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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Bau eines Chemiegebäudes für das eidgenössische Polytechnikum in Zürich.

(Vom 30. November 1883.)

Tit.

Seit dem Jahre 1871 schwebt zwischen dem Kanton Zürich und dem Bunde der Streit über den Umfang der Baupflicht Zürichs gegenüber dem Bunde, resp. den baulichen Bedürfnissen des Polytechnikums.

Zwei schwer wiegende und zwingende Momente veranlaßtea den schweizerischen Schulrath schon vor 12 Jahren (1871), sich mit dieser Frage einläßlich zu befassen.

Die überraschende Frequenzvermehrung der Schule und die Entwickelung der Wissenschaften der Chemie und Physik, welche alle frühern Lokalitätenbedürfnisse weit hinter sieh läßt, die Physik im Bedürfnisse der Arbeitsräume völlig der Chemie gleichstellt und die operativen Methoden der letztern in einem Grade verändert hat, welche aller frühern Voraussicht rücksichtlich der räumlichen Bedürfnisse und Einrichtungen spottet, läßt das Fortbestehen der alten Verhältnisse als gleichbedeutend mit raschem Sinken einer solchen höhern technischen Lehranstalt in dem Maße erscheinen, daß jede Rangbehauptung mit gleichen Anstalten dar uns umgebenden Kulturvölker verunmöglicht würde und Ansehen und Vertrauen auf die Bedeutsamkeit der Schule bei dem in- und ausländischen

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Publikum, bei Lehrern und Schülern dahinfielen. Eine solche Vernachlässigung der Schule wäre um so unverantwortlicher, als mit den oben verzeichneten Fortschritten der beiden Wissenschaften glücklicher Weise eine außergewöhnliche Verwerthbarkeit der Resultate für das praktische Leben verbunden ist, wofür selbst nach Richtung der praktischen Interessen kein Opfer zu groß erscheint.

Diese Momente (Mangel an Räumlichkeiten und gehörigen Einrichtungen hezüglich der Chemie und Physik) traten mehr und mehr und in solcher Stärke auf, daß selbst bei dem für alle technischen Hochschulen gegen Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre eingetretenen starken Frequenzrückgang dennoch die beiden benannten wissenschaftlichen Bedürfnisse in auffallendem Gegensatze hiezu sich stetig vermehrten und, während früher bei einer Gesammtfrequenz von 700 Schülern die Räume für Chemie und Physik ausreichend waren, genügen sie bei einer Gesammtfrequenz von 450 bis nahe an 400 Schülern dein Andränge zu diesen beiden Wissenschaften von ferne nicht mehr. Stärker und stärker mußten deßhalb bei den Schulbehörden die Anstrengungen werden, endlich in diesen zwei Punkten den vorauseilenden Konkurrenzanstalten nachzukommen.

Nach zahlreichen Versuchen des Bundes zur Verständigung mit Zürich und Entstehung vielfacher Vergleichsvorschläge, nachdem Regierung und Kantonsrath von Zürich einerseits und Bundesrath und Schulrath anderseits ein durch Delegirte vereinbartes Vergleichsprojekt ratifizirt hatten, der bejahende Volksentscheid von Zürich jedoch ausblieb, nachdem sodann die Klage des Bundes gegen Zürich endlich beim Bundesgerichte anhängig gemacht, der Prozeß nach zwei Jahren zum Schlüsse des Schriftenwechsels, zu Feststellung der Beweissätze, Namsung der Zeugen und Wahl der Experten gediehen war und nun das Beweisverfahren vor sich gehen sollte, führten neue Anstrengungen zu einem zweiten Vergleich, welcher alle Stadien durchlief und die Ratifikation der Behörden und des Volkes von Zürich, wie diejenige des Bundesrathes und der beiden Räthe der Eidgenossenschaft erhielt. Dieser Vertrag ist mit dem 7. Juli (Ratifikation des Ständerathes) oder, da noch eine dessen Sinn feststellende Klausel zu erledigen war, m i t dem 1. A u g u s t 1883 in Rechtskraft erwachsen. Der Artikel l, litt, d, Absatz 2, besagt wörtlich: ,, D i e s e r N e
u b a u (für Chemie) s o l l w o mög,,lich n a c h zwei, j e d e n f a l l s s p ä t e s t e n s n a c h ,,drei J a h r e n , vom Zeitpunkte des Inkraft,,tretens dieses Vertrages an gerechnet, ,, v o l l e n d e t s e i n."

785 Diese Frist, innerhalb welcher der Bund verpflichtet ist, das neue Chemiegebäude zu erstellen und das alte an Zürich zurück zu tradiren, ist in der That kurz genug, denn der Bau ist höchst eigenthümlich, die innere Einrichtung sehr komplizirt. Daß mau von August 1883 an mit zwei Jähren ausreichen könne, gehört, (dies kann man sich jetzt schon nicht verhehlen) kaum mehr in's Reich der Möglichkeit. Es war also für die ausführenden Behörden sehr geboten, keine Zeit zu verlieren. Auch ist dem gemäß gehandelt worden.

Der Schulrath hat sofort, nachdem einige Aussicht auf den Erfolg dieses neuen Vergleichsprojektes in Sicht erschien, die Vorarbeiten zur Aufstellung eines bestimmten Bauprogrammes und zur Erledigung einiger Vorfragen (Frage der Konkurrenzausschreibung oder Auftrag an bestimmte Architekten) in Angriff genommen.

Die Fachmänner der Schule (Professoren der Chemie"), die Architekten Bluntschli und Lasius und eine Kommission des Schulrathes haben ein vorgelegtes Programm der Professoren der Chemie gründl.ich durchgesprochen und vorläufig festgestellt. Der Gang der Sache ist dem einläßlichen Berichte zu entnehmen, welchen der Schulrath schon am 24. Juni 1883 an den Bundesrath erstattet hat.

Der Schulrath hat sodann in einer Plenarsitzung den Gegenstand einläßlich erörtert. Sein Bestreben war darauf gerichtet, für diesen Bau, der ohnehin nur mit großen Kosten auszuführen ist, einerseits alles zu vermeiden, was durch bloße Verwendung an äußern Formen oder durch unnütze Zulagen diese Kosten noch erhöhen konnte, anderseits aber auch alle diejenigen Theile nach den Anforderungen der Zeit und der Wissenschaft in der Art zu berücksichtigen, daß der Zweck für Wissenschaft und Schule sicher erreicht werde. In Folge dieser Gesichtspunkte ist von der Erstellung von Wohnungen für die Dozenten der Chemie, sowie vielfacher Lokalitäten, die nicht absolut nothwendig erschienen, Umgang genommen worden.

Andererseits erachteten der Schulrath und der Bundesrath eine ausreichende und gut ausgeführte Zahl von Arbeitsplätzen als ein Haupterforderniß des neuen Gebäudes. Die angenommene Maximalzahl von 100 für das analytische und 80 für das technische Laboratorium darf nach unserer Ansicht nicht weiter reduzirt werden.

Die Rechtfertigung hiefür findet sich in der mehrerwähnten Zuschrift und erhält eine neue
Bekräftigung durch die Aufnahmeresultate des eben eröffneten Schuljahres. Es sind nämlich im analytischen Laboratorium, allerdings in sehr ungünstiger Lage, bereits über 100 Laboranten beschäftigt, im technischen Laboratorium annähernd

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60, so daß die angenommene Maximalzahl der Plätze in diesem Augenblicke schon erreicht ist. Dennoch sehen wir mit dem Schulrathe von einer Vermehrung des Raumes in dieser Richtung ah, indem ein bestimmtes Maximum der Frequenz nicht überschritten werden soll und bei weiterem Andrang strenge Sichtung und Auswahl der Aufzunehmenden, soweit jeweilen nöthig, einzutreten hat.

Mit der gleichen Festigkeit müssen wir uns jedoch gegen eine Reduktion dieser Räume verwahren, indem das angenommene Maximum über die Bedürfnisse der Schule in der That nach allen bisherigen Erfahrungen nicht hinaus geht und für lange Zeit nach dieser Richtung wesentliche Verminderung nicht vorzusehen ist.

Auch bei der detaillirten Planausarbeitung sind weitere Reduktionen ausgeführt worden, infolge welcher die zu bebauende Grundfläche von 3740 auf 3200 m 2 sich verminderte.

Von den nicht zum Schulgebäude für Chemie gehörenden Annexen sind schließlich nur die Düngeranalyse und die Samenkontrole aufgenommen worden, welche Institute für die schweizerische Landwirtschaft von hoher Bedeutung sind und, mit der Schule gewissermaßen verbunden, ein sicheres und zweckentsprechendes bauliches Unterkommen dringlich verlangen. Auch die eidgenössische Probiranstalt hat untergebracht werden können.

In Bezug auf die letzten drei Gegenstände, welche allerdings auf die Kosten nicht unbedeutenden'Einfluß üben werden, ist hier schon zu bemerken, daß der Bund für diese Bedürfnisse jedenfalls jeder Zeit von sich aus hätte sorgen müssen, da eine Baupflicht Zürichs für dieselben rechtlich nicht besteht. Weitere bauliche Zuthaten müßten von diesem Bau ferne gebalten werden.

Auf die schulräthliche Botschaft vom 24. Juni 1883, auf deren einläßliche Motivirung wir wiederholt verweisen, hat der Bundesrath unterm 17. Juli nachfolgenden Beschluß gefaßt : 1) Das vom Schulrathe vorgelegte Programm für den Bau des Chemiegebäudes in Zürich hat unter Berücksichtigung der in dem bezüglichen Berichte vom 24. Juni vorgeschlagen Modifikationen als Grundlage für die Baupläne zu dienen.

2) Für die Beschaffung des Planprojektes soll in Anbetracht des Spezialzweckes des Gebäudes von einem öffentlichen Konkurrenzverfahren abgesehen werden und es wird das Departement des Innern ermächtigt, die Herren Bluntschli und Lasius, Professoren der Bauschule des Polytechnikums,
mit dem Entwurfe des Planes zu betrauen und deren Honorirung auf Grundlage der vom schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein für architektonische Arbeiten aufgestellten Norm zu vereinbaren.

787 In Ausführung dieser Schlußnahme haben die beauftragten Architekten, im Anschlüsse an die vom Schulrathe gegebenen leitenden Gesichtspunkte (schulräthlicher Bericht vom 24. Juni), die Bauskizze ausgeführt, und zwar in steter Verbindung und Berathung der Fachmänner der Chemie. Die Herren Professoren der Chemie erkannten in der ausgeführten Skizze eine wahrhaft glückliche, zweckentsprechende Lösung der architektonischen Aufgabe. Per Schulrath hat sich über dieselbe in seinem Berichte vom 31. Juli ebenfalls günstig ausgesprochen.

Unterm 18. August hat unsere Behörde sodann nach vorgenommener erneuter Prüfung au die beiden Architekten don Auftrag zur Plananfertigung und Kostenberechnung für das Chemiegebäude a u f Grundlage d e r aufgestellten Planskizzen ertheilt.

Die

benutztwordenu und Plan und Kostenberechnung legen wir dieser Botschaft bei.

Die genauem Motive des in 9 Blättern beigefügten Plans, sowie die eingebende Kostenberechnung wollen Sie dem beiliegenden beleuchtenden Bericht der Herren Architekten entnehmen.

Wir halten dafür, daß dieser Plan in der That aus einem eingehenden Studium des praktischen Zwecks und Gebrauchs, dem der Bau dienen soll, entstanden ist. Große Ausgaben an Stylfragen und Verzierung sind durchaus vermieden. Das Lokalitätenprogramm ist, den ersten Verlangen der Fachmänner in Chemie gegenüber, nach eingehender Prüfung vom Schulrath in nicht unbedeutendem Maße reduzirt worden, die delaillirte Planausführung hat, (gegenüber der ersten Skizze)einee weitere Reduktion der Baufläche im Umfang von 540 Quadratmetern ermöglicht. Ueberflüssiges ist durchweg vermieden, die dem Bau seinen Charakter gebenden Arbeitsräume sind wohl für eine längere Zukunft ausreichend, doch auch in keiner Weise über

dasmuthmaßlich

Auf Licht, Luft und Ventilation, die dominirunc.cn Faktoren für einen s o l c h e n Bau, ist reichlich Bedacht genommen. Dit; Fachmänner der Schule (die Direktoren der Hauptlabooratorien) begrüßen den Plan als eine sehr gelungene Ausführung ihrer Ideen und der Bundesrath tritt diesem Urtheil bei. Wenn die Bausumme (das Detail der innern Einrichtung steht noch aus") groß ist, so sind die großartige Entwicklung dieser Wissenschaft uud die dadurch bedingten Raumbedürfnisse und Einrichtungen schuld. Ohae daß man diesen Anforderungen gerecht würde, wäre der Zweck des Ganzen neuerdings verfehlt und die Zukunft der Schule nicht sicher gestellt. Hiebei fallen übrigens auch die weiter erreichten Bundesblatt. 35. Jahrg. Bd. IV.

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Zwecke, die Unterbringung der Düngeranalyse, Samenkontrole, der Probiranstalt und die Sorge für ergänzenden Unterrieht in Photographie, in Würdigung.

Ein Blick sodann auf die höchst individuelle und komplizirte Bauausführung muß selbst den Bauunkundigen zur Ueberzeugung bringen, daß für die Ausführung eines s o l c h e n Werkes Zeit nöthig ist, und es wird ohne Zweifel die ausgesprochene Meinung der Herren Architekten (vide Beilage) von Jedermann als wohl begründet erachtet werden müssen, daß nämlich der Bau mit nächstem Frühling schon mit Macht muß angegriffen werden können, soll die v e r t r a g s g e m ä ß e Zeit, ohne Schaden für gute Ausführung, genügen. Ueber Weiteres, Plan und Kostenberechnung betreffend, wird auf die Beilagen und den Bericht der Herren Architekten verwiesen.

Laut Kostenberechnung wird die Baute auf Fr. 1,337,000 zu stehen kommen, welche Summe sich auf die verschiedenen Arbeiten folgendermaßen vertheilt : 1) Erdarbeiten Fr.

76,031 2) Maurer- und Steinhauerarbeiten .

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,, 578,110 3) Eiserne Balken ,, 10,970 4 ) Zimmerarbeiten .

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, , 113,496 5 ) Dachdeckung .

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,, 53,634 6 ) Spenglerarbeiten .

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,, 6,926 7) Schreiner- und Glaserarbeiten .

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. ,, 98,173 8) Schmied- und Schlosserarbeiten .

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,, 11,940 9) Gypser-, Maler- und Tapeziererarbeiten .

,, 41,915 10) Heizung und Ventilation .

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,, 115,000 11) Wasserversorgung und Gaseinrichtungen .

,, 75,000 12) Kanalisation und Drainirung .

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. ,, 12,000 13) Einfriedigung des Grundstückes und Umgebungskosten .

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20,500 14) Insgemeinkosten circa 5 5% .

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,, 06,305 15) Honorar Her bauleitenden Architekten, laut der vom schweizerischen Ingenieur- und Architekten verein aufgestellten Norm für die Honorirung architektonischer Arbeiten 4 1/2% der Bausumme ,, 57,000 Total Fr. 1,337,000 In der Voraussetzung, daß das Gebäude vertragsgemäß auf Ende Sommer 1886 zürn Bezüge bereit gestellt werden soll, würden von vorstehenden Summen im Jahre 1884 Fr. 200,000, im Jahre 1885 Fr. 700,000 und im Jahre 1886 Fr. 437,000 zur Verwendung kommen.

789 In Rücksicht auf die vorgestellte Begründung und die sie begleitenden Beilagen, in Rücksicht auf das für Lösung der Streitfrage verbrauchte Jahrzehnt, in Rücksicht auf die s e l b s t r e d e n d e Dringlichkeit der Aufgabe und die vom Bunde gegenüber Zürich übernommene R e c h t s v e r p f l i c h t u n g (Art. l, litt, d, Absatz 2, des Vergleiches) stellen wir das dringende Gesuch, dieses Traktandum noch im Laufe dieser Sitzung erledigen und dem nachfolgenden Entwürfe eines Bundesbeschlusses Ihre Genehmigung ertheilen zu wollen.

Wir benutzen auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 30. November

1883.

Im Namen des schweizerischen Bundesrathes, Der Bundespräsident:

L. Ruchonnet.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf)

Bundes beschluß betreffend

den Bau eines Chemiegebäudes f Ur das eidgenössische Polytechnikum in Zürich.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsichtnahme einer Botschaft des Bundesrathes vom 30. November 1883, beschließt: Art. 1. Für das eidgenössische Polytechnikum in Zürich soll ein Chemiegebäude nach vorliegendem Projekt erstellt werden.

Art. 2. Für den Bau desselben wird eine Summe von

Fr. 1,337,000 bewilligt.

Art. 3. Dieser Beschluß tritt als nicht allgemein verbindlicher Natur sofort in Kraft.

Art. 4. Der Bundesrath ist mil der Ausführung desselben beauftragt.

791 Beilage.

Bericht zum

Entwurf des neuen Chemie-Gebäudes fUr das eidgenössische Polytechnikum in Zürich.

Auf Grundlage unserer vom hohen Bundesrathe in seiner Sitzung vom 18. August (1. J. genehmigten Planskizze ist der vorliegende Entwurf im Maßstab l : 200 ausgearbeitet worden, und unterbreiten wir denselben sammt Kostenvoranschlag den hohen Behörden zur Prüfung und Genehmigung. Der Entwurf besteht aus 9 Blatt Zeichnungen, nämlich : I. Situationsplan l : 500 , II. Grundriß des Kellers III.

,, ,, Brdgeschosses IV.

,, ,, Hauptstockes V. Grundrisse des '2. und 3. Stockes l : 200, VI. Façaden nach West und Ost VII.

,, ,, Süd ,, Nord VIII. u. IX. Durchschnitte und zwei Beilagen : dem vorliegenden Berichte und einem Voranschlag der Baukosten.

Bei Aufstellung des Entwurfes war in erster Linie das Bestreben maßgebend, einen Bau zu erstellen, der den heutigen Anforderungen der Wissenschaft voll und ganz entspreche, der den komplizirten praktischen Bedürfnissen und den weitgehenden Anforderungen, die man heutzutage an ein Chemie - Gebäude stellen muß, in jeder Hinsicht Rechnung trage, so daß der Neubau auf lange Zeit hinaus der Schule zu Nutz und Ehre gereichen könne.

792 Das von den Herren Professoren Meyer, Lunge, Grethe und Stebler aufgestellte und von den zuständigen Behörden genehmigte Bauprogramm gab die Grundlage für die räumlichen Bedürfnisse des Baues, und da es nach diesem Programm von vorn herein klar war, daß die Anzahl und Größe der geforderten Räumlichkeiten eine sehr bedeutende Ausdehnung des Gebäudes und somit eine beträchtliche Höhe der Baukosten zur Folge haben müsse, so lag das weitere Bestreben nahe, den Bau so kompakt als möglich anzuordnen, alle nicht unbedingt nothwendigen Korridore, Vestibüle und dergleichen zu vermeiden, kurz den Bau, immer aber in Berücksichtigung seiner Bestimmung, auf eine möglichst kleine Grundfläche zusammenzudrängen, um so mit der Bausumme nicht über das Nothwendige hinauszugehen. Aus demselben Grunde wurde sodann auch die Architektur der Facaden und des Inneren so einfach gestaltet als möglich und aller unnöthige Aufwand von vorn herein ausgeschlossen. Selbstredend durfte unter diesem Bestreben nach Vereinfachung und Einfachheit weder die Uebersichtlichkeit der Raumeintheilung leiden, noch die bequeme Kommunikation im Bau, noch auch die praktischen Aulbrderungen an die einzelnen Räume. Da Licht und Luft ein Haupterforderniß für den "Bau bilden, so wurde von der Anlage von gebchlossenen, Licht und Luft raubenden Höfen abgesehen und die wichtigsten Räume, die großen Arbeitssäle, so disponirt, daß sie von allen Seiten Licht und Luft erhalten. -- Für die Raumeintheilung im Einzelnen war sodann der Wunsch der Herren Professoren bestimmend , daß die Haupträume des analytischen und des technischen Laboratoriums in e i n e m Stock untergebracht würden, wie dieß aus dem Grundriß des Hauptstockes (s. Bl. IV) zu ersehen ist.

Der Hauptform nach besteht das Gebäude aus einem 86 m langen, 20 m tiefen, der Rämistraße parallelen, zum Theil dreistöckigen Bau, dem sich an den beiden Enden je zwei niedere Flügel von 11 1/2m Breite und 30m Lauge anschließen. Nach rückwärts ist außerdem noch ein mittlerer Flügel, dieser aber n u r i n i der Höhe dosniedernn Erdgeschosses, angebaut.

Außer den beiden chemischen Laboratorien, dem technischen und analytischen, sind in dem Gebäude noch die Institute für Düngeranalyse und Samenkontrole, sowie die eidgenössische Probieranstalt untergebracht und sind zur leichtern Orientirung in den Grundrissen die verschiedenen Institute mit Farben angelegt, und zwar: mit r o t h das chemische Laboratorium uud zugehörige Räume und die Probieranstalt,

793 mit b l a u das analytische Laboratorium und zugehörige Räume, mit g e l b die Düngeranalyse und mit g r ü n die Samenkontrole; dagegen sind Korridore, Vestibüle u. s. w., sowie die für mehrere Institute gemeinschaftlichen Räume w e i ß gelassen.

Der für beide Laboratorien gemeinschaftliche . H a u p t e i n g a n g liegt in der Mittelaxe des Gebäudes ; von ihm aus ist nach rechts das technische, nach links das analytische Laboratorium gelegen, und befinden sich bei beiden, der Hauptsache nach symmetrisch angeordneten Instituten die Haupträume und Laboratorien auf dem Hauptstock, darunter im Erdgeschoß die zugehörigen Arbeits- und Neben räume, die großen Auditorien aber im zweiten Stock, der sich über dem ganzen mittlern Hauptbau, nicht über den Flügeln, erhebt und welcher der Hörsäle wegen mit 8 m Höhe angenommen ist.

Dieser zweite Stock ist an allen Stellen außer den beiden Hörsälen in zwei Geschosse untertheilt, durch welche Anordnung der für S a m m l u n g e n und die Wohnungen für Assistenten und A b w a r t e nöthige Baum gewonnen wird. Da das Erdgeschoß nur zum Theil für die chemischen Laboratorien in Anspruch genommen wird, so verbleiben in demselben zwei für sich selbst ständige, bequem zugängliche Flügelräume, von denen de eine derD ü n g e r a n a l y s e , der andere der S a m e n k o n t r o l e zugetheilt ist, und bietet eine solche Disposition den Vortheil, eine später etwa nothwendig werdende Vergrößerung der chemischen Laboratorien dadurch zu ermöglichen, daß man die betreffenden Räume zum Laboratorium hinzuzieht, die beiden Institute aber anderwärts verlegt.

Das Gebäude ist stellenweise und soweit es das Bedürfniß erfordert, unterkellert.

In dem nach rückwärts gelegenen mittlern Flügel befindet steli das K e s s e l h a u s für die D a m p f h e i z u n g , M o t o r e n b e t r i e b und V e n t i l a t i on.

Da das Einzelne der innern Einrichtung sieh deutlich aus den Plänen ergibt, wird es genügend sein, hier nur das zur Orientirung Notwendigste bemerkt zu haben.

Im großen Ganzen ist der vorliegende Entwurf nur eine weitere Ausarbeitung der oberwähnten ersten Planskizze, an die er sieh eng anlehnt. Immerhin sind einige Aenderungen zu beachten. Zunächst haben die von den Herren Professoren Lunge und Meyer bezüglich der Skizze gemachten Bemerkungen (siehe Bericht des eidgenössischen Schulrathes an das Departement des Innern, vom

794 31. Juli 1883) ihre Berücksichtigung und Erledigung gefunden : sodann ist es gelungen, die Ausdehnung des Baues nicht unerheblich zu reduziren, ohne die praktische Verwendbarkeit zu beeinträchtigen.

Diese Reduktion, die namentlich mit Rücksicht auf den rückwärts vom Chemiegebäude gelegenen, eicht allzu großen Bauplatz für das Physikgebäude, sowie für die Höhe der Baukosten wünschenswerth war, zeigt sich aus folgenden Zahlen: Skizze: Grundfläche de« Hauptbaues . . . 3740m2 Entwurf: ,, ,, ,, . . . 3200 inDiese Reduktionen sind im Einverständniß mit den davon berührten beiden Professoren der Chemie erfolgt, so daß der vorliegende Entwurf ihren Wünschen nunmehr vollständig entspricht.

Bezüglich der K o n s t r u k t i o n des N e u b a u e s ist zu bemerken, daß dieselbe durchwegs als eine solide, aber keineswegs luxuriöse gedacht ist. Die Facaden sind in Ba c k s t e i n - R o h b a u in Verbindung mit wenig Haustein angenommen: es wird sieh diene Weise für die Dauer besser bewähren und weniger Kosten f'Ur Reparaturen erfordern, als der Putzbau in Verbindung mit Haustein, wie er bisher meist angewendet wurde. Betreffend des Innern ist zu bemerken, daß der Fußboden des Hauptstoekes massiv konstruirt st, es findet sieb darunter theils Gewölbe, theils eiserne Trägt er mit Gewölbeausmauerung. Die flachen Dächer siud als HolzcementDächer angenommen.

Aus dem beiliegenden Voranschlag ergibt sich die Höhe der Baukosten zu Fr, 1,280,000, in welcher Summe alle eigentliche Bauarbeit für das Gebäude und dessen Umgebung, Planirung, Einfriedigung u. s. w., nicht aber die innere Einrichtung der Laboratorien u. s. w. inbegriffen sind. Es ist dieser Voranschlag mit größtmöglicher Genauigkeit angefertigt worden, so daß nach unserer Ueberzeugung Mehrkosten im Verlauf des Baues wich nicht ergeben werden.

Noch bleibt eine der wichtigsten Fragen zu beleuchten : die des weitern Vorgehens. Die für die Bauausführung vertragsmäßig gegebene Zeit, nach welcher das alte Chemiegebäude Anfang August 1886 an die Regierung des Kantons Zürich übergeben wird, der Neubau sonach zum Bezug fertig gestellt sein muß, ist ausreichend, aber keineswegs zu groß, wenn Alles mit Ruhe überlegt und angeordnet und nicht überstürzt werden soll. Denn der Bau erfordert trotz seiner scheinbaren Einfachheit eine Reihe von zeitraubenden Spezialstudien,
wie z. B. für Ventilation, Entwässerung und innere Einrichtung, die sich nieht kurzer Hand erledigen lassen, und erfordert überdies seiner Grüße wegen einen bedeutenden Auf-

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wand an Zeit und Arbeit für die Ausarbeitung aller für die Ausführung notwendigen Pläne, Detailzeichnungen, Akkordbedingungen, Voranschläge etc. Nach unserer Ansicht müßte, wenn anders der gegeene Termin eingehalten werden soll, die Vorarbeit so gefördert werden, daß im Lauf des Frühjahrs 1884 mit dem Vergeben der Arbeit für den Rohbau (Maurer-, Steinmetz-, Zimmerarbeit u. s. w.)

vorgegangen und im Laufe des Jahres 1884 noch die Fundamente und Keller bis auf Sockelhöhe gefordert werden können. Das Jahr 1885 ist für Vollendung des Rohbaues, das Jahr 1886 bis Ende Sommer zum innern Ausbau und zur Einrichtung zu verwenden. Die letztere gehört zwar nicht in den Bereich unserer Aufgabe, ist aber jedenfalls bis zum genannten Termin ebenfalls zubearbeitenn u n d z u U vollenden. Dieses Bauprogramm kann aber von uns nur dann eingehalten werden, wenn die hohen Käthe die Genehmigung der Ausführung noch in der bevorstehenden Session beschließen, u n d w i r r somit, in den Stand gesetzt werden, dieVorarbeitenn ohne Verzug in die Hand zu nehmen.

Z ü r i c h , den 24. November 1883.

G. Lasius.

F. Bluntschli.

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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Uebergang der Bahnstrecke Neu-Solothurn-Aespli an die Emmenthalbahn.

(.Vom 3. Dezember 1883.)

Tit.

Am 24. September 1873 wurde der schweizerischen Centralbahngesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Solothurn nach Schönbühl, auf dem rechten Ufer der Emme (Eisenbahnaktensamml. n. F., I, 281), ertheilt. Diese Konzession , nachdem sie wiederholt verlängert worden war, ist mit dem 31. Dezember 1881 in Folge Fristablaufs untergegangen.

Immerhin war der Bau begonnen, und es ist eine von der Einfahrtsweiche für die Einmündung in den Bahnhof Neu - Solothurn hinweg 2723 m. lange Strecke, an welche im Aespli (bei Biberist) die von Burgdorf herkommende Linie der Emmenthalbahn anschließt, erstellt worden. Von dieser Strecke wurde von der Centralbahngesellschaft laut Vertrag vom 9. Januar 1875 die östliche, in der Richtung v o n Neu-Solothurn gerechnet linksseitige Hälfte das Bahnkörpers und der Bahnanlage an die Emmenthalbahn verpachtet, welche den Oberbau auf ihre Rechnung zu erstellen , die Unterhaltungs- und Bahnbewachungskosten zu tragen und einen jährlichen Pachtzins von Fr. 9000 zu zahlen hatte.

Den Betrieb auf dem gepachteten Bahnstück führte die Emmenthalbahngesellschaft auf Grund der ihr am 14. September 1871 vom Kanton Solothurn verliehenen Konzession für eine Eisenbahn

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend den Bau eines Chemiegebäudes für das eidgenössische Polytechnikum in Zürich. (Vom 30. November 1883.)

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08.12.1883

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