.Juli 1978 bis 31. Dezember 1980 eingegangenen Verpflichtungen gehen zu Lasten der Budgets der Jahre 1981 und folgende.

2

Die Tabelle VII zeigt die Aufteilung aller Verpflichtungen zu Lasten des Kredits von 735 Millionen Franken nach geographischem Gebiet und nach Form der Zusammenarbeit. Die bilaterale Hilfe in Westafrika entspricht 13,9 Prozent dieser Verpflichtungen, jene in Ostafrika 14,2 Prozent, in Lateinamerika 10,5 Prozent und in Asien 21,5 Prozent. Die multilaterale Hilfe umfasst 33,7 Prozent der Verpflichtungen.

Die technische Zusammenarbeit stellt 58,3 Prozent der gesamten Verpflichtungen dar, gegenüber 41,7 Prozent der Finanzhilfe. Es ist jedoch daran zu erinnern '), dass ein Teil der Projekte für technische Zusammenarbeit bisweilen einen bedeutenden Finanzhilfeteil enthalten. Die obige Aufteilung ist also nur annähernd.

5

Betrag und Verwendung des nächsten Rahmenkredits

Der beantragte Rahmenkredit soll uns während wenigstens drei Jahren erlauben, Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Verwirklichung von Projekten und Programmen der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe einzugehen. Jede Verpflichtung schlägt sich anschliessend in Ausgaben nieder. Diese können sich über mehrere Jahre erstrecken. So schlägt sich ein Teil der im Zeitraum 1981 bis 1983 verpflichteten Beträge erst zwischen 1984 und 1988 in Ausgaben nieder; für gewisse Projekte gar noch später.2) Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass wir den Anteil der gebundenen Beträge, die erst nach dem Verfall eines Rahmenkredites ausgegeben werden, unterschätzt haben. Es ist insbesondere die wachsende Komplexität der Entwicklungszusammenar') Siehe Kapitel 211.

V Siehe Botschaft vom 23. November 1977 über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern (BB1 1978 I 74).

1351

Ijj *Jl Ki

Aufteilung der Verpflichtungen zuIas ten des Rahmenkredits von 735 Million en Fran ken fiir die technische Z usam men ar belt und die Finanzhilfe vom 21. Jnni 1978 nach geographischem Gebiet und nach Form der Zusammenarbeit (in 1000 Franken) Tabelie VII

Westafrika Ostafrika .

Asien Multilateral Hilfe Verschiedenes . . . , Total

, .

.

.

.

Technische Zusammenarbeit

Finanzhilfe

Verpflichtel am 31. 12.79

Fiir 1980 vorgesehene Vetpflichtungen

Total

Verpflichtet am 31.12.79

50605 44610 70703 47090 72371 22670

12000 18000 28900 6700 44100 10720

62605 62610 99603 53790 116471 33390

106350

308 049

120420

428 469

248 858

Total Fur 1980 vorgesehene Verpflichlungen

Total

Verpflichtet am 31. 12.79

Fur 1980 vorgesehene Verpflichtungen

Total

57673

306 531

556 907

178 093

735 000

101 108 41400

beitsprojekte, die uns zwingt, die Projekte über einen längeren Zeitraum zu planen. Das hat zur Folge, dass die Anfangsverpflichtungen oft höher sind als die nachfolgenden jährlichen Auszahlungen. ') Dies ist insbesondere für die Finanzhilf eprojekte der Fall, die im Mittel Verpflichtungen über einen Zeitraum von fünf Jahren voraussetzen. Die beiden vorangehenden Rahmenkredite für technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe waren aber nicht für so lange Verpflichtungen vorgesehen. Dies zwang uns in den letzten Jahren, einige unserer Projekte in mehrere kürzere Phasen aufzuteilen. Die Projektvorbereitung wird dadurch erschwert, die Verwirklichung Ungewisser und es entsteht eine nicht zu unterschätzende verwaltungsmässige Mehrbelastung, Dies kann uns gar bewegen, auf gewisse Tätigkeiten zu verzichten, die an sich sehr gut auf unsere Ziele abgestimmt sind, aber zu langfristige Verpflichtungen voraussetzen.

Wir sehen deshalb vor, einen viel grösseren Teil des neuen Rahmenkredits für die Verwirklichung von Projekten einzusetzen, die weit über 1983 - dem Verfallsjahr des Rahmenkredits - hinaus Ausgaben nach sich ziehen.

51

Kreditbetrag

Die im Finanzplan des Bundes für die technische Zusammenarbeit und die Finanzhilfe vorgesehenen Beträge erlauben uns, die Fortsetzung der laufenden Projekte und die Inangriffnahme neuer Tätigkeiten vorzusehen. Für jedes Projekt und jedes Programm erstellen wir einen Jahresausgabenplan. Für sämtliche Aktionen müssen wir mehrjährige Verpflichtungen eingehen.

Der Gesamtbetrag der Verpflichtungen, die zwischen dem I.Januar 1981 und dem 31. Dezember 1983 eingegangen werden müssen, um alle diese Projekte der technischen Zusammenarbeit und Finanzhilfe verwirklichen zu können, beläuft sich auf 1650 Millionen Franken. Dieser Betrag hängt also direkt vom Umfang der Ausgaben ab, die wir für die Gesamtheit unserer Massnahmen im Laufe der nächsten drei Jahre vorsehen. Jede Kürzung der Budgets der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe gegenüber dem Finanzplan vom 16. Januar 1980 wird eine Kürzung der Verpflichtungen nach sich ziehen und somit die Geltungsdauer des Rahmenkredits über den 31. Dezember 1983 hinaus erstrekken. Dies wird insbesondere die Folge der von uns getroffenen Entscheidung sein, im Jahr 1981 die Ausgaben der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe der zehnprozentigen Kürzung zu unterstellen, gemäss dem Bundesbeschluss über die Herabsetzung der Bundesbeiträge in den Jahren 1981 bis 1983 vom 20. Juni 1980. Hingegen hätte eine Kürzung des Umfanges des Rahmenkredits nicht notwendigerweise eine Verminderung der budgetierten Ausgaben im Zeitraum 1981 bis 1983 zur Folge. Sie würde uns aber daran hindern, Verpflichtungen für einen genügend langen Zeitraum einzugehen, was wiederum die Qualität unserer Hilfe beeinträchtigen würde. Wahrscheinlich müssten wir insbesondere auf einige Arten von Projekten verzichten, für die Verpflichtungen für vier oder fünf Jahre absolut unumgänglich sind.

') Für ein Projekt der ländlichen Entwicklung beispielsweise, das 1980 beschlossen wird und das jährliche Auszahlungen von 700 000 Franken während sechs Jahren erfordert, muss im Jahr 1980 eine Verpflichtung in Höhe von 4,2 Millionen eingegangen werden.

1353

52

Aufteilung der Verpflichtungen zu Lasten des Rahmenkredits

Die Planung der Ausgaben und der Verpflichtungen ist unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um bilaterale Hilfe oder um Beiträge an internationale Organisationen handelt.

Die Verpflichtungen zu bilateraler technischer Zusammenarbeit und Finanzhilfe werden festgelegt nach Massgabe der laufenden Projekte, die wir in den nächsten Jahren fortzuführen gedenken, und der neuen Projekte und Programme, deren Verwirklichung wir in absehbarer Zeit in verschiedenen Ländern vorgesehen, haben. Es handelt sich in den meisten Fällen um Vorhaben, die bereits in Vorbereitung stehen oder deren Ziele und allgemeinen Rahmen wir bereits abgesteckt haben.

Grundsätzlich entwickeln sich unsere multilateralen Beiträge im gleichen Rhythmus wie die Beiträge sämtlicher Länder, die sich an der Finanzierung dieser Organisationen beteiligen. Es geschieht dies in dem Masse, als die Zielsetzungen dieser Organisationen den Prioritäten unseres Gesetzes entsprechen und wir Gewissheit haben, dass die Organisationen wirkungsvoll geführt werden.

Für die multilaterale technische Zusammenarbeit wie auch für den Ausrüstungsund den Bevölkerungsfonds werden die Beiträge jährlich festgelegt.

Demgegenüber werden die Beiträge an die wichtigsten internationalen Entwicklungsfinanzierungsorganisationen, deren Mitglied wir sind - FIDA, Afrikanischer Entwicklungsfonds, Fonds für SpezialOperationen der Interamerikanischen Entwicklungsbank und Asiatischer Entwicklungsfonds - für mehrere Jahre festgelegt. Sie bilden den Gegenstand von Verhandlungen unter den Mitgliedstaaten zwecks Festlegung des Gesamtbetrages der Wiederauffüllung und des Anteils, den jedes Land zu übernehmen bereit ist. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, im voraus den genauen Betrag jeder einzelnen dieser Verpflichtungen anzugeben.

In den Kapiteln 3 und 4 werden die Grundsätze und Ziele für die Auswahl unserer Projekte wie auch für die Art ihrer Verwirklichung ausführlich dargelegt.

Sämtliche Projekte und Programme, die wir im Rahmen des Finanzplanes des " Bundes vorgesehen haben oder zu verwirklichen beabsichtigen, verteilen sich momentan wie folgt (Tabelle VIII): Verpflichtungen nach Form und Art der Hilfe

1981 bis 1983

Technische Zusammenarbeit . . .

Finanzhilfe .

Total ,.

Tabelle VIII Bilateral Mio. Fr.

%

Multilateral Mio. Fr.

%

Total Mio. Fr.

%

550 650 1200

33 40 73

150 300 450

700 950 1650

42 58 100

9 18 27

Zu diesen Zahlen sind die drei folgenden Anmerkungen anzubringen: - Der notwendige Gesamtbetrag der Verpflichtungen zu technischer Zusammenarbeit und Finanzhilfe für die Deckung der im Finanzplan 1981-1983 vorgesehenen Ausgaben beläuft sich auf 1650 Millionen Franken; 1354

- Der Anteil der multilateralen Verpflichtungen wird auf 27 Prozent herabgesetzt gegenüber ungefähr 40 Prozent in den vorangehenden Jahren. Diese Verminderung ist teilweise auf eine verlängerte Dauer der bilateralen Verpflichtungen zurückzuführen; - Der Anteil der Finanzhilfe-Verpflichtungen erhöht sich im Verhältnis zum Anteil der Verpflichtungen zu technischer Zusammenarbeit (siehe dazu Kap. 53).

53

Die bilaterale technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe

Die in Kapitel 22 erwähnte Erhöhung der öffentlichen Hilfe bezieht sich vor allem auf diese beiden Zusammenarbeitsformen. Die von uns vorgeschlagene Aufteilung (s. Tab. IX) zwischen technischer Zusammenarbeit und Finanzhilfe ist nicht endgültig und hängt ziemlich stark von der Wahl jedes Projekts und vor allem von der Art der Projektverwirklichung ab (siehe Kap. 31 und 32). Wir haben vorgesehen, die Finanzhilfe rascher zu erhöhen als die technische Zusammenarbeit; dies vor allem aus drei Gründen: - die in den letzten Jahren in einigen Ländern und Sektoren gemachten Erfahrungen haben uns gezeigt, dass wir nun grössere Projekte mit höheren finanziellen Anforderungen ins Auge fassen müssen. Es ist dann oft leichter und rationeller, die Methoden der Finanzhilfe anzuwenden, ohne indes die Ziele und Grundsätze unserer Tätigkeit zu ändern. Die meisten unserer Finanzhilfeprojekte umfassen übrigens einen oft bedeutenden Anteil an Tätigkeiten der technischen Zusammenarbeit; - im Laufe der letzten zehn Jahre haben die Entwicklungsländer ihre nationale und lokale Verwaltung verstärkt. Vor allem aber haben sie geeignete Organe geschaffen (Entwicklungsbanken, Genossenschaften). Sie sind deshalb jetzt besser imstande, die Entwicklungsprojekte selber zu leiten und die Hauptverantwortung dafür zu übernehmen. Wir werden teilweise von direkten Führungsaufgaben entlastet. Unsere Rolle ist eher die eines Helfers und Beraters als die eines Leiters. Eine Finanzhilfe, die wir oft mit einem Beitrag an technischer Hilfe ergänzen, ist unter diesen Umständen viel geeigneter.

Aufteilung der Verpflichtungen zu bilateraler technischer Zusammenarbeit und zu bilateraler und multilateraler Finanzhilfe (d. h. einschliesslich der regionalen Entwicklungsfonds) nach Kontinenten (in Millionen Franken) Tabelle IX Bilaterale technische Finanzhilfe Zusammenarbeit

Total

%

Afrika Asien Lateinamerika

265 175

no

390 330 170

655 505 280

46 35 19

Total

550

890

1440

100

davon: multilaterale Hilfe bilaterale Hilfe

240 1200

1355

- der Personalstopp des Bundes führt uns dazu, vermehrt nach Finanzhilfeprojekten und -programmen zu suchen. Dieser Weg enthebt uns der Aufgabe, die Tätigkeiten ständig selber zu leiten, Personal anzuwerben, das Material einzukaufen, Stipendiaten zu plazieren, lokales Personal anzustellen. Mit einem Wort: dies enthebt uns von den Tätigkeiten, die in vielen Fällen äusserst komplex sind. Wir können uns so vermehrt der Zweckbestimmung des Projekts, der Festlegung der Projektziele wie auch der Projektbewertung und der Kontrolle der von uns zur Verfügung gestellten Mittel widmen.

Geographisch betrachtet teilen wir die technische Zusammenarbeit weiterhin im selben Verhältnis wie in der Vergangenheit zwischen Asien, Afrika und Lateinamerika auf.

Eine besondere Anstrengung wird weiterhin in Afrika gemacht, in Ländern, denen es noch sehr an Kadern fehlt und deren Verwaltungsstrukturen noch wenig entwickelt sind. Afrika und Asien werden beide je ungefähr 40 Prozent der bilateralen Finanzhilfe erhalten, die ärmsten Länder Lateinamerikas ungefähr 20 Prozent. Was die regionalen Entwicklungsfonds betrifft, so wird unsere Beteiligung am afrikanischen Fonds weiterhin verhältnismässig stärker sein als jene an den beiden ändern Fonds.

Aus Gründen der Effizienz werden wir den wesentlichen Teil unserer Projekte der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe weiterhin in unseren Schwerpunktländern') (siehe insb. Kap. 421) verwirklichen. Aus demselben Grund werden wir nach wie vor eng mit den privaten Hilfswerken unseres Landes zusammenarbeiten. Wir übertragen ihnen die Leitung von Projekten und Programmen für technische Zusammenarbeit (siehe Kap. 431). Ungefähr 15 Prozent unserer Tätigkeiten auf dem Gebiet der technischen Zusammenarbeit wurden in den vergangenen Jahren zusammen mit diesen Organisationen ausgeführt. Wir hoffen, diesen Anteil im Rahmen des Möglichen erhöhen zu können.

Wir werden unsere Zusammenarbeit mit den internationalen Organisationen des Systems der Vereinten Nationen (UNICEF, FAO UNESCO, BIT usw.) fortführen. Diese Organisationen arbeiten Programme und Projekte für technische Zusammenarbeit aus und führen sie auch selbst durch. Wie in Kapitel 324 beschrieben, beteiligen wir uns finanziell (assoziierte Hilfe) an diesen Aktionen und zwar im gleichen Verhältnis wie bisher. Wir gedenken,
weiterhin wichtige Projekte zu unterstützen wie etwa jene, die von der FAO im Bereich der Nahrungsmittelversorgung, der Produktion von Saatgut und des Ernteschutzes realisiert werden.

Im übrigen beabsichtigen wir, unsere Zusammenarbeit mit einigen internationalen Entwicklungsfinanzierungsorganisationen recht bedeutsam zu verstärken.

Wie in Kapitel 324 dargelegt, geht es darum, uns an Projekten zu beteiligen, die von diesen Organisationen vorbereitet und finanziert werden. Wir beabsichtigen, einen Teil der für die bilaterale Finanzhilfe vorgesehenen Mittel aufzuwenden für die Mitfinanzierung von ihren Projekten, insbesondere von solchen der ') Liste der Schwerpunktländer nach Kontinenten: Afrika: Sahel (Mali, Niger, Obervolta, Tschad), Madagaskar, Rwanda, Tansanien, Kamerun.

Lateinamerika.-PeTii, Bolivien, Paraguay.

Asien: Bangladesh, Indien, Nepal, Pakistan.

1356

Asiatischen Entwicklungsbank, der Interamerikanischen Entwicklungsbank, der Afrikanischen Entwicklungsbank, der Internationalen Entwicklungsbank (IDA) und des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD).

Wir werden die Projekte entsprechend den Prioritäten unseres Gesetzes und den Zielen unserer Entwicklungszusammenarbeit selbst auswählen. Wir werden die Ausführungsmodalitäten mit den Organisationen und den Empfängerländern besprechen und die Verwirklichung vor allem über unsere Koordinatoren aus der Nähe verfolgen.

Die Mitfinanzierung von IDA-Projekten wird uns gleichfalls gestatten, einerseits den Entwicklungsländern zu zeigen, dass wir uns der Bedeutung der Hilfe seitens dieser Organisation bewusst sind, und anderseits unseren industrialisierten Partnern zu verstehen zu geben, dass wir ihre Anstrengung bei der regelmässigen Wiederauffüllung der Mittel dieser Weltbanktochter anerkennen und dass wir auf diesem Gebiet zu einer gewissen Zusammenarbeit bereit sind. Diese Mitfinanzierungsaktionen lassen uns völlige Freiheit in der Wahl der Länder, denen wir helfen wollen, und der Projekte, zu deren Unterstützung wir uns entschliessen.

54

Multilaterale technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe

Die multilateralen Verpflichtungen werden sich auf ungefähr 450 Millionen Franken belaufen. Ein Drittel dieser Verpflichtungen betrifft die technische Zusammenarbeit, im wesentlichen das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (PNUD), das sämtliche Tätigkeiten der Sonderorganisationen des Systems der Vereinten Nationen (FAO, UNESCO,. ILO usw.) auf dem Gebiete der technischen Zusammenarbeit finanziert: Ungefähr 15 Prozent der multilateralen Verpflichtungen sind für Organisationen mit universellem Charakter, insbesondere für den Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (FIDA), bestimmt. Wir haben gleichfalls vorgesehen, unseren Beitrag an den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen zu erhöhen.

Schliesslich sind etwas mehr als die Hälfte der multilateralen Verpflichtungen für die Wiederauffüllung der Mittel der drei regionalen Entwicklungsfonds bestimmt. Wir sehen vor, dafür zulasten des vorliegenden Rahmenkredits einen Betrag von ungefähr 240 Millionen Franken aufzuwenden. Der endgültige Betrag unserer Beiträge wird jedoch erst in Verhandlungen festgelegt. Er wird von den Verpflichtungsbeträgen der anderen Teilnehmerländer sowie von einer Reihe von anderen Faktoren, insbesondere von der Entwicklung des Kurses des Schweizerfrankens, abhängen.

6

Gesetzesgrundlage und Rechtsform

Der Bundesbeschluss, den wir Ihnen zur Genehmigung unterbreiten, stützt sich auf Artikel 9 Absatz l des Bundesgesetzes vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (SR 974.0) wonach die Mittel für die Finanzierung der internationalen Entwicklungszusammenar1357

beit und humanitären Hilfe als Rahmenkredite für jeweils mehrere Jahre bewilligt werden müssen, Da es sich um einen Finanzbeschluss handelt, ist nach Artikel 8 des Geschäftsverkehrsgesetzes vom 23. März 1962 (SR 171.11) die Form des einfachen Bundesbeschlusses vorgeschrieben. Als solcher ist der vorliegende Beschluss nicht dem fakultativen Referendum unterstellt.

7 71

Finanzielle und personelle Auswirkungen Dauer und Betrag des nächsten Rahmenkredits

Der Rahmenkredit von 735 Millionen Franken, den sie am 12. Juni 1978 für die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe eröffnet haben, war für eine Mindestdauer von zweieinhalb Jahren vorgesehen. Er trat am I.Juli 1978 in Kraft und wird am 31. Dezember 1980 vollumfänglich verpflichtet sein.

Um die für die Fortsetzung unserer technischen Zusammenarbeit und unserer Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern notwendigen Verpflichtungen bis mindestens am 31. Dezember 1983 eingehen zu können, ersuchen wir sie um die Eröffnung eines neuen Rahmenkredits von 1650 Millionen Franken.

Diese Verpflichtungen werden Ausgaben zu Lasten des Bundesbudgets der Jahre 1981 bis ungefähr 1988 zur Folge haben. Die Ausgaben sind im Finanzplan des Bundes vorgesehen. Sie sind aus allgemeinen Bundesmitteln zu decken und werden Ihnen im Rahmen des Jahresbudgets zur Genehmigung unterbreitet.

Unter Kapitel 5 rechtfertigen wir den Betrag und die Dauer des in der vorliegenden Botschaft beantragten Kredits. Der Betrag dieses Rahmenkredits ist berechnet in Abhängigkeit von den im Finanzplan des Bundes 1981-1983 (siehe Tab. V) vorgesehenen Auszahlungen. Der bedeutende Betrag erklärt sich auch aus der Notwendigkeit, längerdauernde Verpflichtungen als bisher einzugehen.

Der Finanzplan sieht eine Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe der Schweiz vor. Sie sollte, wie wir im Bericht über die Richtlinien zur Regierungspolitik für die jetzige Legislaturperiode vorgeschlagen haben, ab 1982 den Wert von 0.31 Prozent des BSP erreichen. Wie wir in der vorliegenden Botschaft, insbesondere unter Ziffer 22 ausführen, sind wir der Ansicht, dass die schweizerische Entwicklungshilfe stufenweise das durchschnittliche Niveau der öffentlichen Hilfe aller anderen Industrieländer (0,34% des BSP für 1979) erreichen sollte. Es geht dabei um die Glaubwürdigkeit unserer Aussenpolitik in unseren Beziehungen zu den anderen Industrieländern wie auch zu den Entwicklungsländern.

72

Organisatorische und personelle Konsequenzen des Bundesbeschlusses

Unsere Darlegungen in den vorangehenden Kapiteln haben bereits deutlich gemacht, dass die bisherige und die voraussehbare künftige Steigerung der öffentlichen Entwicklungshilfe nicht ohne organisatorische und personelle Konse-

1358

quenzen für die zuständigen Verwaltungsstellen, namentlich für die Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (DEH), bleiben kann.

Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn daran erinnert wird, dass sich der Personalbestand der DEH in den letzten Jahren praktisch nicht verändert hat.

Die genannten Konsequenzen sollen im folgenden dargestellt und in ihrem inneren Zusammenhang begründet werden. Zu diesem Zweck wird unter Ziffer 721 das Aufgabenwachstum der DEH stichwortartig zusammengefasst. Unter Ziffer 722 werden anschliessend die Massnahmen geschildert, die notwendig sind, um dieses Wachstum zu bewältigen und die Qualität des schweizerischen Beitrags an die internationale Entwicklungszusammenarbeit sicherzustellen.

721

Veränderung der Aufgaben der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe

Seit dem Beginn der siebziger Jahre hat sich das politische Gewicht der internationalen Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe innerhalb der schweizerischen Aussenpolitik erhöht. Gleichzeitig und als Folge davon ist der finanzielle Umfang der öffentlichen Entwicklungshilfe der Schweiz stark gewachsen. Im einzelnen stellt sich diese Entwicklung so dar: - Am I.Juli 1977 trat das Bundesgesetz über Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe in Kraft. Es setzte neue und klarere Prioritäten insbesondere für die technische Zusammenarbeit und die bilaterale Finanzhilfe. Als Hauptanliegen der Entwicklungszusammenarbeit nennt es die Hilfe an die ärmeren Länder, Regionen und Bevölkerungsgruppen und als Schwerpunkte der Projektarbeit die ländliche und kleinindustrielle Entwicklung. Damit sind Akzente gesetzt, die zweifelsohne dem Willen einer breiten Öffentlichkeit entsprechen, die aber gleichzeitig die Planung und Durchführung von Projekten zu einer anspruchsvollen und sehr arbeitsintensiven Aufgabe machen.

- Die bilaterale technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe, welche den Hauptanteil unserer Tätigkeit ausmachen, erfordern einen hohen Aufwand an Sachkenntnis und praktischer Erfahrung. Es braucht dazu gut eingespielte Teams von verschiedenen felderfahrenen Sachbearbeitern und fachlich qualifizierten Konsulenten. Dies wiederum kann nicht ohne organisatorische und personelle Konsequenzen bleiben.

- Die Verordnung vom 12. Dezember 1977 zum genannten Bundesgesetz bestätigte und erweiterte die der DEH im Laufe der vorangegangenen Jahre zugewiesenen Aufgaben und Kompetenzen. Ins Gewicht fällt zunächst die der DEH zugewiesene Aufgabe, die Erarbeitung einer Gesamtkonzeption der Entwicklungszusammenarbeit zu koordinieren. Dies ist umso dringender, als die Teilnahme am Nord-Süd-Dialog mit all seinen konferenziellen Verästelungen zu einer dauernden und schwierigen Aufgabe der Eidgenossenschaft geworden ist.

- Abgesehen von den Koordinationsaufgaben ist auch die Vorbereitung einzelner Fachkonferenzen immer anspruchsvoller geworden. Um die schweizerischen Auffassungen und Interessen in den multilateralen Entwicklungsinstitutionen geltend machen und eine Kontrolle über ihre Tätigkeiten und die Verwendung der Mittel ausüben zu können, ist eine aktive Mitarbeit in ganz

1359

verschiedenen Gremien erforderlich. Auch die Zahl der internationalen Konferenzen, die zum Teil sehr speziellen Problemen der Nord-Süd-Beziehungen und der Entwicklungsländer gewidmet waren, hat seit 1974 stark zugenommen. Dies alles hat eine wesentliche Ausweitung des Aufgabenbereiches der DEH-Sektion für multilaterale Angelegenheiten mit sich gebracht.

- Eine weitere zusätzliche Aufgabe, die der DEH mit, der neuen Verordnung zugewiesen wurde, ist die Finanzhilfe. Sie wurde früher größtenteils vom Amt für Aussenwirtschaft im Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement betreut.

- Am deutlichsten lässt sich das Aufgabenwachstum der DEH jedoch an den steigenden Finanzmitteln ablesen, die für die internationale Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt worden sind. Der Umfang der einzelnen Projekte ist beträchtlich gestiegen, die Planung und Durchführung dadurch anspruchsvoller geworden. Von 1973 bis 1980 stieg das budgetierte Finanzvolumen allein für die technische Zusammenarbeit von 79 auf 152 Millionen -Franken pro Jahr. Bei der bilateralen Finanzhilfe wuchs es von 2,7 auf 65 Millionen Franken pro Jahr. (In Zukunft werden die der DEH jährlich zur Verfügung stehenden Mittel [ohne humanitäre Hilfe] weiterhin steigen.)

- Während die budgetierten Aufwendungen für die technische Zusammenarbeit und die Finanzhilfe im Jahre 1974 noch 0,85 Millionen Franken pro Mitarbeiter betrugen, beliefen sie sich 1978 auf 1,6 Millionen Franken pro Mitarbeiter. Sie haben sich in vier Jahren also praktisch verdoppelt, denn die Inflation in der Schweiz wurde durch die Aufwertung des Frankens in der Dritten Welt mehr als ausgeglichen. Heute belaufen sie sich auf rund 2,5 Millionen Franken. (In den kommenden Jahren könnte sich dieser Betrag - wenn keine wesentlichen personellen Veränderungen eintreten - leicht noch einmal erhöhen.)

- Schliesslich ist zumindest noch auf eine wichtige Folge dieser Ausgabensteigerung hinzuweisen: auf die Zunahme der Feldmitarbeiter und Projektkonsulenten der DEH. Die Zahl der längerfristig in den Entwicklungsländern tätigen Projektmitarbeiter stieg von 214 (1973) auf 345 (1979). Die Zahl der von der DEH (EZA) organisierten Kurzmissionen stieg von ungefähr 30 (1973) auf 138 (1979). Dadurch nahm die Beanspruchung nicht nur der operationellen Sektionen, sondern auch der Personalsektion
quantitativ und qualitativ stark zu.

Diese Hinweise belegen wohl hinreichend, wie notwendig organisatorische und personelle Massnahmen im Arbeitsbereich der DEH schon seit Jahren gewesen sind und weiterhin sein werden. Die Dringlichkeit solcher Massnahmen wird dadurch unterstrichen, dass der Personalbestand der DEH in Bern (ohne humanitäre Hilfe) von 1973 (99,5) bis heute (102) praktisch gleich geblieben ist.

Auf verschiedenen Gebieten hat dieser Umstand zu beträchtlichen Arbeitsrückständen geführt, die nur sehr mühsam beseitigt werden können.

722

Massnahmen zur Bewältigung des Aufgabenwachstums

Unter den eben genannten Voraussetzungen kann die Qualität des schweizerischen Beitrags an die internationale Entwicklungszusammenarbeit nur gewähr1360

leistet werden, wenn gezielte Anstrengungen im organisatorischen und personellen Bereich unternommen werden. Über solche Massnahmen haben wir Ihnen bereits in früheren Botschaften berichtet.1) Wir beschränken uns hier deshalb auf die wichtigsten.: 722.1

Rationalisierung der operationeilen und administrativen Arbeiten

Die DEH hat in den letzten Jahren bereits zahlreiche Schritte in dieser Richtung getan und ist daran, weitere solche Schritte zu unternehmen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien einige genannt: - Einsparung von Personal durch den schrittweisen Abbau bestimmter Programme (z. B, Freiwilligenprogramm des Bundes) oder die Begrenzung gewisser Dienstleistungen (z. B. Mitarbeit bei der Rekrutierung von Experten internationaler Organisationen).

- Verzicht auf die Durchführung oder Unterstützung allzu vieler Kleinprojekte und Konzentration auf grössere Aktionen.

- Intensivere Nutzung technischer Hilfsmittel in der Verwaltung (Beispiele: Einsatz des Computers für Personaladministration und Statistik; Projekt des Bundesamts für Organisation betreffend bessere Textverarbeitung).

- Verbesserung der DEH-internen Arbeitsabläufe und Kompetenzaufteilungen; schrittweise Entwicklung eines Systems der Länderprogrammierung anstelle der Planungs- und Bewilligungsverfahren für Einzelprojekte.

- Ausbau interner Kontrollmechanismen (z. B. Schaffung eines DEH-internen Inspectorats).

Mit all diesen Schritten ist die Leistungsfähigkeit der DEH entweder bereits gesteigert worden oder weiter zu verbessern. Der Rationalisierung sind aber auch Grenzen gesetzt. Abgesehen davon, dass Menschen nicht wie Maschinen funktionieren, muss es immer ein wichtiges Anliegen der DEH sein, nicht nur effektiv und rationell zu arbeiten, sondern auch in einer Art, die für weite Kreise der Öffentlichkeit verständlich ist. Mit ändern Worten: Wenn Rationalisierungen dazu führen, dass die Kontakte der DEH zu privaten und öffentlichen Institutionen, zu Bürgern und Parlamentariern reduziert oder schematisiert werden, so muss sich dies für die schweizerische Entwicklungspolitik auf längere Sicht negativ auswirken.

722.2

Vermehrung der DEH-Koordinationsbiiros in Entwicklungsländern und Verstärkung ihres Personals

Seit den frühen siebziger Jahren hat die Zahl der DEH-Koordinatoren in Entwicklungsländern stark zugenommen. Heute sind solche Koordinatoren in Djakarta, Neu Delhi, Kathmandu, Islamabad, Nairobi, Tananarive, Kigali, Yaounde, Ouagadougou, Niamey, Bamako, La Paz und Lima tätig. Weitere Koordinationsbüros sollen in Dacca, Dar-es-Salaam und Tegucigalpa sowie even0 Vgl. dazu unsere Botschaften vom 27. September 1976 (Ziff. 92, BB1 1976 III 741) und vom 23. November 1977 (Ziff. 12, BB1 1978 l 69) über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern.

1361

tuell in Maputo eröffnet werden. Bei den meisten Koordinatoren handelt es sich um Beamte, Gegenwärtig werden die einzelnen Koordinationsbüros personell so verstärkt, dass sie in der Lage sind, bei der Planung und Überwachung der immer umfangreicher werdenden Länderprogramme eine wirkungsvolle Rolle zu spielen.

Hiezu braucht es nicht in erster Linie zusätzliches Bundespersonal, sondern erfahrene schweizerische Fachexperten (Agronomen, Entwicklungsökonomen usw.), die wie andere Experten privatrechtlich angestellt werden. Ebenso wichtig ist es, einheimische Kräfte für die Mitarbeit auf den Koordinationsbüros zu gewinnen, um ihre Kenntnisse der lokalen Verhältnisse und Verwaltungswege auszunutzen.

Durch eine derartige Verstärkung der DEH-Koordinationsbüros wird es auch immer besser möglich, mit lokalen Institutionen in den Entwicklungsländern zusammenzuarbeiten und dadurch die Wirksamkeit unserer Hilfe, ihren unmittelbaren Nutzen für die benachteiligten Bevölkerungsteile, zu steigern.

Eine wichtige Voraussetzung für die Vermehrung und den Ausbau der Koordinationsbüros ist allerdings eine gut funktionierende Personalrotation zwischen der Schweiz und den Entwicklungsländern. Auf dieses Problem kommen wir unter Kapitel 722.4 zurück.

722.3

Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und mit Firmen

Wir haben bereits unter Ziffer 324 auf die intensive Zusammenarbeit zwischen der DEH einerseits, schweizerischen öffentlichen und privaten Institutionen sowie schweizerischen Firmen anderseits hingewiesen. Alle diese Formen der Zusammenarbeit müssen fortgesetzt und verstärkt werden, wenn die für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel weiterhin optimal eingesetzt und kontrolliert werden sollen.

Die jüngsten diesbezüglichen Bemühungen der DEH zielten und zielen deshalb vor allem in die folgenden Richtungen : - Jene privaten Hilfswerke, öffentlichen Institutionen und Firmen, die über die nötige Erfahrung verfügen und dazu in der Lage sind, sollen weiterhin mit Regieaufträgen des Bundes zur Durchführung von ganzen oder Teilprojekten betraut werden.

- Die Anstrengungen privater Organisationen, ihre Kapazität auf bestimmten Gebieten der Entwicklungszusammenarbeit allein oder in Verbindung mit anderen Organisationen auszuweiten, werden vom Bund zielstrebig unterstützt, wie dies den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe entspricht. ') Als Beispiele für solche gemeinsame Bestrebungen privater und öffentlicher Organisationen können der Aufbau der KODIS (Koordinations-, Dokumentations- und Informationsstelle für Berufsbildung in Entwicklungsländern) in Winterthur und jener der SKAT (Schweizerische Kontaktstelle für Angepasste Technik) an der Hochschule St. Gallen genannt werden. Beide ') Siehe insbesondere die Artikel 3, Absatz 2 und Artikel 11 des Gesetzes (SR 974.0),

1362

Vereine werden von schweizerischen Hilfswerken sowie öffentlichen Institutionen getragen und vom Bund finanziell unterstützt. Sie vermögen wichtige Beiträge an die Erhaltung und weitere Verbesserung der Qualität namentlich unserer bilateralen Hilfsmassnahmen zu leisten.

Im selben Sinne prüfen die DEH und verschiedene schweizerische HilfsWerke gegenwärtig Möglichkeiten, neue Formen des Zusammenwirkens bei der Planung und Durchführung bilateraler Programme und Projekte zu entwickeln.

Auf diese Art soll es möglich werden, das grosse Erfahrungspotential der Hilfswerke und des Bundes so konzentriert wie möglich darauf zu verwenden, die wachsenden Mittel für öffentliche Entwicklungshilfe wirksam einzusetzen und die Ergebnisse zu kontrollieren.

Nach denselben Kriterien gestaltet sich auch die Zusammenarbeit mit Beratungsfinnen, die im Dienste der DEH tätig sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es für die erfolgreiche Vorbereitung und Durchführung von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit nicht genügt, solchen Firmen Aufträge zu erteilen, sondern dass auch hier viel Erfahrung von beiden Seiten eingebracht werden muss. Das führt einmal mehr auch für die DEH zu sehr arbeitsintensiven Methoden der Zusammenarbeit.

722.4

Erhöhung des Personalbestandes bei der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe

So können denn alle Massnahmen, die unter Ziffern 722,1 bis 722.3 beschrieben worden sind, je einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Qualität unserer Projektarbeit trotz'wachsender Ausgabenbudgets nicht sinkt. Sie allein genügen jedoch nicht. Wenn die DEH ihren gesetzlich verankerten Auftrag auch bei wachsender Komplexität der Entwicklungsprobleme und trotz der bisherigen (und künftigen) Steigerung unserer öffentlichen Hilfe erfüllen will, braucht sie dafür zusätzliches Personal.

Diese Feststellung kann durch vier Hauptüberlegungen begründet werden: - Erstens ist eine qualitativ gleichbleibende Erfüllung wachsender Aufgaben bei konstantem Personalbestand auf die Dauer nicht möglich. Ein Ausweg könnte grundsätzlich in einer starken Erhöhung der multilateralen Hilfe gesehen werden. Dies würde jedoch das bestehende Schwergewicht, welches auf der bilateralen Hilfe liegt, in Frage stellen und wäre nicht wünschenswert, bejahen doch weite Kreise der Öffentlichkeit eine Vorzugsstellung der bilateralen Hilfe. Die bilaterale Zusammenarbeit ist aber mit einem grösseren Arbeits- und Kontrollaufwand verbunden und dieser kann auch in der schweizerischen Verwaltung nicht wesentlich tiefer liegen als bei vergleichbaren ändern Entwicklungsinstitutionen des In- und Auslands. Die Finanzdelegation hat diesen Umstand selber dadurch unterstrichen, dass sie ausdrücklich die Schaffung der Stelle eines zusätzlichen Inspektors innerhalb der DEH forderte (siehe dazu Ziff. 721 dieser Botschaft).

- Zweitens hat es sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, dass die Zusammenarbeit mit privaten und öffentlichen Institutionen die DEH in wichtigen Bereichen zwar durchaus ew/lastet, in anderen Bereichen aber auch zu1363

sätzlich belastet. Damit die DEH ihre Führungsaufgaben gegenüber ihren Partnerorganisationen in. der Schweiz richtig erfüllen kann, muss sie den Bestand an erfahrenen Mitarbeitern erhöhen.

- Drittens wächst gerade bei stärkerer Aufgabendelegation an die Koordinationsbüros in Entwicklungsländern sowie an schweizerische Partner die Notwendigkeit wirksamer Kontrollen. Diese sind nicht nur von der Sache her, sondern vor allem auch unter der innenpolitischen Perspektive von grosser Bedeutung. Für genügende Kontrollen ist die DEH auf zusätzliche Mitarbeiter angewiesen.

- Viertens ist eine Vermehrung und personelle Verstärkung der Koordinationsbüros nur dann möglich, wenn die Leitung solcher Büros auch weiterhin gut qualifizierten Beamten mit mehrjähriger Erfahrung übertragen werden kann.

Dies setzt eine flüssige Personalrotation im Drei- bis Fünfjahresrhythmus zwischen diesen Aussenposten und der Zentrale voraus. Früher wurde diese Rotation teilweise dadurch ermöglicht, dass Beamte der Zentrale beurlaubt und als privatrechtlich angestellte Experten in Entwicklungsländern eingesetzt wurden. Nach einem Gutachten des Amtes für Justiz ist diese während vielen Jahren geübte Praxis jedoch unstatthaft. In Zukunft wird deshalb die Personalrotation zwischen Feld und Zentrale nur noch dann denkbar sein, wenn ein gewisses zahlenmässiges Gleichgewicht zwischen zu besetzenden Etat-Stellen und vergleichbaren Stellen an der Zentrale besteht. Die heutige Personalbasis der DEH ist zu schmal, um eine solche Personalrotation sicherzustellen.

Aus all diesen Gründen sehen wir uns vor der zwingenden Notwendigkeit, den Bestand jenes Personals, das in der DEH för Entwicklungszusammenarbeit verantwortlich ist, zu erhöhen. Dieser Bestand umfasst heute 110 Stellen, wovon sich 8 im Ausland befinden. Bis zum Ende der kommenden Rahmenkreditperiode (1983) wird die Zahl der mit Entwicklungszusammenarbeit befassten DEH-Beamten auf 120-125 anwachsen müssen, wobei 10-15 Prozent davon - also die Mehrheit des Gesamtzuwachses - für Auslandeinsätze verwendet werden.

Dieses Wachstum muss durch eine Kombination folgender Massnahmen bewerkstelligt werden: - Zunächst gilt es, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, Personalstellen, die heute für administrative oder technische Funktionen verwendet werden, durch Arbeitsrationalisierungen freizustellen
und für konzeptuelle und operationeile Aufgaben zu verwenden. In den letzten Jahren wurden solche Umstellungen in drei Fällen vorgenommen. Es ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass viele weitere solche Schritte, die am Personalbestand als solchem nichts ändern, möglich sein werden. Im besten Falle könnten sich eine oder zwei weitere solche Stellen herausrationalisieren lassen.

- Weiter sind der DEH seit 1974 vom Generalsekretariat des EDA drei zusätzliche Stellen aus dem Bestand des Departementes zugewiesen worden. Auch in dieser Beziehung ist heute ein Maximum erreicht. Angesichts des Personalmangels bei zahlreichen schweizerischen Aussenposten ist es höchstens noch denkbar, dass administratives Personal des EDA vorübergehend und aushilfsweise bestimmte Aufgaben in der DEH versieht.

1364

- So bleibt in erster Linie die Erhöhung des Personalplafonds des Departements für Auswärtige Angelegenheiten um jene 10-15 von der DEH benötigten Stellen. Ohne diese Massnahme wären wir nicht in der Lage, den Wunsch von Parlament und Öffentlichkeit nach einer sorgfältig geplanten und überwachten, vor allem bilateralen Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern in jeder Hinsicht zu erfüllen.

73

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Der Vollzug des vorgeschlagenen Bundesbeschlusses obliegt ausschliesslich dem Bund und belastet die Kantone und Gemeinden nicht.

7246

1365

Bundesbeschluss Entwurf über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 9 Absatz l des Bundesgesetzes vom 19. März 1976 ^ über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 9. Juli 1980 2>, beschliesst: Art. l 1 Für die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern wird ein Rahmenkredit von 1650 Millionen Franken für eine Mindestdauer von drei Jahren bewilligt. Die Kreditperiode beginnt frühestens am 1. Januar 1981, jedenfalls aber nicht, bevor die im vorangegangenen Rahmenkredit für technische Zusammenarbeit oder Finanzhilfe vorgesehenen Mittel verpflichtet sind.

z

Die jährlichen Zahlungskredite werden in den Voranschlag aufgenommen.

Art. 2

Die in Artikel l erwähnten Mittel können insbesondere verwendet werden für: a. Projekte des Bundes, namentlich für Neuziele: - technische Zusammenarbeit - Finanzhilfe-Schenkungen - Finanzhilfe-Darlehen; b. Beiträge an schweizerische Organisationen für bestimmte Projekte oder für Programme ; c. Beiträge an internationale Organisationen für bestimmte Projekte; d. allgemeine Beiträge an internationale Institutionen.

Art. 3 Dieser Beschluss ist nicht allgemeinverbindlich; er untersteht nicht dem Referendum.

7246

') SR 974.0 *) BEI 1980 II 1309

1366

Anhänge Die in den Anhängen zusammengestellten Texte und statistischen Angaben ergänzen unsere allgemeinen Ausführungen zur schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit und sollen einige konkrete Einblicke in die Praxis vermitteln.

Anhang l

Statistische Angaben über die Leistungen für öffentliche Entwicklungshilfe der Schweiz, der DAC-Staaten und der OPEC-Staaten.

Anhang 2

Projektevaluation am Beispiel der Ingenieur-Fakultät von Dar-esSalaam (Ergänzung zu Kap. 324 der Botschaft).

Anhang 3

Obervolta als Beispiel eines Schwerpunktlandes der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit.

Anhang 4

Mit welchen Massnahmen der technischen Zusammenarbeit trägt die Schweiz zu den Anstrengungen bei, die landwirtschaftliche Produktion und die ländliche Entwicklung in der Dritten Welt zu fördern? Beschreibung einiger Beispiele.

AnhangS

Welches sind die Rahmenbedingungen für schweizerische bilaterale Projekte der Finanzhilfe? Darstellung eines aktuellen Beispiels.

Anhang 6

Wie entsteht ein Entwicklungsprojekt? Aus welchen Entscheidungen und Massnahmen setzt es sich zusammen? Welches sind die beteiligten Personen und Körperschaften? Schematische Darstellung des Ablaufs eines Projekts.

Anhang 7

Liste derjenigen Projekte der technischen Zusammenarbeit und Finanzhilfe, für welche aus dem letzten Rahmenkredit von 735 Millionen Franken ein Beitrag von über 500 000 Schweizerfranken gesprochen wurde (Stand Dezember 1979).

Anhang S

Statistische Angaben über die Beiträge an internationale Organisationen und an Entwicklungsfonds aus dem letzten Rahmenkredit von 735 Millionen Franken.

£ s»

1.1 Öffentliche Entwicklungshilfe der Schweiz (in Millionen Franken)

Anhang l

1977

1978

1979

281,7 174,0

305,5 202,2

336,2

2,5

2,2

Wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen

34 1

20,1

2,2 7,2

Humanitäre Hilfe und Nahrungsmittelhilfe

71 1

78,7

90,3

2,3

2,8

4,5

4,5

7,5

286,2

310,0

343,7

a Leistungen des Bundes Technische Zusammenarbeit und Finanzhilfe Kapitalbeteiligungen an regionalen Entwicklungsbanken

1

Nicht klassiert ' b Leistungen der Kantone und Gemeinden

T()tal öffentliche Hilfe in Prozent des BSP D Anteil der Beiträge an UNO-Agenturen, welcher als öffentliche Hilfe betrachtet werden kann.

0,19

0,20

233,7

0,21

1.2 Offentliche Eatwicklungshilfe der Staatea des DAC Land

Netto-Auszahlungen

1977 Mio.S

Belgien Danemark Deutschland (BRD) Frankreich Grossbritannien Japan Kanada Neuseeland Norwegen Osterreich Schwciz USA . . .

Total/ Durchschnitt

U)

CTi VO

, ..

.. ..

1978 %BSP

Mio. $

%BSP

1979 Mio.S

427 371 258 1386 49 2267 914 186 I 424 992 52 900 295 US 779 119 4159

0,45 0,45 0,60 0,27 0,16 0,60 0,37 0,10 0,21 0,50 0,39 0,85 0,83 0,24 0,99 0,19 0,22

536 383 2347 55 2705 1 456 175 2215 1 060 55 1 074 355 156 783 173 5664

0,55 0,55 0,74 0,37 0,17 0,57 0,47 0,07 0,23 0,52 0,34 0,82 0,90 0,27 0,90 0,20 0,27

620 626 448 3378 89 3358 2067 (300) 2638 1 042 62 1403 428 127 956 207 4567

14696

0,31

19780

0,35

22316

588

BSP 1978 per Einwohner in Dollars

%BSP

Leistungen der privaten Hilfswerke in % BSP

Offenllichc Hilfe und private Hilfswerke in % BSP

0,035 0,031 0,015 0,045 0,020 0,004 0,007

0,52 0,56 0,75 0,44 0,22 0,59 0,52 (0,10) 0,26 0,47 0,30 0,93 0,93 0,19 0,94 0,21 0,19

7610 9950 10 110 10420 6980 8850 5520 4580 8530 8600 5200 9350 750 7740 10550 13910 9650

0,002 0,042 0,036 0,042 0,065 0,025 0,051 0,070 0,044

0,575 0,582 0,756 0,425 0,190 0,574 0,487 0,070 0,232 0,562 0,376 0,862 0,965 0,315 0,951 0,270 0,314

0,34

8590

0,029

0,379

O

-4 3

1.3

Offentliche Entwicklungshilfe der OPEC-Staaten

Land

Netto-Auszahlungen

1976

Algerien Iran Irak Libyen Nigeria . . .

Quatar Venezuela Total/ Durchschnitt

1978

1977

in Mio. $

in % BSP

in Mio, $

in % BSP

in Mio. $

in % BSP

53,6 1 060,2 752,5 231.7 615.3 93,6 82.9 195,0 2407,1 102,8 5 594,7

0,33 11,02 1,13 1,44 4,36 0,63 0,25 7,95 5,73 0,33 2,27

46,7 1 229,4 251,2 56,0 1 443,0 109,6 64,4 194,3 2 400,8 51,5

0,24 10,67 0,30 0,29 10,09 0,62 0,16 7,83 4,30 0,14 1,96

43,1 616,5 213,2 144,2 856,4 141,5 38,0 100,8 1 455,3 94,6 3 703,6

0,18 5,37 0,26 0,66 4,54 0,77 0,08 3,48 2,32 0,23 1,11

5 846,9

1.4 Zahlungsbilanz der nicht-erdolexportierenden Entwicklungslander (in Milliarden Dollars)

Exporte fob . . , , Handelsbilanz Sal do der Dienstleistungen und privalen UbertraSaldo der offentlichen Ubertragungen Ertragsbilanz ,

. ..

1973

1974

67V1 75

12P/2

-7'/2

-23 1/2

-4'/2

-8 ' 8 -23 1/2 25

6 -6 131/2

Direktinvestitionen Offentliche Entwicklungshilfe Andere Leistungen des offentlichen Sektors

, ,,

Offizielle Exportkredite Andere Gelder, inbegriffen nicht erfasste Posten und statistische Erinittlungsfehler 1)

3 4 TA 5 4

0 T-A

1976

1977

1978

1979

1980

92 BOW -38 1/2

115

134/z 159 -24 1/2

154 1/2

140 -25

185 232 -47

207 1/2 267 -59 1/2

-14 14 -47 54 5Vi 9Vi 5'A 20

-16

3'/2

-9 10 -37 1/2 34!/i 3M

5'/4

7'/4

3Vt 6 1 'A

4J/i 8 2

-9'/2

9 -25 1/2 35 3'/4

7 4/2 8/2

3 1/4

6 /4

11 '/2

9

l'/2

-3

9'/2

3

7'/2

Verandemng der Wah rungs reserven

98

1975

l!/4

2M

P/4 -1

2 11 '/2

-9

191 '/2

-37 -11/2

9'/2

12/2

-24 36 1/2 4

-36 51/i

6]/4

8W 5 16

4W 15 3

4 /4

8'/2

4'/3

5/2

13

12'/2

15'/2

-]/2

-/2

12

15

8 7

3

15'/2

-60 59W 6 10/2

6

]

7

11 7 1 8

10

6 /2

-/2 1

'/I

Weitere Angaben Prozentuale Verandemng des Aussenhandels: Volumen -- Imports Preise 2> -- Importe I--L UJ

-J

'> Einschliesslich Anleihen auf dem Eurodollarmarkt.

' Mittelwerte in Dollars,

J

-10 -3 5 11

26 5'/2

-'/2 1

5'/i 5Vi 13 8

7 71/!

7 12

11 Vi 13

4'/4

9 10/2

Quelle: OCDE, Perspectives economiques, Decembre 1979.

Anhang 2

Evaluation des schweizerischen Beitrags an den Aufbau der Ingenieur-Fakultät von Dar-es-Salaam, Tansania In Ergänzung zu Kapitel 325 dieser Botschaft wird im folgenden der Sinn einer Projektevaluation am Beispiel der Ingenieur-Fakultät von Dar-es-Salaam erläutert: Der schweizerische Beitrag an die Ingenieurfakultät bzw. deren Bauingenieur-, Maschinenbau- und Verfahrenstechnik-Abteilungen bezweckt kurzfristig 1. die Ausbildung tanzanischer Ingenieure zum Bachelor of Science (B. Sc.), 2. die Ausbildung tanzanischer Lehrkräfte für die Fakultät, 3. den Aufbau ingenieurwissenschaftlicher Dienste.

Langfristig hat dieser Beitrag zum Ziel, Tanzania im Bereiche des Ingenieurwesens und der Ingenieurausbildung möglichst weitgehend selbständig zu machen.

Die Ausbildung der Ingenieure orientiert sich an der besonderen Situation Tanzanias sowie an dessen politischen Zielsetzungen. Der Unterricht beinhaltet nebst den mathematischen und technischen Grundlagenfächern deshalb in hohem Masse auch praxisbezogenes Wissen und behandelt aktuelle technische Probleme, wie sie sich bei der gegenwärtigen Entwicklung stellen. Junge tanzanische Ingenieure haben vielfach schon bald nach ihrem Abgang von der Universität Ingenieurarbeiten selbständig auszuführen und nicht selten müssen sie auch Führungsaufgaben übernehmen, weil erfahrene Ingenieure erst in geringer Zahl vorhanden sind. Die Ausbildung hat auch diese Situation angemessen zu berücksichtigen.

Seit der Errichtung der Fakultät in den Jahren 1972-1974 bestanden drei Fachabteilungen : - Bauingenieurwesen, - Maschinenbau, - Elektrotechnik.

Sie sind 1978 durch eine Abteilung für Chemie und Verfahrenstechnik (Process Engineering) ergänzt worden. Die Schaffung einer Architekturabteilung ist im Gespräch.

Nebst schweizerischen und deutschen Fachkräften sind in den letzten Jahren vermehrt Dozenten aus ändern Drittländern für die Fakultät rekrutiert worden (England, Holland, Indien, Dänemark, Amerika). Nur so können die jährlich zunehmenden Studentenzahlen und die stets weitergreifenden Aufgabenbereiche bewältigt werden.

Das Ingenieurstudium dauert vier Jahre. Im ersten Jahr liegt das Schwergewicht auf Werkstatt-Praktika sowie auf den mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagenfächern (Mathematik, Mechanik, techn, Zeichen). Im zweiten, dritten und vierten Jahr wird in
gesamthaft etwa 80 Unterrichtswochen das eigentliche Ingenieurwissen vermittelt, Praktika werden im 1., 2. und 3. Studienjahr während je zweier Monate absolviert.

1372

Im 3. und 4. Jahr führen die Studenten je eine Projektarbeit durch, die sie in die Arbeitsweise des Ingenieurs einführen soll. In diesen Jahren muss auch ein Freifach belegt werden.

Beim Abgang von der Universität werden die Diplomanden, deren Ausbildung von der tanzanischen Regierung finanziert wurde, vom Ministry of Manpower (High Manpower Allocation Committee) einer staatlichen oder halbstaatlichen Unternehmung oder einer Verwaltungsstelle zugeteilt. Diese Diplomanden sind verpflichtet, während fünf Jahren in einer solchen Institution zu arbeiten.

Ende 1978 wurden die Ergebnisse der internationalen Zusammenarbeit an der Ingenieur-Fakultät von einer tanzanisch-schweizerisch-deutschen Expertengruppe evaluiert. Dabei wurden alle jene Aspekte berücksichtigt, die unter Ziffer 325 der Botschaft erwähnt sind: 1. Einsatz und Leistung für dieses Projekt bestehen in den grossen finanziellen, administrativen und menschlichen Anstrengungen, die Tanzania zusammen mit der Bundesrepublik, der Schweiz und anderen Gebern für die Ingenieur-Fakultät erbringt (Budget, Zahl der Experten, didaktische Bemühungen).

2. Das Ergebnis dieser Anstrengungen lässt sich am formalen Ausbildungsstand und an der Anzahl der jährlich promovierten und graduierten Ingenieure messen.

3. Zweck aller Ausbildung an der Ingenieur-Fakultät ist es, Tanzanias Wirtschaft und Verwaltung mit der nötigen Anzahl technischer Kader zu versorgen. Sein Nutzen zeigt sich, wenn es gelingt, die offenen Stellen mit tanzanischen Ingenieuren zu füllen.

4. Dies wiederum dient dem allgemeinen politischen Ziel, der tanzanischen Gesellschaft eine Entwicklung nach den Prinzipien der Eigenständigkeit1' und einer möglichst geringen technologischen Abhängigkeit vom Ausland zu ermöglichen.

Unter allen diesen Aspekten ergaben sich wichtige Fragestellungen für die Beurteilung des Projekts; einige davon seien erwähnt.

Am einfachsten und - was die Ergebnisse anbelangt - am sichersten war es, eine quantitative Gegenüberstellung von «input» und «output» vorzunehmen.

Es ging dabei vor allem um Fragen wie: - In welchem Verhältnis stehen Einsatzleistung und Ergebnisse/Produkte des Projekts zueinander?

- Entspricht die Ingenieurproduktion den Planzahlen?

- Mit welchen Produktionskosten pro Ingenieur muss gerechnet werden? Ist der Betrag annehmbar?

- Wie lässt sich
die Effizienz des Projekts steigern? (Ausnützungsziffern von Schul- und Laborräumen usw.)

Fragen anderer Art stellten sich, als die Ergebnisse des Projekts mit dessen Zweck und erzieltem Nutzen verglichen wurden. Hier interessierte beispielsweise, " Vgl. dazu Ziff. 224 unserer Botschaft vom 23. November 1977 über die Weiterfahrung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe (BB vom 21. Juni 1978).

62

Bundasblall.132.Jahr6.BdJI

1373

- ob die frischgebackenen Ingenieure tatsächlich an den ihnen zugedachten Stellen in Wirtschaft und Verwaltung tätig werden (können) ; - ob sie dort bleiben, oder bald auf andere Tätigkeitsgebiete ausweichen; - ob sie an den ihnen zugewiesenen Stellen Aufgaben finden, die ihrer Ausbildung entsprechen; - inwieweit die theoretische Ausbildung an der Hochschule mit den Anforderungen der Praxis in Übereinstimmung gebracht werden kann.

Auch wenn der Zweck des Projekts momentan als erfüllt gelten kann, ist noch nicht erwiesen, dass damit den genannten umfassenden Zielen auch längerfristig gedient sein wird. So gilt es zu fragen, - ob die jungen Ingenieure wirklich willens und in der Lage sind, ihr technisches Können in den Dienst der tanzanischen Entwicklungspolitik zu stellen; - ob sie über die dazu nötige Motivation verfügen und fähig sind, ihrerseits in den Dörfern des Landes Eigeninitiative zu wecken und Selbstverantwortlichkeit zu fördern.

Diese Fragen führten in sehr komplexe gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenhänge, die im Evaluationsbericht ebenfalls erörtert wurden. Damit wurde unser Verständnis für die besondere Situation der Ingenieur-Fakultät in Dar-es-Salaam vertieft.

Es kann hier nicht darum gehen, die Ergebnisse der Evaluation im einzelnen darzustellen. Der Zweck unserer Darlegungen besteht lediglich darin, am Beispiel dieses Projekts die Rolle und Tragweite einer Evaluation in der Entwicklungszusammenarbeit zu illustrieren.

Hingewiesen sei lediglich noch auf eine der konkreten Folgen der Evaluation: Um den schweizerischen Dozenten an der Ingenieur-Fakultät, aber auch anderem Feldpersonal der DEH, das sich mit Lehraufgaben befasst, künftig eine gründlichere didaktische Vorbereitung auf ihren Einsatz zu ermöglichen, führt die DEH ab 1980 besondere Kurse für angehende Experten durch. Es darf erwartet werden, dass dadurch die Qualität und die Wirksamkeit des schweizerischen Beitrags an ganz verschiedene Projekte weiter verbessert wird.

7246

1374

Anhang 3

Das Beispiel Obervolta Die praktische Anwendung der Leitlinien unserer Politik hat die ausgewählten Länder zu berücksichtigen, insbesondere ihren Entwicklungsstand, ihre wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Strukturen sowie die Ideologie und die Verhaltensweisen ihrer Regierungen.

Als Beispiel sei Obervolta in Westafrika angeführt; gegenwärtig ein Schwerpunktland der schweizerischen Zusammenarbeit. Mit einem Bruttosozialprodukt pro Kopf von 90 Dollar (Zahl für 1974) mit tendenziell sinkendem Realwert ist es eines der ärmsten Länder der Erde. Das Land hat fast keine natürlichen Reichtümer. Es wird beherrscht von einem unwirtschaftlichen Sudan-Sahel-Klima, leidet unter einer sehr starken Erosion und hat deshalb nur wenige wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Voltaci sagen mit Vorliebe, die Bevölkerung sei die wichtigste Ressource des Landes. Dazu ist zu bemerken, dass Obervolta mangels Arbeitsplätzen nicht in der Lage ist, diese Ressource voll auszuschöpfen. Zahlreiche Voltaer wandern jedes Jahr aus und tragen so eher zur Bereicherung der Nachbarländer als ihrer Heimat bei.

Kurz und gut, sieht man von einem embryonalen industriellen Sektor ab, kann man ohne Übertreibung behaupten, dass Obervolta fast ausschliesslich von der Landwirtschaft und Viehzucht lebt. Seine Bauern pflanzen Hirse, Sorghum, Mais und Reis - die Grundnahrungsmittel der Bevölkerung - an. Hinzu kommen Baumwolle, Erdnüsse, Zucker, Sesam und Karite-Nüsse. Das Vieh (vor allem Rinder, Schafe und Ziegen) wird einesteils für den Eigenverbrauch, andernteils für die Vermarktung aufgezogen. Hauptsächliche Ausfuhrgüter sind Baumwolle, Erdnüsse, Karite-Nüsse, einige Gemüse sowie Vieh und Häute. Die Bergwerkproduktion ist auf einige wenige Vorkommen (z. B. Phosphate im Südosten des Landes) beschränkt.

Wegen der Bedürfnisse des Landes an Ausrüstungsgütern aller Art und einem Nahrungsdefizit, das chronischen Charakter anzunehmen droht, ist die Handelsbilanz von Obervolta stark defizitär. Die Zahlungsbilanz ist trotz des Beitrages der voltaischen Kolonie im Ausland nur dank der Hilfe von aussen ausgeglichen.

Schliesslich ist hervorzuheben, dass Obervolta im Verlauf des vergangenen Jahrzehnts durch mehrere Dürrejahre und durch die Ölpreissteigening unbarmherzig getroffen wurde. Es hat sich von diesen Schlägen trotz der Hilfe
von fast allen Seiten noch nicht erholt.

Auf politischer Ebene wurde Obervolta nach sechs Jahren einer zivilen parlamentarischen Regierungsform bis 1978 von den Militärs regiert, je nach Zeitraum auf mehr oder weniger autoritäre Art. Vor zwei Jahren kehrte das Land zu einem verfassungsmässigen Zustand und einem parlamentarischen Mehrparteiensystem zurück. Die Gewerkschaften können sich frei betätigen und üben sehr starken Druck auf die Regierung aus.

Unsere Zusammenarbeit mit Obervolta reicht auf etwas über zehn Jahre zurück.

Anfänglich, als die schweizerische Zusammenarbeit in West- und Zentralafrika

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allgemein den Küstenländern mehr Beachtung schenkte als den eingeschlossenen Sahel-Ländern, besass sie keinen Vertreter in Obervolta. Unsere Hilfe beschränkte sich auf einige verstreute Tätigkeiten, die sich aus Beziehungen mit privaten Organisationen ergaben. Diese ersten Jahre waren trotzdem in dem Sinne sehr nützlich, als sie uns erlaubten, wertvolle Kontakte anzuknüpfen und das Land besser kennenzulernen.

Offiziellere Beziehungen auf dem Gebiet der Zusammenarbeit, nämlich von Regierung zu Regierung, wurden erst gegen 1972 aufgenommen. Von diesem Datum an konnten der Regierung von Obervolta einige schweizerische Experten auf verschiedenen Gebieten (Leitung einer Verwaltungsgarage, Ausbildung von ländlichen Handwerkern) zur Verfügung gestellt werden. Das. Jahr 1974, das nach der Dürre der Jahre 1972/73 wegen der plötzlichen Preissteigerung aufgrund der Ölkrise für alle Sahel-Länder gleichfalls dramatisch war, brachte die Eröffnung eines regionalen Koordinationsbüros in Ouagadougou, der Hauptstadt von Obervolta. Diese Geste zeugte vom Willen der Schweiz, ihre Anstrengungen zugunsten der ärmsten Länder zu verstärken. Der Umfang unserer Zusammenarbeit mit Obervolta nahm von diesem Zeitpunkt an ständig zu und erreichte 1979 Ausgaben von rund 4 Millionen Franken, verteilt auf 15 verschiedene Tätigkeiten.

Da indessen die qualitativen Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit in mancher Hinsicht bedeutsamer sind als die quantitativen, ist dem Gehalt unseres Programms, d. h. den Projekttypen, die in Obervolta zur Durchführung gelangen, besondere Bedeutung beizumessen. Die Art der fraglichen Tätigkeiten ergibt sich, abgesehen von den Prioritäten der schweizerischen Zusammenarbeit, aus den hauptsächlichen Hindernissen, die der Entwicklung in Obervolta entgegenstehen, und aus den Prioritäten, welche die Regierung dieses Landes für die Beseitigung dieser Hindernisse setzt.

Die Prioritäten der voltaischen Regierung lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Förderung der Nahrungsmittelproduktion mit allen Mitteln (Anbautechniken, Ausbildung, Preispolitik, Vermarktung usw.), zwecks Sicherstellung der Selbstversorgung; 2. Verbesserung der Wasserversorgung für die Landbevölkerung und für das Vieh; 3. Verbesserung des öffentlichen Gesundheitswesens; 4. Ausbildung von qualifiziertem Personal in allen als vordringlich
erachteten Bereichen und auf allen Ebenen, insbesondere auf den Vollzugsebenen, die bis in die jüngere Zeit sehr vernachlässigt wurden ; 5. Schaffung von produktiven Arbeitsplätzen und Organisierung der Landbevölkerung; 6. Kampf gegen die Erosion und das Vordringen der Wüste.

Schon heute können wir behaupten, dass unser Programm insgesamt dem einen oder dem anderen dieser Hauptanliegen entspricht. Zur Veranschaulichung unseres Zusammenarbeitsprogramms mit Obervolta stellen wir im folgenden kurz einige Projekte vor, die für unsere Art von Zusammenarbeit bezeichnend sind und die wir noch weiterentwickeln wollen.

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a. Herstellung von landwirtschaftlichen Geräten und Ausbildung von ländlichen Handwerkern Um die landwirtschaftliche Produktion zu erhöhen, gilt es insbesondere, die Akkerbaumethoden zu verbessern. Die Einführung des Ochsenzuges erschien deshalb sehr schnell als wichtiger Bestandteil der angestrebten Verbesserung. Zur Durchführung dieser Veränderung war es notwendig, den Bauern eine den örtlichen Bedingungen in bezug auf Qualität und Preis angepasste Ausrüstung zugänglich zu machen.

1974 leitete Obervolta zu diesem Zweck dank verschiedenen Hilfsbeiträgen von aussen, insbesondere seitens der ILO, die Schaffung einer nationalen Struktur für die Produktion von landwirtschaftlichen Geräten ein. Zwei regionale Produktionswerkstätten für landwirtschaftliche Geräte wurden auf diesem Weg geschaffen. Die Kapazität dieser beiden Werkstätten erlaubte aber nur eine rund 40prozentige Deckung des Jahresbedarfes des Landes. Die Behörden von Obervolta beschlossen deshalb, die bestehende Produktionsstruktur zu verstärken und zu verbreitern. Wir unterstützen die in dieser Richtung unternommenen Anstrengungen auf zwei Arten. Erstens hat die schweizerische Zusammenarbeit die Vergrösserung der beiden bestehenden Werkstätten und die Schaffung einer dritten Werkstätte in einer ändern Region von Obervolta finanziert. Zweitens hat sie beiden bestehenden Werkstätten einen verhältnismässig bedeutenden Kapitalzuschuss gewährt, weil auch Liquiditätsschwierigkeiten die Produktionskapazität der Werkstätten beeinträchtigten. Dieser Kapitalzuschuss dient als Betriebsfonds für die regelmässige Wiederversorgung der Werkstätten mit Werkstoffen und vorfabrizierten Teilen.

Beiläufig sei erwähnt, dass auch eine private Organisation, das Schweizerische Arbeiterhilfswerk, seit 1976 zum Gelingen des Unternehmens beiträgt und zwar mittels eines von ihm rekrutierten und bezahlten Technikers. Dieser kümmert sich um den geordneten Betriebsablauf in einer der drei Werkstätten und um die Ausbildung der dortigen Arbeiter.

Diese von der schweizerischen Zusammenarbeit unterstützte Tätigkeit ist eng mit einem anderen, nicht weniger bedeutenden Projekt verknüpft. In der Tat gibt man sich seit langem Rechenschaft, dass eines der besten Mittel zur Eindämmung der Landflucht darin besteht, bezahlte Arbeitsplätze in den Dörfern zu schaffen. Dieser Idee
stand die Tatsache gegenüber, dass die Modernisierung der Anbaumethoden und die vermehrte Verwendung von bisher unbekannten landwirtschaftlichen Geräten die Ausbildung von Handwerkern erfordert, die fähig sind, das den Bauern zur Verfügung gestellte Material zu unterhalten.

Dies führte seit 1974, also noch bevor Obervolta die fraglichen Ausriistungsgüter selbst herstellte, zu einem Projekt für die Weiterbildung von ländlichen Handwerkern. Zu diesem Zweck wurde ein nationales Zentrum gegründet, wo jedes Jahr praktische Lehrgänge für Handwerker (insbesondere Schmiede, aber auch Schreiner, Maurer, Brunnenbauer usw.) durchgeführt werden. Diese Handwerker werden anschliessend bei der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit in materieller und technischer Hinsicht unterstützt.

Die schweizerische Zusammenarbeit hat sich seit den ersten Jahren durch den Einsatz von Technikern an dieser Aktion beteiligt. Die Techniker befassten sich

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entweder mit der Ausbildung oder mit der Betreuung der Handwerker. Einen anderen Beitrag der schweizerischen Zusammenarbeit bildete die Beschaffung eines anderen Betriebsfonds. Dank diesem Fonds können den umgeschulten Handwerkern Darlehen für die Beschaffung von Werkzeugen und Rohstoffen gewährt werden.

Unsere Beteiligung an diesem Projekt wurde vor kurzern erneuert. Nunmehr streben wir eine Dezentralisierung der Ausbildungs- und Betreuungsstrukturen an, um sie effizienter zu gestalten und dem unterschiedlichen örtlichen Kontext besser anzupassen.

b. Ausbildung für die Entwicklung im ländlichen Sektor Wie überall ist die Ausbildung der Bevölkerung ein wesentlicher Bestandteil des wirtschaftlichen und sozialen Aufbruchs eines Landes. Mehrere unserer Tätigkeiten verfolgen dieses Ziel. Die interessierten Gruppen von Leuten können verschieden sein, desgleichen die verwendeten Mittel, unsere Tätigkeiten aber ergänzen sich gegenseitig in dem Sinn, als alle auf eine Basisentwicklung der ländlichen Welt ausgerichtet sind, wobei die Entwicklung soweit immer möglich von den Dorfbewohnern selbst getragen sein soll.

Die erste und älteste dieser Tätigkeiten besteht in der Unterstützung in Form einer Beteiligung an den Betriebskosten (in der Grössenordnung von ungefähr einem Drittel) des Centre d'Etudes et d'Expérimentation économiques et sociales de l'Afrique occidentale (CESAO) in Bobo Dioulasso. Dieses Zentrum, das sich erst mit der ein- oder zweijährigen Ausbildung von mittleren Kadern für die ländliche Entwicklung befasste, ging vor einigen Jahren zu einem beweglicheren Ausbildungssystem über. Dieses sieht Kurse von kürzerer Dauer (eine Woche bis ein Monat) vor, die sich noch zum Teil wie bis anhin an verschiedene Kategorien von Entwicfclungsträgern, vor allem aber an Dorfverantwortliche (Genossenschaftsleiter, Dorfvorsteher, Vertreter von verschiedenen Gruppen) wenden, auf die man als hauptsächliche Träger des Wandels der ländlichen Welt zählt.

Die schweizerische Zusammenarbeit beteiligt sich auch an einem Ausbildungsund Umschulungsprogramm von Personen, die in der gemeinschaftlichen Entwicklung (développement communautaire) tätig sind. Es handelt sich dabei um ein Regierungsprogramm, das sich über fünf Jahre erstreckt und 500 Personen betrifft. Mit diesem Programm wird angestrebt, die Methode der
gemeinschaftlichen Entwicklung in ungefähr 300 neuen Dörfern einzuführen.

Die Methode der gemeinschaftlichen Entwicklung ist darum so interessant, weil sie die Bevölkerung stärker an den unternommenen Tätigkeiten teilhaben lässt, als dies bei Entwicklungsprogrammen oder -projekten der Fall ist, die auf hoher Ebene entworfen und anschliessend von technischen «Diensten» durchgeführt werden. Die bisherigen Erfahrungen zeigen in der Tat, dass der Erfolg von Entwicklungstätigkeiten zu einem grossen Teil vom Grad der Beteiligung der angesprochenen Bevölkerung abhängt. Dies gilt nicht nur für die Ausführung, sondern auch und vor allem für die Konz'ipierung und die Teilnahme an der Verantwortung.

Damit diese Ausbildung wirklich nützlich ist, d. h. damit die so ausgebildeten Träger anschliessend die Mittel haben, um in diesem Geist zu arbeiten und der

1378

Bevölkerung eine tatsächliche Unterstützung gewähren können, wenn diese neben eigenständigen Tätigkeiten auch andere unternehmen will, die etwelche Mittel erfordern, finanziert die schweizerische Zusammenarbeit gleichzeitig einen Fonds für gemeinschaftliche Entwicklung. Verschiedene von den Interessierten selbst beschlossene Werke sozialer oder wirtschaftlicher Natur (Bau eines Entbindungszentrums, Einrichtung einer Hirsemühle, Anlegen eine Getreidereserve usw.) können damit über Subventionen oder Darlehen finanziert werden.

Das dritte Projekt dieser Kategorie geht von einer etwas andersgearteten Idee aus, deckt sich aber insofern wieder mit den beiden vorgenannten, als es ebenfalls dazu beiträgt, der Bevölkerung selbst die Verantwortung für die Zukunft zu Übertragen. Das Projekt wird durchgeführt von einer internationalen Vereinigung nach schweizerischem Privatrecht und betrifft mehrere Sahel-Länder, darunter Obervolta.

Ausgehend von der Feststellung, dass der jährliche Tätigkeitskalender im ländlichen Milieu der Sudan-Sahel-Zone durch eine lange tote Jahreszeit gekennzeichnet ist - die Jahreszeit nämlich, während der kein Regen fällt - hat die genannte Vereinigung mit dem Namen «6S» (Abkürzung von «Se servir de la saison sèche en savane et au Sahel» - Sich die trockene Jahreszeit in der Savanne und der Sahelzone zunutze machen) sich die Aufgabe gestellt, daraus eine nützliche Jahreszeit zu machen. Sie beschloss zu diesem Zweck, sich auf die in jedem Dorf vorhandenen, herkömmlichen Gruppierungen abzustützen und sie in Gruppierungen für die Entwicklung der Dörfer umzuwandeln. Der Kniff ist augenfällig: statt die Tradition beiseite zu schieben - was das Risiko von Blockaden mit sich bringen würde - benutzt man sie, um die Übereinstimmung und die Anteilnahme der ganzen Gemeinschaft zu erreichen.

Konkret bildet die Vereinigung «6S» im Rahmen von mehreren praktisch-theoretischen Jahreskursen (chantiers-école) Dorfbewohner aus den vorerwähnten Gruppierungen aus und hilft ihnen anschliessend finanziell mittels Darlehen oder nicht rückzahlbaren Subventionen je nach Art der ins Auge gefassten Tätigkeit. Nach der Rückkehr in ihre Gemeinschaft werden die Interessierten ihrerseits zu Katalysatoren und ihre sehr mannigfaltigen Unternehmen (Gemüsebau, Kleintierzucht, Obstbaumanlagen usw.) dienen den ändern
Dorfbewohnern als Beispiel.

c, Wiederaufforstung Aus verschiedenen Gründen ist Obervolta wie übrigens alle Sahel-Länder sehr stark der Erosion und dem Vordringen der Wüsten ausgesetzt. Unter den zahlreichen Gründen dieser Erscheinung ist das Klima zu nennen, das durch eine intensive Sonneneinstrahlung und durch plötzliche ausgiebige Niederschläge gekennzeichnet ist. Weiter sind zu erwähnen: die Bodennutzungsmethoden, die grossenteils noch auf dem Abbrennen und extensiver Nutzung beruhen, der ständig steigende Druck von Mensch und Vieh auf den verfügbaren Boden, der die Brachperioden verkürzt und zu Überweidung führt, die Erschöpfung gewisser Böden aufgrund unbedachten Gewinnstrebens und schliesslich das ständige Anwachsen der wichtigen Städte, wo der Bedarf an Holz, insbesondere für 1379

Brennzwecke, weit grösser ist als das, was das Land und in allererster Linie die unmittelbare Umgebung vernünftigerweise liefern kann.

Die Entwaldung der ganzen Sudan-Sahel-Zone schreitet deshalb in beschleunigtem Rhythmus voran. Sie hat andere Erosionserscheinungen zur Folge, die auf mittlere und lange Frist für die betroffenen Länder äusserst nachteilig sind.

Hier liegt eine Situation vor, gegenüber der die schweizerische Zusammenarbeit angesichts ihrer Prioritäten schwerlich unbeteiligt bleiben konnte. Wir beschlossen, über die Schaffung von Dorfwäldern ein Wiederaufforstungsprojekt in Angriff zu nehmen. Die Ziele der Aktion sind vielfältig: Produktion von Brennholz und von Stangen für den Hüttenbau, Dorfgestaltung durch die Schaffung von Schattenzonen, Bodenerhaltung, Arbeitserleichterung für die Personen, denen das Holzsammeln obliegt.

Erwähnenswert ist der Umstand, dass die Dorfbewohner die Arbeit selbst ausführen und dass das Projekt, neben seiner Rolle als Musterbeispiel, sich auf eine technische und finanzielle Unterstützung beschränkt. Der Kauf des notwendigen Materials, insbesondere von Draht für die Erstellung der Zäune, übersteigt nämlich die Mittel der interessierten Bevölkerung.

Gegenwärtig betrifft das fragliche Projekt 80-100 auf drei Departemente verteilte Dörfer. Es handelt sich um eine fesselnde Erfahrung, denn man beginnt erst, das Problem von dieser Seite her anzupacken. Selbst der Begriff des Bäumepflanzens war - in einigen Fällen abgesehen von den Obstbäumen - den Dorfbewohnern früher vollkommen fremd. Die Hauptschwierigkeit besteht indessen nicht so sehr darin, die Dorfbewohner, die meistens ziemlich empfänglich sind, zu motivieren, sondern die Agenten der technischen Dienste, die für die Ausführung der Arbeiten verantwortlich sind. Sie besitzen oft nicht die erwünschte Ausbildung und auch nicht den Elan, der von ihnen erwartet werden könnte. Auf technischer Ebene entstehen Probleme durch die Termiten, die bisweilen an den Pflänzlingen beträchtlichen Schaden anrichten; durch das Vieh, insbesondere die Ziegen, die auf Blätter und Zweiglein ebenso begierig sind wie auf Gräser; durch den Wassermangel, der zum Verdorren der neugepfianzten Bäume führen kann; durch die ungenügende Pflege durch die Dorfbewohner, die ebenso wenig gewohnt sind, die Bäume zu pflegen wie sie zu
pflanzen und schliesslich - durch das Feuer, das den Busch einschliesslich der Pflanzungen regelmässig verwüstet, wenn letztere nicht hinreichend geschützt sind.

Trotz aller dieser Bedrohungen sind die bisher erreichten Ergebnisse positiv und ermuntern uns, eine Ausdehnung des Projekts ins Auge zu fassen.

Die Auswahl dieser wenigen Tätigkeiten veranschaulicht unsere Politik in Obervolta recht gut, nämlich eine harmonische Entwicklung des ländlichen Sektors.

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Projekte in Obervolta, die aus dem Rahmenkredit für Entwicklungszusammenarbeit und Finanzhilfe unterstützt werden Kredit in Schweizerfranken

Beitrag an ein grosses internationales Hilfsprogramm zur besseren Nutzung der lokalen landwirtschaftlichen Ressourcen Unterstützung von Werkstätten zur lokalen Herstellung landwirtschaftlicher Werkzeuge Errichtung eines Schulungszentrums für Lehrkräfte im Gebiet der Erwachsenenbildung Beitrag an das Spezial-Programm der FAO zur Errichtung von Getreidelagern Wiederaufforstungsprogramm Vorbereitungsarbeiten zu einem grösseren Projekt integrierter Entwicklung im .Osten des Landes Beitrag an das Institut Panafricain pour le développement Fonds zur Unterstützung dörflicher Selbstverwaltung und des Aufbaus dörflicher Infrastruktur Zusammenarbeit mit dem Centre national de perfectionnement d'artisans ruraux Brunnen- und Strassenbau in Zusammenarbeit mit der beteiligten Bevölkerung Ausbildung von Spezialisten für ländliche Entwicklung Zusammenarbeit mit dem Büro zur Förderung voltaischer Gewerbe- und Industriebetriebe Beratung des Service départementale d'Action sociale du CentreEst (Tenkodogo)

9 550 000 l 900 000 l 780 000 l 200 000 l 170 000 l 100 000 840 000 500 000 453 500 375 000 370 000 260 000 195 000

7246

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Anhang 4 Landwirtschaftliche Produktion - ländliche Entwicklung (Beschreibung einiger Projektbeispiele aus diesem Bereich der technischen Zusammenarbeit)

l

Notwendigkeit einer Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität in Entwicklungsländern

Unter dem Einfluss von schwierigen Klimabedingungen ist die Ertragsfähigkeit der Böden in der tropischen Landwirtschaft dauernd gefährdet. Aufwendige Eingriffe sind notwendig, um gewonnenes Kulturland in seiner Fruchtbarkeit zu erhalten, vor Erosion, Versandung und Vergandung zu schützen und um eine allzuschnelle Verdunstung und Versickerung des gefallenen Regens zu verhindern.

Manche, uns archaisch erscheinende landwirtschaftliche Techniken zeichnen sich durch eine sehr gute Anpassung an die physiologische und chemische Beschaffenheit der Böden und an die Klimaverhältnisse aus. Die traditionelle, den ökologischen Bedingungen angepasste Landwirtschaft der Dritten Welt büsst heute jedoch aus verschiedenen Gründen ihre Grundlagen ein: die langen Bracheperioden, die teilweise in der Landwirtschaft in Afrika üblich waren und eine Erholung der Böden erlaubten, können bei Bevölkerungsvermehrung und Landverknappung nicht mehr eingehalten werden. In Gebirgsregionen, wo das Ackerland mit Terrassen vor Erosion geschützt und mit Kanälen bewässert wurde, stehen Aufwand und Ertrag in einem immer ungünstigeren Verhältnis zueinander, was zu einer Vernachlässigung der jährlich notwendigen Unterhaltsarbeiten führt.

Gleichzeitig nimmt mit dem Anwachsen der Städte und mit zunehmender Industrialisierung in der Dritten Welt das Bedürfnis der Entwicklungsländer zu, die einheimischen landwirtschaftlichen Ressourcen auszuschöpfen und rationellere Produktionsweisen in der Landwirtschaft einzuführen. Viele enttäuschende Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben den Optimismus gebremst, der mit der Übernahme landwirtschaftlicher Produktionsmethoden aus Ökonomisch fortgeschrittenen Ländern ursprünglich verbunden war. Die Widerstände, welche die Natur gewissen Anpflanzungsversuchen und der Ansiedlung importierter Nutztiere entgegensetzt, erwiesen sich als hartnäckiger, als eine erste Generation landwirtschaftlicher Entwicklungsexperten angenommen hatte. Unterschätzt wurden vielfach auch kulturelle Widerstände und die Einwirkung technischer Neuerungen auf die Sozialstruktur in bäuerlichen Produktions-, Siedlungs- und Familiengemeinschaften.

Immer mehr setzt sich daher die Erkenntnis durch, dass die Methoden, die zu einer Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion führen, nicht aus dem Ausland importiert werden können
und dass in jeder Region eigenständige Wege gesucht werden müssen, um Erfahrungen und Kenntnisse der traditionellen Landwirtschaft mit modernen Techniken und Erkenntnissen zu verbinden.

Forschung an Ort und Stelle ist notwendig, um die jeweils am besten geeigneten 1382

Möglichkeiten zu einer Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion ohne Gefährdung des ökologischen Gleichgewichts zu ermitteln.

Das erste der hier vorgestellten Projekte illustriert unsere Bemühungen zur Unterstützung der lokalen und regionalen landwirtschaftlichen Forschung in der Dritten Welt. Diese Bemühungen haben sich während der letzten Jahre verstärkt und erfolgen nicht nur, wie im hier dargestellten Beispiel, auf dem Weg über bilaterale technische Zusammenarbeit. Die Schweiz leistet daneben auch jährlich Beiträge an zahlreiche internationale Forschungsstationen und Forschungsprogramme, die durch Anbauversuche, Schädlingsforschung und Zuchtversuche die Grundlagen zu einer den Naturgegebenheiten angepassten und produktiven Landwirtschaft verbessern wollen.

Beispiel l : Saatgutproduktion Cochabamba

Der Landwirtschaft Boliviens kommt ein entscheidender Platz innerhalb der nationalen Volkswirtschaft zu. Weit Über die Hälfte der Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig, oft jedoch in Kleinbetrieben, deren Ertrag nur die Dekkung eines bescheidenen Eigenbedarfs erlaubt. Cochabamba liegt im Zentrum des Landes am Übergang zwischen einer sehr fruchtbaren und intensiv bebauten Region und Gebieten, in welchen die landwirtschaftliche Bewirtschaftung erst in letzter Zeit "intensiviert wurde.

Die Zusammenarbeit der Schweiz mit der Universität San Simon in Cochabamba, die über zwei grosse Landwirtschaftsbetriebe verfügt, begann im Oktober 1969. Eine starke Ausrichtung auf Viehzucht und Futterbau ist typisch für sämtliche jener ersten landwirtschaftlichen Projekte, mit welchen die schweizerische öffentliche Entwicklungszusammenarbeit 1963 in Indien und Rwanda, 1965 in Peru und 1969 in Bolivien, Paraguay und Ecuador ihren Anfang nahm.

Man erwartete, vor allem durch Export von Schweizer Tiermaterial (Braunvieh-, Simmenthaler- und Eringerkühe, Saanen- und Toggenburger Ziegen) und durch die Vermittlung des entsprechenden know-how eine wesentliche Verbesserung der Produktivität der Tierproduktion und dadurch auch der Ernährungslage der Bevölkerung in diesen Ländern zu erzielen.

Die Schweiz stellte der Universität Cochabamba während der ersten Projektphase eine Laborausrüstung für Futteranalysen und Importtiere zur Verfügung.

Schweizerische Agrotechniker wurden eingesetzt, um die schweizerischen Importtiere in der neuen Umgebung zu beobachten und die Laboratorien bei Forschungsaufgaben zu unterstützen. Daneben übernahmen sie an der Universität auch gewisse Ausbildungsaufgaben. Die Zusammenarbeit der schweizerischen Experten mit der Universität erfolgte von Anfang an nicht nur unter den immer etwas realitätsfremden Bedingungen einer universitätseigenen Forschungsstation, sondern auch im Rahmen von Extensionsprogrammen, welche die Universität in der Region durchführte. Die schweizerischen Experten wurden dadurch veranlasst, sich intensiver mit der wirtschaftlichen und sozialen Lage der Bauern auseinanderzusetzen und die realen Verhältnisse besser kennenzulernen, unter welchen Viehzucht betrieben wird. Sie wurden dadurch veranlasst, ihre eigenen Viehzucht-Projekte stärker in Frage zu stellen.

1383

1975, als eine breite, bolivianisch-schweizerische Evaluation des gesamten Bolivienprogrammes des schweizerischen Dienstes für technische Zusammenarbeit durchgeführt wurde, hatte sich im schweizerischen Projekt mit der Universität Cochabamba das Gewicht von Zuchtstationen mit importiertem Schweizer Vieh und Kreuzungsprogrammen zur genetischen Verbesserung bereits ansässiger Viehrassen immer mehr auf Fragen der Tierernährung, auf Haltungsbedingungen und auf Futterbau verlagert.

Besonders intensiv gestaltete sich in der Folge, gestützt auf ausführliche Diskussionen der Resultate der Evaluation unter den schweizerischen und bolivianischen Partnern, die schweizerisch-bolivianische Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Futterbaus. Die traditionelle Landwirtschaft - mit Ausnahme der subsistenzwirtschaftlichen Kleinstbetriebe - pflegte die Tierernährung immer schon durch den Anbau bestimmter Futterpflanzen anzureichern. Sie war dabei auf importiertes Saatgut angewiesen, das sich oft als wenig résistent erwies. Auch das Angebot der wenigen ortsansässigen Saatgutproduzenten vermochte meist nicht zu befriedigen. Die angebotene Qualität stand äusserdem vielfach in krassem Missverhältnis zum Preis.

Für das schweizerische Engagement auf dem Gebiet des Futterbaus war entscheidend auch die Einsicht, dass der Futterbau ein relativ einfach zu beeinflussender Faktor bei der landwirtschaftlichen Produktionsverbesserung darstellt.

Die Forschungsarbeiten an der Universität von Cochabamba zur Entwicklung von verbessertem Saatgut wurden von Anfang an nicht nur auf universitätsinternen Versuchsgeländen durchgeführt. Bestimmte ortsansässige Saatgutproduzenten bauten die von der Forschungsstation der Universität gelieferten Samen im Auftrag des Projekts an. Die auf diese Weise zusätzlich gewonnenen Erfahrungen waren für die Forschungsarbeiten wertvoll. Noch wichtiger war jedoch der Umstand, dass durch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit diesen Saatgutproduzenten eine laufende Umsetzung der Forschungsergebnisse erfolgte und dass verbesserte Saatgutprodukte schon bald Eingang in den normalen landwirtschaftlichen Anbau fanden.

1977 umfasste das Projekt «Saatgutproduktion» an der Universität Cochabamba eine Versuchsfarm von 27 ha ausserhalb der Stadt und ein am selben Ort installiertes Verarbeitungszentrum (Drusch, Reinigung,
Verpackung, Lagerung).

Während der grössere Teil der Anbauversuche heute ausserhalb des Versuchsgeländes durch Bauern in Vertragsproduktion erfolgt, wird die Verarbeitung nach wie vor zur Hauptsache in der dem Projekt gehörenden Anlage durchgeführt. Dadurch wird eine kontinuierliche Qualitätskontrolle des anschliessend auf den Markt gelangenden Saatguts ermöglicht. Durch das System der Vertragsproduktion - das Projekt kauft das in der Extension angebaute Saatgut auf und bringt es nach der Verarbeitung auf den Markt - ist es ausserdem möglich, einen grossen Einfluss auf den lokalen Verkaufspreis von Saatgut auszuüben.

Die von der Universität Cochabamba und der DEH getragene Saatgutunternehmung kaufte im Jahre 1978 total 120t Saatgut von Vertragsproduzenten ab und verkaufte im gleichen Jahr Saatgut für 125 000 Dollar. Das Unternehmen beschäftigt zurzeit zehn bolivianische Angestellte (einen Administrator, zwei Ingenieur-Agronomen, einen Buchhalter und sechs Arbeiter). Zwei schweizerische Futterbauexperten sind darin als vollamtliche Berater tätig.

1384

Eine unmittelbare Möglichkeit, auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kleinbauern positiv einzuwirken, nahmen die Projektverantwortlichen bei der Organisation des Saatgut-Anbaues wahr: Das Projekt hat es bewusst vermieden, Saatgut in grossen Einheiten zu produzieren, wie es aus betriebswirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt gewesen wäre. Ziel der Vertragsproduktion ist die Zusammenarbeit mit Kleinbauern, die durch den Anbau von Saatgut ein Zusatzeinkommen erhalten, welches für sie, die in vorwiegend subsistenzwirtschaftlichen Betrieben leben, eine Notwendigkeit darstellt. Damit ist jedoch erst eine erste Projektetappe erreicht. Längerfristig wird als Ziel angestrebt, die Kleinbauern unmittelbarer an der Saatgutproduktion zu beteiligen, indem die Vertragsproduktion durch eine betriebliche Struktur abgelöst wird, die von den Kleinproduzenten getragen wird. Die Saatgutproduktion eignet sich dazu, solange auf eine einfache Anbautechnik geachtet wird (viel Handarbeit, geringer Kapitalbedarf).

2

Verbesserung der Lebensbedingungen in ländlichen Gebieten

Die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion, die durch den Einsatz neuer Bewirtschaftungsmethoden erreicht werden kann, bringt der Bevölkerung der betreffenden Gebiete nicht notwendigerweise eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen. Untersuchungen in Entwicklungsregionen der Dritten Welt mit hohem Produktionszuwachs zeigen häufig ein Absinken des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens der Kleinbauern und Landarbeiter. Infolge der Ablösung des Menschen durch die Maschinen schrumpft die Zahl der pro Produktionseinheit notwendigen Arbeitstage, was Lohnsenkungen und Arbeitslosigkeit zur Folge haben kann. Der durch gross angelegte landwirtschaftliche Entwicklungsprojekte belebte Güter- und Geldverkehr bringt landwirtschaftlichen Kleinproduzenten häufig vor allem Inflation, verstärkte Konkurrenz, entgleitende Kontroll- und Entscheidungsmöglichkeiten.

Bei der Konzipierung landwirtschaftlicher Entwicklungsprojekte kann an der Tatsache nicht vorbeigesehen werden, dass sich die Modernisierung der Landwirtschaft vielfach negativ auf die Lebensbedingungen der Landarbeiter und Kleinbauern ausgewirkt hat. Weist nicht auch das Saatgutprojekt in Cochabamba Züge jener Entwicklungsprojekte auf, von welchen die Kleinproduzenten ausgeschlossen bleiben und die den Grossproduzenten weitere Markt- und Machtvorteile bringen?

Das Projekt steht, wie wir ausgeführt haben, auf zwei Beinen: durch die Abgabe von verbessertem, qualitativ geprüftem Saatgut bringt es grösseren Viehzuchtbetrieben Vorteile und durch die Vertragsproduktion werden neue Einkommensmöglichkeiten für Kleinbauern geschaffen. Die Beine haben bei diesem wie bei so vielen Entwicklungsprojekten die Tendenz zu ungleichem Wachstum: während die verbesserten Saatgutprodukte relativ problemlos ihren Weg in die landwirtschaftliche Produktion finden, erweist sich die Erschliessung einer neuen Erwerbsmöglichkeit für Kleinbauern als komplexeres und schwierigeres Problem. Der Anbau von Saatgut bleibt für die Kleinbauern solange ein sicherer Zusatzerwerb, als der Aufkauf durch das Saatgutprojekt zu einem kostendekkenden Preis gesichert ist. Wenn sich das Unternehmen, welches durch markt-

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fremde Kräfte - Universität/ausländische Hilfsagentur - geschaffen wurde, zu einem selbsttragenden Betrieb umwandelt und sich unter den normalen Marktund Konkurrenzbedingungen durchzusetzen hat, ist das damit verbundene Risiko jedoch evident: könnte sich ein genossenschaftlich organisierter Verband von Kleinproduzenten einer Konkurrenz gegenüber behaupten, die Saatgut konzentriert (Sparen von Transportwegen) und effizient (Landmechanik, Bewässerungsmöglichkeiten, Kunstdünger) anbaut? · Die Lebensbedingungen der verschiedenen Bevölkerungsschichten auf dem Lande werden von traditionellen Ordnungen, von sozialen und wirtschaftlichen Umständen und von den Beziehungen zwischen Stadt und Land bestimmt, auf welche ausländische Entwicklungsexperten oder Entwicklungsorganisationen kaum Einfluss nehmen können. Die Entwicklungszusammenarbeit muss sich darauf beschränken, einige der Hindernisse zu identifizieren, die einer breiteren ländlichen Entwicklung entgegenstehen und bezüglich welcher eine internationale Zusammenarbeit nützlich und möglich ist und von den Regierungen gewünscht wird.

Im nachfolgenden Beispiel stellen wir ein Teilgebiet unserer Entwicklungszusammenarbeit mit dem Tschad vor, in welchem die Verbesserung der Voraussetzungen der Bauern, sich an der landwirtschaftlichen Modernisierung zu beteiligen, im Vordergrund steht.

Die tschadische Regierung mass bisher in ihrer Entwicklungsplanung der ländlichen Entwicklung ein ganz besonderes Gewicht bei: Sie förderte die Diversifizierung der Produktion und eine bessere Ausnützung der teilweise sehr beschränkten Anbaumöglichkeiten und stellte die Befriedigung der Grundbedürfnisse und den Aufbau mit lokalen Ressourcen in den Vordergrund. Gegenwärtig gewinnt man den Eindruck, dass diese Politik auch nach den Bürgerkriegswirren durch die neue provisorische Regierung fortgesetzt wird.

Beispiel 2: Funktionelle Alphabetisierung im Tschad

Wie in allen Sahel-Ländern sind auch im Tschad über 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Je nach klimatischen Bedingungen liegt dabei das Schwergewicht auf punktueller Oasenwirtschaft, nomadischer Viehzucht oder Ackerbau mit Produktion von Hirse für den Eigenbedarf und Baumwolle für den Export.

Seit 1963 wirkt die DEH an einem ländlichen Entwicklungsprogramm im Süden des Landes - den sogenannten Centres de formation professionnelle agricole, CFPA - mit. Das Programm hatte in erster Linie eine bessere landwirtschaftstechnische Ausbildung zum Ziel. Einführung des Ochsenzuges, Verdoppelung bis Verdreifachung der Baumwoll- und Hirseproduktion waren die wichtigsten Resultate dieser Unterstützung.

Seit einigen Jahren beschränkt sich diese Entwicklungszusammenarbeit aber nicht mehr auf eine rein technische Ausbildung, sondern umfasst auch verschiedene sozioökonomische und soziokulturelle Aspekte. Einer dieser Aspekte, nämlich die funktionelle Alphabetisierung, soll nachfolgend etwas näher erläutert werden.

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Als vordringliches Bedürfnis in vielen Dörfern der Baumwollzone im Süden des Tschad erscheint die Eigenvermarktung der Baumwolle durch die Bauern selbst.

Die Baumwolle ist das einzige Marktzeugnis dieser Bauern und ihre hauptsächliche Geldeinkommensquelle.

Auf einem klassischen Baumwollmarkt beschränkt sich der Produzent darauf, seine Baumwolle auf den Marktplatz zu bringen und sie in Planen zu Bünden zusammenzupressen.

Die Baumwollgesellschaft (Cotontchad) wiegt die fertigen Bünde und händigt jedem «Pflanzer» den entsprechenden Geldbetrag aus. Diese Operation gibt oft Anlass zu Streitigkeiten, die mit Peitschenhieben geschlichtet werden. Der Bauer hat zu Recht oder zu Unrecht das Gefühl, dass er bisweilen in bezug auf das Gewicht oder den Preis übers Ohr gehauen wird.

Auf den selbstverwalteten Märkten, die im Rahmen von sozioökonomischen Aktionen der CFPA eingeführt wurden, wiegen die Dorfbewohner ihre Baumwolle selber, und zwar im Dorf. Die Baumwollgesellschaft schickt einen Lastwagen, den die Produzenten beladen. Die Baumwolle wird zur Brückenwaage der Fabrik gefahren und die Gesellschaft zahlt den Betrag, der dem Gesamtgewicht entspricht, an die Vertreter des Dorfes aus. Diese kehren ins Dorf zurück und verteilen das Geld an die Produzenten nach Massgabe der Verkaufskarten, · auf denen die Produktion jedes einzelnen eingetragen ist.

Welche Kenntnisse sind für die Ausführung dieser Tätigkeiten notwendig?

1. Bedienung der Waage und Ablesen der Gewichtangaben; 2. Zusammenzählen des Gewichtes der einzelnen Baumwollbünde ; 3. Kenntnis des Geldbetrages, der dem Gesamtgewicht der Produktion entspricht ; 4. Übertragen dieser Angaben auf eine Verkaufskarte.

Von daher ein Programm für funktionelle Alphabetisierung in einheimischer Sprache im Rechnen nach Mass, d. h. ein Programm, das nur die unentbehrlichen Begriffe für die Ausführung der vorerwähnten Tätigkeiten umfasst. Es sind dies: 1. Lesen und Schreiben der Zahlen von 0 bis 100 000; 2. Additionen mit Zurückbehalten von drei Ziffern und von mehreren Zahlen; 3. Umwandlung des Gewichtes in den entsprechenden Preis mit Hilfe einer Tabelle (das Erlernen der Multiplikation wird damit umgangen); , 4. Lesen und Ausfüllen einer Verkauf s karte, Dieses von Schweizerexperten in Zusammenarbeit mit den tschadischen Verantwortlichen der CFPA ausgearbeitete
Programm erstreckt sich über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen. Es wird während den zwei Monaten, die dem Beginn der Märkte unmittelbar vorangehen, durchgeführt. Die Kurse finden sechsmal pro Woche unter dem Baum des Dorfplatzes statt und werden abwechslungsweise durch einen Berater der CFPA und durch die Dorfvertreter erteilt.

Das verwendete Material ist sehr einfach und entsprechend billig. Es ist ohne Mühe in der nächstliegenden Agglomération erhältlich, sofern es nicht durch

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die Beteiligten selbst an Ort und Stelle hergestellt wird. Es besteht aus einer Waage mit Laufgewichten (ausgeliehen durch die CFPA), einem vierstäbigen Zählrahmen, einer schwarzen Tafel und aus Verkaufskarten. Die Teilnehmer schreiben zunächst mit dem Finger in den Sand, gehen dann zur Schiefertafel und schliesslich zum Heft über.

Um eine Monopolisierung der Tätigkeiten durch die Eingeschulten des Dorfes zu verhindern, werden diese von den ersten Kursen ferngehalten. Erst wenn die Analphabeten Selbstvertrauen gewonnen haben und die ersten Operationen beherrschen, stossen die Eingeschulten zur Gruppe, Sie werden als Gehilfen und Repetitoren herangezogen. Mit diesem Vorgehen werden Spaltungen verhindert und zum Zeitpunkt des Marktes kann jeder, wenn er will, kontrollieren, was sich abspielt.

Während der Ausbildung bestimmt das Dorf die Vermarktungsequipe, d. h. die Produzenten, denen die drei Haupttätigkeiten übertragen werden; nämlich: - Wägen der Baumwollbünde mit Hilfe der Waage; - Festhalten des Gewichts auf dem Additionsgerät; - schriftliche Kontrolle des Gewichts, Berechnung des Preises und Eintragen dieser beiden Angaben auf der Verkaufskarte.

Diese technische Equipe wird durch ein Komitee von einflussreichen Personen der Dorfgemeinschaft kontrolliert. Das Komitee ist verantwortlich für die allgemeine Organisation des Marktes. Es ist insbesondere für die Verteilung des Geldes zuständig! Im Falle von Defiziten (aufgrund technischer oder organisatorischer Fehler) muss es Lösungen finden.

Wenn alles gut geht, verfügt das Dorf über ein bescheidenes Kollektivkapital.

Die Cotontchad richtet nämlich eine Vermarktungsentschädigung aus (gegenwärtig 1200 CFA-Francs pro Tonne)1'. Statt diese Summe unter die Produzenten aufzuteilen, werden die Dorfbewohner angehalten, sie zugunsten der Gemeinschaft zu verwenden. Mit anderen Worten, sie dient als Startkapital für die Durchführung einer neuen Aktion.

.So lernen die Bauern durch die Eigenvermarktung der Baumwolle, Verantwortung zu tragen. Sie schaffen neue Strukturen; funktionelle Selbststmkturierung ist auf breiter dynamischer und repräsentativer Grundlage gesichert; die Strukturierung geschieht durch eigenes Tun und wird nicht von aussen auferlegt.

Die Dorfbewohner verfügen nunmehr über ein regelmässiges gemeinsames Einkommen. Es speist alljährlich
eine Dorfkasse, deren Mittel dazu dienen, das Dorf mit Infrastrukturen zu versehen, die der Staat nicht schaffen kann: Brunnen, Dorfapotheke, Versammlungssaal, Laden für unentbehrliche Güter, Gruppe für die Verbesserung der Dorfhygiene Usw.

Von den 20 Dörfern, die 1976 den selbstverwalteten Baumwollmarkt verwirklicht hatten, beschloss die Hälfte, das erzielte gemeinsame Einkommen für die Einrichtung einer Dorfapotheke zu verwenden.

Diese Dörfer müssen erst 20 000 CFA-Francs bezahlen. Die Summe entspricht dem Wert der Medikamente bei Eröffnung der Apotheke, dem Material und den Ausbildungskosten. Diese Ausbildung umfasst übrigens eine neue, auf die " 100FCFA = 0,81 sFr.

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Führung der Dorfapotheke ausgerichtete Etappe funktioneller Alphabetisierung.

Es ist nutzlos, die Leute zu alphabetisieren, ohne ihnen anschliessend die Möglichkeit zu geben, die erworbenen Kenntnisse zu wahren und zu erweitern. Eine Nach-Alphabetisierung ist daher erforderlich. Sie wird durch verschiedene Mittel erreicht: - durch die Schaffung eines Wirtschaftsspiels. Dieses Spiel ermöglicht die Simulation der wirtschaftlichen Lage eines Bauern, der je nach den gezogenen Karten Ausgaben tätigen muss oder der Einnahmen macht. Das Spiel ist Alphabetisierungshilfe und Mittel zur Einführung in die Wirtschaft in einem.

Es ist den tatsächlichen Situationen, die ein SARA-Bauer erleben kann, vollkommen angepasst; - durch Wettbewerbe mit gestickten Taschentüchern, brandgravierten Kürbisflaschen usw. Diese Wettbewerbe geben den alphabetisierten Personen Gelegenheit, auf künstlerische Art Leitspriiche oder Gedanken in nationaler Sprache zu veranschaulichen; - durch eine Zeitung mit dem Titel TOB : In den letzten Folgen des Alphabetisierungsprogramms werden die Teilnehmer darauf vorbereitet, diese Landzeitung zu lesen und an die Sparte , «Briefe» zu schreiben (gemeinsames Lesen der Zeitung und Abschicken gemeinsamer Briefe). Von den Lesern der Zeitung wird tatsächlich erwartet, dass sie den wesentlichen Teil des Zeitungsinhalts liefern und die verschiedenen Rubriken mit Beiträgen versorgen. Mit ändern Worten, die Landzeitung versteht sich als Sprachrohr der Dorfbewohner, sie ermöglicht einen Austausch zwischen den Dörfern, ein Zwiegespräch zwischen den Bauern und den Institutionen, die ins ländliche Milieu eingreifen sollen.

Das anfängliche Problem bestand in der Schaffung von irgendetwas, was den in funktioneller Alphabetisierung in der SARA-Sprache ausgebildeten Personen erlauben würde, ihre auf diesem Gebiet erworbenen Kenntnisse zu wahren und zu erweitern. So kam man auf die Idee dieser Zeitung in der SARA-Sprache.

Sie war anfänglich gedacht als Verbindungsorgan zwischen Praktikanten und alphabetisierten Dorfbewohnern. Aufgrund des Anklangs, den sie bei ihren ersten Lesern fand, gab sich die Zeitung sehr schnell neue Aufgaben.

Wie die Rubriken bezeugen, ist die Zeitung mittlerweile zum Sprachrohr des ländlichen Milieus, seiner Kultur, seiner Probleme und ein Informationsorgan über Themen des ländlichen Milieus geworden:

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Bundesblalt. 132.Jahrg. Bd. II

.

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Rubriken

Inhalt

Leitartikel Unterhaltung und Kultur

Leitartikel des Redaktors Erzählungen, Legenden, Rätsel, von den Lesern verfasste Geschichten über den Ursprung der Dorfnamen ; vermittelt Informationen oder stellt interessante Gedanken über die Frau und die Familie vor; Informationen über die landwirtschaftlichen Techniken ;

Frauenseite

Landwirtschaft Handwerk

Informationen über die Handwerkstechniken;

«Fenster zur Welt»

Artikel mit allgemeinen Informationen über die Welt und die grossen Weltprobleme; Leserbriefe insbesondere der Praktikanten der CFPA, Auskunftsgesuche, Antwort der Redaktion. Alle Artikel enthalten viele Illustrationen und Zeichnungen

Briefe

Eine solche Basisarbeit - Eigenvermarktung, Durchführung von Dorfaktionen, verbunden mit einer funktionellen Alphabetisierung - bringt den Bauern dazu, mehr und mehr sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Unser Ziel ist, ihm dabei zu helfen.

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Bekämpfung der ländlichen Arbeitslosigkeit

Bauern bleiben all jene, die keine Arbeit finden können. Die Aussicht, die in diesem Satz zum Ausdruck kommt, findet sich unterschwellig in verschiedenen Auffassungen von Entwicklungspolitik. Bauer .sein ist ein Zustand, ein Status, der mehr mit der Tradition als mit einem gelernten Beruf zu tun hat, (In gewissen Kulturen ist die Ausübung von mehreren Berufen auch Statusbestandteil, dies gilt etwa für die Kaste der Schmiede in Westafrika und die Gerber in Indien.) Daraus folgt, dass die Arbeitskräfte, die vom sekundären und tertiären Sektor, deren Entwicklungsrhythmus beschränkt ist, nicht aufgenommen werden können, im Status von Bauern verbleiben oder dorthin zurückkehren müssen. Die Entwicklung der Landwirtschaft wird damit als unbeschränkt angenommen. Einige unterbevölkerte Länder bieten die Möglichkeit, die kultivierten Zonen durch die blosse Initiative der betroffenen Bevölkerungen auszudehnen.

Das aufmerksame Studium der tatsächlichen Verhältnisse zeigt aber, dass viel allgemeiner überschüssige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft zu einer versteckten Arbeitslosigkeit führen, die genau so wirklich, aber weniger augenfällig ist als die städtische Arbeitslosigkeit.1)

'> Vgl. dazu Ziff. 324 unserer Botschaft vom 27. September 1976 über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe (BB1 1977 II 202).

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Es wäre vollauf gerechtfertigt, die Überlegung umzukehren und zu behaupten, dass die Arbeitskräfte, die durch die voraussichtliche Entwicklung der Landwirtschaft nicht aufgenommen werden können, vom sekundären und tertiären Sektor aufgenommen werden müssen, da diese weder die absolute Begrenzung der kultivierten Böden noch das Gesetz der abnehmenden Erträge in Randgebieten kennen.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen wird somit zum zweiten Pfeiler einer Entwicklungspolitik; der erste bleibt die landwirtschaftliche Entwicklung.

Dieses Postulat lässt sich zwar leicht stellen, die bisherigen Verwirklichungsversuche zeigen aber nur zu deutlich, dass das Unternehmen komplex und schwierig ist. Die künstliche Aufblähung des tertiären Sektors und insbesondere der staatlichen Bürokratie ist eher eine Antwort auf die Erfordernisse der Vetternwirtschaft als jene der Entwicklung. Die Ansiedlung von Unternehmungen, ja von Industriekomplexen, der Abbau der Bodenschätze, die Verwirklichung von grossen Infrastrukturarbeiten schaffen sicher zahlreiche Arbeitsplätze. Sie bringen aber bedeutende Investitionen pro Arbeitsplatz mit sich und können so mangels finanzieller Mittel nicht die ganze Nachfrage nach Arbeitsplätzen befriedigen. Sie können Akkulturationserscheinungen mit sich bringen, zu einer dualistischen Wirtschaftsstruktur führen, die die Gesellschaft entzweibricht: einem modernen Sektor, der auf die Aussenmärkte ausgerichtet ist, steht ein traditioneller Sektor gegenüber, der in der Unterentwicklung versinkt.

Deshalb hat sich die Aufmerksamkeit auf die Schaffung von Arbeitsplätzen im Handwerk und im Kleingewerbe verlegt, ohne dass damit der unumgängliche Beitrag der Industrialisierung geleugnet würde. Die erstgenannten Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen oft bereits. Sie könnten gefördert werden und einen bedeutenderen Platz in der nationalen Produktion einnehmen. Da diese Tätigkeiten in der lokalen Kultur verwurzelt sind, werden sie durch die Bevölkerung auch besser assimiliert. Werden günstige Bedingungen geschaffen, so kann die Bevölkerung auf diesem Weg grosse Initiative entwickeln.

Beispiel 3: Seidenraupenzucht in Bangladesh

Als die Regierung von Bangladesh anregte, ein Zusammenarbeitsprojekt für die Herstellung von Seide zu studieren, war unsere Reaktion positiv. Es war dies allerdings erst nach einigem Zögern der Fall, da in der Schweiz praktische Kenntnisse über die Aufzucht von Seidenraupen fehlen. (Unsere Textilindustrie greift erst in einem späteren Stadium der Seidenwarenproduktion ein.) Wenn die Anregung weiterverfolgt wurde, so geschah dies hauptsächlich aus zwei Gründen: - Die Seidenzucht - (sie umfasst die Aufzucht der mit Maulbeerbaumblättern gefütterten Seidenraupe, die Behandlung des Kokons und das Abhaspeln des Seidenfadens) - ist eine Tätigkeit, die bezogen auf die benützte Bodenfläche (im vorliegenden Fall für die Maulbeerbäume) am meisten Arbeitsplätze schafft.

- Die Investition für das Anlegen einer Maulbeerbaumpflanzung von einem Bigha (0,13 ha) ist sehr gering und die Blätterproduktion reicht aus, um in einem einfachen Häuschen für die Aufzucht von vier bis fünf Generationen

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von Seidenraupen zu füttern. Das erzielte Einkommen gestattet es einer fünfköpfigen Familie, nach Bangladesh-Massstäben gut zu leben. Selbst einem landlosen Bauern ist es möglich, ein Häuschen für die Aufzucht der Raupen zu besitzen und die Maulbeerbaumblätter auf dem Markt zu kaufen; der Ertrag reicht noch immer aus, um davon zu leben. Die Seidenzucht erscheint darum als eine Tätigkeit, die dem ärmsten Teil der Bevölkerung nützt, also gerade jenem Teil der Bevölkerung, dem unser Gesetz bei unserer Zusammenarbeit Priorität einräumt.

Dank der Beratung durch einen Seidenspezialisten und den Präsidenten der Association internationale de la soie (Internationale Seidenvereinigung) - beide sind Schweizer - bestanden wir bei unseren Partnern vom Amt für Seidenzucht von Bangladesh auf der Annahme einer angepassten Technologie in bezug auf das örtliche Klima, vor allem auch in bezug auf die Möglichkeiten der Bauern und des Beratungsdienstes sowie in bezug auf die Notwendigkeit der Schaffung von möglichst vielen Arbeitsplätzen. Der indischen Technologie wurde schliesslich gegenüber der japanischen der Vorzug gegeben. Zudem wurde das Schwergewicht ausschliesslich auf die Kokonsproduktion gelegt statt auf die Wiederinstandsetzung einer Seidengewebefabrik, die während des Unabhängigkeitskrieges gelitten hatte und der ursprünglich die Hauptsorge der lokalen Behörden galt. In der Tat erschien es bald logischer, mit der Förderung der Kokonsproduktion zu beginnen, statt eine Fabrik zu unterstützen, deren Gewebe zum Teil jene konkurrenzieren, die auf Handwebstühlen hergestellt werden könnten, die mehr Arbeitsplätze schaffen.

Das Problem des Technologietransfers wurde dank dem Verständnis der indischen Regierung gelöst. Sie stellte uns Seidenzuchtspezialisten zur Verfügung, die sich unter dem Status von Experten der DEH an der Projektbereinigung beteiligten und anschliessend während eines Jahres zur Projektverwirklichung beitrugen. Die indische Regierung war auch bereit, schnellwachsende Maulbeerbaumpflänzlinge und verbesserte Arten von Seidenraupen zu verkaufen und eine grosse Zahl von Technikern und Beratern aus Bangladesh in indischen Seidenzuchtinstituten auszubilden. Mit besonderer Freude vermerken wir, dass durch unsere Zusammenarbeit die mit der Seidenzucht beauftragten Spezialisten und hohen Funktionäre
von Indien und Bangladesh Kontakte unterhalten haben, die sich vertiefen und das Ende unserer Zusammenarbeit sicher überdauern werden.

Das Projekt, dessen Verwirklichung im Herbst 1978 begann, umfasst zwei Teile; einerseits eine Verstärkung des Forschungs- und Ausbildungsinstituts für Seidenzucht in Rajshahi in Bangladesh (Personalausbildung, Züchtung neuer Maulbeerbaumsorten, Entwicklung neuer angepasster Pflanzmethoden, Kreuzung von Seidenraupen, um hochergiebige Hybriden zu erhalten, Pflanzungen zwecks Vermehrung der Maulbeerpflänzlinge), die der gesamten Seidenzucht von Bangladesh nützt; anderseits eine Beratungsaktion in sechs Gemeinden.

Mit dieser Aktion sollen auf drei Jahre hinaus 3000-3500 Kleinbauernfamilien (davon 400 Familien von landlosen Bauern) ausgewählt werden, die Maulbeerbäume pflanzen, ein Häuschen für die Aufzucht der Raupen bauen und die Seidenraupen aufziehen. Die Maulbeerbaumpflanzungen auf sehr kleinen Parzellen umfassen eine Gesamtfläche von 400 ha. Die Kokonsproduktion wird unge-

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fähr 300t pro Jahr betragen. Um die gesteckten Ziele zu erreichen, wurden 20 Beratungszentren geschaffen. Statt kleine, vom Staat geleitete Einheiten zu schaffen, schien es vorteilhaft, den Bau von Häuschen für die Aufzucht der Raupen 20 Bauern zu übertragen und sämtliche Kosten zu übernehmen. Diese Bauern mussten sich lediglich verpflichten, die Benützung der Häuschen durch den Seidenzuchtberater für Vorführungen und Ausbildungskurse für die umliegenden Bauern während drei Jahren zu gestatten. Die Beratung wird ergänzt durch ein System von landwirtschaftlichen Krediten seitens der Regierung von Bangladesh. Die Schweiz trägt dazu bei durch nicht rückzahlbare Beiträge (50% für die Kleinbauern und 100% für die landlosen Bauern). Die Kredite und Beiträge werden in Naturalien und in jeweils drei Tranchen freigegeben. Jede Tranche wird erst ausbezahlt, wenn der Berater sich vergewissert hat, dass der Bauer die vorangehende Tranche entsprechend seinen Weisungen verwendet hat. Diese Art des Vorgehens wird die Misserfolge auf ein Minimum beschränken.

Ein Projekt dieser Grössenordnung erfordert eine strukturierte Organisation.

Wir hüteten uns, eine komplette Organisation zu schaffen, die für die Regierung von Bangladesh allzu hohe zusätzliche Betriebskosten mit sich gebracht hätte.

Wir hätten auch das Risiko des Zusammenbruchs einer solchen Organisation nach Beendigung unserer Zusammenarbeit nicht ausschliessen können. Das Projekt ist untrennbar mit dem Amt für Seidenzucht von Bangladesh verbunden. Für den Kredit an die Seidenzüchter ist es zudem auch auf die landwirtschaftliche Entwicklungsbank abgestützt. Die Arbeit unserer Mitarbeiter - (zwei schweizerische Spezialisten der ländlichen Entwicklung haben nach einem Aufenthalt in den indischen Seidenzuchtinstituten die Nachfolge von zwei indischen Spezialisten angetreten, deren Urlaub zu Ende ging) - ist komplexer geworden. Ihre Aufgabe besteht darin, das Amt für Seidenzucht bei der Projektverwirklichung zu unterstützen und gleichzeitig indirekt auf die von diesem Amt angewandten Leitungsmethoden Einfluss zu nehmen. Kurzfristig verlangsamt diese Art des Vorgehens vielleicht das Anlaufen der Tätigkeiten und gestaltet die Aufgabe unserer Mitarbeiter delikater. Mittelfristig aber bietet dieses Vorgehen bessere Aussichten auf dauernden Erfolg.

Der schweizerische
Beitrag zu diesem Projekt beläuft sich für drei Jahre auf 2 Millionen Franken (Mitarbeitergehälter, Ausbildung des Personals von Bangladesh, Lieferung von Ausrüstungsgütern, Beitrag an das Kreditprogramm), Die lokale Regierung übernimmt alle Kosten des Amtes für Seidenzucht.

Nach bald zwei Jahren der Verwirklichung scheint diese Zusammenarbeit einen guten Anfang genommen zu haben. Es ist aber noch zu früh, um über ihren langfristigen Erfolg zu urteilen. Das Ziel, mehr als 3000 Familien und über 15 000 Personen eine Beschäftigung zu geben, wird sicher erreicht. Man sollte aber noch weitergehen: das bereitgestellte System der Beratung und technischen Unterstützung sollte die Wiederholung des Projekts in anderen Gebieten des Landes erlauben. Die erzielten Ergebnisse sollte die Bank für ländliche Entwicklung oder andere Banken von Bangladesh bewegen, sich bei der Finanzierung solcher Aktionen risikofreudiger zu zeigen.

Das Hauptrisiko, das die Effizienz unserer Zusammenarbeit beeinträchtigen könnte, scheint sich aus dem guten Anfang zu ergeben. Einige Behörden von

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Bangladesh, die von den Vorzügen des Projekts überzeugt sind, möchten es möglichst rasch auf andere Landesgegenden ausdehnen. Wenn dieser Wunsch auch verständlich ist, so stösst seine Verwirklichung doch auf mehrere einschränkende Faktoren: die Vermehrung der verbesserten Maulbeerbäume benötigt Zeit, die Ausbildung der Berater muss vorgehend erfolgen, die Betreuung des Bauern muss, um wirksam zu sein, eine gewisse Intensität aufweisen. Es ist zu hoffen, dass das Entwicklungstempo der Seidenzucht in Bangladesh beibehalten werden kann, aber dass es nicht über eine bestimmte Grenze hinaus getrieben wird.

Ein anderes Fragezeichen bildet der Kokon-Markt. Der Absatz ist durch die Seidengewebefabrik von Rajshahi gesichert, die nicht voll ausgelastet ist. Das Abhaspeln des Seidenfadens erfolgt zwar vorteilhafter mechanisch, denn die grössere Regelmässigkeit verbessert die Gewebequalität. Das Weben selbst aber hätte ausgeprägtere Entwicklungswirkungen, wenn Hand- statt mechanische Webstühle verwendet würden. Damit stellt sich das Problem der Organisierung der Weber in Bangladesh. Mehr als die Hälfte von ihnen sind mangels Betriebskapital und Versorgungsmöglichkeiten mit Faden arbeitslos. Erste Kontakte haben stattgefunden, um abzuschätzen, ob eine Dreiecks-Zusammenarbeit gleicher Art wie für die Seidenzucht auch für die technische Verbesserung der Webstühle und für die Organisierung der Weber ins Auge gefasst werden könnte.

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Langfristige Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts

Im «Integrated Hill Development Project» (IHDP) in Nepal, einem unserer grössten Entwicklungsprojekte (welches in der letzten Botschaft vom November 1977 ausführlich dargestellt wurde), sind die am Projekt Beteiligten mit der Tatsache konfrontiert, dass allen Bemühungen um eine Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion und um eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung durch die natürlichen Umweltbedingungeri äusserst enge Grenzen gesetzt sind. Spuren einer verhängnisvollen Übernutzung der Böden sind überall sichtbar, obwohl in dieser Region nur eine Subsistenz-Landwirtschaft betrieben wird, die gegenwärtig den Nahrungsmittelbedarf der ansässigen Bevölkerung in durchschnittlichen Jahren nur für acht bis neun Monate decken kann.

Das von der Schweiz gemeinsam mit den nepalesischen Behörden ausgearbeitete integrierte Entwicklungsprogramm für die Region umfasst Bereiche der Landwirtschaft, des Forstwesens, der Erziehung, des Energie- und Wasserhaushaltes, des Gesundheitsdienstes, des Handwerks, der Kleinindustrie und der regionalen Infrastruktur. Übergeordnete Zielsetzung ist das Bestreben, für die ansässige Bevölkerung und zusammen mit ihr den Lebens- und Arbeitsraum in diesem Gebiet zu erhalten und ihn auch längerfristig sicherzustellen. Nachfolgend beschränken wir uns auf die Darstellung einiger Teilbereiche dieses Grossprojekts (in welchem gegenwärtig zwölf schweizerische Experten beschäftigt sind), um aufzuzeigen, wie eng hier landwirtschaftliche und ökologische Probleme miteinander verbunden sind.

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Beispiel 4 : Das «Integrated Hill Development Project» (IHDP) in Nepal

Die Bevölkerungsdichte pro landwirtschaftliche Nutzfläche im Projektgebiet (einer Region von etwa 1500km2 und mit einer Bevölkerungszahl von rund 150000 Einwohnern) ist doppelt so hoch wie in der Schweiz, Bis vor kurzem wanderten viele Einwohner in noch unerschlossene Siedlungsgebiete des Flachlandes (Terai) ab oder nahmen Saison-Arbeitsstellen in umliegenden Ländern (Indien, Sikkirn) an. Diese Möglichkeiten sind heute praktisch ausgeschöpft, der Druck auf Kulturland und Wälder nimmt dadurch noch zu.

Einer der Schwerpunkte der Zusammenarbeit der Schweiz mit Nepal in dieser Region liegt bei einer Reihe von Massnahmen zur Erhöhung der Nahrungsmittelproduktion. Durch die Einführung ertragreicher Sorten (Weizen, Reis, Kartoffeln), durch die Anpflanzung und Selektion von Saatgut, durch die Einführung verbesserter Anbaumethoden (z. B. Reihenpflanzung bei Kartoffeln) und durch die Intensivierung der Fruchtfolgen wird versucht, die Erträge aller traditionellen Kulturen zu verbessern. Diese Bemühungen erstrecken sich daneben auch auf die Bereiche Tierhaltung und Futterbau und auf den Gemüse- und Obstbau. Ein enges Zusammenwirken von landwirtschaftlicher Forschung und lokaler Landwirtschaft ist Voraussetzung für den Erfolg dieser Bemühungen, wird jedoch durch den Mangel an nepalesischen Fachkräften sehr erschwert.

Eine Weltbankstudie hat ausgerechnet, dass allein im Sektor Landwirtschaft für die Durchführung des sechsten Fünfjahresplanes (1980-1985) 6000 Fachkräfte fehlen werden. Das IHDP sucht auf verschiedenen Wegen diesem Problem zu begegnen, ohne durch massiven Zuzug ausländischer Experten eine Integration der Projekte in die Wirtschaft und in die Verwaltung von Nepal zu verunmöglichen. Ein wichtiger Platz kommt dabei der Ausbildung ortsansässiger Bauern in den Projekten selbst zu.

Hauptproblem bei allen Bemühungen um eine Verbesserung des landwirtschaftlichen Ertrags ist die stetig sinkende Bodenfruchtbarkeit. Ein Grund dafür liegt bei der Bodenerosion, die durch Übernutzung des Bodens und Abholzung alarmierende Ausmasse angenommen hat. Negativ beeinflusst wird die Bodenfruchtbarkeit ausserdem durch den durchbrochenen Kreislauf der Bodennährstoffe: Der Bauer nimmt durch die Ernten mehr Nährstoffe und organisches Material aus dem Boden heraus als durch hofeigenen Dünger wieder zugeführt werden kann. Die
Durchschnittsernte der wichtigsten Kulturen Nepals hat in den letzten zehn Jahren stagniert oder abgenommen, obwohl in den erschlossenen Landesteilen mehr Kunstdünger und mehr Insektizide eingesetzt wurden.

Das IHDP sucht seit seinem Beginn nach Alternativen zum Kunstdünger, der importiert werden muss und der die Anbaukosten für Kleinbauern untragbar erhöht. Mit Kompost und Einsaat von stickstoffizierenden Pflanzen (Leguminosen) in die Hauptkulturen konnten ermutigende Erfahrungen gemacht werden, die auch bei der Zentralverwaltung und in anderen Regionen Nepals auf Interesse gestossen sind. Der Gedanke, Kompost als Düngemittel einzusetzen, setzt sich in Nepal immer mehr durch und ist nun schon in den Richtlinien für den nächsten Fünfjahresplan festgehalten.

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Die landwirtschaftliche Projektarbeit im Rahmen des IHDP hat alles in allem zu beachtlichen Erfolgen geführt. Die Erträge von Weizen konnten um 20-30 Prozent, jene von Kartoffeln um bis zu 50 Prozent gesteigert werden. In hohen Lagen (über 2200 m ü. M.) wurde Sommerweizen als zusätzliche Kultur mit grossem Erfolg eingeführt. Die Region ist heute schon unabhängig in der Saatgutproduktion von Weizen, Kartoffeln, Hirse und Sojabohnen, Für die meisten Einwohner ist Holz die einzige Energiequelle um zu kochen und um Wärme und Licht zu erzeugen. Ein Grossteil der Leute im Hauptsiedlungsraum muss einen vollen Arbeitstag einsetzen, um sich eine Traglast Feuerholz zu beschaffen. Die mit der Abholzung geschaffenen Erosionsprobleme sind schwerwiegend. Man kann sagen, dass die Leute durch Abholzung und Übernutzung der Böden gezwungen sind, sich selbst das Grab zu schaufeln. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen. Das Projekt packt diesen Problemkreis von verschiedenen Seiten an: durch Aufforstungen, Kampagnen für die Anpflanzung von Bäumen aller Art, Kurse für Bauern, Alphabetisierung, eine Zeitung, die von Einwohnern für Einwohner der Projektregion gemacht wird. Die Herstellung eines ökologischen Gleichgewichts zwischen dem Menschen und seiner Umwelt verlangt von den Einwohnern sehr viel: Umstellung der Lebensweise, Änderungen der Ansichten und der Arbeitstechniken. Wie lange hat es in Europa gedauert, bis man vom Raubbau des Waldes dazu übergegangen ist, ihn zu pflegen und zu schützen? In- und ausländische Experten, die in einem Projekt mit einer so anspruchsvollen und weitreichenden Zielsetzung tätig sind und welchen die unmittelbare Notwendigkeit, diese Ziele zu erreichen, immer wieder bewusst wird, laufen ständig Gefahr, die Einwohner zu überfordern.

In einem Land wie Nepal, das keine eigenen Energieressourcen besitzt ausser Wald und Wasser und in welchem die Topographie einer Modernisierung der Landwirtschaft fast unüberwindliche Hindernisse entgegensetzt, ist es selbstverständlich, dass man nach angepassten Technologien und alternativen Energien sucht. Wenn immer möglich werden beim Bau von Bewässerungsanlagen und Trinkwasserversorgungen arbeitsintensive und fremdenergiesparende Techniken eingesetzt. Die Entwicklung verbesserter, aber einfacher Arbeitsgeräte, die Ausnutzung lokaler Wasserressourcen
zur Energieerzeugung, Experimente mit Sonnen- und Windenergie und Biogasanlagen dienen dem gleichen Ziel.

Fünf Bewässerungsprojekte, die insgesamt 900 ha Land bewässerbar machten und sieben Trinkwasserprojekte, die 3500 Leuten Wasser liefern, wurden bisher ausgeführt. Durch die Initiative von Beratern, die in projekteigenen Kursen ausgebildet worden waren, konnten in 40 Gemeinden 3500 Latrinen und 300 rauchfreie Kochherde (30% weniger Brennholzverbrauch) gebaut, 150 Quellen neu gefasst und 500 alte Fassungen repariert werden. Ohne lokale Initiative und Mithilfe hätten nur punktuelle Erfolge erzielt werden können. Gelingt es nicht, das Engagement der lokalen Bevölkerung zu wecken und zu unterstützen, so bleiben die Erfolge der von aussen kommenden technischen und finanziellen Hilfe aus.

Die Zusammenarbeit mit den Gemeinden und mit den Provinzverwaltungen hat sich bisher sehr positiv auf das Projekt ausgewirkt. Es können auf diese Weise Strukturen aufgebaut werden, welchen die ansässige Bevölkerung nicht fremd

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und beziehungslos gegenübersteht. Dieses Resultat rechtfertigt manche Verzögerung gewisser Entwicklungsvorhaben. Die konkrete Zusammenarbeit erfordert ausserdem von den Projektverantwortlichen ein genaues Überdenken ihrer Vorschläge, denn die Erfahrung hat gezeigt, dass es leichter fällt, andere zu überzeugen, wenn die eigene Überzeugung aufgrund solider Vorarbeit gefestigt ist.

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Anhang 5

Die spezifische Rolle der Finanzhilfe Die Übertragung von finanziellen Ressourcen von den Industrie- auf die Entwicklungsländer spielt traditionellerweise eine erstrangige Rolle beim Wachstum der letzteren. Nach den Voraussagen der Weltbank benötigen die Entwicklungsländer während des kommenden Jahrzehnts einen wachsenden Zufluss von Fremdkapital, um auch nur ihre minimalen Entwicklungsziele zu erreichen.

Der Gesamtbedarf in Dollars zu laufenden Preisen wird von der Weltbank auf 276 Milliarden für 1985 gegenüber 63 Milliarden für 1975 geschätzt. Dies entspricht einem jährlichen Zuwachs von 15 Prozent zu laufenden Preisen und von 8 Prozent in realen Werten.

Mit Ausnahme insbesondere von einigen Erdölausfuhrländern sind die Entwicklungsländer noch nicht in der Lage, aus eigenen Kräften einen genügenden Wachstumsrhythmus sicherzustellen, um der demografischen Entwicklung zu begegnen, einer wachsenden erwerbsfähigen Bevölkerung produktive Arbeitsplätze zu verschaffen, die Einkommen zu erhöhen und den notwendigen Überschuss für die Finanzierung der Investitionen zu erzielen.

Der Zugang zu äusseren Finanzierungsquellen ist abhängig von der individuellen Lage der Entwicklungsländer (Produktionsbasis, natürliche Ressourcen, Niveau des BSP, Aussenbilanz, Entwicklungsaussichten, Verschuldungskapazität).

Die Fortgeschritteneren unter ihnen beschaffen sich, Schätzungen zufolge, etwa 75 Prozent des benötigten Aussenkapitals auf den offiziellen Märkten. Die guten Entwicklungsaussichten, die grössere Absorptionsfähigkeit ihrer Wirtschaft und die verhältnismässig grosse Finanzkapazität verleihen diesen Ländern eine gewisse Leichtigkeit in der internationalen Finanzierung zu Marktbedingungen oder annähernd zu Marktbedingungen (Anleihen auf dem Kapitalmarkt, ordentliche Darlehen offizieller Entwicklungsfmanzierungsinstitutionen wie der Weltbank und der regionalen Entwicklungsbanken). Dagegen sind die ärmsten Entwicklungsländer infolge ihrer prekären wirtschaftlichen Lage und ihrer geringen Verschuldungskapazität im wesentlichen von der Öffentlichen Hilfe abhängig. Diese stellt gegenwärtig 70 Prozent des ihnen zur Verfügung gestellten Aussenkapitals dar. Dieser Anteil sollte sich auf gegen 90 Prozent im Laufe der achtziger Jahre erhöhen, wenn diese Länder nicht in eine aussichtslose wirtschaftliche Lage geraten
sollen.

Entsprechend den Prioritäten des Gesetzes über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe richtet sich die öffentliche Finanzhilfe der Schweiz vor allem an die am wenigsten entwickelten Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas, und zielt vorwiegend darauf ab, den Lebensstandard der ärmsten Bevölkerungsschichten zu heben. Die Finanzhilfeprojekte sind sehr oft von Aktionen technischer Zusammenarbeit begleitet (die auf die Verbesserung der Planungs-, Analyse-, Organisations-, Leitungs- und Kontrollkapazitäten ausgerichtet sind), um die Verwirklichung der angestrebten sozioökonomischen Ziele zu sichern.

Eine der schwierigsten Aufgaben für die Behörden der Entwicklungsländer wie

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übrigens auch für die Entwicklungszusammenarbeitsorganisationen ist die Verwirklichung eines Entwicklungssystems, das globales BSP-Wachstum und Verbesserung des Lebensstandards der schwächsten Bevölkerungsschichten miteinander verbindet.

Das nachfolgend beschriebene Finanzhilfe-Projekt veranschaulicht die Art und Weise, wie unsere Entwicklungszusammenarbeit versuchte, den am meisten Benachteiligten zu helfen und den Entwicklungsanstrengungen eine menschliche und gerechte Dimension zu geben.

Beispiel: Finanzielle und technische Unterstützung für die ländlichen Gemeinschaften Boliviens

Eine finanzielle und technische Hilfe von 11 Millionen Franken wurde 1979 dem «Servicio National de Desarrollo de la Communidad» (SNDC), einer öffentlichen bolivianischen Institution zur Unterstützung der Gemeinwesenentwicklung, gewährt. Die Hilfe war bestimmt für die Verwirklichung von kleinen ländlichen Infrastrukturprojekten. Diese Aktion stellt ohne Zweifel eine der interessantesten, von der DEH durchgeführten Entwickrungsfinanzierungsaktionen in ländlichem Milieu dar. Zunächst wendet sich das Projekt ausschliesslich an die ärmsten ländlichen Gemeinschaften von Bolivien, jene des Hochplateaus und des Tieflandes. Sodann ist die Hilfe indirekt und zwar insofern, als die schweizerischen Mittel durch einen lokalen Finanzvermittler, den SNDC, kanalisiert werden. Der SNDC spielt gegenüber den ländlichen Gemeinschaften die Rolle des Promotors, technischen Beraters und Geldgebers. Er trägt gegenüber der DEH die direkte Verantwortung für die Mittelverwendung. Drittens hängt der ganze Erfolg der Aktion von der Initiative und der direkten, einschliesslich finanziellen Beteiligung der Empfänger-Gemeinschaften an der Verwirklichung der verschiedenen, von der Schweiz finanzierten Unterprojekte ab. Schliesslich ermöglicht der Finanzbeitrag der DEH eine Vergrösserung der verfügbaren Mittel von benachteiligten Gruppen, die infolge ihrer wirtschaftlichen Schwäche keinen Zugang zu den traditionellen Finanzierungsquellen haben.

Die wirtschaftliche Lage der armen Bevölkerung Bolivien stellt einen klassischen Fall einer dualistischen Wirtschaft dar, wie sie in den Entwicklungsländern sehr häufig zu finden ist. Einerseits ein moderner, verhältnismässig entwickelter Produktionssektor (Gas, Erdöl, Bergbau, Plantagen), der auf den Export ausgerichtet ist, vom Weltmarkt abhängt und nur für einen Bruchteil der aktiven Bevölkerung von Interesse ist. Trotz bedeutender wirtschaftlicher Fortschritte während des vergangenen Jahrzehnts sind die sozialen Unterschiede und die regionalen Ungleichheiten in Bolivien nur wenig gemildert worden. (Bolivien bleibt mit einem mittleren Pro-Kopf-Einkommen von 390 Dollar eines der ärmsten Länder Südamerikas). Das Pro-Kopf-Einkommen des landwirtschaftlichen Sektors stellt nur ungefähr einen Siebtel des mittleren Einkommens der anderen Wirtschaftssektoren dar. 40 Prozent der Bevölkerung am unteren Ende der sozialen Stufenleiter (Kleinbauern, Landarbeiter) müssen sich mit 13 Prozent des Nationalprodukts begnügen.

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Besorgt ob dieser Ungleichgewichte traf die Regierung im Laufe der siebziger Jahre Massnahmen zur beschleunigten Integration der Randbevölkerungen - sie konzentrieren sich vor allem auf dem Hochplateau und im Tiefland - in den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklungsprozess. Das Schwergewicht der Anstrengungen wurde auf die Organisation der Gemeinschaften, die Organisation der landwirtschaftlichen Produktion und die Verbesserung der Lebensbedingungen gelegt. Hervorzuheben ist die Tatsache, dass diese Bevölkerungen - mehrheitlich Kleinbauern, die verschiedenen ethnischen Gruppen (Indianer, Chacos, Mestizen) angehören und mehr oder weniger in die nationale Kultur spanischen Ursprungs integriert sind - in besonders prekären Verhältnissen leben. Ursachen der grossen Armut sind namentlich die beschränkte Betriebsgrösse, die besonders schwierigen klimatischen und topografischen Bedingungen, die geografische Entfernung, Zugangsschwierigkeiten, die ungenügende logistische, technische und finanzielle Unterstützung der Produktionsentwicklung in der Vergangenheit und ungenügende Öffentliche Dienste.

Die Aktion der Regierung: Gründung einer spezialisierten Gesellschaft fiir die technische und finanzielle Unterstützung der armen ländlichen Gemeinschaften In der Absicht, den erwähnten Bevölkerungen zu Hilfe zu kommen, gründete die Regierung 1970 den SNDC, eine öffentliche, finanziell und verwaltungsmässig selbständige Institution. Aufgabe des SNDC ist, zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Infrastruktur in ländlichem Gebiet beizutragen, indem er in enger Zusammenarbeit mit den Empfänger-Gemeinschaften Projekte ausführt wie zum Beispiel lokale Strassen, Brücken, kleine Staudämme und Bewässerungskanäle, Silobau, Flusskorrekturen, Erosionsbekämpfung, Schulen, Sanitätsstellen, Kiemindustrien für die Verarbeitung und Konservierung, Trinkwasserversorgung usw. Durch Ausbildungs-, Organisations- und technische Beratungstätigkeiten trägt der SNDC auch zur Gemeinwesenentwicklung und zur Gründung von Produktions- und Vermarktungsgenossenschaften bei. Seine Tätigkeit, die mit bescheidenen, von der Regierung zur Verfügung gestellten Mitteln begann, hat sich dank der finanziellen Unterstützung - insbesondere von aussen (BRD, USA) - zusehends erweitert. Heute hat der SNDC im Dienste der ärmsten
Bevölkerungen grosse Erfahrung und ausgedehntes Fachwissen erworben. Seit seiner Gründung hat er über 500 ländlichen Gemeinschaften geholfen.

Infolge seiner beschränkten finanziellen und personellen Mittel kann der SNDC bei weitem nicht allen an ihn gerichteten Hilfsgesuchen entsprechen.

Um die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung besser zu befriedigen, um den Entscheidungsprozess, die Verwirklichung und Betreuung der Projekte zu beschleunigen, hat der SNDC seinen Verwaltungs- und operativen Apparat durch die Schaffung von regionalen Einheiten im ganzen Lande weitgehend dezentralisiert. Eine im Jahre 1976 durchgeführte Evaluation erlaubte den Schluss, dass die vom SNDC finanzierten Projekte im allgemeinen befriedigend funktionieren.

Ein solches Unternehmen für die Entwicklung an der Basis weckt unbestreitbar Interesse. So fiel unsere Antwort positiv aus, als die bolivianische Regierung 1978 ein Gesuch um finanzielle und technische Hilfe zur Erweiterung der finanziellen und technischen Kapazität des SNDC an uns richtete.

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Die Finanzhilfe der Schweiz Der am 29. Oktober 1979 abgeschlossene Finanzhilfevertrag umfasst drei Teile: a. Finanzielle Beteiligung in der Höhe von 8,7 Millionen Franken an der Verwirklichung von ländlichen Infrastrukturprojekten (Brücken, Erschliessungsstrassen), von Projekten zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion (kleine Bewässerungsanlagen, Fischzucht), der Lagerung und Verteilung (Lagerhäuser, Silos) und Projekte für ländliche und handwerkliche Kleinindustrien (Konservierung und Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten); b. Unterstützung der Ausbildungstätigkeiten des SNDC mit einem Betrag von 1,3 Millionen Franken (Ausbildung von SNDC-Promotoren bäuerlichen Ursprungs und von lokalen Bauernführern) ; c. technische Hilfe an den SNDC im Betrag von 1,0 Million Franken (zur Verwendung für vier Experten).

Der Beitrag der ländlichen Gemeinschaften und der Regierung Ihrerseits leisten die ländlichen Empfänger-Gemeinschaften und der SNDC einen wichtigen Beitrag zur Projektverwirklichung. Die Gemeinschaften finanzieren alle kleinen Entwicklungsprojekte mit, die auf ihre Initiative hin mit Unterstützung des SNDC durchgeführt werden. Ihre Beteiligung beträgt im Mittel 40 Prozent der Gesamtkosten jeder Aktion und wird sich insgesamt auf 5,8 Millionen Franken belaufen. Die vereinten Mittel der Schweiz und der Gemeinschaften werden so die Verwirklichung von Kleinprojekten auf dem Gebiet der ländlichen Entwicklung im Gesamtbetrag von ungefähr 14,5 Millionen Franken ermöglichen. Der SNDC wird einen Beitrag von 2,72 Millionen Franken beisteuern, was den Personalkosten des Projekts und der Beteiligung des SNDC am Ausbildungsprogramm entspricht.

Folgerungen Diese Aktion bietet eine Reihe von aussergewöhnlich interessanten Aspekten.

Zunächst gestattet der Rückgriff auf einen lokalen Finanzvermittler der DEH: a. indem die Auswahl, Evaluation, Finanzierung, Verwirklichung und Betreuung der Projekte dem örtlichen Finanzvermittler übertragen werden, eine grosse Zahl von kleinen Projekten zu unterstützen, die zwar für die betroffenen Bevölkerungen von erstrangiger Bedeutung, aber doch zu klein sind, um Gegenstand einer Direkthilfe der DEH zu bilden; b. den Finanzvermittler zu einem wirksameren Instrument im Dienste der Landesentwicklung zu machen. Seine finanziellen Mittel, seine Führungskapazitäten
und sein Fachwissen werden vergrössert. So ist er imstande, bei der Mobilisierung und Verwendung der Mittel für Entwicklungsaktionen eine bedeutendere Rolle zu spielen; c. ihre Tätigkeit auf ungenügend berücksichtigte Sachgebiete und Regionen auszurichten; d. die Ausbreitung von technischen- Neuerungen und fortschrittlicheren Verfahren zu erleichtern und die Fähigkeit der Empfänger zur Leitung ihrer Projekte zu verbessern;

1401

e. sich von der direkten Leitung zu entlasten, aber dennoch eine genügende Kontrolle über die Auswahl der Unterprojekte, die Mittelverwendung und die Aktionsergebnisse zu bewahren (Unterbreitung von Jahresaktionsplänen, Freigabe der Mittel nach individueller Genehmigung der Unterprojekte, Kostenkontrolle, Treuhandkontrolle der Rechnungen, Evaluation der in Ausführung begriffenen Unterprojekte während der Ausführung und ex post, Anwesenheit von Experten).

Ein weiterer interessanter Aspekt ist das Vorhandensein eines lokalen «leadership» auf der Grundlage der Entwicklungsinitiativen, die auf die Unterstützung einer starken und aktiven nationalen Institution zählen können. Jede Aktion erfordert die aktive Beteiligung der Interessierten während des ganzen Projektzyklus (Auswahl, Evaluation, Finanzierung, Verwirklichung) und die vollumfängliche Übernahme des Projekts (Betrieb und Unterhalt) nach dessen Abschluss.

Die Rolle des SNDC besteht in der engen Mitarbeit mit den interessierten örtlichen Gemeinschaften von Beginn der Aktion an. Er hat ein günstiges Klima für die Entfaltung lokaler Initiativen zu schaffen (insbesondere durch die Ausbildung von Promotoren und von Bauernführern). Er muss die ergänzenden finanziellen Mittel für die vollumfängliche Finanzierung der Projekte beschaffen, das erforderliche Fachwissen einbringen, das die gute Auswahl, Vorbereitung und Ausführung der Projekte garantiert. Schliesslich zwingt diese Art von Zusammenarbeit zur Auswahl, denn die Projekte werden von den örtlichen Gemeinschaften verwirklicht und geleitet und nicht von aussenstehendem Personal; Projekte, deren Dimensionierung, Komplexität, Normen und Richtwerte den örtlichen, technischen und finanziellen Möglichkeiten angepasst bleiben; also verhältnismässig einfache Projekte, mit denen die an Ort und Stelle vorhandenen menschlichen und materiellen Mittel möglichst gut genutzt werden können.

Angesichts der Armut der Empfänger-Gemeinschaften, ihrer sehr bescheidenen Verschuldungskapazität, ihrem bedeutenden Eigenbeitrag und der zwingenden Notwendigkeit, so rasch als möglich einen Überschuss für die Investition in neue Entwicklungsaktionen zu erzielen, wurde die Hilfe an den SNDC in Form eines Geschenks gewährt, entsprechend unserer Finanzhilfepolitik zugunsten der am meisten benachteiligten sozialen Gruppen..
Das Projekt befindet sich noch in der Anlaufphase. Es ist deshalb noch verfrüht, schon im gegenwärtigen Stadium Schlüsse ziehen zu wollen. Angesichts der vom SNDC bereits erreichten positiven Resultate, angesichts des eingeschlagenen Weges (Entwicklung auf der Grundlage eines lokalen «leadership», nicht von aussen aufgedrängt), darf jedoch angenommen werden, dass diese Aktion es erlaubt, beträchtlichen Einfiuss auf die Lebensbedingungen der nutzniessenden Bevölkerungen zu nehmen (Schaffung produktiver Arbeitsplätze, besserer Zugang zu den öffentlichen Diensten, Eindämmung der Landflucht, besserer Gesundheitszustand), Aussichten In dem Masse, wie die Ergebnisse dieser Aktion und anderer ähnlicher Aktionen, die in Indien, Madagaskar und in Zentral- und Westafrika unternommen werden, sich als positiv erweisen, kann der Rückgriff auf nationale Finanzvermittler, die sich eingehend um das Los der am meisten benachteiligten Bevölke-

1402

rungsschichten kümmern, systematischer erfolgen und in Zukunft neben der Direktfinanzierung von Projekten eine der hauptsächlichen Interventionsformen der schweizerischen Finanzhilfe werden. Angesichts der verhältnisrnässig bescheidenen Dimensionen unserer Organisation für Entwicklungszusammenarbeit wird die Kanalisierung eines Teils unserer Finanzhilfe über nationale Entwicklungsinstitutionen mit beträchtlichem eigenem Fachwissen und Führungskapazitäten - sie werden nach Bedarf durch punktuelle Aktionen technischer Zusammenarbeit verstärkt - erlauben, die Wirkung unserer Hilfe und unsere Absorptionskapazität beträchtlich zu erhöhen und trotzdem die für unsere Projekte notwendige Qualität zu wahren.

7246

1403

Anhang 6

Entstehung und Durchführung eines Entwicklungsprojekts Wie wir weiter oben ausführten, verstehen wir unter einem bilateralen Entwicklungsprojekt den vertraglich festgelegten, konzeptionellen und administrativen Rahmen, innerhalb welchem wir in einem bestimmten Land zusammen mit lokalen und nationalen Partnern auf ein konkretes Ziel hinarbeiten. Mit der folgenden schematischen Darstellung soll an einem konkreten Beispiel der Weg von einer Idee über die Ausarbeitung eines Projekts bis zur konkreten Realisierung beschrieben werden.

Es ist schwierig, ein «typisches» Entwicklungsprojekt zu finden. Nicht nur deshalb, weil der organisatorische Ablauf je nach Projektziel sehr verschieden ist, sondern auch deshalb, weil unsere Zusammenarbeit mit bestimmten Ministerien, lokalen Verwaltungen, privaten Organisationen und ändern internationalen Hilfsorganisationen in jedem Land, in dem wir tätig sind, ihre spezifische Geschichte und ihre Eigenart hat, Das Projekt, welches im folgenden in seinem chronologischen und organisatorischen Ablauf dargestellt werden soll, ist insofern typisch, als sich hier in den verschiedenen Phasen der Projektidentifikation, der Projektvorbereitung und der Projektdurchführung zahlreiche Beziehungen, Massnahmen und Entscheidungen vorfinden, die in einer Grosszahl unserer Projekte ebenfalls in der einen oder ändern Form enthalten sind. Da es sich um die Realisierung eines einfachen und «greifbaren» Projektzieles handelt, hat das Projekt den Vorteil der Übersichtlichkeit. Dagegen illustriert es einen eher untypischen Tätigkeitsbereich. Als isoliertes Projekt ist das hier dargestellte Beispiel ausserdem für Formen einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit bestimmten Partnern, wie sie sich in zahlreichen Schwerpunktländern einspielen und aus welchen oft verschiedene, parallel laufende oder aufeinanderfolgende Projekte hervorgehen, weniger charakteristisch, Beispiel: Internationale Müllereifachschule in Mysore (Indien) Projektziel: Aufbau einer internationalen Müllereifachschule in Mysore zur Ausbildung von jährlich 20 Müllerei-Technikern.

Leistungen der Schweiz: Lieferung der Laborausrüstung, Erstellung einer Schulmühle, technische und didaktische Beratung, Mitwirkung bei der Ausbildung des indischen Lehrkörpers.

Bewilligter Kredit: 1,5 Millionen Franken.

1404

SCHWEIZ

DEH Direklîon

PROJEKT-

1972

Voiabklämng

L976

Ei n Irete n s ar. t rag

PROJEKTVORBEREITUNG Juli

L976

AbUlni ngsmission

PRQJEKTANTRAG

April

1977

Kredit- Antrag

·

PROJEKTVERTRÄGE

Oktober

1977

Vertrag Indi en-Scli wefz

·

April

197S

Verträge mi( Privatfirmen Schweiz - Malerialbestellung

PROJEKTBETREUUNG

Juni

IÏ7S

1979

Ausbildung von indischem Fachpersonal in der Schweiz

ab Sommer

I97S

Lokale Vorbereitung: Materialbeschaffung lokak Erteilungen, lokale Bauten

IW9

Koordinator DEH

ZenlfaLvemattung

Lokaler PrüiekLträger

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Schulbeginn prüfen, abklären Varianten sludjeren C/Ì

verhandeln entscheiden

aïs s futiren, red i g t eie r, montieren *

bestellen, einkaufen Konlro-lte

(buchhalterisch/administrativ

140Î

Kommentar ZUT Projektidentifikation: Die Idee einer schweizerischen Beteiligung am Aufbau einer Müllereifachschule in Indien wurde 1972 durch den indischen Müllereiverband an unseren Koordinator in New Delhi herangetragen.

Der Koordinator ist Vermittler zwischen den schweizerischen Projekten in seinem Tätigkeitsgebiet und der Zentrale in Bern. Er ist offen für Initiativen und Projektideen und bemüht sich um eine realistische Darstellung der Möglichkeiten und Spezialisierangen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit.

Es existieren in der westlichen Welt nur zwei Müllereifachschulen: die eine befindet sich in Kansas City, die andere in St. Gallen. In der Schweiz hat auch einer der grössten internationalen Lieferanten von Zubehör für das Müllereigewerbe seinen Sitz. Es war daher naheliegend, dass sich der Müllereiverband in diesem Fall mit einer Anfrage an die Schweiz wandte.

Bevor der Koordinator die Anfrage an die Zentrale in Bern weiterleitete, nahm er in New Delhi weitere Abklärungen vor.

Gute Kontakte im Land und ein hoher allgemeiner Informationsstand sollen es dem Koordinator erlauben, sich bei Anfragen ein Bild über deren Hintergrund verschaffen zu können. Bei der Vorprüfung einer ersten Projektidee gilt es vor allem abzuklären, auf welchen Grundannahmen und Bedürfnissen das Projekt aufbaut, wie sich das Projekt in andere Entwicklungsvorhaben und in die Entwicklungspläne der Regierung einfügt und von welchen Kreisen es unterstützt wird.

Die Abklärungen ergaben folgendes Bild: In Indien waren zu jenem Zeitpunkt 260 industrielle Mühlen in Betrieb, die infolge eines krassen Mangels an ausgebildetem Personal (insgesamt 15 in St. Gallen oder in Kansas City ausgebildete Techniker) oft unsachgemäss betrieben wurden. Dies führte zu einem mangelhaften technischen Unterhalt der Mühlen, zu einer schlechten Mehlqualität und zu unnötig hohen Verlusten.

Die indische Regierung unterstützte die Bestrebungen, eine Müllereifachschule in Indien zu errichten. Während der letzten zehn Jahren war Indien durch die Einführung ertragreicher Sorten, durch die Ausdehnung der Anbauflächen und durch andere Massnahmen zum drittgrössten Getreideproduzenten der Welt geworden. Die Regierung erhoffte durch eine massgebliche Erhöhung gut ausgebildete Müllereifachleute eine Reduktion der Verluste bei der industriellen
Müllerei und damit eine weitere, indirekte Ertragssteigerung.

Nach Übermittlung einer Anfrage und zusätzlicher Information durch den Koordinator findet auch in Bern jeweils eine erste Abklärung statt.

Bezüglich der Anfrage des indischen Müllereiverbandes waren insbesondere folgende Fragen genauer abzuklären : - entspricht dieses Anliegen den Zielsetzungen, die mit der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit angestrebt werden?

1406

- wäre ein solches Projekt mit unseren Finanzplänen und personellen Kapazitäten vereinbar?

- ist es technisch durchführbar?

Zum Eintreten: Führen die ersten Abklärungen nicht zu einem negativen Ergebnis, formuliert die zuständige geographische Sektion in Bern gestützt auf die Informationen des Koordinators einen Eintretensantrag an die Direktion. Bei positivem Eintretensentscheid verfügen Sachbearbeiter und Koordinator über die Rückendeckung zur Aufnahme konkreterer Verhandlungen mit Projektpartnern im betreffenden Entwicklungsland und in der Schweiz.

Der lange Zeitraum zwischen Projektidee und Eintretensentscheid erklärt sich durch eine Verzögerung durch eine parlamentarische Anfrage in Bern, welche die schweizerische Entwicklungshilfe in Indien wegen der dort vorgenommenen Atomversuche in Frage stellte.

Bei der Eintretensdebatte zur Müllereifachschule gab vor allem die Frage Anlass zur Diskussion, ob ein solches Projekt zur Unterstützung der industriellen Müllerei nicht den mit unserer Entwicklungszusammenarbeit verfolgten Ziele widerspreche. In Indien wird das Mehl für den Hausgebrauch entweder in den Haushalten durch Zermalmen zwischen zwei Steinen oder in kleinen, mit Diesel- und Elektromotoren betriebenen Mühlen hergestellt. Die Lagerung des Korns, das erst bei Bedarf gemahlen wird, in den Haushalten ist vorteilhaft. Die rund 100000 Kleinmühlen auf dem Land und rund 40000 Kleinmühlen in der Stadt, die in der Regel von zwei Personen betrieben werden, schaffen zahlreiche Arbeitsplätze. Wohl ist ihre Arbeitsweise nicht sehr ökonomisch und das produzierte Mehl nicht immer von erstklassiger Qualität, hier schafft jedoch oft die Konkurrenzsituation von selbst gewisse Korrekturen. Besteht also die Gefahr, so war zu fragen, dass diese dezentralisierte Kleinmüllerei durch die industrialisierte Müllerei verdrängt würde?

Nach Ansicht des Koordinators war dies nicht der Fall: die industrielle Müllerei produziert in erster Linie für die Bedürfnisse des Bäckereigewerbes und der Biscuitindustrie und konkurriert die Kleinmüllerei nur wenig. Die Getreideverluste bei der nichtindustriellen Verarbeitung sind immens, und die Forderung nach nicht-industrieller Verarbeitung der gesamten Getreideernten wären nicht nur unrealistisch, sondern auch unproduktiv.

Der Eintretensentscheid war schliesslich positiv, jedoch mit der Auflage, den aufgeworfenen Fragen bei der weiteren Verfolgung besondere Beachtung zu schenken.

Zur Projektvorbereitung : In Indien klärte der Koordinator nun ab, auf welchen bereits vorhandenen Dienstleistungen das Projekt aufbauen könnte, zu welchen Eigenleistungen Indien bereit ist und wo sich die spezifischen Engpässe befinden, die durch Hilfe der Schweiz sinnvoll gefüllt werden können. Es entsprach dabei sowohl dem auf indischer Seite bestehenden Bedürfnis nach grösstmöglicher Unabhängigkeit wie auch dem Bedürfnis auf selten der Schweiz nach ökonomischem Einsatz der Mittel, dass nur dort Materialbeschaffung aus dem Ausland, Zuzug

1407

ausländischer Experten oder Inanspruchnahme ausländischer finanzieller Mittel ins Auge gefasst werden sollte, wo sich dies für die Realisierung des Projektes als unumgänglich erwies.

Für eine dreiwöchige Abklärungsmission konnten der gerade pensionierte Direktor der Müllereifachschule St. Gallen und ein ehemaliger Schüler dieser Schule, der auch als Ökonom ausgebildet war und über Erfahrung in Entwicklungsländern verfügte, gewonnen werden, Der Bericht der Abklärungsmission wurde in Bern und in Indien - zwischen dem Koordinator, der Verwaltung, dem Müllereiverband und dem Forschungsinstitut für Lebensmitteltechnologie, welchem die Müllereischule angegliedert werden sollte - ausführlich diskutiert. Es musste auch abgeklärt werden, ob auf Seiten Indiens die nötigen Betriebsmittel für die Schule bereitgestellt werden konnten. Zusammen mit den beiden schweizerischen Beratern, die an der Abklärungsmission teilgenommen hatten, wurde ein Zeit- und Vorgehensplan errichtet und eine Materialliste erstellt.

Zum_ Kreditantrag: / (

.

Der Kreditantrag ist ein ausführliches, von der zuständigen Sektion und vom Koordinator verfasstes Dokument, welches das vorgesehene Projekt in seinem organisatorischen Ablauf darstellt und die Mittel nennt, die dazu von seilen des Entwicklungslandes, der Schweiz und allenfalls weiterer Geldgeber zur Verfügung gestellt werden sollen. Das Projekt wird auch in einen Zusammenhang zur Entwicklungspolitik des betreffenden Landes gesetzt und in seiner allgemeinen Zielsetzung erörtert.

Gestützt auf den Kreditantrag und auf Antrag der Direktion fasste der Departementvorsteher die Entscheidung, zur Schaffung einer internationalen Müllereischule in Mysore 1500000 Franken zur Verfügung zu stellen. Das Projekt sollte der Müllereischule St. Gallen in Regie übergeben werden und auf indischer Seite dem Council of Scientific and Industriai Research unterstellt werden.

Zur Projektbetreuung: In den Verhandlungen des Koordinators in Indien über die konkrete Abwicklung des Projekts spielte die Frage, welche Materialien in Indien beschafft werden sollen und für welche Bestandteile ein Import aus dem Ausland unumgänglich war, eine wesentliche Rolle. Für 15 Prozent des gesamten Materialbedarfs wurden schliesslich Importlizenzen beantragt. Solche Anträge zu stellen beansprucht sehr viel Zeit, da in jedem Fall der Nachweis erbracht werden muss, dass die betreffenden Artikel in Indien noch nicht hergestellt werden können.

Die Zentrale in Bern trat in Verhandlungen mit dem Lieferanten, des zu importierenden Materials. Der Lieferant musste dafür gewonnen werden, an der konkreten Planung der Schulmühle und des Labors mitzuwirken und seine Pläne indischen Firmen zur Verfügung zu stellen, welche in der Lage waren, die Einrichtungen nach diesen Angaben zu montieren.

Die Rekrutierung von zwei schweizerischen Experten für das Müllereiprojekt erwies sich als äusserst schwierig. Die Löhne schweizerischer Entwicklungsex-

1408

perlen liegen unterhalb der Ansätze im Müllereigewerbe. In dieser Berufssparte sind ausserdem Fremdsprachenkenntnisse nicht sehr wichtig, während gute Englischkenntnisse für die Arbeit der Experten in Indien unumgänglich waren.

Für die Projektbegleitung konnte die Mullereifachschule in St. Gallen gewonnen werden.

Die Projekte der DEH setzen vielfach Branchen- und Fachkenntnisse voraus, Über welche die Projektbearbeiter nicht verfügen. In solchen Fällen wird in der Schweiz ein Projektbegleiter gesucht - oft ein Universitätsinstitut -, welcher die Abwicklung des Projekts zusammen mit der zuständigen geographischen Sektion der DEH mitbetreut.

Zwei schweizerische Experten befinden sich seit Beginn dieses Jahres in Mysore. Die Montage der Mühle geht planmässig voran, mit der Eröffnung der Schule kann im Lauf des Jahres 1981 gerechnet werden.

1409

Anhang 7

Liste der wichtigsten Projekte der bilateralen technischen Zusammenarbeit und Finanzhilfe zu Lasten des Rahmenkredits von 735 Millionen Franken (Stand Dezember 1979) Es wurden hier nur Projektkredite von über 500000 Schweizerfranken berücksichtigt. Die Laufzeit beträgt normalerweise zwei, in einzelnen Fällen drei Jahre.

Lateinamerika Zentralamerika Verpflichtungskredite in Schweizerfranken

Beitrag an das internationale Forschungszentrum für die Verbesserung von Mais und Korn (CIMMYT) in Mexiko Beitrag an das internationale Zentrum für Kartoffelforschung (CIP) in Lima zur Durchführung von Forschungsprogrammen in Zentralamerika :

2 170 000

2 100 000

Bolivien

Saatgutproduktion Cochabamba Beitrag an das nationale Kartoffelprogramm (Forschung, Ausbildung, Produktion und Beratung) Beitrag an die Aufforstungen und an die Erosionshekämpfung im Park von lunari, Cochabamba Berufliche Ausbildung von Kleinbauern im Departement von Santa Cruz, Mitfinanzierung eines Projekts des BIT (Bureau International de Travail) Unterstützung einer regionalen Genossenschaft in Mizque (Obstund Rebbau, Tierproduktion, Futterbau, Produkteverwertung und Produktevermarktung) Unterstützung für die Universität in Cochabamba (Forschung- und Versuchstätigkeit, Ausbildung, Extensionsarbeit im Gebiet der Landtechnik) Koordinations-Büro der DEH in La Paz (Betriebskosten für drei Jahre) Projekt Vallegrande, Dienstleistungszentrum (Mais-, Gemüse-, Futteranbau, Rindvieh- und Schweinehaltung, Landtechnik u. a.)..

1410

975 000 960 000 960 000

850 000.

810 000

780 000 700 000 620 000

Verpflichtungskredite in Schweizerfranken

Kolumbien Beitrag zur Bildung einer Saatguteinheit am Centro Internacional de Agriculture Tropical (CIAT) in Cali

3 656 000

Costa Rica Beitrag an ein land- und forstwirtschaftliches Programm des Centro Agronòmico Tropical de Investigación y Ensenanza (CATIE) in Tumalba

l 320 000

Ecuador Ausbildung von landwirtschaftlichen Mechanikern

1 242 000

Förderung der Milchproduktion und -Verarbeitung in der Provinz Bolivar, Aufbau einer Käserei

750 000

Haiti Schaffung eines Zentrums für die praktische Ausbildung von Agronomen und Landwirten in Erosionsbekämpfung (K.ofinanzierung mit FAO)

2 324 000

Honduras Beitrag an ein Programm zur Bekämpfung von Ernteverlusten (zur Verwendung für Experten und Berater, Ausbildung von lokalem Personal, Materialkredit) Vorbereitung eines Finanzhilfeprogramms für verschiedene landwirtschaftliche Projekte im Südosten des Landes

1450000

790 000

Nicaragua Beitrag an den landwirtschaftlichen Wiederaufbau in der Region von Las Segovias (Saatgut, Düngmittel, Ausrüstung; technische und betriebswirtschaftliche Beratung)

4 200 000

Paraguay Zusammenarbeit mît der Veterinärfakultät der Universität Asunción beim Ausbau des fakultätseigenen Landwirtschaftsbetriebes und bei der Gestaltung eines praxisorientierten Unterrichts für Tierarzt-Anwärter

l 400 000

Peru Zusammenarbeit mit einem Forst- und landwirtschaftlichen Zentrum in Jenaro Herrera, Amazonas-Gebiet, (Forschung, Ausbildung und Beratung zur integrierten Nutzung)

l 435 000

Beitrag an das Programm zur Verbreitung verbesserter landwirtschaftlicher Techniken in der Region von Ayacucho

l 400 000

1411

Verpflichtungskredite in Schweizerfranken

Beitrag an das Gesundheitsprogramm des Departementes Puno (Grundversorgung und Ausbildung von paramedizinischem Personal

l 200 000

Milchviehförderang (technische Beratung durch einen DEH-Fachexperten in Ergänzung zu einem 1976 unterschriebenen Finanzhilf eprojekt von 10 Millionen Schweizerfranken zur Förderung der Milchproduktion in den Küstengebieten)

l 200 000

Beitrag an die Ausbildung von Forstwärtern für das Amazonasgebiet

l 180 000

Beitrag an ein Ausbildungsprogramm für Kleinbauern (landwirtschaftliche Techniken und betriebswirtschaftliche Kenntnisse)

960 000

Technische Beratung bei der Inbetriebsetzung eines Industriekomplexes der Metallindustrie, Durchführung von Vor-Investitionsstudien, (Kofinanzierung mit der UNIDO, Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung)

750 000

Beitrag an das nationale Käsereiprogramm in abgelegenen Regionen (Aufbau von Käsereien, Ausbildung und Vermarktung) Programm zur genetischen Verbesserung der Bohnen (im Rahmen eines grösseren, von der peruanischen Regierung getragenen Programms zur Förderung des Bohnenanbaus) Zusammenarbeit mit der Universität von Callao auf dem Gebiet der Lebensmitteltechnologie DEH-Koordinationsbüro in Lima, Betriebsmittel für drei Jahre . . .

2

732 000

706 000 600 000 550 000

Asien

Bangladesh Finanzhilfe für den Bau einer Düngmittelfabrik in der Nähe von Dacca, Ashojang (zusammen mit einigen ändern Industriestaaten, der asiatischen Entwicklungsbank und der IDA)

8 668 000

Spezialbeitrag an das UNICEF-Programm für Bangladesh (Trinkwasserversorgung) . :

4 270 000

Sonderbeitrag an das Programm der FAO zur Sicherung der Nahrungsmittelversorgung in Bangladesh

4 000 000

Entwicklung der Seidenraupenzucht

2 070 000

Getreidelagerungsprojekt

l 910 000

Beitrag an ein sozio-ökonomisches Hilfsprojekt der «Union internationale de protection de l'enfance» (UIPE)

l 600 000

Aufbau eines Reparaturzentrums für Pumpen und Dieselmotoren für Bewässerungsprojekte

l 575 000

1412

Verpflichtuogskiedìte in Schweizerfranken

Agromechanische Lehrwerkstätte in Mirpur (Instruktoren, technische Ausrüstung) Zusammenarbeit mit dem Bangladesh Industriai Technical Assistance Centre (BITAC) in Dacca zur Ausbildung von Facharbeitern für die Metallindustrie Indien Finanzhilfe an die Republik Indien zur Finanzierung der ländlichen Entwicklungsunternehmen der Agricultural Refinance and Development Corporation Unterstützung des Sozialzentrums Ahmednagar (Maharastra) bei Investitionen im Bewässerungssektor und bei der landwirtschaftlich-sozialen Beratung von Kleinbauern Beitrag an das internationale Ausbildungs- und Forschungszentrum für Seidenraupenzucht in Mysore (Stipendien, technische Ausrüstung) Zusammenarbeit zwischen der ETH Zürich und dem Forschungszentrum für Biochemie in New Delhi Ziegenzucht im indischen Gliedstaat Rajasthan (Einkreuzung exotischer Rassen sowie Verbesserung von Futterbau und Tierhaltung auf Dorfebene) Programm zur Entwicklung einer durch Sonnenenergie betriebenen Wasserpumpe und anderer Entwicklungen auf dem Gebiet der angewandten Technologie, die am «Central Sait and Marine Chemicals Research Institute» in Bhavnagar (Gujarat) durchgeführt werden Zentrum für Electronics Design Technology in Bangalore (Reorganisation des Unterrichts, praxisorientiertere Ausbildungsarbeiten und mehr angewandte Forschung) Koordinationsbüro DEH New Delhi, Betriebskosten für zwei Jahre Beitrag an ein Programm zur Werkzeugmacherausbildung in Bangalore Indonesien Beratung von Kleinbauern in der Provinz West Sumatra in Fragen der Bewässerung, verbesserter Anbau- und Reisverarbeitungsmethoden und in Genossenschaftsfragen (Experten, Material, Betriebskosten) Hotelfachschule Bandung. Beitrag an die Finanzierung ausländischer Experten, Ausbildung, Stipendien, Ergänzung der Ausrüstung

l 345 000

500 000

40 000 000

l 700 000

l 650 000 l 250 000

800 000

715 000

700 000 650 000 600 000

l 350 000

l 600 000

1413

Verpflichtungskredile in Schweizerfranken

Genossenschaftsprojekt Lombok, breite Unterstützung der Entwicklungsanstrengungen im ländlichen Raum. Finanzierung von drei ausländischen Experten, Betriebsmittel, Anschaffung audiovisueller Lehrmittel und kleinerer Investitionsgüter Risikobeteiligung an einem Auftrag der Swisscontact zur technischen Beratung beim Aufbau von sechs neuen Polytechniken und einem Technician Education Development Centre Beitrag an das UNICEF-Trinkwasserprogramm auf der Insel Madura, Indonesien Nepal Integrated Hill Development Project (IHDP) in den Hügeln Ostnepals Finanzhilfe an die Regierung Nepals für den Kauf von Baumaterialien zur Konstruktion von Hängebrücken Finanzierung eines FAO-Projektes für die Verbesserung der nepalesischen Gemüsesaatgutproduktion, Saatgutlagerung und Saatgutvermarktung Beitrag an das UNICEF-Trinkwasserprogramm in Westnepal Technische und logistische Beratung des nepalesischen Strassenbaudepartementes beim Bau von Hängebrücken Materialbeschaffung für die Lamosangu-Jiri Road (der Bau dieser rund 110km langen Strasse bildet das Rückgrat des Regionalentwicklungsprojekts in Ostnepal) Finanzierung eines Ausbildungsprogramms der FAO für nepalesische Entwicklungsfachleute Beitrag an das Ausbildungsprogramm der Lehrwerkstätte Balaju/ Kathmandu (praxisorientierte Berufsschulung für die nepalesische Kleinindustrie)

950 000

500 000 3 526 000

6 000 000 2 500 000

2 210 000 2 210 000 l 000 000

960 000 780 000

624 000

Pakistan Technische Beratung des Pakistan Design Institut, PDI (Förderung von Qualitäts-Produkten für den Export- wie für den Inlandmarkt)

825 000

Sri Lanka Zusammenarbeit mit Sri Lanka beim Aufbau eines Luftbild-Interpretationsdienstes (Ermittlung der Erntegebiete, der Wasserreserven usw.)

650 000

Thailand Mitwirkung bei der Detailprojektierung, Montage- und Bauleitung für eine Steuerungsanlage innerhalb des vorgesehenen Ausbaus des Trinkwasserversorgungssystems in Bangkok

1414

770 000

Verpfiichmngskredîte in Schweizerfranken

Erneuerung der Laboreinrichtung des Hochspannungslaboratoriums der Chulalongkorn Universität in Bangkok

580 000

Türkei Regionales Entwicklungsprojekt in etwa 20 Dörfern der Region Lice im Anschluss an die Aufbautätigkeit des Katastrophenhilfskorps (Teppichknüpfen, Weintraubenproduktion, Lokalinitiative) .

3

l 740 000

Afrika

Regionale Projekte Beitrag an die Entwicklungsbank der Zentralafrikanischen Staaten (BDEAC): Finanzierung eines Evaluations-Experten und eines Fonds für Investitionsstudien

700 000

Finanzierung von Experten für Evaluationsfragen bei der Banque Africaine de Développement

680 000

Beitrag an die Organisation «6 s» (se servir de la saison sèche en Savane et au Sahel). Diese Vereinigung konzentriert ihre Massnahmen auf die Trockenzeiten, während welchen infolge mangelnder Arbeitsmöglichkeiten die Abwanderung besonders gross ist. Neben Ausbildungsprogrammen werden auch Programme zur Verbesserung der Lebensbedingungen und der landwirtschaftlichen Produktion durchgeführt Beitrag an die West Africa Rice Development Association, WARDA in Liberia. Diese Vereinigung führt auf dem Gebiet der Reiskultur Forschungs-, Ausbildungs- und Entwicklungsaktivitäten durch

l 000 000

l 960 000

Koordinationsbüro der DEH für Rwanda und Burundi

572 000

Aktionsprogramm zum Ausbau der Blutspendedienste, Burundi, Rwanda, Angola und Obervolta

860 000

Beitrag an das Internationale Livestock Centre for Africa (ILCA) für die interdisziplinäre Bearbeitung von Fragen der Tierproduktion und der viehwirtschaftlichen Vermarktungssysteme Beitrag an die Publikation der afrikanischen Zeitschrift FAMILLE & DEVELOPPEMENT Ausbildung von 15 Elektrotechnikern aus verschiedenen afrikanischen Ländern in Genf

600 000 550 000 780 000

Äthiopien Landwirtschaftliches Ausbildungs- und Beratungs-Projekt in Jari..

500 000

1415

Verpflichtungskredite in Schweizerfranken

Benin Beratung beim Ausbau des nationalen Alphabetisierungsprogrammes in Lokalsprachen (Ausbildung von Lehrern, didaktische Beratung, Beiträge an Material- und Baukosten) Erweiterung der Konsumgenossenschaften Burundi Finanzierung von Lehrkräften und Beratung bei der Gestaltung der Ausbildungsgänge an der Fakultät für Verwaltungs- und Wirtschaftswissenschaften der Universität Burundi Technische Beratung des Ministeriums für öffentliche Bauten von Burundi Kapverden Förderung des Gemüseanbaus durch Finanzierung eines Experten und Lieferung von Ausrüstung und Material

2 830 000 990 000

2 900 000 714 000

750 000

Obervolta Verschiedene Beiträge an ein regionales Entwicklungsprogramm im östlichen Obervolta Beitrag an ein Programm des Bureau International de Travail zur Schaffung von Erwerbsmöglichkeiten auf dem Lande Programm für verschiedene dörfliche Entwicklungsprojekte Madagaskar Finanzhilfe an Madagaskar zur Verbreiterung der Kapitalbasis der Banque Nationale pour le Développement rural (Kleinkredite für Landwirte) Programm zur Unterstützung der sozio-ökonomischen Entwicklung der Unterpräfektur von Diego Suarez (Verbreitung landwirtschaftlicher Techniken, Saatgutproduktion) Malediven Mitwirkung beim Bau von Kühlhäusern für Fisch

l 100 000 560 000 500 000

15 000 000

l 950 000 700 000

Mali Forschung, Ausbeutung der Grundwasservorkommen in der Region von Sikasso in Süd-Mali (sieben ausländische Experten, Material, Einrichtungen, Bauten)

3 148 000

Mauretanien Zusammenarbeit mit den Behörden und mit der lokalen Bevölkerung zur Entwicklung eines Bauprogramms für Personen mit niedrigem Einkommen (Eigenleistungen, lokales Baumaterial)

650 000

1416

Verpflichtungskredite in Schweizerfranken

Mosambik Beitrag an ein Wasserversorgungsprojekt in der Provinz Cabo Delgado (Verteilungssystem, Brunnengrabungen)

2 400 000

Beitrag an ein Projekt von Terre des Hommes in Mozambique auf dem Gebiet der Präventivmedizin und der Ernährung mit besonderer Konzentration auf Mütter und Kinder

l 120 000

Lieferung von Laborausrüstungen für Wasser- und Nahrungsmittelkontrollen

570 000

Verbesserung der Lagermöglichkeiten für landwirtschaftliche Produkte (Kofmanzierung mit der FAO)

704 000

Niger Bau von Dorfbrunnen in den Departementen Maradi, Tahoua und Zinder

2 550 000

Verstärkung des hydro-geologischen Dienstes

l 655 000

Schaffung von Viehzuchtgenossenschaften

l 140 000

Funktionelle Alphabetisierung in der Region Tillabéry und Tahoua

l 350 000

Rwanda Landwirtschaftliche Beratung und Ausbildung in der Präfektur von Kibuye Unterstützung der Spar- und Kreditgenossenschaft Beitrag an die Genossenschaft Trafipro (Vermarktung grundlegender Konsumgüter in guter Qualität und zu massigen Preisen) Fonds für dörfliche Entwicklung (Beiträge an die ärmsten Gemeinden zur Realisierung von Infrastruktur-Arbeiten) Erstellung von Treibstofflagern für Krisenfälle

3 300 000 2 950 000 l 800 000 500 000 500 000

Sudan Mitfinanzierung eines Projekts der Organisation international du travail zur Ausbildung von Landmaschinen-Mechanikern

l 420 000

Tansania Aufbau der Abteilung für Verfahrenstechnik (process-engeneering) an der Ingenieurfakultät der Universität Dar-Es-Salaam

4 300 000

Beitrag an ein Programm zur Ausbildung von Handwerkern (Mechanikern)

3 400 000

Beitrag an die Bauingenieur-Fakultät von Dar-Es-Salaam (neun DEH Experten, Stipendien)

2 750 000 1417

Verpfiichumgskredite in Schweizerfranken

Spezîalbeitrag an die UNICEF für den Aufbau von dörflichen Gesundheitszentren Beitrag an die Gesamtkosten des nationalen Tuberkulose- und Lepra-Programmes Ifakara St. Francis Spital, Übernahme der Kosten für das toppingup der Ärztesaläre und andere Einsatzkosten Programm zur Förderung der Milchproduktion in den Regionen Iringa und Mbeya Sonderbeitrag an die FAO zur Durchführung eines Unterstützungs-Programmes an die Tanzania Rural Development Bank . . . .

2 450 000 l 650 000 ] 450 000 l 400 000 l 200 000

Tschad Studie über Entwicklung und Unterhalt des Transportsystems in Moyen Chari im Rahmen einer auf nationaler Ebene von der Weltbank durchgeführten Untersuchungen über Transportbedürfnisse im ländlichen Sektor Bauprogramm für Primarschulen auf dem Lande

585 000 550 000

Tunesien Finanzierung von Lehrkräften für die Ausbildung von Technikern .

l 100 000

Beitrag an die Entwicklung und Durchführung eines neuen Ausbildungssystems im Hotelgewerbe

640 000

7246

1418

Anhang 8 Beiträge an internationale Organisationen (in Millionen Franken) Organisation

Technische Zusammenarbeit Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) Fonds für die am wenigsten entwickelten Länder . .

Kinderhilfsfonds der Vereinten Nationen (UNICEF) Finanzhilfe Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (FIDA) Afrikanischer Entwicklungsfonds (FAD) Asiatischer Entwicklungsfonds (ADF) · · Fonds für SpezialOperationen (FSO), von der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) verwaltet Ausrüstungsfonds der Vereinten Nationen Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA)

1977

1978

1979

1980 '>

23 0

208

23 0

265

3,0

40

40

6,0

625

65

7325 18,0 9,0

24,0 10,0

66

68

09

20

30

2,0

25

30

5,8

735 2,3 11,0

7325 8,32 17,36

245

1,265

') Voraussichtliche Zahlen.

Asiatischer Entwicklungsfonds 1. Umfang der 2.

(1979-1982)

(ADF)

Wiederaufßillung

2. Schweizerische Beteiligung an der 2. Wiederauffüllung

2 150 Millionen Dollar

45 Millionen Franken

3. Darlehensbedingungen - Zinssatz/Bearbeitungsgebühr - Laufzeit (inkl. 10 Jahre Karenzfrist) . . .

l Prozent 40 Jahre

4. Tätigkeit des Fonds im Jahr 1979 - Verpflichtungen - Auszahlungen

416 Millionen Dollar 125 Millionen Dollar

1419

J. Empfängerländer 1967-1979 Land

Prozent

Afghanistan Bangladesh Burma Indonesien Laos Malaysia Nepal Pakistan Papua Neu Guinea Philippinen Solomon-Inseln Sri Lanka., Thailand Vietnam West-Samoa Andere ~.

,

6. Verteilung nach Sektoren 1967-1979 -

Landwirtschaft, ländliche Entwicklung Energieerzeugung Industrielle Entwicklung Transport- und Fernmeldewesen Wasserversorgung Erziehung

Total 3

4,84 23,89 11,89 8,27 1,36 0,17 9,13 20,57 2,75 2,26 0,57 8,27 1,89 2,07 1,34 0,73 p^nt 52,2 16,0 12,3 7,6 6,0 5,9 100

Fonds für SpezialOperationen (FSO) der Interamerikanischen Entwicklungsbank 1. Umfang der 5.

(1979-1982)

Wiederauffüllung

2. Schweizerische Beteiligung an der 5. Wiederauffüllung

1,75 Milliarden Dollar 25,6 Millionen Franken

3. Darlehensbedingungen

1420

- Allgemeine Bedingungen: Zinssatz Karenzfrist Laufzeit

1-4 Prozent 5-10 Jahre 25^0 Jahre

- Bedingungen für die ärmsten Länder: Bearbeitungsgebühr Karenzfrist Laufzeit

1-2 Prozent 7-10 Jahre 30-40 Jahre

4. Tätigkeit des Fonds im Jahr 1979 - Verpflichtungen - Auszahlungen

620 Millionen Dollar 447 Millionen Dollar

5. Empfängerländer 1961-1979

4

Land

Prozent

Argentinien Bolivien Brasilien Chile Costa Rica Dominikanische Republik Ecuador El Salvador Guatemala Guyana Haiti Honduras Jamaika Kolumbien Mexiko Nicaragua Panama Paraguay Peru Uruguay Venezuela Andere

5,6 6,9 12,6 3,3 3,9 6,6 5,8 3,8 4,3 1,1 2,4 5,6 1,8 7,8 7,1 3,8 2,8 3,5 5,1 0,9 1,6 3,7

Afrikanischer Entwicklungsfonds (FAD) L Umfang der 2.. Wiederauffüllung (1979-1981)

rund 1,5 Milliarden Franken

2. Schweizerische Beteiligung an der 2. Wiederauffüllung

68,9 Millionen Franken

3. Darlehensbedingungen - Bearbeitungsgebühr - Karenzfrist - Laufzeit

0,75 Prozent 10 Jahre 50 Jahre

4. Tätigkeit des Fonds im Jahr 1979 - Verpflichtungen - Auszahlungen

225,8 Millionen Dollar 56,3 Millionen Dollar 1421

5. Empfängerländer 1974-1978 Land

Prozent

Ägypten Äthiopien Benin Botswana Burundi Guinea-Bissau Kenia Komoren Lesotho Madagaskar Malawi Mali Mauretanien Mosambik Niger Obervolta Rwanda Sao Tome und Principe Senegal Sierra Leone Somalia Sudan Swaziland Tansania Togo Tschad Zentralafrikanische Republik Andere

1,7 4,6 4,4 2,1 2,6 1,9 1,7 2,1 5,3 2,1 3,2 8,1 4,3 1,8 2,1 6,0 '.., 4,0 1,6 2,3 2,1 6,0 3,3 1,7 6,3 3,2 5,6 5,6 4,3

6. Verteilung nach Sektoren 1974-1979 5

Landwirtschaft, ländliche Entwicklung Transportwesen : Öffentliche Dienste Unterricht, Gesundheit

Prozent 36,5 27,6 20,5 15,4

Internationaler Fonds für Landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) 1. Umfang der 1. Finanzierung (1978-1980).

1,04 Milliarden Dollar

2. Schweizerische Beteiligung an der L Finanzierung

22 Millionen Franken

3. Darlehensbedingungen - Allgemeine Bedingungen 1422

Zinssatz/Bearbeitungsgebühr Karenzfrist Laufzeit Spezielle Bedingungen für fortgeschrittenere Länder Zinssatz , Karenzfrist Laufzeit

l Prozent 10 Jahre 50 Jahre

4 Prozent 5 Jahre 20 Jahre in Millionen Dollar

4. Tätigkeit des Fonds - Verpflichtungen - Auszahlungen 5. Empfängerländer 1978-1979 Bangladesh Burundi Dominikanische Republik Ecuador Guyana Haiti Honduras Indien Kapverden

1978

1979

118 -

385 10

Kenya Nicaragua Nepal Pakistan Philippinen Senegal Somalia Tanzania Thailand

7246

64

Bundesbliu. 132, Jahre. Bd. II

1423

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft über die Wetterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern vom 9. Juli 1980

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Bundesblatt

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Foglio federale

Jahr

1980

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

33

Cahier Numero Geschäftsnummer

80.043

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

19.08.1980

Date Data Seite

1309-1423

Page Pagina Ref. No

10 048 095

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